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Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen Rätsch - AT Verlag

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Dosierung für aphrodisische Zwecke ist individuell<br />

recht unterschiedlich. Man sollte mit 3 g pro Person<br />

beginnen, und die Dosis langsam steigern<br />

(Gottlieb 1974: 33*, Miller 1988: 21*).<br />

Die Blätter <strong>der</strong> verwandten Art Alstonia theaeformis<br />

(Bogotatee) wer den wegen <strong>der</strong> stimulierenden<br />

Eigenschaften als Tee aufgebrüht (Lewin<br />

1980: 352*).<br />

Rituelle Verwendung<br />

In Indien gilt <strong>der</strong> Baum als »bösartig« und wird<br />

von den Stammesvöl kern nicht nur gefürchtet,<br />

son<strong>der</strong>n auch gemieden. Sie glauben, daß in dem<br />

Baum ein böser Geist wohnt, <strong>der</strong> von einem Menschen,<br />

<strong>der</strong> unter ihm hindurchgeht o<strong>der</strong> in seinem<br />

Schatten schläft, Besitz ergrei fen kann. Einige nehmen<br />

auch an, daß <strong>der</strong> Wächter des Baumes dem,<br />

<strong>der</strong> unter seinem Geäst einschläft, den Tod gibt.<br />

Diese Vor stellungen sind vermutlich eine Erinnerung<br />

daran, daß <strong>der</strong> Baum Visio nen auslösen<br />

kann. Durch diese negative Folklore bleibt <strong>der</strong><br />

Baum aller dings auch vor <strong>der</strong> Ausbeutung tropischer<br />

Hölzer bewahrt (Gandhi und Singh 1991:<br />

89*).<br />

Im indischen Tantrakult hat <strong>der</strong> Same des Baumes<br />

eine sexualma gische Bedeutung, über die lei<strong>der</strong><br />

nur sehr wenig bekannt ist (Miller 1988:<br />

21f.*).<br />

Die australischen Aborigines benutzten den Latex<br />

dazu, zere mo nielle Verzierungen (z.B. Fe<strong>der</strong>n)<br />

für Rituale an <strong>der</strong> Haut festzukleben (Pearson<br />

1992: 25*). Möglicherweise kannten und nutzten<br />

sie auch die <strong>psychoaktiven</strong> Eigenschaften des Ditabaumes.<br />

Ansonsten sind keine traditionellen Verwendungen<br />

für psychoaktive Zwecke be kannt geworden.<br />

Artefakte<br />

Stücke des Rindenpergaments wurden in <strong>der</strong><br />

tantrischen Zauberei mit Mantras (magischen<br />

Formeln) beschrieben und als Amulette verwendet.<br />

Medizinische Anwendung<br />

Die Rinde gilt allgemein als Tonikum (Wright<br />

et al. 1993: 41), wird in <strong>der</strong> ayurvedischen Medizin<br />

aber auch bei Fieber, Malaria, Unterleibsbe -<br />

schwerden, Durchfall, Dysenterie (Ruhr), Verdauungsschwäche,<br />

Lepra, Haut krank heiten, Pruritus,<br />

Tumoren, chronischen Geschwüren, Asthma,<br />

Bron chitis und Gebrechlichkeit verwendet. Die<br />

zarten Blätter wie auch <strong>der</strong> Latex werden äußerlich<br />

bei Tumoren aufgetragen (Sala 1993 I: 97*). In Indien<br />

wird die Rinde und Wurzelrinde zusammen<br />

mit Reis gekocht und von Mädchen bei Weißfluß<br />

(Leukorrhöe) während ein bis zwei Wochen täglich<br />

einge nom men (Bhandary et al. 1995: 152*).<br />

In <strong>der</strong> Gegend von Ganjam und Go da wari wird sie<br />

gegen Wahnsinn und Epilepsie (Scholz und Eigner<br />

1983: 77*), in Nepal als Fiebermittel und zur<br />

Behandlung von Ma laria eingesetzt (Manandhar<br />

1980: 15*). Auch in Assam wird ein Kalt wasser -<br />

auszug aus <strong>der</strong> Rinde gegen Malaria getrunken<br />

(Boissya et al. 1981: 221*). Auf den Philippinen<br />

wird die Rinde als Tonikum und zur Behandlung<br />

von Durchfallerkrankungen aller Art verwendet.<br />

Ein Dekokt aus den jungen Blättern wird bei Beriberi<br />

getrunken (Padua et al. 1987: 14).<br />

Auch die Rinde <strong>der</strong> südostasiatischen Arten<br />

Alstonia angustifolia Wall., Alstonia macrophylla<br />

Wall. ex G. Don und Alstonia spathulata Bl. wird<br />

traditionell zur Behandlung von Malaria sowie als<br />

Tonikum ver wendet (Padua et al. 1987: 13). In<br />

Afrika wer den die Arten Alstonia congensis Engl.<br />

und Alstonia boonei De Wild. eben falls zu<br />

Malaria me dikamenten verarbeitet (Wright et al.<br />

1993: 41f.).<br />

Inhaltsstoffe<br />

Die Samen enthalten halluzinogene Indolalkaloide<br />

(Alstovenin, Vene natin, Chlorogenin, Reserpin)<br />

sowie Chlorogensäure (Miller 1988: 20*).<br />

Die latexführende Rinde enthält die Alka loide<br />

Ditamin, Echitamin (= Ditain) und Echitenin<br />

(Miller 1988: 20*, <strong>Rätsch</strong> 1992: 73*). Ditamin,<br />

Echi tamin, Alstovenin und Venenatin kommen in<br />

allen <strong>Pflanzen</strong>teilen vor (Scholz und Eigner<br />

1983: 77*).<br />

In den meisten Alstonia-Arten sind Indolalkaloide<br />

enthalten (Majum<strong>der</strong> und Dinda 1974,<br />

Ma matas-Kalamaras et al. 1975). In <strong>der</strong> neukaledonischen<br />

Alstonia co riacea Pancher ex S.<br />

Moore kommt sogar ein Yohimbin<strong>der</strong>ivat vor<br />

(Che rif et al. 1989). Die malayische Art Alstonia<br />

angustifolia Wall. enthält 31 Alkaloide, wovon<br />

Yohimbin das Hauptalkaloid darstellt (Ghedira et<br />

al. 1988). Die australische Art Alstonia muelleriana<br />

Domin enthält ein komplexes Indolalkaloidgemisch<br />

(Burke et al. 1973).<br />

Wirkung<br />

Die Rinde soll aphrodisisch und durch MAO-<br />

Hemmung (siehe Ayahuasca) psychoaktiv wirken.<br />

Der Hauptwirkstoff »Alstovenin zeigt in gerin gen<br />

Dosen MAO-Hemmung und in höheren Dosen<br />

ZNS-stimulierende Wirkung, Stereotypie und<br />

Krämpfe. Der Effekt von Venenatin ist dazu im<br />

Gegensatz reserpinähnlich [vgl. Rauvolfia spp.]«<br />

(Scholz und Eigner 1983: 77*). Alstonia »unterstützt<br />

die Erektion beim Geschlechtsverkehr und<br />

verzögert den Orgasmus« (Miller 1988: 19*).<br />

Das Alkaloid Echitamin soll den Malariaerreger<br />

töten, es ist allerdings etwa zehnmal weniger wirksam<br />

als Chinin. Die Wirkung bei Malaria ist pharmakologisch<br />

bisher nicht eindeutig nachgewiesen<br />

worden (Wright et al. 1993).<br />

Marktformen und Vorschriften<br />

Keine<br />

Alstonia scholaris<br />

»Der Schafhirte Ramu konnte<br />

bezaubernd Flöte spielen. Immer<br />

wenn er seine Herde grasen ließ,<br />

setzte er sich unter einen Ditabaum<br />

und spielte seine Flöte. Nun, in diesem<br />

Baum lebte ein wil<strong>der</strong> Geist.<br />

Als Ramu zum erstenmal unter<br />

dem Baum seine Flöte spielte, wäre<br />

er fast von ihm getötet worden, aber<br />

er wurde von <strong>der</strong> schönen Flötenmelodie<br />

bezaubert und wurde<br />

friedlich.<br />

Der Geist tanzte zwischen den<br />

Blättern und Zweigen. Als er sich<br />

daran gewöhnt hatte, daß Ramu<br />

jeden Tag kam, stieg er von dem<br />

Baum herab und stellte sich dem<br />

Schafhirten vor. Von da an spielte<br />

Ramu, und <strong>der</strong> Geist tanzte in<br />

großer Freude. Die beiden wurden<br />

gute Freunde.«<br />

Volksmärchen aus Madhya Pradesh<br />

(nach Gandhi und Singh 1991:<br />

89f.*)<br />

»Der Same des Ditabaumes wurde<br />

im tantrischen Indien erstmals<br />

als Aphrodisiakum verwendet. Die<br />

Einnahme des Mittels wurde von<br />

einer Übung begleitet, die durch<br />

Kontrolle bestimmter Genitalmuskeln<br />

zu einer anhaltenden Erektion<br />

führte und den Orgasmus ver -<br />

zögerte.«<br />

Richard Alan Miller<br />

Liebestrank und Ritual<br />

(1988: 21*)<br />

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