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Das Grundeinkommen - Werner Friedl

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oder auch mal zusammen ein Fußballspiel anschauen. Manche Menschen können ja sehr unangenehm<br />

werden, wenn sie glauben, in ihrem Leben bestimmten Regeln folgen zu müssen und dabei Rituale<br />

entwickeln, die sie womöglich noch fortwährend zur Schau stellen, um anderen zu zeigen, dass sie die<br />

besseren Menschen sind. Und dabei immer genau wissen, was für die anderen richtig ist. In diese<br />

Kategorie gehörte Arne nun überhaupt nicht. <strong>Das</strong> Meditieren und die geistige Forschung waren dezente<br />

Selbstverständlichkeiten in seinem Alltag, der sich ansonsten wenig von dem anderer geistig arbeitender<br />

Zeitgenossen unterschied.<br />

Die Erkenntnisse und Einsichten, die ihm durch seine kontemplative Tätigkeit geschenkt worden waren,<br />

hielt Arne meist sehr ausführlich in schriftlicher und oft auch bildnerischer Form fest, indem er<br />

Zeichnungen oder gelegentlich auch kleine Plastiken anfertigte, mit denen er seine geistigen Erfahrungen<br />

anschaulich wiederzugeben versuchte. Gerne erzählte er mir von seinen Ausflügen und dann und wann<br />

beneidete ich ihn um seine Erlebnisse. „Kannst du dir vorstellen, dass es sich radikal anders anfühlt, unter<br />

einer Eiche zu stehen als unter einer Kastanie oder einer Buche?“ fragte er mich eines Abends, nachdem<br />

er den halben Tag im Park zugebracht hatte. „Kastanien haben etwas so viel Menschenfreundlicheres, sie<br />

wollen für dich da sein, wollen dir etwas schenken. Eichen sind dagegen viel souveräner, stehen über den<br />

menschlichen Dingen. Da gibt es viel mehr Abstand zwischen ihnen und uns.“ Ich weiß nicht, ob er sich<br />

etwas dabei gedacht hatte, einfach so unter den Bäumen herumzustehen, in seine Betrachtungen<br />

versunken, während durch den Park doch ständig Leute gingen, Kinder um ihn herum spielten, Hunde ihr<br />

Geschäft verrichteten und so weiter. Aber das schien ihn nicht weiter zu stören. Arne war keiner, der sich<br />

vor der Welt versteckte.<br />

Regelmäßig berichtete er mir von Entdeckungen auf neuen Forschungsfeldern, die er von Zeit zu Zeit<br />

beschritt. So beschrieb er mir zum Beispiel eines Tages die Formen und Farben meiner Aura, oder wies<br />

mich auf das emsige Leben und Treiben elementarer Wesen in einer sonnigen Steinmauer hin, an der wir<br />

bei einem Spaziergang entlanggingen. Lebewesen, die sich dort angesiedelt hatten und diesen scheinbar<br />

still in der Nachmittagssonne ruhenden Ort unsicht- und unhörbar bevölkerten. Es wurde zu einer von<br />

Arnes köstlichsten Leidenschaften, Wesenheiten aufzuspüren, die unseren Augen und Ohren<br />

üblicherweise nicht zugänglich sind. Er scheute sich auch nicht, sie mit den Namen traditioneller Esoterik<br />

zu belegen: Kobolde, Trolle, Feen, Nixen, Elfen – Wesen aller Art stöberte er auf Schritt und Tritt um<br />

sich herum auf. Manchmal, wenn ich einen guten Tag hatte, konnte ich ihm bei seinen Beobachtungen ein<br />

Stück weit folgen und eines oder mehrere dieser verborgenen Geschöpfe ebenso wie er wahrnehmen.<br />

Dann freute sich Arne mit mir. Meistens aber begnügte ich mich damit, ihn bei seinen Begegnungen zu<br />

begleiten und zu beobachten und hatte meinerseits Freude an seinen immer weiter fortschreitenden<br />

Erkenntnissen.<br />

Ich fand, dass Arne sich mit der Zeit veränderte. Nicht, dass er auf irgendeine Weise seltsam wurde, wie<br />

man vielleicht vermuten könnte. Er wurde ruhiger und selbstsicherer. Er schien mir den Eindruck eines<br />

Menschen zu machen, der mehr und mehr von den Dingen und Erscheinungen der Welt versteht und vor<br />

allem von den Menschen. Sein Zugewinn an Menschenkenntnis und sein Verständnis für Situationen und<br />

Begebenheiten aller Art wuchsen in jener Zeit ganz außerordentlich. Und da ich regelmäßiger Nutznießer<br />

von Arnes Forschungen war, gewann auch ich mehr und mehr Einblicke in meine Umwelt, die sichtbare<br />

ebenso wie die unsichtbare. Anderen konnten Arnes Veränderungen vielleicht ungewöhnlich erscheinen,<br />

falls ihn überhaupt jemand so intensiv beobachtete wie ich. Ich wusste, dass sie mit Arnes meditativen<br />

Forschungen zusammenhingen und von daher für ihn ein stetes geistiges Sich-Entfalten darstellten. Ich<br />

habe meinen Freund Arne wahrhaft bewundert und verehrt.<br />

*<br />

Man könnte jetzt meinen, Arne wäre ein rundum zufriedener, glücklicher Mensch gewesen. Einer, der mit<br />

seinem Leben so gut zurechtkommt, wie uns das eben auf dieser Welt nur möglich ist. Nun, in der<br />

Grundtendenz stimmte das sicher, allerdings gab es einen Bereich, der ihm immer wieder sehr zu schaffen<br />

machte, und der leider eine fatale Wichtigkeit besaß: ich spreche vom Geld. Nicht wahr, es ist dies ein<br />

Thema, das keinen von uns kalt lässt, es sei denn, wir gehören zu denjenigen, die soviel davon haben, dass<br />

es wirklich vergeudete Energie wäre, sich darum Sorgen zu machen. Aber weder Arne noch ich gehörten<br />

zu jener privilegierten Spezies, und so brach aus ihm trotz aller Souveränität, mit der er durchs Leben<br />

schritt, gelegentlich die Angst hervor, nicht zu wissen, wie er mit seinen Schulden und seinem<br />

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