01_titel_tim_bendzko:Layout 1 - Musiker Online
01_titel_tim_bendzko:Layout 1 - Musiker Online
01_titel_tim_bendzko:Layout 1 - Musiker Online
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MUSIKBUSINESS 47<br />
Allerdings liegt der konkrete Erlös pro verkaufter<br />
Einheit über einen Euro niedriger. Außerdem können<br />
Alben-Downloads immer noch nicht mit den<br />
Ver käufen von physischen Tonträgern mithalten.<br />
Im März, dem Veröffentlichungsmonat, haben<br />
Bodi Bill 1397 CDs verkauft – mehr als doppelt so<br />
viel wie Albendownloads über iTunes und Amazon<br />
zusammen (554 Stück).<br />
iTunes verlangt einen Standardbetrag von 99<br />
Cent pro Einzeldownload. Bei Amazon ist der<br />
Preis etwas niedriger: 77 Cent für einen Track.<br />
Davon erhalten Bodi Bill rund 20 Prozent.<br />
STREAMS: DAS HARTZ IV UNTER<br />
DEN VERGÜTUNGSMODELLEN<br />
Streaming ist angeblich die Zukunft der Musiknutzung.<br />
Nur bleibt in dieser Zukunft kaum etwas<br />
für den <strong>Musiker</strong> selbst übrig. Zwar wirbt Simfy auf<br />
seiner Seite mit dem Spruch: „Und alle profitieren“<br />
und schmückt sich mit den Logos der großen<br />
Musik-Labels. Aber in der Realität kommen im Fall<br />
von Bodi Bill pro gestreamten Song nur 0,0<strong>01</strong>248<br />
Euro beim Künstler an.<br />
Von solchen Mikrobeträgen können <strong>Musiker</strong><br />
nicht überleben. Im No vem ber 2<strong>01</strong>1 haben Bodi<br />
Bill für 5 300 Streams bei Simfy gerade einmal<br />
6,20 Euro verdient. Klingt wenig, ist es auch. Mit<br />
zwei ver kauften CDs verdient die Band fast genauso<br />
viel.<br />
WIE VIEL HABEN BODI BILL<br />
INSGESAMT VERDIENT?<br />
Insgesamt haben Bodi Bill 2<strong>01</strong>1 knapp 3 700<br />
CDs von ihrem aktuellen Album verkauft. Dazu<br />
kommen 1 100 Vinyl-Platten. Abzüglich der<br />
Mehr wertsteuer und 60 Prozent Labelanteil<br />
macht das rund 15 000 Euro. Grafik zeigt: Drei<br />
Vier tel ihrer Einnahmen aus Musikverkäufen<br />
stammen noch von klassischen<br />
Ton trä gern. Über Down -<br />
load-Shops wie iTunes oder<br />
Amazon hat die Band gerade<br />
einmal 4 300 Euro verdient.<br />
Der Strea ming-Anteil ist ei -<br />
gent lich vernachlässigbar.<br />
Tatsächlich verdienen Bodi<br />
Bill aber sogar noch weniger.<br />
Denn in dieser Grafik fehlt<br />
noch ein wichtiger Posten –<br />
die Produktionskosten des<br />
Labels. Bodi Bills Label<br />
Sinnbus hat in das Album<br />
noch vor der Veröffentlichung<br />
rund 30 000 Euro investiert –<br />
dazu zählen Ausgaben wie<br />
Marketing und Promotion,<br />
Zahlungen an die GEMA,<br />
Pressen der CDs und Mas -<br />
tering. Die 30 000 Euro zieht<br />
das Label von seinen Ein nah men ab und erst<br />
wenn die Produktionskosten wieder her eingeholt<br />
sind, der sogenannte „Break Even“ geschafft<br />
ist, werden der Band ihre 40 Prozent vom Gewinn<br />
ausgeschüttet. Nach Break bleiben bei Bodi tatsächlich<br />
nicht 19 400, sondern nur 7 400 Euro.<br />
Was die Grafik ebenfalls nicht verrät: Die Band<br />
hat drei Jahre lang an dem Album gearbeitet,<br />
Songs geschrieben, Ideen entwickelt. Bei den<br />
eigentlichen Studio-Auf nah -<br />
men hat sie das Glück, dass<br />
Bandmitglied Anton Feist<br />
über ein eigenes Ton studio<br />
verfügt. Sonst lägen die<br />
Kosten für die Albumproduktion<br />
noch viel höher – sie hätten<br />
den „Break Even“ nie ge -<br />
schafft.<br />
BAND AN DER<br />
ARMUTSGRENZE<br />
Zum Schluss ein kleines Gedankenexpe riment:<br />
An ge nommen, eine Band müsste nur vom<br />
Verkauf ihrer Musik leben und würde nichts mit<br />
Kon zerten oder Merchandise verdienen, könnte<br />
sie davon leben? Oder würde sie unterhalb der<br />
Armutsgrenze landen? Das Statistische Bundes -<br />
amt bezeichnet jeden als arm, der weniger als<br />
940 Euro im Monat zum Leben hat. Bei einer<br />
dreiköpfigen Band macht das 33 840 Euro im<br />
Jahr. Wir haben hier mal dargestellt, wie viele<br />
Platten (gerechnet mit dem Durchschnittswert<br />
pro verkaufter Platte), Downloads oder Streams<br />
Bodi Bill theoretisch hätten verkaufen müssen,<br />
um die Armutsgrenze zu überschreiten.<br />
Hier zeigt sich wieder, dass es Künstler un gleich<br />
viel schwerer haben, mit digitalen Musik formaten<br />
Geld zu verdienen als mit klassischen Tonträgern:<br />
Bodi Bill bräuchten das 400-Fache an Streams, als<br />
sie bislang vorweisen können, um allein damit ihr<br />
Einkommen als <strong>Musiker</strong> zu bestreiten. Bei CDs<br />
und Vinyl sind sie diesem Ziel viel näher.<br />
MUSIKVERKÄUFE REICHEN NICHT<br />
ZUM ÜBERLEBEN<br />
Allerdings ist das natürlich nur ein Gedan ken -<br />
experiment. Zum Glück – wie man sagen muss –<br />
verfügt die Band noch über andere Einkom mens -<br />
quellen: Geld kommt über Konzerttickets, Mer -<br />
chandising oder die GEMA herein. Würden Bodi<br />
Bill allerdings nur Musik auf Tonträgern und digitalem<br />
Weg verkaufen – sie könnten davon allein<br />
nicht leben.<br />
TEXT: MICHAEL BARTLEWSKI | QUELLE: ON3<br />
3/2<strong>01</strong>2 musiker MAGAZIN