Alles muss man selber machen ... - Stadtgespräche Rostock
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00.5 __ //// TITELTHEMA<br />
Per Anhalter durch die<br />
<strong>Rostock</strong>er Galaxis<br />
Oder: Wie kommuniziert sich Kommunalpolitik bürgernah?<br />
UWE HEMPFLING<br />
Es ist wirklich kein ausschließliches <strong>Rostock</strong>er Problem! Die<br />
Schwierigkeiten der Kommunikation zwischen Politik, Verwaltung<br />
und Bürgern hat durchaus intergalaktische Dimensionen,<br />
wie schon Douglas Adams in seinem legendären Science Fiction<br />
Ro<strong>man</strong> „Per Anhalter durch die Galaxis“ treffend ausführte.<br />
Hierzu ein kurzes Zitat des Vogonen-Kom<strong>man</strong>danten:<br />
„Bewohner der Erde! Hier spricht Protestnik Vogon Jeltz vom<br />
galaktischen Hyperraum-Planungsrat. Wie ihnen zweifellos bekannt<br />
sein wird, sehen die Pläne zur Entwicklung der Außenregion<br />
der Galaxis den Bau einer Hyperraum-Expressroute durch<br />
Ihr Sternensystem vor. Und Ihr Planet ist einer von denen, die<br />
gesprengt werden müssen. Es gibt keinen Grund, dermaßen<br />
überrascht zu tun. Alle Planungsentwürfe und Zerstörungsanweisungen<br />
haben 50 ihrer Erdenjahre in ihrem zuständigen<br />
Planungsamt auf Alpha Centauri ausgelegen. Wenn Sie sich<br />
nicht um ihre ureigensten Angelegenheiten kümmern, ist das<br />
wirklich ihr Problem.“<br />
Aber <strong>man</strong> <strong>muss</strong> gar nicht bis nach Alpha Centauri (4,34 Lichtjahre<br />
Entfernung zur Erde) schauen, um aktuelle Parallelen zu<br />
finden, ein Blick in Richtung Stuttgart 21 reicht. Das Handeln<br />
von Politik und Verwaltung trifft nicht immer auf das Verständnis<br />
der Bürger. Im Ergebnis stehen Politikverdrossenheit,<br />
Fatalismus und Desinteresse oder der emotionale Ausbruch im<br />
Protest, wo eigentlich zukunftsfähige und nachhaltige Konsenslösungen<br />
von Nöten wären.<br />
Ob diese Situation einer „Ignoranz der Macht“ auf Seiten von<br />
Politik und Verwaltung oder einer „Interesselosigkeit der Bürger“<br />
an Themen, die den privaten Horizont überschreiten, geschuldet<br />
sei, ist dabei keine zielführende Frage. Spannender<br />
wird es, fragt <strong>man</strong>: Was können wir an der Situation ändern?<br />
Wie kommt <strong>man</strong> näher zusammen?<br />
Dazu gibt es auch in <strong>Rostock</strong> erste Schritte, Hoffnungen auf eine<br />
bürgernähere und nachhaltig orientierte Stadtentwicklung<br />
wecken. Sie müssen wahrgenommen, ernstgenommen und unterstützt<br />
werden! Sowohl von Seiten der Bürgerschaft, der Verwaltung<br />
und nicht zuletzt von den Bürgern <strong>selber</strong>. Im Grunde<br />
geht es hier nicht um inhaltliche Einzelfragen, sondern um eine<br />
Frage der Haltung und des Respekts: Wie wollen wir miteinander<br />
umgehen?<br />
Der Trend zu mehr Transparenz, Offenheit und Einbeziehung<br />
bzw. die Forderung danach gibt es im Land allgemein und kann<br />
nicht nur in Stuttgart beobachtet werden. In Hamburg, um ein<br />
positives Beispiel zu nennen, wird aktuell öffentlich über den<br />
Zukunftsplan für Altona, über die Immobilienspekulation im<br />
Gänge-Viertel, über die nachhaltige ökologische Energieversorgung<br />
des Stadtteils Wilhelmsburg und über Lösungen für den<br />
Hochwasserschutz nachgedacht und diskutiert. Lange erprobt<br />
und bewährt sind diese Diskussionsprozesse in der Schweiz<br />
und Dänemark. Bürgernähe und Transparenz sind also keine<br />
unrealistischen Ziele.<br />
Die Vorteile einer bürgernahen Planungskultur, die vor Allem<br />
rechtzeitig ansetzen und ergebnisoffen geführt werden <strong>muss</strong>,<br />
sind die Einbindung aller relevanten Interessen und Dynamiken<br />
in den verschiedenen Stufen der Entscheidungsfindung.<br />
Dies führt zur Klarheit über die Interessenlage und über die<br />
Rahmenbedingungen von Entscheidungen. Im Ergebnis stehen<br />
tragfähige, akzeptierte und für alle dauerhaft verbindliche<br />
Handlungsdirektiven, von der Bürgerschaft beschlossen an die<br />
Verwaltung. Die Verwaltung hat hierbei eine vorausschauende,<br />
moderierende, strukturierende und in Varianten denkende<br />
Funktion inne. Sie liefert nicht die fertigen Lösungen, sondern<br />
artikuliert öffentlich die absehbaren Handlungsbedarfe, Rahmenbedingungen<br />
und Entwicklungschancen. Sie strukturiert<br />
die erforderlichen Diskussions-, Planungs- und Entscheidungsprozesse<br />
und kommuniziert diese sowohl in den politischen<br />
Raum als auch und besonders in Richtung Öffentlichkeit.