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50 MUSIK & RECHT<br />
STEHT DIE GEMEINSAME WAHRNEHMUNG<br />
VON RECHTEN UND ANSPRÜCHEN<br />
VON AUTOREN UND VERLAGEN DURCH<br />
DIE GEMA INFRAGE?<br />
Anlass zu dieser Befürchtung gibt das Urteil des Landgerichts<br />
München I vom 24.05.2<strong>01</strong>2<br />
zum Az. 7 O 28640/11 gegen die VG-Wort.<br />
Obwohl die VG-Wort in ihrer Stellungnahme<br />
vom 29.05.2<strong>01</strong>2 versucht abzuwiegeln, teilt<br />
sie mit, dass sie mögliche Auswirkungen im Ver -<br />
wal tungsrat und in der Mitgliederversammlung beraten<br />
werde und dass sie das Deutsche Patentund<br />
Markenamt als Aufsichtsbehörde über das<br />
Urteil informiert und um aufsichtsrechtliche Prü -<br />
fung gebeten hat.<br />
Auch die GEMA nimmt auf ihrer Website zu<br />
diesem Urteil Stellung und befürchtet, dass es sich<br />
auf den Verteilungsplan der GEMA übertragen<br />
lasse, soweit es die anteilige Beteiligung von<br />
Ur hebern und Verlagen vorsieht. Dies hätte weitreichende<br />
im Einzelnen noch nicht absehbare<br />
Folgen. Aus diesem Grund hat die GEMA das<br />
Deutsche Patent- und Markenamt als Aufsichts -<br />
be hörde um eine Stellungnahme gebeten.<br />
Soweit ersichtlich, haben sich der Deutsche<br />
Musikverlegerverband und der Deutsche Kom ponistenverband<br />
als Interessenvertreter der direkt<br />
Betroffenen zum Urteil des Landgerichts München<br />
noch nicht geäußert.<br />
Gegenstand des Problems sind die unverzichtbaren<br />
gesetzlichen Vergütungsansprüche der<br />
Urheber für erlaubnisfreie, aber vergütungspflichtige<br />
Werknutzungen und das Verständnis des §<br />
63 a UrhRG in seiner aktuellen Fassung. Dort<br />
heißt es, dass Urheber auf gesetzliche Vergü -<br />
tungs ansprüche im Voraus nicht verzichten können.<br />
Im Voraus können die gesetzlichen Vergü -<br />
tungs ansprüche nur an Verwertungsgesell schaf ten<br />
abgetreten werden oder zusammen mit der Ein -<br />
räumung von Verlagsrechten an Verleger, wenn<br />
diese sie von Wahrnehmungsgesellschaften wahrnehmen<br />
lassen, die Rechte von Verlegern und<br />
Urhebern gemeinsam wahrnehmen. Dies entspricht<br />
bisher durchgängiger Praxis, mit der Folge,<br />
dass Verleger über die Verteilungspläne der Wahrneh<br />
mungsgesellschaften an den Vergütungsan -<br />
sprüchen der Urheber für erlaubnisfreie Werk nut -<br />
z ungen beteiligt werden.<br />
Da Verleger im Gegensatz zu Urhebern an den<br />
Werken keine eigenen Rechte haben, die zur ge -<br />
meinsamen Wahrnehmung in eine Verwer tungs -<br />
gesellschaft eingebracht werden könnten, wie es<br />
z. B. bei Tonträgerherstellern und ausübenden<br />
Künstlern der Fall ist, stellt das Landgericht fest,<br />
dass Verlage allenfalls vom Urheber abgeleitete<br />
Rechte in eine Wahrnehmungsgesellschaft einbringen<br />
könnten. Durch die Berechtigungs ver -<br />
träge, die die Wahrnehmungsgesellschaften üblicherweise<br />
mit den Autoren abschließen, lassen sie<br />
sich alle bestehenden und zukünftigen Rechte und<br />
Ansprüche an den Werken abtreten. In Fällen, in<br />
denen Urheber mit Wahrnehmungsgesell schaften<br />
vor Abschluss von Verlagsverträgen einen Wahr -<br />
nehmungsvertrag abgeschlossen haben, gehe<br />
eine Abtretung von Rechten und Ansprüchen an<br />
den Verlag bei Abschluss von Verlagsverträgen ins<br />
Leere, weil die Rechte und Ansprüche nicht zweimal<br />
abgetreten werden können. Wenn gleichwohl<br />
aufgrund des Vertei lungs plans der Verwer tungs -<br />
gesellschaften Anteile der auf das Werk entfallenden<br />
Vergütung an nicht berechtigte Verleger<br />
ausgeschüttet werden, widerspreche dies dem<br />
Will kürverbot des § 7 UrhWG. Die Praxis der Ver -<br />
wer tungsgesell schaf ten wird nach den Ausfüh run -<br />
gen des Land gerichts München nicht dadurch<br />
ge rechtfertigt, dass die Verteilungspläne i. d. R.<br />
bereits seit Beitritt des Urhebers Ausschüttungen<br />
an Verlage vorsehen und die jeweils gültigen Ver -<br />
teilungspläne durch Mehrheitsbeschluss der Mit -<br />
glieder zustande kommen. Der einzelne Urheber<br />
als Mitglied einer Verwertungsgesellschaft habe<br />
nämlich keine andere Möglichkeit, als die Ver tei -<br />
lungspläne der Verwertungsgesellschaft zu ak zep -<br />
tieren, wenn er Anteil an den gesetzlichen Vergü -<br />
tun gen für erlaubnisfreie Nutzungen seiner Werke<br />
haben will. Das Argument, die Beteiligung der<br />
Verleger sei aus historischen Gründen ge recht -<br />
fertigt, weil die Verwertung der Werke nur sinnvoll<br />
möglich sei, wenn Urheber und Verleger zusammenarbeiten,<br />
hat das Landgericht nicht gelten lassen.<br />
Der Gesetzgeber habe den Verlegern kein<br />
eigenes Recht eingeräumt und es sei nicht Auf -<br />
gabe einer Verwertungsgesellschaft, eine Billig -<br />
keits gesichtspunkten entsprechende Um ver tei -<br />
lung an nicht Berechtigte vorzunehmen.<br />
Wegen der durch das Urteil des Landgerichts<br />
München entstandenen rechtlichen Unsicherheit<br />
wird es bis zur endgültigen rechtskräftigen Ent -<br />
scheidung bei zukünftigen Ausschüttungen entweder<br />
Einbehalte oder Auszahlungen unter Vor -<br />
be halt der Rückforderung geben.<br />
TEXT: RA WOLFGANG KRÜGER<br />
FOTO: © COMUGNERO SILVANA/<br />
FOTOLIA.COM<br />
musiker MAGAZIN 3/2<strong>01</strong>2