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Das Grundeinkommen - Werner Friedl

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Projekte, deine ganze literarische Arbeit, das ist doch alles höchst ehrenwert, sozial und künstlerisch<br />

überaus wertvoll und so. Wenn einer Unterstützung verdient, dann bist du das. Wenn du von heute auf<br />

morgen viel Geld hättest, würdest du es doch nicht verprassen oder verschwenden, du würdest doch<br />

etwas Vernünftiges damit anfangen, oder? Etwas, wo auch andere was davon hätten.“<br />

„Hm“, brummte er wieder und verstummte erneut. Nach einer Weile sagte er: „Ich muss darüber<br />

nachdenken.“<br />

Als wir uns das nächste Mal trafen, meinte Arne, diese Idee sei schon etwas, was sich weiter zu verfolgen<br />

lohne, aber er müsse sehr behutsam damit umgehen, es sei ein außerordentlich sensibles Thema. „Es ist<br />

nicht so einfach, wie du dir das vielleicht vorstellst. Es gibt da keine Adresse oder irgendein konkretes<br />

Gegenüber, an das ich mich wenden könnte und sagen: bitte gib mir Geld. Wir machen alle unser<br />

Schicksal selber, unser Lebenslauf wird nicht von unberechenbaren übergeordneten Mächten gestrickt,<br />

sondern wir selber sind die Verantwortlichen dafür. Auch wenn uns das meistens nicht bewusst ist. <strong>Das</strong><br />

heißt in letzter Konsequenz, ich müsste mich an eine Instanz in mir selber wenden, um meine Probleme<br />

zu lösen.“<br />

Ich hatte befürchtet, dass er etwas in der Richtung äußern würde. Also war das Ganze eine bloße<br />

Schnapsidee von mir gewesen?<br />

„Nein, das nicht, aber ich sehe noch keinen Einstieg in das Vorhaben. ‚Da drüben’ – was eigentlich nichts<br />

anderes bedeutet als ‚da drinnen’ – ist alles viel formbarer, weniger eindeutig, nichts ist endgültig definiert,<br />

verstehst du? Ich suche noch nach dem Hebel, mit dem ich die Sache in Bewegung setzen kann.“<br />

So kam es also, dass sich Arne auf ganz neue Art und Weise mit seiner eigenen Biographie zu befassen<br />

begann. Er versuchte zu verstehen, worin die Gründe lagen, dass es ihm bisher nie recht gelungen war,<br />

ausreichende wirtschaftliche Grundlagen für sein Leben zu schaffen. Mit der ihm eigenen Gründlichkeit<br />

durchforstete er seinen bisherigen Lebenslauf und suchte ihn nach Anhaltspunkten ab, ob er vielleicht<br />

dann und wann entscheidende Hinweise übersehen haben könnte, wie er in seine unkomfortable<br />

finanzielle Lage geraten war. Denn dass es sich dabei um etwas Grundsätzliches in seinem Leben handeln<br />

musste, dessen wurde er sich rasch bewusst, erkannte er doch, wenn er sich an die wichtigsten Stationen<br />

seines Lebenswegs zurückversetzte, dass er kaum je eine andere Situation als seine gegenwärtige<br />

kennengelernt hatte: immer viel zu wenig Geld, hinten und vorne.<br />

Ein paar Wochen nach diesem Gespräch kam Arne wieder auf das Thema zurück. Er war in seiner<br />

Haltung eher schwankend. „Diese Geldmisere scheint zu mir zu gehören, sie ist ein Teil meines Lebens.<br />

Ich sollte das vielleicht akzeptieren.“ Ich war etwas verwundert, diese fatalistische Haltung passte nicht zu<br />

Arne, wie ich fand. „Was willst du?“ sagte er, „das fehlende Geld hat mich doch bisher nie davon<br />

abgehalten, die Dinge zu tun, die ich für richtig halte.“<br />

„Schon, aber die Idee mit dem <strong>Grundeinkommen</strong> zum Beispiel, über das wir so viel gesprochen haben, ist<br />

deiner Ansicht nach doch grundsätzlich richtig“, sagte ich. „Dann steht dir so ein Geld also auch zu, so<br />

wie es allen anderen zusteht, nicht wahr.“ Ich dachte daran, wie gut auch mir so ein fixer Betrag jeden<br />

Monat tun würde. „Ich meine, von einem moralischen Standpunkt her betrachtet, ist das kein Almosen<br />

oder ein Geschenk, für das man irgendwem dankbar sein müsste. Und es ist doch logisch, dass, wenn wir<br />

in Zukunft unser Einkommen nicht mehr aus der Arbeit beziehen können, es von woanders herkommen<br />

muss. Deine Worte.“<br />

„<strong>Das</strong> ist alles richtig“, gab Arne zurück. „Aber ich kann nicht dem Ablauf der Geschichte vorgreifen. So<br />

eine Sache muss in der Gesellschaft reifen, sie muss ihren richtigen Zeitpunkt finden, muss auch von<br />

vielen Menschen als richtig erkannt und dann initiiert werden. Wenn ich als Einzelner mich da einmische,<br />

hat das überhaupt keinen Wert. Ich kann das hundertmal richtig finden, davon kommt dieses Geld noch<br />

lange nicht in die Welt.“<br />

„Es soll ja zunächst auch nur zu dir kommen.“ Ich ließ nicht locker. „Du bist in so vielen Dingen ein<br />

Pionier, da solltest du auch im Umgang mit Geld vorangehen. Wenn du deine monatliche Summe erst mal<br />

hast, dann liegt es doch an dir, daraus ein Beispiel für andere zu machen. Also vorzuleben, was man als<br />

geistig aktiver und sozial engagierter Mensch alles machen könnte, wenn man finanziell abgesichert ist.<br />

Verstehst du, was ich meine? Du könntest haufenweise Projekte unterstützen, deine Kindergartensache<br />

zum Beispiel weiter vorantreiben, du könntest dich viel entspannter deinem Schreiben widmen, hättest<br />

mehr Zeit für alles, was dir wichtig ist. Also ich an deiner Stelle würde diese Sache schon weiter verfolgen.<br />

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