Sommer am See Seliger
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Ausgabe 20 MosKultInfo 11<br />
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Kachelschmuck an Moskauer Bauwerken des 17. Jahrhunderts<br />
Moskau besticht nicht nur durch seine Gebäude aus weißem Stein, seine goldenen Kuppeln, sondern<br />
ebenso durch Verzierungen mit Kacheln, eine Visitenkarte Moskaus des 17. Jahrhunderts.<br />
Geschmückt wurden Kirchenbauten schon immer. Auch jetzt noch kann man die vormongolischen Kirchen<br />
in Wladimir und Susdal oder die Gewandniederlegungskirche im Kreml, das Refektorium im<br />
Spaso-Andronikow-Kloster bewundern, deren Wände von Steinschnitzereien, dem Vorläufer des Kacheldekors,<br />
bedeckt sind.<br />
Kachelschmuck ist in Russland seit der Wende zum 16. Jahrhundert bekannt. Vor allem Kirchen und<br />
Häuser der Reichen wurden mit Kacheln verschönert. Sie setzten I-Tüpfelchen auf die Ausgestaltung<br />
der Fassaden.<br />
Die Entstehung russischer Zentren der Kachelkunst sowie deren Herstellung im ausgehenden 16. Jahrhundert,<br />
als Moskau eine bedeutende Rolle in der Formierung der russischen Kunst spielte, spiegelte das<br />
System der Architektur, des Baus und d<strong>am</strong>it verwandter Gewerke überhaupt wider. Alles war der Behörde<br />
für Steinarbeiten unterstellt. Durch diese Zentralisierung ging die Eigenständigkeit früherer Zentren<br />
wie Pskow verloren. Die Behörde reglementierte den Einsatz der besten Handwerker, die ihre eigenen<br />
Entwürfe mitbringen durften, für große Projekte, holte sie auf Befehl des Zaren aus ganz Russland<br />
zus<strong>am</strong>men, niemand konnte sich weigern. Das begünstigte den Austausch von Informationen. Neues<br />
nahmen sie nach Hause mit. Und dort, wo es schon Ziegelproduktion gab, entstanden im 17. Jahrhundert<br />
eigene Zentren der Kachelkunst, so beispielsweise in Jaroslawl, Smolensk, Wladimir, Susdal und<br />
einigen Klöstern wie in Murom. Sie verkauften und transportierten die Kacheln in weiter entfernt liegende<br />
Regionen.<br />
Allerdings gab es bis zum 17. Jahrhundert keine Handwerker, die sich speziell mit der Herstellung dieser<br />
für die Dekoration bestimmten Kacheln beschäftigten, sondern das waren Töpfer, Steinmetzen,<br />
Ofensetzer, also alle die, die etwas mit dem Brennen von Ton oder Ziegeln zu tun hatten. Der Berufsstand<br />
war sehr geachtet, die Handwerker brauchten keine Steuern zu entrichten.<br />
Die Kachel an sich ist eine aus Ton gebrannte Terrakottaplatte mit einem Rumpf<br />
zur Befestigung an der Wand. Die ersten Kacheln wurden aus der gleichen Masse<br />
wie die Ziegel gebrannt. Die Ausarbeitung des Bildes folgte der alten Technik der<br />
Gestaltung von Pfefferkuchen, zuerst ohne Glasur. Zu Beginn der 30er Jahre des<br />
17. Jahrhunderts wurden die Kirchen, die vorwiegend im altrussischen Stil erbaut<br />
wurden, mit grünen glasierten Kacheln verziert. Später wurden die Kacheln mit<br />
einem Relief und farbiger Glasur versehen.<br />
Patriarch Nikon lud auch weißrussische, polnische und litauische Handwerker ein. Im Kloster zu Waldai<br />
richtete er für sie eine Werkstatt ein. Sie wurde später in das Kloster von Nowojerusalem verlegt. Die<br />
Meister schufen innerhalb von acht Jahren fünf Ikonenwände aus Kacheln, Kachelportale, Friese. Nachdem<br />
Nikon in Ungnade gefallen war, berief der Zar die Handwerker, unter ihnen den berühmten weißrussischen<br />
Meister Stepan Polubes, nach Moskau in den Kreml. Andere fanden Arbeit in der Gontscharnaja<br />
Sloboda, der Moskauer Vorstadt, in der das Töpferhandwerk angesiedelt war. Die Gontscharnaja<br />
Sloboda war das bedeutendste Töpferzentrum in Moskau, jedoch nicht das einzige. Ofenbauer und Töpfer<br />
lebten unter anderem auch in den Vorstädten Kadaschowskaja, Meschtschanskaja, Ch<strong>am</strong>owniki sowie<br />
im Donskoj Kloster.<br />
Auch wenn Kacheln an Kirchengebäuden in Jaroslawl, Nishnij Nowgorod oder Solik<strong>am</strong>sk bis heute<br />
erhalten geblieben sind, befindet sich die größte und reichhaltigste Ans<strong>am</strong>mlung in Moskau, wo sich<br />
diese wichtige mittelalterliche Tradition nur über drei Zarengenerationen hinwegsetzte. Die Kacheln<br />
weckten zwischen 1630 und 1650 ein gewisses Interesse, systematisch verwendet wurden sie ab den<br />
Siebziger Jahren. Zu Beginn des neuen Jahrhunderts ließ die Verwendung schon wieder nach.<br />
In Moskau kann man fast alle Stadien der Entwicklung verfolgen.<br />
Die ältesten Kacheln sieht man an den Türmen der Basiliuskathedrale (16. Jahrhundert) auf dem Roten<br />
Platz, dicht gefolgt von den glänzenden Kacheln <strong>am</strong> Kegeldach der Maria-Schutz-und-Fürbitte-Kirche<br />
in Medwedkowo, ul. Sapowednaja 52, aus den zwanziger Jahren des 17. Jahrhunderts.<br />
In den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts wurden die ersten Gemächer aus Stein in der Zarenresidenz<br />
im Kreml errichtet. Dazu gehören die Hauskirchen im Terempalast, die von außen durch die elf kleinen,<br />
mit Kacheln verzierten Türmchen sichtbar sind.