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Das Grundeinkommen - Werner Friedl

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ausgefüllten Felder. „Warum hast du alle acht ausgefüllt? Wenn dir deine Freunde wirklich helfen, dann<br />

hätte doch die Mindestanzahl auch genügt, zwei, das wäre billiger gewesen.“<br />

„Ja, aber ich hätte dabei kein gutes Gefühl gehabt, ich wäre mir irgendwie knauserig vorgekommen. Und<br />

vielleicht hätte ich sogar noch irgendwo ein Problem verursacht.“<br />

„Was für ein Problem?“<br />

„Schau her: wenn die mir jetzt also einen Gewinn schenken wollen,“ – er hatte meine saloppe Redeweise<br />

übernommen, und sprach jetzt auch von ‚ihnen’, nachdem er sich bisher nicht auf eine Präzisierung<br />

eingelassen hatte, mit was oder wem er eigentlich Kontakt aufgenommen hatte – „dann ist es doch besser,<br />

ich lasse ihnen etwas Auswahl mit den Zahlen. Es spielen ja noch Millionen andere an diesem<br />

Wochenende Lotto, und vielleicht haben ja andere dieselben Zahlen wie ich getippt.“<br />

„Na und, dann gewinnt eben noch jemand außer dir. Was spielt das für eine Rolle?“<br />

„Aber ein großer Lottogewinn ist doch auf jeden Fall ein Eingriff in das Schicksal. Egal, ob derjenige wie<br />

ich persönlich darum gebeten hat oder nicht. <strong>Das</strong> muss doch irgendwie in die individuelle Biographie<br />

passen.“<br />

So hatte ich mir das noch nicht überlegt. Ich war immer einfach von einem Zufall ausgegangen, und wen<br />

ein Lottogewinn traf, der hatte eben Glück gehabt, und alle anderen Pech. Aber ich verstand, was Arne<br />

meinte. Wenn es wirklich möglich war, mit Kräften in Verbindung zu treten, die in der Lage waren, diesen<br />

– dann nur noch so genannten – Zufall zu steuern, dann lag es nahe, in sämtlichen Lottogewinnen, jeden<br />

Samstag und jeden Mittwoch, das Walten eines übergeordneten Geschickes zu sehen. Und damit musste<br />

natürlich sorgfältig umgegangen werden.<br />

Inzwischen hatte die Lottomusik eingesetzt, die Ansagerin begrüßte die Zuschauer, und die gläserne<br />

Trommel mit den neunundvierzig kleinen weißen Bällen fing an, sich zu drehen. Ich spürte, wie ich<br />

feuchte Hände bekam und blickte Arne von der Seite an. Er hatte sich wieder zurückgelehnt, saß<br />

unbeweglich neben mir auf dem Sofa und schaute mit halb geschlossenen Lidern auf den Bildschirm. Fast<br />

kam er mir teilnahmslos vor. Oder versuchte Arne jetzt noch meditativ Einfluss auf den Ablauf der<br />

Ziehung zu nehmen?<br />

Die Trommel hielt an, kehrte ihre Drehrichtung um, einige der Kugeln wurde von der langen gabelartigen<br />

Auffangvorrichtung erfasst, die sie der Öffnung zuführte, dann fiel die erste Kugel in das röhrenförmige<br />

Auffanggefäß. Es war die Neun.<br />

„Hast du die Neun irgendwo?“ Ich überflog den Schein hastig und suchte nach der Neun auf den<br />

Zahlenfeldern.<br />

„Natürlich hab ich die Neun. Mehrmals.“<br />

Tatsächlich, die Neun war viermal auf dem Schein angekreuzt. Ich griff zu dem Stift, den ich mir<br />

zurechtgelegt hatte, und machte um jede der Neunen einen Kringel.<br />

Die Trommel drehte sich inzwischen wieder, blieb stehen, kehrte wieder um und entließ ein zweites Mal<br />

einen der kleinen weißen Bälle. Die Zehn.<br />

Auf zwei der acht Felder war die Zehn angekreuzt. Ich umringelte sie. Auf beiden Feldern war auch die<br />

Neun angekreuzt. Bleib ruhig, sagte ich mir, zwei oder drei Richtige, das ist nichts Besonderes.<br />

„Fängt gut an“, sagte ich. Arne bewegte sich nicht.<br />

Die Trommel setzte sich zum dritten Mal in Bewegung. Die Sechsundvierzig fiel in die kleine Röhre. Mein<br />

Blick flog über den Schein. Zweimal sechsundvierzig, davon einmal in einem der Felder, in denen auch die<br />

Neun und die Zehn angekreuzt waren. „Drei Richtige. Deinen Einsatz hast du wenigstens wieder.“ Arne<br />

sah mich kurz mit hochgezogenen Augenbrauen an, sein Blick schien mir etwas spöttisch.<br />

Vierte Runde. Als die Kugeln bei der Rückwärtsdrehung von der Gabelbahn aufgenommen wurde,<br />

versuchte ich die Zahlen auf der vordersten Kugel, welche in den Glaszylinder fallen würde, zu erkennen,<br />

aber es gelang mir nicht. Gebannt verfolgte ich, wie sie sich drehte. Dann öffnete sich die Klappe, und die<br />

Kugel fiel. Es war die Achtzehn. Ich wusste, dass die Achtzehn in dem Feld angekreuzt war, in dem sich<br />

schon drei meiner Kringel befanden, ich hatte mir die restlichen drei Zahlen in diesem Feld gemerkt, da es<br />

jetzt als einziges für einen Gewinn in Frage kam.<br />

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