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Sommer am See Seliger

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Ausgabe 20 MosKultInfo 13<br />

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Buchtipps<br />

Jewgenij Grischkowez, Das Hemd<br />

Jewgenij Grischkowez wurde 1967 in Sibirien geboren und hat sich als seinen Wohnort<br />

Kaliningrad ausgesucht. Er schreibt Theaterstücke und steht auch selbst auf der Bühne.<br />

Dem Hemd im Roman ergeht es wirklich schlecht. Es ist Alexanders Lieblingshemd, und<br />

er zieht es morgens an, weil er ja die Frau treffen könnte, in die er sich über beide Ohren<br />

verliebt hat. Mehrmals während des langen Moskauer Tages muss das Lieblingshemd auf<br />

Toiletten gereinigt werden: von Staub, von Cocktailflecken und von Blut, vom Schmutz<br />

der Metropole, von ihren Vergnügungen und ihrem Leid. Spät in der Nacht wirft Alexander das verdreckte<br />

Kleidungsstück dann auf den Boden in seinem Schlafzimmer.<br />

Anders als das Hemd bleibt sein Träger erstaunlich unbeschadet. Alexander lebt - von Frau und Kind<br />

getrennt - in Moskau als mäßig erfolgreicher Architekt für Friseur- und Schönheitssalons. Unter anderen<br />

Umständen hätte ihn der Besuch von Max, dem alten Freund aus der Heimatstadt, über alle Maßen erfreut:<br />

Endlich wieder bis zur Bewusstlosigkeit trinken und reden! Nur hat sich Alexander gerade verliebt<br />

in eine Frau, die durch das ganze Buch als "SIE" geistert und ständig auf dem Handy anruft oder<br />

angerufen wird. Max als Provinzler will in Moskau In-Lokale und Prominente sehen, Frauen aufreißen<br />

und sich mit Alexander betrinken. Alexander aber denkt nur an seine Liebe. Und weil die beiden Russen<br />

das Männerklischee schlechthin verkörpern, sprechen sie über alles im Allgemeinen - also nicht über die<br />

spezielle Frau, an die Alexander dauernd denken muss, und erst <strong>am</strong> Ende über das eigene Leben, in dem<br />

Max von seiner Ehefrau verlassen worden ist. Mit scharfem Blick charakterisiert Grischkowez einen<br />

Typus aus der neuen, aufstrebenden Mittelschicht. Sascha ist ein Dandy des 21. Jahrhunderts und zugleich<br />

ein Russe, wie er im Buche steht: ein treuer Freund, ein leidenschaftlich Getriebener, ein trinkfreudiger<br />

Philosoph, der <strong>am</strong> Abend genauso mitgenommen ist wie sein Hemd.<br />

Agent 6, Tom Rob Smith<br />

In drei Romanen schildert der Brite das Leben des Geheimdienstmannes Leo Demidow.<br />

Eine Kindheit zu Hungerzeiten im ländlichen Russland der 1929/30er Jahre, der Große Vaterländische<br />

Krieg, der Terror des Stalin-Regimes, Okkupation und Krieg in Afghanistan<br />

sind Stationen von Leos Leidens- und Lebensweg. Kind 44, Kolyma und Agent 6 – so sind<br />

die deutschen Ausgaben betitelt. Das 44. Opfer eines Kindermörders ist der Anfang vom<br />

Ende seiner Geheimdiensttätigkeit; Chruschtschows »Geheimrede« auf dem Parteitag der<br />

KPdSU 1956 und deren Folgen konfrontieren Leo mit seiner längst abgeschlossen geglaubten Vergangenheit;<br />

die Missetaten von Agent 6 treiben ihn endgültig in den Untergang. Das dritte Buch beginnt mit<br />

einem Rückblick in das Jahr 1950. Der schwarze Musiker und Bürgerrechtler Jesse Austin erfreut sich<br />

bei der schwarzen Bevölkerung der USA großer Beliebtheit, wird als Kommunist bezeichnet, zumal er<br />

kein Hehl aus seiner Sympathie für das Sowjetsystem macht. Austins Besuch in Moskau wird von den<br />

dortigen Kommunisten als große Propaganda-Veranstaltung geplant. Doch Austin lässt sich nicht so<br />

schnell vereinnahmen und geht seine eigenen Wege. Dabei lernt er den jungen Geheimdienst-Offizier<br />

Leo Demidow und dessen zukünftige Frau Raisa kennen.<br />

Fünfzehn Jahre später. Völlig mittellos und verbittert lebt Austin mit seiner Frau in einer Sozialwohnung<br />

in Harlem. Die Demidows in Moskau haben in der Zwischenzeit geheiratet und zwei Mädchen<br />

adoptiert. Aus dem obrigkeitshörigen Leo ist nach seinem Ausstieg aus dem KGB und einer Stippvisite<br />

bei der Mordkommission ein einfacher Lagerverwalter geworden. Raisa, die etwas schüchterne Lehrerin<br />

von einst hat sich zu einer engagierten Schulleiterin entwickelt. Als ein Zeichen der Völkerverständigung<br />

hat sie ein Gemeinschaftskonzert <strong>am</strong>erikanischer und sowjetischer Schüler, unter ihnen auch ihre<br />

beiden Töchter, <strong>am</strong> UN-Hauptsitz in New York organisiert. Während einer Rede von Austin kommt es<br />

zu einer Auseinandersetzung mit mehreren Toten, unter ihnen Raisa. Leo versucht, den Schuldigen zu<br />

finden. Bei dem Versuch eines illegalen Grenzübertritts wird er gestellt und nach Afghanistan strafversetzt.<br />

Jahre der Hoffnungslosigkeit beginnen. Sein Job erscheint ihm sinnlos, die meiste Zeit dröhnt er<br />

sich mit dem dort leicht zugänglichen Opium zu.<br />

Erst als er unmittelbar mit dem Leid der Bevölkerung konfrontiert wird, kommt wieder Leben in seinen<br />

abgestumpften Geist. Die Herausforderung, das Leben einer jungen Frau und eines kleinen Mädchens<br />

retten zu können, haben ihn erstarken lassen, weil er auch durch die Befreiung der beiden seinem großen<br />

Ziel, nach New York zu kommen, näherkommt.<br />

Simone Hillmann

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