Sommer am See Seliger
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Ausgabe 20 MosKultInfo 3<br />
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Ausflug in Richtung Murom<br />
Murom klingt nach russischer Sage, nach Ilja Muromez. Der Legende nach soll der russische Recke in<br />
der Nähe von Murom geboren worden sein. Bis zu seinem 33. Lebensjahr saß er gelähmt zu Hause, ehe<br />
er von zwei Pilgern geheilt wurde und übernatürliche Kräfte bek<strong>am</strong>. Er begab sich dann zu Wladimir<br />
nach Kiew und kämpfte gegen die Tataren. Seine Heldentaten werden in zahlreichen Bylinen erzählt.<br />
Dorthin sollte uns ein Ausflug führen.<br />
Auf dem Weg über die Jegorjewskoje Chaussee nach Jegorjewsk, unserer ersten Station, circa 80 km<br />
östlich von Moskau gelegen, schauten wir einige interessante Kirchen an. In Osetschenki steht eine Kirche<br />
mit großem Gewölbe innen. Sie wurde von Roman Klein, der auch das ZUM plante, gebaut.<br />
In Retschizy, circa 40 km hinter Moskau, zieht eine riesige Kirche aus Ziegelstein den Blick auf sich.<br />
Sie erhebt sich im eklektischen Stil gleich neben der Straße. Während der Sowjetzeit war sie nicht geschlossen,<br />
so dass ihre tolle, aus Holz geschnitzte fünfreihige Ikonenwand erhalten<br />
geblieben ist.<br />
In Nowocharitonowo befindet sich eine Kirche der Altgläubigen<br />
im Jugendstil. Der Priester dort ist sehr auskunftsfreudig.<br />
Im vorigen Jahr hat er extra für uns gesungen. Dabei<br />
erfuhren wir, dass die Altgläubigen nicht nach Noten, sondern<br />
„Haken“ singen.<br />
Gshel kennt man durch das weißblaue Porzellan. Hier steht<br />
eine Maria Entschlafens Kirche, deren Ikonenwand aus dem<br />
für Gshel traditionellen Porzellan hergestellt wurde.<br />
Nach knapp 80 km erreicht man den Landstrich Guslizy, früher ein Gebiet, in<br />
dem viele Altgläubige lebten und aus dem mehrere später in Moskau bekannte<br />
Altgläubigen- und Unternehmerf<strong>am</strong>ilien wie Morosow oder Soldatenko, hervorgingen.<br />
So manchem Orthodoxen waren die Altgläubigen ein Dorn im Auge. Deshalb<br />
wurde in Kurowskoje, nördlich von Jegorjewsk, ein großes russischorthodoxes<br />
Kloster errichtet, das es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Altgläubigen<br />
zur Orthodoxie zu bekehren. Die große Verklärungskirche hat einen auf die<br />
Wand aufgemalten Ikonostas.<br />
Jegorjewsk selbst ist eine russische Kleinstadt mit rund 70 000 Einwohnern, die<br />
erstmals im 15. Jahrhundert erwähnt wurde. Sie war an den Handelsstraßen nach Kolomna und Kasimov<br />
gelegen und war für ihre Brotmärkte berühmt. Später entwickelte sich die Textilindustrie. Die erste Weberei<br />
wurde 1825 gebaut. Die Fabrikgebäude der Gebrüder Chljudov aus der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
stehen noch. Der Uhrenturm wird im Volksmund Big Ben genannt. Andere Fabriken folgten, Ende des<br />
19. Jahrhunderts wurde sogar eine Wasserleitung gebaut.<br />
Jegorjewsk überraschte durch den einigermaßen gepflegten Anblick der historischen<br />
Hauptstraße, der ul. Sowjetskaja. Die Häuser, gebaut an der Wende zum<br />
20. Jahrhundert, sind ganz gut erhalten. Ein Kloster und zwei große Kirchen<br />
dominieren das Stadtbild. Die Alexander Newskij Kirche wurde<br />
1897 als Andenken an Zar Alexander II. errichtet. Anlässlich des<br />
Besuches des Patriarchen wurde sie im letzten Jahr komplett restauriert,<br />
ist voll ausgemalt und hat einen vergoldeten Ikonostas. In der Sowjetzeit war sie<br />
nur kurz geschlossen.<br />
Im 19. Jahrhundert war Jegorjewsk ein Zentrum der Altgläubigen. Davon zeugt die Kirche<br />
des Heiligen Georg, eine der größten Kirchen der Altorthodoxen in Russland. Sie<br />
entstand aus einem Gebetshaus, das die Altgläubigen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ohne<br />
den Anschein einer Kirche zu erwecken, bauen durften. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten<br />
Glockenturm und Kuppeln hinzugefügt werden. Einige alte Ikonen sind noch erhalten.<br />
Jegorjewsk hat ein ungewöhnliches Lenindenkmal-auf dem Gelände einer Tankstelle fanden wir Lenin<br />
mit einem Matrosen und einem Soldaten.<br />
Viele der Kirchen rings um Jegorjewsk haben eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Die Muttergottes-vom-Zeichen-Kirche<br />
in Aljoschino wurde ursprünglich in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts<br />
als russisch-orthodoxe geweiht. 1930 wurde sie geschlossen. Doch bereits 1947 wurden hier wieder