Untersuchung von Systemen im Zeit- und Frequenzbereich
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Institut für Regelungstechnik<br />
TECHNISCHE UNIVERSITÄT BRAUNSCHWEIG<br />
Prof. Dr.-Ing. W. Schumacher<br />
Prof. Dr.-Ing. M. Maurer<br />
Prof. em. Dr.-Ing. W. Leonhard<br />
Regelungstechnisches Praktikum 1<br />
Analyse linearer Systeme <strong>im</strong><br />
<strong>Zeit</strong>- <strong>und</strong> <strong>Frequenzbereich</strong><br />
Stand: 16. April 2012, FrS V2.1
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung 3<br />
2 Rechenelemente des Analogrechners 4<br />
2.1 Potentiometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
2.2 Rechenverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
2.2.1 Addierer (Summierer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
2.2.2 Differenzverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
2.2.3 Integrierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
3 Betriebsarten des Analogrechners 11<br />
4 Normierung 12<br />
4.1 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
5 Nachbildung <strong>von</strong> Regelkreisgliedern 14<br />
5.1 PT 1 -Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
5.2 DT 1 -Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
5.3 PDT 1 -Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
5.4 IT-Glieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
5.5 PI-Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
5.6 PID(T 1 )-Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />
6 Beispiele 18<br />
6.1 Nachbildung eines einfachen Regelkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
6.2 Geschwindigkeitsfehler des Regelkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
6.3 Regelfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />
7 Aufgabenstellungen 21<br />
7.1 Vorbereitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />
7.2 Laboraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />
2
1 Einleitung<br />
Man kann elektrische Rechenanlagen nach ihrer Wirkungsweise in zwei Hauptgruppen<br />
einteilen:<br />
1. Digitalrechner<br />
2. Analogrechner<br />
Der Digitalrechner stellt die behandelten Größen zahlenmäßig dar, z.B. mit Hilfe<br />
<strong>von</strong> elektrischen Impulsen. Im elektrischen Analogrechner (<strong>im</strong> Gegensatz zu Vorläufer-<br />
Modellen auf pneumatischer bzw. hydraulischer Basis) werden den physikalischen Größen,<br />
mit denen man rechnen will, Spannungen zugeordnet, deren zeitlicher Verlauf der<br />
abzubildenden Größe proportional ist. Mit Hilfe elektrischer Schaltungen lassen sich somit<br />
Vorgänge s<strong>im</strong>ulieren, die durch lineare oder nichtlineare Differentialgleichungen bzw.<br />
Systeme solcher Gleichungen beschrieben werden.<br />
Die Genauigkeit der Ergebnisse hängt <strong>von</strong> den verwendeten Rechenelementen ab. Diese<br />
lassen nur einen best<strong>im</strong>mten max<strong>im</strong>alen Spannungsbereich zu, in dem gerechnet werden<br />
kann. Die untere Grenze der Genauigkeit wird durch die kleinste noch eindeutig <strong>von</strong><br />
Störspannungen unterscheidbare Nutzspannung best<strong>im</strong>mt. Der Spannungsbereich heute<br />
gebräuchlicher Analogrechner liegt in den Grenzen 1 ...10mV < U nutz < 5 ...100V ,das<br />
heißt, man rechnet in einem Dynamikbereich <strong>von</strong> 40 ...60dB. EineVergrößerung dieses<br />
Rechenbereiches ist aber nur bedingt <strong>und</strong> dann auch nur mit sehr hohem Aufwand<br />
möglich.<br />
Ein wichtiger Vorzug des Analogrechners gegenüber einem Digitalrechner besteht darin,<br />
daß er Rechenelemente besitzt, die es erlauben, direkt zu integrieren <strong>und</strong> mit best<strong>im</strong>mten<br />
Einschränkungen auch zu differenzieren. Hierdurch wird es <strong>im</strong> Gegensatz zum<br />
Digitalrechner problemlos möglich, auch sehr komplexe Systeme (z.B. Ordnung > 100)<br />
in Echtzeit zu s<strong>im</strong>ulieren.<br />
Auf der anderen Seite hat der Digitalrechner wegen der ziffernmäßigen Arbeitsweise<br />
den Vorzug, wesentlich flexibler <strong>und</strong> genauer zu sein. Eine Steigerung der Rechengenauigkeit<br />
ist (auf Kosten einer erhöhten Rechenzeit) sehr<br />
einfach möglich durch Verwendung einer genaueren Zahlendarstellung. Die Steuerung<br />
durch ein gespeichertes Programm erlaubt es, beliebige numerische Operationen auszuführen.<br />
Viele Probleme, zum Beispiel partielle Differentialgleichungen, lassen sich nur<br />
auf dem Digitalrechner lösen. Der größeren Flexibilität steht ein wesentlich größerer<br />
Aufwand bei der Programmierung gegenüber.<br />
Neben den Gr<strong>und</strong>arten des Analog- <strong>und</strong> Digitalrechners gibt es verschiedene Kombinationen,<br />
welche die Eigenschaften beider Typen in sich vereinigen (Hybridrechner).<br />
3
2 Rechenelemente des Analogrechners<br />
Der Analogrechner enthält verschiedene Rechenelemente, die best<strong>im</strong>mte Teile einer Rechnung<br />
analog nachbilden können. Durch entsprechendes Zusammenschalten der verschiedenen<br />
Rechenelemente entsteht die spezielle Rechenschaltung.<br />
Im folgenden werden die einzelnen Bausteine eines Analogrechners kurz beschrieben.<br />
Vorangestellt sei eine Liste mit den jeweiligen Schaltsymbolen, die eine vereinfachte<br />
Darstellung der Rechenschaltung ermöglichen.<br />
2.1 Potentiometer<br />
Potentiometer dienen zur Multiplikation einer Systemgröße mit einem konstanten Faktor<br />
α, 0≤ α ≤ 1.<br />
Wird an den Eingang des Potentiometers die Rechenspannung U 1 gelegt, so erhält<br />
man am Abgriff die Leerlaufspannung<br />
U a = α 0 · U 1 (1)<br />
(1-α 0 ) . R<br />
u 1<br />
R<br />
α 0<br />
. R<br />
u a<br />
R L<br />
Abbildung 1: Potentiometer mit Lastwiderstand<br />
Wird das Potentiometer zum Beispiel mit dem Eingang eines Rechenverstärkers belastet,<br />
so entspricht das Spannungsverhältnis nicht mehr der Stellung des Abgriffes. Es<br />
gilt die neue Beziehung<br />
u a<br />
α 0<br />
= α =<br />
(2)<br />
R<br />
u 1 1+(1− α 0 ) · α 0 ·<br />
R L<br />
Man erhält also einen vom Abgriff (α 0 ) <strong>und</strong> <strong>von</strong> der Belastung (R L )abhängigen Einstellfehler<br />
[<br />
]<br />
1<br />
F = α 0 − α = α 0 · 1 −<br />
≈ α<br />
R 0 2 1+(1− α 0 ) · α 0 · · (1 − α R<br />
0) · (3)<br />
R<br />
R L L<br />
Die genaue Einstellung des Spannungsverhältnisses α am belasteten Potentiometer R<br />
kann mit einer Kompensationsschaltung nach Bild 3 erfolgen. Am Vergleichspotentiometer<br />
R V wird der gewünschte Faktor α eingestellt; der Abgriff am Potentiometer R wird<br />
dann solange verändert, bis das Instrument Null zeigt.<br />
4
Rechenelement Schaltsymbol Wirkungsweise<br />
Koeffizienten-<br />
Potentiometer<br />
U 1<br />
α U a<br />
U a = α · U 1<br />
(0 ≤ α ≤ 1)<br />
Summierer<br />
(Vorzeichenumkehr!)<br />
U 1<br />
U 2<br />
...<br />
U N<br />
k 1<br />
k 2<br />
k N<br />
U a<br />
∑<br />
U a = − N k i · U i<br />
i=1<br />
Integrierer<br />
U 1 T 1<br />
U 2 T 2<br />
...<br />
U N<br />
T N<br />
U 0<br />
U a U a = −<br />
∫ t<br />
N∑<br />
t 0 i=1<br />
U i<br />
T i<br />
dt − U 0<br />
U 1 f(U 1 ) U a<br />
Funktionsgeber<br />
bzw.<br />
U a = f (U 1 )<br />
U 1 U a<br />
Multiplizierer<br />
Komparator<br />
U 1<br />
U 2<br />
U a<br />
bzw.<br />
U a = U 1 · U 2<br />
U 1<br />
U 2<br />
U a<br />
Der Kontakt liegt:<br />
U 1<br />
U a<br />
U 2<br />
oben, wenn U 1 >U 2<br />
unten, wenn U 1
1<br />
α<br />
R L =∞<br />
R L<br />
1 α 0<br />
Abbildung 2: Einstellkurve des Potentiometers <strong>im</strong> Leerlauf <strong>und</strong> bei Belastung<br />
R α R<br />
u 0 α V<br />
1<br />
R L<br />
u a<br />
V<br />
Abbildung 3: Kompensationsschaltung mit Vergleichspotentiometer R V<br />
Im verwendeten Analogrechner befinden sich 12 Potentiometer, <strong>von</strong> denen 6 auf Massepotential<br />
liegen, die anderen sind potentialfrei. Sie weisen alle einen Widerstand <strong>von</strong><br />
10 kΩ auf.<br />
2.2 Rechenverstärker<br />
Aufbau <strong>und</strong> Wirkungsweise eines Rechenverstärkers wurden <strong>im</strong> Versuch 1 (Operationsverstärker)<br />
behandelt. Die <strong>im</strong> Analogrechner verwendeten Verstärker sind Operationsverstärker<br />
mit einer hohen Verstärkung (min<strong>im</strong>al 120 dB) <strong>und</strong> einer besonders guten<br />
Nullpunktkonstanz (Offsetspannung < 10μV ; typisch 1μV ). Die Anstiegsrate liegt bei<br />
0, 5V/μs für die Differenzverstärker <strong>und</strong> beträgt 2, 5V/μs bei den Integrier- <strong>und</strong> Summierverstärkern.<br />
Zu beachten ist, daß jeweils die invertierende Schaltung verwendet wird. Besondere<br />
Bedeutung erlangt diese Tatsache be<strong>im</strong> Aufbau geschlossener Regelkreise!<br />
Im folgenden werden die Schaltungen für die verschiedenen Rechenoperationen <strong>und</strong><br />
ihre Wirkungsweise besprochen.<br />
6
R 1<br />
R 0<br />
R<br />
i 2<br />
2<br />
R<br />
i g<br />
u 3<br />
1<br />
u 2<br />
u 3<br />
u d<br />
i 1<br />
i 0<br />
i 3<br />
-V 0<br />
u a<br />
Abbildung 4: Prinzipschaltbild des Addierers<br />
2.2.1 Addierer (Summierer)<br />
Es gelten folgende Beziehungen<br />
u a = −V 0 · u d mit V 0 ≫ 1 (4)<br />
Aufgr<strong>und</strong> des hohen Eingangswiderstandes (ca. 10 12 Ω) ist i g ≈ 0 <strong>und</strong> damit:<br />
i 1 + i 2 + i 3 + i 0 =0 (5)<br />
Für die einzelnen Maschen gilt<br />
Daraus folgt<br />
i 1 = u 1−u d<br />
R 1<br />
i 3 = u 3−u d<br />
R 3<br />
i 2 = u 2−u d<br />
R 2<br />
i 0 = ua−u d<br />
R 0<br />
(6)<br />
u 1 − u d<br />
+ u 2 − u d<br />
+ u 3 − u d<br />
+ u a − u d<br />
R 1 R 2 R 3 R 0<br />
=0 (7)<br />
(4) in (6) eingesetzt <strong>und</strong> nach u a aufgelöst ergibt<br />
dabei ist<br />
R 0<br />
R<br />
u a = − 1<br />
u 1 + R 0<br />
R 2<br />
u 2 + R 0<br />
R 3<br />
u 3<br />
1+ 1<br />
(8)<br />
k·V 0<br />
R 1 R 2 R 3<br />
k =<br />
(9)<br />
R 1 R 2 R 3 + R 0 R 2 R 3 + R 0 R 1 R 3 + R 0 R 1 R 2<br />
Wenn in Gleichung (8) k · V 0 ≫ 1 ist, kann das Glied 1<br />
k·V 0<br />
gegen 1 vernachlässigt<br />
werden <strong>und</strong> man erhält aus (8)<br />
u a = −<br />
n∑<br />
i=1<br />
k i · u i mit k i = R 0<br />
R i<br />
(10)<br />
Wird nur eine Variable u i zugeführt <strong>und</strong> R 0 /R 1 = 1 gemacht, dann erhält man einen<br />
sogenannten Umkehrverstärker, da hier nur das Vorzeichen <strong>von</strong> u 1 umgekehrt wird. In<br />
7
dem verwendeten Analogrechner sind zwei verschiedene Widerstände für den Gegenkopplungszweig<br />
wählbar, daher ergeben sich drei verschiedene Gewichtsfaktoren für die<br />
Eingänge: k i =0, 1;k i = 1 <strong>und</strong> k i = 10.<br />
u 1<br />
α 2<br />
k 2<br />
α 1<br />
k 1<br />
u a<br />
Abbildung 5: Addierer mit zusätzlicher Gegenkopplung<br />
Durch zusätzliches Einfügen eines Potentiometers am Eingang oder in den Gegenkopplungszweig<br />
läßt sich <strong>im</strong> Bereich 0 ≤ V ≤ 10 jede Verstärkung einstellen.<br />
u a = − k 1 · α 1<br />
· u 1 (11)<br />
1+k 2 · α 2<br />
Aufgr<strong>und</strong> der nichtlinearen Einstellcharakteristik verzichtet man meist auf das Potentiometer<br />
<strong>im</strong> Gegenkopplungszweig.<br />
1<br />
1 MΩ<br />
S<br />
1<br />
1 MΩ<br />
1 MΩ<br />
1<br />
1<br />
1 MΩ<br />
0,1MΩ<br />
.1<br />
10<br />
0,1MΩ<br />
A<br />
10<br />
0,1MΩ<br />
A<br />
Abbildung 6: Innenschaltung eines Addierers<br />
Im verwendeten Analogrechner sind die Addierer (insgesamt drei Stück) gemäß Bild<br />
6 beschaltet.<br />
2.2.2 Differenzverstärker<br />
In Erweiterung der Schaltung des Addierers hat nun auch der nichtinvertierende Operationsverstärker-<br />
Eingang eine ohmsche Beschaltung. Die Rückführung ist aufgetrennt.<br />
2.2.3 Integrierer<br />
Mit den Beziehungen<br />
8
1<br />
1 MΩ<br />
N<br />
1<br />
1 MΩ<br />
1 MΩ<br />
1<br />
1<br />
10<br />
1<br />
1<br />
10<br />
1 MΩ 0,1MΩ<br />
0,1MΩ<br />
1 MΩ<br />
1 MΩ<br />
0,1MΩ<br />
.1<br />
A<br />
A<br />
P<br />
T<br />
Abbildung 7: Innenschaltung eines Differenzverstärkers<br />
i 0<br />
C<br />
u C<br />
i 1<br />
R 1<br />
-V 0<br />
u 1 u d<br />
u a<br />
Abbildung 8: Prinzipschaltbild des Integrierers<br />
u a = −V 0 · u d mit V 0 ≫ 1 (12)<br />
i 1 + i 0 =0 (i g ≈ 0) (13)<br />
i 0 = C · du C<br />
dt<br />
(14)<br />
u 1 = i 1 · R 1 + u d (15)<br />
erhält man<br />
u a = u C + u d (16)<br />
Für V 0 ≫ 1 gilt<br />
zu<br />
u a = V 0<br />
· u C0 − V ∫<br />
0 1<br />
t<br />
∫<br />
1<br />
t<br />
u 1 dt −<br />
u a dt (17)<br />
1+V 0 1+V 0 R 1 C (1 + V 0 ) · R 1 C<br />
0<br />
0<br />
V 0<br />
1+V 0<br />
≈ 1 <strong>und</strong><br />
1<br />
(1+V 0 )·R 1 C<br />
≈ 0. Damit vereinfacht sich Gleichung (17)<br />
9
u a = u C0 − 1 T 1<br />
∫t<br />
0<br />
u 1 dt mit T 1 = R 1 · C (18)<br />
Bei mehreren Eingängen findet gleichzeitig eine Summierung statt, es gilt dann<br />
u a = u C0 −<br />
⎛<br />
n∑<br />
⎝ 1 T μ<br />
μ=1<br />
∫t<br />
0<br />
⎞<br />
u μ dt⎠ = u C0 −<br />
∫ t<br />
0<br />
n∑<br />
μ=1<br />
u μ<br />
T μ<br />
dt mit T μ = R μ · C (19)<br />
1<br />
1<br />
1<br />
10<br />
10<br />
S<br />
OP IC<br />
1 MΩ R<br />
1 MΩ<br />
R<br />
1 MΩ<br />
0,1MΩ<br />
1 μF<br />
0,1MΩ<br />
0,01μF<br />
IC<br />
A<br />
A<br />
A<br />
1<br />
100<br />
Abbildung 9: Innenschaltung eines Integrierers<br />
Die Integrationskonstante u C0 stellt die Anfangsbedingung für den Integrierer dar.<br />
Falls u C0 ≠ 0 ist, muß der Kondensator C vor Rechenbeginn auf den entsprechenden<br />
Wert aufgeladen werden. Dazu wird der Kondensator C über einen einstellbaren Spannungsteiler<br />
mit Hilfe eines Analogschalters (z.B. MOSFET) oder eines Rechenrelais an<br />
die Rechenspannung gelegt (IC: INITIAL CONDITION). Bei Rechenbeginn (OP: OPE-<br />
RATE) wird der Schalter geöffnet <strong>und</strong> damit die Schaltung in Bild 8 hergestellt.<br />
Um Fehler durch die Drift <strong>und</strong> die Kondensatorentladung klein zu halten, dürfen die<br />
Verstärker nicht mit zu kleinen Eingangsspannungen gespeist <strong>und</strong> die Rechenzeit nicht<br />
zu lang gewählt werden (siehe Kapitel 3).<br />
10
3 Betriebsarten des Analogrechners<br />
Der Analogrechner hat drei Betriebsarten, die wie folgt bezeichnet sind:<br />
1. POT = Potentiometer abgleichen<br />
2. IC = INITIAL CONDITION (Anfangsbedingungen einstellen)<br />
3. OP = OPERATE (Rechnung ausführen)<br />
In der Betriebsart ”Potentiometer-Abgleich”wird mit dem Betätigen des zugeordneten<br />
Tastschalters der Potentiometereingang auf die positive Referenzspannung (+5V ) gelegt.<br />
Gleichzeitig wird der Schleifer über eine gemeinsame Leitung mit dem Digitalvoltmeter<br />
verb<strong>und</strong>en. Bei massefreien Potentiometern ist zusätzlich der untere Anschluß mit Masse<br />
zu verbinden. Die Anzeige des Digitalvoltmeters liefert einen auf 5 Volt normierten Wert,<br />
so daß direkt der eingestellte Wert α angezeigt wird. Achtung: Um einen Kurzschluß<br />
<strong>im</strong> Analogrechner zu vermeiden, darf stets nur ein Tastschalter gleichzeitig<br />
gedrückt werden!<br />
Die Betriebsart ”Anfangsbedingungen einstellen” ermöglicht die Vorgabe <strong>von</strong> Anfangswerten<br />
für die Integrierer. Dazu befindet sich der Schalter in Bild 9 in der Stellung<br />
”IC”.<br />
Die Betriebsart ”Rechnung ausführen” startet die Rechnung. In Abhängigkeit des gewählten<br />
Rechenmodus wird die Rechnung einmal ausgeführt beziehungsweise ständig<br />
wiederholt. Der Rechenmodus ”SINGLE SHOT” (einmaliges Rechnen) ist für die Aufzeichnung<br />
der Rechenergebnisse mit einem X-Y beziehungsweise Y-t-Schreiber konzipiert.<br />
Soll das Rechenergebnis auf einem Oszilloskop dargestellt werden, ist es zweckmäßig,<br />
die Rechnung periodisch zu wiederholen. Hierzu dient der Rechenmodus ”REPEAT<br />
OPERATION” (repetierendes Rechnen). Um ein möglichst fl<strong>im</strong>merfreies Bild zu erhalten,<br />
sollte die Wiederholfrequenz größer als 20 Hz sein, außerdem ist eine externe Triggerung<br />
des Oszilloskopes mit dem Steuersignal ”AS2” empfehlenswert. Die Rechenzeiten<br />
der einzelnen Rechenmodi sind:<br />
SINGLE SHOT<br />
REPEAT OPERATION<br />
10s...100s<br />
10ms...1s<br />
Da zur Herstellung der Anfangsbedingungen ebenfalls eine gewisse <strong>Zeit</strong> benötigt wird<br />
(<strong>Zeit</strong>konstanten be<strong>im</strong> Laden/Entladen der Kapazitäten), kann die Rechnung erst nach<br />
Ablauf der Pausenzeit wiederholt werden. Im verwendeten Analogrechner ist das Puls-<br />
Pausenverhältnis fest auf den Wert 5 : 1 eingestellt.<br />
In den Betriebsarten ”Anfangsbedingungen einstellen” <strong>und</strong> ”Rechnung ausführen” kann<br />
das Digitalvoltmeter zu Spannungsmessungen in der Analogrechnerschaltung benutzt<br />
werden. Hierzu dient die Buchse ”INPUT”. Auch hierbei handelt es sich um eine auf +5<br />
V normierte Anzeige.<br />
11
4 Normierung<br />
Während die in einem physikalischen System vorkommenden veränderlichen Größen<br />
völlig unterschiedliche D<strong>im</strong>ensionen haben können, wie zum Beispiel Beschleunigung,<br />
Geschwindigkeit, Weg, Strom, Spannung, Leistung usw., deren Verlauf über einer unabhängigen<br />
Variablen z, häufig der <strong>Zeit</strong>, interessiert, werden be<strong>im</strong> Analogrechner nur<br />
Spannungsverläufe über der <strong>Zeit</strong> dargestellt.<br />
Die Darstellung des physikalischen Systems auf einem Analogrechner ist am einfachsten,<br />
wenn man vor dem Aufbau des Modells alle Systemgrößen durch geeignete Normierung<br />
d<strong>im</strong>ensionslos macht <strong>und</strong> auf einen best<strong>im</strong>mten Zahlenbereich begrenzt.<br />
Wegen der Begrenzung der Analogrechenspannung ist es sinnvoll, alle Systemgrößen<br />
auf ihre Max<strong>im</strong>alwerte zu beziehen. Damit wird sichergestellt, daß sich die Analogrechenspannung<br />
nur in ihrem vorgegebenen Bereich (<strong>im</strong> vorliegenden Fall U max =5V )<br />
bewegen kann, außerdem wird hierdurch eine opt<strong>im</strong>ale Ausnutzung des gesamten Dynamikbereiches<br />
des Rechners erreicht.<br />
Es gelten dann folgende Beziehungen für die Systemgrößen w(z) <strong>und</strong> die Analogrechenspannung<br />
u(t):<br />
w<br />
W max<br />
= v<br />
entspricht<br />
u<br />
U max<br />
= y mit − 1 ≤ y ≤ +1 (20)<br />
(entsprechendes gilt für abgeleitete Größen)<br />
Für die Normierung der unabhängigen Variablen t des Analogrechners bietet sich die<br />
Maschinenzeitkonstante T 0 an. Das ist die <strong>Zeit</strong>, in der eine Rechnung ausgeführt wird<br />
(vergleiche Kapitel 3).<br />
Zur Normierung der unabhängigen Variablen z des physikalischen Systems kann eine<br />
beliebige Normierungsgröße Z N gewählt werden, zum Beispiel der Max<strong>im</strong>alwert bei<br />
”Repetierendem Rechnen” oder ”Einmaligem Rechnen” oder eine günstige Einheitsgröße,<br />
zum Beispiel 1 Sek<strong>und</strong>e bei zeitlich veränderlichen <strong>Systemen</strong>.<br />
z<br />
= x entspricht τ = t<br />
(21)<br />
Z N T 0<br />
Bei zeitlich veränderlichen <strong>Systemen</strong> hat der Quotient Z N /T 0 folgende Bedeutung:<br />
Z N<br />
< 1 bewirkt eine Dehnung<br />
T 0<br />
Z N<br />
> 1 bewirkt eine Raffung<br />
T 0<br />
des <strong>Zeit</strong>verhaltens der Vorgänge <strong>im</strong> Analogrechner. An folgendem Normierungsbeispiel<br />
sollen die gemachten Ausführungen erläutert werden.<br />
4.1 Beispiel<br />
Ein zu untersuchendes System werde durch die Gleichung<br />
12
∫ z<br />
W = A ·<br />
l (z) dz (22)<br />
beschrieben. Durch Normierung<br />
0<br />
ergibt sich<br />
v 1 =<br />
l ; v a = W ; x = z<br />
(23)<br />
l max W max z max<br />
∫<br />
v a = A · lmax · z x<br />
max<br />
·<br />
W max<br />
0<br />
v 1 dx = a ·<br />
Dabei ist a = A · lmax·zmax<br />
W max<br />
ein d<strong>im</strong>ensionsloser Maßstabsfaktor.<br />
Auf dem Rechner entspricht der Gleichung (22) die Beziehung<br />
u a = 1 T 1<br />
·<br />
∫ t<br />
∫ x<br />
0<br />
v 1 dx (24)<br />
u 1 dt (25)<br />
Normiert man Gleichung (25)<br />
0<br />
dann erhält man<br />
y 1 = u 1<br />
U max<br />
; y a = u a<br />
U max<br />
;<br />
τ = t<br />
T 0<br />
(26)<br />
y a = 1 ∫<br />
· Umax · T τ<br />
0<br />
·<br />
T 1 U max<br />
0<br />
y 1 dτ = b ·<br />
∫ τ<br />
0<br />
y 1 dτ (27)<br />
Dabei ist b = T 0 /T 1 wieder ein d<strong>im</strong>ensionsloser Faktor. Ein Vergleich <strong>von</strong> Gleichung<br />
(24) mit Gleichung (27) zeigt, daß folgende Größen einander entsprechen:<br />
Systemgröße<br />
v 1<br />
v a<br />
x<br />
a<br />
Analogrechnergröße<br />
y 1<br />
y a<br />
τ<br />
b<br />
Im folgenden werden bei Rechenschaltungen anstelle <strong>von</strong> x <strong>und</strong> v die äquivalenten<br />
Bezeichnungen τ <strong>und</strong> y verwendet.<br />
13
5 Nachbildung <strong>von</strong> Regelkreisgliedern<br />
5.1 PT 1 -Glied<br />
α 2<br />
T 2<br />
y a<br />
α 1<br />
y 1 T 1<br />
Abbildung 10: Nachbildung eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung<br />
Verzögerungsglieder 1. Ordnung werden durch entsprechend beschaltete Integrierer<br />
nachgebildet (Bild 10).<br />
Für die Schaltung nach Bild 10 gilt<br />
(<br />
dy a<br />
dτ = − T0 · α 1<br />
· y 1 + T )<br />
0 · α 2<br />
· y a (28)<br />
T 1 T 2<br />
oder<br />
Setzt man T 2<br />
T 0·α 2<br />
= T <strong>und</strong> α 1<br />
α 2<br />
· T2<br />
T 1<br />
T 2<br />
T 0 · α 2<br />
· dy a<br />
dτ + y a = − α 1<br />
α 2<br />
· T2<br />
T 1<br />
· y 1 (29)<br />
= V ,soerhält man<br />
T · dy a<br />
dτ + y a = −V · y 1 (30)<br />
Dies ist, abgesehen vom negativen Vorzeichen, die Differentialgleichung eines Proportionalgliedes<br />
mit Verzögerung 1. Ordnung.<br />
Als übertragungsfunktion erhält man daraus mit T 0 · p = s<br />
G (s) =− Y a (s)<br />
Y 1 (s) =<br />
V<br />
T · s +1<br />
Anmerkung: s <strong>und</strong> T sind normierte <strong>und</strong> somit d<strong>im</strong>ensionslose Größen!<br />
(31)<br />
5.2 DT 1 -Glied<br />
Reines D-Verhalten kann man mit Hilfe der Rechenelemente nicht realisieren, da <strong>im</strong>mer<br />
parasitäre Verzögerungen auftreten. Mit der in Bild 11 gezeigten Schaltung kann<br />
man ein DT 1 -Glied nachbilden. Der eine Verstärker <strong>im</strong> Gegenkopplungszweig dient zur<br />
Richtigstellung der Vorzeichenbilanz.<br />
14
Es gilt folgende Beziehung<br />
oder<br />
y a = −<br />
(<br />
α 1 · y 1 + T ∫<br />
0 · α 2<br />
·<br />
T 2<br />
)<br />
y a dτ<br />
(32)<br />
T 2<br />
· dy a<br />
T 0 · α 2 dτ + y a = − T 2 · α 1<br />
· dy 1<br />
T 0 · α 2 dτ<br />
Setzt man T 2<br />
T 0·α 2<br />
= T V so ergibt sich<br />
(33)<br />
T V · dy a<br />
dτ + y a = −α 1 · T V · dy 1<br />
(34)<br />
dτ<br />
Gleichung (34) ist, abgesehen <strong>von</strong> dem negativen Vorzeichen, die Differentialgleichung<br />
eines DT 1 -Gliedes. Die daraus resultierende übertragungsfunktion lautet<br />
G (s) =− Y a (s)<br />
Y 1 (s) = α T<br />
1 · V · s<br />
(35)<br />
T V · s +1<br />
Für T V → 0 wird ein D-Verhalten angenähert. Dies ist nur bei gleichzeitiger Einbuße<br />
an Verstärkung möglich.<br />
y 1<br />
α 1<br />
1<br />
1<br />
y a<br />
1 T 2<br />
α 2<br />
Abbildung 11: Nachbildung eines DT 1 -Gliedes<br />
5.3 PDT 1 -Glied<br />
Zur Erzielung eines PDT 1 -Verhaltens wird ein Addierer mit einer verzögerten Rückführung<br />
ausgestattet (Bild 12).<br />
Es gelten die Beziehungen<br />
(<br />
)<br />
dy 2<br />
y a = − (α 1 y 1 + y 3 ) ;<br />
dτ = − T 0 T 0<br />
α 2 y a + α 3 y 2 (36)<br />
T 2 T 3<br />
Für T 2 = T 3 folgt mit y 3 = −y 2<br />
T 2<br />
T 0 · (α 2 + α 3 ) · dy a<br />
dτ + y a = − α 1 · α 3<br />
α 2 + α 3<br />
·<br />
(<br />
T2<br />
· dy )<br />
1<br />
T 0 · α 3 dτ + y 1<br />
(37)<br />
15
y 1<br />
α 1<br />
1<br />
y 3<br />
1<br />
y a<br />
1<br />
T 3<br />
y 2<br />
α 3<br />
T 2<br />
α 2<br />
Abbildung 12: Nachbildung eines PDT 1 -Gliedes<br />
Mit<br />
T 2<br />
T 0 · (α 2 + α 3 ) = T V 1 ;<br />
T 2<br />
T 0 · α 3<br />
= T V 2<br />
<strong>und</strong><br />
α 1 · α 3<br />
α 2 + α 3<br />
= V (38)<br />
ergibt sich<br />
T V 1 · dy (<br />
a<br />
dτ + y a = −V · T V 2 · dy )<br />
1<br />
dτ + y 1<br />
(39)<br />
Dies ist die Differentialgleichung eines PDT 1 -Gliedes (wieder bis auf das Vorzeichen).<br />
Als übertragungsfunktion erhält man<br />
G (s) =− Y a (s)<br />
Y 1 (s) = V · TV 2 · s +1<br />
(40)<br />
T V 1 · s +1<br />
Hinweis: Die Größen T V 1 <strong>und</strong> T V 2 sind normierte <strong>und</strong> somit d<strong>im</strong>ensionslose Größen!<br />
5.4 IT-Glieder<br />
Der Integrator ohne Verzögerung wurde schon unter 2.2.3 behandelt. IT-Glieder werden<br />
durch Hintereinanderschalten <strong>von</strong> I- <strong>und</strong> PT 1 -Gliedern realisiert.<br />
Die übertragungsfunktion einer solchen Schaltung lautet<br />
G (s) =<br />
T i · s ·<br />
V<br />
n∏<br />
(T μ · s +1)<br />
μ=1<br />
(41)<br />
5.5 PI-Glied<br />
Ein PI-Glied läßt sich sehr einfach durch Parallelschaltung eines P- <strong>und</strong> eines I-Gliedes<br />
herstellen (Bild 13).<br />
16
y 1<br />
α 1 T 1<br />
y 2<br />
1<br />
α 2 1<br />
1<br />
y 3<br />
y a<br />
Abbildung 13: Nachbildung PI-Gliedes<br />
Mit den Beziehungen<br />
y a = − (y 2 + y 3 ) ;<br />
∫<br />
y 2 = −α 1 · T0 ·<br />
T 1<br />
y 1 dτ ; y 3 = −α 2 · y 1 (42)<br />
erhält man<br />
α 2<br />
· T1 · dy (<br />
a<br />
α 1 T 0 dτ = α α2<br />
2 · · T1 · dy )<br />
1<br />
α 1 T 0 dτ + y 1<br />
(43)<br />
<strong>und</strong> mit<br />
α 2<br />
α 1<br />
· T1<br />
T 0<br />
= T i <strong>und</strong> α 2 = V (44)<br />
T i · dy (<br />
a<br />
dτ = V · T i · dy 1<br />
dτ + y 1<br />
Die übertragungsfunktion lautet<br />
)<br />
(45)<br />
G (s) =+ Y a (s)<br />
Y 1 (s)<br />
= V ·<br />
Ti · s +1<br />
T i · s<br />
(46)<br />
5.6 PID(T 1 )-Glied<br />
Durch Hintereinanderschalten eines PI-Gliedes mit einem PDT 1 -Glied erhält man PID(T 1 )-<br />
Verhalten (Bild 14).<br />
y 2<br />
α 1 T 1 1<br />
y 4<br />
y 1<br />
α 2 1 1<br />
y 3<br />
α 3<br />
1<br />
1<br />
y a<br />
1<br />
α 5<br />
T 5<br />
T 4<br />
α 4<br />
Aus den Gleichungen<br />
Abbildung 14: Nachbildung PID(T 1 )-Gliedes<br />
17
<strong>und</strong><br />
mit T 4 = T 5 <strong>und</strong><br />
T ik · dy 2<br />
dτ = T i · dy 1<br />
dτ + y 1 mit T ik = T 1<br />
α 1 · T 0<br />
<strong>und</strong> T i = T 1<br />
T 0<br />
· α2<br />
α 1<br />
(47)<br />
T V 1 · dy (<br />
a<br />
dτ + y a = −V · T V 2 · dy )<br />
4<br />
dτ + y 4<br />
T 4<br />
T V 1 =<br />
; T<br />
(α 4 + α 5 ) · T V 2 = T 4<br />
; V = α 3 · α 5<br />
(49)<br />
0 α 5 · T 0 α 4 + α 5<br />
erhält man über die übertragungsfunktionen<br />
(48)<br />
G 1 (s) =+ Y 4 (s)<br />
Y 1 (s) = T i · s +1<br />
T ik · s<br />
<strong>und</strong><br />
G 2 (s) =− Y a (s)<br />
Y 4 (s) = V T V 2 · s +1<br />
T V 1 · s +1<br />
(50)<br />
die Gesamtübertragungsfunktion<br />
G (s) =− Y a (s)<br />
Y 1 (s) = V · Ti · s +1<br />
· TV 2 · s +1<br />
(51)<br />
T ik · s T V 1 · s +1<br />
Reines PID-Verhalten läßt sich, wie auch schon vorher bei allen Gliedern mit D-<br />
Verhalten, nicht realisieren. Für T V 1 → 0 wird ein PID-Verhalten angenähert bei gleichzeitiger<br />
Einbuße an Verstärkung.<br />
6 Beispiele<br />
6.1 Nachbildung eines einfachen Regelkreises<br />
Bild 15 zeigt einen geschlossenen Regelkreis mit zwei Verzögerungsgliedern 1. Ordnung.<br />
v 1<br />
v 2<br />
T 2<br />
y 1<br />
T 1<br />
y a<br />
Abbildung 15: Regelkreis mit 2 PT 1 -Gliedern<br />
Für diesen Regelkreis erhält man folgende übertragungsfunktion des geschlossenen<br />
Kreises<br />
G g (s) =<br />
G k<br />
1+G k<br />
=<br />
1<br />
1+ 1<br />
G k<br />
=<br />
1+<br />
1<br />
(T 1·s+1)·(T 2·s+1)<br />
V 1·V 2<br />
(52)<br />
Daraus wird mit V 1 · V 2 = V k<br />
18
setzt man weiterhin<br />
G g (s) =<br />
V k<br />
1+V k<br />
·<br />
1<br />
T 1·T 2<br />
1+V k<br />
s 2 + T 1 +T 2<br />
1+V k<br />
s +1<br />
(53)<br />
V k<br />
= V ;<br />
1+V k<br />
so erhält man schließlich<br />
1+V k<br />
=Ω 2 ; D 0 = 1 T 1 · T 2<br />
√T1<br />
T 1 · T 2 2 · T 2 · (1 + V k )<br />
(54)<br />
1<br />
G g (s) =V · ( s<br />
) 2<br />
+2· D<br />
Ω<br />
0 · s +1 (55)<br />
Ω<br />
Die Rechenschaltung für dieses System mit y 2 = −y 1 zeigt Bild 16.<br />
4 6<br />
y 2<br />
1<br />
1<br />
T 4 T 6<br />
1<br />
3 T 3<br />
5 T 5<br />
y a<br />
Abbildung 16: Rechenschaltung für einen Regelkreis mit zwei PT 1 -Gliedern<br />
Für die beiden Verzögerungsglieder gilt nach 4.1<br />
T 1 = T 4<br />
α 4·T 0<br />
; V 1 = α 3·T 4<br />
α 4·T 3<br />
;<br />
T 2 = T 6<br />
α 6·T 0<br />
; V 2 = α 5·T 6<br />
α 6·T 5<br />
.<br />
Mit T 1 = const <strong>und</strong> T 2 = const läßt sich die Kreisverstärkung <strong>und</strong> damit auch D 0<br />
durch die Parameter α 3 ,T 3 ,α 5 <strong>und</strong> T 5 variieren.<br />
6.2 Geschwindigkeitsfehler des Regelkreises<br />
Der Geschwindigkeitsfehler eines Proportionalgliedes mit der Sprungantwort w(t) ist<br />
definiert zu<br />
(56)<br />
f V (t) =r (t) · w (∞) − v (t) (57)<br />
r (t) = Anstiegsfunktion,<br />
w (t) = Sprungantwort,<br />
v (t) = Anstiegsantwort,<br />
w (∞) = l<strong>im</strong> w (t) .<br />
t→∞<br />
f V (t) läßt sich mit einer Schaltung messen, die folgendem Blockschaltbild entspricht:<br />
Auf dem Analogrechner läßt sich diese Schaltung mit den in Kapitel 2 besprochenen<br />
Bauelementen nachbilden, wobei für den schwingungsfähigen Block der unter 6.1<br />
dargestellte Regelkreis eingesetzt werden soll.<br />
19
y<br />
r(t) . w(∞)<br />
f V (t)<br />
v(t)<br />
t<br />
Abbildung 17: Geschwindigkeitsfehler<br />
s(t)<br />
1s<br />
r(t)<br />
r(t)<br />
v<br />
w(∞)<br />
ω 0<br />
,D<br />
f V (t)<br />
Abbildung 18: Blockschaltbild zur Messung des Geschwindigkeitsfehlers<br />
6.3 Regelfläche<br />
Die Definition der Regelfläche lautet<br />
mit<br />
A = l<strong>im</strong><br />
t→∞<br />
a (t) (58)<br />
a (t) = 1 1s<br />
∫ t<br />
0<br />
[w (∞) − w (τ)] dτ (59)<br />
Vertauscht man in Bild 18 die Reihenfolge der Blöcke, so daß der Integrator hinter der<br />
Summierstelle liegt, dann erhält man eine Schaltung zur Best<strong>im</strong>mung der Funktion a(t).<br />
(Dabei liegt an den Eingängen der parallel geschalteten Blöcke s(t) anstelle <strong>von</strong> r(t)).<br />
20
7 Aufgabenstellungen<br />
7.1 Vorbereitungsaufgaben<br />
1. Geben sie das Schaltbild einer invertierden <strong>und</strong> einer nichtinvertierenden Operationsverstärkerschaltung<br />
an. Geben sie die Beziehung zur Berechnung des Übertragungsfaktors<br />
an.<br />
2. Welche Verbindungen sind noch notwendig, um aus der Innenschaltung eines Addierers<br />
nach Bild 6 einen funktionsfähigen Addierer zu machen? Welche Verstärkungen<br />
lassen sich mit den vorhandenen Festwiderständen erzielen?<br />
3. Wie läßt sich die Innenschaltung eines Differenzverstärkers (Bild 7) als Addierer<br />
nutzen? Welche Verstärkungen sind hier möglich? Wie läßt sich die Innenschaltung<br />
als Differenzverstärker nutzen?<br />
4. Welche Verbindungen ergänzen die Innenschaltung eines Integrierers (Bild 9) zu einem<br />
vollständigen Integrierer? Welche Integrierzeitkonstanten sind nur durch Verbindungen<br />
einstellbar? Wie läßt sich mit einem zusätzlichen Potentiometer die<br />
<strong>Zeit</strong>konstante stufenlos variabel machen? Machen Sie sich die Funktionsweise der<br />
Betriebsart ”IC” klar! Was geschieht, wenn der Anschluß ”IC” unbeschaltet bleibt?<br />
5. Bei den Versuchen <strong>im</strong> Labor sollen folgende lineare Übertragungssysteme untersucht<br />
werden:<br />
a) I-Glied<br />
b) PT 1 -Glied<br />
c) DT 1 -Glied<br />
d) PDT 1 -Glied<br />
e) IT-Glied<br />
f) PI-Glied<br />
g) PIDT 1 -Glied<br />
Geben sie zu den oben angegebenen <strong>Systemen</strong> jeweils die Übertragungsfunktion,<br />
die beschreibende Differentialgleichung <strong>und</strong> das Bodediagramm an.<br />
21
7.2 Laboraufgaben<br />
6. Die <strong>im</strong> folgenden aufgeführten Anordnungen sind aufzubauen; ihre Sprungantworten<br />
sind aufzunehmen <strong>und</strong> zu diskutieren.<br />
a) I-Glied<br />
b) PT 1 -Glied<br />
c) DT 1 -Glied<br />
d) PDT 1 -Glied<br />
e) IT-Glied<br />
f) PI-Glied<br />
g) PIDT 1 -Glied<br />
7. Man überlege sich eine Schaltung für einen geschlossenen Regelkreis mit zwei I-<br />
Gliedern. Dazu berechne man die resultierende Dämpfung <strong>und</strong> die Eigenfrequenz.<br />
Anschließend sind diese Ergebnisse mit Hilfe des Analogrechners zu überprüfen.<br />
8. Für das unter 6.2 beschriebene Blockschaltbild zur Messung des Geschwindigkeitsfehlers<br />
ist eine Rechenschaltung zu entwickeln <strong>und</strong> auf dem Analogrechner zu überprüfen.<br />
Die Rechenschaltung ist bei der Vorbesprechung vorzulegen.<br />
9. Mit der unter 6.3 beschriebenen Schaltung ist der zeitliche Verlauf der Funktion<br />
a(t) aufzunehmen <strong>und</strong> mit den Verlauf des Geschwindigkeitsfehlers zu vergleichen.<br />
10. Eine PT 2 -Strecke soll geregelt werden. Als Vorbereitung ist ein geeigneter Regler<br />
auszuwählen <strong>und</strong> zu d<strong>im</strong>ensionieren. Während des Versuches soll die Strecke mit<br />
unterschiedlichen Reglern geregelt werden. Der Einfluß <strong>von</strong> sprungförmigen Sollwertänderungen<br />
<strong>und</strong> Störungen <strong>im</strong> Regelkreis ist aufzunehmen <strong>und</strong> zu diskutieren.<br />
11. Ein PID(T 1 )-Glied läßt sich auch durch die Parallelschaltung eines P-, I- <strong>und</strong> D-<br />
Kanals realisieren. Hierfür ist eine geeignete Rechenschaltung zu entwickeln <strong>und</strong><br />
bei der Vorbesprechung vorzulegen.<br />
Literatur<br />
[1] Regelungstechnisches Praktikum I, Versuch 1.<br />
[2] Giloi, Lauber: Analogrechner. Springer Verlag<br />
[3] Ernst: Elektronische Analogrechner. R. Oldenbourg Verlag, München<br />
[4] Tietze, Schenk: Halbleiter-Schaltungstechnik. Springer Verlag<br />
[5] BICC-Vero-Electronics Bremen: Applikationen zum Analogcomputer.<br />
22