Abbott Times - ABBOTT Diagnostics
Abbott Times - ABBOTT Diagnostics
Abbott Times - ABBOTT Diagnostics
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<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />
Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />
20. Jahrgang – Nr. 2/2010<br />
FOCUS Aktuelle Aspekte<br />
zur Syphilisdiagnostik<br />
FORUM Impfen in Deutschland –<br />
ein kontroverses Thema<br />
PRODUKT Die mSystem-Familie<br />
in der molekularen Diagnostik<br />
ARCHITECT Vitamin D<br />
Put science on your side.
Editorial<br />
Trends in der Klinischen Bakteriologie<br />
Wie die Entwicklung der Klinischen Chemie gezeigt hat,<br />
führten methodische und technische Fortschritte wie<br />
Immunverfahren, Miniaturisierung oder Informationstechnologie<br />
zur Entwicklung hochempfindlicher Bestimmungsverfahren<br />
von Vielkanalanalysatoren mit einem breiten<br />
Analysenspektrum, einem hohen Probendurchsatz und<br />
zeitnaher Befundübermittlung. Dies hat die diagnostischen<br />
Möglichkeiten der Labormedizin erweitert und im<br />
Vergleich zum Beginn der Automatisierung die Erstellung<br />
eines Mehrfachen an Laborergebnissen ohne Personalaufstockung<br />
ermöglicht. Ein weiterer Vorteil dieser<br />
Geräteentwicklung war eine signifikante Senkung der<br />
Analytik-bedingten Fehlerrate.<br />
Weitere wichtige Fortschritte sind mit der Einführung der<br />
Gaschromatographie-Massenspektrometrie und der<br />
molekularbiologischen Verfahren gekommen. Letztere<br />
stehen allerdings noch eher am Anfang ihres Potenzials.<br />
Die Verkürzung der „Turnaround-Zeiten“ (TAT) war schon<br />
seit längerer Zeit ein starker Trend und eine der Triebfedern<br />
für die Automatisierung der klinisch-chemischen<br />
Analytik. Die Tatsache, dass die überwiegende Anzahl der<br />
Bestimmungen aus einem Material (Serum/Plasma)<br />
erstellt wird, erleichterte den Automatisierungsprozess.<br />
In der konventionellen Klinischen Bakteriologie dagegen<br />
kommen unterschiedliche Materialien und Fragestellungen<br />
zur Bearbeitung, die unterschiedlichen Techniken erforderlich<br />
machen, was eine Automatisierung erschwert.<br />
Daher ist es verständlich, dass mit einer Zeitverzögerung<br />
gegenüber der Klinischen Chemie erst einzelne Arbeitsfelder<br />
der Mikrobiologie mechanisiert worden sind – durch<br />
die Einführung von Blutkultur- und Tb-Kulturautomaten<br />
sowie Identifizierungs- und Resistenztestungsautomaten<br />
verschiedener Hersteller. Diese Entwicklungen haben zu<br />
einer deutlichen Verkürzung der TAT für bakteriologische<br />
Untersuchungen geführt. Es besteht aber durchaus<br />
Bedarf an einer weiteren Verkürzung der TAT bei der<br />
Abarbeitung von Blutkulturen, um eine möglichst frühzeitige<br />
erregerspezifische Therapie bei Sepsis einleiten zu<br />
können. Welchen positiven Effekt eine frühzeitige adäquate<br />
Antibiotikatherapie auf das Patienten-„Outcome“<br />
hat, belegen z. B. die Ergebnisse der Untersuchung einer<br />
Gruppe von Intensivpatienten mit Sepsis/schwerer Sepsis<br />
oder septischem Schock. Die kumulativen Überlebensraten<br />
nach acht Tagen betrugen bei adäquater und nicht<br />
adäquater Initialtherapie für die erste Gruppe 92 % bzw.<br />
72 % und für die zweite Gruppe 66 % bzw. 26 %.<br />
Die Molekularbiologie eröffnet mit einer Reihe verschiedener<br />
Verfahren neue diagnostische Möglichkeiten. So<br />
ermöglicht sie den Nachweis von langsam wachsenden<br />
und nicht kultivierbaren Bakterien. Außerdem ist mit<br />
verschiedenen Methodenkombinationen eine Verkürzung<br />
der TAT möglich, wie dies Klouche und Schröder in einer<br />
Übersichtsarbeit am Beispiel des Pathogennachweises in<br />
der Blutkultur gezeigt haben. Eine Keimidentifizierung ist<br />
aus Proben nach vorheriger Kultur oder auch direkt ohne<br />
Kultur möglich. Zur Keimidentifizierung können verschiedene<br />
auf Nukleinsäure- oder Proteinnachweis basierende<br />
Methoden ohne oder nach PCR-Amplifikation in Kombination<br />
mit FISH, Sequenzierung, Array-Technologie oder<br />
MALDI-TOF-Massenspektrometrie zur Anwendung<br />
kommen. Mit diesen Verfahren sind auch Bestimmungen<br />
von Resistenz-, Virulenzfaktor- und Toxingenen möglich,<br />
werden aber nur in Einzelfällen schon in der Routine<br />
angewandt. Zu erwarten ist auch eine Verbesserung der<br />
Diagnostik von Pilzinfektionen mittels molekularbiologischer<br />
Verfahren.<br />
Allerdings ersetzen alle diese technischen Möglichkeiten<br />
derzeit noch nicht die konventionelle Bakteriologie. Es<br />
sind dies die konventionelle bakteriologische Diagnostik<br />
ergänzende Verfahren. In klinischer Erprobung ist derzeit<br />
PLEX-ID von <strong>Abbott</strong>. Diese Technologie ermöglicht eine<br />
breit gefächerte Detektion von Bakterien, Pilzen und Viren.<br />
Nach DNA-Extraktion aus der Probe und anschließender<br />
PCR erfolgt die Identifizierung mittels Massenspektrometrie<br />
auf der Basis von DNA-Profilen und Datenbankabgleich<br />
mit dem PLEX-ID Analyzer. Weitere Vorteile von<br />
PLEX-ID sind hochauflösende Genotypisierung, Resistenz-<br />
und Virulenztestung.<br />
Vor einiger Zeit ist mir zufällig eine Arbeit mit dem Titel<br />
„Clinical Microbiology in the year 2025“ in die Hände<br />
gekommen (J. Clin. Microbiol. 2002; 40: 3889–93).<br />
Die Befürchtung zahlreicher Mikrobiologen, dass die<br />
zunehmende Technisierung der Mikrobiologie mit molekularbiologischen<br />
Verfahren zu einem Verschwinden ihres<br />
Fachs führen könnte, ergab die Anregung zu dieser<br />
Arbeit. Zunächst werden zwei erfundene Kasuistiken mit<br />
„ausgefeilter“ molekularbiologischer Diagnostik beschrieben,<br />
dann wird über die Entwicklung der Laboratoriumsmedizin<br />
und der Klinischen Mikrobiologie wie folgt spekuliert:<br />
Die Entwicklung von Point-of-care-Geräten mit einem<br />
breiten Test-Menu und hoher diagnostischer Richtigkeit<br />
führt zu einer weiten Verbreitung dieser Geräte in Kliniken<br />
und hat eine starke Dezentralisierung der derzeitigen<br />
Labortätigkeit zur Folge. Es werden hochspezialisierte<br />
größere Laboratorien entstehen, die sich ausschließlich<br />
mit komplexen, auf Genomik und Proteomik basierenden<br />
Analysenverfahren und Ergebnisinterpretationen beschäftigen<br />
werden. Außerdem wird im Rahmen dieser Veränderungen<br />
die Labordiagnostik wieder in das Praxislabor<br />
zurückkehren. – Ob diese Entwicklung 2025 eingetroffen<br />
sein wird, sind sich die Autoren selbst nicht sicher. Der<br />
letzte Satz ihrer spekulativen Arbeit lautet nämlich: „Hey,<br />
if we’re wrong, call us in 2025.“
Liebe Leser von <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong>!<br />
Abschied<br />
<br />
Mit dieser Ausgabe möchte ich mich von Ihnen verabschieden.<br />
Ich habe jetzt ein Alter erreicht, das es gebietet,<br />
die interessante und anregende Tätigkeit in der Redaktion<br />
in jüngere Hände zu übergeben. Daher scheide ich nach<br />
neunjähriger Tätigkeit auf eigenen Wunsch mit Ende 2010<br />
aus der Redaktion aus. Es war nie eine Absicht von mir<br />
und der Redaktion, <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> labormedizinischen<br />
Journalen nach Form und Inhalt vergleichbar zu gestalten.<br />
Ich hatte die Freiheit, der klinischen Thematik mehr<br />
Gewicht zu geben, da ich annahm, dass die labororientierte<br />
Literatur den Lesern weitgehend bekannt war. So<br />
habe ich nach Möglichkeit immer eine Fallbeschreibung in<br />
jede Ausgabe eingebracht.<br />
Wenn es eine ausgefallene Kasuistik war, wie z. B.<br />
„Känguruh und Coca-Cola“, dann hatte ich eine Freude<br />
daran. Ich bin auch der Überzeugung, dass gute klinische<br />
Kenntnisse eine wichtige Voraussetzung für eine gute<br />
Laborarbeit und gute Kooperation mit den klinisch tätigen<br />
Kollegen sind. In den Editorials habe ich versucht,<br />
Probleme, die unser Fach betreffen, anzusprechen.<br />
Sie sind mal ordentlich und mal weniger gut gelungen.<br />
Auf Editorials habe ich die meisten Antworten erhalten.<br />
Neuere Entwicklungen in der Mikrobiologie werden genug<br />
Stoff bieten, um <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> auch in Zukunft interessant<br />
zu gestalten. Ihnen, liebe Leser, möchte ich eine trotz aller<br />
Schwierigkeiten befriedigende Tätigkeit im Labor wünschen<br />
und einen Chef, der Sie bei Problemen, mit wem<br />
auch immer, verlässlich unterstützt, und denjenigen, die in<br />
Aus- oder Weiterbildung sind, einen erfolgreichen<br />
Abschluss ihrer Studien.<br />
Den Mitgliedern der Redaktion danke ich für die effektive<br />
Unterstützung meiner Arbeit, die hilfreichen Anregungen<br />
und kollegialen Diskussionen. Der Firma <strong>Abbott</strong> und Herrn<br />
Dr. K.-H. Pick möchte ich ganz besonders dafür danken,<br />
dass <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> in wirtschaftlich schwerer Zeit, in der<br />
Politik und Medien immer von Sparprogrammen berichten,<br />
nie zur Disposition gestanden hat und dass sie mir<br />
in den neun Jahren beim Schreiben immer uneingeschränkte<br />
Freiheit gelassen haben. Meinen Nachfolger<br />
begleiten alle guten Wünsche für eine erfolgreiche Arbeit<br />
und so viel Freude an dieser Tätigkeit, wie ich sie gehabt<br />
habe. <br />
n<br />
FOCUS<br />
Tumormarker bei<br />
Ovarialkarzinomen<br />
FORUM<br />
Vitamin D3: ein Vitamin<br />
gewinnt zunehmend an<br />
Bedeutung<br />
PRODUKT<br />
Urin NGAL –<br />
Neuer diagnostischer<br />
Ansatz bei der akuten<br />
Nierenschädigung<br />
<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />
Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />
20. Jahrgang - Nr. 1/2010<br />
Put science on your side.<br />
Focus<br />
Invasion<br />
der Viren<br />
Forum Neutrophil gelatinase<br />
associated lipocalin (NGAL)<br />
als Marker der akuten Nierenschädigung<br />
FORUM Frühdiagnose des akuten<br />
Nierenversagens durch NGAL<br />
PRODUKT ARCHITECT Toxo IgM<br />
<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />
Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />
18. Jahrgang - Nr. 2/2008<br />
Produkt ARCHITECT HBc II<br />
Praxisreport Jetzt auch in<br />
der Reproduktionsmedizin:<br />
CELL-DYN Ruby Software 2.0<br />
<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />
Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />
19. Jahrgang - Nr. 2/2009<br />
FOCUS Prostataspezifisches<br />
Antigen – neue Erkenntnisse<br />
und alte Probleme<br />
Put science on your side.<br />
<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />
Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />
18. Jahrgang - Nr. 1/2008<br />
Forum Myeloperoxidase: ein neuer<br />
diagnostischer Parameter in der<br />
Labormedizin?<br />
Produkt Das neue Hämatologie-<br />
System CELL-DYN Emerald<br />
Praxisreport ARCHITECT c16000 im<br />
Routinelabor: Ein Gesamtlaborkonzept<br />
Klinischer Chemie und Immunologie<br />
Focus<br />
Pro Gastrin Releasing<br />
Peptide (ProGRP)– ein<br />
diagnostischer Biomarker<br />
für das kleinzellige<br />
Lungenkarzinom<br />
<br />
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<br />
<br />
Fast ein Jahrzehnt hat Herr Prof. Dr. Dr. Hermann Wisser<br />
unsere <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> wissenschaftlich begleitet. Seine<br />
große Erfahrung in der Laboratoriumsmedizin, seine tiefen<br />
wissenschaftlichen Kenntnisse und vor allem die Fähigkeit,<br />
„auf den Punkt“ zu argumentieren und zu formulieren, hat<br />
der <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> zu dem Profil verholfen, das Sie als<br />
Leser so schätzen. Die gemeinsame Entwicklung eines<br />
neuen Heftes war immer spannend und von fruchtbaren<br />
Diskussionen und Anregungen in der Redaktionskonferenz<br />
geprägt. Wir werden versuchen, diesen Geist unserer<br />
<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> auch zukünftig zu erhalten.<br />
Unser Dank gilt nicht nur dem Wissenschaftler, sondern<br />
auch dem Menschen, der mit großem Engagement<br />
unserer Zeitschrift zur Seite stand und ein freundschaftlich<br />
zu nennendes offenes Arbeiten ermöglichte.<br />
Prof. Dr. Dr. Hermann<br />
Wisser, Stuttgart<br />
Für die Zukunft wünschen wir Herrn Wisser vor allem<br />
Gesundheit und Erfolg für seine Aktivitäten und freuen<br />
uns, wenn er unserer <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> freundschaftlich<br />
verbunden bleibt. <br />
Das <strong>Abbott</strong>-<strong>Times</strong>-Redaktionsteam<br />
n
Inhaltsverzeichnis<br />
Magazin<br />
5 Infektionen auf Intensivstationen<br />
Inzidenz des Leberzellkarzinoms<br />
6 Neues von Vitamin D<br />
Vitamin D und gute Gesundheit<br />
7 Primäre Prävention mit Aspirin<br />
Vermindertes Kolonkarzinomrisiko?<br />
8 Beschleunigte Sepsisdiagnostik<br />
Ausreißer ein vernachlässigtes Kriterium<br />
9 Karzinom-Screening<br />
Koronare Bypass-Operationen<br />
Focus<br />
10 Aktuelle Aspekte der Syphilisdiagnostik<br />
Forum<br />
18 Impfen in Deutschland – ein kontroverses Thema<br />
Kasuistik<br />
22 Grün gefärbter Urin<br />
Eine ausgefallene Diagnose<br />
Praxisreport<br />
23 Qualität und Effizienz in der infektiologischen Testung<br />
im Labor Dr. von Froreich – Bioscientia GmbH<br />
7<br />
Liebe Leserinnen und Leser von <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong>!<br />
Bitte unterstützen Sie uns darin, <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> immer<br />
besser zu machen! Schicken Sie Ihre Vorschläge und<br />
Kommentare an:<br />
literaturservice@abbott.com<br />
Die aktuelle und ältere Ausgaben der <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />
finden Sie im Internet unter<br />
www.abbottdiagnostics.de<br />
Dort können Sie auch gleich unseren <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />
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Das Redaktionsteam<br />
Labor aktuell<br />
25 25 Jahre HIV-Diagnostik<br />
26 LABS ARE VITAL ist in Deutschland angekommen!<br />
27 KIF6: Neuer Biomarker für die kardiologische<br />
Risikoabschätzung und Steuerung der Statin-Therapie<br />
28 Warum auf Respiratorische Viren testen?<br />
30 Die mSystem-Familie in der molekularen Diagnostik<br />
– vielfältige RealTime-PCR-Assays auf einer einzigen<br />
Geräteplattform<br />
32 Hepatitis-C-Diagnostik – Screening und wichtiger<br />
Wegweiser in der HCV-Therapie<br />
34 Einsatzgebiete des ARCHITECT HCV Ag Assay<br />
35 ARCHITECT Vitamin D – vollautomatische Messung<br />
eines unterschätzten Vitamins<br />
36 Ist der falsche Troponin-Wert wirklich falsch?<br />
37 <strong>Abbott</strong> präsentiert seine Vielseitigkeit<br />
38 Lesezeichen:<br />
Hinweise auf aktuelle medizinische Fachliteratur<br />
39 13. Weltkongress „Controversies in Obstetrics,<br />
Gynecology and Infertility“<br />
© Wikimedia Commons, <strong>Abbott</strong><br />
18 28
Infektionen auf Intensivstationen<br />
Magazin<br />
<br />
Infektionen von Intensivpatienten sind die Hauptursache<br />
von Morbidität und Mortalität. In der European-<br />
Prevalence-of-Infection-in-Intensive-Care (EPIC II)-Studie<br />
wurden an einem für alle Teilnehmer gleichen Tag (und bis<br />
zu 60 Tage nach diesem Tag) demographische, physiologische,<br />
bakteriologische, therapeutische Outcome-<br />
Ergebnisse registriert. An dieser Studie beteiligten sich<br />
1265 Intensivstationen aus 75 Ländern aller Erdteile<br />
(JAMA 2009; 302: 2323–9). In die Auswertung gingen die<br />
Daten von 13.796 Erwachsenen ein. 7087 (51 %) hatten<br />
am Tag der Datenerhebung eine Infektion und 9084 (71 %)<br />
erhielten Antibiotika. Am häufigsten waren mit 64 %<br />
Infektionen des Respirationstraktes, gefolgt von 20 %<br />
Infektionen des Abdominalbereichs und 15 % des Blutes.<br />
In 47 % der positiven Blutkulturen wurden grampositive<br />
Erreger, überwiegend Staph. aureus, und in 62 % gramnegative<br />
Bakterien, überwiegend Pseudomonas-Spezies und<br />
Escherichia coli, und in 17 % Candida nachgewiesen. Die<br />
Mortalität der Patienten mit Infektionen war mit 25 %<br />
signifikant höher als diejenige der ohne Infektion mit 11 %.<br />
Das Gleiche gilt für die Mortalität bezogen auf den Krankenhausbereich<br />
mit 33 % bzw. 15 %. Bezüglich der<br />
Häufigkeiten der Infektionen auf Intensivstationen und der<br />
isolierten Erreger gibt es geographische und regionale<br />
Unterschiede. Allerdings ist die Interpretation solcher<br />
Differenzen schwierig, da die zahlreichen verschiedenen<br />
Einflussfaktoren auf die Patientenversorgung nicht genau<br />
bekannt sind.<br />
n<br />
Inzidenz des Leberzellkarzinoms<br />
den karzinomauslösenden Effekt der Virushepatitis und<br />
können auch ohne deren Vorhandensein ein Leberzellkarzinom<br />
verursachen (JAMA 2010; 303: 2349–50).<br />
Der folgende Bericht des Centers for Disease Control<br />
and Prevention beinhaltet die Inzidenzrate des Leberzellkarzinoms<br />
für den Zeitraum von 2001 bis 2006 in den<br />
USA. Die im Folgenden angegebenen Inzidenzraten<br />
beziehen sich immer auf 100.000 Personen. Die durchschnittliche<br />
Inzidenzrate betrug für den Untersuchungszeitraum<br />
3. Die jährliche Inzidenzrate stieg in den sechs<br />
Jahren von 2,7 auf 3,2. Sie zeigte eine Abhängigkeit von<br />
Alter, Geschlecht und der ethnischen Zugehörigkeit.<br />
Das Leberzellkarzinom ist die dritthäufigste Todesursache<br />
weltweit und die neunthäufigste in den USA. Chronische<br />
HBV- und HCV-Infektionen werden für 78 % der<br />
weltweiten Leberzellkarzinome verantwortlich gemacht.<br />
Alkoholkonsum, Fettleber und Typ-II-Diabetes verstärken<br />
Die höchsten Inzidenzraten in Abhängigkeit vom Alter<br />
ergaben folgende Werte: 2,2 (40–49 Jahre), 6,8 (50–59<br />
Jahre), 9,6 (60–69 Jahre), 13,7 (70–79 Jahre) und 10,0<br />
(≥ 80 Jahre). Die Inzidenzrate für Männer ist mit 5,0 fast<br />
viermal höher als die der Frauen mit 1,3. Die folgenden<br />
Daten belegen die ethnischen Einflüsse. Asiatische<br />
Inselbewohner hatten eine Inzidenzrate von 7,8, Afro-<br />
Amerikaner von 4,2, Indianer/Alaska von 3,2 und Weiße<br />
von 2,8. Allerdings zeigten die stärksten Anstiege im<br />
Untersuchungszeitraum die Weißen. Zur Verbesserung<br />
der Situation werden eine verstärkte HBV-Impfung und<br />
eine verbesserte Versorgung der Patienten mit chronischer<br />
Hepatitis vorgeschlagen.<br />
n<br />
© Wikimedia/Norbert Kaiser, Erysipel/pixelio.de
Magazin<br />
Neues von Vitamin D<br />
Der beste Indikator der Versorgung eines Organismus<br />
mit Vitamin D ist 25-Hydroxyvitamin D (25OHD) wegen<br />
seiner Stabilität und signifikant höheren Konzentration als<br />
1,25 Dihydroxyvitamin D (1,25(OH) 2<br />
D) der aktiven Form<br />
des Vitamins. Vitamin D hat zwei verschiedene Funktionen,<br />
einmal als in der Niere gebildetes Hormon des Knochenstoffwechsels<br />
und zum anderen als von Monozyten und<br />
Macrophagen gebildetes Zytokin mit der Funktion eines<br />
Modulators der Immunabwehr von Mikroorganismen (J.<br />
Clin. Endocrinol. Metab. 2010; 95: 471–8). Eine Reihe von<br />
Studien aus jüngerer Zeit belegt, dass der Vitaminmangel<br />
(25OHD < 30 ng/mL) weit verbreitet ist. So konnte mit<br />
dem National Health and Nutrition Examination Survey<br />
(NHANES) nachgewiesen werden, dass am Ende der<br />
Studie 90 % der Bevölkerung mit dunkler Hautfarbe der<br />
USA und fast drei Viertel der Weißen einen Vitamin-D-<br />
Mangel hatten. Dies war praktisch eine Verdopplung der<br />
Prävalenz im Vergleich zu den zehn Jahre vorher in der<br />
gleichen Population ermittelten Werten. Dieser Mangel hat<br />
eine Reihe von Konsequenzen. So konnte eine Assoziation<br />
von niedriger 25OHD-Serumkonzentration mit verminderter<br />
Knochendichte und erhöhtem Risiko von Frakturen<br />
nachgewiesen werden. Weitere Untersuchungen haben<br />
gezeigt, dass das Vitamin-Zytokin-System für die Bildung<br />
antimikrobieller Peptide durch Monozyten-Makrophagen<br />
mit Aktivierung der Toll-like-Rezeptoren von Bedeutung ist.<br />
Außerdem konnte eine Assoziation von Kolonkarzinom und<br />
KHK mit einem 25OHD-Mangel nachgewiesen werden.<br />
Eine inverse Korrelation von 25OHD-Serum-Konzentration<br />
mit Fettsucht und Insulinresistenz konnte ebenfalls gezeigt<br />
werden. Bei der Substitutionstherapie sind zwei Phasen zu<br />
beachten. Zuerst erfolgt eine Gabe von 500 kIU-1 MIU in<br />
einem Zeitraum von vier Wochen, um eine 25OHD-<br />
Konzentration von > 30 ng/mL zu erreichen, gefolgt von<br />
einer Erhaltungsdosis von 50 kIU pro Monat.<br />
n<br />
Vitamin D und gute Gesundheit<br />
© National Institutes of Health, Österreich Werbung/Himsl<br />
In dieser Arbeit wird die Bedeutung der Vitamin-D-<br />
Versorgung für die verschiedenen Lebensphasen besprochen<br />
(Altern. Med. Rev. 2005; 10: 94–111). In der prä-<br />
und der postnatalen Phase ist wegen der raschen<br />
Knochenentwicklung eine ausreichende Versorgung mit<br />
Vitamin D notwendig. Ein Mangel in der Schwangerschaft<br />
wird mit einem verminderten Geburtsgewicht und vorzeitigen<br />
Wehen in Zusammenhang gebracht. Es wird über<br />
Hinweise berichtet, dass eine ausreichende Versorgung<br />
mit Vitamin D in der Jugend das Risiko, an MS zu erkranken,<br />
mindert.<br />
Über eine zunehmende MS-Rate bei zunehmender<br />
geographischer Breite des Aufenthalts (abnehmende<br />
Sonneneinstrahlung) bei Erwachsenen wird in mehreren<br />
Studien berichtet – ebenso wie von einer inversen Korrelation<br />
von Brust-, Ovarial-, Kolon- und Prostatakarzinom<br />
mit der UVB-Bestrahlung. Vitamin-D-Mangel ist bei der<br />
älteren Bevölkerung häufiger, da sie sich seltener dem<br />
Sonnenlicht aussetzt und die Effizienz der Photoproduktion<br />
des Vitamins in deren Haut geringer ist. Osteoporotische<br />
Frakturen sind ein Altersproblem. Verminderte<br />
Knochendichte, Muskelschwäche und Gleichgewichtsstörungen<br />
sind dafür verantwortlich. Beim Menschen ist die<br />
Haut die Hauptquelle des Vitamins. Die Wirksamkeit des<br />
dafür notwendigen UVB-Sonnenlichts ist abhängig von<br />
der Tages- und Jahreszeit, dem Breitengrad des Aufenthaltsortes,<br />
der Bestrahlungszeit, der Hautfarbe, der<br />
Körperfettmenge und dem Alter. Bei nicht adäquater<br />
Sonnenbestrahlung wird eine tägliche Gabe von 1000 IU<br />
Vitamin D empfohlen.<br />
n
Primäre Prävention mit Aspirin<br />
Magazin<br />
<br />
Während die Wirksamkeit von Aspirin bei der sekundären<br />
Prävention bei bekannten Gefäßerkrankungen gesichert<br />
ist, ist sein Effekt bei der primären Prävention nicht<br />
belegt, wenn man von dem Ergebnis der Untersuchung<br />
von 22.000 Ärzten in den USA absieht. Bei dieser Studie<br />
wurde unter Gabe von Aspirin eine 44%ige Reduktion<br />
der Herzinfarktrate nachgewiesen. Eine Untersuchung<br />
von 5139 britischen Ärzten bestätigte diesen<br />
positiven Effekt nicht. In dieser Studie (JAMA<br />
2010; 303: 841–8 und 880–2) wurden einer<br />
Stichprobe von Männern und Frauen im Alter<br />
zwischen 50 und 75 Jahren ohne bekannte<br />
koronare Gefäßerkrankung mit einem Knöchel-<br />
Arm-Index (KAI) unter 0,95 zur primären<br />
Prävention 100 mg Aspirin pro Tag gegeben.<br />
165.795 Personen wurden angeschrieben,<br />
am KAI-Screening teilzunehmen. 28.980<br />
Personen erklärten sich bereit, an der<br />
Studie teilzunehmen. Davon hatten 4917<br />
einen KAI von ≤ 0,95. 923 lehnten eine<br />
weitere Teilnahme ab. Die verbleibenden<br />
3350 Personen wurden zu gleichen Teilen<br />
(n = 1675) auf die Verum- und die Placebogruppe<br />
verteilt. Die durchschnittliche<br />
Beobachtungszeit betrug 8,2 Jahre. Primäre<br />
Endpunkte waren tödliches und nicht tödliches Koronarereignis,<br />
Schlaganfall und operative Revaskularisation.<br />
Zwei sekundäre Endpunkte waren einmal ein Verbund von<br />
primären Endpunkten, Angina, Claudicatio intermittens<br />
und TIA und als zweiter Endpunkt die Gesamtmortalität.<br />
Auf die Verumgruppe entfielen 181 primäre,<br />
288 sekundäre Endpunkt-Ereignisse<br />
und 176 Todesfälle und auf die<br />
Placebogruppe 176 primäre,<br />
290 sekundäre Endpunkt-<br />
Ereignisse und 186<br />
Todesfälle. Ein Effekt bei<br />
primärer Prävention mit<br />
Aspirin konnte mit<br />
dieser Untersuchung<br />
nicht nachgewiesen<br />
werden. Kritisch ist die<br />
hohe Ausfallquote bei<br />
dieser Studie. Ob der<br />
AKI ein guter Screening-<br />
Test für symptomfreie<br />
Patienten mit erhöhtem<br />
vaskulären Risiko ist,<br />
müsste allerdings noch<br />
nachgewiesen werden. n<br />
Vermindertes Kolonkarzinomkrisiko?<br />
Pyridoxalphosphat, die aktive Form von Vitamin B6 als<br />
Kofaktor von Enzymen, spielt eine wichtige Rolle im<br />
1-Kohlenstoff-Stoffwechsel, der für die Synthese und<br />
Methylierung von DNA von Bedeutung ist. Die Ergebnisse<br />
einer Reihe von Publikationen zur Senkung des Kolonkarzinomrisikos<br />
durch Vitamin B6 sind widersprüchlich. Mit<br />
einer Metanalyse wurde unter Einbeziehung von zwölf<br />
prospektiven Studien eine Klärung versucht (JAMA 2010;<br />
303: 1077–83). Bei acht Studien (n = 6064 Probanden) war<br />
das relative Kolonkarzinomrisiko in Abhängigkeit von Dauer<br />
und Menge der Vitamin-B6-Gabe und in den vier restlichen<br />
(n = 883 Fälle und 1224 Kontrollen) in Abhängigkeit von<br />
der erzielten Vitamin-B6-Serum-/Plasma-Konzentration<br />
bestimmt worden. Für die erste Gruppe der acht Studien<br />
ergaben sich elf auswertbare Kohorten, von denen bei<br />
sechs das Relative Risiko (RR) < 1,0 und bei fünf das RR ><br />
1,0 war. Das RR der gepoolten Daten betrug 0,90 und bei<br />
der zweiten Gruppe mit vier Studien 0,52. Aus der Dosis-<br />
Wirkungsbeziehung zwischen der Vitamin-B6-Konzentration<br />
und dem RR für ein Kolonkarzinom errechnete sich pro<br />
100 μmol/L-Konzentrationsanstieg eine Risikominderung<br />
um 50 %. Die Ausführungen der Autoren sind für mich<br />
insofern widersprüchlich, als in der „Conclusion“ als<br />
Ergebnis der Meta-Analyse eine inverse Assoziation von<br />
Karzinomrisiko mit Vitamin-B6-Einnahme und der Blutkonzentration<br />
besteht. In der „Summary“ am Ende der Arbeit<br />
wird ausgeführt, dass eine inverse Assoziation von Vitamin-<br />
B6-Blutkonzentration mit dem Risiko eines kolorektalen<br />
Karzinoms, aber nicht für die Ergebnisse nach Vitamin-B6-<br />
Einnahme besteht. Nach meiner persönlichen Einschätzung<br />
hat auch diese Meta-Analyse die Frage, ob Vitamin<br />
B6 das Karzinomrisiko mindert, nicht endgültig geklärt, was<br />
auch die Autoren mit ihrem Hinweis auf die Notwendigkeit<br />
weiterer großer Studien mit Vitamin B6 bestätigen. n<br />
© Wikimedia Commons, http://de.wikipedia.org/wiki/Pyridoxin
Magazin<br />
Beschleunigte Sepsisdiagnostik<br />
Eine möglichst schnelle Keimdifferenzierung<br />
ermöglicht bei Kenntnis der Resistenz der bisher isolierten<br />
Keime aus den Einsenderproben eine frühzeitige<br />
gezielte Behandlung. In letzter Zeit kamen neben den bisher<br />
üblichen Blutkulturverfahren molekularbiologische<br />
und massenspektrometrische Verfahren zum Einsatz.<br />
Letztere sind zwar methodisch aufwändiger und teurer,<br />
liefern aber das Ergebnis der Keimidentifizierung nach<br />
kürzerer Zeit.<br />
In der vorliegenden Studie (Lancet 2010; 375: 224–30)<br />
wurden 3318 Proben von Patienten mit klinisch begründetem<br />
Verdacht auf Vorliegen einer Sepsis mittels Blutkultur<br />
und mit dem Prove-it-Sepsis-Test (Mobidiag, Helsinki)<br />
in zwei verschiedenen Laboratorien (UK und Finnland)<br />
untersucht.<br />
Der Prove-it-Sepsis-Test ist ein PCR-Microarray-Verfahren,<br />
das 50 verschiedene Bakterien-Spezies erfasst. Von<br />
den 3318 Proben ergaben 2107 (64 %) ein positives<br />
Blutkulturergebnis. 1807 (86 %) der 2107 positiven<br />
Blutkulturen waren mit dem Prove-it-Test positiv. Bezogen<br />
auf die Kulturergebnisse als Gold-Standard hatte der<br />
Prove-it-Sepsis-Test eine diagnostische Sensitivität von<br />
94,7 % und eine diagnostische Spezifität von 98,8 %. Im<br />
Durchschnitt lag das Ergebnis der molekularbiologischen<br />
Methode 18 Stunden früher als das mit Kultur vor. n<br />
Ausreißer ein vernachlässigtes Kriterium<br />
© bergsprinter.wordpress.com, EPA<br />
Kardiales Troponin I ist die bevorzugte Messgröße bei<br />
der Diagnose des akuten koronaren Syndroms. Als<br />
Entscheidungsgrenze wird die 99. Perzentile und ein VK<br />
von 10 % und weniger empfohlen. Die vorliegende Studie<br />
wurde mit dem Ziel durchgeführt zu untersuchen, inwieweit<br />
Ausreißer von Ergebnissen der TnI-Bestimmung über<br />
die analytische Impräzision erklärbar sind (Ann. Clin.<br />
Biochem. 2010; 47: 242–7). Als Ausreißer definiert wurde<br />
die Überschreitung der Differenz von zwei Messergebnissen<br />
einer vorgegebenen kritischen Differenz: CD = 4,95 x<br />
SD analytical<br />
mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,0005. Zur<br />
Erfassung der Ausreißer wurden zwei Versuchsreihen<br />
durchgeführt. In der ersten wurden alle Proben mit Messwerten<br />
von TnI > 0,04 µg/L sofort ohne Probenbehandlung<br />
reanalysiert (n = 5265). In der zweiten Versuchsreihe<br />
wurden alle TnI-Anforderungen (n = 881) in Doppelbestimmungen<br />
analysiert. In der ersten Versuchsreihe betrug die<br />
Anzahl der Ausreißer 102 (1,94 %) und in der zweiten<br />
Serie 11 (1,25 %). Die Anzahl der Ausreißer war in beiden<br />
Versuchsreihen signifikant höher als die für eine Wahrscheinlichkeit<br />
von 0,0005 erwartete Anzahl von 2,4 bzw.<br />
0,4. Die Zahl der Ausreißer war unabhängig vom Typus<br />
des Analysengerätes, der Geschwindigkeit der Zentrifugation<br />
der Proben und der Probenart (Serum oder Plasma).<br />
Diese Faktoren erklären somit nicht das Auftreten von<br />
Ausreißern. Die Ausreißerrate für Einfachbestimmungen,<br />
berechnet aus den jeweils ersten Messwerten der Doppelbestimmungen,<br />
ergab für die erste Versuchsreihe einen<br />
Wert von 1,37 % und die zweite einen Wert von 0,55 %.<br />
Die Impräzision von 16,7 % an der Entscheidungsgrenze<br />
der benutzten Methode erklärt die Ausreißer nicht. Diese<br />
waren nämlich nicht um die Entscheidungsgrenze verteilt.<br />
Außerdem war der zweite Messwert der Doppelbestimmungen<br />
immer höher als der erste Messwert. Ausreißer<br />
sind verursacht durch einen Mangel an Stabilität des<br />
Analysensystems. Wichtig ist, die Ausreißerrate als<br />
Stabilitätskriterium des Analysensystems mithilfe von<br />
Doppelbestimmungen zu überprüfen.<br />
n
Karzinom-Screening<br />
Magazin<br />
<br />
In dieser Untersuchung wurde der Frage nachgegangen,<br />
wie häufig bei Patienten mit fortgeschrittenem Karzinom<br />
und verminderter Lebenserwartung weiterhin Mammographie,<br />
Papanicolaou-Test, PSA-Bestimmung und Koloskopie<br />
zum Nachweis neuer Karzinome durchgeführt wurden<br />
(JAMA 2010; 304: 1584–91). Untersucht wurden 87.736<br />
Medicare-Patienten im Alter von 65 Jahren und älter mit<br />
fortgeschrittenen Karzinomen an Lunge (St. IIIb–IV) oder<br />
Pankreas, mit Magen-Speiseröhre-Krebs oder Brustkrebs<br />
(St. IV). Die Kontrollgruppe umfasste 87.307 Medicare-<br />
Patienten ohne Karzinom. Der Untersuchungszeitraum<br />
betrug sieben Jahre. Die mediane Überlebenszeit variierte<br />
zwischen 4,3 Monaten bei der Kohorte mit Pankreaskarzinom<br />
und 16,2 Monaten bei jener mit Mammakarzinom.<br />
Die Fünf-Jahres-Überlebensrate der Mammakarzinomgruppe<br />
betrug 15,5 % und für alle anderen Gruppen 5 %<br />
und weniger. Bei Frauen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom<br />
wurden im Vergleich zur Kontrollgruppe mindestens<br />
eine Mammographie in 8,9 % vs. 22,0 % und ein<br />
Papanicolaou-Test in 5,8 % vs. 12,5 % der Fälle durchgeführt.<br />
Bei Männern mit fortgeschrittenem Karzinom<br />
betrug die Häufigkeit der PSA-Bestimmung 15,0 % und<br />
in der Kontrollgruppe 27,2 %. Bezogen auf alle Karzinompatienten<br />
ergab sich im Vergleich zur Kontrollgruppe die<br />
Koloskopie/Sigmoidoskopie-Häufigkeit von 1,2 % zu<br />
4,7 %. Die Autoren folgern aus den Ergebnissen, dass<br />
bei einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Personen mit<br />
fortgeschrittenem Karzinom Screening-Untersuchungen<br />
weiter durchgeführt werden, und dies trotz geringer<br />
Wahrscheinlichkeit eines Patienten-Benefits. Diese Aussage<br />
wird aber dadurch eingeschränkt, dass die bestehenden<br />
Daten nicht immer eine eindeutige Festlegung der durchgeführten<br />
Untersuchung als Screening-Test erlauben. n<br />
Koronare Bypass-Operationen<br />
In dieser Studie wird die Häufigkeit der intra- und<br />
postoperativen Transfusionen von EKs, FFPs und TKs bei<br />
primären Koronararterien-Bypass-Operationen mit Herz-<br />
Lungen-Maschine im Jahr 2008 an einer Stichprobe von<br />
102.470 Patienten in 798 Krankenhäusern der USA<br />
bestimmt (JAMA 2010; 304: 1568–75). Für die Krankenhäuser<br />
mit mindestens 100 Operationen und mehr<br />
(82.446 Patienten und 408 Krankenhäuser) variierte die<br />
Gabe der EKs zwischen 7,8 % und 92,8 %, von FFPs<br />
zwischen 0 % und 97,5 % sowie von TKs zwischen 0,4 %<br />
und 90,4 %. EK-Transfusionen waren häufiger bei Frauen,<br />
älteren Patienten und Patienten mit einem verminderten<br />
präoperativen Hämatokrit. Krankenhäuser mit einer<br />
Transfusionshäufikeit an der 99-Perzentil-Grenze der<br />
Häufigkeitsverteilung der Krankenhäuser setzen im<br />
Vergleich zu den Krankenhäusern an der Ein-Perzentil-<br />
Grenze 7,7-mal häufiger EKs, 34,8-mal häufiger FFPs<br />
und 24,3-mal häufiger TKs ein. Es konnte auch gezeigt<br />
werden, dass mit der Zunahme der Operationshäufigkeit<br />
die Transfusionshäufigkeit abnimmt und sie in Krankenhäusern<br />
mit akademischem Status höher ist als in solchen<br />
mit nicht-akademischem Status. Es bestand keine<br />
signifikante Assoziation der Transfusionsraten und der<br />
Mortalität jeglicher Ursache. Bemerkenswert ist, dass die<br />
Ergebnisse dieser Studie im Vergleich zu einer 20 Jahre<br />
früher durchgeführten Untersuchung mit einer Stichprobengröße<br />
von 540 Fällen und 18 Krankenhäusern<br />
bei der Transfusionspraxis keine Verbesserung gezeigt<br />
haben. Die Indikationsstellung für eine Transfusion ist eine<br />
komplexe Entscheidung und kann während der Behandlung<br />
eines Patienten je nach seinem Zustand variieren.<br />
In der Publikation sind einige Arbeiten zitiert, wonach<br />
Programme zur Blutersparnis zu einer Verminderung der<br />
Bluttransfusionsrate beitragen.<br />
n<br />
© PremiaMed, Universitätsklinikum Erlangen
Aktuelle Aspekte zur<br />
Syphilisdiagnostik<br />
Prof. Dr. med. Hans-Jochen Hagedorn,<br />
Dr. med. Dieter Münstermann<br />
Labor Krone<br />
Konsiliarlabor des RKI für Syphilis-<br />
Diagnostik und -Therapie<br />
FOCUS
12 Focus<br />
Aktuelle Aspekte der Syphilisdiagnostik<br />
Die Syphilis, eine durch Treponema pallidum subspezies<br />
pallidum verursachte, in Stadien verlaufende chronische<br />
Infektionskrankheit ist auch heute noch weltweit von<br />
großer Bedeutung. Nach Schätzungen der WHO aus dem<br />
Jahre 1999 beträgt die jährliche Neuerkrankungsrate rund<br />
zwölf Millionen. Hauptsächlich betroffen sind Südostasien,<br />
Afrika und Südamerika.<br />
In Osteuropa war in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion<br />
Ende der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts ein<br />
starker Anstieg der Syphilis-Neuinfektionen auf bis zu<br />
263/100.000 Einwohner zu beobachten. In der Russischen<br />
Föderation wurden 2008 noch 59 und in Zentraleuropa<br />
zwischen 4,7 und 10,3 Fälle pro 100.000 Einwohner<br />
registriert. In Westeuropa und den USA wurde seit<br />
dem Jahr 2000 ein Wiederanstieg der Syphilis-Neuinfektionen<br />
dokumentiert. Die aktuelle Syphilis-Inzidenz beträgt<br />
in den westlichen Industriestaaten ca. 2–4 pro 100.000<br />
Einwohner/Jahr.<br />
Für Deutschland wurden 2009 3,1 Fälle pro 100.000<br />
Einwohner registriert. Hauptsächlich betroffen sind<br />
Männer. So lag im Jahr 2009 die Syphilis-Inzidenz bei<br />
Männern mit 6 Fällen pro 100.000 Einwohner 16-mal<br />
höher als bei Frauen mit 0,4 pro 100.000 Einwohner.<br />
Von besonderer Relevanz ist heute die Problematik der<br />
Syphilis- und HIV-Ko-Infektion. Die konnatale Syphilis spielt<br />
in Deutschland mit aktuell 2–3 Fällen pro Jahr wegen der<br />
insgesamt niedrigen Infektionsrate bei Frauen, aber vor<br />
allem auch dank der konsequent durchgeführten Mutterschaftsvorsorge-Untersuchungen<br />
kaum noch eine Rolle.<br />
Der Syphiliserreger wird nahezu ausschließlich beim<br />
Geschlechtsverkehr durch direkten Kontakt mit infektiösen<br />
Effloreszenzen des Primär- und Sekundärstadiums<br />
übertragen. In den erscheinungsfreien Phasen der<br />
Frühlatenz besteht aufgrund der geringen Zahl persistierender<br />
Erreger bei Haut- oder Schleimhautkontakt kaum<br />
ein Risiko, wohl aber auf dem Blutweg. Bei ulzerierten<br />
oder nässenden Krankheitsherden im Spätstadium gibt<br />
es keine Infektionsgefahr.<br />
Die diaplazentare Übertragungsrate der Treponemen von<br />
der Mutter auf das Kind beträgt für unbehandelte Schwangere<br />
bei Primärsyphilis 70–100 %, in der Frühlatenz 40 %<br />
und in der Spätlatenz 10 %. Grundsätzlich gilt: Je länger<br />
das Zeitintervall zwischen Infektion und Schwangerschaft,<br />
desto geringer ist das Risiko für das Kind.<br />
Methoden-Konzept<br />
1. Screeningtest ➝ negativ<br />
TPHA-/TPPA-Test oder Immunoassay polyvalent<br />
<br />
fraglich oder positiv<br />
<br />
2. Bestätigungstest ➝ negativ<br />
FTA-ABS-Test polyvalent oder FTA-ABS-Test IgG-spezifisch<br />
oder alternativ IgG-Immunoblot,<br />
alternativ bei TPHA-/TPPA-Screening: Immunoassay (z. B. EIA),<br />
alternativ bei Immunoassay-Screening: TPHA-/TPPA,<br />
<br />
schwach positiv, positiv<br />
<br />
Anmerkungen<br />
Keine weiteren Untersuchungen.<br />
Bei weiter bestehendem klinischem Verdacht auf eine<br />
kürzliche Infektion: Befundkontrolle nach 2 Wochen, ggf. auch<br />
mehrfach (Inkubationszeit bis 90 Tage).<br />
Auch bei nur angedeuteter Reaktivität des Suchtests<br />
Folgeverfahren anschließen.<br />
Meist unspezifischer Befund des Suchtests.<br />
Falls aus klinischer Sicht nicht plausibel, ggf. weiteren, auf<br />
einem anderen Methodenkonzept basierenden Bestätigungstest<br />
durchführen.<br />
3. Beurteilung der Aktivität der Infektion IgM- und Lipoidantikörperdiagnostik sollten bei der Erstuntersuchung<br />
grundsätzlich parallel durchgeführt werden, da sich<br />
die Befunde beider Testgruppen ergänzen!<br />
<br />
19S-IgM-FTA-ABS<br />
alternativ: IgM-EIA, IgM-Blot<br />
<br />
positiv<br />
<br />
Quantifizierung<br />
<br />
negativ<br />
<br />
Lipoidantikörper<br />
VDRL oder analoge Tests<br />
<br />
positiv<br />
<br />
Quantifizierung<br />
<br />
negativ<br />
4. Beurteilung des Gesamtbefundes unter Berücksichtigung der klinischen Fragestellung, der Infektions- und ggf. Behandlungsanamnese<br />
Tab. 1: Serologische Stufendiagnostik der Treponemeninfektionen (Erstuntersuchung)
Focus<br />
13<br />
Abb. 1:<br />
Elektronenmikroskopische Aufnahme von Treponema<br />
pallidum, dem Erreger der Syphilis, auf einer Kultur<br />
Abb. 2:<br />
Typisches Erscheinungsbild der Sekundär-Syphilis, das<br />
üblicherweise auf Handflächen bzw. Fußsohlen auftritt<br />
Die Syphilis verläuft typischerweise in drei Stadien. Nach<br />
einer Inkubationszeit von im Mittel 21 (10–90) Tagen bildet<br />
sich an der Eintrittsstelle des Erregers ein meist schmerzloses<br />
Geschwür, der so genannte Primäreffekt. Parallel<br />
zum Auftreten der lokalen Symptome kommt es zu einer<br />
hämatogenen Streuung der Erreger im gesamten Organismus.<br />
In den frühen Infektionsstadien ist T. pallidum in<br />
bis zu 30 % der Fälle auch im Liquor cerebrospinalis<br />
nachweisbar, eine Tatsache, die insbesondere bei der<br />
Antibiotikatherapie von HIV-Patienten berücksichtigt<br />
werden muss.<br />
Im Sekundärstadium macht sich die Erkrankung durch<br />
Allgemeinsymptome und Hauterscheinungen bemerkbar,<br />
und im Tertiärstadium (Jahre bis Jahrzehnte nach der<br />
Erstinfektion) kann es zur Schädigung des Gehirns und<br />
der Blutgefäße kommen. Phasen, in denen keine Symptome<br />
nachweisbar sind, werden als Latenz bezeichnet.<br />
In Abhängigkeit von der seit der Infektion vergangenen<br />
Zeitspanne wird zwischen der Früh- (je nach Definition<br />
die ersten ein bis zwei Jahre nach der Infektion) und<br />
nachfolgend der Spätlatenz unterschieden. Unter therapeutischen<br />
Aspekten wird in Deutschland das erste Jahr<br />
nach Infektion als Frühsyphilis bezeichnet. Bestehen die<br />
Krankheitszeichen länger als ein Jahr, werden sie als<br />
Spätsyphilis klassifiziert und es ist eine längere Behandlungsdauer<br />
erforderlich.<br />
Syphilisdiagnostik<br />
Die Syphilis ist einer unmittelbaren ätiologischen Diagnostik<br />
meist nicht zugänglich. Ein direkter Erregernachweis<br />
z. B. mittels Dunkelfeldmikroskopie oder indirekter Immunfluoreszenz<br />
gelingt in der Regel nur im Frühstadium der<br />
Infektion. Der diagnostische Stellenwert der Nukleinsäure-<br />
Amplifikationsverfahren (NAT), z. B. der Treponemen-PCR,<br />
ist derzeit nicht abschließend zu beurteilen. Grundsätzlich<br />
ist der Test in Abstrichen, Gewebeproben, Blut, Liquor<br />
cerebrospinalis, Augenkammerwasser oder Amnionflüssigkeit<br />
im Speziallabor möglich. Aufgrund der oftmals geringen<br />
Erregerdichte im Untersuchungsmaterial schließt<br />
jedoch ein negativer Befund eine Infektion nicht aus.<br />
Methode der Wahl für die Laboratoriumsdiagnostik der<br />
Syphilis in allen Infektionsstadien ist der Antikörpernachweis.<br />
Das aktuelle Konzept zur Serodiagnostik der Syphilis<br />
in Deutschland basiert auf den Empfehlungen des ehemaligen<br />
Bundesgesundheitsamtes aus dem Jahr 1979<br />
und ist heute Bestandteil aller einschlägigen Richtlinien.<br />
Im Rahmen einer Stufendiagnostik (s. Tabelle 1) wird als<br />
Syphilis-Suchtest zunächst ein polyvalenter treponemenspezifischer<br />
Test, der simultan IgG- und IgM-Antikörper<br />
erfasst, ausgeführt, z. B. der Treponema-pallidum-<br />
Hämagglutinations (TPHA)- bzw. -Partikelagglutinations<br />
(TPPA)-Test oder ein Enzymimmuno- oder Chemilumineszenz-Test.<br />
Bei negativem Resultat finden keine weiteren<br />
Untersuchungen statt. Bei fraglichem oder positivem<br />
Ergebnis des Suchtests erfolgt zur Absicherung der<br />
Befundspezifität als Bestätigungsreaktion ein weiterer<br />
T.-pallidum-spezifischer Antikörpertest, der auf einem<br />
anderen Methodenkonzept als der Suchtest basiert.<br />
Klassischer Bestätigungstest ist der FTA-ABS-Test bzw.<br />
der IgG-FTA-ABS-Test oder auch der Immunoblot.<br />
Alternativ kann bei TPHA-/TPPA-Screening auch ein<br />
Immunoassay bzw. bei Immunoassay-Screening der<br />
TPHA-/TPPA-Test eingesetzt werden. Sind der Such- und<br />
der Bestätigungstest positiv, gilt eine Treponemeninfektion<br />
als gesichert, unabhängig vom möglichen Infektionsstadium.<br />
Eine Abgrenzung der Syphilis von den nichtvenerischen<br />
Treponematosen (Yaws, Bejel, Pinta) ist<br />
aufgrund der engen Antigenverwandschaft der gesichert<br />
humanpathogenen Treponemen (T. pallidum subsp.<br />
pallidum, T. pallidum subsp. endemicum, T. pallidum<br />
subsp. pertenue und Treponema carateum) serologisch<br />
nicht möglich. Diese Tatsache muss bei der Untersuchung<br />
© Wikipedia
14 Focus<br />
von Personen aus entsprechenden Endemiegebieten<br />
beachtet werden. Die Abgrenzung der Krankheitsbilder<br />
erfolgt in der Regel nur anhand klinischer und anamnestischer<br />
Kriterien. Zur Beurteilung der Aktivität der<br />
Infektion und der eventuellen Behandlungsbedürftigkeit<br />
schließen sich dann Untersuchungen zum Nachweis von<br />
nicht-treponemenspezifischen Lipoidantikörpern (VDRL-/<br />
RPR-Test oder Cardiolipin-KBR) und T.-pallidum-spezifischen<br />
IgM-Antikörpern (19S-IgM-FTA-ABS-Test, IgM-EIA<br />
oder IgM-Immunoblot) an.<br />
Bei der Syphilis-Erkennung galten viele Jahre der TPHAbzw.<br />
der TPPA-Test als Tests der Wahl. In den letzten<br />
Jahren sind jedoch zahlreiche alternative Testverfahren<br />
für den Treponemen-Antikörpernachweis, insbesondere<br />
Enzym-linked Immunosorbent Assays (ELISA) und<br />
Chemilumineszenzassays, entwickelt worden. Diesem<br />
Trend ist insofern Rechnung getragen worden, als<br />
Immunoassays alternativ zum TPHA-/TPPA-Test für die<br />
Syphilis-Routinediagnostik und als Suchtest im Rahmen<br />
der Mutterschaftsvorsorge zugelassen wurden. Dies<br />
entspricht auch den europäischen Consensus-Empfehlungen<br />
zur Syphilisdiagnostik von 2001, die z. B. den<br />
TPHA-Test und den Syphilis-ELISA sowohl als Screeningals<br />
auch als Bestätigungsteste benennen. Die deutschen<br />
Diagnostik-Empfehlungen von 1979 lassen diese Erweiterung<br />
des Testspektrums mit der Feststellung zu, dass<br />
für das Syphilis-Screening der TPHA oder vergleichbar<br />
sensitive und spezifische Testverfahren angewendet<br />
werden können. Daraus leitet sich die Forderung ab, dass<br />
die Eignung eines Immunoassays als Syphilis-Screeningtest<br />
z. B. für die Mutterschaftsvorsorge in Deutschland im<br />
Vergleich zum TPHA-/TPPA-Test geprüft sein sollte, was<br />
allein durch die CE-Zertifizierung nicht sichergestellt wird.<br />
Eine entsprechende Vergleichsuntersuchung soll im<br />
Folgenden für den TPPA-Test und den Architect<br />
Syphilis TP Assay kurz zusammenfassend dargestellt<br />
werden: Der TPPA-Test ist ein in der Regel manuell<br />
durchgeführter indirekter Agglutinationstest. Er verwendet<br />
als Antigen ein Ultraschallhomogenat von T. pallidum<br />
(Nichols-Stamm), das an Gelatinepartikel gebunden ist.<br />
Der Test erfasst simultan IgG- und IgM-Antikörper. Er<br />
reagiert meist in der dritten Woche nach der Infektion<br />
positiv. Die Testauswertung erfolgt durch visuelle Beurteilung<br />
der Agglutinationsbilder. Ein subjektiver Einflussfaktor<br />
bei der Beurteilung ist möglich, wobei die Erfahrung des<br />
Untersuchers eine wichtige Rolle spielt. Der Test kann<br />
qualitativ oder quantitativ durchgeführt werden. In der<br />
Praxis wird heute im positiven Fall der TPPA-Titer in einem<br />
zweiten Testansatz bestimmt, da die Titerhöhe im Kontext<br />
mit den weiteren Befunden über die Beurteilung der<br />
Aktivität der Infektion zur Befundbewertung herangezogen<br />
und bei Verlaufsuntersuchungen die Antikörperkinetik<br />
mitbewertet werden kann. Die Testspezifität wird je nach<br />
Studiendesign zwischen 98 % und 100 % angegeben.<br />
Die Testsensitivität im Stadium I der Syphilis beträgt im<br />
Mittel 76 % (69 %–90 %), in den weiteren Krankheitsstadien<br />
100 %. Auch Antikörper-Restbefunde nach ausreichend<br />
behandelter Infektion werden in der Regel erkannt.<br />
Der Architect Syphilis TP ist ein Chemilumineszenz-<br />
Mikropartikelimmunoassay (CMIA, Abb. 4). Als Antigen<br />
werden mit den rekombinanten Treponemenantigenen Tp<br />
15, Tp 17 und Tp 47 beschichtete Mikropartikel eingesetzt.<br />
In der Probe vorhandene Treponemen-Antikörper<br />
werden an die beschichteten Partikel gebunden und<br />
nachfolgend über eine Chemilumineszenz-Reaktion<br />
detektiert. Die Messung erfolgt in relativen Lichteinheiten<br />
(RLE). Die Menge der Treponemenantikörper in der Probe<br />
ist direkt proportional zu den vom optischen System des<br />
Architect-Immunoassay-Gerätes gemessenen RLE.<br />
Der Nachweis von Antikörpern in der Probe erfolgt durch<br />
den Vergleich des aus der Reaktion entstehenden Chemilumineszenz-Signals<br />
mit dem Grenzwertsignal der letzten<br />
Kalibrierung des Syphilis-Tests. Ist das Chemilumineszenzsignal<br />
der Probe größer oder gleich dem Grenzwert<br />
ARCHITECT Syphilis TP vs. TPPA<br />
22.0<br />
ARCHITECT Syphilis TP<br />
20.0<br />
TPPA<br />
18.0<br />
16.0<br />
14.0<br />
12.0<br />
10.0<br />
3.0<br />
2.5<br />
2.0<br />
1.5<br />
Grenzwert<br />
1.0<br />
0.5<br />
0.0<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />
Zeit (Monate)<br />
+<br />
Inkubation<br />
Waschschritt<br />
Mit rekombinanten Treponemapallidum<br />
(TP)-Antigenen<br />
(TpN15, TpN17, TpN47)<br />
beschichtete Mikropartikel<br />
Patientenprobe mit<br />
Antikörpern gegen TP<br />
S/CO<br />
+<br />
Pre-Trigger/Trigger<br />
Akridinium-markiertes Konjugat<br />
(Anti-Human-IgG und Anti-Human-IgM)<br />
Inkubation<br />
Chemilumineszenz-Reaktion<br />
Waschschritt<br />
Abb. 3:<br />
Der ARCHITECT Syphilis TP Assay zeigt den gleichen<br />
Verlauf wie der TPPA-Test an, nur mit höheren Signalen.<br />
Abb. 4:<br />
Testprinzip des ARCHITECT Syphilis TP Assay
Focus<br />
15<br />
signal, gilt die Probe als reaktiv für Treponemenantikörper.<br />
Der Test ist für die qualitative, simultane Erfassung von<br />
IgG- und IgM-Antikörpern konzipiert, lässt aber durch die<br />
Berechnungsformel Chemilumineszenzsignal der Probe<br />
dividiert durch das Grenzwertsignal (S/CO) eine semiquantitative<br />
Abschätzung des Antikörpergehalts der<br />
Probe zu. S/CO-Werte ≥ 1,0 gelten als positiv, Werte<br />
< 1,0 als negativ. Ein Grenzbereich ist herstellerseits nicht<br />
vorgesehen. Im Vergleich zu den TPHA-/TPPA-Tests<br />
bieten der Architect-Syphilis-TP-Test und andere<br />
Immunoassays mit vergleichbarem Methodenkonzept die<br />
Vorteile einer deutlich geringeren Arbeitsbelastung für das<br />
Personal und die Sicherstellung einer objektiven Testauswertung.<br />
Zudem können bei komplexen Untersuchungsanforderungen,<br />
wie z. B. in der Mutterschaftsvorsorge,<br />
am gleichen Arbeitsplatz zahlreiche Parameter untersucht<br />
werden, ohne dass eine Unterverteilung der Probe<br />
erforderlich ist.<br />
In eigenen Studien wurde die relative Leistungsfähigkeit<br />
des Architect-Syphilis-TP- im Vergleich zum TPPA-Test<br />
geprüft. So fanden sich bei der Austestung von 1338<br />
nicht vorselektierten Proben aus der Mutterschaftsvorsorge<br />
fünf übereinstimmend positive Resultate für beide<br />
Testsysteme. Von den verbleibenden 1333 Proben<br />
reagierten 6 Proben im TPPA und 4 andere Proben im<br />
Syphilis-TP-Test falsch positiv. Dies entspricht einer<br />
praktisch identischen Testspezifität für den TPPA- und<br />
den Syphilis-TP-Test von 99,6 % bzw. 99,7 %.<br />
Die Verteilung der S/CO-Werte im Negativbereich<br />
zeigt eine sehr gute Diskriminierung negativer Befunde<br />
bezogen auf den vorgegebenen Grenzwert von 1,0.<br />
1324/1333 (99,3 %) der Proben zeigten S/CO-Werte<br />
< 0,5, 5 (0,4 %) Proben fanden sich im Bereich 0,5–0,99<br />
und 4 (0,3 %) Proben reagierten mit S/CO-Werten > 1,0<br />
falsch positiv.<br />
Diese Befunde demonstrieren, dass Serumproben von<br />
Schwangeren problemlos mit dem Architect Syphilis<br />
TP Assay getestet werden können. Identische Erfahrungen<br />
haben wir zwischenzeitlich auch bei der Austestung<br />
eines großen Kollektivs HIV-positiver Proben<br />
gemacht.<br />
Für die orientierende Beurteilung der Testsensitivität<br />
wurden 144 Proben von Syphilispatienten aus allen<br />
Infektionsstadien mit TPPA-Titern von 1 : 80 bis<br />
> 1 : 20.480 geprüft. Die relative Sensitivität des Architect-Syphilis-TP-Tests<br />
wurde mit 98,6 % (142/144<br />
Proben) ermittelt. Bei den falsch negativen reagierenden<br />
Proben handelte es sich um eine schwach positive Probe<br />
mit einem TPPA-Resttiter von 1 : 320 und einem S/CO-<br />
Wert von 0,93 relativ nahe am Cutoff sowie um ein Serum<br />
aus der frühen Serokonversionsphase bei akuter Infektion<br />
mit einem S/CO-Wert von 0,81 (s. auch Fall Nr. 1, Tab. 3).<br />
Somit waren beide Proben deutlich stärker reaktiv als die<br />
Vielzahl der Negativproben. Aufgrund dieser Erfahrung<br />
haben wir uns intern entschlossen, aus Sicherheitsgründen<br />
Proben mit S/CO-Werten zwischen 0,50 und 0,99<br />
Abb. 5:<br />
Albrecht Dürer: Darstellung eines Syphilitikers (1496)<br />
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16 Focus<br />
mit dem TPPA-Test und einem IgM-Antikörper-spezifischen<br />
Test (19S-IgM-FTA-ABS-Test) zu überprüfen.<br />
Mit diesem modifizierten Testkonzept wären alle positiven<br />
Proben gefunden worden. Bei der Austestung von<br />
mehreren tausend Routineproben hat sich zwischenzeitlich<br />
bestätigt, dass bei Einführung eines Graubereichs<br />
ca. 4 von 1.000 Proben nachgetestet werden müssen,<br />
ein im Interesse einer sicheren Diagnostik vertretbarer<br />
Aufwand.<br />
Die nächste Frage betrifft den Aspekt der quantitativen<br />
Titerbestimmung. Die Höhe des TPHA-/TPPA-Titers dient<br />
zum einen der Bewertung des serologischen Gesamtbefundes,<br />
da hohe Antikörpertiter häufiger mit einer aktiven<br />
oder latenten Infektion korreliert sind als niedrige Titer. Im<br />
Rahmen der Mutterschaftsvorsorge gibt es die Empfehlung,<br />
bei TPHA-/TPPA-Titern ab 1 : 5120 und unklarer<br />
Infektions- und Behandlungsanamnese auch bei negativem<br />
IgM- und/oder Lipoidantikörper-Befund aus Sicherheitsgründen<br />
eine Therapie zu erwägen.<br />
Bei Verlaufskontrollen nach der Therapie einer Syphilis<br />
stützen rückläufige oder konstante TPHA-/TPPA-Titer als<br />
ergänzende Information zur Kinetik der eigentlichen<br />
Aktivitätsparameter (Lipoid- und spezifische IgM-Antikörper)<br />
die Annahme einer effektiven Therapie. Kommt es bei<br />
Verlaufskontrollen zu einem Wiederanstieg der Antikörper,<br />
ist eine Re-Infektion oder auch eine Reaktivierung einer<br />
latenten Infektion wahrscheinlich. Aus den genannten<br />
Gründen ergibt sich die Frage, wie weit S/CO-Werte des<br />
Architect-Syphilis-TP-Tests mit TPHA-/TPPA-Titern<br />
korrelieren bzw. wann man bei Architect-Syphilis-<br />
TP-S/CO-Werten von einem hohen Titer sprechen kann.<br />
Eine direkte Korrelation ist nicht zu erwarten, da beide<br />
Tests unterschiedliche Antigenspektren präsentieren und<br />
je nach Zusammensetzung des Antikörperspektrums in<br />
der individuellen Probe differente Reaktionen zu erwarten<br />
sind.<br />
Abb. 6: Geschichte des Syphilus, Stich von Jan Sadeler<br />
aus dem 16. Jahrhundert<br />
Abb. 7: William Hogarth: A Harlot’s Progress. Ärzte<br />
diskutieren die Behandlung, während der Patient stirbt<br />
Medianwerte, 25-% - und 75-% -Bereiche der ARCHITECT-Syphilis-TP-<br />
S/CO-Werte im Vergleich zu den TPPA-Titerkategorien (n = 451)<br />
40<br />
Architect-Syphilis-TP-S/CO<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
MEDIAN<br />
25%<br />
75%<br />
0<br />
80<br />
160<br />
320<br />
640<br />
1280<br />
2560<br />
5120<br />
10.240<br />
20.480<br />
>20.480<br />
TPPA-Titer<br />
Tab. 2: Korrelation von 451<br />
TPPA-positiven Proben<br />
© Wikipedia
Focus<br />
17<br />
Tabelle 2 zeigt den Versuch einer solchen Korrelation bei<br />
Auswertung von 451 TPPA-positiven Proben. Nach den<br />
bisherigen Erfahrungen würden wir vorschlagen, für den<br />
Architect-Syphilis-TP-Test S/CO-Werte > 15–20 als<br />
hoch positiv zu klassifizieren und vergleichbar einem<br />
TPPA-Titer ≥ 1 : 5120 zu werten. Diese Klassifizierung gilt<br />
vor allem für Proben mit länger persistierendem IgG-<br />
Antikörperbefund. In den frühen Serokonversionsphasen<br />
ist die Korrelation deutlich schlechter. Hier finden sich<br />
oftmals schon hoch positive TPHA-/TPPA-Titer bei noch<br />
relativ niedrigen Syphilis-TP-S/CO-Werten (s. Beispiele<br />
1–3, Tab. 3). Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass<br />
in dem Architect-Assay spezifische IgG-Antikörper<br />
besser detektiert werden als spezifische IgM-Antikörper.<br />
Tabelle 3 demonstriert am Beispiel einer Re-Infektion<br />
(Fall Nr. 6), dass es möglich ist, mittels der Architect-<br />
Syphilis-TP-S/CO-Werte Antikörperkinetiken darzustellen,<br />
aus denen bei Verlaufsuntersuchungen ähnliche Informationen<br />
zum Infektionsverlauf abzuleiten sind wie aus den<br />
TPHA-TPPA-Titerkinetiken.<br />
Die kurz dargestellten Daten belegen, dass der Architect-Syphilis-TP-Test<br />
als Syphilis-Screeningtest gut<br />
geeignet ist, eine dem TPHA-/TPPA-Test vergleichbare<br />
Sensitivität und Spezifität aufweist und sowohl für die<br />
Bewertung einzelner Befundkonstellationen als auch für<br />
Verlaufsstudien gute Informationen gibt. Nach dem gegenwärtigen<br />
Stand würden wir aber vorschlagen, bei positivem<br />
Architect-Syphilis-TP-Screening-Resultat unabhängig<br />
vom Konzept der weiteren Bestätigungsdiagnostik (z. B.<br />
mit FTA-ABS-Test, Immunoblot o. Ä.) den TPHA-/TPPA-<br />
Titer vorläufig weiter zu bestimmen, da für die Bewertung<br />
dieser Befunde die längste Erfahrung besteht.<br />
Literatur erhalten Sie bei den Verfassern:<br />
Prof. Dr. med. Hans-Jochen Hagedorn,<br />
Dr. med. Dieter Münstermann<br />
Labor Krone<br />
Siemensstraße 40<br />
D-32105 Bad Salzuflen<br />
Konsiliarlabor des RKI für Syphilis-Diagnostik und<br />
Therapie <br />
Produktname Beschreibung Bestellnummer<br />
ARCHITECT Syphilis<br />
TP Reagenzienpackung<br />
ARCHITECT Syphilis<br />
TP Reagenzienpackung<br />
ARCHITECT Syphilis<br />
TP Kalibrator<br />
ARCHITECT Syphilis<br />
TP Kontrollen<br />
1 x 100 Tests 8D06-27<br />
1 x 500 Tests 8D06-37<br />
1 Fläschchen (4 ml) 8D06-02<br />
2 Fläschen (positiv<br />
und negativ, 8 ml)<br />
8D06-11<br />
n<br />
Fall-Nr. Befundstatus Architect<br />
Syphilis TP<br />
S/CO<br />
1 Syphilis-Erstinfektion<br />
Primärstadium, Serokonversion<br />
< 14 Tage<br />
2 Syphilis-Erstinfektion<br />
Primärstadium<br />
3 Syphilis-Erstinfektion<br />
Primärstadium<br />
4 Syphilis-Erstinfektion<br />
Sekundärstadium<br />
5 Spätlatente Syphilis,<br />
Migrantin aus Russland,<br />
schwanger<br />
6 Restbefund nach<br />
ausreichend behandelter<br />
Syphilis<br />
15 Monate später<br />
Re-Infektion, klinisch<br />
Primärstadium<br />
7 HIV-pos., Antikörperpersistenz<br />
nach länger<br />
(Jahre) zurückliegender<br />
Re-Infektion<br />
8 Mutterschaftsvorsorge,<br />
Restbefund einer<br />
ausreichend behandelten<br />
Syphilis<br />
TPPA-Titer<br />
FTA-ABS-IgG-<br />
Titer<br />
19S-IgM-FTA-<br />
ABS<br />
0,81 1280 Positiv 40 n. d.<br />
6,10 5120 Positiv 640 8<br />
7,70 20.480 Positiv 640 16<br />
31,32 > 20.480 Positiv 1280 64<br />
30,73 > 20.480 Positiv < 10 8<br />
RPR/VDRL-<br />
Titer<br />
3,7 320 Positiv < 10 negativ<br />
35,92 > 20.480 Positiv 10 64<br />
Tab. 3: Beispiele für Befundkonstellationen im Rahmen der Syphilisdiagnostik<br />
27,97 20.480 Positiv < 10 negativ<br />
10,17 1280 Positiv > 10 negativ
18 Forum<br />
Impfen in Deutschland –<br />
ein kontroverses Thema<br />
Impfen ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Dies<br />
zeigte sich im letzten Jahr durch das Chaos um die Vogelgrippe-Impfung.<br />
Die Ereignisse haben zu viel Aufregung<br />
geführt und dem Impfgedanken in gewisser Weise<br />
geschadet. Genauso wie die Diskussion um die Papillomvirus-Impfung,<br />
bei der nicht nur von militanten Impfgegnern,<br />
sondern auch von tatsächlichen Experten Argumente<br />
aufgegriffen wurden, deren Richtigkeit fraglich ist.<br />
Die Impfungen, um die es vonseiten der Impfgegner und<br />
Impfskeptiker immer wieder Debatten gibt, sind die von<br />
der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-<br />
Instituts empfohlenen 15 Standardimpfungen gegen:<br />
Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilus influenzae<br />
Typ b, Poliomyelitis, Hepatitis B, Pneumokokken, Meningokokken,<br />
Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Humane<br />
Papillomviren. Kinder bekommen in den ersten beiden<br />
Lebensjahren alle Grundimpfungen. Jugendliche erhalten<br />
neuerdings die HPV-Impfung und eventuell Nachimpfungen,<br />
falls Impfungen im Kindesalter verpasst wurden.<br />
Erwachsene benötigen Auffrischimpfungen, da kein<br />
Impfschutz ein Leben lang hält. Über 60-Jährige sollten<br />
sich darüber hinaus gegen Influenza und Pneumokokken<br />
impfen lassen (Tab. 1).<br />
Impfgegner äußern immer wieder Bedenken gegenüber<br />
diesen Impfungen. Im Folgenden werden die Ursachen<br />
dieser Hauptbedenken erörtert und wie man ihnen<br />
begegnen kann.<br />
Tab. 1: Impfempfehlung der STIKO<br />
Kinder Jugendliche Erwachsene<br />
n Tetanus<br />
n Diphtherie<br />
n Pertussis<br />
n Poliomyelitis<br />
n Haemophilus<br />
influenzae<br />
Typ b<br />
n Hepatitis B<br />
n Pneumokokken<br />
n Meningokokken<br />
n Masern<br />
n Mumps<br />
n Röteln<br />
n Varizellen<br />
n HPV<br />
(Mädchen)<br />
Auffrischimpfungen<br />
n Tetanus<br />
n Diphtherie<br />
n Pertussis<br />
n Poliomyelitis<br />
Nachholimpfungen<br />
n Hepatitis B<br />
n Masern<br />
n Mumps<br />
n Röteln<br />
n Varizellen<br />
Auffrischimpfungen<br />
n Tetanus<br />
n Diphtherie<br />
Ab 60 Jahren<br />
n Influenza<br />
n Pneumokokken<br />
Eines der Argumente, die immer wieder aufgegriffen<br />
werden, ist: „Die meisten Infektionskrankheiten sind doch<br />
verschwunden und Impfungen deswegen nicht mehr<br />
nötig.“ Tatsache ist, dass wir Infektionen nicht mehr in<br />
dem Maße haben wie noch vor 100 Jahren. Dies zeigen<br />
auch die Daten des Robert Koch-Instituts (Tab. 2).<br />
Bei nur vier Fällen in sechs Jahren könnte man sagen,<br />
dass es die Diphtherie nicht mehr gibt. Warum also sein<br />
Kind impfen lassen? Ein gutes Beispiel dafür ist Russland,<br />
wo es bis zu den 80er-Jahren immer wieder Diphtherie-<br />
Fälle gab. Dann wurde die Impfung eingeführt und es<br />
traten kaum noch Diphtherie-Fälle auf. Da der Impfstoff zu<br />
leichten Befindlichkeitsstörungen führte, ließen in der<br />
Folge immer mehr Eltern ihre Kinder nicht mehr impfen.<br />
Dies zeigte so lange keine Auswirkungen, bis in den 90ern<br />
der Zusammenbruch der UdSSR erfolgte. Dadurch kam<br />
es zu etlichen Bevölkerungsverschiebungen. Zudem war<br />
der Afghanistan-Krieg zu Ende und die Soldaten, von<br />
denen einige an Diphtherie erkrankt waren, kehrten<br />
zurück. Die Folge war eine explosionsartige Ausbreitung<br />
der Diphtherie mit 140.000 Infizierten und 4000 Verstorbenen.<br />
Das zeigt, dass die Krankheit nicht verschwunden<br />
war – im Gegenteil, sie kann sehr schnell wieder kommen<br />
und sich in einer nicht geimpften Population rasch<br />
ausbreiten. Die meisten Infektionskrankheiten sind also<br />
nur verschwunden, weil geimpft wird.<br />
Viele Infektionskrankheiten sind nur verschwunden,<br />
weil geimpft wird! Sie können bei nachlassender<br />
Impfbereitschaft wieder auftauchen.<br />
Ein anderes Argument, das man häufig hört, ist: „Besser<br />
als gegen Kinderkrankheiten zu impfen ist, sie durchzumachen.“<br />
Diese Meinung hat die bekannten „Masern-Partys“<br />
zur Folge. Bei diesen Partys werden bewusst gesunde,<br />
nicht gegen Masern geimpfte Kinder mit akut an Masern<br />
erkrankten Kindern zusammengeführt. Ziel ist die Ansteckung<br />
der nicht geimpften Kinder mit Masern, damit diese<br />
die Krankheit und die der Erkrankung meistens folgende<br />
Immunität entwickeln. Das hat vielleicht vor 100 Jahren<br />
Sinn gemacht, weil man umso weniger schwer erkrankt,<br />
je früher man die Erkrankung durchgemacht hat (wenn es<br />
nicht gerade im 1. Lebensjahr ist). Heutzutage ergibt das<br />
natürlich keinen Sinn mehr, da auch eine für so harmlos<br />
gehaltene Maserninfektion zu einer schweren Komplikation<br />
wie der Masernenzephalitis führen kann.<br />
Im Jahr der Fußballweltmeisterschaft 2006 fand in<br />
Deutschland eine Masernepidemie statt. Es wurden<br />
insgesamt 2307 Masernfälle gemeldet. Davon mussten<br />
344 Erkrankte stationär aufgenommen werden. Darunter<br />
gab es 45 Fälle von Mittelohrentzündung, 51 Fälle von
Forum<br />
19<br />
Masernpneumonie, sieben Fälle von Enzephalitis, einen Fall<br />
von Meningitis und einen Todesfall. 89 % der Erkrankten<br />
waren nicht geimpft und 5 % hatten nur eine Impfung, von<br />
der man weiß, dass sie nicht zu 100 % vor einer Infektion<br />
schützt. Ob die Masernimpfung nun sinnvoll ist, lässt sich<br />
ganz einfach beantworten, wenn man bedenkt, welche<br />
Folgen von Maserninfektionen wir ohne Impfung hätten.<br />
Folgen von Maserinfektionen ohne Impfung pro<br />
Jahr<br />
Ca. 56.000 Fälle von Mittelohrentzündung<br />
Ca. 24.500 Fälle von Lungenentzündung<br />
Ca. 525 Fälle von Gehirnentzündung<br />
Ca. 70 Todesfälle<br />
Es ist klar, dass ohne Impfung die Mehrzahl von Kindern<br />
an Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln oder<br />
Keuchhusten erkranken würde. Diese Infektionen führen<br />
zwar nicht zu sehr schweren Krankheiten, aber es gibt<br />
Komplikationen, die man nicht vernachlässigen darf.<br />
Außerdem wäre die Krankheitslast in der Bevölkerung<br />
enorm hoch, wenn wir all diese Erkrankungen noch<br />
hätten.<br />
Daher sollte man darauf drängen, diese Krankheiten<br />
durch Impfen zu eliminieren, wie es in den USA und<br />
Schweden schon passiert ist.<br />
Ohne Impfungen würde die Mehrzahl aller Kinder an<br />
Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln und<br />
Keuchhusten erkranken.<br />
Auch wenn schwere Komplikationen bei diesen<br />
Krankheiten relativ selten sind, wäre die Krankheitslast<br />
in der Bevölkerung sehr hoch!<br />
Tab. 2:<br />
Häufigkeit impfpräventabler Infektionskrankheiten in<br />
Deutschland (RKI 2003–2009)<br />
Erkrankung<br />
Fälle/Jahr<br />
Tetanus 10–15<br />
Diphtherie 0–4<br />
Pertussis Ca. 12.000<br />
Poliomyelitis 0<br />
Hämophilus-infl.-Typ-b-Inf. 10–20<br />
(invas. Kleinkinder)<br />
Hepatitis B 800**<br />
Masern 150–2300<br />
Mumps Ca. 400<br />
Röteln Ca. 200<br />
Varizellen* Ca. 700.000<br />
Invasive-Pneumokokken- Ca. 430<br />
Infektionen (Kinder)*<br />
Meningokokken-Infektionen<br />
Ca. 230<br />
Typ C<br />
(Kinder)*<br />
* vor Einführung der Impfung<br />
** gemeldete Fälle<br />
Das letzte und wichtigste Argument ist: „Impfungen haben<br />
oft schwere Nebenwirkungen und stellen eine Gefährdung<br />
da.“ Eine Umfrage bei Krankenhauspersonal hat gezeigt,<br />
dass sich 40 % nicht gegen Influenza impfen lassen, weil<br />
sie Angst vor den Nebenwirkungen haben. Einerseits ist<br />
die Angst vor Nebenwirkungen historisch bedingt, denn<br />
schon zu Jenners Zeiten hatte das Impfen einen schlechten<br />
Ruf. Die 1976 abgeschaffte Pockenimpfung hatte<br />
wirklich unangenehme Nebenwirkungen. Bei 500.000<br />
damals Erstgeimpften kam es zu 500 schweren Komplikationen,<br />
zu 16 lebensbedrohlichen Komplikationen und<br />
einem Verstorbenen.<br />
Daran erinnern sich die Menschen und wenn sie es nicht<br />
selbst erlebt haben, wird ihnen davon erzählt. Da der Laie<br />
nicht zwischen einer Pocken- und einer Tetanusimpfung<br />
Abb. 1:<br />
Schematische Darstellung des Röteln-Viruspartikel<br />
Abb. 2:<br />
Charles Bell: Opisthotonus bei Tetanuserkrankung (1809)<br />
© <strong>Abbott</strong>, Wikipedia
20 Forum<br />
Jahr 1996:<br />
700<br />
Hepatitis-B-Impfung<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Jahr 2000:<br />
6-fach-Impfung<br />
Jahr 2006:<br />
Pneumokokken-<br />
Meningokokken-<br />
Impfung<br />
Das zeigt eindeutig, dass der Plötzliche Kindstod nicht auf<br />
Impfungen zurückzuführen ist. Eine zeitliche Koinzidenz als<br />
Beweis für einen Kausalzusammenhang zu deuten ist<br />
eben falsch! Ein anderes Beispiel für diese Missdeutung ist<br />
der angebliche Zusammenhang zwischen der Hepatitis-B-<br />
Impfung und dem Auftreten von Multipler Sklerose in<br />
Frankreich. Dort wurden zuerst die Jugendlichen geimpft.<br />
Erstmanifestationen der Multiplen Sklerose finden häufig<br />
im Jugendalter statt. Diese beiden Faktoren kamen<br />
zusammen und haben dazu geführt, dass man fälschlicherweise<br />
angenommen hat, die Impfung würde Multiple<br />
Sklerose auslösen.<br />
0<br />
602 507 482 429 367 372 323 298 259 228 215 193<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />
Jahr<br />
Statistisches Bundesamt<br />
Abb. 3: Plötzlicher Kindstod in Deutschland – Todesfälle<br />
1998 bis 2009<br />
unterscheidet, ist das sicher ein Grund, warum Impfungen<br />
generell einen schlechten Ruf haben. Zusätzlich zu der<br />
historisch bedingten Angst vor dem Impfen findet man im<br />
Internet wesentlich mehr Seiten, die über Folgeschäden<br />
von Impfungen berichten, als Seiten, die über positive<br />
Aspekte informieren.<br />
Auf diesen Seiten findet man als mögliche Folgen des<br />
Impfens den Querschnitt eines Pathologiebuches, z. B.<br />
Autismus, Schlafsucht, Schlafumkehr, Hyperaktivität,<br />
Apathie, Plötzlicher Kindstod usw. Diese Fülle an Nebenwirkungen<br />
lässt schon an der Richtigkeit zweifeln. Der<br />
Plötzliche Kindstod wird immer wieder als Folge des<br />
Impfens genannt. Er ist ein gutes Beispiel dafür, dass aus<br />
einem zeitlichen ein kausaler Zusammenhang gemacht<br />
wird. Ein Rechenbeispiel belegt das Gegenteil. Man kann<br />
davon ausgehen, dass pro Jahr etwa 550.000 Kinder<br />
mindestens drei Mal geimpft werden (im 3., 4. und 5.<br />
Monat). Das wären 80 % von 685.000 (Geburtenrate<br />
2007). Im Jahr 2005 gab es ca. 300 Fälle von Plötzlichem<br />
Kindstod. Damit ereignen sich pro Jahr rein rechnerisch<br />
folgende Todesfälle: Etwa 73 der Säuglinge sterben<br />
innerhalb von vier Wochen nach der Impfung. Das ist<br />
schon ein meldepflichtiges Ereignis, ohne dass ein Kausalzusammenanhang<br />
angeführt werden muss. Innerhalb einer<br />
Woche nach einer Impfung sterben ca. 17 Kinder und<br />
ca. zwei Kinder einen Tag nach einer Impfung, ohne dass<br />
ein kausaler Zusammenhang besteht, rein statistisch, per<br />
Zufall. Natürlich ist das für Eltern, die ihr Kind kurz nach<br />
der Impfung auf diese Weise verlieren, nicht verständlich –<br />
vor allem, wenn das Kind auf die Impfung nur leichte<br />
Reaktionen gezeigt hat.<br />
In Abb. 3 sieht man deutlich, dass die Fälle von Plötzlichem<br />
Kindstod abnehmen, seit die Kinderärzte massiv<br />
für die Rückenlage bei Säuglingen plädieren. Und das,<br />
obwohl 1996 die Hepatitis-B-Impfung, 2000 die Sechsfach-Impfung<br />
und 2006 die Pneumokokken-Meningokokken-Impfung<br />
eingeführt wurde.<br />
Eine zeitliche Koinzidenz wird als Kausalzusammenhang<br />
missdeutet!<br />
Bei hoher Impffrequenz tritt ein zeitlicher Zusammenhang<br />
mit bestimmten Erkrankungen rein statistisch<br />
häufiger auf.<br />
Natürlich haben Impfungen manchmal Nebenwirkungen.<br />
Es kann sein, dass man nichts merkt oder man hat lokale<br />
Reizungen an der Einstichstelle, wie z. B. Rötungen oder<br />
Schwellungen mit leichten Schmerzen. Es können auch<br />
systemische Reaktionen auftreten, wie leichtes Fieber,<br />
Kopfschmerzen, Übelkeit oder Abgeschlagenheit. Nach<br />
einer Impfung mit Lebendimpfstoffen kann es zu einer<br />
abgeschwächten Erkrankung, die das Impfvirus verhindern<br />
soll, kommen, z. B. zu Impfmasern.<br />
Natürlich gibt es auch „echte“ Komplikationen nach einer<br />
Impfung, z. B. Allergien gegen Spuren von Antibiotika,<br />
Konservierungsstoffe oder Stabilisatoren, die in den<br />
Impfstoffen enthalten sind. Daher muss ein Arzt vorher<br />
abklären, ob bei seinen Patienten Allergien gegen diese<br />
Inhaltsstoffe vorliegen. In extrem seltenen Fällen können<br />
Impfungen auch bestimmte Formen der Enzephalitis,<br />
Arthritis, Neuritis oder eine Thrombopenie auslösen. Dies<br />
sind auch Krankheiten, die im Anschluss an verschiedene<br />
Infektionen (postinfektiös) auftreten können. Betrachtet<br />
man die Daten zu Verdachtsfällen von Impfkomplikationen<br />
des Paul-Ehrlich-Instituts aus dem Jahr 2004/2005, so<br />
kann man errechnen, dass es zu einer Komplikation pro<br />
100.000 Impfdosen kommt. Das heißt: Ein Arzt, der pro<br />
Tag zehn Impfungen macht, erlebt in 40 Jahren eine<br />
Komplikation – das ist wirklich selten!<br />
Heute verwendete Impfstoffe sind sehr gut verträglich!<br />
Schwere Komplikationen sind extrem selten.<br />
Bleibende Schäden oder gar Todesfälle als gesicherte<br />
Folge einer heute eingesetzten Impfung sind bisher<br />
nicht vorgekommen.<br />
Warum also haben Impfungen so ein schlechtes Image?<br />
Es gibt Menschen, die behaupten, Impfungen generell<br />
schlecht zu vertragen, und sie verbreiten das auch in ihrer<br />
Umgebung. Je nachdem, wie viel Einfluss diese Personen<br />
auf ihr Umfeld haben, wird diese Meinung übernommen.<br />
Wie eine derartige Meinung zustandekommen kann, zeigt
Forum<br />
21<br />
Abb. 4:<br />
Schematische Darstellung des Hepatitis-B-Viruspartikel<br />
das folgende Beispiel: In einer plazebokontrollierten<br />
Studie, welche die Wirksamkeit des Influenza-Impfstoffs<br />
untersuchte, wurden auch Nebenwirkungen dokumentiert.<br />
Man erhielt folgendes Ergebnis (Tab. 4):<br />
Tab. 4: Nebenwirkungen nach Influenza-Impfung.<br />
Placebokontrollierte Doppelblindstudie bei 849 Personen<br />
Symptom<br />
Fieber<br />
Müdigkeit<br />
Wetterfühligkeit<br />
Muskel-und<br />
Gelenkbeschwerden<br />
Kopfschmerzen<br />
Schmerzen an<br />
der Impfstelle<br />
Geimpfte<br />
Gruppe (%)<br />
6,2<br />
18,9<br />
16,0<br />
6,2<br />
10,8<br />
63,8<br />
Plazebogruppe<br />
(%)<br />
6,1<br />
19,4<br />
17,5<br />
5,7<br />
14,4<br />
24,1<br />
allerdings die Impfquoten bei Jugendlichen. Hier fehlen<br />
Auffrischimpfungen und speziell die HPV (Humane Papillomviren)<br />
-Impfung für Mädchen wird nur sehr zögerlich<br />
angenommen. Bei Erwachsenen fehlen häufig die Impfungen<br />
gegen Influenza und Pneumokokken. Für diese<br />
ungenügenden Impfraten gibt es ganz unterschiedliche<br />
Gründe: Impfungen werden häufig einfach vergessen, aber<br />
nicht wenige Menschen lassen sich aus aus Angst vor<br />
Nebenwirkungen nicht impfen. Was kann man nun tun,<br />
um die Impfraten zu erhöhen? Zunächst einmal sollten die<br />
Zielgruppen immer wieder an die Notwendigkeit des<br />
Impfens erinnert werden, Jugendliche z. B. in der Schule,<br />
im Sportverein und bei jedem Arztbesuch. Außerdem sollte<br />
generell mehr Aufklärung über die Wirksamkeit und<br />
Verträglichkeit von Impfungen betrieben werden. Sehr<br />
wichtig ist schließlich aber auch, die Ausbildung der Ärzte<br />
auf diesem Gebiet zu verbessern, z. B. durch eine Wiedereinführung<br />
des 1976 abgeschafften Impfkurses oder durch<br />
entsprechende Weiterbildungen. Denn nur wenn die Ärzte<br />
gute Impfkenntnisse haben, können sie ihre Patienten gut<br />
aufklären und beraten.<br />
Literatur erhalten Sie beim Verfasser:<br />
Prof. Dr. med. Wolfgang Jilg<br />
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene<br />
Universität Regensburg<br />
Franz-Josef-Strauß-Allee 11<br />
D-93053 Regensburg n<br />
Interessanterweise wies die Plazebogruppe bis auf die<br />
Schmerzen an der Impfstelle genau die gleiche Häufigkeit<br />
der abgefragten Erscheinungen auf. Wie lässt sich dieses<br />
Phänomen erklären? Nun, es handelt sich bei diesen<br />
Reaktionen um Befindlichkeitsstörungen, die bei den<br />
meisten Menschen immer wieder auftreten, aber normalerweise<br />
kaum registriert werden. In diesem Fall wurden<br />
die Probanden darauf hingewiesen, sich nach der Impfung<br />
genau zu beobachten und eventuell auftretende<br />
Störungen zu dokumentieren. Das Gleiche sehen wir auch<br />
bei Menschen, die Angst vor Impfungen haben: Auch sie<br />
beobachten sich nach einer Impfung ganz genau, registrieren<br />
somit alles, was sie sonst nicht bemerken würden,<br />
und nehmen dann an, es sei durch die Impfung verursacht.<br />
Das heißt also: Harmlose, normalerweise nicht<br />
wahrgenommene Befindlichkeitsstörungen werden der<br />
Impfung angelastet.<br />
Trotz aller Impfskepsis ist die Durchimpfungsrate bei<br />
Kindern aber nach wie vor hoch und steigt sogar leicht an,<br />
was zeigt, dass Impfungen prinzipiell gut angenommen<br />
und für wichtig erachtet werden. Ungenügend sind<br />
Abb. 5: Mädchen mit deformiertem rechtem Bein als<br />
Folge einer Kinderlähmung<br />
© <strong>Abbott</strong>, Wikipedia
22<br />
Kasuistik<br />
Grün gefärbter Urin<br />
Beschreibung:<br />
Von der 88-jährigen Patientin, die bewusstlos zur Notaufnahme<br />
gebracht wurde, war folgende Vorgeschichte<br />
bekannt: Zustand nach Hysterektomie und Radiotherapie<br />
vor 30 Jahren, eine sich zehn Jahre später entwickelnde<br />
neurogene Blasendysfunktion, einseitige Hydronephrose<br />
nach strahlenbedingter Obstruktion des Ureters, bilaterale<br />
femorale Angioplastie, eine TIA und eine Streptokokken-<br />
B-Sepsis. Therapie: Aspirin, ACE-Hemmer. Bei der<br />
Notaufnahme hyperventilierte sie (20 Atemzüge/Min.), sie<br />
war hypoton (110/60 mm Hg) und die Körpertemperatur<br />
betrug 33° C.<br />
Es bestand eine Arrhythmie bei Vorhofflimmern. Die<br />
Blutgasanalyse ergab folgende Messwerte: pH 7,08,<br />
pCO 2<br />
14 mm Hg, HCO 3<br />
- 3,8 mmol/L und pO 2<br />
139 mm<br />
Hg unter Sauerstoffgabe. Mittels Katheter wurden 1300<br />
mL purulent aussehender grüner Blasenurin gewonnen.<br />
Die Urinkultur war negativ. Folgende Serumkonzentrationen<br />
wurden bestimmt: Natrium 147 mmol/L, Chlorid<br />
127 mmol/L, Kalium 4,3 mmol/L. Die Anionenlücke war<br />
mit 16 mmol/L normal. Zur Rehydratation erhielt die<br />
Patientin 1250 mL Kochsalzlösung und wegen der<br />
bestehenden metabolischen Azidose mit inkompletter<br />
respiratorischer Kompensation 200 mL 8,4%ige<br />
NaHCO 3<br />
- -Lösung. Eine Kontrolluntersuchung der Elektrolytkonzentrationen<br />
ergab: Natrium 159 mmol/L, Chlorid<br />
131 mmol/L und Kalium 3,4 mmol/L.<br />
Trotz Austausch der Kochsalzlösung durch eine 5%ige<br />
Glukoselösung mit 4 mmol/L Kalium stieg in den nächsten<br />
zwei Tage die Serum-Konzentrationen von Natrium<br />
und Chlorid auf 170 mmol/L bzw. auf 143 mmol/L an.<br />
Eine cystoskopische Untersuchung der Blase ergab einen<br />
Defekt in der Blasenwand mit einer im CT nachweisbaren<br />
vesikojejunalen Fistel als Folge der vorausgegangenen<br />
Radiotherapie.<br />
Kommentar:<br />
Letzterer Befund bestätigte den Verdacht auf einen<br />
Reuptake von Natrium und Chlorid aus dem im Darm<br />
vorhandenen Urin. Die Schleimhautmembran des Ileums<br />
und Kolons enthält ein Transportprotein, welches das<br />
intraluminale Chlorid gegen Bikarbonat austauscht.<br />
Natrium wird aktiv absorbiert, mit nachfolgender Kaliumausscheidung.<br />
Diese Vorgänge erklären die Entstehung<br />
der hyperchlorämischen Azidose. Die bei der Aufnahme<br />
noch normale Kaliumkonzentration ist möglicherweise<br />
durch die leicht eingeschränkte Nierenfunktion der<br />
Patientin und die Therapie mit ACE-Hemmern bedingt.<br />
Die zunehmende Hypernatriämie, Hyperchlorämie und<br />
Hypokaliämie ist eine Folge der Infusion von Kochsalzund<br />
Natriumbikarbonatlösung zu Beginn der Therapie.<br />
Zu beachten ist, dass sich eine enterovesikale Fistel auch<br />
noch Jahre nach einer Beckenbestrahlung bilden kann.<br />
Literatur<br />
Bolmers M. D. M., van Lieshout J. J., Linthorst G. E.,<br />
Soeters M. R., Nio Y. C. Green urine, but no infection.<br />
Lancet 2009; 347: 1566<br />
n<br />
Eine ausgefallene Diagnose<br />
Beschreibung:<br />
Eine 31-jährige Patientin kam zur Notaufnahme wegen<br />
seit drei Tagen bestehender heftiger Bauchschmerzen.<br />
Sie hatte keine Übelkeit, kein Erbrechen oder Fieber. Die<br />
neutrophilen Leukozyten waren nicht, die CRP-Konzentration<br />
war mit 9,7 mg/L aber deutlich erhöht. Ein CT des<br />
Abdomens ergab Zeichen einer Peritonitis. Bei einer<br />
diagnostischen Laparoskopie wurden in der rechten<br />
unteren Hälfte des Abdomens zahlreiche weiße Flecken<br />
und Knötchen gesehen. Deren histologische Untersuchung<br />
ergab Knötchen von kernlosen abgeschilferten<br />
Zellen, eingebettet in ein fibröses Stroma und umgeben<br />
von einem entzündlichen Infiltrat. Der immunhistochemische<br />
Nachweis von Zytokeratin bewies, dass die<br />
kernlosen Zellen epithelialer Natur waren. Basierend auf<br />
den erhobenen Befunden und der anamnestisch bekannten<br />
Entbindung mit Kaiserschnitt drei Wochen vor<br />
der Notaufnahme wurde das Vorliegen einer Vernixcaseosa-Peritonitis<br />
diagnostiziert.<br />
Kommentar:<br />
Vernix caseosa ist ein gelbweißes käseartiges Material,<br />
das die Haut des Föten bedeckt. Es besteht aus Talg,<br />
Wollhaaren und abgeschilferten Hautschuppen und<br />
schützt die Haut des Föten vor der Einwirkung des<br />
Mekoniums und der Amnionflüssigkeit. Sowohl Mekonium<br />
als auch Hautschuppen können eine Entzündungsreaktion<br />
induzieren.<br />
Die Symptome einer Vernix-caseosa-Peritonitis entsprechen<br />
denen eines akuten Abdomens und können 3 bis 35<br />
Tage nach einem Kaiserschnitt auftreten. Ursache ist das<br />
Eindringen von Amnionflüssigkeit in die Bauchhöhle, was<br />
aber meistens komplikationslos verläuft.<br />
Literatur<br />
Wisanto E., De’Hondt M., Aerts R., Geboes K., De<br />
Hertogh G., Sagaert X. A cheesy diagnosis. Lancet 2010;<br />
376: 564 n
Qualität und Effizienz in der<br />
infektiologischen Testung im Labor<br />
Dr. von Froreich – Bioscientia GmbH<br />
Praxisreport<br />
23<br />
Abb. 1:<br />
Dr. Rolf Meyer-Kawohl,<br />
technischer Leiter für die<br />
Serologie und Immunologie<br />
im Labor<br />
Dr. von Froreich –<br />
Bioscientia GmbH<br />
Das Labor Dr. von Froreich – Bioscientia GmbH ist<br />
eines der größten Laboratorien in Hamburg und war eines<br />
der ersten zertifizierten und akkreditierten Laboratorien in<br />
Deutschland. Hohe klinische Kompetenz, effiziente<br />
Diagnosefindung und eine hohe analytische Qualität sind<br />
die Grundlage für die erfolgreiche Entwicklung des Labors<br />
und nicht zuletzt für die Erfüllung aller Anforderungen der<br />
einsendenden Ärzte.<br />
Hohe analytische Qualität ist auch für die infektiologische<br />
Testung unerlässlich. Diese wird im Labor Dr. von Froreich<br />
– Bioscientia GmbH zum Großteil auf den <strong>Abbott</strong>-ARCHI-<br />
TECT-i2000SR-Systemen durchgeführt. Über die Erfahrungen<br />
mit den Systemen sprach <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> mit dem<br />
technischen Laborleiter für die Serologie und Immunologie,<br />
Herrn Dr. rer. nat. Rolf Meyer-Kawohl.<br />
<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> (AT): Sehr geehrter Herr Dr. Meyer-<br />
Kawohl, als langjähriger Mitarbeiter des Labors Dr. von<br />
Froreich – Bioscientia GmbH sind Sie als technischer<br />
Leiter insbesondere für die infektiologische Testung<br />
verantwortlich. Was sind Ihre Kriterien, die Sie an die<br />
infektiologische Testung stellen?<br />
Meyer-Kawohl (M-K): Als Einsendelabor stehen für uns<br />
vor allem die schnelle Abarbeitung, eine konsistente<br />
Qualität und nicht zuletzt auch die Wirtschaftlichkeit im<br />
Fokus. Unsere Einsender wissen zudem die Übermittlung<br />
eines Großteils der Ergebnisse am Tag des Probeneingangs<br />
und die hohe Qualität der Ergebnisse zu schätzen.<br />
AT: Wie definieren Sie Qualität?<br />
M-K: Selbstverständlich müssen wir die gesetzlichen<br />
Vorgaben für die interne und externe Qualitätskontrolle<br />
erfüllen und darüber hinaus die Vorgaben im Rahmen der<br />
Akkreditierung. Mindestens ebenso wichtig wie die<br />
formale Erfüllung der Qualitätskontrollkriterien ist die<br />
Qualität der Teste hinsichtlich ihrer Sensitivität, Spezifität<br />
und Reproduzierbarkeit. Hier ist es uns wichtig, mit einem<br />
Hersteller zu arbeiten, der über eine lange Erfahrung in<br />
der Infektionsdiagnostik verfügt. Dies ist insbesondere<br />
deshalb von Bedeutung, da wir in unserem Patientenkollektiv<br />
recht häufig Neuinfektionen bei HIV und den<br />
Hepatitiden feststellen. Bei HIV erfolgt die Diagnose einer<br />
Infektion auch öfters über den Antigen-Anteil des kombinierten<br />
HIV-Tests, also der Nachweis von sehr frischen<br />
Neuinfektionen. Insgesamt sind die Erfahrungen in der<br />
Praxis mit den ARCHITECT-Testen sehr gut, mit einer nur<br />
geringen Rate falsch positiver oder negativer Ergebnisse.<br />
AT: Welches Testmenü haben Sie auf den ARCHITECT-<br />
Systemen?<br />
M-K: Dies ist die vollständige Hepatitis-Testung mit HAV,<br />
HBV und HCV, die HIV-Diagnostik sowie die CMV-,<br />
Toxoplasmose- und Röteln-Testung. Zusätzlich beabsichtigen<br />
wir, den automatisierten Syphilis-Test einzuführen,<br />
um die TPHA-Testung abzulösen. Über die Infektionsdiagnostik<br />
hinaus bestimmen wir auch einige andere<br />
Parameter, wie Tumormarker und Hormone sowie Anti-<br />
CCP, auf den i2000SR-Systemen.<br />
AT: Wie sind Ihre praktischen Erfahrungen mit den<br />
ARCHITECT-Systemen?<br />
M-K: Die ARCHITECT-Systeme zeichnen sich durch<br />
einen hohen Durchsatz aus, so dass die Ergebnisse innerhalb<br />
der Zeitvorgaben erstellt werden. Unsere Mitarbeiter<br />
im Labor schätzen vor allem die sehr einfache Bedienung<br />
mit der intuitiven Software und den geringen Wartungsaufwand.<br />
Darüber hinaus ist für uns das gesamte Paket,<br />
das uns <strong>Abbott</strong> liefert, wichtig. Hier ist vor allem der<br />
schnelle und kompetente Service, ob telefonisch oder vor<br />
Ort, und die verlässliche Belieferung mit Reagenzien und<br />
anderen Materialien zu nennen. Insgesamt haben wir<br />
inzwischen drei ARCHITECT-i2000SR-Systeme im Einsatz,<br />
da wir die Analytik sukzessiv ausgeweitet haben. Wir<br />
überlegen, zwei Systeme zu einem i4000SR-System zu<br />
konsolidieren, um eine weitere Effizienzsteigerung zu<br />
erzielen.<br />
AT: Haben Sie noch abschließende Anmerkungen oder<br />
Wünsche?<br />
M-K: Aufgrund der deutlichen Vorteile, die uns die<br />
automatisierte Testung auf den ARCHITECT-Systemen<br />
bietet, wäre eine Erweiterung der infektiologischen<br />
Palette, wie z. B. um EBV, für uns von Nutzen.<br />
AT: Herr Dr. Meyer-Kawohl, vielen Dank für das<br />
informative Gespräch.<br />
n
24 Labor aktuell<br />
28<br />
34<br />
25<br />
26<br />
25 Jahre HIV-Diagnostik<br />
LABS ARE VITAL ist in Deutschland<br />
angekommen!<br />
27<br />
28<br />
KIF6: Neuer Biomarker für die<br />
kardiologische Risikoabschätzung<br />
und Steuerung der Statin-Therapie<br />
Warum auf Respiratorische Viren<br />
testen?<br />
30<br />
32<br />
34<br />
35<br />
36<br />
37<br />
38<br />
39<br />
Die mSystem-Familie in der molekularen<br />
Diagnostik – vielfältige<br />
RealTime-PCR-Assays auf einer<br />
einzigen Geräteplattform<br />
Hepatitis-C-Diagnostik – Screening<br />
und wichtiger Wegweiser in der<br />
HCV-Therapie<br />
Einsatzgebiete des ARCHITECT<br />
HCV Ag Assay<br />
ARCHITECT Vitamin D –<br />
vollautomatische Messung<br />
eines unterschätzten Vitamins<br />
Ist der falsche Troponin-Wert<br />
wirklich falsch?<br />
<strong>Abbott</strong> präsentiert seine<br />
Vielseitigkeit<br />
Lesezeichen: Hinweise auf aktuelle<br />
medizinische Fachliteratur<br />
13. Weltkongress „Controversies<br />
in Obstetrics, Gynecology and<br />
Infertility“<br />
35<br />
37<br />
© Archiv <strong>Abbott</strong>, Wikipedia/ayako
25 Jahre HIV-Diagnostik<br />
Labor aktuell<br />
25<br />
Weltweit gibt es rund 33 Millionen HIV-positive<br />
Menschen. In Deutschland sind knapp 65.000 Menschen<br />
infiziert; jedes Jahr kommen rund 3000 hinzu. Die Krankheit<br />
ist eine Pandemie – sie tritt auf allen Kontinenten auf.<br />
Besonders viele Menschen sind in den Ländern des<br />
südlichen Afrika (Sub-Sahara) erkrankt. Steigende Infektionszahlen<br />
werden aus Osteuropa und Asien berichtet.<br />
Neben der Erforschung und Entwicklung effektiver<br />
Therapien muss daher weiter intensiv Prävention betrieben<br />
und sollten akute Infektionen so früh wie möglich diagnostiziert<br />
werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.<br />
Die ersten Auswirkungen des HI-Virus bemerkte man im<br />
Zeitraum von Oktober 1980 bis Mai 1981. In dieser Zeit<br />
wurde von fünf homosexuellen Männern berichtet, die unter<br />
einer Pneumocystis-carinii-Pneumonie litten. Zwei dieser<br />
Männer sind daran gestorben. Alle fünf Erkrankten hatten<br />
eine latente oder akute CMV-Infektion (Cytomegalie-Virus)<br />
und Candida-Befall im mucosalen Bereich. 1982 bekam<br />
das CDC (Centers for Disease Control) einen Bericht über<br />
ein 20 Monate altes Kleinkind, das nach mehreren Bluttransfusionen<br />
einen zellulären Immundefekt und opportunistische<br />
Infektionen entwickelt hatte. Außerdem wurde in<br />
diesem Jahr über eine Häufung von Pneumocystis-carinii-<br />
Fällen und Karposi-Sarkoma bei Homosexuellen berichtet.<br />
Ende 1982 wurde die Krankheit als „Erworbenes Immunschwäche-Syndrom“<br />
(AIDS) bezeichnet. Als Risikogruppen<br />
wurden folgende Personen identifiziert: homo- und bisexuelle<br />
Männer, intravenös Drogenabhängige, Haitianer und<br />
Hämophilie-Patienten. Man ging davon aus, dass das<br />
infektiöse Agens sexuell und über Blut übertragen wird.<br />
Im Mai 1983 gelang es der Arbeitsgruppe von Dr. Luc<br />
Montagnier, ein Retrovirus aus Patienten mit AIDS zu<br />
isolieren. Montagnier nannte es „Lymphadenopathieassoziiertes<br />
Virus“ (LAV), heute bekannt als HIV-1: Gruppe M<br />
(„Major“, „Montagnier“). Ein Jahr später, im Mai 1984,<br />
konnten Dr. Robert Gallo und seine Mitarbeiter ein Retrovirus<br />
aus den Lymphknoten eines an AIDS verstorbenen Patienten<br />
isolieren und Gallo nannte es „Humanes T-lymphotrophes<br />
Virus“ (HTLV-III). Er konnte zeigen, dass HTLV-III der Grund<br />
für AIDS ist. Außerdem etablierte er die Grundlage eines<br />
Screening-Tests, indem er zeigte, dass die Antikörper von<br />
AIDS-Patienten an HTLV-III Proteine binden. 1985 entstand<br />
die endgültige Nomenklatur und aus LAV und HTLV-III wurde<br />
HIV (Humanes Immundefizienz-Virus).<br />
Nachdem der Erreger der Krankheit identifiziert war, konnte<br />
die Entwicklung eines Screening-Tests beginnen. Am<br />
19. Juni 1984 erhielt <strong>Abbott</strong> eine Virus-Zellkultur vom NCI<br />
(National Cancer Institute). Von Juni bis Oktober begann die<br />
Virusproduktion und die Etablierung einer Virusinaktivierung.<br />
Zusätzlich wurde nach dem besten Testformat für einen<br />
HIV-Screening-Test geforscht. Das Endresultat war ein<br />
Indirekter-Antikörper-Enzymimmunoassay, bei dem die<br />
Polystyrenpartikel mit viralem Lysat beschichtet waren.<br />
Das Konjugat bestand aus einem Anti-human-lgG-Antikörper<br />
an den eine Peroxidase gekoppelt war. Von Oktober bis<br />
November 1984 begannen die klinischen Studien. Dazu<br />
wurden mehr als 20.000 US-Blutspender gescreent.<br />
Es zeigte sich, dass 0,14 % davon mit HIV infiziert waren.<br />
Im Dezember 1984 wurde der <strong>Abbott</strong>-Test bei der FDA<br />
(Food and Drug Administration) eingereicht. Am 2. März<br />
1985 erhielt <strong>Abbott</strong> die Zulassung für den ersten HIV-Test<br />
für das Blutspender-Screening und zur Diagnose, den<br />
<strong>Abbott</strong> HTLV-III EIA. Seitdem hat sich das HI-Virus stetig<br />
weiterentwickelt und dazu geführt, dass <strong>Abbott</strong> ebenfalls<br />
immer weiter forscht, um das Virus zu detektieren.<br />
1986 wurde ein HIV-verwandtes Virus aus einem westafrikanischen<br />
Patienten isoliert, das HIV-2. Außerdem wurden neue<br />
Subtypen von HIV-1 gefunden: 1990 Subtyp O („Outlier“),<br />
1998 Subtyp N („Near M“) und 2009 Subtyp P.<br />
1994 wurde das globale HIV-Überwachungsprogramm zur<br />
Identifizierung/Charakterisierung von HIV-Varianten von<br />
<strong>Abbott</strong> eingeführt. Die primären Ziele dieses Programms<br />
sind: (1) das Monitoring und Auftreten von neuen Virus-<br />
Stämmen, (2) die Etablierung gut charakterisierter Probenpanels.<br />
Der Nutzen des Überwachungsprogramms ist<br />
vielfältig. Es liefert eine wissenschaftliche Grundlage für die<br />
Entwicklung von neuen Reagenzien und Testformaten.<br />
Verschiedene Panels helfen bei der Evaluierung der Testperformance<br />
und führen zu einer verlässlichen Detektion aller<br />
HIV-Infektionen. Seit das HI-Virus 1981 erstmals in den<br />
Blickpunkt der Wissenschaftler rückte, hat sich viel verändert.<br />
Inzwischen können moderne Testverfahren das<br />
Virusgenom in verschwindend geringer Zahl nachweisen<br />
und Antikörpertests selbst winzige Antikörpermengen<br />
aufspüren. Wenn vom HIV-Test gesprochen wird, ist<br />
gewöhnlich der Antikörpernachweis gemeint. Ein solcher<br />
HIV-Test erfasst Antikörper, die das Immunsystem der<br />
Infizierten gegen das Virus gebildet hat. Diese Antikörper<br />
werden meist innerhalb von drei bis zwölf Wochen nach<br />
einer Infektion gebildet. Mittlerweile sind Tests der vierten<br />
Generation verfügbar, die durch den kombinierten Nachweis<br />
von HIV-Antigen und -Antikörpern das diagnostische<br />
Fenster durchschnittlich auf 14 bis 17 Tage nach der<br />
Infektion verkürzen. Neben dem möglichst frühzeitigen<br />
Nachweis einer Infektion ist die Erkennung aller Subtypen<br />
für die Sicherheit eines HIV-Tests wesentlich. Die unterschiedlichen<br />
Subtypen des HI-Virus (HIV-1: Gruppe M:<br />
Subtypen A–K, Gruppe N, Gruppe O und P; HIV-2: Subtypen<br />
A–F) weisen grundsätzlich zwar ein spezifisches<br />
geographisches Verteilungsmuster auf, durch die Dynamik<br />
bei der Verbreitung von HIV werden sie sich aber langfristig<br />
vermischen. Ein frühzeitiges Erkennen einer HIV-Infektion ist<br />
daher sehr wichtig, um ein Weitertragen der Infektion zu<br />
verhindern, aber auch, um Behandlungsmöglichkeiten<br />
optimal zu nutzen. Ein rechtzeitiger Beginn der Therapie<br />
kann die Lebenserwartung entscheidend verlängern. n
26 Labor aktuell<br />
LABS ARE VITAL ist in Deutschland<br />
angekommen!<br />
Am 4. August war der offizielle Startschuss<br />
für das von <strong>Abbott</strong> initiierte<br />
Programm: An diesem Tag trafen sich<br />
Vertreter der DGKL (Deutsche Vereinte<br />
Gesellschaft für Klinische Chemie und<br />
Laboratoriumsmedizin) und <strong>Abbott</strong> zur<br />
Unterzeichnung des Kooperationsvertrags.<br />
Gemeinsam machen sie sich stark, den<br />
Stellenwert des Labors zu verdeutlichen und<br />
den Menschen im medizinischen Labor ein<br />
Gesicht zu geben. Die Initiative will den<br />
unverzichtbaren und häufig lebenswichtigen<br />
Beitrag der Labordiagnostik für das Gesundheitswesen<br />
deutlich und öffentlich machen.<br />
„Labormedizin leistet heute einen unverzichtbaren<br />
Beitrag in der Gesundheitsversorgung.<br />
Sie unterstützt Krankenhäuser, niedergelassene<br />
Ärzte und Patienten dabei, Krankheiten schnell zu<br />
erkennen und Leben zu retten. Das beste Beispiel dafür<br />
ist die schnelle Erkennung des Herzinfarkts durch den<br />
Marker Troponin“, so Dr. Jens Klabunde, Geschäftsführer<br />
der DGKL.<br />
Nachdem diese Partnerschaft über eine Pressemitteilung<br />
bekannt gegeben war, ging es gleich in die zweite Phase<br />
– der gemeinsame Auftritt zur Jahrestagung der DGKL in<br />
Mannheim stand bevor.<br />
LABS ARE VITAL präsentierte sich mit der deutlichen<br />
Botschaft: „Lauter werden. Dass alle hören, wie wichtig<br />
Laborarbeit ist.“<br />
Neben Informationsmaterial und Pfefferminz in Reagenzgläsern<br />
gab es die neue Internetseite www.LabsAreVital.de<br />
zu bestaunen und Interessierte konnten sich vor Ort<br />
registrieren, um in der Folge über die Initiative informiert<br />
zu werden. Zusätzlich hatten die Besucher die Möglichkeit,<br />
bei der Aktion „Werden Sie Botschafter für Labs<br />
Are Vital Deutschland“ mitzumachen. Gesucht werden<br />
Laborfachkräfte, die sich für das Programm einsetzen<br />
wollen. Wer wollte, konnte sich im Laborkittel fotografieren<br />
lassen und wird – mit etwas Glück – Teil der neuen<br />
Informationsbroschüre.<br />
WERDEN SIE AKTIV!<br />
Besuchen Sie www.LabsAreVital.de und registrieren Sie sich<br />
auf unserer neuen deutschsprachigen Seite. Erfahren Sie in<br />
regelmäßigen Abständen Neues zur Initiative und bleiben Sie<br />
über den Veranstaltungskalender und unsere Nachrichten auf<br />
dem aktuellsten Stand.<br />
Gemeinsam können wir etwas bewirken!<br />
Parallel zur Jahrestagung der DGKL stellte Labs Are<br />
Vital ihre neue deutschsprachige Website vor. Für alle<br />
Laborfachkräfte und Interessierte finden sich auf www.<br />
LabsAreVital.de zahlreiche Berichte aus dem Laboralltag,<br />
Veranstaltungshinweise und eine Webgalerie. Außerdem<br />
ist im Mitgliederbereich – in dem sich jeder Interessierte<br />
anmelden kann – eine Materialsammlung beispielsweise<br />
für Poster und Vorlagen für Veranstaltungen zu finden.<br />
„Laborarbeit fristet regelrecht ein Schattendasein“, sagte<br />
Dr. Karl-Heinz Pick, Manager Regulatory & Scientific<br />
Affairs bei <strong>Abbott</strong>, als Vertreter für Labs Are Vital. „Wir<br />
möchten Laborfachkräfte auch durch die neue Website<br />
dazu motivieren, selbst aktiv zu werden und dabei zu<br />
helfen, die Karrieremöglichkeiten in diesem Bereich<br />
bekannter zu machen.“<br />
Der Kongress wurde zudem genutzt, um weitere Verbände<br />
und Organisationen für die Initiative zu gewinnen – Ziel<br />
ist es, in den nächsten Monaten weitere Partnerschaften<br />
zu bilden. Denn nur gemeinsam können wir etwas<br />
bewegen! n<br />
Ziele von LABS ARE VITAL:<br />
n Herausstellung des Wertes der in der Labormedizin tätigen<br />
Mitarbeiter sowohl innerhalb des Gesundheitssystems als<br />
auch in der breiten Öffentlichkeit<br />
n Adressieren von Problemen, die es in der Labormedizin<br />
heute gibt – Schwierigkeiten, qualifizierte Nachwuchskräfte<br />
hevorzubringen, ökonomische Probleme durch immer weiter<br />
abgesenkte Budgets und Rückerstattungen der erbrachten<br />
Leistungen<br />
n Entstehenlassen einer Gemeinschaft der Laborfachkräfte<br />
zum Austausch von Ideen, Katalysatorwirkung für eine<br />
bessere Zukunft der Labormedizin
KIF6: Neuer Biomarker für die<br />
kardiologische Risikoabschätzung<br />
und Steuerung der Statin-Therapie<br />
Labor aktuell<br />
27<br />
<strong>Abbott</strong> Molecular und das amerikanische Unternehmen Celera sind eine Vermarktungsvereinbarung<br />
für den KIF6-Genotypisierungsassay außerhalb der USA eingegangen.<br />
Der molekularbiologische Test identifiziert Patienten mit einem erhöhten<br />
Risiko für Koronare Herzkrankheiten (KHK), die gleichzeitig signifikant von einer<br />
Statin-Therapie profitieren. Der KIF6-Genotypisierungsassay kann so helfen, einen<br />
möglichen Herzinfarkt zu verhindern.<br />
Koronare Herzkrankheiten (KHK) sind die häufigste<br />
Todesursache in den Industrieländern. Zu den Risikofaktoren<br />
zählen vor allem Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck<br />
und ein erhöhter LDL-Cholesterinspiegel. Gefährdete<br />
Patienten, bei denen eine Änderung der Lebensgewohnheiten<br />
(Sport, ausgewogenes Essen, Stressabbau) nicht<br />
den gewünschten Effekt erzielt, werden in der Regel mit<br />
Statinen behandelt, die den Cholesteringehalt im Blut<br />
senken.<br />
Inzwischen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass<br />
auch eine genetische Besonderheit das Risiko ansteigen<br />
lässt. Die so genannte KIF6-Genvariante stellt zwar nur<br />
eine winzige Veränderung im Erbmaterial dar, hat jedoch<br />
drastische Auswirkungen: Menschen, die Träger der KIF6-<br />
Genvariante sind, haben ein um etwa 55 % erhöhtes<br />
Risiko für eine KHK und damit für Folgeerscheinungen<br />
wie Angina Pectoris oder Herzinfarkte.<br />
In Nachuntersuchungen zu einer großen Statin-Studie<br />
(CARE) lag diese Genvariante auf Platz drei der größten<br />
Risikofaktoren, direkt hinter Rauchen und Diabetes und<br />
noch vor erhöhten LDL-Cholesterinwerten (Iakoubova<br />
et al. J. Am. Coll. Cardiol. 2008; 51: 435–443).<br />
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass rund<br />
0<br />
5<br />
10<br />
15<br />
0<br />
5<br />
10<br />
Abb. 1:<br />
Einfluss der<br />
KIF6-Genvariante<br />
auf das KHK-<br />
Ereignis-Risiko<br />
Abb. 2:<br />
Einfluss der<br />
KIF6-Genvariante<br />
auf die Wirksamkeit<br />
von Atorvastatin<br />
(80 mg) und<br />
Pravastatin<br />
(40 mg)<br />
Death or major CV events<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Pravastatin (40 mg)<br />
719Arg KIF6 Carriers<br />
Months of follow-up<br />
719Arg Non-carriers<br />
Atorvastatin (80 mg)<br />
Pravastatin (40 mg)<br />
p ≤ 0.001<br />
Atorvastatin (80 mg)<br />
p = 1.0<br />
0<br />
0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30<br />
Months of follow-up<br />
60 % der weiße Bevölkerung Bevölkerung Träger der<br />
KIF6-Genvariante sind. Sie haben somit zwar ein erhöhtes<br />
Risiko für KHK, gleichzeitig sprechen sie aber auch besser<br />
auf die entsprechende Behandlung mit Statinen an. Durch<br />
Statin-Therapie kann das Risiko eines Infarkts bei Trägern<br />
der KIF6-Genvariante um bis zu 10 % sinken (Abb. 1; Li<br />
et al. Am. J. Cardiol. 2010; 106: 994–998). Diese Zahl<br />
zeigt auch, wie wichtig es für den Arzt und seinen Patienten<br />
ist, über den KIF6-Status informiert zu sein.<br />
Die Wirksamkeit verschiedener Statine wurde in der<br />
PROVE IT-Studie durch Vergleich von Atorvastatin (80 mg)<br />
und Pravastatin (40 mg) untersucht. Die Ergebnisse<br />
belegen, dass bei Trägern der KIF6-Genvariante unter<br />
Atorvastatin-Therapie deutlich weniger KHK-Ereignisse<br />
auftraten als bei Pravastatin (Abb 2; Iakoubova et al.<br />
J. Am. Coll. Cardiol. 2008; 51: 449–455).<br />
Das amerikanische Unternehmen Celera entwickelte vor<br />
rund zwei Jahren einen entsprechenden KIF6-Biomarker<br />
für den amerikanischen Markt. Der Test hat schnell<br />
Akzeptanz gefunden und trägt dort heute zur kardiologischen<br />
Risikoabschätzung bei. Bisher war er jedoch<br />
außerhalb der USA nicht erhältlich. <strong>Abbott</strong> Molecular wird<br />
den KIF6-Genotypisierungsassay künftig exklusiv auf<br />
dem <strong>Abbott</strong> m2000-PCR-System außerhalb der USA<br />
vertreiben. n
28 Labor aktuell<br />
Warum auf respiratorische Viren testen?<br />
Virusinfektionen der Atemwege stellen weltweit ein erhebliches medizinisches<br />
Problem dar. Die klinische Diagnose erweist sich als schwierig, da verschiedene<br />
respiratorische Viren ähnliche klinische Symptome hervorrufen können.<br />
Auch die Entdeckung neuer bedeutender respiratorischer Viren in den letzten<br />
Jahren ist klinisch eine Herausforderung. Außerdem können die häufig auftretenden<br />
Mischinfektionen oder Koinfektionen einen wesentlichen Einfluss auf die<br />
Behandlung und Genesung haben. Luminex hat genau dafür einen innovativen<br />
molekulardiagnostischen Multiplex-Assay, den xTAG RVP FAST, entwickelt, der<br />
von <strong>Abbott</strong> Molecular angeboten wird.<br />
Richtige Diagnose – gezielte Therapie<br />
Bei der Untersuchung eines Patienten kann man auf<br />
zahlreiche respiratorische Krankheitserreger (viral und<br />
bakteriell) stoßen. Ein Arzt muss wissen, welcher Erreger<br />
der Infektion zugrunde liegt, um eine wirksame Behandlung<br />
zu verordnen (Virostatikum oder Antibiotikum) und<br />
die Verbreitung der Infektion einzuschränken. Leider lässt<br />
sich die Ursache einer Atemwegsinfektion mit herkömmlichen<br />
Methoden nur schwer bestimmen. Viele Ärzte<br />
schicken Patienten mit grippeähnlichen Symptomen ohne<br />
Behandlung nach Hause. Oder sie behandeln mit ungeeigneten<br />
Medikamenten, statt einen diagnostischen Test<br />
anzuwenden.<br />
Es überrascht nicht weiter, dass eine Studie des New<br />
England Journal of Medicine mit an Grippe erkrankten<br />
Kindern gezeigt hat, dass bei lediglich 28 % der stationär<br />
behandelten und 17 % der ambulant behandelten Kinder<br />
die richtige Diagnose gestellt wurde (Poehling et al. 2006<br />
N. Engl. J. Med. 355 (1): 31–40).<br />
Wirtschaftliche Bedeutung der Atemwegsinfektionen<br />
Influenza breitet sich weltweit rasch in saisonalen Epidemien<br />
aus und stellt eine erhebliche wirtschaftliche Belastung<br />
in Form von Krankenhauskosten oder Produktivitätseinbußen<br />
dar. In den USA wurde z. B. kürzlich geschätzt,<br />
dass Grippeepidemien die Wirtschaft jährlich 71–167 Mrd.<br />
Dollar kosten (http://www.who.int/csr/disease/influenza/<br />
en/).<br />
Für sehr junge und ältere Menschen sowie für Menschen,<br />
die an Lungenerkrankungen, Diabetes, Krebs, Nierenoder<br />
Herzerkrankungen leiden, stellen Atemwegsinfektionen<br />
ein großes Risiko dar. Bei diesen Menschen kann<br />
eine Infektion zu schweren Komplikationen bei bestehenden<br />
Grunderkrankungen oder sogar zu Pneumonie und<br />
zum Tod führen. Im Rahmen jährlicher Grippeepidemien<br />
sind 5–15 % der Bevölkerung von Infektionen der oberen<br />
Atemwege betroffen. Es wird davon ausgegangen, dass<br />
diese Epidemien jährlich weltweit in drei bis fünf Millionen<br />
Fällen zu schweren Erkrankungen und zu 250.000 bis<br />
500.000 Todesfällen führen. In den Industrieländern treten<br />
die meisten derzeit mit Grippe assoziierten Todesfälle bei<br />
älteren Menschen über 65 Jahren auf (http://www.who.<br />
int/csr/disease/influenza/en/). Viruserkrankungen der<br />
oberen Atemwege kommen häufig vor, rund sechs bis<br />
neun Infektionen treten pro Jahr bei Kindern und zwei bis<br />
vier Infektionen bei Jugendlichen und Erwachsenen auf.<br />
Infektionen der unteren Atemwege sind zwar seltener,<br />
jedoch mit höheren Kosten verbunden. Die wirtschaftliche<br />
Tab. 1:<br />
Sensitivität und Spezifität von xTAG RVP FAST (n = 1518)<br />
Virus (Analyt) Sensitivität Spezifität<br />
Menschliche Influenza A 93,24 % 95,62 %<br />
H1-Subtyp von Influenza A 100 % 96,95 %<br />
H3-Subtyp von Influenza A 95,83 % 96,69 %<br />
Menschliche Influenza B 93,10 % 98,22 %<br />
RSV 91,20 % 98,06 %<br />
Parainfluenza 1 80 % 99,26 %<br />
Parainfluenza 2 76 % 99,33 %<br />
Parainfluenza 3 76,29 % 98,87 %<br />
Entero-Rhinovirus* 100 % 89,20 %<br />
Adenovirus 97,10 % 98,90 %<br />
Metapneumovirus 97,22 % 98,87 %<br />
* Klinische Proben konnten nicht durch bidirektionale Ablaufplanung nach<br />
Enterovirus bewertet werden.
Labor aktuell<br />
29<br />
respiratorischen Viren innerhalb von vier Stunden einschließlich<br />
Nukleinsäureextraktion. Diese Multiplex-PCR<br />
zeichnet sich durch hohe Sensitivitäten und Spezifitäten<br />
für den Nachweis der verschiedenen Viren bzw. Subtypen<br />
aus (Tab. 1 und Tab. 2).<br />
Der xTAG RVP FAST erfolgt in 3 Schritten:<br />
Luminex 200 System<br />
Bedeutung dieser Atemwegsinfektionen lässt sich nur<br />
schwer einschätzen. Klar ist jedoch, dass das unnötige<br />
Verschreiben von Antibiotika und die damit verbundene<br />
steigende Resistenz der Bakterien große finanzielle<br />
Auswirkungen haben. Eine rasche Diagnose der respiratorischen<br />
Viren bei Krankenhauspatienten kann dagegen<br />
in verschiedenen Bereichen von großem Vorteil sein:<br />
Krankenhausaufenthalte werden um 50 %, die Einnahme<br />
von Antibiotika um 30 % und die Anwendung unnötiger<br />
diagnostischer Verfahren um 20 % reduziert. Aus Sicht des<br />
öffentlichen Gesundheitswesens können molekulardiagnostische<br />
Tests eine verbesserte Überwachung von<br />
Krankheiten in der Bevölkerung gewährleisten, da sich<br />
diese Methoden durch hohe Sensitivität und Spezifität<br />
auszeichnen (Henrickson. 2005 Pediatr. Ann. 34 (1): 24–31).<br />
Diagnose von Atemwegsinfektionen<br />
Die derzeitigen diagnostischen Möglichkeiten sind<br />
entweder schnell und unzuverlässig oder langsam, dafür<br />
aber sensitiv. Mit den Standardtestmethoden (EIA, DFA<br />
und Kultur) werden nicht alle relevanten Erreger erfasst,<br />
so dass manche Infektionen oder Mischinfektionen<br />
übersehen werden können. Aus diesem Grund werden oft<br />
verschiedene Methoden zeitaufwändig und teuer kombiniert<br />
oder hauseigene RealTime-PCR-Methoden eingesetzt.<br />
Letztere sind nicht standardisiert und zeigen große<br />
Unterschiede im Spektrum der detektierten Erreger.<br />
Mit dem CE-zertifizierten Multiplex-Nukleinsäuretest xTAG<br />
RVP FAST von Luminex wird diese Lücke geschlossen.<br />
Der von <strong>Abbott</strong> Molecular angebotene Test ermöglicht<br />
effizient und zuverlässig den Nachweis der 18 häufigsten<br />
Tab. 2: Sensitivität und Spezifität von xTAG RVP FAST im<br />
Vergleich zur RealTime-RT-PCR (n = 285)<br />
Virus (Analyt) Sensitivität Spezifität<br />
Parainfluenza 4 100 % 99,65 %<br />
Entero-Rhinovirus* 96,49 % 89,47 %<br />
Coronavirus OC43 100 % 98,57 %<br />
Coronavirus NL63 100 % 100 %<br />
Coronavirus HKU1 100 % 100 %<br />
Coronavirus 229E Nicht geprüft 100 %<br />
Menschlicher Bocavirus 100 % 98,19 %<br />
* Von 57 positiven klinischen Echtzeit-RT-PCR-Proben waren 49 Rhinoviren und 8<br />
Enteroviren.<br />
1. Multiplex-Tag-RT-PCR<br />
Nach der Nukleinsäurenextraktion<br />
wird der Virusextrakt<br />
amplifiziert. Für jeden Virus-/<br />
Subtyp entstehen spezifische<br />
Tag-markierte und biotinylierte<br />
PCR-Amplicons.<br />
2. Hybridisierung/Detektion<br />
Das PCR-Amplicon wird zum xMAP Bead-Mix und zur<br />
Reporter-Substanz gegeben. Der xMAP Bead-Mix<br />
besteht aus verschiedenen<br />
farbmarkierten Kügelchen<br />
(Beads), die jeweils für eine<br />
bestimmte Virus-Zielsequenz<br />
spezifische Anti-Tag-Markierungen<br />
tragen. Bindet das zu<br />
analysierende PCR-Produkt<br />
über eine Tag/Anti-Tag-<br />
Hybridisierung an das entsprechende Bead, wird durch<br />
den gebildeten Komplex mithilfe der Reporter-Substanz<br />
nach Anregung durch Laserlicht Fluoreszenz emittiert.<br />
10 Unique Infrared Dye Concentrations<br />
3. Analyse<br />
In einer Doppelmessung<br />
identifiziert das Luminex-Gerät<br />
die Farbcodierung der<br />
jeweiligen Bead-Sorte (roter<br />
Strahl) und misst parallel die<br />
im Falle einer spezifischen<br />
Hybridisierung am selben<br />
Bead entstehende Fluoreszenz (grüner Strahl). Das<br />
Ergebnis gibt Auskunft über die An- bzw. Abwesenheit<br />
der viralen Zielregion in der Probe.<br />
Der xTAG RVP FAST ermöglicht auf<br />
einfache Weise eine schnelle und<br />
zuverlässige Differentialdiagnose<br />
einer viralen Atemwegsinfektion,<br />
welche die komplexen Testalgorithmen<br />
mit kombinierten<br />
Methoden ablöst. Er<br />
ermöglicht somit eine<br />
verbesserte Patientenversorgung<br />
und Infektionskontrolle,<br />
trägt zur<br />
Vermeidung unnötiger<br />
Kosten bei, vermindert<br />
Antibiotika-<br />
Resistenzen und stellt<br />
ein hocheffektives<br />
neues Hilfsmittel zur<br />
Überwachung dar. n<br />
10 Unique Red Dye Concentrations
30 Labor aktuell<br />
Die mSystem-Familie in der molekularen<br />
Diagnostik – vielfältige RealTime-PCR-<br />
Assays auf einer einzigen Geräteplattform<br />
Die molekulare Diagnostik bietet hochsensitive Testverfahren<br />
für die Detektion und Quantifizierung von<br />
Erregern infektiöser Erkrankungen. Sie basieren auf der<br />
Polymerasekettenreaktion (PCR), die definierte Abschnitte<br />
des Genoms vervielfältigt – amplifiziert – und diese in<br />
Echtzeit mittels Fluoreszenz detektiert.<br />
Einsatzgebiete sind beispielsweise das Therapiemonitoring<br />
bei HIV- oder Hepatitis-Patienten. Aber auch bei der<br />
Detektion von anderen sexuell übertragbaren Infektionen<br />
wird die RealTime-PCR eingesetzt: bei Infektionen mit<br />
Chlamydia trachomatis oder Neisseria gonorrhoeae.<br />
Neueste Testverfahren unterstützen jetzt sogar die<br />
Diagnostik bei Krebserkrankungen. So spürt der <strong>Abbott</strong><br />
RealTime High Risk HPV Assay die aggressiven Varianten<br />
des Humanen Papillomvirus auf, während der mS9-Test<br />
einen neuen Biomarker zur einfachen Früherkennung von<br />
Darmkrebs in Blutproben, methyliertes Septin 9, nachweist.<br />
Die mSystem-Familie für die molekulare Diagnostik<br />
ist die einzige Geräteplattform, auf der alle vorgenannten<br />
Testverfahren gleichermaßen abgearbeitet<br />
werden können. Das Labor benötigt also nicht mehr<br />
unterschiedliche Instrumente für verschiedene Parameter.<br />
Das ist günstig für den Platzbedarf und spart Service- und<br />
Wartungskosten. Die mSystem-Familie ist darüber hinaus<br />
die einzige Geräteplattform, die für laboreigene Testverfahren<br />
offen ist. Diese können nun ebenfalls automatisiert<br />
und qualitätsgesichert abgearbeitet werden.<br />
Die mSystem-Familie passt sich den Laborgegebenheiten<br />
und dem jeweiligen Probendurchsatz optimal an. Je nach<br />
Anzahl der Proben pro Testverfahren und Lauf kann die<br />
Extraktion und Aufreinigung der Nukleinsäuren aus dem<br />
Probenmaterial sowie das Zusammengeben der Komponenten<br />
für die PCR-Reaktion manuell oder automatisch<br />
erfolgen. Die automatische Probenvorbereitung erfolgt<br />
entweder auf dem m24sp-Gerät für einen mittleren<br />
Probendurchsatz von 1–24 Proben pro Lauf oder auf dem<br />
m2000sp-Gerät für einen großen Probendurchsatz von<br />
bis zu 96 Proben pro Lauf. Der hohe Automatisierungsgrad<br />
sorgt dafür, dass nur noch wenige Schritte manuell<br />
durchgeführt werden müssen. Dadurch werden wichtige<br />
Arbeitsabläufe standardisiert sowie die Verwechslungsund<br />
Kontaminationsgefahr reduziert.<br />
Ein großer Vorteil ist zudem die Möglichkeit, sowohl<br />
Primärröhrchen als auch Sekundärröhrchen für das<br />
Ausgangsmaterial einzusetzen. Je nach zur Verfügung<br />
stehender Probenmenge können ferner verschiedene<br />
Extraktionsprotokolle mit unterschiedlichen Ausgangsvolumina<br />
ausgewählt werden. Für spezielle Probenmaterialien<br />
gibt es über die Standardprotokolle hinaus eine<br />
ganze Reihe von Open-Mode-Protokollen, die individuell<br />
für spezifische Proben eingesetzt werden können. Zudem<br />
besteht die Möglichkeit, je nach Assay RNA, DNA oder<br />
beide gemeinsam zu extrahieren.<br />
Die Amplifikation und Detektion erfolgt anschließend im<br />
m2000rt-Gerät. Eine einfache Ergebnisinterpretation und<br />
-ausgabe verschafft einen schnellen Überblick über die<br />
Daten. Eventuelle Kommentare zu den Ergebnissen oder<br />
Arbeitsschritten sind übersichtlich vermerkt. Jedoch<br />
können bei Bedarf problemlos auch alle Rohdaten sowie<br />
die einzelnen Amplifikationskurven eingesehen werden.<br />
Das maxCycle-Programm erlaubt die gleichzeitige<br />
Abarbeitung von HIV- und HCV-Proben am m2000sp und<br />
m2000rt. Das führt zu einer erheblichen Verkürzung der<br />
Abarbeitungszeit und trägt zu einem effizienten Einsatz<br />
der Laborressourcen bei.<br />
Abb. 1:<br />
Individuelle<br />
Lösungen für<br />
jedes PCR-<br />
Labor (l.)<br />
Abb. 2:<br />
Die mSystem-<br />
Familie von<br />
<strong>Abbott</strong> bietet ein<br />
breit gefächertes<br />
Testangebot (r.)
Labor aktuell<br />
31<br />
Abb. 3–5: Laden der Reagenzien und<br />
Primärröhrchen<br />
Laden der Mastermix-Reagenzien<br />
Verschluss der Platte und Platzieren in<br />
den m2000rt<br />
Ferner kann die Option <strong>Abbott</strong>Link, eine Datenverbindung<br />
für die Online-Fehlerdiagnose und die Echtzeitinformation<br />
über den Gerätestatus, am m2000-System eingerichtet<br />
werden. Auf diese Weise können technische Störungen<br />
durch Vorbeugung vermieden bzw. innerhalb von kurzer<br />
Zeit erkannt und behoben werden – ein zusätzliches Plus<br />
in puncto Gerätezuverlässigkeit.<br />
Einheitliche Reagenzien und gleiche Verbrauchsmaterialien<br />
ermöglichen einen optimalen Umstieg von der<br />
manuellen Extraktion auf den m24sp und schließlich auf<br />
den m2000sp, wodurch mit steigendem Probendurchsatz<br />
der Automatisierungsgrad ganz unkompliziert den Erfordernissen<br />
angepasst werden kann. Selbstverständlich<br />
sind die Mess-Ergebnisse am Ende von der Extraktionsmethode<br />
unabhängig, so dass diesbezüglich keine<br />
Anpassungen erforderlich sind. Äußerst vorteilhaft ist die<br />
Möglichkeit, Kalibrationskurven zu speichern. Das spart<br />
im Laboralltag Zeit und Geld!<br />
Die <strong>Abbott</strong>-RealTime-Assays zeichnen sich durch ihr<br />
besonderes Design und ihre breiten Messbereiche aus.<br />
Die zum Einsatz kommenden Sonden binden in hochkonservierten<br />
Regionen des Genoms und sind auf die<br />
jeweiligen Fragestellungen speziell zugeschnitten. Sie<br />
besitzen, wo es wie bei HIV notwendig ist, eine hohe<br />
Variabilitätstoleranz, können aber auch in anderen Fällen,<br />
z. B. beim Hepatitis-C-Virus, zwischen verschiedenen<br />
Genotypen sicher differenzieren. Die Messbereiche<br />
erstrecken sich über mehrere log-Stufen. So können<br />
sowohl im unteren Viruslast-Bereich auftretende Resistenzen<br />
frühzeitig bemerkt als auch die hohen Viruskonzentrationen<br />
zu Beginn der Therapie ohne vorherige Verdünnung<br />
sicher bestimmt werden.<br />
Qualitätssicherung und zuverlässige Ergebnisse<br />
stehen bei der mSystem-Familie im Fokus. Das wird<br />
während der Ergebnisauswertung durch verschiedene<br />
Validitätsprüfungen für die Geräteleistung und die Testergebnisse<br />
gewährleistet. Jede einzelne Amplifikationskurve<br />
wird mithilfe der maxRatio-Funktion überprüft, um<br />
beispielsweise zwischen spezifischer und nicht-spezifischer<br />
Amplifikation zu unterscheiden und damit die<br />
Ergebnissicherheit zu erhöhen. Eine Barcodierung der<br />
Probenröhrchen ermöglicht ferner die Probenidentifikation<br />
und Probennachverfolgung während des gesamten<br />
Testablaufs. Ein Datentransfer vom m2000sp zum<br />
m2000rt ermöglicht am Ende die sichere Zuordnung der<br />
Patientendaten zu den jeweiligen Ergebnissen. Über eine<br />
Schnittstelle können die Daten schließlich in das laboreigene<br />
Datenmanagementsystem übertragen werden.<br />
Sogar laboreigene Testverfahren können mithilfe der<br />
LDA-Option (LDA = LaborDefinierte Anwendungen)<br />
automatisiert und qualitätsgesichert abgearbeitet<br />
werden. Die intuitive LDA-Software ermöglicht die<br />
Programmierung dieser zusätzlichen PCR-Anwendungen.<br />
Neben dem Themocycler-Profil legt der Anwender auch<br />
die Ergebnisauswertung und -bewertung selbst fest.<br />
Sicherheit bietet die Tatsache, dass alle Veränderungen<br />
nur durch den Laboradministrator vorgenommen werden<br />
können.<br />
Die Erfolgsgeschichte der mSystem-Familie begann vor<br />
fünf Jahren mit dem m2000rt. In enger Kooperation mit<br />
unseren Kunden und unter Berücksichtigung der sich<br />
wandelnden Anforderungen im Labor wurde und wird die<br />
mSystem-Familie stetig weiterentwickelt und ausgebaut.<br />
Einzigartig ist, dass neben den <strong>Abbott</strong>-RealTime-Assays<br />
auch laboreigene oder weitere kommerzielle Testverfahren<br />
abgearbeitet werden können! Diese hohe Flexibilität<br />
verbunden mit der Erstklassigkeit der Assays wird von<br />
vielen Kunden geschätzt. <br />
n<br />
Abb. 6:<br />
Gleiche Reagenzien,<br />
gleiche<br />
Verbrauchsmaterialien<br />
und<br />
gleiche Messergebnisse<br />
ermöglichen<br />
die einfache<br />
Anpassung des<br />
Gerätesystems<br />
an ein steigendes<br />
Probenaufkommen.
32 Labor aktuell<br />
Hepatitis-C-Diagnostik – Screening und<br />
wichtiger Wegweiser in der HCV-Therapie<br />
In Deutschland leben schätzungsweise 400.000 bis<br />
500.000 Menschen mit einer chronischen Hepatitis-C-<br />
Virus-Infektion. Da HCV-Infektionen häufig erst spät<br />
diagnostiziert werden, sind sie eine der Hauptursachen für<br />
Leberzirrhose, Leberkarzinom und Leberversagen sowie<br />
dadurch bedingte Transplantationen.<br />
Ein wichtiges Anliegen ist daher die Früherkennung.<br />
Dafür stehen hochspezifische und sensitive HCV-Antikörper-Screeningtests<br />
zur Verfügung. Mittels Nachweis<br />
des HCV-Core-Antigens oder des Virus-Erbmaterials, der<br />
HCV-RNA, im Blut kann zwischen akuter und ausgeheilter<br />
HCV-Infektion unterschieden werden. Die chronische<br />
Hepatitis C wird derzeit standardmäßig mit einer Kombination<br />
aus pegyliertem Interferon alpha und Ribavirin<br />
behandelt, was immerhin bei der Hälfte der Patienten zur<br />
vollständigen Ausheilung führt.<br />
Bei der Überwachung der Wirksamkeit der antiviralen<br />
Therapie spielt die molekulare Diagnostik eine<br />
zentrale Rolle. Da das Hepatitis-C-Virus in verschiedenen<br />
Genvarianten existiert, die auf die antivirale Therapie<br />
unterschiedlich gut ansprechen, ist die Ermittlung des<br />
jeweils vorliegenden Genotyps vor Behandlungsbeginn<br />
von großer Bedeutung. Zusätzlich wird die Konzentration<br />
der HCV-RNA im Blut, die so genannte Viruslast, zu<br />
Beginn und im Verlauf der Behandlung bestimmt. Die<br />
optimale Behandlungsdauer wird anschließend auf Basis<br />
des ermittelten Genotyps, der Anfangsviruslast sowie ihrer<br />
Abnahme nach Behandlungsbeginn festgelegt.<br />
Hochsensitive Nachweisverfahren für HCV-RNA sind<br />
zur erstklassigen Überwachung der Behandlung von<br />
Patienten mit chronischer Hepatitis C unerlässlich. Nur sie<br />
ermöglichen eine präzise und zuverlässige Quantifizierung<br />
auch von minimalen Restkonzentrationen. Dabei ist<br />
aufgrund der besonderen genetischen Vielfalt des<br />
Hepatitis-C-Virus eine gleichmäßig hohe Sensitivität für<br />
alle Genotypen Grundvoraussetzung des Assays, um alle<br />
HCV-Varianten mit derselben Genauigkeit erfassen und<br />
quantifizieren zu können. Erst dadurch kann eine exzellente<br />
Ergebnisqualität für alle Patienten sichergestellt<br />
werden.<br />
Neue Medikamente, so genannte DAA (Directly Acting<br />
Antiviral)-Wirkstoffe, die zielgerichtet der Vermehrung der<br />
Hepatitis-C-Viren entgegenwirken, werden in Zukunft zu<br />
einer Verbesserung der dauerhaften Ansprechraten<br />
führen. Derzeit befinden sich diese neuen Wirkstoffe noch<br />
in der klinischen Erprobungsphase. Aber bereits die<br />
ersten Ergebnisse haben gezeigt, dass auch bei diesen<br />
neuen Therapien die Bestimmung der anfänglichen<br />
Viruslast und deren Abnahme im Verlauf der Behandlung<br />
Schlüsselfaktoren für die individuelle Festlegung der<br />
Therapiedauer sowie für die Prognose der Therapiewirksamkeit<br />
darstellen.<br />
Die HCV-Resistenzbestimmung wird Expertenmeinungen<br />
zufolge künftig ergänzend zu den bisherigen<br />
Verfahren erforderlich werden, da die Monotherapie mit<br />
DAA-Wirkstoffen die Selektion resistenter Varianten des<br />
Hepatitis-C-Virus begünstigt.<br />
Molekulare HCV-Diagnostik:<br />
HCV-RNA – hochsensitive und präzise Bestimmung der<br />
Viruslast<br />
Derzeitige Richtlinien für das Management und die Therapie<br />
einer Hepatitis-C-Virusinfektion empfehlen die quantitative<br />
und hochsensitive Bestimmung der HCV-RNA zu Beginn,<br />
während und nach Abschluss einer antiviralen Therapie.<br />
Das dauerhafte virologische Ansprechen zeigt sich durch die<br />
Abwesenheit von HCV-RNA 24 Wochen nach Therapieende.<br />
HCV-Genotypisierung<br />
Mithilfe des HCV-Genotyps lässt sich das Ansprechen auf<br />
eine PEG-Interferon/Ribavirin-Kombinationstherapie vorhersagen.<br />
Die Bestimmung des HCV-Genotyps vor Beginn einer<br />
Kombinationstherapie wird daher empfohlen und ermöglicht<br />
die Anwendung des am besten geeigneten Therapieschemas<br />
in Hinblick auf Behandlungsdauer und Zeitpunkt der Viruslastbestimmung.<br />
Immunologische HCV-Diagnostik:<br />
HCV-Antikörper<br />
Der Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen das<br />
Hepatitis-C-Virus kann auf eine ausgeheilte oder eine akute<br />
HCV-Infektion, die auch übertragen werden kann, hindeuten.<br />
Auch wenn die Mehrzahl der HCV-Infizierten keine Symptome<br />
zeigt, kann sich die Infektion zu einer chronischen<br />
Hepatitis und Zirrhose entwickeln sowie das Risiko eines<br />
hepatozellulären Karzinoms wachsen.<br />
HCV-Antigen<br />
Der Nachweis des HCV-Antigens kann bei Anti-HCVpositiven<br />
Patienten zur Differenzierung zwischen einer aktiven<br />
und einer ausgeheilten Infektion eingesetzt werden. Das<br />
Screening von Patienten mit einem erhöhten HCV-Infektionsrisiko<br />
kann eine HCV-Infektion auch schon in der Antikörpernegativen<br />
Fensterperiode detektieren und somit eine weitere<br />
Verbreitung verhindern.<br />
In Verbindung mit der Bestimmung der HCV-RNA-Viruslast<br />
und bei Antigen-Konzentrationen > 20.000 pg/L erlaubt die<br />
Quantifizierung des HCV-Antigens im sehr frühen Stadium<br />
der Behandlung eine Aussage über das Ansprechen der<br />
Therapie.<br />
n
Labor aktuell<br />
33<br />
Screening / Diagnostik<br />
Nicht reaktiv<br />
KEINE HCV-Infektion<br />
Ausnahme:<br />
Akute Hepatitis C und Immunsuppression<br />
Anti-HCV (Immunoassay)<br />
Positiv<br />
HCV-Infektion<br />
Reaktiv<br />
HCV Ag<br />
Negativ<br />
HCV-RNA<br />
Nachweisbar Nicht nachweisbar<br />
Ausgeheilte HCV-Infektion<br />
Vor<br />
Therapie<br />
HCV-RNA-<br />
Ausgangskonzentration<br />
HCV Genotyp 1 (4, 5, 6)<br />
HCV-Genotypisierung<br />
HCV Genotyp 2, 3<br />
Antivirale Therapie<br />
24 – 72 Wochen<br />
Antivirale Therapie<br />
16 – 48 Wochen<br />
HCV-RNA<br />
In den Wochen 4, 12 und 24<br />
Therapie<br />
Abnahme<br />
< 2 log-Stufen<br />
Woche 12<br />
HCV-RNA<br />
Nicht<br />
nach weisbar<br />
Woche 4<br />
HCV-RNA<br />
Nicht<br />
nach weisbar<br />
Woche 12<br />
HCV-RNA<br />
Nicht<br />
nach weisbar<br />
Woche 24<br />
HCV-RNA<br />
Nachweisbar in<br />
Woche 24<br />
Therapieende<br />
Therapie beenden<br />
Kein virologisches<br />
Ansprechen<br />
Therapie<br />
beenden<br />
HCV<br />
GT 1 (4 – 6)<br />
LVL<br />
Woche 24<br />
Therapie<br />
beenden<br />
HCV GT 2, 3<br />
LVL Woche 16<br />
Keine LVL<br />
Woche 24<br />
Therapie<br />
beenden<br />
Woche 48<br />
Therapie<br />
beenden<br />
Woche 72<br />
HCV-RNA<br />
Bei Therapieende und Woche 24 nach Therapieende<br />
LVL = Low baseline viral load (niedrige Viruslast vor Therapiebeginn) < 600.000 – 800.000 IU/ml<br />
Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. med. Christoph Sarrazin, Klinikum J. W. Goethe-Universität Frankfurt,<br />
Medizinische Klinik I, Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main, Deutschland<br />
Diese Seite enthält allgemeine medizinische Informationen. Kommerzielle Tests dürfen nur nach ihrem in der Packungs beilage aufgeführten Verwendungszweck genutzt werden.<br />
Abb. 1: Diagnose der Hepatitis C
34 Das Produkt<br />
Einsatzgebiete des<br />
ARCHITECT HCV Ag Assay<br />
Es gibt zwei unterschiedliche Indikationsfelder für<br />
den ARCHITECT-HCV-Ag-Test:<br />
9,6 kB R N A<br />
(E inzelstrang, +)<br />
Abb. 1:<br />
Hepatitis-C-Virus-Partikel, schematisch<br />
C ore P rotein<br />
Der ARCHITECT HCV Ag Assay ist ein Chemilumineszenz-Mikropartikelimmunoassay<br />
(CMIA) für die quantitative<br />
Bestimmung des Hepatitis-C-Core-Antigens in<br />
Humanserum und -plasma. Der ARCHITECT HCV Ag<br />
Assay dient als Hilfsmittel bei der Diagnose einer<br />
vermuteten Hepatitis-C-Virusinfektion und zur Überwachung<br />
des Status von infizierten Patienten.<br />
Das HCV-Antigen ist vor der Serokonversion, d. h. vor<br />
dem Auftreten von HCV-Antikörpern nachweisbar. Diese<br />
so genannte Fensterperiode, also die Phase, in der das<br />
Virus nachweisbar ist, aber noch keine Antikörper vorhanden<br />
sind, kann bei HCV bis zu 35 Tage ausmachen. Ein<br />
negativer Antikörper-Nachweis schließt demnach eine<br />
frühe Infektionsphase nicht aus. Das Vorliegen einer<br />
aktiven (akuten oder chronischen) HCV-Infektion ist durch<br />
die Anwesenheit von HCV-Antigen gekennzeichnet<br />
(analog zu HBsAg bei einer aktiven HBV-Infektion). HCV-<br />
Antikörper sind nützliche Indikatoren für eine vergangene<br />
Infektion, zeigen aber nicht eine aktuelle Virämie oder eine<br />
Elimination des Virus im Patienten an.<br />
Anders als der Anti-HCV-Test spricht der HCV-Ag-Test<br />
schon in der Frühphase der Infektion an und erfasst<br />
nur Patienten mit aktiver HCV-Infektion, nicht solche<br />
mit ausgeheilter Infektion. Er ist fast so empfindlich wie<br />
die PCR.<br />
E 1<br />
E 2<br />
Lipiddoppelm em bran<br />
Erkennung oder Ausschluss einer HCV-Infektion<br />
n Hierzu gehört das Screening von Patienten mit einem<br />
erhöhten Risiko für eine HCV-Infektion wie Dialyse-<br />
Patienten und i.v.-Drogenabhängige, zusätzlich zum<br />
oder statt eines Anti-HCV-Screenings.<br />
n Man kann den HCV-Antigen-Test auch zur Nachverfolgung<br />
nach mutmaßlicher HCV-Exposition, z. B. nach<br />
Nadelstichverletzungen oder invasiven Eingriffen mit<br />
möglichen Hygienemängeln, verwenden.<br />
n Außerdem kann man mit dem Test auch eine mögliche<br />
Mutter-Kind-Übertragung nachweisen.<br />
n Darüber hinaus ist der ARCHITECT-HCV-Ag-Test<br />
nützlich, um eine eventuelle Reinfektion nach einer<br />
Lebertransplantation eines HCV-Patienten nachzuweisen.<br />
n Des Weiteren kann der HCV-Ag-Test bei Nichtverfügbarkeit<br />
eines hochempfindlichen Tests für HCV RNA zum<br />
Screening von Organ-, Gewebe- und Blutspendern<br />
eingesetzt werden.<br />
Das zweite Indikationsfeld des ARCHITECT-HCV-Ag-Tests<br />
ist:<br />
Die Beurteilung von HCV-Infektionen<br />
n In diesem Bereich kann der Test zur Spezifitätssicherung<br />
eines positiven Anti-HCV-Befunds und gleichzeitiger<br />
Klärung des Infektions- bzw. Immunitätsstatus, zur<br />
Unterscheidung einer aktiven von einer ausgeheilten<br />
Infektion verwendet werden.<br />
n Eine weitere Verwendung ist als quantitativer Test statt<br />
der (oder zusätzlich zur) PCR für die Beurteilung der<br />
viralen Expressionsaktivität und der Verlaufsbeobachtung<br />
möglich.<br />
n Außerdem kann der ARCHITECT-HCV-Ag-Test als<br />
quantitativer Test zur engmaschigen Therapiekontrolle<br />
der Hepatitis C in Ergänzung der PCR eingesetzt<br />
werden.<br />
n<br />
Bestellinformationen<br />
Produktname Beschreibung Bestellnr.<br />
ARCHITECT HCV Ag 1 x 100 Tests 6L47-25 6L47-25<br />
Reagenzienpackung<br />
ARCHITECT HCV Ag 6 Fläschchen (Kalibrator<br />
6L47-01<br />
Kalibratoren<br />
A–F, je 4 ml)<br />
ARCHITECT HCV Ag<br />
Kontrollen<br />
3 Fläschchen (Negativ,<br />
Positiv 1 und Positiv 2,<br />
je 8 ml)<br />
6L47-10<br />
ARCHITECT i Assay<br />
CD-ROM<br />
(Addition C) Version 6.0<br />
oder höher<br />
8K30-06
Das Produkt<br />
35<br />
ARCHITECT Vitamin D – vollautomatische<br />
Messung eines unterschätzten Vitamins<br />
Vitamin D<br />
Unter dem Begriff Vitamin D fasst man verschiedene<br />
fettlösliche Vitamine zusammen, die den Kalziumhaushalt<br />
regulieren und an der Mineralisation des Knochens<br />
beteiligt sind. Der Körper nimmt Vitamin D aus der<br />
Nahrung auf (Vitamin D2 und D3), kann es aber auch<br />
selbst unter dem Einfluss von Sonnenlicht (UV-Strahlung)<br />
produzieren (nur Vitamin D3). Gesunde Erwachsene<br />
können ihren Bedarf an Vitamin D bei ausreichender<br />
Einwirkung von Sonnenlicht durch die eigene Herstellung<br />
im Körper (Haut) decken. Die Zufuhr mit der Nahrung<br />
(< 10 %) hat nur eine geringe Bedeutung.<br />
Klinische Bedeutung<br />
Über die entsprechenden Zielorgane hinaus konnten<br />
inzwischen in fast allen Organen Vitamin-D-Rezeptoren<br />
nachgewiesen werden, was für eine zentrale Rolle des<br />
Vitamin-D-Hormon-Systems für die Gesundheit des<br />
Menschen spricht. Ein Vitamin-D-Mangel ist in Mitteleuropa<br />
sehr häufig und stellt die bei Weitem häufigste<br />
Hypovitaminose dar. Dies ist besonders in der dunklen<br />
Jahreszeit sowie bei stärker pigmentierten Menschen<br />
relevant. Ein Vitamin-D-Mangel kann durch die orale Gabe<br />
des Vitamins sehr einfach, gut verträglich und kosteneffizient<br />
behoben und so das Auftreten von Folgeerkrankungen<br />
vermieden werden.<br />
Stoffwechselweg von Vitamin D3<br />
Nachdem Vitamin D3 in der Haut gebildet oder über den<br />
Darm aufgenommen wurde, wird es über die Blutbahn in<br />
die Leber transportiert, wo es zu 25-Hydroxy-Vitamin D3<br />
umgewandelt wird. Diese Form – im Serum gemessen –<br />
reflektiert sehr gut den Vitamin-D-Status bzw. den<br />
Versorgungsgrad. Sie ist zwar nur schwach biologisch<br />
aktiv, aber aufgrund der recht hohen Konzentration bereits<br />
an den Zielorganen wirksam.<br />
In der Niere wird 25-Hydroxy-Vitamin D3 umgewandelt in<br />
den biologisch aktivsten Metaboliten 1,25-(OH)2-Vitamin<br />
D3 (Calcitriol). Dieser Prozess ist u. a. durch Kalzium und<br />
Parathormon strikt kontrolliert. Calcitriol stellt zwar den<br />
letztlich aktiven Metaboliten von Vitamin D3 dar, paradoxerweise<br />
werden jedoch bei einem Vitamin-D-Mangel<br />
häufig erhöhte Konzentrationen dieses Stoffes gefunden.<br />
Die Messung von 1,25-(OH)2-Vitamin D besitzt daher<br />
generell keinen Stellenwert in der Erhebung des Vitamin-<br />
D-Status und kann zu irreführenden Resultaten führen.<br />
Stoffwechselweg von Vitamin D2<br />
Vitamin D2 wird nicht im Körper gebildet. Es kann dem<br />
Körper über die Nahrung oder als Medikament zugeführt<br />
werden. Der Stoffwechsel von Vitamin D2 im Körper läuft<br />
sehr ähnlich ab wie der von Vitamin D3, was bei der<br />
Bestimmung von Vitamin D eine gewisse Rolle spielen wird.<br />
Wertelagen<br />
Ein Vitamin-D-Mangel ist definiert durch Werte unter<br />
20 ng/mL. Werte zwischen 21 und 29 ng/mL sind ein<br />
Hinweis auf einen relativen Vitamin-D-Mangel. Werte über<br />
30 ng/mL zeigen eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung<br />
an.<br />
Standardisierung<br />
Es gibt keinen international anerkannten Standard.<br />
Daraus ergeben sich große Unterschiede in den Wertelagen<br />
verschiedener Assays, entprechend sind die<br />
Normalbereiche der Methoden sehr unterschiedlich.<br />
n<br />
Vorläufige Leistungsdaten von ARCHITECT Vitamin D *<br />
Gerätesysteme<br />
ARCHITECT i2000SR, i1000SR, ci4100SR, ci8200SR, ci1600SR<br />
Methode<br />
Verzögerter Kompetitiver Chemielumineszenz-Mikropartikelimmunoassay<br />
Erstes Ergebnis<br />
Nach 36 Minuten<br />
Durchsatz<br />
100 Tests/Stunde<br />
Probenart<br />
Serum (einschließlich Serum aus Serumtrennröhrchen)<br />
Plasma: Kalium-EDTA, Natriumcitrat, Natrium-Heparin, Lithium-Heparin<br />
Stabilität<br />
14 Tage für das Reagenz im System<br />
Probenstabilität<br />
72 Stunden bei 2–8° C<br />
Kalibrationsbereich<br />
0–160 ng/ml<br />
Nachweisgrenze<br />
6,7 ng/ml<br />
Präzision Gesamt-VK < 6 %<br />
Kreuzreaktivität Vitamin D2: ca. 50 %<br />
Vitamin D3: 100 %<br />
Einheiten<br />
ng/mL und nmol/L<br />
Packungsgrößen<br />
1 x 100 Tests und 1 x 500 Tests<br />
* Alle Daten müssen als vorläufig gelten und beziehen sich auf die Leistung des sich in der Entwicklung befindlichen Assays.
36 Das Produkt<br />
Ist der falsche Troponin-Wert<br />
wirklich falsch?<br />
In den letzten Jahren ist die analytische Leistungsfähigkeit<br />
der Troponin-Assays immer weiter verbessert worden.<br />
Entsprechend kommt mittlerweile der Labordiagnostik bei<br />
der Erfassung von Myokardschäden eine Schlüsselrolle<br />
zu, was bei der Neufassung der Definition eines akuten<br />
Myokardinfarktes berücksichtigt worden ist. Ein sicher<br />
gemessener pathologischer Troponin-Wert in Kombination<br />
mit einem Ischämiezeichen sichert die Diagnose<br />
Akuter Herzinfarkt.<br />
Die modernen Troponin-Assays zeichnen sich nicht nur<br />
durch eine hohe Spezifität, sondern auch durch eine hohe<br />
Sensitivität aus. Die verbesserte Sensitivität und die<br />
bessere Präzision im unteren Messbereich öffnen auf der<br />
einen Seite neue Optionen bei der Erfassung kleiner<br />
Myokardschäden und minimaler Anstiege. Andererseits<br />
lassen sich geringgradige Troponin-Erhöhungen nicht<br />
immer eindeutig einem Akuten Koronarsyndrom zuordnen<br />
und können in der Alltagsroutine zu Unklarheiten führen.<br />
Grund hierfür ist die mittlerweile vielfach belegte Tatsache,<br />
dass auch andere Krankheitsbilder zu Myokardnekrosen<br />
und damit zu geringen, aber messbaren Troponin-<br />
Anstiegen führen können. Es ist plausibel anzunehmen,<br />
dass Erkrankungen, die das Herz in Mitleidenschaft<br />
ziehen, auch zur Troponin-Freisetzung aus den Myozyten<br />
führen. Dies ergibt natürlich eine niedrigere Spezifität im<br />
Sinne der Diagnose Herzinfarkt. Man sollte aber bedenken,<br />
dass jede Troponin-Erhöhung, welcher Ursache auch<br />
immer, die Prognose für den Patienten verschlechtert.<br />
Die Mechanismen, die zu der zusätzlichen Belastung des<br />
Herzmuskels führen, können vielfältig sein (Tabelle):<br />
n direkte Schädigung des Herzmuskels<br />
n eingeschränkte Sauerstoffversorgung des Herzens<br />
n erhöhter Sauerstoffverbrauch des Herzens<br />
n erhöhter Sauerstoffverbrauch des Herzens mit gleichzeitig<br />
verminderter Sauerstoffversorgung.<br />
Troponin-Erhöhungen aus den angeführten Gründen<br />
sollten nicht als falsch positiv bewertet werden. Sie wären<br />
nur dann falsch-positiv, wenn man sie automatisch und<br />
ohne weitere Berücksichtigung des klinischen Hintergrundes<br />
einem Akuten Koronarsyndrom zuordnen würde.<br />
Diese Troponin-Erhöhungen weisen zwar Myokardnekrosen<br />
nach, einen Hinweis auf die Ursache geben sie aber<br />
nicht. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob es allein<br />
schon bei erhöhter Wandbelastung zu einer Troponin-<br />
Freisetzung aus dem Zytosol kommen kann. Troponin liegt<br />
zu wenigen Prozent in freier Form im Zytosol vor. Permeabilitätsveränderungen<br />
der Zellwand sollten den Übertritt<br />
von Troponin-Molekülen oder von Troponin-Fragmenten in<br />
die Blutbahn erlauben, ohne dass es zu Nekrosen gekommen<br />
sein muss. Dies würde die häufig vorkommenden<br />
kleinen Troponin-Erhöhungen erklären, die nach wenigen<br />
Stunden nicht mehr nachweisbar sind und bei denen auch<br />
invasiv-diagnostisch keine Nekrosen erkennbar sind –<br />
Prozesse, die also partiell reversibel sind. Patienten, die<br />
aufgrund der in der Tabelle aufgeführten Krankheitsbilder<br />
erhöhte Troponin-Werte aufweisen, zeigen in aller Regel<br />
nicht die für ein Akutes Koronarsyndrom typische Pathophysiologie<br />
mit Plaqueruptur und Thrombusbildung.<br />
Dennoch haben diese Patienten insgesamt eine schlechtere<br />
Prognose und eine erhöhte Mortalität als Patienten,<br />
bei denen in einer vergleichbaren Situation Troponin nicht<br />
erhöht ist.<br />
Ein analytisch richtig ermittelter Troponin-Wert ist nach<br />
dieser Betrachtungsweise grundsätzlich nicht falsch. Er ist<br />
auf jeden Fall ein Hinweis auf eine kardiale Beteiligung mit<br />
einer eher schlechten Prognose für den Patienten. n<br />
Troponin-Erhöhungen ohne akutes Koronarsyndrom<br />
und mögliche Mechanismen<br />
(Beispiele)<br />
Ursache<br />
Möglicher Mechanismus<br />
Direkte Schädigung des Herzmuskels<br />
Myokarditis und Pericarditis<br />
Chemotherapie<br />
Trauma/Polytrauma<br />
Kardioversion<br />
Verminderte Sauerstoffversorgung<br />
Koronarspasmen<br />
Aortendissektion<br />
Schock<br />
Erhöhter Sauerstoffverbrauch<br />
Kardiomyopathie<br />
Linksventrikuläre Hypertrophie<br />
Lungenembolie<br />
Tachykardie<br />
Nichtkardiale Chirurgie<br />
Extreme sportliche Belastung<br />
Entzündliche Prozesse<br />
Direkte Toxizität des<br />
Therapeutikums<br />
Mechanische Belastung<br />
Elektrische Spannung<br />
Ischämie mit Mikronekrosen<br />
Gestörter Blutfluss, Mikroinfarkte<br />
Gestörte Hämodynamik<br />
Erhöhte Wandspannung<br />
Subendokardiale Ischämie<br />
Rechtsherzbelastung<br />
Gestörte Perfusion<br />
Operationsstress, gestörte<br />
Hämodynamik<br />
Ungleichgewicht zwischen<br />
Sauerstoffversorgung und<br />
Verbrauch<br />
Verminderte Sauerstoffversorgung und erhöhter<br />
Sauerstoffverbrauch<br />
Schwere Sepsis/SIRS<br />
Hypertonie<br />
Hypotonie<br />
Akute Herzinsuffizienz<br />
Andere Ursachen<br />
Nierenversagen<br />
Transplantatversagen<br />
Schlaganfall<br />
Linksherzbelastung<br />
Rechtsherzbelastung<br />
Verminderter Perfusionsdruck<br />
Erhöhte Wandbelastung<br />
Unbekannt<br />
Entzündung und Immunreaktion<br />
Erhöhter Katecholamineffekt
Labor aktuell<br />
<strong>Abbott</strong> präsentiert seine Vielseitigkeit<br />
37<br />
Vom 27. August bis zum 1. September 2010 stellen sich auf den Hessischen<br />
Gesundheitstagen in Wiesbaden die verschiedenen Geschäftsbereiche von<br />
<strong>Abbott</strong> in Vorträgen, durch Aktionen und an verschiedenen Ständen vor.<br />
„Wir möchten zeigen, wie vielseitig <strong>Abbott</strong> ist und womit<br />
wir den Menschen in der Region und darüber hinaus<br />
helfen“, sagte Wulff-Erik von Borcke, Geschäftsführer<br />
<strong>Abbott</strong> Deutschland. Um die Vielseitigkeit unter Beweis zu<br />
stellen, präsentierten sich Kollegen aus den Geschäftsbereichen<br />
Ernährung, Diabetes Care, Immunologie und Neonatologie<br />
in einem eigenen <strong>Abbott</strong>-Zelt auf dem Schlossplatz.<br />
Dort erfuhren interessierte Besucher alles über Krankheiten<br />
wie Diabetes, Rheuma oder Morbus Crohn. Außerdem<br />
wurden kostenfreie Bestimmungen des Blutzuckerspiegels<br />
und ein Rheuma-Check angeboten sowie Kostproben der<br />
Aufbau-Trinknahrung aus dem Geschäftsbereich Ernährung<br />
bereitgestellt.<br />
Hintergrundinformationen zu aktuellen Krankheitsbildern<br />
organisierte <strong>Abbott</strong> in zwei Vorträgen: Am Samstag, den<br />
28. August, sprach Dr. med. Oliver Pech, Oberarzt für<br />
Innere Medizin der HSK Wiesbaden, im Rathaus über<br />
Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten bei Bauchschmerzen<br />
und chronischem Durchfall und Eva-Maria<br />
Hüfner, <strong>Abbott</strong> <strong>Diagnostics</strong>, referierte über die Bedeutung<br />
des Vitamin-B12-Status. Dabei war es wichtig, den interessierten<br />
Zuhörern die Sinnhaftigkeit der IGe-Leistungen<br />
(IGeL) für die „Aktives Vitamin B12“- und „Homocystein“-<br />
Testung zu verdeutlichen.<br />
Vitamin B12 wird über den Dünndarm aufgenommen und<br />
vorwiegend in der Leber gepeichert. Nur etwa 20 % des<br />
zirkulierenden Vitamins B12 sind biologisch aktiv (in Form<br />
von Holotranscobalamin). Holotranscobalamin ist ein<br />
Biomarker, der bereits in der Frühphase eines Vitamin-B12-<br />
Mangels auffällig ist. Die Frühsymptome sind häufig nur<br />
schwer erkennbar und ein unbehandelter Vitamin-B12-<br />
Mangel kann zu Schädigungen des Nervensystems oder<br />
sogar zu Anämie (Blutarmut) führen.<br />
Homocystein ist eine Aminosäure, die im Stoffwechsel des<br />
Menschen entsteht. Erhöhte Werte ergeben sich z. B. durch<br />
zu niedrige Vitamin-B12-, -B6- und Folsäure-Spiegel und<br />
können zur Schädigung der Blutgefäße führen. Die Innenwände<br />
der Arterien werden so geschädigt, dass sich<br />
fetthaltige Substanzen anlagern können. Es kann sich so<br />
genannte Plaque bilden, die sich über Jahre entwickelt und<br />
im schlimmsten Fall zum Totalverschluss der Gefäße<br />
(Herzinfarkt bei den Herzkranzgefäßen oder Schlaganfall bei<br />
den Gehirngefäßen) führen kann.<br />
Im Rahmen der besonderen Bedeutung der Vitaminspiegelbestimmung<br />
bot <strong>Abbott</strong> <strong>Diagnostics</strong> den interessierten<br />
Besuchern eine kostenlose Bluttestung (auf die Blutparameter<br />
„Aktives Vitamin B12“ und „Homocystein“) an. Eine<br />
kleine Auswertung der Ergebnisse findet sich im nebenstehenden<br />
Kasten.<br />
Ein weiteres Highlight der Gesundheitstage war die begehbare<br />
„Pipeline der Gesundheit“ vom Verband der forschenden<br />
Pharmaunternehmen (vfa). Sie befand sich direkt neben<br />
dem <strong>Abbott</strong>-Zelt und bot einen interessanten Überblick<br />
über den Stand der Forschung und die Zukunft der Pharmaunternehmen.<br />
Ob Vorsorge und Früherkennung, Krankheitsbewältigung<br />
oder Rehabilitation – die Hessischen<br />
Gesundheitstage informieren bereits seit 1992 alle zwei<br />
Jahre in Wiesbaden über Themen rund um die Gesundheit.<br />
Mitbegründet wurden die Hessischen Gesundheitstage von<br />
Dr. Heinz Kipper, dem ehemaligen Geschäftsführer von<br />
<strong>Abbott</strong> Deutschland.<br />
Bis zu 30.000 Menschen nutzten auch in diesem Jahr<br />
wieder die Möglichkeit, sich auf dem Schlossplatz<br />
und an den Thementagen im Rathaus umfassend zu<br />
informieren. <strong>Abbott</strong> als führendes Gesundheitsunternehmen<br />
unterstützt diese Informationsveranstaltungen<br />
aktiv.<br />
n<br />
Ergebnisse der Blutuntersuchungen<br />
(Homocystein und Aktives B12)<br />
71 Teilnehmer haben sich Blutproben abnehmen lassen (22<br />
Männer, 49 Frauen). Der Altersmittelwert betrug 66 Jahre<br />
(Bereich 35–89 Jahre). Dabei ergaben sich die folgenden<br />
Ergebnisse.<br />
Homocystein: Mittelwert 12,1 µmol/L (Bereich 6,6–25,8 µmol/L)<br />
Aktives B12: Mittelwert* 79,2 pmol/L (Bereich 10,3–128<br />
pmol/L)<br />
Bei Homocystein lagen immerhin 31 (44 %) der Werte<br />
oberhalb des von der DACH-Liga empfohlenen Grenzwertes<br />
von 12 µmol/L. 2 Werte waren größer als 20 µmol/L. Dies ist<br />
zumindest ein Hinweis auf das Vorliegen eines unabhängigen<br />
Risikofaktors.<br />
Bei Aktivem B12 lagen 12 (17 %) der Werte unterhalb von 50<br />
pmol/L und wiesen auf einen funktionellen<br />
Vitamin-B12-Mangel hin.<br />
Die Korrelationen sind nicht sehr stark, zeigen aber Trends auf:<br />
n Homocystein steigt an, wenn der Wert für das Aktive B12<br />
sinkt.<br />
n Homocystein steigt mit dem Alter der untersuchten<br />
Personen an.<br />
n Aktives B12 zeigt mit steigendem Alter keine Veränderung.<br />
Das untersuchte Kollektiv ist sicherlich nicht repräsentativ für<br />
die Gesamtbevölkerung und vor allem von der Fallzahl her zu<br />
klein. Man kann aber wohl davon ausgehen, dass die Teilnehmer<br />
eines Gesundheitstages sich eher bewusst und damit<br />
gesund ernähren. Dies kann die recht wenigen niedrigen<br />
Werte für das Aktive B12 erklären. Allerdings waren 44 % der<br />
Homocysteinwerte im niedrigpathologischen Bereich. Hier<br />
wären die korrespondierenden Werte für die Folsäure von<br />
Interesse gewesen, die jedoch nicht gemessen worden sind.<br />
Der Einfluss von Folsäure auf den Homocysteinspiegel ist<br />
wesentlich stärker als der Einfluss des Vitamins B12.<br />
* Proben oberhalb der Standardkurve (> 128 pmoll) wurden nicht verdünnt<br />
gemessen. Sie wurden als =128 in die Auswertung aufgenommen.
38 Labor aktuell<br />
Lesezeichen<br />
Hinweise auf aktuelle medizinische Fachliteratur<br />
Medizinische Virologie. Grundlagen,<br />
Diagnostik, Prävention und Therapie<br />
viraler Erkrankungen. H. W. Doerr und<br />
W. H. Gerlich (Hrsg.). 2., komplett überarbeitete<br />
und erweiterte Auflage. Thieme<br />
Verlag, Stuttgart, New York 2009, 736<br />
Seiten, 293 Abbildungen, 115 Tabellen,<br />
Preis: 199,95 €, ISBN 978-3-13-113962-7<br />
Das vorliegende Buch gliedert sich in drei Abschnitte:<br />
Allgemeine Virologie, Klinische Virologie und Spezielle<br />
Virologie. In der Allgemeinen Virologie werden u. a. die<br />
zellulären Vorgänge bei Virusinfektionen, Grundprinzipien<br />
der Labordiagnostik sowie die derzeitig eingesetzten<br />
Impfstoffe besprochen. Die Klinische Virologie ist organspezifisch<br />
gegliedert. Beschrieben werden der klinische Verlauf<br />
der jeweiligen Virusinfektion sowie Differentialdiagnose und<br />
Therapiehinweise. Die knapp gefasste und übersichtliche<br />
Abhandlung ermöglicht eine schnelle Information. In dem<br />
Kapitel Spezielle Virologie werden die pathogenetisch<br />
wichtigsten Viren hinsichtlich ihrer Biologie, Diagnostik, Klinik<br />
und Prophylaxe besprochen. Das vierfarbige Layout des<br />
Buches unterstützt die Gliederung des Buches und erleichtert<br />
das „Einlesen“ in die Abbildungen. Die Beiträge<br />
sind sehr gut lesbar geschrieben. Die Herausgeber richten<br />
sich mit ihrer „Medizinischen Virologie“ an Ärzte, im medizinischen<br />
Bereich tätige Naturwissenschaftler und Studenten,<br />
für die das Buch auch uneingeschränkt zu empfehlen ist. Es<br />
sollte in jedem mikrobiologischen Labor verfügbar sein.<br />
Akutes Nierenversagen bei Intensivpatienten.<br />
A. Jörres (Hrsg.). Deutscher<br />
Ärzte-Verlag Köln 2010, 183 Seiten,<br />
19 Abbildungen, 24 Tabellen, Preis:<br />
49,95 €, ISBN 978-3-7691-0477-6<br />
Der Schwerpunkt dieses Buches ist die<br />
Therapie. Nur die beiden ersten Kapitel<br />
beinhalten Ausführungen zur Diagnostik.<br />
In knapper Form werden Epidemiologie,<br />
klinische Relevanz, Pathophysiologie und Differenzialdiagnose<br />
des akuten Nierenversagens bei Intensivpatienten<br />
besprochen. Im Therapieteil gibt es einige Kapitel zu Fragen<br />
der Antikoagulation, des Stoffwechsels und der Medikamentendosierung,<br />
die auch für das Labor informativ sind.<br />
Für Ärzte, die sich in diese Thematik einarbeiten möchten,<br />
kann man das Buch mit seiner Beschränkung auf das<br />
Wesentliche und wegen der übersichtlichen Stoffdarbietung<br />
empfehlen.<br />
Performance of the <strong>Abbott</strong> RealTime High-Risk HPV<br />
Test in women with abnormal cervical cytology<br />
smears. Cuzik J., Ambroisine L., Cadman L., Austin J.,<br />
Ho L., Terry G. et al. J. Med. Virol. 2010; 82: 1186–91<br />
Der HPV-DNA-Nachweis ist sensitiver, aber weniger spezifisch<br />
als die Zytologie zum Nachweis hochgradiger zervikaler<br />
Läsionen. In der vorliegenden Untersuchung werden acht<br />
andere HPV-DNA-Bestimmungsverfahren mit dem <strong>Abbott</strong><br />
RealTime High-Risk HPV-Test verglichen. Die Bestimmungen<br />
wurden bei 856 Patientinnen, die wegen eines abnormalen<br />
Zytologiebefundes zur Kolposkopie einbestellt worden<br />
waren, durchgeführt. Der <strong>Abbott</strong>-Test erfasst 14 Hochrisiko-<br />
Genotypen zusammen und HPV 16 und HPV 18 getrennt.<br />
Gold-Standard war das Ergebnis der Histopathologie.<br />
29,8 % der Patientinnen hatten eine histologisch bestätigte<br />
hochgradige Pathologie (CIN 3+, CIN 2+). Die Sensitivität<br />
des <strong>Abbott</strong>-Tests betrug bezogen auf die Proben von CIN3+<br />
98,9 % und die Spezifität 31 % und von CIN 2+ 97,7 %<br />
bzw. 35 %. Der Vergleich der Ergebnisse des <strong>Abbott</strong>-Tests<br />
für alle erfassten HPV-Hochrisikotypen mit den acht anderen<br />
Verfahren ergab folgendes Ergebnis: vier Korrelationskoeffizienten<br />
zwischen 0,61 und 0,78, für die vier restlichen Methoden<br />
zwischen 0,30 und 0,49. Bei Erfassung von Typ 16<br />
lagen sie bei drei von vier Vergleichsmethoden zwischen<br />
0,87 und 0,92 und von Typ 18 zwischen 0,80 und 0,91.<br />
Comparison of a novel multiple marker assay vs the<br />
Risk of Malignancy Index for the prediction of epithelial<br />
ovarian cancer in patients with a pelvic mass.<br />
Moore R. G., Jabre-Raughley M., Brown A. K., Robison<br />
K. M., Miller M. C., Allard W. J. et al. Am. J.<br />
Obstet. Gynecol. 2010; 203: 228.e1–6<br />
Bei einer durch Tastbefund im kleinen Becken und mittels<br />
bildgebenden Verfahrens nachgewiesener Gewebemasse ist<br />
eine wichtige Frage, ob es sich um einen benignen oder<br />
einen malignen Prozess handelt. In dieser Arbeit werden<br />
zwei Verfahren, die als Entscheidungshilfen zur Beantwortung<br />
dieser Frage dienen, miteinander hinsichtlich ihrer<br />
diagnostischen Wertigkeit verglichen. Es sind dies der Risk<br />
of Malignancy Index (RMI) und der neu eingeführte Risk of<br />
Ovarian Malignancy Algorithm (ROMA). Der RMI berechnet<br />
sich aus Ultraschallbefunden, der Konzentration von CA125<br />
und dem Menopausen-Status. Der ROMA berechnet sich<br />
aus den Konzentrationen von CA125, von HE4 und dem<br />
Status der Menopause. HE4 ist ein vom HE4-Gen, das<br />
verstärkt im Ovarialkarzinom exprimiert ist, kodiertes Protein.<br />
Die HE-Bestimmung hat den Vorteil, dass sie weniger als die<br />
CA125-Bestimmung falsch erhöhte Werte bei benignen<br />
Prozessen ergibt. Dies erhöht die diagnostische Spezifität<br />
der Kombination von CA125 und HE4. Bei 457 Frauen,<br />
davon 123 mit Ovarialkarzinom, 22 mit einem Tumor<br />
niedriger Malignität und 312 mit benignem Tumor, wurden<br />
RMI und ROMA bestimmt. Bei einer vorgegebenen Spezifität<br />
von 75 % und Einbezug aller Daten der Ovarialkarzinome<br />
Stadium I–IV betrug die Sensitivität des ROMA 94,3 % und<br />
die des RMI 84,6 %. Bei Berechnung der Sensitivitäten für<br />
die Tumorstadien getrennt ergaben sich für ROMA und RMI<br />
folgende Werte: Stadium I/II: 85,3 %/64,7 % und Stadium III/<br />
IV 98,8 %/93,0 %. Nach diesen Ergebnissen hat der ROMA<br />
generell eine höhere Sensitivität als der RMI.<br />
n
Labor aktuell<br />
13. Weltkongress „Controversies in<br />
Obstetrics, Gynecology and Infertility“<br />
39<br />
Auf diesem international ausgerichteten Kongress, der<br />
vom 4. bis zum 7. November in Berlin stattfand, wurden<br />
verschiedene Themen zur Diskussion gestellt, zu denen es<br />
unter Medizinern und Wissenschaftlern keine einheitliche<br />
Meinung gibt.<br />
Einen recht breiten Raum nahmen die Tumormarker ein,<br />
deren klinische Relevanz sehr unterschiedlich beurteilt<br />
wird. Insbesondere der recht neue Tumormarker HE4<br />
(Human Epididymis Protein 4) für das Ovarialkarzinom<br />
stand dabei im Mittelpunkt und wurde in zwei Vortragsreihen<br />
besprochen*. Dass eine verbesserte Früherkennung<br />
notwendig ist, war allgemeiner Konsens. Etwa 70 % der<br />
Ovarialkarzinome werden erst in den Stadien III und IV<br />
entdeckt und ergeben dann eine eingeschränkte Überlebensrate<br />
von etwa 20 %, während im Stadium I entdeckte<br />
Ovarialkarzinome eine Überlebensrate von fast 90 %<br />
bedeuten. Aber nur etwa 25 % aller Ovarialkarzinome<br />
werden in diesem frühen Stadium entdeckt.<br />
Zu CA 125 wurden in den Vorträgen diese Fakten<br />
präsentiert:<br />
n CA 125 korreliert mit der Tumorlast bei Patienten in der<br />
Verlaufskontrolle mit ca. 90 % Richtigkeit.<br />
n Persistierend hohe CA-125-Werte nach Therapie zeigen<br />
in mehr als 90 % der Fälle die persistierende Erkrankung<br />
richtig an.<br />
n Ansteigende CA-125-Werte innerhalb des Normalbereichs<br />
haben eine Spezifität von 94 % für die Diagnose<br />
eines Rezidivs mit einer mittleren Leadtime von sechs<br />
Monaten.<br />
Neben dem viel eingesetzten Tumormarker CA 125 wurde<br />
auch ein recht neuer Tumormarker diskutiert, nämlich HE4<br />
(Human Epididymis Protein 4). HE4 ist ein sekretorisches<br />
Protein, das beim Ovarialkarzinom überexprimiert, mit nur<br />
minimaler Freisetzung durch das normale<br />
Ovarialgewebe. HE4 ist in allen Stadien des epithelialen<br />
Ovarialkarzinoms stark erhöht. Dies lässt darauf schließen,<br />
dass HE4 ein nützlicher Tumormarker zur frühen Erkennung<br />
eines Ovarialkarzinoms ist.<br />
Die neuesten Daten zu HE4 führten zu diesen<br />
Aussagen:<br />
n HE4 ist weniger sensitiv als CA 125 für die Erkennung<br />
eines Ovarialkarzinoms im Frühstadium.<br />
n HE4 hat eine höhere Spezifität als CA 125 in der<br />
Unterscheidung zwischen malignen und benignen<br />
unklaren Raumforderungen im Unterbauch.<br />
n Die Kombination HE4 mit CA 125 hat eine höhere<br />
Sensitivität als HE4 oder CA 125 für sich alleine.<br />
Zur besseren Risikoabschätzung wurde ein Algorithmus<br />
vorgestellt, welcher neben den Werten für CA 125 und<br />
HE4 auch den Menopausenstatus berücksichtigt.<br />
Es wurde auch hervorgehoben, dass bei der Planung von<br />
Studien und der Interpretation von Studiendaten die Wahl<br />
des Grenzwertes von Bedeutung ist. Feste Grenzwerte<br />
sind insofern problematisch, als Anstiege während einer<br />
Verlaufskontrolle unterhalb des Grenzwertes als „negativ“<br />
beurteilt werden, eine Progression somit übersehen<br />
werden kann. Die Kinetik des Tumormarkers ist in der<br />
Verlaufskontrolle von viel größerer Bedeutung als ein wie<br />
immer auch definierter Grenzwert. Die Werteveränderung –<br />
also die Kinetik – eines Tumormarkers zeigt den Verlauf der<br />
Krankheit besser an.<br />
* Symposium „Epithelial Ovarian Cancer 1: Can Survival<br />
be improved through Early Detection and Triage?“<br />
* Symposium „Epithelial Ovarian Cancer 2: The Place<br />
of Biomarkers and Imaging in the Management of Ovarian<br />
Cancer“ <br />
n<br />
Hämatologie und Onkologie auf großer<br />
Fahrt<br />
25.–27. März 2011, Universität Hamburg<br />
Informationen zum Symposium finden Sie auf der Homepage<br />
des IGLD e.V. unter: www.igld.de.<br />
Das Anmeldeformular für das Symposium und die Workshops<br />
ist auf den Webseiten hinterlegt.<br />
Das Symposium legt am 25. März den Schwerpunkt auf die<br />
Onkologie, am 26. März auf die Hämatologie. In einem<br />
umfassenden Rahmen soll die Trias Klinik, Diagnostik und<br />
aktuelle Therapie dargestellt werden.<br />
Die Teilnahme am Symposium und dem Get-Together am<br />
25.03. sind kostenfrei.<br />
Parallel zur Tagung der IGLD findet die Jahrestagung des<br />
GFID e.V. statt. Die Teilnahme an diesem Symposium ist<br />
ebenfalls kostenfrei.<br />
IMPRESSUM:<br />
HERAUSGEBER: <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG, D-65205 Wiesbaden, Postfach 1303,<br />
Max-Planck-Ring 2, Tel.: 0 61 22/58-0<br />
VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT, CHEFREDAKTEUR: Dr. Karl-Heinz Pick<br />
WISSENSCHAFTLICHER SCHRIFTLEITER: Prof. Dr. Dr. Hermann Wisser<br />
TEXTE UND GRAFIK: <strong>Abbott</strong>-Mitarbeiter, Gabriele Gfrerer<br />
Wissenschaftliche Verlagsabteilung<br />
<strong>Abbott</strong> GmbH, Wiesbaden<br />
ISNN: 0948-0013<br />
BEZUGSPREIS: 18 Euro pro Jahr<br />
PRODUKTION: PG – The Corporate Publishing Group GmbH,<br />
A-1060 Wien, Otto-Bauer-Gasse 6, Tel.: +43/1/405 46 40-763,<br />
Fax: +43/1/405 46 40-777, E-Mail: g.weitzenboeck@cpg.at<br />
FOTOS/GRAFIKEN: Alle Bilder und Grafiken stammen, wenn nicht anders angegeben,<br />
von den Autoren bzw. von <strong>Abbott</strong>, SXC etc.<br />
REDAKTIONSMANAGEMENT: Sabine Befard<br />
ART-DIRECTION & GRAFIK: Gabriele Gfrerer/PG – The Corporate Publishing Group<br />
Korrektur: Mag. Paul Zöchbauer<br />
DRUCK: Caruna, Kleinheubach<br />
<strong>Abbott</strong> GmbH Wiesbaden haftet nicht für unverlangt eingehende Manuskripte und<br />
Fotos. Nachrichten werden nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr veröffentlicht.<br />
Copyright aller Beiträge bei <strong>Abbott</strong> GmbH. Namentlich gezeichnete Beiträge müssen<br />
sich nicht mit der Meinung der Redaktion decken.<br />
Für eingesandte Manuskripte und Bilder kann keine Haftung übernommen werden<br />
bzw. entfallen sämtliche Honoraransprüche.<br />
Die Redaktion behält sich vor, einlangende Leserbriefe bzw. Beiträge redaktionell zu<br />
bearbeiten bzw. zu kürzen. Rücksendungen nur gegen beiliegendes Rückporto.
Auf Wachstum ausgerichtet:<br />
Die mSystem-Familie<br />
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• Das Plus: Automatisierte Abarbeitung auch laboreigener Testverfahren<br />
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<strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG<br />
Diagnostika<br />
Max-Planck-Ring 2<br />
65205 Wiesbaden-Delkenheim<br />
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