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Frauen im österreichischen Asylrecht Wie das ... - Zebra

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Abkürzungsverzeichnis<br />

Abl.<br />

Abs.<br />

AEMR<br />

Art.<br />

AsylG<br />

Aufl.<br />

AVG<br />

BAS<br />

Bd.<br />

BGBl<br />

Doc.<br />

EGMR<br />

EMRK<br />

FGM<br />

GAOR<br />

GFK<br />

GP<br />

Hgin<br />

Hrsg.<br />

idF<br />

i.V.<br />

Jg.<br />

o.a.<br />

max.<br />

No.<br />

Nr.<br />

Res.<br />

RGBl<br />

StGG<br />

UBAS<br />

UN<br />

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft<br />

Absatz<br />

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte<br />

Artikel<br />

Asylgesetz<br />

Auflage<br />

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz<br />

Bundesasylamt<br />

Band<br />

Bundesgesetzblatt<br />

Document<br />

Europäischer Gerichtshof für<br />

Menschenrechte<br />

Europäische Menschenrechtskonvention<br />

Female Genital Mutilation<br />

General Assembly Official Records<br />

Genfer Flüchtlingskonvention<br />

Gesetzgebungsperiode<br />

Herausgeberin<br />

Herausgeber<br />

in der Fassung<br />

in Verbindung<br />

Jahrgang<br />

oben angeführt<br />

max<strong>im</strong>al<br />

Number<br />

Nummer<br />

Resolution<br />

Reichsgesetzblatt<br />

Staatsgrundgesetz<br />

Unabhängiger Bundesasylsenat<br />

United Nations<br />

I


UNHCR<br />

United Nations High Commissioner for<br />

refugees<br />

Unterabs.<br />

Unterabsatz<br />

UNTS<br />

United Nations Treaty Series<br />

v. versus<br />

Vol.<br />

Volume (Band)<br />

VwGH<br />

Verwaltungsgerichtshof<br />

Z. Ziffer<br />

Zl.<br />

Zahl<br />

II


Thema:<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> <strong>österreichischen</strong> <strong>Asylrecht</strong><br />

<strong>Wie</strong> <strong>das</strong> österreichische <strong>Asylrecht</strong> auf Grundlage der<br />

Rechtsprechung den frauenspezifischen Anforderungen<br />

gerecht wird.<br />

Diplomarbeit<br />

zur<br />

Erlangung des akademischen Grades Mag. iur. (Magister iuris)<br />

an der<br />

Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karl – Franzens – Universität Graz<br />

vorgelegt von<br />

Guntram Suppan – Seewann<br />

eingereicht bei<br />

Univ.-Prof. Mag. Dr. Wolfgang Benedek<br />

Graz, <strong>im</strong> Juni 2004<br />

III


Inhaltsverzeichnis<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

I<br />

I Untersuchungsgegenstand und Methode 01<br />

II<br />

Flüchtlingsfrauen – <strong>Frauen</strong>rechte<br />

1 Verfolgungsgrund weiblich und die<br />

Zugehörigkeit zu einer „best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe“ 05<br />

2 Die internationalen Standards<br />

2.1 Die Satzung der Vereinten Nationen 07<br />

2.2 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 08<br />

2.3 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom<br />

19. Dezember 1966 08<br />

2.4 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 09<br />

2.5 Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskr<strong>im</strong>inierung<br />

der Frau vom 18. Dezember 1979 (UN <strong>Frauen</strong>konvention) 09<br />

2.6 Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche<br />

oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (UN Folterkonvention) 10<br />

2.7 Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen <strong>Frauen</strong> 10<br />

3 Afrika – Banjul Charta 11<br />

4 Mittlerer Osten – Kairoer Erklärung der Menschenrechte <strong>im</strong> Islam 11<br />

5 Die Forderungen des UNHCR<br />

5.1 UNHCR – Handbuch über Verfahren und Kriterien zur<br />

Feststellung der Flüchtlingseigenschaft 12<br />

5.2 UNHCR Guidlines on the Protection of Refugee Women<br />

(Richtlinie zum Schutz von Flüchtlingsfrauen) 12<br />

5.3 Beschlüsse des UNHCR Exekutivkomitees 13<br />

IV


6 Konflikte mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)<br />

6.1 Abschiebungsschutz 14<br />

6.2 Diskr<strong>im</strong>inierungsverbot 15<br />

6.3 Recht auf ein faires Verfahren 15<br />

7 Die Asylgesetznovelle 2003 16<br />

7.1 Änderungen 16<br />

7.2 Konfliktpunkte <strong>im</strong> materiellen Recht 18<br />

7.3 Konfliktpunkte <strong>im</strong> Verfahren 19<br />

7.4 Schlussfolgerungen 19<br />

III Staatliche Verfolgung als Asylvoraussetzung?<br />

1 Problematik 22<br />

2 Rechtsprechung 23<br />

3 Schlussfolgerungen 24<br />

IV <strong>Frauen</strong>spezifische Fluchtgründe 25<br />

1 Genitalverstümmelung (FGM, Female Genital Mutilation)<br />

1.2 Problematik 26<br />

1.3 Verbreitung 27<br />

1.4 Gesetzliche Vorkehrungen 27<br />

1.5 Praktiken 28<br />

1.6 Rechtsprechung 29<br />

1.7 Schlussfolgerungen 33<br />

2 <strong>Frauen</strong>spezifische Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften<br />

2.1 Problematik 35<br />

2.2 Rechtsprechung 36<br />

2.3 Schlussfolgerungen 41<br />

V


3 Vergewaltigungen<br />

3.1 Problematik 42<br />

3.2 Körperliche Folgen 42<br />

3.3 Psychische Folgen 42<br />

3.4 Soziale Folgen 43<br />

3.5 Vergewaltigung in bewaffneten Konflikten 43<br />

3.6 Rechtsprechung 44<br />

3.7 Schlussfolgerungen 51<br />

4 Zwangssterilisationen – Zwangsabtreibungen<br />

4.1 Problematik 52<br />

4.2 Rechtsprechung 53<br />

4.3 Schlussfolgerungen 58<br />

5 Zwangsheirat<br />

5.1 Problematik 60<br />

5.2 Rechtsprechung 60<br />

5.3 Schlussfolgerungen 62<br />

V Schlussfolgerungen 63<br />

VI Literaturverzeichnis 70<br />

VI


Im Gedenken an Mag. Christoph Weritsch, der mich durch seine juristische<br />

Kompetenz und sein Engagement für Asylantinnen und Asylanten inspirierte, meine<br />

Diplomarbeit über dieses Thema zu schreiben.<br />

Danke Christoph.<br />

VII


I<br />

Untersuchungsgegenstand und Methode<br />

Zu Beginn der Arbeit (Kapitel II) wird eine Definition von <strong>Frauen</strong>rechten und<br />

den daraus resultierenden Ansprüchen von Flüchtlingsfrauen formuliert. Denn<br />

<strong>Frauen</strong> sind in besonderer Weise von Verstössen gegen die Menschenrechte<br />

betroffen. In dieser Arbeit wird die Problematik der geschlechtsspezifischen<br />

Verfolgungen <strong>im</strong> Vordergrund stehen. Zunächst erfordert dies eine Erhebung<br />

von <strong>Frauen</strong>rechten <strong>im</strong> internationalen Recht. Hier werden die UN Charta, die<br />

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, der Internationale Pakt über<br />

bürgerliche und politische Rechte, der Internationale Pakt über wirtschaftliche,<br />

soziale und kulturelle Rechte, die UN <strong>Frauen</strong>konvention, die UN<br />

Folterkonvention und die Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen<br />

<strong>Frauen</strong> in bezug auf <strong>Frauen</strong>rechte untersucht. In einem zweiten Schritt wird<br />

die Haltung des UNHCR erhoben. Dafür werden Dokumente des UNHCR<br />

herangezogen. (UNHCR Policy on Refugee Women, UNHCR Guidlines on the<br />

Protection of Refugee Women und Beschlüsse des UNHCR Exekutivorgans)<br />

In einem dritten Schritt werden frauenspezifische Anforderungen in der EMRK<br />

betrachtet, hier speziell Bereiche wie <strong>das</strong> Diskr<strong>im</strong>inierungsverbot,<br />

Abschiebungshindernisse und <strong>das</strong> Recht auf ein faires Verfahren. Auch wird<br />

die Asylgesetznovelle 2003 (anzuwenden ab 1. Mai 2004) bezüglich der<br />

Ansprüche von Flüchtlingsfrauen betrachtet werden.<br />

Es wird hier <strong>im</strong> vergleichenden Verfahren zur alten Rechtslage gearbeitet.<br />

Auch werden mögliche Problemfelder <strong>im</strong> Verfahren, wie zum Beispiel die<br />

mögliche Gefahr der aus Scham verschwiegenen relevanten Asylgründe,<br />

aufgezeigt und es wird untersucht wie Österreich, diesen potentiellen durch<br />

eine Abschiebung bedingten Menschenrechtsverletzungen, vorbeugt. Geprüft<br />

wird auch, ob dem Problem vorgebeugt wird, <strong>das</strong>s viele <strong>Frauen</strong> sich<br />

hauptsächlich auf die Fluchtgründe ihres mit ihnen geflohenen Mannes<br />

beziehen und so ihre eigenen asylrelevanten Fluchtgründe <strong>im</strong> Verfahren<br />

unerwähnt bleiben. Das Ergebnis wird zeigen, ob diese Novelle für die<br />

frauenspezifischen Anforderungen ein Fortschritt ist. Die Schlussfolgerungen<br />

des Kapitels II zeigen, welchen völkerrechtlichen Verbindlichkeiten <strong>das</strong><br />

österreichische <strong>Asylrecht</strong> gerecht zu werden hat, und ob <strong>das</strong> derzeit geltende<br />

Asylgesetz dem auch gerecht wird.<br />

VIII


In Kapitel III wird die Frage geklärt, ob eine staatliche Verfolgung die Flucht<br />

aus dem He<strong>im</strong>atstaat bedingt haben muss, um in Österreich einen Asylgrund<br />

darzustellen, oder ob auch ein nicht gewährleisteter staatlicher Schutz vor<br />

privater Verfolgung <strong>im</strong> He<strong>im</strong>atstaat zur Asylgewährung in Österreich ausreicht.<br />

Hier wird die Haltung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) betrachtet und<br />

mit der Rechtsansicht der Unterinstanzen verglichen.<br />

Denn dieser Punkt stellt die wesentliche Vorfrage zur Beantwortung der<br />

Hauptfrage dar, nämlich ob Österreich den frauenspezifischen<br />

Anforderungen in der Asylmaterie gerecht wird?<br />

In den Schlussfolgerungen des III. Kapitels wird aufgrund der internationalen<br />

Standards und der nationalen Rechtsprechung ein abstraktes Profil der<br />

Voraussetzungen einer Schutzgewährung aufgrund frauenspezifischer<br />

Fluchtgründe erstellt.<br />

Kapitel IV bildet den Kernbereich der Arbeit und stellt die in abstracto<br />

erarbeiteten Voraussetzungen den konkreten Anforderungen gegenüber.<br />

Es wird anhand des geltendes Rechtes herausgefunden ob der<br />

österreichische Staat bei den frauenspezifischen Fluchtgründen seiner<br />

völkerrechtlichen Verpflichtung der Asylgewährung gerecht wird.<br />

Besonders betrachtet werden:<br />

1. Die Genitalverstümmelung, stellt eine absichtliche schwere Körperverletzung<br />

dar und ist in Afrika weit verbreitet. Nicht selten handelt es sich sogar um eine<br />

Körperverletzung mit tödlichem Ausgang und stellt somit Lebensgefahr für die<br />

betroffenen <strong>Frauen</strong> dar. Dieser Menschenrechtsverstoss kann somit von<br />

Österreich nicht akzeptiert werden. Bereits der UBAS und auch der VwGH<br />

haben die Bedrohung durch dieses Verbrechen an jungen <strong>Frauen</strong> als<br />

Asylgrund erkannt. Aber es liegt nach wie vor für die Asylsuchenden die<br />

Problematik darin diese potentielle Bedrohung glaubhaft zu machen. Denn der<br />

grundsätzlich positive Aspekt, <strong>das</strong>s die Genitalverstümmelung schon in vielen<br />

afrikanischen Ländern verboten ist, birgt die Gefahr in sich keine Bedrohung<br />

anzunehmen. Aber in den meisten Ländern werden diese Verbote nicht<br />

exekutiert und die <strong>Frauen</strong> sind ihren Peinigern schutzlos ausgeliefert.<br />

IX


2. <strong>Frauen</strong>spezifische Bekleidungs- und Verhaltensvorschriften sind in vielen<br />

Ländern gesetzlich verankert und stellen eine Vielzahl von Eingriffen in die<br />

Grundrechte von <strong>Frauen</strong> dar. In diesem Abschnitt wird die Problematik<br />

aufgezeigt werden und die Konfliktpunkte mit den Menschenrechten und<br />

Verstössen gegen den <strong>österreichischen</strong> ordre public gesucht werden. Es wird<br />

der Frage nachgegangen, unter welchen Voraussetzungen diese Vorschriften<br />

einen Asylgrund darstellen und welcher Auffassung die Rechtsprechung ist.<br />

3. Vergewaltigungen sind in allen Gesellschaften vorzufinden und auch überall<br />

verboten und werden somit keinen Asylgrund darstellen können. Aber die<br />

Bedrohung von Vergewaltigungen in Kriegen stellen einen Asylgrund dar.<br />

4. Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen sind vor allem in China<br />

anzutreffen. Auch hier wird anhand der Rechtsprechung die Haltung<br />

Österreichs geprüft.<br />

Erhält eine Frau die vor der drohenden Abtreibung, hervorgerufen durch<br />

staatlichen oder familiären Druck, nach Österreich geflohen ist Asyl und ist<br />

eine bereits eingetretene Schwangerschaft eine Voraussetzung dafür?<br />

5. Zwangsverheiratungen sind nach wie vor gängige Praxis in vielen Ländern.<br />

Auch ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte und als Asylgrund<br />

relevant. Und nicht nur die Heirat selbst ist als menschenrechtswidrig zu<br />

sehen, sondern weitere bereits oben angeführte Verstösse sind<br />

vorprogrammiert.<br />

X


Alle hier angeführten Fluchtgründe werden als Asylgrund unter Einbeziehung<br />

der <strong>österreichischen</strong> Rechtsprechung verifiziert oder falsifiziert.<br />

Schließlich werden auch Bescheide der I. Instanz betrachtet. Es gilt die Frage<br />

zu beantworten, ob sich aus diesen Bescheiden Regelmäßigkeiten ableiten<br />

lassen, die mit den internationalen Standards und der <strong>österreichischen</strong><br />

Rechtsprechung höherer Instanzen nicht <strong>im</strong> Einklang stehen.<br />

Die Schlussfolgerungen (Kapitel VI) werden eine bejahende oder verneinende<br />

Antwort auf die bereits erwähnte Kernfrage liefern. Die Gemeinsamkeiten all<br />

dieser Fluchtgründe werden aufgezeigt. Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten<br />

zeigen sich die rechtlichen Zusammenhänge und es wird aufgezeigt, ob auch<br />

unter den einzelnen Fluchtgründen eine rechtliche Gleichbehandlung in<br />

Österreich besteht.<br />

Den Abschluss bildet die Beantwortung der Hauptfrage.<br />

Wird Österreich den frauenspezifischen Anforderungen in der<br />

Asylmaterie gerecht ?<br />

XI


II<br />

Flüchtlingsfrauen – <strong>Frauen</strong>rechte<br />

1 Verfolgungsgrund weiblich und die<br />

Zugehörigkeit zu einer „best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe“<br />

Oftmals sind <strong>Frauen</strong> von einer doppelten Verfolgung betroffen. Einerseits<br />

laufen sie natürlich Gefahr aufgrund der gleichen Fluchtgründe wie Männer ihr<br />

Land verlassen zu müssen und andererseits werden sie aufgrund ihres<br />

Geschlechts diskr<strong>im</strong>iniert.<br />

Die Forderung „Women´s Rights are Human Rights“ ist noch nicht<br />

verwirklicht. 1<br />

Um von einer frauenspezifischen Verfolgung sprechen zu können, muss die<br />

Frage, ob eine gleichartige Verfolgung auch Männer betreffen kann, verneint<br />

werden. 2<br />

Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) aus 1951 3 ist <strong>das</strong> massgebliche<br />

Dokument um eine allfällige Flüchtlingseigenschaft festzustellen. Aber keine<br />

einzige Best<strong>im</strong>mung dieser Konvention bezieht sich auf weibliche Flüchtlinge.<br />

Geschlechtsspezifische Merkmale scheinen in der GFK nicht auf. Die<br />

Definition der GFK ist auf männliche Flüchtlinge zugeschnitten. Dies ist nicht<br />

weiter verwunderlich wenn man bedenkt, <strong>das</strong>s auf der internationalen<br />

Konferenz 1951, der Geburtsstunde der GFK, <strong>Frauen</strong> nicht vertreten waren. 4<br />

Nach dieser mittlerweile ein halbes Jahrhundert alten Definition ist Flüchtling,<br />

wer eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse,<br />

Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe<br />

oder politischen Überzeugung hat. 5<br />

Dadurch ist man nun gezwungen, die in der Konvention nicht vorhandenen<br />

geschlechtsspezifischen Verfolgungen unter jene <strong>im</strong> Art. 1 der Konvention<br />

enthaltenen Tatbestände, zu subsumieren. Denn es darf vorausgesetzt<br />

werden, <strong>das</strong>s es nicht Zweck der Konvention ist, frauenspezifische Verfolgung<br />

nicht als konventionsflüchtlingsrelevant zuzulassen. In der Regierungsvorlage<br />

zum Asylgesetz 1991 findet sich bereits die Feststellung, <strong>das</strong>s eine Verfolgung<br />

1 Siehe GAHN Catrin, Adäquate Anhörung <strong>im</strong> Asylverfahren für Flüchtlingsfrauen? 1999, 19<br />

2 Siehe HAUSAMANN Christina, Die Berücksichtigung der besonderen Anliegen der <strong>Frauen</strong>flüchtlinge in der<br />

laufenden Asylgesetzrevision in ASYL – Schweizerische Zeitschrift für <strong>Asylrecht</strong> und –praxis, 11.Jg. 1996, Heft<br />

2 Juni 1996, 41<br />

3 Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1955/55 in Kodex, Innere Verwaltung, 519<br />

4 Siehe JENSEN Inke, <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Asyl- und Flüchtlingsrecht 2002, 28<br />

5 Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1955/55, Art 1 AbsA Z 2<br />

XII


aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung unter den Begriff<br />

der Zugehörigkeit zu einer best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe zu subsumieren sei. 6<br />

Somit bezieht sich Österreich auf Art. 1 der Konvention, wenn es um die<br />

Absprache über frauenspezifische Fluchtgründe geht und erkennt die<br />

verfolgten <strong>Frauen</strong> somit als „best<strong>im</strong>mte soziale Gruppe“ an, sofern kein<br />

anderer Tatbestand des Art. 1 der GFK zur Subsumtion veranlasst. 7 Damit<br />

kommt deutlich zum Ausdruck, <strong>das</strong>s der Terminus „soziale Gruppe“ eben nur<br />

als Auffangtatbestand in die GFK eingefügt wurde und als solcher auch in <strong>das</strong><br />

Asylgesetz 1991 übernommen wurde. Dieser Auffangtatbestand<br />

überschneidet sich in weiten Bereichen mit den Gründen der Rasse, Religion<br />

und der Nationalität, jedoch ist er weiter gefasst als diese. 8<br />

Bei vielen geschlechtsspezifischen Verfolgungsgründen muss auch gar nicht<br />

erst auf diesen Auffangtatbestand ausgewichen werden, da die<br />

geschlechtsspezifische Verfolgung bereits unter andere Konventionsmerkmale<br />

subsumiert werden kann. Beispielsweise kann die Verfolgung einer Frau, die<br />

aus der Weigerung ein Kopftuch zu tragen resultiert, auch durch Religion oder<br />

politische Gesinnung begründet werden. 9<br />

Aber dennoch verbleiben eine Vielzahl von geschlechtsspezifischen<br />

Sachverhalten, die einer Subsumtion unter den Tatbestand der „best<strong>im</strong>mten<br />

sozialen Gruppe“ bedürfen. Doch was die Zugehörigkeit zu dieser<br />

„best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe“ wirklich begründet, ist nicht einheitlich geklärt<br />

und wie <strong>das</strong> o.a. <strong>im</strong> Falle Österreichs zeigt, von der Auffassung der einzelnen<br />

Staaten abhängig.<br />

Auch gestaltet sich die Suche nach einer allgemein gültigen Definition der<br />

Zugehörigkeit zu einer „best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe“ schwierig. Kälin sieht die<br />

Zugehörigkeit zu einer „best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe“ darin begründet, <strong>das</strong>s<br />

eine nicht sachlich gerechtfertigte Repression nur auf jene Personen zutrifft,<br />

die sich durch ein gemeinsames soziales Merkmal auszeichnen.<br />

Ausschlaggebend ist in dieser Definition, <strong>das</strong>s die Verfolgung nicht stattfinden<br />

würde, wenn dieses gemeinsame Merkmal nicht gegeben wäre. 10<br />

6 Siehe Vorbringen der Grünen, Stenografisches Protokoll zur 77. Sitzung, XX.GP,1999<br />

7 Siehe GEWIS Tina, Asyl – <strong>Frauen</strong> auf der Flucht in Gabriel Elisabeth (Hgin), <strong>Frauen</strong>rechte – Einführung in<br />

den internationalen frauenspezifischen Menschenrechtsschutz 2001, 117<br />

8 Siehe ROHRBÖCK Josef, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Kommentar 1999, RZ 406<br />

9 Siehe JENSEN Inke, <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Asyl- und Flüchtlingsrecht 2002, 28<br />

10 Siehe KÄLIN Walter, Grundriss des Asylverfahrens 1990, 96f<br />

XIII


Der kanadische Oberste Gerichtshof (Supreme Court) sieht die Zugehörigkeit<br />

zu einer „best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe“ dann begründet, wenn sich eine<br />

Personengruppe durch ein gemeinsames angeborenes oder unabänderliches<br />

Merkmal, wie eben <strong>das</strong> Geschlecht, auszeichnet. 11<br />

In einem „Gemeinsamen Standpunkt“ des Rates der Europäischen Union 12 ,<br />

betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffs<br />

„Flüchtling“ in Art. 1 der GFK, findet sich zum Begriff der „best<strong>im</strong>mten sozialen<br />

Gruppe“ folgendes: „Eine best<strong>im</strong>mte soziale Gruppe umfasst in der Regel<br />

Personen mit ähnlichem Hintergrund, ähnlichen Gewohnheiten oder<br />

ähnlichem sozialen Status.“<br />

Doch lassen auch all diese Definitionsansätze weite Spielräume in der<br />

Rechtsanwendung.<br />

Auch stellt sich die Frage ob eben diese „best<strong>im</strong>mte soziale Gruppe“ wirklich<br />

alle frauenspezifischen Fluchtgründe abdeckt. <strong>Wie</strong> sieht es mit <strong>Frauen</strong> aus,<br />

die Opfer häuslicher Gewalt werden, die Hauptursache von Verletzungen<br />

gegen <strong>Frauen</strong> weltweit. 13<br />

2 Die internationalen Standards<br />

2.1 Die Satzung der Vereinten Nationen 14<br />

Bereits in der Präambel der Satzung bekräftigen die Vertragsstaaten ihren<br />

Glauben an die Gleichberechtigung von Mann und Frau. In Art. 1 Z. 3 wird der<br />

Wille geäussert eine Zusammenarbeit herbeizuführen um die Achtung vor den<br />

Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle, ohne Unterschied der Rasse,<br />

des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen.<br />

Dieser Wille wird auch in Art. 8 der Satzung bekräftigt.<br />

11 Siehe GOODWINN – GILL Guy, The refugee in international law, 2. Aufl. 1996, 359f<br />

12 abgedruckt in ROHRBÖCK Josef, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Kommentar 1999,<br />

RZ 407<br />

13 Siehe KUMIN Judith, 50 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention in Flüchtlinge 2/2001 unter<br />

http://www.unhcr.de/pdf/34.pdf<br />

14 Siehe Beck Texte, Menschenrechte 4. Aufl. 1998, 1 (UNTS Bd 557, 143)<br />

XIV


2.2 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 15<br />

Es handelt sich hier um eine Resolution der Generalversammlung der<br />

Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948.<br />

Art. 2 der Erklärung enthält ein Diskr<strong>im</strong>inierungsverbot und nach Art. 7 haben<br />

alle Menschen Anspruch auf den gleichen Schutz durch <strong>das</strong> Gesetz. Auch<br />

haben alle Menschen Anspruch auf den gleichen Schutz vor Diskr<strong>im</strong>inierung.<br />

Das Recht um Asyl zu bitten steht nach Art. 2 i.v.m. Art. 14 Z. 1 <strong>Frauen</strong><br />

gleichermassen zu wie Männern.<br />

Nach Art. 3 hat jeder Mensch <strong>das</strong> Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit<br />

seiner Person.<br />

Nach Art. 16 Z. 1 haben <strong>Frauen</strong> und Männer <strong>das</strong> Recht eine Familie zu<br />

gründen.<br />

<strong>Frauen</strong> und Männer haben in allen Eheangelegenheiten nach Art. 16 Z. 1 S. 2<br />

die gleichen Rechte.<br />

Nach Art. 16 Z. 2 darf die Ehe nur auf Grund der freien und vollen<br />

Willenseinigung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden.<br />

2.3 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom<br />

19. Dezember 1966 16<br />

Art. 3 des Paktes bezieht sich speziell auf die Gleichbehandlung von Mann<br />

und Frau. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die Gleichberechtigung von<br />

Mann und Frau bei der Ausübung der <strong>im</strong> Pakt festgelegten bürgerlichen und<br />

politischen Rechte sicherzustellen.<br />

Art. 6 regelt <strong>das</strong> Recht auf Leben. Lebensgefährliche kollektive<br />

Gewaltmaßnahmen gegen <strong>Frauen</strong> sind untersagt. Nach dem Pakt ist es<br />

ebenfalls untersagt, wie in Korea üblich, <strong>das</strong> Geschlecht von Embryonen zu<br />

best<strong>im</strong>men und die Weiblichen abzutreiben. 17<br />

Art. 7 beinhaltet <strong>das</strong> Verbot der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder<br />

erniedrigender Behandlung oder Strafe. Darunter sind die genitale<br />

Verstümmelung von <strong>Frauen</strong> und Zwangssterilisationen sowie<br />

Zwangsabtreibungen zu subsumieren.<br />

15 Siehe Beck Texte, Menschenrechte 4. Aufl. 1998, 5 (GAOR; III, Resolutions (UN-Doc. A/810), 71)<br />

16 Siehe Beck Texte, Menschenrechte 4. Aufl. 1998, 25 (UNTS Bd. 999, 171)<br />

17 Siehe KLEIN Eckart, Schutz der Menschenrechte der <strong>Frauen</strong> nach dem internationalen Pakt über bürgerliche<br />

und politische Rechte in KLEIN Eckart (Hrsg.) 20 Jahre Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung der Frau, 48<br />

XV


Durch <strong>das</strong> Sklavereiverbot des Art. 8 ist der <strong>Frauen</strong> oder Mädchenhandel<br />

erfasst. Art. 12 gewährt <strong>das</strong> Recht auf Freizügigkeit und verbietet somit den<br />

Umstand, <strong>das</strong>s <strong>Frauen</strong>, wie in Libyen üblich, nur in Begleitung ihres Mannes<br />

auf die Strasse gehen dürfen. 18<br />

Nach Art. 17 Abs. 1 darf niemand willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen<br />

in sein Privatleben ausgesetzt werden.<br />

Art. 23 Abs. 2 verbrieft <strong>das</strong> Recht, <strong>das</strong>s <strong>Frauen</strong> und Männer <strong>im</strong> heiratsfähigen<br />

Alter eine Ehe eingehen und eine Familie gründen dürfen.<br />

2.4 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 19<br />

Neben einem Diskr<strong>im</strong>inierungsverbot (Art. 2 Abs. 2) und einem<br />

Gleichbehandlungsgebot (Art. 3) enthält der Pakt in Art. 10 Z. 1 S. 2, <strong>das</strong>s eine<br />

Ehe nur geschlossen werden darf, wenn über den künftigen Ehegatten ein<br />

freies Einverständnis vorliegt.<br />

2.5 Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskr<strong>im</strong>inierung der<br />

Frau vom 18. Dezember 1979 (UN <strong>Frauen</strong>konvention) 20<br />

Österreich hat die UN – <strong>Frauen</strong>konvention anlässlich der Weltfrauenkonferenz<br />

1980 unterzeichnet 21 und 1982 ratifiziert 22 .<br />

Die <strong>Frauen</strong>konvention enthält zwar kein Recht auf Asyl ist aber hier trotzdem<br />

relevant, da sie <strong>das</strong> Ziel hat jegliche Diskr<strong>im</strong>inierung der Frau zu beseitigen.<br />

(Art. 1) Die Staaten verpflichten sich in Art. 5 einen Wandel in den sozialen<br />

und kulturellen Verhaltensmustern von Mann und Frau zu bewirken. Auch<br />

sollen Praktiken die auf einer stereotypen Rollenverteilung von Mann und<br />

Frau beruhen beseitigt werden. Und eben zu diesen Praktiken kann auch die<br />

weibliche Genitalverstümmelung gezählt werden. 23<br />

18 Siehe JENSEN Inke, <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Asyl- und Flüchtlingsrecht 2002, 32<br />

19 Siehe Beck Texte, Menschenrechte 4. Aufl. 1998, 66 (UNTS, Vol. 992, 3 vom 19.12.1966)<br />

20 Siehe Beck Texte, Menschenrechte 4. Aufl. 1998, 195 (G.A. Res. 34/180, UNTS, Vol. 1249, No. 20378)<br />

21 Siehe TERTINEGG Karin, Die UN – <strong>Frauen</strong>konvention und ihre Umsetzung in Österreich 2000, 48<br />

22 Siehe BGBl 443/1982<br />

23 Siehe SCHÖPP - SCHILLING Hanna Beate, Bedeutung und Auswirkung des <strong>Frauen</strong>rechtsübereinkommens in<br />

KLEIN Eckart (Hrsg.) 20 Jahre Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskr<strong>im</strong>inierung der Frau, 16<br />

XVI


2.6 Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche<br />

oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (UN Folterkonvention) 24<br />

Die UN Folterkonvention wurde am 10. Dezember 1984 unterzeichnet und ist<br />

am 26. Juni 1987 in Kraft getreten. 25<br />

Österreich ratifizierte die Konvention am 14. März 1985. 26<br />

Kein Vertragsstaat darf nach Art. 3 Abs. 1 dieser Konvention einen Menschen<br />

an einen anderen Staat ausliefern, wenn für diesen Menschen in diesem Staat<br />

die Gefahr der Folterung besteht. In Art. 1 Abs. 1 der Konvention ist der<br />

Folterbegriff definiert. Die Schmerzen oder Leiden müssen von einem<br />

Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer gleichartigen Funktion, auf<br />

deren Veranlassung oder deren ausdrücklichem oder stillschweigendem<br />

Einverständnis, verursacht werden. Schmerzen und Leiden von Privaten<br />

zugefügt, sind von der Konvention somit nicht ohne weiteres gedeckt, es sei<br />

denn der Staat duldet oder genehmigt diese Handlungen. Dazu mehr in<br />

Kapitel III.<br />

2.7 Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen <strong>Frauen</strong> 27<br />

Es handelt sich hier um eine Resolution der Generalversammlung, die somit<br />

keine Verbindlichkeit darstellt. Sie soll an dieser Stelle aber trotzdem nicht<br />

unerwähnt bleiben, da die Definition der Gewalt gegen <strong>Frauen</strong> in Art. 1<br />

ausdrücklich auch die Gewalt <strong>im</strong> privaten Bereich einschliesst.<br />

„jede gegen <strong>Frauen</strong> auf Grund ihrer Geschlechtszugehörigkeit gerichtete<br />

Gewalthandlung, durch die <strong>Frauen</strong> körperlicher, sexueller oder<br />

psychologischer Schaden oder Leid zugefügt wird oder zugefügt werden kann,<br />

einschließlich der Androhung derartiger Handlungen, der Nötigung und der<br />

willkürlichen Freiheitsberaubung, gleichviel ob <strong>im</strong> öffentlichen oder <strong>im</strong><br />

privaten Bereich“.<br />

24 Siehe Beck Texte, Menschenrechte 4. Aufl. 1998, 224 (UN Doc. A/39/51, at 197 (1984) )<br />

25 Siehe SCHULER Margaret / THOMAS Dorothy, Women´s HUMAN RIGHTS Step by Step 1997, 172<br />

26 Siehe BURGERS Herman / DANELIUS Hans, The United Nations Convention against Torture 1988, 107<br />

27 Siehe GA Res. 48/104 vom 20. Dezember 1993 unter<br />

http://www.humanrights.ch/instrumente/uno_abkommen/pdf/020611_cedaw_text_d.pdf<br />

XVII


3 Afrika – Banjul Charta<br />

Die Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 26. Juni<br />

1981 28 ist am 21.10.1986 in Kraft getreten. In Art. 2 findet sich <strong>das</strong> Verbot der<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung, der in der Charta garantierten Rechte. Art. 3 versichert, <strong>das</strong>s<br />

alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Art. 4 enthält ein Recht auf<br />

körperliche Unversehrtheit. „Die menschliche Person ist unverletzlich. Jedes<br />

menschliche Wesen hat ein Recht auf Achtung seines Lebens und seiner<br />

körperlichen und geistigen Unversehrtheit. Niemand darf willkürlich dieses<br />

Rechts beraubt werden.“ Art. 5 verbrieft den Schutz der Menschenwürde und<br />

<strong>das</strong> Verbot der Folter.<br />

4 Mittlerer Osten – Kairoer Erklärung der Menschenrechte <strong>im</strong> Islam<br />

Art. 6 der Erklärung bezieht sich auf die Stellung der Frau.<br />

Die Frau ist dem Mann gleichgestellt. Sie geniesst Rechte und hat auch<br />

Pflichten zu erfüllen. Ihr eigenes bürgerliches Dasein und ihre finanzielle<br />

Unabhängigkeit sind zugesichert. Auch darf sie ihren Namen und ihre<br />

Abstammung behalten.<br />

Der Ehemann ist aber für den Wohlstand und den Unterhalt der Familie<br />

verantwortlich.<br />

Allerdings enthält diese Erklärung keinen Durchsetzungsmechanismus und<br />

demnach sind die zugesicherten Rechte auch nirgendwo einzufordern. 29<br />

28 Siehe Beck Texte, Menschenrechte 4. Aufl. 1998, 519<br />

29 Siehe NEUHOLD Brita / PIRSTNER Renate / ULRICH Silvia, Menschenrechte – <strong>Frauen</strong>rechte 2003, 69<br />

XVIII


5 Die Forderungen des UNHCR<br />

5.1 UNHCR – Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der<br />

Flüchtlingseigenschaft 30<br />

Dieses Handbuch ist dazu best<strong>im</strong>mt den Entscheidungsträgern <strong>im</strong><br />

Asylverfahren zu helfen, den Flüchtlingsstatus <strong>im</strong> Sinne der Genfer<br />

Flüchtlingskonvention zu best<strong>im</strong>men. Bindend ist <strong>das</strong> Handbuch für die<br />

Behörden natürlich nicht.<br />

Erschienen ist <strong>das</strong> Handbuch <strong>im</strong> Jahre 1979 und dies ist auch die Erklärung,<br />

warum mit keinem Wort auf geschlechtsspezifische Verfolgung eingegangen<br />

wird. Denn die Problematik der geschlechtsspezifischen Verfolgung wurde erst<br />

1985 <strong>im</strong> Beschluss Nr. 39 des Exekutivkomitees behandelt. 31<br />

5.2 UNHCR Guidlines on the Protection of Refugee Women (Richtlinie zum<br />

Schutz von Flüchtlingsfrauen) 32<br />

Die Richtlinie baut auf der UNHCR „Policy on Refugee Women“ auf. Dieses<br />

UNHCR – Grundsatzpapier betreffend Flüchtlingsfrauen aus dem Jahre 1990<br />

setzte den politischen Rahmen für die Ausarbeitung eines organisierten<br />

Arbeitsplanes über die Integration von Flüchtlingsfrauen in die Programme und<br />

Projekte des UNHCR.<br />

Die Richtlinie folgte <strong>im</strong> Juli 1991 und soll einerseits UNHCR Bediensteten die<br />

Erkennung von frauenspezifischen Anforderungen erleichtern und sie ist auch<br />

an die Staaten gerichtet, die Flüchtlinge aufnehmen.<br />

Die Richtlinie befasst sich mit dem rechtlichen Schutz von Flüchtlingsfrauen in<br />

den Bereichen der Best<strong>im</strong>mung der Flüchtlingseigenschaft <strong>im</strong> Asylverfahren<br />

und <strong>im</strong> Aufenthaltsrecht. Die Richtlinie erwähnt diesbezüglich den Umstand,<br />

<strong>das</strong>s die Gründe zur Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft <strong>das</strong> Merkmal<br />

Geschlecht nicht enthalten. Deshalb bereite es Schwierigkeiten, den<br />

Flüchtlingsstatus einer Frau zu best<strong>im</strong>men, die gesellschaftliche Gesetze oder<br />

30 Siehe UNHCR´s Handbook on Procedures and Criteria for Determining refugee Status Under the 1951<br />

Convention and the 1967 Protocol Relating to the Status on Refugees.<br />

unter http://www.unhcr.de./pubs/handbuch/handbuin.htm.<br />

31 Siehe JENSEN Inke, <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Asyl- und Flüchtlingsrecht 2002, 40<br />

32 Siehe U.N. Doc. EC/SCP/67, 22. Juli 1991 unter http://www.unhcr.org/<br />

XIX


Bräuche hinsichtlich ihrer Rolle als Frau verletzt hat, und dadurch einer<br />

unmenschlichen Behandlung ausgesetzt war. 33<br />

Der UNHCR stellt fest, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> universelle Recht auf Nichtdiskr<strong>im</strong>inierung<br />

aufgrund des Geschlechts anerkannt sei und <strong>das</strong>s eine Diskr<strong>im</strong>inierung eine<br />

Verfolgung begründen kann. Denn die Trennung zwischen Diskr<strong>im</strong>inierung<br />

und Verfolgung kann nicht klar definiert werden. 34 Somit ruft die Richtlinie die<br />

Staaten dazu auf, die asylsuchenden <strong>Frauen</strong> als Mitglieder einer best<strong>im</strong>mten<br />

sozialen Gruppe anzuerkennen, wenn sie Verfolgung oder schwere<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung auf Grund ihres Geschlechts zu fürchten haben. Auch sollen<br />

die Staaten die Möglichkeit heranziehen, eine Übertretung von<br />

gesellschaftlichen Normen als religiöse oder politische Äusserung zu<br />

betrachten. 35 Eine den <strong>Frauen</strong> zugefügte Gewalt infolge eines Bruchs einer<br />

sozialen Norm müsse auch nicht dem Staat direkt zurechenbar sein, sondern<br />

es reiche aus, wenn der Staat die Frau nicht ausreichend schützen kann oder<br />

will, so die Richtlinie. 36 Weiters handelt es sich um eine Verfolgung <strong>im</strong> Sinne<br />

der GFK, wenn sexuelle Gewalt gegen <strong>Frauen</strong> mit der Zust<strong>im</strong>mung oder dem<br />

Stillschweigen von Trägern öffentlicher Gewalt erfolgen, um die Frau<br />

einzuschüchtern oder zu bestrafen. 37<br />

Eine ähnliche Situation erkennt der UNHCR bei <strong>Frauen</strong>, die aufgrund der<br />

politischen Tätigkeiten ihrer männlichen Verwandten verfolgt werden. Diese<br />

Übergriffe auf weibliche Verwandte sind geplanter Teil einer Terrorkampagne<br />

und somit ebenfalls asylrelevant. 38<br />

5.3 Beschlüsse des UNHCR Exekutivkomitees<br />

Das Exekutivkomitee stellte fest, <strong>das</strong>s <strong>Frauen</strong> und Mädchen den grössten Teil<br />

der Flüchtlingsbevölkerung der Welt darstellen und die besondere<br />

Verletzlichkeit von Flüchtlingsfrauen besondere Aufmerksamkeit verdienen.<br />

Auch hier werden die Staaten ermahnt die verfolgten <strong>Frauen</strong> als Mitglieder<br />

einer best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe anzuerkennen. 39 In einem weiteren<br />

Beschluss geht <strong>das</strong> Exekutivkomitee besonders auf die Problematik der<br />

33 Siehe UNHCR-Gender-Guidlines Abs. 54<br />

34 Siehe UNHCR-Gender-Guidlines Abs. 55<br />

35 Siehe UNHCR-Gender-Guidlines Abs. 71, Unterabs.3<br />

36 Siehe UNHCR-Gender-Guidlines Abs. 71, Unterabs.5<br />

37 Siehe UNHCR-Gender-Guidlines Abs. 71, Unterabs.4<br />

38 Siehe UNHCR-Gender-Guidlines Abs. 56<br />

39 Siehe Exekutivkomitee-Beschluss Nr. 39 unter http://www.unhcr.org/<br />

XX


sexuellen Gewalt gegen <strong>Frauen</strong> ein. 40 Den Staaten wird empfohlen Richtlinien<br />

zu entwickeln, die dem Umstand gerecht werden, <strong>das</strong>s <strong>Frauen</strong> häufig anderen<br />

Verfolgungsarten ausgesetzt sind als Männer. Allerdings geht dieser<br />

Beschluss nicht auf frauenspezifische Verfolgungsgründe ein. In weiteren<br />

Beschlüssen wird auf die besonderen Gefahren wie physische und sexuelle<br />

Gewalt, denen <strong>Frauen</strong> auf der Flucht ausgesetzt sind, hingewiesen. 41<br />

In einem weiteren Beschluss werden die Staaten aufgefordert, besonders<br />

qualifizierte Anhörerinnen <strong>im</strong> Asylverfahren bereitzustellen, um den Zugang<br />

von <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Anhörungsverfahren zu gewähren, auch wenn sie von Männern<br />

begleitet werden. 42<br />

6 Konflikte mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) 43<br />

6.1 Abschiebungsschutz<br />

Die EMRK geht nicht konkret auf die Problematik von Flüchtlingen und somit<br />

auch nicht auf die speziellere Problematik von Flüchtlingsfrauen ein.<br />

Aus dem Recht auf Leben in Art. 2 und dem Verbot der Folter in Art. 3<br />

resultiert aber die Forderung danach, <strong>das</strong>s Personen, die in ihrem He<strong>im</strong>atland<br />

von Folter oder Ermordung bedroht sind, nicht in dieses abgeschoben werden<br />

dürfen. Diese Forderung wird innerstaatlich durch den § 57 Fremdengesetz 44<br />

und den § 8 Asylgesetz 45 verwirklicht. (= non refoulement Prüfung)<br />

Dadurch ist die mit dem Asylverfahren betraute Behörde, bei<br />

Nichtzuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verpflichtet, eine mögliche o.a.<br />

Bedrohung zu prüfen und bei Bestehen dieser Bedrohung eine Abschiebung<br />

nicht zuzulassen. Da die meisten frauenspezifischen Fluchtgründe unter Art. 2<br />

und Art. 3 EMRK subsumierbar sind, sollte durch diese Best<strong>im</strong>mungen<br />

zumindest ein einstweiliger Schutz, unabhängig von der<br />

Konventionsflüchtlingseigenschaft, gegeben sein.<br />

40 Siehe Exekutivkomitee-Beschluss Nr. 73 unter http://www.unhcr.org/<br />

41 Siehe Exekutivkomitee-Beschlüsse Nr. 54; Nr.60; Nr. 64 unter http://www.unhcr.org/<br />

42 Siehe Exekutivkomitee-Beschluss Nr. 64 unter http://www.unhcr.org/<br />

43 Siehe Beck Texte, Menschenrechte 4. Aufl. 1998, 258 oder Kodex, Verfassungsrecht 18.Aufl., 161<br />

44 Siehe BGBl I 1997/75 idF BGBl I 2002/126<br />

45 Siehe BGBl I 1997/76 idF BGBl I 2003/101<br />

XXI


6.2 Diskr<strong>im</strong>inierungsverbot<br />

Art. 14 EMRK enthält ein Diskr<strong>im</strong>inierungsverbot bezüglich der in der<br />

Konvention gewährleisteten Rechte. Hier ist ausdrücklich klargestellt, <strong>das</strong>s<br />

keine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts stattfinden darf. Dieser Punkt<br />

ist insofern relevant, da er die Behörden zu einer objektiven<br />

Betrachtungsweise der möglichen Bedrohung zwingen sollte. Nicht objektiv<br />

und sachgerecht und somit nach Art. 2 i.V. Art. 14 EMRK rechtswidrig, wäre<br />

es beispielsweise, die Abschiebung einer von der Genitalverstümmelung<br />

bedrohten Frau zuzulassen, denn von Folter bedrohte Männer werden von<br />

Österreich nicht abgeschoben.<br />

6.3 Recht auf ein faires Verfahren<br />

Auf die Gründe und die Sinnhaftigkeit der Abwicklung des Asylverfahrens als<br />

Verwaltungsverfahren kann hier nicht eingegangen werden und war auch<br />

schon Gegenstand zahlreicher Abhandlungen. Allerdings ist der Frage<br />

nachzugehen, welche Obliegenheiten die Behörden treffen, um Art. 6 EMRK<br />

bezüglich der frauenspezifischen Anforderungen gerecht zu werden.<br />

Ein hoher Anspruch ist an die Ermittlungspflicht der Behörde zu stellen. In<br />

vielen Asylverfahren zeigt es sich, <strong>das</strong>s die Ausführungen der Asylwerberin<br />

den wichtigsten Beweis zur Entscheidungsfindung darstellen. Die Würdigung<br />

dieses Beweises hängt nun stark davon ab, ob die Ausführungen der Behörde<br />

glaubhaft erscheinen. In dieser Bewertung der Glaubhaftigkeit liegt ein hoher<br />

Spielraum für die Behörde und kann durchaus zu mit Rechtswidrigkeit<br />

befangenen Bescheiden führen. Auch die rechtliche Beurteilung erfordert ein<br />

hohes Mass an Sorgfalt und Ausbildung der Behörde. Ob die <strong>österreichischen</strong><br />

Behörden diesen Forderungen gerecht werden wird die in den nachfolgenden<br />

Kapiteln betrachtete Rechtsprechung zeigen.<br />

XXII


7 Die Asylgesetznovelle 2003 46<br />

Das geänderte Asylgesetz von 1997 ist für Asylanträge, gestellt seit dem 1.<br />

Mai 2004 anzuwenden. 47 Nachstehend soll nun untersucht werden, ob in der<br />

Novelle der Problematik der speziellen frauenspezifischen Anforderungen<br />

Rechnung getragen wird.<br />

Auffallend und nicht gerade der Stärkung des Bewusstseins für<br />

frauenspezifische Anforderungen förderlich ist, <strong>das</strong>s der neue Gesetzestext<br />

fast ausschliesslich in der männlichen Form formuliert ist (Ausnahme § 1 Z. 3),<br />

obgleich § 44a auf die sprachliche Gleichbehandlung hinweist.<br />

Auffallend deshalb, da <strong>im</strong> alten Gesetzestext hingegen fallweise die<br />

Bemühung erkennbar war durch die Verwendung der Mehrzahl eine<br />

geschlechtsneutrale Formulierung zu erreichen. Beispielsweise spricht § 6 Z. 1<br />

alt vom „Vorbringen der Asylwerber“ wo hingegen § 6 Z. 3 neu davon spricht,<br />

<strong>das</strong>s „der Asylwerber keine Gründe geltend macht“.<br />

7.1 Änderungen<br />

§ 2 Abs. 2 sichert bereits einen subsidiären Schutz, falls kein Asyl zu<br />

gewähren ist, aber nach einer Abschiebung mit Verletzungen der Art. 2 oder<br />

Art. 3 EMRK oder des Protokoll Nr.6 zur EMRK über die Abschaffung der<br />

Todesstrafe 48 <strong>im</strong> Herkunftsstaat zu rechnen ist. Diesen Personen ist eine<br />

befristete Aufenthaltsberechtigung auszustellen.<br />

§ 4 Abs.2 enthält eine taxative Aufzählung von Staaten in denen jedenfalls<br />

eine Drittstaatensicherheit anzunehmen ist, nämlich Liechtenstein und die<br />

Schweiz.<br />

§ 6 Abs. 1 Z. 2 ermöglicht der Behörde den Asylantrag in jeder Lage des<br />

Verfahrens als offensichtlich unbegründet abzuweisen, wenn die Asylwerberin<br />

die Behörde über ihre wahre Identität, ihre Staatsangehörigkeit oder die<br />

Echtheit ihrer Dokumente getäuscht hat.<br />

§ 10 Abs. 4 bindet die Behörde Asylanträge von Familienangehörigen<br />

gesondert zu prüfen, <strong>das</strong> Verfahren ist zwar in einem zu führen, aber jeder<br />

erhält einen gesonderten Bescheid. Ist eine Familienangehörige subsidiär<br />

46 Siehe BGBl I 101/2003<br />

47 Siehe BGBl I 101/2003 § 44 Abs. 2<br />

48 Siehe BGBl. 1985/138<br />

XXIII


schutzberechtigt, so ist dieser Schutz in gleicher Weise nach § 10 Abs. 3 allen<br />

Familienangehörigen zu gewähren. Dies wird auch in § 15 in den<br />

Best<strong>im</strong>mungen der befristeten Aufenthaltsberechtigungen bestätigt.<br />

§ 17 ermöglicht die Zurückweisung an der Grenze falls die Asylsuchende aus<br />

einem sicheren Drittstaat in <strong>das</strong> österreichische Bundesgebiet einreisen will.<br />

§ 18 best<strong>im</strong>mt nunmehr, <strong>das</strong>s Fremde die innerhalb des Bundesgebietes<br />

einen Asylantrag stellen der Erstaufnahmestelle vorzuführen sind. Sie sind zu<br />

durchsuchen und erkennungsdienstlich zu behandeln. Alle für <strong>das</strong><br />

Asylverfahren relevanten Gegenstände sind bei dieser Durchsuchung<br />

sicherzustellen. § 24 Abs. 4 best<strong>im</strong>mt, <strong>das</strong>s diese Durchsuchung durch eine<br />

Person gleichen Geschlechts stattzufinden hat. Der Asylwerberin ist eine<br />

ärztliche Untersuchung in der Erstaufnahmestelle zu ermöglichen.<br />

§ 24a setzt die Fristen für die Einvernahmen in der Erstaufnahmestelle zur<br />

Durchführung des Zulassungsverfahrens. Innerhalb von 48 Stunden nach<br />

Antragstellung, spätestens jedoch innerhalb von 72 Stunden hat die<br />

Ersteinvernahme stattzufinden. Die Asylwerberin ist darauf hinzuweisen, <strong>das</strong>s<br />

ihrer ersten Aussage eine verstärkte Glaubwürdigkeit zukommt und eine<br />

spätere Änderung der Aussage vor der Behörde glaubhaft zu machen ist.<br />

Nach Abschluss der Ersteinvernahme ist der Asylwerberin mitzuteilen, ob ihr<br />

Verfahren zulässig ist oder ob beabsichtigt wird ihren Asylantrag als<br />

unzulässig zurückzuweisen. Wird beabsichtigt den Asylantrag als unzulässig<br />

zurückzuweisen, wird der Asylwerberin eine Aktenabschrift ausgehändigt und<br />

es bleibt ihr eine Frist von mindestens 24 Stunden, ihre Stellungnahme<br />

abzugeben. Innerhalb dieser Frist hat eine Rechtsberatung stattzufinden. Bei<br />

der neuerlichen Einvernahme hat der Rechtsberater anwesend zu sein und es<br />

besteht die Möglichkeit neue Beweismittel und Tatsachen vorzulegen.<br />

§ 24b befasst sich mit der Problematik von Folteropfern und Traumatisierten.<br />

Wenn bei der Ersteinvernahme medizinisch belegbare Tatsachen zu Tage<br />

treten, <strong>das</strong>s die Asylwerberin Opfer von Folter war oder durch mit ihrer Flucht<br />

zusammenhängende Geschehnisse traumatisiert sein könnte, ist <strong>das</strong><br />

Verfahren zuzulassen. Asylwerberinnen, die angeben aufgrund von Eingriffen<br />

in ihre sexuelle Selbstbest<strong>im</strong>mung geflohen zu sein, sind von<br />

Organwalterinnen zu vernehmen.<br />

XXIV


§ 32 enthält ein grundsätzliches Neuerungsverbot <strong>im</strong> Berufungsverfahren<br />

Die Ausnahmen sind:<br />

Wenn sich der Sachverhalt nach der erstinstanzlichen Entscheidung<br />

entscheidungsrelevant geändert hat.<br />

Wenn <strong>das</strong> erstinstanzliche Verfahren aufgrund der Aktenlage mangelhaft war.<br />

Wenn die Neuerungen der Asylwerberin bis zur erstinstanzlichen<br />

Entscheidung nicht zugänglich waren.<br />

Wenn die Asylwerberin aufgrund einer medizinisch belegbaren<br />

Traumatisierung nicht in der Lage war die Neuerungen vorzubringen.<br />

Weiters hat eine Berufung gegen Bescheide, welche den Asylantrag als<br />

offensichtlich unbegründet oder wegen Drittstaatssicherheit zurückweisen,<br />

keine aufschiebende Wirkung. Die Bescheide sind nach Ablauf der<br />

Rechtsmittelfrist vollstreckbar. Der UBAS kann aber innerhalb von sieben<br />

Tagen nach Einlangen der Berufung eine aufschiebende Wirkung zuerkennen.<br />

§ 39a garantiert jeder Asylwerberin in der Erstaufnahmestelle eine<br />

Rechtsberatung, die durch eine unabhängige weisungsfreie Person<br />

durchzuführen ist.<br />

§ 40a gewährt jeder Asylwerberin eine Rückkehrberatung. Die<br />

Rückkehrberatung umfasst die Perspektivenabklärung in Österreich und <strong>im</strong><br />

Herkunftsstaat oder Drittstaat.<br />

7.2 Konfliktpunkte <strong>im</strong> materiellen Recht<br />

Die Klarstellung des Gesetzes, <strong>das</strong>s <strong>im</strong> Familienverfahren die Anträge<br />

gesondert zu prüfen sind und auch gesonderte Bescheide zu erlassen sind ist<br />

positiv zu beurteilen.<br />

Die Sanktion der Abweisung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet,<br />

wenn die Antragstellerin die Behörde über ihre Identität, ihre<br />

Staatsangehörigkeit oder die Echtheit ihrer Dokumente trotz Belehrung<br />

getäuscht hat, erscheint nicht sachgemäß. Denn es ist gut vorstellbar, <strong>das</strong>s<br />

auch bei Vorliegen der o.a. Voraussetzungen trotzdem eine<br />

Flüchtlingsanerkennung geboten ist.<br />

Auch <strong>das</strong> Neuerungsverbot <strong>im</strong> Berufungsverfahren birgt die Gefahr in sich,<br />

<strong>das</strong>s relevante Tatsachen und Beweise <strong>im</strong> Verfahren gar nicht vorgebracht<br />

werden können.<br />

XXV


7.3 Konfliktpunkte <strong>im</strong> Verfahren<br />

Das Gesetz ist sehr weit gefasst. Es ist nicht klar erkenntlich wie <strong>das</strong><br />

Verfahren in der Erstaufnahmestelle abzulaufen hat. Innerhalb von max. 72<br />

Stunden abzuklären, ob ein Asylverfahren zulässig ist oder nicht setzt eine<br />

hohe fachliche Kompetenz der Beamtinnen und Beamten voraus. Auch<br />

Traumatisierte und Folteropfer zu erkennen, setzt ein hoch qualifiziertes<br />

medizinisches und psychologisches Personal in diesen Zentren voraus. Auch<br />

bei den Durchsuchungen ist Vorsicht geboten um bei den Asylsuchenden nicht<br />

den Eindruck zu erwecken, Österreich vermute unlautere Absichten in ihrem<br />

Kommen. Rechtsberatung, Rückkehrberatung und medizinische Untersuchung<br />

sind zunächst durchaus positiv zu werten aber auch hier ist <strong>das</strong> Gesetz sehr<br />

weit gefasst.<br />

7.4 Schlussfolgerungen<br />

Ziel dieser Novelle war es offensichtlich die Asylverfahren zu beschleunigen<br />

und den Zustrom aus sicheren Drittländern gleich vorweg zu verhindern.<br />

Wobei sich dieses Problem seit der EU Osterweiterung vom 1. Mai 2004 kaum<br />

mehr stellt. Alle direkten Einreisen aus Nachbarländern Österreichs<br />

(Ausnahme Schweiz und Liechtenstein) sind nun nach der Verordnung zur<br />

Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Best<strong>im</strong>mung des Mitgliedstaates,<br />

der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem<br />

Mitgliedsstaat gestellten Asylantrag zuständig ist 49 , abzuhandeln.<br />

Zugegebenermaßen ist der momentane Zustand, die Länge der einzelnen<br />

Asylverfahren betreffend, untragbar. Aber es bleibt zu bezweifeln, <strong>das</strong>s die<br />

Einführung dieser Erstaufnahmestellen die Lösung sein wird. Denn es ist zu<br />

befürchten, <strong>das</strong>s Konventionsflüchtlinge abgewiesen werden. Denn in der<br />

Beurteilung der Drittlandssicherheit oder vertraglicher Unzuständigkeit kann<br />

der Zeitdruck von 72 Stunden zur Gefahr werden. Und selbst wenn es<br />

vordergründig so zu beurteilen ist, <strong>das</strong>s ein anderer Mitgliedsstaat der EU,<br />

nach der Verordnung zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur<br />

Best<strong>im</strong>mung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem<br />

49 Siehe Verordnung (EG) Nr. 343 / 2003 vom 18. 02.2003<br />

in Abl. Nr. 2050 von 25.2.2003, 1 - 10<br />

XXVI


Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrages<br />

zuständig ist 50 , für die Abwicklung des Verfahrens verantwortlich ist kann<br />

durchaus die Zuständigkeit Österreichs gegeben sein. Dies zeigt <strong>das</strong><br />

Erkenntnis des VwGH 51 vom Dezember 2003 indem die Zuständigkeit<br />

Österreichs festgestellt wurde, obwohl die Asylwerberin in Belgien eingereist<br />

ist und auch ihr Bruder in Belgien lebt. Ursprünglich war die Frau aus Ruanda<br />

über Mali nach Belgien geflohen um ihre Tochter vor der<br />

Genitalverstümmelung zu schützen. Aber auch in Belgien zeigte es sich, <strong>das</strong>s<br />

die Tochter nicht sicher war, da die Familie ihres Bruders in eine<br />

Familienfehde verwickelt war und ihre Tante bereits in Belgien ermordet<br />

worden war. So floh sie weiter nach Österreich zu ihrer Schwester und stellte<br />

in Österreich einen weiteren Asylantrag. Die Erstbehörde verneinte die<br />

Zuständigkeit Österreichs unter Berufung auf <strong>das</strong> damals noch in Kraft<br />

stehende Dubliner Übereinkommen 52 (Das Dubliner Übereinkommen enthält<br />

<strong>im</strong> wesentlichen die selben Vorschriften wie die vorweg angeführte<br />

Verordnung.) und wies den Antrag als unzulässig zurück. Denn die<br />

Asylwerberin befand sich zum Zeitpunkt ihrer Einreise in <strong>das</strong><br />

Gemeinschaftsgebiet in Besitz eines gültigen Visums für Belgien. Nach dem<br />

Dubliner Übereinkommen Art.5 (2) war somit Belgien zuständig. Auch lag kein<br />

Grund vor, aufgrund der in Österreich lebenden Schwester die Zuständigkeit<br />

Österreichs zu bejahen, da sie auch durch ihren Bruder in Belgien den<br />

Familienanschluss erlangen konnte. So die Meinung des Bundesasylamtes.<br />

Hier aber entgegnete die Asylwerberin, <strong>das</strong>s sowohl die Familie ihres Bruders<br />

in Belgien durch Auseinandersetzungen mit anderen Personen aus Ruanda<br />

bedroht ist, als auch ihre Tochter nicht vor der Genitalverstümmelung in<br />

Belgien sicher sei. Eine Abschiebung nach Belgien würde sie und ihre Tochter<br />

in eine ausweglose Lage bringen.<br />

Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes 53 erhob die Asylwerberin<br />

Berufung, aber auch der UBAS verneinte die Zuständigkeit Österreichs. Der<br />

UBAS stellte fest, „<strong>das</strong>s es sich bei Belgien – so wie bei Österreich – um einen<br />

Rechtsstaat mit funktionierenden Polizeiapparat und durchsetzbarer<br />

50 Siehe Verordnung (EG) Nr. 343 / 2003 vom 18. 02.2003<br />

51 Siehe VwGH Erkenntnis 2003/01/0136<br />

52 Siehe Dubliner Übereinkommen vom15.06.1990 in BGBl. III Nr. 165/1997<br />

53 Siehe UBAS Zl. 234.387/0-V/15/03<br />

XXVII


Rechtsordnung handle und es daher möglich sei, sich <strong>im</strong> Fall der Bedrohung<br />

jedweder Art sowie bei beabsichtigter Körperverletzung, wie Beschneidung,<br />

zwecks Abhilfe an die staatlichen Behörden zu wenden.“ 54 Es liege somit<br />

eine negative Prozessvoraussetzung für ein Asylverfahren in Österreich vor.<br />

Nun stellte aber der VwGH Versäumnisse der Behörden fest, da der Artikel 8<br />

EMRK, in Bezug auf die Auswirkungen auf <strong>das</strong> Familienleben mit der in<br />

Österreich lebenden Schwester, unzureichend geprüft wurde. Ein Eingriff in<br />

<strong>das</strong> Familienleben der Asylwerberin wurde festgestellt. Die Behörden hätten<br />

sich mit den Einwendungen der Asylwerberin, bezüglich der unsicheren Lage<br />

ihres Bruders in Belgien eingehender befassen müssen.<br />

Der angefochtene Bescheid des UBAS wurde somit wegen Rechtswidrigkeit<br />

seines Inhalts aufgehoben.<br />

Dieser Fall soll zeigen, wie notwendig eine genaue Einzelfallbetrachtung ist.<br />

Auch zeigt er, <strong>das</strong>s es sowohl Situationen von asylrelevanter Verfolgung<br />

innerhalb des Gemeinschaftsgebietes geben kann. Wenn der VwGH diese<br />

o.a. Situation als relevant betrachtet, lässt sich der Grössenschluss ziehen,<br />

<strong>das</strong>s erst recht bei sicheren Drittländern nach dem Asylgesetz eine genaue<br />

Einzelfallbetrachtung zu erfolgen hat. Ob dies in den Erstaufnahmezentren<br />

erfolgen kann bleibt mehr als fraglich. Denn durch die Novelle ist auch ein<br />

Versuch erkennbar <strong>das</strong> Bundesasylamt in der Flut der Anträge zu entlasten.<br />

Es ist somit davon auszugehen, <strong>das</strong>s die fachliche Kompetenz der<br />

ReferentInnen in den Erstaufnahmezentren nicht besser sein wird als jene des<br />

Personals <strong>im</strong> Verfahren selbst.<br />

Aber erst recht in der Beurteilung einer offensichtlichen Unbegründetheit des<br />

Asylantrages, was ja auch <strong>im</strong> Vorverfahren festgestellt werden soll, ist der<br />

Zeitdruck von 72 Stunden eine grosse Gefahr. Auch die obligatorische<br />

Rechtsberatung und die zweite Chance Tatsachen vorzubringen ändert nichts<br />

daran. Denn stellt man sich eine tage- oder wochenlange Flucht vor, kann<br />

man nicht alles Relevante sofort parat haben. Lügen und Verschwiegenheit<br />

sind auch oft durch Angst und Misstrauen bedingt. Wissen alle Flüchtlinge bei<br />

ihrer Ankunft vom Funktionieren des <strong>österreichischen</strong> Rechtsstaates?<br />

Präsentiert sich Österreich den Flüchtlingen als funktionierender Rechtsstaat?<br />

54 Siehe VwGH Erkenntnis 2003/01/0136<br />

XXVIII


III<br />

Staatliche Verfolgung als Asylvoraussetzung?<br />

1 Problematik<br />

„Die Menschenrechte sind in erster Linie dazu best<strong>im</strong>mt, den Bürger vor<br />

Handlungen und Unterlassungen der öffentlichen Organe zu schützen, nicht<br />

aber denen seiner Mitbürger. Der Schutz vor letzteren ist Sache des<br />

gewöhnlichen Rechts, nicht der Menschenrechte.“ 55<br />

Die Anerkennung einer nicht staatlichen Verfolgung spielt gerade <strong>im</strong> Bereich<br />

der frauenspezifischen Verfolgung eine wichtige Rolle. Denn meist geht die<br />

Aggression nicht vom Staat, sondern von Privaten aus. Und auch in diesem<br />

privaten Kreis ist die Gewalt meist in der kleinsten Zelle des Staates zu finden,<br />

nämlich in der Familie. Eine Trennung zwischen der öffentlichen und privaten<br />

Sphäre verhindert oft einen wirksamen Schutz von <strong>Frauen</strong>rechten. Ein<br />

Problem besteht auch darin, <strong>das</strong>s Regierungen <strong>das</strong> Grundrecht auf<br />

Privatsphäre als Ausreden dafür gebrauchen, um erforderliche<br />

Schutzmassnahmen für <strong>Frauen</strong> nicht zu setzen. Der Staat als<br />

Gewaltmonopolist hat die Verpflichtung Gesetze gegen Mord, Vergewaltigung<br />

und Körperverletzung zu erlassen und die Einhaltung dieser Normen in Form<br />

von Sanktionen bei Verstössen zu garantieren. 56 Aber wenn der Staat nicht<br />

gewillt oder fähig ist, die betroffenen <strong>Frauen</strong> zu schützen, soll eine<br />

Asylgewährung stattfinden. In der Vergangenheit wurden systematische<br />

Vergewaltigungen von <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Zuge von Kriegshandlungen von den<br />

<strong>österreichischen</strong> Asylbehörden oft als unpolitische Folter oder als allgemeine<br />

Kr<strong>im</strong>inalität gewertet. Die Verbrechen wurden somit nicht dem Staat<br />

zugeordnet und ein Grund für eine Asylgewährung war somit nicht gegeben. 57<br />

Diese Rechtsauffassung wäre zutreffend, würde man eine unmittelbare<br />

staatliche Verfolgung als eine von der GFK geforderte Voraussetzung<br />

ansehen.<br />

55 Siehe SIEGHART Paul, Die geltenden Menschenrechte 1988, 126<br />

56 Siehe SCHMIDT - HÄUSER Julia, Menschenrechte – Männerrechte – <strong>Frauen</strong>rechte 1999, 279<br />

57 Siehe GEWIS Tina, Asyl – <strong>Frauen</strong> auf der Flucht in GABRIEL Elisabeth (Hgin), <strong>Frauen</strong>rechte – Einführung<br />

in den internationalen frauenspezifischen Menschenrechtsschutz 2001, 118<br />

XXIX


2 Rechtsprechung<br />

Eine Verfolgung <strong>im</strong> Sinne der Genfer Konvention und die damit verbundene<br />

Voraussetzung für eine Asylgewährung liegt vor, wenn die Organe des<br />

Staates nicht gewillt oder nicht in der Lage sind eine private Verfolgung zu<br />

verhindern. Dies ist bereits seit 1990 stand der Lehre 58 und wurde vom VwGH<br />

in Erkenntnissen von 1995, 1996 mehrmals bekräftigt. 59<br />

Aber noch <strong>im</strong> Jahre 2000 zitierte der VwGH aus einem Bescheid des UBAS<br />

folgende Rechtsauffassung: „Abschließend darf noch einmal festgestellt<br />

werden, <strong>das</strong>s sie <strong>im</strong> Zuge des Asylverfahrens keinerlei individuell gerade<br />

gegen Sie gerichtete Verfolgungshandlungen seitens der äthiopischen<br />

Regierung bzw. deren Behörden behaupten konnten. Dies jedoch wäre eine<br />

unabdingbare Voraussetzung für eine etwaige Asylgewährung.“ 60<br />

Im gegenständlichen Fall schloss sich der UBAS der Rechtsauffassung der 1.<br />

Instanz an und bekräftigte, <strong>das</strong>s die Berufungswerberin in keinem Stadium<br />

des Verfahrens dartat <strong>das</strong> Ziel staatlicher Verfolgung gewesen zu sein. 61<br />

Und auch <strong>im</strong> VwGH Erkenntnis vom 05.04.2001 62 wird die Rechtsauffassung<br />

des UBAS wie folgt zitiert: „Die vom Asylwerber dargestellte Bedrohung seiner<br />

Person ist selbst dann, wenn man sie als glaubhaft gemacht ansehen würde,<br />

also <strong>im</strong> für den Asylwerber bestmöglichen Fall, keine unter die Genfer<br />

Flüchtlingskonvention subsumierbare, weil sie nicht dem Staat zuzurechnen<br />

wäre, ergibt sich doch aus dem Vorbringen des Berufungswerbers nicht der<br />

geringste Anhaltspunkt dafür, <strong>das</strong>s die von ihm beschriebene Gefahr,<br />

Bedrohung bzw. Verfolgung – wenn sie gegeben wäre – vom Staat ausginge<br />

oder von ihm zumindest gebilligt würde. Eine Gefahr, Bedrohung bzw.<br />

Verfolgung aber, die lediglich von Privatpersonen ausgeht, vermag unter<br />

den Best<strong>im</strong>mungen der GFK nicht subsumiert werden.“ 63 Der UBAS<br />

schloss sich in diesem Fall ebenfalls der Rechtsauffassung der 1. Instanz an<br />

und wies die Berufung als unbegründet ab.<br />

Der VwGH bekräftigte <strong>im</strong> gegenständlichen Fall neuerlich seine<br />

Rechtsauffassung, <strong>das</strong>s eine Asylgewährung auch stattzufinden hat, wenn der<br />

58 Siehe STEINER Johannes Wolfgang, Österreichisches <strong>Asylrecht</strong> 1990, 30<br />

59 Siehe VwGH Erkenntnisse 94/20/0836; 95/20/0231; 95/19/0041<br />

60 Siehe VwGH Erkenntnis 99/01/0280<br />

61 Siehe VwGH Erkenntnis 99/01/0280<br />

62 Siehe VwGH Erkenntnis 99/20/0280<br />

63 Siehe VwGH Erkenntnis 99/20/0280<br />

XXX


Herkunftsstaat nicht in der Lage oder gewillt ist private Verfolgung zu<br />

unterbinden, sofern die von Privaten ausgehende Handlung einen Asylgrund<br />

darstellt, hätte die Handlung der Staat selbst gesetzt. 64<br />

Der mit Rechtswidrigkeit behaftete Bescheid des UBAS wurde aufgehoben.<br />

Auch in seinem Erkenntnis vom 29.11.2001 65 wies der VwGH auf die<br />

Asylrelevanz von privater Verfolgung ausdrücklich hin.<br />

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vertritt in seinen<br />

Entscheidungen eine positive Handlungspflicht des Staates bei privaten<br />

Verfolgungshandlungen. 66<br />

Es kann somit unzweifelhaft festgestellt werden, <strong>das</strong>s eine frauenspezifische<br />

Verfolgungshandlung auch von privater Seite Asylrelevanz besitzt, wenn sie<br />

vom Herkunftsstaat geduldet oder nicht verhindert wird.<br />

Darüber hinaus kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr relevant sein,<br />

welche bei Bescheiderlassung vorliegen muss. Auf diesen Zeitpunkt hat die<br />

Prognose abzustellen, ob die Asylwerberin mit maßgeblicher<br />

Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK<br />

genannten Gründen zu fürchten habe. 67<br />

3 Schlussfolgerungen<br />

Es ist äußerst befremdend hier festzustellen zu müssen, <strong>das</strong>s über Jahre die<br />

Rechtsmeinung des Höchstgerichts von den unteren Instanzen nicht<br />

übernommen wird. Denn die vom VwGH seit 1995 nicht mehr vorausgesetzte<br />

staatliche Verfolgung wurde von der Unterinstanz noch 1999 als unabdingbare<br />

Voraussetzung verlangt. Selbstverständlich ist, <strong>das</strong>s die belangten Behörden<br />

ihrer Verpflichtung nachkommen indem sie den vom VwGH aufgehobenen<br />

Bescheid durch einen die Rechtsmeinung des VwGH bestätigenden<br />

Ersatzbescheid ersetzen. 68 Warum aber die Rechtsmeinung des<br />

Höchstgerichts nicht ständig von der Behörde übernommen wird, wird wohl<br />

eher auf der politischen Ebene zu beantworten sein. Der VwGH soll der<br />

Garant der Rechtmäßigkeit sein. Er soll diese Garantie nicht bloß auf<br />

tatsächlich angefochtene Bescheide entfalten, sondern auch durch Prophylaxe<br />

64 Siehe VwGH Erkenntnis 99/20/0280<br />

65 Siehe VwGH Erkenntnis 2000/20/0241<br />

66 Siehe EGMR Case of X and Y v. The Netherlands, Ser A, Vol.19 (1985) ; Osman v. The United Kingdom,<br />

App. No. 23452/94 (1998) ; A. v. The United Kingdom, App. No. 25599/94 (1998)<br />

67 Siehe VwGH Erkenntnis 98/20/0233 ; VwGH Erkenntnis 98/01/0318<br />

68 Siehe GRABENWARTER Christoph, Verfahrensgarantien in der Verwaltungsgerichtsbarkeit 1997, 402f<br />

XXXI


eine Rechtswidrigkeit verhindern. 69 Diese, von Adolf Merkel vertretene,<br />

Meinung hat in der <strong>österreichischen</strong> <strong>Asylrecht</strong>spraxis leider nicht Einzug<br />

gehalten. Auch meint Merkl: „Die Aussicht, <strong>das</strong>s eine allfällige Rechtsbeugung<br />

nicht die verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverhandlung überdauern wird,<br />

dürfte bei halbwegs geordneten staatlichen Zuständen bewusste<br />

Rechtsverletzungen von Seiten der Verwaltung ausschließen.“ 70 Fakt ist<br />

allerdings, <strong>das</strong>s ein fortdauerndes falsches rechtliches Agieren der 1. Instanz<br />

nicht ausgeschlossen werden kann und so die Betroffenen jedes Mal den<br />

mühsamen Weg zum VwGH zu gehen haben.<br />

IV<br />

<strong>Frauen</strong>spezifische Fluchtgründe<br />

Nach Schätzungen des Hohen Flüchtlingskommissars der UN (UNHCR) sind<br />

80% der ca. 30 Millionen Flüchtlinge <strong>Frauen</strong> und Kinder. Zwar sind die<br />

Fluchtgründe vielschichtig aber auch und besonders zwingen<br />

geschlechtsspezifische Gründe die <strong>Frauen</strong> zur Flucht. 71<br />

Alle nachfolgend angeführten Fluchtursachen stellen eindeutig Eingriffe gegen<br />

die in Kapitel II zugesicherten Rechte dar. Meist sind diese Eingriffe auch<br />

rechtswidrig oder die Argumentation der Rechtmäßigkeit nicht nachvollziehbar.<br />

Trotzdem sind alle behandelten Fluchtursachen weit verbreitet und werden<br />

von den betroffenen Staaten nicht geahndet oder sind sogar von den Staaten<br />

selbst veranlasst. Dass die Staaten ihren völkerrechtlichen Verbindlichkeiten<br />

nachkommen wird noch einen <strong>im</strong>mensen politischen Druck der internationalen<br />

Gemeinschaft erfordern.<br />

69 Siehe MERKL Adolf, Allgemeines Verwaltungsrecht 1999, 373<br />

70 Siehe MERKL Adolf, Allgemeines Verwaltungsrecht 1999, 373<br />

71 Siehe KALTHEGENER Regine, Genitale Verstümmelung ist (k)ein Asylgrund in HERMANN Conny (Hrsg.),<br />

Das Recht auf Weiblichkeit 2000, 118<br />

XXXII


1 Genitalverstümmelung (FGM, Female Genital Mutilation)<br />

1.2 Problematik<br />

Es handelt sich dabei um operative Eingriffe an den weiblichen Genitalien.<br />

Die weibliche Genitalverstümmelung kann der Beschneidung von Männern<br />

keineswegs gleichgesetzt werden, da dies eine teilweise oder vollständige<br />

Amputation des Penis zur Folge hätte. 72 Die FGM stellt eine absichtliche<br />

schwere Körperverletzung dar. Oft versterben die <strong>Frauen</strong> nach den Eingriffen<br />

durch Infektionen. Jene die den Eingriff, besser die Amputation, überleben<br />

leiden ihr Leben lang unter den irreparablen körperlichen, seelischen und<br />

sexuellen Schäden. 73 Durchgeführt wird die FGM meist von <strong>Frauen</strong><br />

fortgeschrittenen Alters <strong>im</strong> Rahmen eines zeremoniellen Festes. Die Gründe<br />

für diesen massiv gesundheitsschädigenden Brauch sind vielschichtig.<br />

Die Missachtung würde eine totale gesellschaftliche Ächtung zur Folge<br />

haben. Von den <strong>Frauen</strong> wird erwartet, <strong>das</strong>s sie kein oder zumindest nur ein<br />

eingeschränktes sexuelles Verlangen haben. Die vollzogene FGM stellt eine<br />

zwingende Voraussetzung für eine Heirat dar und eine Ehe ist für die <strong>Frauen</strong><br />

wiederum die Voraussetzung um wirtschaftlich zu überleben. Durch die FGM<br />

soll auch die Treue der Frau gewährleistet sein und der sexuelle Lustgewinn<br />

des Mannes gesteigert werden. Das äussere weibliche Genitale gilt als<br />

hässlich und schmutzig. Obwohl der Koran die FGM in keiner Stelle erwähnt<br />

herrscht die Meinung, <strong>das</strong>s der Islam die FGM zwingend verlangt. Die<br />

Befürworter der FGM berufen sich auf eine Überlieferung Mohammeds in der<br />

er gemeint haben soll, <strong>das</strong>s die Beschneidung für die Männer eine überlieferte<br />

Norm und für die <strong>Frauen</strong> etwas Edles sei. 74 Auch wird behauptet, <strong>das</strong>s die<br />

FGM die Schwangerschaft und Geburt erleichtere. Und schließlich soll die<br />

FGM den Übergang vom Kind zur Erwachsenen markieren (Initiation). 75 In<br />

Wahrheit basieren alle diese Annahmen auf Desinformation und Unkenntnis<br />

und die FGM bleibt einfach nur eine schwere körperliche und seelische<br />

Verletzung. Es hat sich gezeigt, <strong>das</strong>s gesetzliche Verbote zwar eine<br />

72 Siehe SCHNÜLL Petra, Genitalverstümmelung bei <strong>Frauen</strong> – eine fundamentale Menschenrechtsverletzung in<br />

NAGELSCHMIDT / SCHÖTZ / KÜHNERT / SCHRÖTER (Hrsg.), Menschenrechte sind auch <strong>Frauen</strong>rechte<br />

2002, 193<br />

73 Siehe SCHNÜLL Petra, Genitalverstümmelung bei <strong>Frauen</strong>, 198<br />

74 Siehe ETTENHUBER Helga, Weibliche Genitalverstümmelung – Ursprung und Gegenwart in HERMANN<br />

Conny (Hrsg.), Das Recht auf Weiblichkeit 2000, 25<br />

75 Siehe SCHNÜLL Petra, Genitalverstümmelung bei <strong>Frauen</strong>, 201 - 205<br />

XXXIII


Signalwirkung haben aber ohne weitere Maßnahmen seitens der Behörden<br />

wirkungslos bleiben. Um so mehr wird von Österreich in Asylverfahren zu<br />

prüfen sein, ob die FGM verbietenden Gesetze in den Herkunftsländern auch<br />

wirksam exekutiert werden.<br />

1.3 Verbreitung<br />

Nach Schätzungen sind zwischen 100 und 157 Millionen derzeit lebende<br />

<strong>Frauen</strong> von der FGM betroffen. Es ist davon auszugehen, <strong>das</strong>s jährlich zwei<br />

Millionen Mädchen <strong>im</strong> Alter von wenigen Wochen bis zu 18 Jahren<br />

verstümmelt werden. 76 Staatsangehörige der nachstehend angeführten<br />

Länder sind in den in Klammer angegeben Prozentsätzen von FGM betroffen.<br />

Ägypten (97%), Äthiopien (90%), Benin (50%), Burkina Faso (70%), Dschibuti<br />

(98%), Elfenbeinküste (43%), Eritrea (95%), Gambia (80%), Ghana (30%),<br />

Guinea (50%), Guinea Bissau (50%), Kamerun (20%), Kenia (50%), Kongo<br />

(5%), Liberia (60%), Mali (94%), Mauretanien (25%), Niger (20%), Nigeria<br />

(60%), Senegal (20%), Sierra Leone (90%), Somalia (98%), Sudan (89%),<br />

Tansania (18%), Togo (50%), Tschad (60%), Uganda (5%),<br />

Zentral Afrikanische Republik (43%). 77 Es ist anzunehmen, <strong>das</strong>s die Grenzen<br />

der geographischen Verbreitung nicht mit den Staatsgrenzen übereinst<strong>im</strong>men<br />

und auch <strong>Frauen</strong> in anderen afrikanischen Ländern von der FGM bedroht<br />

sind. Auf die ebenfalls mögliche Verfolgung in europäischen Ländern wurde<br />

bereits eingehend in den Schlussfolgerungen des Kapitels Asylgesetznovelle<br />

2003 eingegangen.<br />

1.4 Gesetzliche Vorkehrungen<br />

Mit Ausnahme von Mauretanien, Somalia und Sudan haben alle angeführten<br />

Staaten <strong>das</strong> Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskr<strong>im</strong>inierung<br />

der Frau unterzeichnet. Der Internationaler Pakt über bürgerliche und<br />

politische Rechte wurde außer von Dschibuti, Eritrea, Ghana, Guinea Bissau,<br />

Liberia und Mauretanien von den angeführten Staaten unterzeichnet.<br />

76 Siehe TOUBIA Nahid, Female genital Mutilation. A Call for Global Action, 2. Aufl. 1995, 25<br />

77 Siehe RAHAM Anika / TOUBIA Nahid, Female Genital Mutilation –<br />

A Guide to Laws and Policies Worldwide 2000, 101<br />

XXXIV


Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte<br />

wurde mit Ausnahme von Dschibuti, Eritrea, Ghana, Liberia und Mauretanien<br />

von den von FGM betroffenen Staaten unterzeichnet.<br />

Außerdem sind mit Ausnahme von Eritrea und Äthopien all diese Staaten<br />

Unterzeichner der Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der<br />

Völker. 78 Doch all die unterzeichneten Abkommen haben eine Eindämmung<br />

der FGM nicht bewirken können.<br />

Auch innerstaatliche Regelungen zur Eindämmung der FGM sind in Ägypten,<br />

Äthopien, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Dschibuti, Ghana, Guinea, Kenia,<br />

Senegal, Tansania, Togo, Uganda und in der Zentral Afrikanischen Republik<br />

vorhanden. 79 Aber auch diese Gesetze, zum Teil sogar Strafgesetze, können<br />

die Ausübung der FGM nicht verhindern.<br />

Somit kann die für <strong>das</strong> Asylverfahren zuständige Behörde in Österreich<br />

keinesfalls davon ausgehen, <strong>das</strong>s eine Asylwerberin in einem der angeführten<br />

Staaten Schutz von Seiten des Herkunftstaates erhalten könnte.<br />

1.5 Praktiken 80<br />

Die FGM ist in unterschiedlichen Formen anzutreffen.<br />

Die milde Sunna ist eine sehr seltene und noch am ehesten mit der<br />

männlichen „Beschneidung“ vergleichbare Form der Genitalverstümmelung.<br />

Dabei wird die Vorhaut der Klitoris eingestochen, geritzt oder entfernt.<br />

Hingegen wird bei der Klitorisdektomie oder modifizierten Sunna die Klitoris<br />

teilweise oder in ihrer Gesamtheit entfernt. Wird sowohl die Klitoris teilweise<br />

oder gesamt amputiert und auch die inneren Labien (Schamlippen) teilweise<br />

oder vollständig entfernt so spricht man von der Exzision. Bei dieser Form der<br />

FGM kann es zusätzlich vorkommen, <strong>das</strong>s Haut und Gewebe aus der Vagina<br />

ausgeschabt wird (Introcision). In etwa 15% aller Fälle der FGM kommt es zur<br />

Infibulation. Anzutreffen ist sie in erster Linie <strong>im</strong> Sudan, in Somalia und<br />

Dschibuti. Aber auch in den benachbarten Grenzgebieten (Ägypten, Äthopien,<br />

Eritrea, Gambia, Mali) ist die Infibulation vorhanden. Die Klitoris, die inneren<br />

Labien und die inneren Schichten der äusseren Labien werden entfernt.<br />

78 Siehe RAHAM Anika / TOUBIA Nahid, Female Genital Mutilation –<br />

A Guide to Laws and Policies Worldwide 2000, 100<br />

79 Siehe RAHAM Anika /TOUBIA Nahid, Female Genital Mutilation –<br />

A Guide to Laws and Policies Worldwide 2000, 101<br />

80 Siehe SCHNÜLL Petra, Genitalverstümmelung bei <strong>Frauen</strong>, 193 - 195<br />

XXXV


Teilweise werden die vorderen Teile der äusseren Labien amputiert. Danach<br />

werden die beiden blutigen Innenseiten der Vulva miteinander vernäht oder<br />

mittels Dornen zusammengefügt. Die verbliebene Haut wächst zu einer<br />

Brücke aus Narbengewebe über der Vaginalöffnung und dem Ausgang der<br />

Harnröhre zusammen. Damit nach dem Heilungsprozess Urin,<br />

Menstruationsblut bzw. Vaginalsekrete austreten können wird ein Strohhalm<br />

oder ein kleines Holzstück eingelegt um so den Verbleib einer winzigen<br />

Öffnung zu erreichen.<br />

Bei der infibulierten Frau muss die verschlossene und vernarbte Vagina für<br />

den ersten Geschlechtsverkehr mit dem Ehemann wieder geöffnet werden<br />

(Defibulation). Dies geschieht entweder durch Penetration der kleinen<br />

verbliebenen Öffnung durch den Mann. Gelingt dies dem Mann nicht, öffnet er<br />

die Vagina mit einem scharfen Werkzeug. Dies führt meist zu zusätzlichen<br />

Verletzungen <strong>im</strong> Genitalbereich. Selten wird die Defibulation aber auch von<br />

einer Beschneiderin oder in einem Krankenhaus durchgeführt. In der ersten<br />

Zeit nach der Defibulation ist es wichtig häufig Geschlechtsverkehr zu haben,<br />

damit sich die neue Öffnung nicht wieder verschließt. Bei einer<br />

Schwangerschaft wird während der Geburt erneut defibuliert.<br />

Nach der Geburt werden bei den allermeisten <strong>Frauen</strong> die Narbenränder<br />

abgeschält und von neuen zusammengenäht, so<strong>das</strong>s wiederum nur eine<br />

stecknadelgroße Öffnung verbleibt (Reinfibulation). Vor dem nächsten<br />

Geschlechtsverkehr beginnt die Prozedur von neuem. Angesichts der hohen<br />

Geburtenrate von afrikanischen <strong>Frauen</strong> ist es möglich, <strong>das</strong>s für die<br />

Reinfibulation nach der Geburt kein Gewebe mehr vorhanden ist.<br />

1.6 Rechtsprechung<br />

Die Asylrelevanz der Genitalverstümmelung wurde vom UBAS erstmals <strong>im</strong><br />

März 2002 erkannt. 81<br />

Konkret betroffen war eine Staatsangehörige aus<br />

Kamerun. Ihr drohte in ihrem He<strong>im</strong>atstaat die Genitalverstümmelung in Form<br />

der Infibulation, danach sollte sie verheiratet werden. Das Bundesasylamt,<br />

Aussenstelle Salzburg hatte den Asylantrag zuvor abgewiesen und die<br />

Zurück- oder Abschiebung der Frau für zulässig erklärt. 82 Begründet wurde<br />

diese Entscheidung damit, <strong>das</strong>s die Glaubwürdigkeit der Asylwerberin nicht<br />

81 Siehe UBAS Zl. 220.268/0-XI/33/00<br />

82 Siehe Bescheid Bundesasylamt, Aussenstelle Salzburg Zl. 00 10.204<br />

XXXVI


gegeben war, da sie versuchte ihren Fluchtweg zu verschleiern. Aber auch<br />

davon abgesehen, erkannte die Behörde keinerlei asylrechtlich relevante<br />

Verfolgung. Die Asylwerberin habe sich nämlich in keiner Weise politisch<br />

betätigt und auch die Prüfung ihres familiären Umfelds habe keinerlei Hinweis<br />

auf eine Verfolgung gegeben. Darüber hinaus sei es nach Meinung der<br />

Behörde unwahrscheinlich, <strong>das</strong>s eine 23 jährige Frau beschnitten werden<br />

sollte. Denn ihr Onkel hatte zu diesem Zeitpunkt schon bekannt gegeben,<br />

<strong>das</strong>s sie nicht mehr Jungfrau sei. Auch wurde die Glaubwürdigkeit der<br />

Asylwerberin deshalb angezweifelt, da sie angab, <strong>das</strong>s ihr zukünftiger<br />

Ehemann ihrer Familie Wein als Brautgeschenk gab. Und schliesslich wurden<br />

die Dokumente der Asylwerberin in ihrer Echtheit bezweifelt.<br />

Das Bundesasylamt setzte sich in keiner Weise mit dem tatsächlichen<br />

Vorbringen der Asylwerberin auseinander und dies stellte auch der UBAS fest.<br />

Die fehlende Jungfräulichkeit der Asylwerberin war gerade eben der Grund für<br />

die geplante Infibulation um dem Bräutigam die Jungfräulichkeit<br />

vorzutäuschen. Der UBAS setzte sich umfassend mit der Problematik der<br />

Genitalverstümmelung auseinander. Zur Lage von <strong>Frauen</strong> in Kamerun wurde<br />

folgendes festgestellt. 83 Gegen <strong>Frauen</strong> wird in hohem Masse Gewalt<br />

ausgeübt. Es gibt keine Strafen für Männer, die häusliche Gewalt ausüben. Es<br />

gibt keine geschlechtsspezifischen Gesetze um diesen Körperverletzungen<br />

vorzubeugen. Ehegattenmisshandlung ist kein gesetzlicher Scheidungsgrund.<br />

In Fällen von sexuellen Missbrauch verhängt die Familie des Opfers oder die<br />

Dorfgemeinschaft die Strafe über den Täter. In Verfassungsbest<strong>im</strong>mungen<br />

sind zwar Rechte der Frau zu finden, aber <strong>Frauen</strong> geniessen nicht die selben<br />

Rechte und Privilegien wie Männer. Es gibt keine rechtliche Definition von<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung. Dem Ehemann ist es erlaubt seiner Frau <strong>das</strong> Recht auf Arbeit<br />

in einem getrennten Beruf abzuerkennen, wenn er einen Widerspruch zum<br />

Interesse des Haushalts und des Familienlebens erkennt. In vielen Regionen<br />

wird die Frau als Besitz ihres Ehemannes angesehen. Trotz des gesetzlichen<br />

Mindestalters von 15 Jahren für eine Eheschließung werden viele <strong>Frauen</strong><br />

schon vor dem zwölften Lebensjahr verheiratet. Vielweiberei ist erlaubt,<br />

Vielmännerei hingegen verboten. Im gegenständlichen Bescheid werden<br />

noch eine Vielzahl von Fakten angeführt, die die Diskr<strong>im</strong>inierung von <strong>Frauen</strong><br />

83 Siehe UBAS Zl. 220.268/0-XI/33/00<br />

XXXVII


in Kamerun aufzeigen. Der UBAS erkannte auch, <strong>das</strong>s<br />

Genitalverstümmelungen in Kamerun durchgeführt werden und <strong>das</strong>s es keine<br />

Gesetze gibt, die diese Praxis verbieten. Im Gegensatz zur Erstbehörde sah<br />

der UBAS die Glaubwürdigkeit der Asylwerberin in Bezug auf die<br />

Wahrscheinlichkeit der ihr drohenden Genitalverstümmelung, den Wein als<br />

Hochzeitsgabe und die Echtheit ihrer Dokumente als durchaus gegeben an.<br />

Lediglich die Unglaubwürdigkeit des Fluchtweges wurde bejaht, aber auch<br />

festgestellt, <strong>das</strong>s dies <strong>im</strong> Gesamtkontextes nicht entscheidungsrelevant ist.<br />

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die begründete Furcht vor<br />

Verfolgung. Diese liegt vor, wenn objektiv eine Person in der individuellen<br />

Situation der Asylwerberin Grund hat eine Verfolgung zu fürchten. Obwohl<br />

Kamerun die Internationale Konvention gegen Diskr<strong>im</strong>inierung von <strong>Frauen</strong><br />

unterzeichnet hat, haben <strong>Frauen</strong> von Seiten des Staates keinerlei Schutz zu<br />

erwarten. Der UBAS stellt auch fest, <strong>das</strong>s die zu verstümmelnden <strong>Frauen</strong> in<br />

Kamerun eine soziale Gruppe <strong>im</strong> Sinne der GFK darstellen und somit Asyl zu<br />

gewähren ist.<br />

In einem weiteren Bescheid vom Juni 2002 hatte der UBAS mit dem Problem<br />

der FGM <strong>im</strong> Falle Äthiopiens zu beschäftigen. 84<br />

Die Asylwerberin war minderjährig und stellte durch ihre Mutter am 22.06.2001<br />

einen Antrag auf Asylgewährung. Als Asylgrund wurde die drohende FGM<br />

angegeben. Mit Bescheid des Bundesasylamtes 85 , Aussenstelle Traiskirchen,<br />

wurde am 07.02.2002 der Antrag nach § 7 AsylG abgewiesen. Eine<br />

Zurückschiebung oder Abschiebung nach § 8 AsylG wurde als unzulässig<br />

festgestellt. Zu beachten ist hier wiederum, <strong>das</strong>s die Behörde ihrer<br />

Entscheidungspflicht, nach § 73 Abs. 1 AVG 86 , innerhalb von sechs Monaten<br />

nicht nachgekommen ist. In der Begründung führt <strong>das</strong> Bundesasylamt an,<br />

<strong>das</strong>s in Äthiopien in etwa 90% der <strong>Frauen</strong> „beschnitten“ würden. Obwohl die<br />

Verfassung schädliche traditionelle Praktiken verbietet, gibt es kein Gesetz<br />

<strong>das</strong> die FGM nachdrücklich verbietet. Die Behörde stellt fest, <strong>das</strong>s die<br />

weibliche Genitalverstümmelung zweifelsohne ein Akt unmenschlicher<br />

Behandlung sei. <strong>Frauen</strong> denen ein solches Schicksal droht sind<br />

84 Siehe UBAS Zl. 227.372/0-V/14/02<br />

85 Siehe Bescheid Bundesasylamt, Aussenstelle Traiskirchen Zl. 01 14.578<br />

86 Siehe BGBl 1991/51<br />

XXXVIII


schutzbedürftig. Die Behörde erkennt auch, <strong>das</strong>s der Asylwerberin bei ihrer<br />

Rückkehr die FGM drohen würde. Aber es handelt sich hierbei um ein Ritual<br />

mit einer langen Tradition in Äthiopien. Traditionelle Sitten und Traditionen<br />

seien jedoch nicht als Verfolgung <strong>im</strong> Sinne der GFK anzusehen. Denn die<br />

Behörde sieht es als relevant an, <strong>das</strong>s hier keine individuelle Verfolgung von<br />

Seiten des Staates vorliegt. Die Zugehörigkeit zu einer best<strong>im</strong>mten sozialen<br />

Gruppe wird unter Berufung auf ein VwGH Erkenntnis aus dem Jahre 1996 87<br />

verneint. Demnach fallen <strong>Frauen</strong> allein wegen ihrer Geschlechtszugehörigkeit<br />

nicht in den Tatbestand der sozialen Gruppe. Diese Ausführungen des<br />

Bundesasylamtes ist in zweierlei Hinsicht beachtlich. Erstens verlangt die<br />

Behörde <strong>im</strong> Jahre 2002 <strong>im</strong>mer noch <strong>das</strong> Erfordernis der unmittelbaren<br />

staatlichen Verfolgung (siehe Kapitel III), wobei sie in ihrer eigenen<br />

Begründung aber auch feststellt, <strong>das</strong>s von Seiten des Staates keinerlei Schutz<br />

zu erwarten ist. Und zweitens subsumiert die Behörde den Sachverhalt nicht<br />

unter den Tatbestand der „best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe“ und beruft sich dabei<br />

auf ein VwGH Erkenntnis aus 1996.<br />

Die Asylrelevanz der geschlechtsspezifischen Verfolgung wurde jedoch vom<br />

VwGH am 31.5.1999 88 und am 31.1.2002 89 behandelt und bejaht. Zum Begriff<br />

der sozialen Gruppe sind <strong>im</strong> VwGH Erkenntnis vom 20.10.1999 90 ebenfalls<br />

Antworten zu finden.<br />

Der UBAS verneinte die rechtliche Auffassung der Erstbehörde sowohl in<br />

Bezug auf die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, als auch <strong>das</strong><br />

Erfordernis der staatlichen Verfolgung.<br />

Zusammenfassend kam demnach der Asylwerberin kraft Gesetzes Asyl zu, da<br />

sie in Äthiopien aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der zu<br />

verstümmelnden <strong>Frauen</strong> nicht staatlicher Verfolgung ausgesetzt ist und der<br />

Staat sie davor nicht schützt.<br />

In einem weiteren Bescheid des UBAS vom 2.4.2003 91 wurde die Asylrelevanz<br />

der Genitalverstümmelung bestätigt. Die durch ihre Mutter vertretene, in<br />

Österreich <strong>im</strong> Jahre 2000 geborene Asylwerberin, ist Staatsangehörige<br />

87 Siehe VwGH Erkenntnis 96/20/0793<br />

88 Siehe VwGH Erkenntnis 2000/20/0496 vom 31.05.2001<br />

89 Siehe VwGH Erkenntnis 99/20/0497 vom 31.01.2002<br />

90 Siehe VwGH Erkenntnis 99/01/0197 vom 20.10.1999<br />

91 Siehe UBAS Zl. 221.009/2 – III/12/02<br />

XXXIX


Somalias und ihr hätte bei einer Rückkehr die Infibulation gedroht. Interessant<br />

ist hier, <strong>das</strong>s der Akt auf dem Wege eine Devolutionsantrages zum UBAS<br />

gelangte. Der am 16.4. 2002 bei der Erstbehörde eingelangte Asylantrag<br />

wurde bis zum 06.11.2003 nicht bearbeitet. Es kam weder zu einer ersten<br />

Einvernahme noch zu irgendwie gearteten Untersuchungen. Grund dafür war<br />

nach Angaben des Bundesasylamtes, <strong>das</strong>s aufgrund der allgemein hohen<br />

Antragszahlen keine Bearbeitung möglich war. Der UBAS bejahte die<br />

Glaubwürdigkeit der Aussagen der Asylwerberin und stellte die drohende FGM<br />

fest. Auch wurde die besondere Situation Somalias betrachtet und festgestellt,<br />

<strong>das</strong>s nahezu alle somalischen <strong>Frauen</strong> von der FGM bedroht sind. Auch wurde<br />

kein Schutz der <strong>Frauen</strong> aufgrund der unterzeichneten (siehe oben)<br />

Konventionen und aufgrund des Bestehens von innerstaatlichen Gesetzen<br />

bejaht. Die Relevanz der aktuellen Verfolgungsgefahr wurde ebenfalls<br />

untersucht und bejaht. Es wurde betont, <strong>das</strong>s die FGM bei der Asylwerberin<br />

gegen ihren Willen durchgeführt würde und somit rechtswidrig wäre.<br />

Zuletzt wird vom UBAS die Frage geprüft, ob sich die Asylwerberin durch<br />

Wegzug in einen anderen Landesteils Somalias der FGM entziehen könnte.<br />

Dies wurde verneint. Dem Asylantrag wurde stattgegeben.<br />

1.7 Schlussfolgerungen<br />

Die Asylrelevanz der FGM scheint eindeutig gegeben. Es handelt sich hier<br />

keineswegs um eine Tradition oder ein Brauchtum, <strong>das</strong> keinen Eingriff von<br />

aussen erfordert. Es handelt sich bei der FGM ganz klar um ein Verbrechen<br />

und als solches muss sie auch behandelt werden. Es ist von der<br />

Völkerrechtsgemeinschaft keinesfalls zu akzeptieren, <strong>das</strong>s Staaten bezüglich<br />

der Verhinderung der FGM untätig bleiben. Aus diesem Grund ist es auch klar,<br />

<strong>das</strong>s diese nicht verhinderten Verbrechen den Staaten zuzurechnen sind.<br />

Auch die Einstufung der von der FGM bedrohten <strong>Frauen</strong> als best<strong>im</strong>mte soziale<br />

Gruppe <strong>im</strong> Sinne der GFK ist schlüssig und zu begrüssen.<br />

<strong>Wie</strong> die behandelten Bescheide zeigen hat auch Österreich die Verfolgung<br />

durch FGM als Asylgrund anerkannt. Eine einschlägige Rechtsprechung<br />

durch den VwGH ist bis dato noch ausständig. Aber es zeigt sich, <strong>das</strong>s die<br />

Rechtsauffassung der Erstbehörde von der des UBAS gravierend abweichen<br />

kann. Auch war bei den Voraussetzungen für die Asylgewährung, nämlich der<br />

XL


Zugehörigkeit zu einer best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe und bei der nicht<br />

staatlichen Verfolgung, eine längst durch den VwGH revidierte<br />

Rechtsauffassung bei der Erstbehörde zu finden. Dieser Zustand erscheint<br />

gerade in diesem Fall besonders problematisch, da es sich bei der FGM um<br />

ein Verbrechen erheblicher Intensität handelt, und gerade hier ein hoher<br />

Sorgfaltsmassstab der Behörde zu fordern ist. Denn gerade in diesen<br />

Verfahren ist auch damit zu rechnen, <strong>das</strong>s die Asylwerberinnen oft aus Scham<br />

nicht <strong>das</strong> gesamte Ausmass der Bedrohung offen legen. Es scheint ein<br />

Informationsdefizit bezüglich der Verbreitung und Praxis der FGM bei der<br />

Erstbehörde vorhanden zu sein. Wenn nun dieses Informationsdefizit auch<br />

dazu führt, <strong>das</strong>s die Asylwerberin als unglaubwürdig von Seiten der Behörde<br />

eingestuft wird, kann Österreich seiner völkerrechtlichen Verpflichtung zur<br />

Asylgewährung nicht nachkommen. Denn es ist hier auch zu bedenken, <strong>das</strong>s<br />

viele Asylwerberinnen trotz der Möglichkeit der Berufung an den UBAS nicht<br />

die tatsächlichen Möglichkeiten haben diese auch durchzuführen. Und wie <strong>das</strong><br />

oben erwähnte zeigt, hat die Erstbehörde <strong>im</strong> Falle der Staatsangehörigen aus<br />

Kamerun die Abschiebung als zulässig erklärt.<br />

Auch ist zu fordern, <strong>das</strong>s die weibliche Genitalverstümmelung von den<br />

Behörden auch als solche bezeichnet wird. Von Beschneidung zu sprechen ist<br />

unangebracht, da dieses Verbrechen dadurch harmloser dargestellt wird als<br />

es ist.<br />

Die Voraussetzung zu verlangen, <strong>das</strong>s die Durchführung der FGM gegen den<br />

Willen der Betroffenen zu geschehen hat, erscheint nicht schlüssig. Denn<br />

auch bei einer vorhandenen Einwilligung wissen die <strong>Frauen</strong> nicht worauf sie<br />

sich einlassen. Es kommt ja zu keinerlei Aufklärung über die Risiken und<br />

Folgen. Eine Einwilligung kann somit niemals als gegeben vorausgesetzt<br />

werden.<br />

XLI


2 <strong>Frauen</strong>spezifische Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften<br />

2.1 Problematik<br />

Eine Verfolgung in Bezug auf restriktive musl<strong>im</strong>ische Vorschriften kann sich<br />

einerseits in den Vorschriften selbst begründen, als auch in<br />

unverhältnismässigen Strafen bei Nichteinhaltung dieser Vorschriften. 92<br />

Für die traditionelle islamische Gesellschaft war der Schleier ein Statussymbol<br />

der freien Frau. Bis vor nicht allzu langer Zeit war <strong>das</strong> Kopftuchtragen durch<br />

<strong>Frauen</strong> eine der herrschenden Sitten in jenen Ländern, in denen einst die<br />

byzantinische Zivilisation geherrscht hat. Wird <strong>das</strong> Kopftuch heute als<br />

„islamisches Symbol“ gesehen so hängt dies mit Tendenzen innerhalb des<br />

politischen Islam zusammen. Das Kopftuch dient mittlerweile meist als ein<br />

Manifestationsmittel einer ideologisierten Religiösität. 93 Die Verpflichtung ein<br />

Kopftuch zu tragen oder auch noch restriktiver Verhüllungsvorschriften sind<br />

ein Eingriff in die persönliche Integrität. In dieser Arbeit wird ausschliesslich<br />

auf Verpflichtungen in Form von Zwang und der daraus resultierenden<br />

Verfolgungen eingegangen werden. Das freiwillige Tragen des Kopftuchs kann<br />

niemals Gegenstand eines Asylverfahrens sein und ist somit auch nicht<br />

Gegenstand dieser Arbeit.<br />

So vielschichtig die Interpretation des Koran ist, so unterschiedlich sind auch<br />

die vorhanden Verhaltensvorschriften für <strong>Frauen</strong>. Die Unterdrückung der Frau<br />

ist vielerorts vorhanden und entweder vom Staat verordnet und sanktioniert<br />

oder eben vom Staat geduldet und nicht verhindert.<br />

Das Beharren der Väter und Ehemänner ihre <strong>Frauen</strong> und Töchter von der<br />

Aussenwelt abzuschotten, was eine Bedrohung der persönlichen Integrität und<br />

auch vielfach eine Bedrohung der Gesundheit der <strong>Frauen</strong> darstellt, ist eine<br />

Verletzung der Menschenrechte. Das Verbot des Lenkens von<br />

Kraftfahrzeugen für <strong>Frauen</strong> wie es in Saudi Arabien besteht und die<br />

Verweigerung <strong>Frauen</strong> am Schw<strong>im</strong>m- und Gymnastikunterricht teilhaben zu<br />

lassen, spiegelt ebenfalls die Unterdrückung der Frau wider. 94<br />

92 Siehe JENSEN Inke, <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Asyl- und Flüchtlingsrecht 2002, 165<br />

93 Siehe BALIC Smail, Islam für Europa – Neue Perspektiven einer alten Religion 2001, 102<br />

94 Siehe BALIC Smail, Islam für Europa – Neue Perspektiven einer alten Religion 2001, 110<br />

XLII


In Asylverfahren, in denen der Verfolgungsgrund diese Vorschriften betrifft,<br />

wird eine sehr genaue Einzelfallbetrachtung und ein hoher Informationsstand<br />

der Behörde gefragt sein.<br />

2.2 Rechtsprechung<br />

1993 hatte der VwGH 95 darüber zu erkennen, ob frauenspezifische<br />

Bekleidungsvorschriften und deren Missachtung einen Asylgrund darstellen.<br />

Konkret ging es um eine iranische Staatsangehörige, die sich aufgrund ihres<br />

christlichen Glaubens weigerte, die vom Staat für <strong>Frauen</strong> verordneten<br />

islamischen Gebräuche zu befolgen. Aufgrund einiger Haare, die unter dem<br />

Schleier hervorkamen, wurde sie fünf Tage inhaftiert und war zehn<br />

Peitschenhieben ausgesetzt. Ein anderes Mal wurde sie aufgrund des<br />

Tragens von weissen Schuhen zwei Tage inhaftiert. Um einer weiteren<br />

Prügelstrafe zu entgehen war sie gezwungen eine Geldstrafe zu bezahlen.<br />

Um einer Haftstrafe von bis zu sechs Monaten zu entgehen musste sie sich<br />

verbürgen, in Zukunft nie mehr gegen die Bekleidungsvorschriften zu<br />

verstossen. Der VwGH konnte in diesen Eingriffen keine Asylrelevanz nach<br />

der GFK erkennen, da es sich bei diesen Vorschriften um allgemeine<br />

Beschränkungen des Lebens handelt, denen alle <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Iran unterworfen<br />

sind. Die geschilderten Massnahmen stellen keine aus einem der<br />

Konventionsgründe entnommene Verfolgungshandlung dar. Insbesondere trifft<br />

eine Verfolgung aus Gründen der Religion oder der Nationalität nicht zu.<br />

Die Zugehörigkeit zu einer best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe wurde vom VwGH<br />

nicht untersucht.<br />

Auch <strong>im</strong> Falle einer irakischen Staatsbürgerin 96 und in jenem einer in der<br />

Türkei lebenden türkischen Kurdin 97 wurde neben anderen Verfolgungen auch<br />

Diskr<strong>im</strong>inierungen, bedingt durch Bekleidungsvorschriften von den<br />

Asylwerberinnen geltend gemacht. Auch hier wurde keine Asylrelevanz von<br />

Seiten des VwGH erkannt.<br />

95 Siehe VwGH Erkenntnis 92/01/1023<br />

96 Siehe VwGH Erkenntnis 95/20/0344<br />

97 Siehe VwGH Erkenntnis 95/20/0226<br />

XLIII


Auch in seinem Erkenntnis vom 20.03.1997 98 beanstandet der VwGH die<br />

Rechtsauffassung des Bundesministers für Inneres 99 bezüglich der Bedrohung<br />

durch oktroyierte Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften nicht. Die<br />

Asylwerberin, eine iranische Staatsbürgerin, hatte den Iran verlassen, weil sie<br />

die Umgebung und die Gesellschaft nicht mehr ertragen konnte. Der Druck<br />

der religiösen Vorschriften war für sie nicht mehr auszuhalten. Ihren<br />

Arbeitsplatz hatte sie verloren, da sie sich weigerte den Schleier zu tragen und<br />

sie widersetzte sich auch dem Verbot mit Männern zu sprechen. Auch hatte<br />

sie des öfteren ihre demokratische Gesinnung geäussert. Drei Jahre vor ihrer<br />

Flucht war sie geschieden worden, lebte seitdem bei ihren Eltern, eine Arbeit<br />

konnte sie aufgrund psychischer Probleme nicht ausüben. Die Scheidung war<br />

für sie nur mit grössten Schwierigkeiten zu erreichen. Denn nach ihren<br />

Aussagen haben <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Iran keine Rechte und gelten als Sklavinnen der<br />

Männer. In der Öffentlichkeit dürfen sich <strong>Frauen</strong> nur der Vorschriften<br />

entsprechenden Bekleidung aufhalten. Sobald einige Haare unter dem<br />

Schleier sichtbar sind, werden sie verhaftet, ausgepeitscht, mit Säure bespritzt<br />

und mit Rasierklingen <strong>im</strong> Gesicht geschnitten. Aus Angst vor diesen<br />

Repressalien litt sie an Angstzuständen und Depressionen und musste sich in<br />

ärztliche Behandlung begeben. Über die Medien wurde verbreitet, <strong>das</strong>s jene<br />

Familien deren Angehörige <strong>im</strong> Krieg gefallen sind <strong>das</strong> Recht haben<br />

Selbstjustiz gegen jene <strong>Frauen</strong> zu üben, die gegen die<br />

Bekleidungsvorschriften verstossen. Der Bundesminister für Inneres bemerkte<br />

bezüglich dieser strengen Vorschriften bezüglich Sitte und Moral, sowie der<br />

Einhaltung der Bekleidungsvorschriften, <strong>das</strong>s es sich dabei um Massnahmen<br />

der Aufrechterhaltung der öffentlichen Moral handle. Diese Vorschriften seien<br />

als allgemein gültiges Recht anzusehen und von allen <strong>Frauen</strong> gleichermassen<br />

zu beachten. Die blosse ablehnende Haltung einer Asylwerberin gegen ihren<br />

He<strong>im</strong>atstaat stellt keine Asylrelevanz dar.<br />

Die Asylrelevanz wurde erst von der Asylwerberin erreicht als sie während des<br />

Verfahrens einen Österreicher heiratete und zum Christentum konvertierte und<br />

so vom Scharia Recht des Iran von der Todesstrafe bedroht war. Dies<br />

erkannte auch der VwGH.<br />

98 Siehe VwGH Erkenntnis 95/20/0371<br />

99 Siehe Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. April 1995,<br />

Zl. 4.305.208/10-III/13/95<br />

XLIV


Im Erkenntnis vom 26.02.1997 100 allerdings wurde die Flüchtlingseigenschaft<br />

einer ägyptischen Staatsbürgerin als gegeben angesehen. Die Asylwerberin<br />

war Angehörige der Zeugen Jehovas und weigerte sich aus diesem Grund ein<br />

Kopftuch zu tragen. Kurz vor der Matura wurde sie deshalb von der<br />

Schulbehörde von der Schule verwiesen. Aufgrund des zunehmenden<br />

islamischen Fundamentalismus fühlte sich die Asylwerberin von vielen Seiten<br />

bedroht. Der VwGH sah in dem radikalen Fundamentalismus eine<br />

Verfolgungsgefahr und vertrat auch die Auffassung, <strong>das</strong>s die ägyptischen<br />

Behörden nicht fähig seien diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten. Zur<br />

Erfüllung der von der GFK geforderten wohlbegründeten Furcht sei es nicht<br />

notwendig, <strong>das</strong>s bereits eine Verfolgungshandlung stattgefunden habe.<br />

Die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung, aufgrund des nicht getragenen<br />

Kopftuches, ist gegeben und somit auch die Flüchtlingseigenschaft.<br />

Diese Meinung wurde auch in einem Bescheid des UBAS vom 19.11.1998<br />

bestätigt. 101 Auch kann ein Glaubenswechsel während des Asylverfahrens<br />

einen Asylgrund darstellen. 102 Eine iranische Familie konvertierte während des<br />

Asylverfahrens vom Islam zur Kirche der Heiligen der letzten Tage<br />

(Mormonen). Aufgrund ihres christlichen Glaubens war es nunmehr nicht mehr<br />

möglich nach den Regeln des Islam zu leben und auch die Einhaltung der<br />

Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften hätte einen inneren Konflikt<br />

hervorgerufen. Darüber hinaus hat <strong>im</strong> Iran <strong>das</strong> Abfallen vom Islam die<br />

Todesstrafe zur Folge. Das Vorliegen eines Asylgrundes wurde hier vom<br />

UBAS bejaht.<br />

In zahlreichen Fällen hatte der VwGH und auch der UBAS sich mit der Lage<br />

der <strong>Frauen</strong> in Afghanistan unter dem Taliban Reg<strong>im</strong>e zu befassen. Zwar ist<br />

dieses Reg<strong>im</strong>e mittlerweile gestürzt, aber wie <strong>das</strong> nachstehende zeigen wird,<br />

hat sich die Lage der <strong>Frauen</strong> in Afghanistan noch nicht massgeblich<br />

verbessert. Und auch aufgrund der Parallelität zu anderen Staaten und auch<br />

der Möglichkeit zukünftiger vergleichbarer Zustände sind diese Bescheide und<br />

Erkenntnisse durchaus aktuell.<br />

100 Siehe VwGH Erkenntnis 95/01/0454<br />

101 Siehe UBAS Zl. 202.773/0-V/13/98<br />

102 Siehe UBAS Zl. 215.164/0-VIII/22/00<br />

XLV


In Erkenntnis vom 16.04.2002 103 hatte sich der VwGH umfassend mit der<br />

Lage in Afghanistan zu befassen. Die Asylwerberin war in Afghanistan<br />

bedroht, da sie aufgrund ihres in der Ukraine abgeschlossenen Studiums,<br />

gegen <strong>das</strong> Weltbild der Taliban bezüglich der Frau verstossen hat. Sie war<br />

gezwungen <strong>das</strong> Haus nicht zu verlassen, ihren Beruf als Ärztin nachzugehen<br />

war ihr unmöglich. Der UBAS beschäftigte sich in dem angefochtenen<br />

Bescheid 104 nur mit dem Eingriff in <strong>das</strong> Recht der freien Berufsausübung und<br />

verneinte die Asylrelevanz dieses Eingriffs. Nach Meinung des UBAS sei es<br />

der Asylwerberin zumutbar ihr restliches Leben, in Beisein eines männlichen<br />

Angehörigen, zu Hause und ohne Ausübung ihres erlernten Berufes zu<br />

verbringen. Der UBAS sieht den Antrag auf wirtschaftliche Gründe gestützt<br />

deren asylrechtliche Relevanz nicht gegeben sei. Nach Meinung des VwGH<br />

waren jedoch die Eingriffe der Taliban in die Lebensbedingungen der<br />

afghanischen <strong>Frauen</strong> in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Die Taliban<br />

errichteten ein Regelwerk in dem willkürliche Gewaltanwendung zum System<br />

wurde. <strong>Frauen</strong> wurde kaum Zugang zu medizinischer Versorgung gewährt,<br />

woraus eine Lebensbedrohung resultierte. Es gab keine Ausnahmen von den<br />

verordneten Regeln, was den Mindestanforderungen der Menschlichkeit<br />

zuwider läuft. Eine zusätzliche Betroffenheit für <strong>Frauen</strong> tritt bei Fehlen eines<br />

männlichen Angehörigen ein, da es an Unterhalt fehlt und Lebensmittel nicht<br />

nach Hause gebracht werden können. Nach Meinung des VwGH liegt hier<br />

eine Kumulation von mit Gewalt durchgesetzter Vorschriften gegen eine<br />

best<strong>im</strong>mte Bevölkerungsgruppe vor, die in ihrer Gesamtheit von so extremer<br />

Natur sind, <strong>das</strong>s die Asylrelevanz als gegeben anzusehen ist.<br />

Im Bescheid vom 29.09.2003 105 hatte der UBAS die Lage der <strong>Frauen</strong> in<br />

Afghanistan nach dem Sturz der Taliban zu betrachten. Das Taliban Reg<strong>im</strong>e<br />

ist am 10.12.2001 vollständig abgezogen. Aber die Sicherheitslage der<br />

afghanischen Staatsangehörigen hat sich keineswegs gebessert. Eine<br />

Rückkehr nach Afghanistan stellt auch ein hohes Risiko für Leib und Leben<br />

dar. Es existiert kein Justizwesen, auch nicht in Ansätzen. Das neu zu<br />

schaffende Justizsystem wird laut Präsident Karzai auf den Prinzipien des<br />

103 Siehe VwGH Erkenntnis 99/20/0483<br />

104 Siehe UBAS Zl. 201.745/11-II/04/99<br />

105 Siehe UBAS Zl. 234.347/0-X/24/03<br />

XLVI


Koran basieren. Eine funktionierende Polizei ist ebenfalls nicht präsent. Die<br />

medizinische Versorgung ist katastrophal.<br />

Die Mehrheit der momentanen Machthaber fühlen sich den konservativen<br />

islamischen Vorstellungen bezüglich der <strong>Frauen</strong> verpflichtet. Zwar wurde bei<br />

der Regierungsbildung <strong>im</strong> Jahre 2001 den <strong>Frauen</strong> Gleichberechtigung<br />

eingeräumt aber faktisch nicht verwirklicht. Die <strong>Frauen</strong> können mittlerweile<br />

zwar einer Arbeit nachgehen, müssen aber weiterhin die Burka tragen und<br />

müssen sich auf der Strasse unauffällig verhalten. Zwar ist dies nicht mehr von<br />

der Regierung verordnet aber faktisch der Fall. Denn grosse Macht geht von<br />

den Mujaheddin aus, sie stehen gegen die Emanzipation der <strong>Frauen</strong> und<br />

versuchen die <strong>Frauen</strong> in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken. Würden<br />

<strong>Frauen</strong> ohne Schleier auf die Strasse gehen, wären sie Gefahr ausgesetzt.<br />

Würden <strong>Frauen</strong> öffentlich für ihre Rechte auftreten, wären sie zumindest<br />

verbalen Übergriffen ausgesetzt. Bereits vor dem Reg<strong>im</strong>e der Taliban war <strong>das</strong><br />

afghanische Recht von der Scharia gekennzeichnet. <strong>Frauen</strong> werden<br />

traditionell vielseitig benachteiligt. Opfer von Vergewaltigungen wurden<br />

wiederholt bestraft. Ehebrecherinnen wurden zum Tode verurteilt.<br />

Ehebrecherinnen werden von ihren Ehemännern ermordet. Die Männer haben<br />

bei diesen „honor killings“ keinerlei Strafe zu befürchten. Auch sind<br />

Zwangsverheiratungen und der Verkauf von Mädchen präsent. Das<br />

durchschnittliche Heiratsalter von Mädchen liegt bei 15 Jahren. Viele <strong>Frauen</strong><br />

sind wegen sogenannter Sexualdelikte inhaftiert, weil sie z.B. vor einer<br />

Zwangsheirat geflohen sind. <strong>Frauen</strong> erhalten meist keinerlei Bildung. Etwa<br />

75% der Bevölkerung haben keine Möglichkeit Geburtshilfe zu erhalten.<br />

Dementsprechend hoch ist die Säuglingssterblichkeit.<br />

Von einer Gewährleistung der grundlegenden Rechte ist in Afghanistan<br />

demnach nach wie vor nicht auszugehen. Das Tatbestandsmerkmal der<br />

wohlbegründeten Furcht ist daher in Afghanistan für <strong>Frauen</strong> nach wie vor<br />

gegeben. Bestätigt wird diese Auffassung auch durch den UBAS Bescheid<br />

vom 20.10.2003 106 und den Bescheid vom 05.11.2003 107 .<br />

In allen besprochenen Fällen zu Afghanistan wurde den Asylwerberinnen Asyl<br />

gewährt.<br />

106 Siehe UBAS Zl. 226.857/5-I/01/03<br />

107 Siehe UBAS Zl. 216.209/0-II/39/00<br />

XLVII


Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, <strong>das</strong>s frauenspezifische<br />

Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften für sich allein in Österreich keinen<br />

Asylgrund darstellen. Aber diese Vorschriften werden wohl asylrelevant, wenn<br />

deren Nichteinhaltung zu Strafen führt. Auch können diese Vorschriften als<br />

Indiz dafür herhalten, <strong>das</strong>s <strong>Frauen</strong> in den Herkunftsländern unmenschlicher<br />

Behandlung ausgesetzt sind. Es kann aber auch vorkommen, <strong>das</strong>s diese<br />

Vorschriften als allgemeine Ordnungsvorschriften beurteilt werden, an die sich<br />

alle <strong>Frauen</strong> zu halten haben. Solche Ordnungsvorschriften, die der<br />

Aufrechterhaltung der Moral und Sitte dienen stellen keinen Asylgrund dar.<br />

Ist allerdings <strong>das</strong> in Österreich in Art. 14 StGG 108 und in der EMRK in Art. 9<br />

verbriefte Recht der Glaubens- und Gewissensfreiheit verletzt, kann ein<br />

Asylgrund vorliegen. Dies ist in jenen Fällen zu sehen wo Christen gezwungen<br />

sind, sich den islamischen Regeln unterzuordnen. Auch die Konvertierung<br />

zum Christentum während des Asylverfahrens stellt Asylrelevanz dar.<br />

2.3 Schlussfolgerungen<br />

<strong>Frauen</strong>spezifische Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften sind eine<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung der Frau. Sie verstossen gegen alle besprochenen<br />

völkerrechtlichen Grundlagen. Diese Vorschriften können durchaus<br />

asylrelevant sein, wie die Betrachtung der <strong>österreichischen</strong> Rechtsprechung<br />

auch zeigt. Allerdings muss der Eingriff eine hohe Intensität erreichen, um<br />

Asylrelevanz darzustellen. Der Grad dieser Intensität ist wohl unzweifelhaft <strong>im</strong><br />

Fall von Afghanistan erreicht. Aber wie die ausgeführten Fälle zeigen ist dies<br />

in anderen Ländern schon nicht mehr leicht gegeben. Auch diese Vorschriften<br />

als allgemeine Ordnungsvorschriften zu qualifizieren scheint nicht<br />

sachgemäss. Denn reduziert man diese Vorschriften teleologisch so bleibt als<br />

Zweck auch die Unterdrückung der Frau. Eine blosse Ordnungsvorschrift<br />

kann niemals die Menschenwürde verletzen. Dies liegt aber <strong>im</strong> Falle der<br />

Verhinderung der Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK), der freien<br />

Meinungsäusserung (Art. 10 EMRK), des Rechts Recht auf Eheschliessung<br />

(Art. 12 EMRK), des Rechts auf Bildung (Art. 2 1.ZPEMRK) vor. Die<br />

Asylrelevanz kann also auch hier durchaus gegeben sein und auch hier stellen<br />

die betroffenen <strong>Frauen</strong> eine best<strong>im</strong>mte soziale Gruppe dar.<br />

108 Siehe Staatsgrundgesetz vom 21. December 1867 : RGBl 1867/142<br />

XLVIII


3 Vergewaltigungen<br />

3.1 Problematik<br />

Nach der strafrechtlichen Definition des <strong>österreichischen</strong> Strafgesetzbuches<br />

begeht derjenige <strong>das</strong> Verbrechen der Vergewaltigung, „Wer eine Person mit<br />

schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt oder durch eine gegen sie gerichtete<br />

Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib und Leben zur<br />

Vornahme oder Duldung des Beischlafes oder einer mit Beischlaf<br />

gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung nötigt.“ 109<br />

Versucht man die Vergewaltigung auf einer personellen Ebene zu definieren<br />

so handelt es sich dabei für eine Frau um ein „sexuelles, gewaltsames<br />

Eindringen in den Körper, ein Einbruch in den privaten, persönlichen<br />

Innenraum, ohne <strong>das</strong>s die Frau ihr Einverständnis dazu gegeben hätte.“ 110<br />

3.2 Körperliche Folgen<br />

Die körperlichen Verletzungen durch die Vergewaltigung reichen von Wunden,<br />

Blutergüssen, Würgemalen, Verletzungen <strong>im</strong> Genitalbereich, Infektionen,<br />

Menstruationsbeschwerden bis hin zu verstümmelten Genitalien und<br />

übertragenen Krankheiten, die oft den Tod zur Folge haben (HIV). 111<br />

3.3 Psychische Folgen<br />

Die psychischen Folgen sind ein psychisches Trauma, unabhängig davon wie<br />

schwer die körperlichen Verletzungen sind. Auch sexuelle Übergriffe ohne<br />

erfolgter Penetration oder physischer Gewalt können ein Trauma zur Folge<br />

haben. Der unmittelbar nach der Tat auftretende Schockzustand dauert einige<br />

Tage bis Wochen an und kann durch Schreien, Weinen und Ruhelosigkeit<br />

sichtbar sein, aber auch gegenteilige Reaktionen wie Erstarrung und<br />

Gefühllosigkeit treten auf. Die langfristigen psychischen Folgeerscheinungen<br />

können ein Leben lang andauern und reichen von Angstgefühle in<br />

verschiedensten Formen, Nervosität, Konzentrations-störungen, Alpträume,<br />

Schreckreaktionen bis hin zu Ekel- und Schuldgefühlen. 112<br />

109 § 209 StGB : BGBl 1974 / 60 idF BGBl 2002 / 134 in Kodex des <strong>österreichischen</strong> Rechts, STRAFRECHT,<br />

19. Aufl, 2002<br />

110 Siehe MÖRTH Gabriele, Schrei nach Innen 1994, 25<br />

111 Siehe STUCHLY Karin, <strong>Frauen</strong> auf der Flucht 1999, 57<br />

112 Siehe STUCHLY Karin, <strong>Frauen</strong> auf der Flucht 1999, 59<br />

XLIX


3.4 Soziale Folgen<br />

Die sozialen Folgen einer erlittenen Vergewaltigung können ebenfalls fatal<br />

sein. In vielen Kulturen bedeutet dies den Verstoss durch den eigenen<br />

Ehepartner oder durch die Familie und eine Ächtung durch die Gesellschaft.<br />

Denn eine vergewaltigte Frau stellt eine Schande für die gesamte Familie<br />

dar. 113<br />

Und auch Strafen für die vergewaltigte Frau, wie <strong>im</strong> Fall von Afghanistan, sind<br />

möglich, die ihrer Schwere nach unterschiedlich aber bis hin zur Ermordung,<br />

den sogenannten „honor killings“, reichen können. 114<br />

Stellt sich durch eine erlittene Vergewaltigung eine Schwangerschaft ein und<br />

wird <strong>das</strong> Kind geboren, werden die <strong>Frauen</strong> und ihr Kind oft verstossen, wie<br />

dies beispielsweise in Kuwait nach der irakischen Besatzung der Fall war. Als<br />

letzter Ausweg wird dann auch meist der Selbstmord gewählt. 115<br />

3.5 Vergewaltigung in bewaffneten Konflikten<br />

Eine Form die Zivilbevölkerung in den Krieg einzubeziehen ist es die<br />

Vergewaltigung als Mittel einzusetzen. Dieser Angriff gegen die <strong>Frauen</strong> stellt<br />

eine militärische Taktik dar, mit dem Ziel die gegnerische Volksgruppe zu<br />

zermürben. 116 Während des Balkankriegs existierten eigens eingerichtete<br />

Vergewaltigungslager. Die gefangenen <strong>Frauen</strong> sollten diesen Lagern nur tot<br />

oder schwanger entkommen können. 117 Berichten von betroffenen <strong>Frauen</strong><br />

zufolge haben diese Lager in ganz Bosnien – Herzegovina existiert. An Ort<br />

und Stelle überprüfbar waren diese Lager allerdings nicht, denn die Lager<br />

wurden von den Verantwortlichen gehe<strong>im</strong>gehalten und bei einer Entdeckung<br />

sofort aufgelöst. 118 Aber schon vor dem Balkankrieg wurden Vergewaltigungen<br />

als Kriegstaktik eingesetzt. Während des neunmonatigen Kriegs in<br />

113 Siehe STUCHLY Karin, <strong>Frauen</strong> auf der Flucht 1999, 63<br />

114 Siehe UBAS Zl. 234.347/0-X/24/03<br />

115 Siehe JOHR Barbara, Die Ereignisse in Zahlen in SANDER Helke,/ JOHR Barbara (Hrsg.), Befreier und<br />

Befreite 1992, 50<br />

116 Siehe SEIFERT Ruth, Krieg und Vergewaltigung in STIGLMAYER Alexandra (Hrsg.),<br />

Massenvergewaltigung – Krieg gegen die <strong>Frauen</strong> 1993, 97<br />

117 Siehe STIGLMAYER Aleandra, Vergewaltigung in Bosnien-Herzegowina in STIGLMAYER Alexandra<br />

(Hrsg.) Massenvergewaltigung – Krieg gegen die <strong>Frauen</strong> 1993, 110<br />

118 Siehe STIGLMAYER Aleandra, Vergewaltigung in Bosnien-Herzegowina in STIGLMAYER Alexandra<br />

(Hrsg.) Massenvergewaltigung – Krieg gegen die <strong>Frauen</strong> 1993, 154<br />

L


Bangladesch wurden an die 200.000 <strong>Frauen</strong> von pakistanischen Soldaten<br />

vergewaltigt. 119<br />

3.6 Rechtsprechung<br />

Am 20.01.2004 hatte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde einer<br />

ägyptischen Staatsangehörigen zu behandeln. 120 Die Asylwerberin war von<br />

ägyptischen Beamten der Staatssicherheitsbehörde während einer<br />

Vernehmung vergewaltigt worden. Die Vernehmung hat deshalb<br />

stattgefunden, da bereits ihr Mann aus Ägypten geflohen war und die<br />

Beamten nun von ihr die Fluchtgründe erfahren wollten. Die Asylwerberin<br />

schilderte <strong>im</strong> Rahmen ihres Asylverfahrens detailliert die erlittene<br />

Vergewaltigung. Die Ausführungen umfassen zwei engzeilig geschriebene A4<br />

Seiten. Das Bundesasylamt wertete jedoch in seinem erstinstanzlichen<br />

Bescheid die Schilderungen der Asylwerberin als „allgemein gehalten, vage<br />

und substanzlos“. Für den VwGH ist diese Feststellung des Bundesasylamtes<br />

„nicht nachvollziehbar“ und es wird auf die UNHCR Richtlinie zum Schutz<br />

geschlechtsspezifischer Verfolgung verwiesen. Aber auch der UBAS erkannte<br />

in der zu behandelnden Berufung gegen diesen Bescheid keine Asylrelevanz.<br />

Es wurde die Abschiebung der Asylwerberin für zulässig erklärt, da pro futuro<br />

keine Verfolgungshandlungen gegen sie in Ägypten zu erwarten seien. Vor<br />

dem UBAS fand zwar eine mündliche Verhandlung statt, aber darin setzte die<br />

Behörde sich auch nicht ansatzweise mit der erlittenen Vergewaltigung<br />

auseinander. Aus diesem Grunde hob der VwGH den angefochtenen<br />

Bescheid wegen der Verletzung gegen Verfahrensvorschriften auf.<br />

Der VwGH entschied zwar in diesem Erkenntnis nicht in der Sache selbst,<br />

aber die mögliche Asylrelevanz einer bereits erlittenen Vergewaltigung ist hier<br />

klar ablesbar.<br />

In Erkenntnis vom 3. Dezember 2003 121 hatte der VwGH sich mit der nach wie<br />

vor unsicheren Lage in Bosnien - Herzegowina zu beschäftigen. Im Sommer<br />

2000 reiste die Asylwerberin mit ihren beiden Töchtern nach Österreich ein.<br />

Die Asylwerberinnen gehören der Volksgruppe der Roma an und stammen<br />

119 Siehe Brownmiller Susan, Gegen unseren Willen – Vergewaltigung und Männerherrschaft 2. Aufl.1992, 84<br />

120 Siehe VwGH Erkenntnis 2002/01/0602<br />

121 Siehe VwGH Erkenntnis 2001/01/0402<br />

LI


aus Bosnien Herzegowina. Als Fluchtgrund wurde eine Bedrohung von Seiten<br />

der serbischen und auch der musl<strong>im</strong>ischen Volksgruppe angegeben. Die<br />

<strong>Frauen</strong> wurden körperlich bedroht und besch<strong>im</strong>pft. Die Töchter waren der<br />

Gefahr von sexuellen Übergriffen in Form von „begrapschen“ und<br />

Vergewaltigung ausgesetzt. Der UBAS wies den Asylantrag mit der<br />

Begründung ab, <strong>das</strong>s Angehörige der Roma Volksgruppe keine Verfolgung in<br />

Bosnien - Herzegowina zu befürchten haben.<br />

Auf die von der Asylwerberin angegebene Gefahr der sexuellen Übergriffe<br />

ging der UBAS nicht ein. Darin erkannte der VwGH auch die Rechtswidrigkeit.<br />

Einerseits lag ein Verfahrensfehler vor, da der UBAS den Hinweisen der<br />

sexuellen Übergriffe, bei erkennbarer Hemmung über <strong>das</strong> Erlebte zu<br />

sprechen, keine weibliche Person zur Vernehmung einsetzte. Auch wurde<br />

keine Dolmetscherin eingesetzt, sondern ein Dolmetscher.<br />

Andererseits hätten diese Aussagen näher geprüft werden müssen.<br />

Denn bei Bestehen solcher Verfolgungshandlungen ist eine asylrelevante<br />

Eingriffsintensität jedenfalls gegeben. Zumal in der Republika Srpska die<br />

Möglichkeit der Inanspruchnahme von staatlichen Schutz nicht eindeutig<br />

gegeben ist. Eine allgemeine Feststellung zur Lage in Bosnien - Herzegowina<br />

ist nach Auffassung des VwGH nicht ausreichend.<br />

Der Bescheid wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.<br />

Wegen Rechtswidrigkeit, infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften,<br />

war ein Bescheid <strong>im</strong> VwGH Erkenntnis vom 08. April 2003 122 aufzuheben.<br />

Die Asylwerberin, eine Staatsangehörige aus der Demokratischen Republik<br />

Kongo, war in ihrer He<strong>im</strong>at bei einer Organisation beschäftigt, die dem<br />

Präsidenten zugehörig war. Nach dem Bürgerkrieg, aus dem ein neuer<br />

Machthaber hervorkam, wurde die Asylwerberin von Militärs verhaftet und<br />

vergewaltigt. Nach ihrer Freilassung wurde sie gezwungen <strong>das</strong> Land zu<br />

verlassen, andernfalls wäre sie ermordet worden. Der Grund der Verfolgung<br />

lag darin, <strong>das</strong>s die Asylwerberin für <strong>das</strong> frühere Reg<strong>im</strong>e tätig war. Alle die für<br />

den früheren Präsidenten gearbeitet haben, wären nach Aussagen der Militärs<br />

zu erschiessen. Die Erstinstanz, <strong>das</strong> Bundesasylamt, schenkte den<br />

Ausführungen der Asylwerberin keinen Glauben und wies den Asylantrag ab.<br />

122 Siehe VwGH Erkenntnis 2001/01/0100<br />

LII


Ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik<br />

Kongo wurde für zulässig erklärt. Infolge des Berufungsverfahrens vor dem<br />

UBAS fand eine mündliche Verhandlung statt. Der Asylantrag wurde vom<br />

UBAS ebenfalls abgewiesen, aber die Zurückweisung, Zurückschiebung oder<br />

Abschiebung für unzulässig erklärt. Grund dafür waren die andauernden<br />

Bürgerkriegshandlungen. Die Abweisung des Asylantrags war damit<br />

begründet, <strong>das</strong>s laut UNHCR Angaben Mitglieder der Organisation, bei der die<br />

Asylwerberin beschäftigt war, nach dem Machtwechsel keinen<br />

Verfolgungshandlungen seitens der neuen Machthaber ausgesetzt waren.<br />

Laut Meinung des UBAS hat die Asylwerberin keine politisch motivierte<br />

Verfolgung darlegen können. Die von der Asylwerberin erlittenen<br />

„Beeinträchtigungen“ waren bürgerkriegsbedingte Übergriffe gegen die<br />

Zivilbevölkerung, die von verfeindeten Milizen begangen wurden. Derartige<br />

Übergriffe, die ihren Ursprung in einem Zusammenhang des rechtsstaatlichen<br />

Systems haben, stellen laut Meinung des UBAS keinen Asylgrund nach der<br />

GFK dar.<br />

Der VwGH rügte nun in diesem Erkenntnis, <strong>das</strong>s der UBAS sich in seiner<br />

Beweiswürdigung auf lediglich eine Auskunft stützte.<br />

Denn wäre ein Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit für die Organisation<br />

des Präsidenten und der Vergewaltigung gegeben, so handelt es sich um eine<br />

Verfolgung wegen ihrer politischen Gesinnung. Und war die Vergewaltigung<br />

Folge daraus, ist die Asylrelevanz gegeben.<br />

Ebenfalls wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften hob der VwGH am<br />

11.06.2002 123 einen Bescheid des UBAS auf. Im Sommer 1997 wurde die<br />

Asylwerberin, nachdem zuvor ihr Mann vor ihren Augen ermordet worden war,<br />

von zwei bewaffneten Männern vergewaltigt, nachdem sie von ihnen zu ihrer<br />

Clanzugehörigkeit befragt wurde. Die Vergewaltiger gehörten einer<br />

bewaffneten Gruppierung des General Aidid an. Daraufhin floh sie mit ihren<br />

Kindern aus Somalia und stellte am 8. August 1997 einen Asylantrag in<br />

Österreich. Das Bundesasylamt wies den Antrag <strong>im</strong> September 1997 ab und<br />

sah die Rechtmäßigkeit seines Handelns darin, <strong>das</strong>s die „Schicksalsschläge“<br />

der Asylwerberin keine Verfolgungshandlungen <strong>im</strong> Sinne der Genfer<br />

123 Siehe VwGH Erkenntnis 2000/01/0305<br />

LIII


Konvention darstellen. Die „Vorgangsweisen“ der bewaffneten Gruppierung<br />

seien gegen ihre Person nicht aus politischen, religiösen, rassischen,<br />

ethischen oder sozialen Gründen gesetzt worden. In Somalia werden<br />

mehrfach „Leute“ zu Opfern solcher Übergriffe. Das <strong>Asylrecht</strong> hat nach<br />

Meinung des Bundesasylamtes nicht die Aufgabe vor allgemeinen<br />

Unglücksfolgen zu bewahren die aus Bürgerkriegen entspringen.<br />

Die Asylwerberin berief gegen diesen Bescheid, der Bundesminister für<br />

Inneres (damals die zweite Instanz) wies die Berufung ab. Gegen diesen<br />

Bescheid wurde Beschwerde be<strong>im</strong> VwGH erhoben. Dieser wiederum wies die<br />

Beschwerde mit Beschluss vom 20. Oktober 1999 124<br />

zurück. Zu dieser<br />

Zurückweisung war er nach § 44 Abs. 3 AsylG ermächtigt. Sinn dieser<br />

Zurückweisung war es ein ausgeglichenes Verhältnis der anhängigen<br />

Rechtssachen zwischen dem mittlerweile gegründeten UBAS und dem VwGH<br />

zu erreichen. Am 8. Mai 2000, mittlerweile waren beinahe drei Jahre seit der<br />

Antragstellung vergangen, setzte sich der UBAS mit der Berufung gegen den<br />

Bescheid des Bundesasylamtes auseinander. In der mündlichen Verhandlung<br />

schilderte die Asylwerberin detailliert die erlittene Vergewaltigung. Der UBAS<br />

wies die Berufung mit der Begründung ab, <strong>das</strong>s der erstinstanzliche Bescheid<br />

rechtmäßig war.<br />

Der VwGH sah hingegen sowohl in der Beweiswürdigung der Erst- als auch<br />

der Berufungsbehörde eine Rechtswidrigkeit gegeben. Es wurde von den<br />

Behörden nicht darauf eingegangen, <strong>das</strong>s die Asylwerberin erst nach ihrer<br />

Befragung bezüglich ihrer Clanzugehörigkeit vergewaltigt wurde.<br />

Die Behörden sind ihrer, nach § 60 AVG, auferlegten Verpflichtung nicht<br />

nachgekommen. Nämlich die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen<br />

Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und<br />

übersichtlich zusammenzufassen. 125<br />

Der unterlassenen Feststellung über die Gründe der Vergewaltigung kommt<br />

nämlich Asylrelevanz zu, da die Vergewaltigung wegen ihrer<br />

Clanzugehörigkeit einen Verfolgungsgrund der GFK darstellt, wenn die<br />

Vergewaltiger einem gegnerischen Clan angehören. Die mangelnde<br />

Schutzgewährung der Staatsgewalt vor solchen Übergriffen ist in Somalia<br />

unbestritten.<br />

124 Siehe VwGH Beschluss 97/01/1126<br />

125 Siehe VwGH Erkenntnis 2001/20/0064<br />

LIV


Ebenfalls mit dem Problem der mangelhaften Beweiswürdigung hatte sich der<br />

VwGH am 12.03.2002 zu beschäftigen. 126 Die, aus der Demokratischen<br />

Republik Kongo stammende, Asylwerberin reiste <strong>im</strong> März 1997 in Österreich<br />

ein und beantragte Asyl. Die Asylwerberin wurde aufgrund ihrer Teilnahme an<br />

einer Demonstration verhaftet und während der Haft mehrere Male<br />

vergewaltigt. Weiters gab die Asylwerberin an, einer politischen Partei<br />

anzugehören und auch für diese tätig gewesen zu sein. Laut Erstbehörde hat<br />

die Asylwerberin während der Einvernahme keinen „tauglichen“ Asylgrund<br />

vorbringen können. Der Asylantrag wurde abgewiesen. Das Vorbringen der<br />

mehrmaligen Vergewaltigung wurde als widersprüchlich und unglaubwürdig<br />

eingestuft.<br />

Der UBAS beauftragte einen Gutachter <strong>das</strong> Vorbringen der Vergewaltigungen<br />

zu beurteilen. Dieser stellte eine, nach Vergewaltigungen typische,<br />

posttraumatische Belastungsstörung fest. Aber <strong>im</strong> Zuge des<br />

Berufungsverfahrens stellte sich laut eines Berichtes des <strong>österreichischen</strong><br />

Konsulates heraus, <strong>das</strong>s die Asylwerberin niemals für eine politische Partei<br />

tätig war. Die Asylwerberin legte aber ihrerseits Dokumente vor, die ihre<br />

Mitgliedschaft belegten. Der UBAS beurteilte aber nur den Bericht des<br />

Konsulates und in seinem Bescheid 127 beurteilte er <strong>das</strong> Vorbringen der<br />

Asylwerberin als Täuschung der Behörde und Missbrauch des Asylverfahrens.<br />

Und somit war eine asylrelevante Bedrohung durch die Demokratische<br />

Republik Kongo nicht gegeben.<br />

Der VwGH stellte die Rechtswidrigkeit, aufgrund der fehlenden<br />

Beweiswürdigung der von der Asylwerberin vorgelegten Dokumente, fest und<br />

hob den Bescheid aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.<br />

Interessant ist hier, <strong>das</strong>s die erlittenen Vergewaltigungen in der Haft vom<br />

UBAS zwar als gegeben angenommen wurden, aber die Asylrelevanz<br />

trotzdem vereint wurde. Es ist somit festzustellen, <strong>das</strong>s die Parteizugehörigkeit<br />

eine Asylvoraussetzung darstellt.<br />

126 Siehe VwGH Erkenntnis 2000/01/0207<br />

127 Siehe UBAS Zl. 200.502/0-XII/37/98<br />

LV


Keine Asylrelevanz sah <strong>das</strong> Bundesasylamt 128 <strong>im</strong> Falle einer<br />

Staatsangehörigen aus Bosnien – Herzegowina gegeben, die von<br />

unbekannten Serben vergewaltigt wurde. Nach der Vergewaltigung wurde sie<br />

bedroht und ihr geraten wegzuziehen. Den Grund ihrer Vergewaltigung sah<br />

sie in ihrer musl<strong>im</strong>ischen Religionszugehörigkeit gegeben.<br />

Nach Meinung des Bundesasylamtes ist der geschilderte Sachverhalt nicht<br />

unter den Tatbestand der GFK zu subsumieren, da der Übergriff durch Private<br />

(die Männer trugen Zivilkleidung) erfolgte und somit keine<br />

Flüchtlingseigenschaft gegeben sein kann. Dass die staatlichen Behörden ihr<br />

keinen Schutz gewährten oder gewähren konnten, lässt sich aus dem<br />

Vorbringen der Asylwerberin nicht entnehmen. Zumal wurde nicht einmal eine<br />

Anzeige bei den Behörden erstattet. Dass die Vergewaltiger Zivilpersonen<br />

waren, schloss <strong>das</strong> Bundesasylamt rein aus der zivilen Kleidung. Dies wurde<br />

von der Asylwerberin auch in der Berufung bemängelt. Es sei nämlich in<br />

Bosnien – Herzegowina durchaus üblich, <strong>das</strong>s Polizisten und Soldaten<br />

Zivilkleidung tragen und Vergewaltigungen bewusst als Mittel zur Zermürbung<br />

der Musl<strong>im</strong>e eingesetzt werden. Die Vergewaltigungen seien sehr wohl von<br />

Angehörigen der Polizei oder des Militärs verübt worden. Darin ist auch die<br />

Ursache für die fehlende Anzeige bei der Behörde begründet.<br />

Der UBAS 129 hat der Berufung stattgegeben, den Bescheid behoben und die<br />

Sache an <strong>das</strong> Bundesasylamt zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens<br />

zurückverwiesen. Denn eine Verfolgungsgefahr könne nicht an Sicherheit<br />

grenzende Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Dies erfordert aber<br />

der § 6 des AsylG.<br />

Daraufhin richtete der Bundesminister für Inneres eine Amtsbeschwerde an<br />

VwGH 130 . Aber der VwGH sah <strong>das</strong> Handeln des UBAS als rechtmässig, wies<br />

somit die Beschwerde ab und es blieb dabei, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Verfahren neuerlich<br />

durchzuführen sei.<br />

Ebenfalls von Angehörigen der Polizei wurde eine Asylwerberin, stammend<br />

aus dem Kosovo und somit Staatsangehörige der Jugoslawischen Republik<br />

aber der Volksgruppe der Roma angehörend, mit der Muttersprache<br />

128 Siehe VwGH Erkenntnis 99/01/0273<br />

129 Siehe UBAS Zl. 209.059/0-VI/17/99<br />

130 Siehe VwGH Erkenntnis 99/01/0273<br />

LVI


Albanisch, mehrmals vergewaltigt. 131 Die Vergewaltigungen fanden zwe<strong>im</strong>al<br />

<strong>im</strong> Monat statt und waren in der politischen Tätigkeit ihres Mannes begründet.<br />

Das Bundesasylamt wies den Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab. Die<br />

Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Provinz Kosovo<br />

der Bundesrepublik Jugoslawien wurde als zulässig erklärt.<br />

Der UBAS 132 sah die Verfolgungsgefahr der Asylwerberin <strong>im</strong> Kosovo als<br />

gegeben an, da die <strong>im</strong> Kosovo stationierten internationalen Truppen den<br />

Roma keinen effektiven Schutz bieten können. Da somit eine wohlbegründete<br />

Furcht vor Misshandlung, Vertreibung und Ermordung zu bejahen ist, sah der<br />

UBAS die Flüchtlingseigenschaft als gegeben an.<br />

Gegen diesen Bescheid wurde gemäss § 38 (5) AsylG Amtsbeschwerde des<br />

Bundesministers für Inneres an den VwGH erhoben. Darin wurde die<br />

Rechtswidrigkeit der Asylgewährung, aufgrund einer bestehenden<br />

innerstaatlichen Fluchtalternative, geltend gemacht. Die Asylwerberin ist nicht<br />

Staatsangehörige des Kosovo, sondern Staatsangehörige der Jugoslawischen<br />

Republik. 133 Die Asylwerberin könnte somit, nach Meinung des<br />

Bundesministers für Inners, auch innerstaatliche, für sie sichere, Plätze<br />

aufsuchen. Das Nichtbestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative ist<br />

Voraussetzung für <strong>das</strong> Bestehen der Flüchtlingseigenschaft.<br />

Der VwGH erkannte die Rechtswidrigkeit in der fehlenden gesamtstaatlichen<br />

Betrachtung des UBAS. Auch wurde verneint, <strong>das</strong>s Angehörige der Roma<br />

Volksgruppe <strong>im</strong> gesamten Staatsgebiet mit Verfolgung zu rechnen hätten.<br />

Der Bescheid wurde somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.<br />

131 VwGH Erkenntnis 2000/01/0122<br />

132 Siehe UBAS Zl. 201.565/6-III/07/99<br />

133 Siehe VwGH Erkenntnis 99/01/0359 und 2000/01/0162<br />

LVII


3.7 Schlussfolgerungen<br />

<strong>Wie</strong> die betrachteten Quellen der Rechtsprechung zeigen, wird an eine<br />

Asylgewährung, aufgrund einer erlittenen Vergewaltigung, ein hoher Massstab<br />

angelegt. Denn einerseits stellt es ein Erfordernis dar, <strong>das</strong>s die<br />

Vergewaltigung in gewisser Weise politisch motiviert war und andererseits<br />

wird auch hier darauf abgestellt, ob die Vergewaltigung von Staatsorganen<br />

oder Mitgliedern einer militärischen Gruppe verbrochen wurde. Daraus ist<br />

abzuleiten, <strong>das</strong>s eine Vergewaltigung privaten Ursprungs keinen Asylgrund<br />

darstellen kann. Doch sind hier die Grenzen besonders in Bürgerkriegen<br />

verschw<strong>im</strong>mend. Eine weitere Voraussetzung ist eine „pro futuro“ Gefährdung<br />

der betroffenen Frau, sprich eine Asylgewährung erfolgt nur, wenn die Gefahr<br />

einer weiteren Vergewaltigung bei einer Rückkehr besteht. Aber <strong>das</strong><br />

Hauptproblem liegt auch hier <strong>im</strong> Verfahren begraben. <strong>Frauen</strong>, die die<br />

Vergewaltigung nicht eindeutig beweisen können, werden meist als<br />

unglaubwürdig eingestuft. Der Ermittlungseifer der Behörden erster Instanz<br />

hält sich mehr als in Grenzen. <strong>Wie</strong> die betrachtete Rechtsprechung zeigt, wird<br />

fallweise auch gar nicht auf <strong>das</strong> Vorbringen der erlittenen Vergewaltigung<br />

eingegangen. Wenn darauf eingegangen wird, kann es vorkommen, <strong>das</strong>s die<br />

Vergewaltigung nicht als solche von der Behörde bezeichnet wird. Eine<br />

Vergewaltigung als „erlittene Beeinträchtigung“ zu bezeichnen ist wohl nicht<br />

die richtige Wortwahl. Auch die Bezeichnung als „Schicksalsschlag“ spiegelt<br />

wohl nicht die Größenordnung dieses Verbrechens wider.<br />

Aus der vorhandenen Rechtsprechung geht die Möglichkeit eines Quasi<br />

Verschuldens des Staates bei privater Verfolgung nicht hervor. Aber eine<br />

Asylgewährung bei einer privat motivierten Vergewaltigung, bei fehlendem<br />

staatlichen Schutz wäre natürlich auch hier zu bejahen.<br />

LVIII


4 Zwangssterilisationen – Zwangsabtreibungen<br />

4.1 Problematik<br />

In den vergangenen Jahren wurde die chinesische Regierung der<br />

zwangsweise durchgeführten Sterilisationen und Abtreibungen an <strong>Frauen</strong><br />

beschuldigt. Grundlage für dieses Handeln soll <strong>das</strong> chinesische „Gesetz für<br />

Bevölkerungs- und Familienplanung“ sein. 134 Nach Art. 2 dieses Gesetzes<br />

steht die Familienplanung in grundlegender staatlicher Verantwortung. Das<br />

Bevölkerungswachstum soll von staatlicher Seite kontrolliert werden.<br />

Nach Art. 5 haben sowohl die nationale als auch die lokalen Regierungen<br />

dieses „nationale Bevölkerungs- und Familienplanungsprogramm“ zu<br />

entwickeln. Nach Art. 14 werden diese Programme ebenfalls von den<br />

Provinzregierungen verwaltet. Art. 18 strebt grundsätzlich an, <strong>das</strong>s nur ein<br />

Kind pro Paar geboren werden soll. Sonderbest<strong>im</strong>mungen für ein zweites Kind<br />

sind aber möglich. Art. 41 enthält die Strafbest<strong>im</strong>mungen. Werden mehr<br />

Kinder, als in Art. 18 erlaubt, geboren, so haben diese Bürger Strafzahlungen<br />

zu leisten. Das Gesetz enthält keinerlei Anordnungen an die Behörden,<br />

zwangsweise Sterilisationen und Abtreibungen durchzuführen.<br />

In Kraft getreten ist dieses Gesetz am 1.9.2002 und schaffte nachträglich<br />

einen gesetzlichen Rahmen, für die seit den 80er Jahren praktizierte<br />

Geburtenkontrollpolitik Chinas. Da in diesem Grundlagengesetz auch die<br />

lokalen Behörden als Kompetenzträger für die Ausgestaltung der<br />

Ausführungsgesetze genannt werden, ist davon auszugehen, <strong>das</strong>s, die vor in<br />

Kraft treten des Gesetzes, geübte Praxis auch noch heute vorherrscht.<br />

Nämlich, <strong>das</strong>s die konkrete Umsetzung des Bevölkerungs- und<br />

Familienprogramms den Behörden auf Provinzebene vorbehalten ist. 135<br />

Die Durchführung von Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen wurde<br />

von der chinesischen Zentralregierung verboten, die Praxis dieser<br />

Massnahmen wird aus den Regionen aber <strong>im</strong>mer wieder gemeldet. 136<br />

134 Siehe amnesty international – Sektion der Bundesrepublik Deutschland, ASA 17-02.066, <strong>im</strong> Anhang<br />

unter http://www.asyl.net/Magazin/Docs/2002/M-2/2669chi.doc<br />

135 Siehe JESIH Susanne, amnesty international – Sektion der Bundesrepublik Deutschland, ASA 17-02.066,<br />

Antwort 1 unter http://www.asyl.net/Magazin/Docs/2002/M-2/2669chi.doc<br />

136 Siehe JENSEN Inke, <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Asyl- und Flüchtlingsrecht 2002, 197<br />

LIX


<strong>Wie</strong> die Situation von Betroffenen konkret aussieht, ist demnach davon<br />

abhängig, in welcher Provinz der Volksrepublik China ihr dauernder Aufenthalt<br />

gelegen ist. Artikel 18 des Gesetzes enthält die Ermächtigung für<br />

abweichende Best<strong>im</strong>mungen von der „Ein Kind Politik“. Es entspricht auch der<br />

Realität, <strong>das</strong>s zahlreiche Ausnahmeregelungen in den verschiedenen<br />

Regionen die Geburt mehrerer Kinder gestatten. Beispielsweise kann man in<br />

vielen Regionen die Genehmigung für die Geburt eines zweiten Kindes<br />

erhalten, wenn <strong>das</strong> erstgeborene Kind ein Mädchen war. 137<br />

Allerdings, und dies ist hier der wohl entscheidende Punkt, handelt es sich bei<br />

der Volksrepublik China nicht um einen Rechtsstaat. Die Behörden gehen bei<br />

der Durchsetzung der Geburtenkontrollpolitik mit äusserster Härte vor. Die<br />

Durchführung von systematischen zwangsweisen Sterilisationen kann nicht<br />

ausgeschlossen werden. 138<br />

4.2 Rechtsprechung<br />

Mit der Asylrelevanz einer bereits erfolgten Zwangsabtreibung hatte sich der<br />

UBAS am 4.1.2002 zu befassen. 139<br />

Die Asylwerberin, eine Staatsbürgerin der Volksrepublik China und<br />

Angehörige der evangelischen Kirche, floh aus ihrem He<strong>im</strong>atland Jahre<br />

nachdem an ihr eine Zwangsabtreibung durchgeführt worden war. Der Grund<br />

der Abtreibung lag darin, <strong>das</strong>s sie noch nicht mit ihrem Verlobten verheiratet<br />

war. 1991 war es laut den Aussagen der Asylwerberin nicht zulässig vor der<br />

Ehe ein Kind zur Welt zu bringen. Auch war ihr Verlobter zu diesem Zeitpunkt<br />

noch nicht <strong>im</strong> heiratsfähigen Alter. 1992 wurde die Asylwerberin neuerlich<br />

schwanger und sie gebar <strong>das</strong> Kind, obwohl ihr Mann noch <strong>im</strong>mer nicht <strong>im</strong><br />

heiratsfähigen Alter war. Das Kind wurde nie angemeldet.<br />

Hätten die Behörden die Geburt bemerkt, so wäre eine Geldstrafe zu zahlen<br />

gewesen. Das Kind wurde von der Asylwerberin vor der Flucht bei den<br />

Schwiegereltern untergebracht. Die Flucht erfolgte 1998. Infolge der illegalen<br />

Ausreise aus China hätte die Asylwerberin, bei einer allfälligen Rückkehr, mit<br />

einer 2 – 3 jährigen Haftstrafe zu rechnen.<br />

137 Siehe JESIH Susanne, amnesty international – Sektion der Bundesrepublik Deutschland, ASA 17-02.066,<br />

Antwort 1<br />

138 Siehe amnesty international, <strong>Frauen</strong> in China; verfolgt, inhaftiert, misshandelt, 32 - 36<br />

139 Siehe UBAS Zl. 209.261/23-II/04/01<br />

LX


Das Bundesasylamt sah in seinem Bescheid keine Asylrelevanz gegeben. 140<br />

Denn die durchgeführte zwangsweise Abtreibung ist als „isoliertes<br />

Einzelereignis“ zu sehen, welches auch keine weiteren Verfolgungen nach<br />

sich zog. Nach der Abtreibung war die Asylwerberin auch keinen<br />

„Drangsalierungen bzw. Druckmitteln“ von Seiten der Behörden ausgesetzt.<br />

Somit sah <strong>das</strong> Bundesasylamt keine wohlbegründete Furcht vor einer<br />

Verfolgung. Auch die Anmeldung des zweiten Kindes hätte keine Verfolgung<br />

nach sich gezogen. Die Leistung einer hohen Geldstrafe kann nicht als<br />

Verfolgung gewertet werden. Zwar erscheinen dem Bundesasylamt solche<br />

Strafen aus „demokratie- und menschenrechtspolitischen Gründen“<br />

befremdlich, aber solche <strong>das</strong> Bevölkerungswachstum reglementiernde<br />

Vorschriften sind der innerstaatlichen Rechtspflege zuzuordnen. In solchen<br />

Regelungen sind keine Tatbestände der GFK enthalten. Die Regelungen<br />

treffen alle Bürger der Volksrepublik China in gleicher und unterschiedsloser<br />

Weise. Auch kann die Abtreibung nicht als kausal für die Flucht betrachtet<br />

werden.<br />

Auch erkannte <strong>das</strong> Bundesasylamt keine Gefährdung einer unmenschlichen<br />

Behandlung bei einer Rückkehr nach China. Eine Zurückweisung,<br />

Zurückschiebung oder Abschiebung wurde somit für zulässig erklärt.<br />

In der Berufungsschrift wurde <strong>im</strong> wesentlichen geltend gemacht, <strong>das</strong>s die<br />

Flucht durch die Abtreibung motiviert war, Zwangsabtreibungen durch die<br />

Behörden entgegen des Verbotes der Zentralregierung durchgeführt werden<br />

und die bei Rückkehr drohende Haftstrafe menschenrechtswidrig sei.<br />

Auch gab die Asylwerberin in der Berufungsverhandlung an, <strong>das</strong>s ihr bei einer<br />

Rückkehr die Geburt eines zweiten Kindes verwehrt würde und bei einer<br />

allfälligen Schwangerschaft die Leibesfrucht zwangsweise abgetrieben werden<br />

würde bzw sie einer Zwangssterilisation unterzogen würde.<br />

In seinen Ermittlungen ersuchte der UBAS die österreichische Botschaft in<br />

Peking um Auskünfte über die Verhältnisse in China. Nach Auskunft der<br />

Botschaft beträgt <strong>das</strong> heiratsfähige Alter für <strong>Frauen</strong> 20 und für Männer 22<br />

Jahre. Für die Konsequenzen für eine Geburt vor der Eheschliessung<br />

bestehen landesweit große Unterschiede. Die Durchführungen von<br />

140 Siehe Bescheid Bundesasylamt, Aussenstelle Salzburg ZI. 98 04.057<br />

LXI


Zwangsabtreibungen oder Zwangssterilisationen sind nicht bekannt. Allerdings<br />

ist es möglich, <strong>das</strong>s ein solches Kind keinen Zugang zur Krankenversorgung,<br />

keinen Anspruch auf einen Reisepass und keinen Schulzugang erhält.<br />

Darüber hinaus wurde vom UBAS ein Sachverständigengutachten in Auftrag<br />

gegeben. Dieses Gutachten stellt fest, <strong>das</strong>s die Geburtenkontrollgesetze sich<br />

an alle Bürger Chinas gleichermaßen richten. Die Zugehörigkeit zu einer<br />

Glaubensgemeinschaft spielt darin keine Rolle. Allerdings spielt es eine Rolle<br />

ob diese Glaubensgemeinschaft sich gegen diese Gesetzgebung stellt. Dies<br />

trifft bei der evangelischen Kirche zu. Die Zugehörigen dieser Religion bilden<br />

somit, aufgrund ihrer Ablehnung gegen die „Ein Kind Politik“, einen Zielpunkt<br />

für die chinesischen Behörden. Aber hier spielt es wiederum eine Rolle, ob die<br />

religiöse Gemeinschaft registriert ist oder nicht. Nicht registrierte<br />

Gemeinschaften sind illegal.<br />

Verstösst nun eine Angehörige einer nicht registrierten Religionsgemeinschaft<br />

gegen die Bevölkerungswachstumsgesetze so wird dies als erschwerender<br />

Umstand gewertet. Der Willkür der Behörden sind dann keine Grenzen<br />

gesetzt. Die evangelische Glaubensgemeinschaft ist allerdings registriert.<br />

Die konkreten Maßnahmen der Geburtenkontrolle sind die Nötigung zu<br />

reversiblen empfängnisverhütenden Massnahmen, insbesondere die<br />

Einsetzung von Pessaren. Die Pessare werden zwangsweise eingeführt, aber<br />

auch wieder oft von den Betroffenen entfernt. Entfernt eine Frau nach Geburt<br />

des ersten Kindes <strong>das</strong> Pessar hat sie mit einer Anzeige wegen<br />

Körperverletzung zu rechnen. Kommt es zu einer zweiten Schwangerschaft,<br />

so soll die Abtreibung mehr oder weniger freiwillig unter dem Druck der<br />

Behörden stattfinden. Die betroffene Frau hat die Spitals- und<br />

Operationsgebühren selbst zu bezahlen. Nach der Abtreibung wird sofort die<br />

Zwangssterilisation des Mannes oder der Frau durchgeführt. Abtreibungen<br />

werden bis zum 8. Tag vor dem errechneten Geburtstermin durchgeführt. In<br />

einem Fall hatte eine Mutter, die gerade von der Polizei zwangsweise zur<br />

Abtreibung gebracht wurde, <strong>im</strong> Polizeiwagen <strong>das</strong> Kind zur Welt gebracht. Die<br />

Beamten töteten dieses Kind mit einer Giftspritze noch <strong>im</strong> Wagen.<br />

Ein weiterer dokumentierter Fall, von der Asylwerberin vorgebracht, ereignete<br />

sich nahe der zentralchinesischen Stadt Wuhan. Ein Ehepaar hatte bereits<br />

mehrere Male gegen die „Ein Kind Politik“ verstossen. Bei der vierten<br />

LXII


Schwangerschaft entschloss sich <strong>das</strong> Paar zur Abtreibung. Das Kind<br />

überlebte jedoch und infolge dessen wollte <strong>das</strong> Paar <strong>das</strong> Kind zur Adoption<br />

freigeben. Die Funktionäre des Dorfes lehnten dies allerdings ab und<br />

beschlossen, <strong>das</strong>s diese „überzählige Geburt“ zu töten sei. Das Kind wurde in<br />

einem Reisfeld ertränkt. Die Zentralregierung in Peking hat diesen Falle<br />

bestätigt. 141<br />

Auch wurde vom UBAS ein Bericht der <strong>österreichischen</strong> Botschaft vom<br />

3.1.2000 herangezogen. Daraus geht hervor, <strong>das</strong>s Zwangsabtreibungen unter<br />

dem Begriff „Abhilfsmassnahmen“ durchgeführt werden.<br />

Der UBAS sah in der „Ein Kind Politik“ der Volksrepublik China kein<br />

offensichtlich illegit<strong>im</strong>es Vorgehen. Mangels einer Diskr<strong>im</strong>inierung der in Art. 1<br />

Abschnitt A Z. 2 der GFK aufgezählten Gründe handelt es sich um keine<br />

asylrelevante Verfolgung. Auch die wegen der Zugehörigkeit zur<br />

evangelischen Kirche ist mit keiner Diskr<strong>im</strong>inierung zu rechnen.<br />

Da die Asylwerberin allerdings wieder in einem fortgeschrittenen Stadium<br />

schwanger war und eine zwangsweise Abtreibung bei ihrer Rückkehr nicht<br />

auszuschliessen war, wurde die Abschiebung wegen des Konfliktes mit Art. 3<br />

EMRK für unzulässig erklärt. Es wurde festgesetzt, <strong>das</strong>s eine befristete<br />

Aufenthaltsbewilligung über den prognostizierten Geburtstermin hinaus, bis<br />

die besondere Schutzbedürftigkeit für Mutter und Kind beendet ist, zu<br />

gewähren ist.<br />

Am 4.2.2002 hatte sich der UBAS 142 mit der Asylrelevanz einer drohenden<br />

Zwangssterilisation zu befassen. Die Asylwerberin, eine Staatsangehörige<br />

aus der Volksrepublik China, hatte vorgebracht, <strong>das</strong>s ihr bei einer Rückkehr<br />

nach China die Zwangssterilisation drohe. Sie habe nämlich in China bereits<br />

zwei uneheliche Kinder geboren und konnte diese nicht ernähren.<br />

Das Vorbringen der Asylwerberin wurde allerdings als unglaubwürdig<br />

eingeschätzt, da die drohende Zwangssterilisation erstmals <strong>im</strong><br />

Berufungsverfahren vorgebracht wurde. Des weiteren waren zum Zeitpunkt<br />

des erstinstanzlichen Verfahren ihre beiden Söhne bereits 18 und 20 Jahre alt.<br />

Der Asylantrag wurde erst drei Jahre nach der Einreise gestellt. Es wurde<br />

141 Salzburger Nachrichten vom 27.1.2001 – Wo der Nachwuchs strafbar ist<br />

142 Siehe UBAS 224.094/0-II/39/01<br />

LXIII


demnach nach der Geburt des zweiten Kindes 15 Jahre lang keine<br />

Zwangssterilisation von den chinesischen Behörden vollzogen. Die<br />

Asylwerberin begründete dies damit, <strong>das</strong>s sie in China nirgends gemeldet war<br />

und somit nicht zu finden war. Das fehlende Vorbringen der drohenden<br />

Zwangssterilisation <strong>im</strong> erstinstanzlichen Verfahren begründete sie damit, <strong>das</strong>s<br />

sie Angst gehabt hätte. Das Vorbringen der drohenden Zwangssterilisation<br />

wurde vom UBAS als reine Schutzbehauptung eingestuft, da der Asylwerberin<br />

klar wurde, aus wirtschaftlichen Gründen kein Asyl zu erhalten. Der Asylantrag<br />

wurde somit als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Dennoch setzte der<br />

UBAS sich mit der Problematik auseinander. Es wurde festgestellt, <strong>das</strong>s die<br />

Regelungen der chinesischen Familienpolitik sich nach 1985 merklich<br />

gelockert haben. Die Bevölkerung hätte seitdem eine Wahlfreiheit be<strong>im</strong><br />

Gebrauch von Verhütungsmitteln und dadurch seien die<br />

Sterilisationsbest<strong>im</strong>mungen aus den Provinzvorschriften entfallen. Aber es<br />

wird als möglich erachtet, <strong>das</strong>s Vorschriften untergeordneter Organe noch<br />

Sterilisationsbest<strong>im</strong>mungen enthalten. Diese Informationen entnahm der<br />

UBAS einem Urteil des Oberverwaltungsgericht Niedersachsen vom<br />

19.9.2000. Dies war die einzige Quelle die der UBAS <strong>im</strong> gegenständlichen Fall<br />

heranzog.<br />

Weitaus ausführlicher beschäftigte sich <strong>das</strong> Verwaltungsgericht Frankfurt am<br />

Main 143 <strong>im</strong> Jahre 1997 mit der Situation in der Volksrepublik China. Die<br />

Asylrelevanz einer allfälligen Zwangssterilisation oder Zwangsabtreibung<br />

wurde hier in materiell rechtlicher Sicht geprüft. Laut Urteil dieses<br />

Verwaltungsgerichtes kann die in China betriebene „Ein Kind Politik“, und die<br />

zu ihrer Durchsetzung angewandten Sanktionen, keine Asylrelevanz<br />

beigemessen werden. Denn es ist keine politische Verfolgung aus einem<br />

Merkmal der Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer<br />

best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung darin zu<br />

sehen. Vielmehr gelten diese Regeln für alle Bürger der Volksrepublik China<br />

unterschiedslos. Allein aus der Intensität eines Eingriffs kann nämlich nicht auf<br />

einen politischen Charakter geschlossen werden. Sehr wohl kann aber eine<br />

drohende Zwangssterilisation eine unmenschliche oder erniedrigende<br />

143 Siehe Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main Geschäftsnummer: 4 E 30037/97.A (1)<br />

unter http://www.jura.uni-sb.de/entschdb/vgfrankfurt/dboutput.php3?id=251<br />

LXIV


Behandlung <strong>im</strong> Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einen<br />

Abschiebungsschutz begründen.<br />

Es kann somit festgestellt werden, <strong>das</strong>s eine drohende oder bereits erfolgte<br />

Zwangssterilisation oder Zwangsabtreibung, bedingt durch die chinesische<br />

„Ein Kind Politik“, in Österreich keinen Asylgrund darstellt.<br />

Obwohl der Verwaltungsgerichtshof <strong>im</strong> Erkenntnis vom 20.10.1999 144 eine<br />

Entscheidung des kanadischen Obersten Gerichtshofes zitiert, in welcher<br />

chinesische <strong>Frauen</strong> die bereits ein Kind geboren haben und deshalb mit einer<br />

zwangsweisen Sterilisation rechnen müssen, als soziale Gruppe nach der<br />

GFK eingestuft werden. Der VwGH nahm diese Entscheidung in die<br />

Erkenntnis auf, um den Tatbestand der sozialen Gruppe abzugrenzen.<br />

4.3 Schlussfolgerungen<br />

Klar ist, <strong>das</strong>s eine zwangsweise durchgeführte Abtreibung oder Sterilisation<br />

einen Eingriff in eine Vielzahl von, durch internationale Abkommen<br />

zugesicherte, Rechte darstellt. Einerseits ist <strong>das</strong> in der AEMR und <strong>im</strong> IPbürgR<br />

verbriefte Recht der Fortpflanzung verletzt. Und andererseits handelt es sich<br />

dabei um eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung bzw<br />

Strafe.<br />

Klar ist auch, <strong>das</strong>s es Österreich unmöglich ist alle von diesen Massnahmen<br />

betroffenen <strong>Frauen</strong> unter der Rechtsgrundlage des <strong>Asylrecht</strong>s aufzunehmen.<br />

Weiters ist nachzuvollziehen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Überleben der chinesischen<br />

Bevölkerung von der Beschränkung seines Wachstums abhängt.<br />

Betrachtet man nun auch in der Sicherung der Existenz des chinesischen<br />

Volkes ein Grundrecht, so ist <strong>das</strong> Gewicht dieses Rechtes dem o.a.<br />

individuellen Rechtes auf Fortpflanzung gegenüberzustellen. Kommt als<br />

Resultat dieser Abwägung richtigerweise ein Übergewicht des „Rechtes der<br />

Existenz des chinesischen Volkes“ zur Geltung, so ist <strong>das</strong> Recht auf<br />

Fortpflanzung zu beschränken. Die chinesische „Ein Kind Politik“ beschränkt<br />

ja auch nur dieses Recht, denn die Geburt eines Kindes ist ohnedies legal.<br />

Allerdings muss in der Wahl der Mittel zur Durchsetzung dieser Beschränkung<br />

abermals eine Abwägung stattfinden. Die vom Staat verordnete und<br />

144 Siehe VwGH Erkenntnis 99/01/197<br />

LXV


verpflichtete Verwendung von Verhütungsmitteln kann durchaus eine<br />

akzeptable Maßnahme darstellen. Keinesfalls zu akzeptieren ist jedoch eine<br />

grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung bzw. Strafe,<br />

darstellender Eingriff. Eben die Durchführung von Zwangsabtreibungen und<br />

Zwangssterilisationen.<br />

Das Verbot dieser Massnahmen gewährleistet wie o.a. keineswegs, <strong>das</strong>s die<br />

lokalen Behörden diese Mittel auch nicht anwenden. Somit steht zweifelsfrei<br />

fest, <strong>das</strong>s die chinesische Zentralregierung auch für die Durchführung dieser<br />

Sterilisationen und Abtreibungen verantwortlich ist. Denn wenn dem Staat bei<br />

unterlassenem Schutz auch die Handlungen Privater zuzurechnen sind (siehe<br />

Kapitel III), dann ist ihm erst recht <strong>das</strong> geduldete rechtswidrige Handeln seiner<br />

Organe zuzurechnen.<br />

Nicht nachzuvollziehen ist, warum die österreichische Rechtssprechung (auch<br />

die deutsche) in diesen Sterilisationen und Abtreibungen keine<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung einzelner Personen sieht. Möglich ist, <strong>das</strong>s es zu keiner<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung ethnischer und religiöser Minderheiten kommt. Aber, <strong>das</strong>s sich<br />

diese Gesetze an alle chinesischen Bürger gleichermaßen richtet ist nicht<br />

zutreffend. Denn einerseits ist die Anwendung der Zwangsmassnahmen<br />

regional starken Unterschieden unterworfen und andererseits kann man einer<br />

Abtreibung oder Sterilisation durch Zahlung der Strafe entgegen.<br />

Es kommt hier klar zu einer Diskr<strong>im</strong>inierung der armen Bevölkerungsgruppe.<br />

Und diese Bevölkerungsgruppe wäre sehr wohl unter den Tatbestand der<br />

best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe der GFK zu subsumieren. Nämlich die best<strong>im</strong>mte<br />

soziale Gruppe der von einer Zwangsabtreibung oder Zwangssterilisation<br />

bedrohten <strong>Frauen</strong>, die sich durch Zahlung einer Strafe nicht davon befreien<br />

können. Aber auch nach der oben angeführten VwGH Erkenntnis ist<br />

naheliegend den Tatbestand der best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe als erfüllt<br />

anzusehen.<br />

LXVI


5 Zwangsheirat<br />

5.1 Problematik<br />

Es ist ein zugesichertes Recht, <strong>das</strong>s eine Ehe nur auf Freiwilligkeit beruhen<br />

darf. (Art. 16 Z. 2 AEMR)<br />

Dennoch ist es in zahlreichen Staaten Praxis, <strong>das</strong>s <strong>Frauen</strong> zwangsverheiratet<br />

werden. Der Zwang geht meistens von den Eltern der Braut aus. Die<br />

zwangsweise Heirat ist nur der Beginn einer Kette von<br />

Menschenrechtsverletzungen. Der nach der Heirat stattfindende<br />

Geschlechtsverkehr findet dann auch ohne Einwilligung der Frau statt und<br />

wird meist mit Gewalt herbeigeführt. 145<br />

Die Zwangsheirat hängt selten mit der Religion zusammen, sondern meist mit<br />

Traditionen und Bräuchen. Die Stellung der Frau in diesen Gesellschaften ist<br />

oft von ihrer Beziehung zu ihrem Vater, ihrem Mann oder ihren Söhnen und<br />

auch ihren Brüdern best<strong>im</strong>mt. Es wird bereits den Mädchen vermittelt, <strong>das</strong>s<br />

ihre wichtigste Rolle darin besteht, Ehefrau und Mutter zu sein. 146<br />

5.2 Rechtsprechung<br />

Am 17.09.2002 hatte der VwGH 147 sich mit der Flucht einer nigerianischen<br />

Staatsangehörigen zu befassen. Der Grund der Flucht war, <strong>das</strong>s die<br />

Asylwerberin von einer zwangsweisen Verheiratung bedroht war. Ihr Vater war<br />

Moslem, ihre Mutter hingegen Christin. Die Asylwerberin gehört auch dem<br />

christlichen Glauben an. Der Vater verlangte die Heirat mit einem Moslem. Da<br />

der Vater bereits vom zukünftigen Gatten Geld erhalten hatte, bedrohte der<br />

Bräutigam die Asylwerberin mit dem Tod, sollte sie sich weigern die Ehe mit<br />

ihm einzugehen. Sie wurde auch mehrere Male von ihm gewalttätig attackiert<br />

und auch verletzt. Nach Einschätzung der Asylwerberin würde dieser Mann<br />

sie bei einer Rückkehr töten.<br />

145 Siehe JENSEN Inke, <strong>Frauen</strong> <strong>im</strong> Asyl- und Flüchtlingsrecht 2002, 205<br />

146 Siehe amnesty international, Zwangsheirat unter www.amnesty-muenchen.de/<br />

frauenrechte/index.php4?subcase=themen&subsubcase=5 - 25k -<br />

147 Siehe VwGH Erkenntnis 2000/20/0152<br />

LXVII


Das Bundesasylamt wies den Antrag als offensichtlich unbegründet ab. Die<br />

Begründung lag darin, <strong>das</strong>s es sich um keine staatliche Verfolgung handelte<br />

und ein staatlicher Schutz in Anspruch genommen werden hätte können. Die<br />

„familiären Schwierigkeiten“ der Asylwerberin stellten nach Meinung des<br />

Amtes keinen Fluchtgrund nach der GFK dar.<br />

In der Berufung gegen diesen Bescheid machte die Asylwerberin geltend,<br />

<strong>das</strong>s sie aus Gründen der Religion verfolgt worden war, da sie von Mitgliedern<br />

der moslemischen Gemeinschaft mit dem Tod bedroht worden war. Auch<br />

weigerte sie sich den moslemischen Glauben anzunehmen.<br />

Der UBAS wies die Berufung ab, eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder<br />

Abschiebung nach Nigeria wurde für zulässig erklärt.<br />

Der VwGH erkannte ein rechtswidriges Handeln der Unterinstanzen bereits<br />

darin, <strong>das</strong>s allein die Annahme einer staatlichen Schutzgewährung bei<br />

Übergriffen Privater es nicht rechtfertigt den Antrag als offensichtlich<br />

unbegründet abzuweisen. 148<br />

Offensichtlich unbegründet kann ein Antrag nur sein, wenn dem Vorbringen<br />

der Asylwerberin offensichtlich keine Behauptungen einer ihr drohenden<br />

Verfolgung zu entnehmen sind. Der VwGH stellt weiters fest, <strong>das</strong>s eine<br />

Zwangsverheiratung einen schwerwiegenden Eingriff in <strong>das</strong><br />

Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht darstellt. Darüber hinaus aber ist dem Vorbringen der<br />

Asylwerberin zu entnehmen, sich der Heirat widersetzt zu haben und aus<br />

diesem Grunde in Lebensgefahr zu sein. Auch kann die unterschiedliche<br />

Religion der Asylwerberin durchaus asylrelevant sein. Auch wenn die<br />

Asylwerberin nicht zur Änderung der Religion gezwungen wurde ist diese<br />

Relevanz gegeben. Es kommt somit der Fluchtgründe der Religion in Frage.<br />

Auch sind die Fluchtgründe des Geschlechts und so die Zugehörigkeit zu<br />

einer best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe zu betrachten.<br />

Der Bescheid des UBAS 149 wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts<br />

aufgehoben.<br />

148 Siehe auch VwGH Erkenntnis 2000/20/0326<br />

149 Siehe UBAS Zl. 215.407/0-V/15/00<br />

LXVIII


Ebenfalls eine nigerianische Staatsbürgerin war von einer zwangsweisen<br />

Verheiratung, <strong>im</strong> VwGH Erkenntnis vom 3.7.2003 150 , bedroht.<br />

Und auch hier widersetzte sich die Asylwerberin der Heirat und war auf Grund<br />

dessen vom Tode bedroht.<br />

Ebenfalls wurde der Antrag vom Bundesasylamt als offensichtlich<br />

unbegründet abgewiesen und diese Entscheidung vom UBAS 151 bestätigt.<br />

Der VwGH bestätigte die o.a. Rechtsauffassung und hob den Bescheid wegen<br />

Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.<br />

In Bescheiden des UBAS wurde bei Staatsangehörigen Afghanistans eine<br />

Rückkehr als unzumutbar empfunden, weil unter anderem die Praxis der<br />

Zwangsverheiratungen in Afghanistan präsent ist. 152<br />

5.3 Schlussfolgerungen<br />

Die Rechtsprechung des VwGH ist in bezug auf Zwangsverheiratungen klar.<br />

Die Zwangsverheiratung ist richtigerweise asylrelevant, da Tatbestände der<br />

GFK erfüllt sind. Eben handelt es sich um eine geschlechtsspezifische<br />

Verfolgung und die betroffenen <strong>Frauen</strong> bilden eine best<strong>im</strong>mte soziale Gruppe.<br />

Aber auch hier zeigt sich, <strong>das</strong>s die Rechtsauffassung und der<br />

Ermittlungsaufwand der Unterinstanzen nicht den Forderungen des VwGH<br />

entspricht. Die Behauptung, <strong>das</strong>s in Nigeria staatlicher Schutz vor<br />

zwangsweisen Verheiratungen in Anspruch genommen werden kann, konnte<br />

von der Erstbehörde nicht belegt werden. Dies ist insofern bedenklich, da die<br />

Asylwerberin bei einer Rückkehr, mit nicht auszuschließender<br />

Wahrscheinlichkeit, ermordet worden wäre. Und auch die in beiden Fällen<br />

erfolgte Abweisung der Anträge als offensichtlich unbegründet ist mehr als nur<br />

beachtlich. Denn der Wortlaut des Gesetzes erfordert in § 6 Z. 1 – Z. 4 AsylG<br />

eben eine Offensichtlichkeit zur Erfüllung dieser Tatbestände. Bei einem<br />

Vorbringen eines derart massiven Eingriffes in <strong>das</strong> Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht<br />

einer Frau, sollte eine inhaltliche Prüfung wohl eine Selbstverständlichkeit<br />

darstellen.<br />

150 Siehe VwGH Erkenntnis 2000/20/0071<br />

151 Siehe UBAS Zl. 213.830/0-V/13/99<br />

152 Siehe UBAS Zl. 206.693/12-II/04/00, UBAS Zl. 224.360/17-I/02/03<br />

LXIX


V<br />

Schlussfolgerungen<br />

Die angeführten Verfolgungshandlungen sind zwar durch eine Vielzahl von<br />

völkerrechtlichen Verbindlichkeiten untersagt, aber trotzdem noch vielerorts<br />

massenweise anzutreffen. So kann festgestellt werden, <strong>das</strong>s die<br />

Unterzeichnung eines Abkommens noch keineswegs die Sicherheit<br />

gewährleistet, <strong>das</strong>s die Bevölkerung die menschenrechtlichen Garantien des<br />

Abkommens auch erhält. Die internationale Durchsetzung der<br />

völkerrechtlichen Verbindlichkeiten gestaltet sich ebenfalls mehr als schwierig.<br />

Ziel der internationalen Gemeinschaft muss es sein, diese frauenspezifischen<br />

Verfolgungen in den Herkunftsländern zu bekämpfen.<br />

Eine Intervention von Aussen ist auf Grund der staatlichen Souveränität kaum<br />

möglich, wenn der Staat nicht einwilligt. Vor allem bei den <strong>im</strong> privaten Umfeld<br />

stattfindenden Verfolgungen, wie der Genitalverstümmelung und den<br />

Zwangsverheiratungen, kann eine nachhaltige Eindämmung nur durch eine<br />

Aufklärung der Bevölkerung erfolgen. Dieser Prozess hat in den afrikanischen<br />

Ländern, in denen die Genitalverstümmelung präsent ist, bereits begonnen.<br />

Aber die traditionellen Zwänge sind noch viel stärker als die Vernunft und der<br />

daraus resultierenden Unterlassung dieses Verbrechens. Ein weiterer<br />

wesentlicher Punkt die Genitalverstümmelung zum Verschwinden zu bringen,<br />

ist die Bildung der <strong>Frauen</strong> zu stärken oder zu gewährleisten. Dieser Punkt wird<br />

auch be<strong>im</strong> Problem der Zwangsverheiratungen wesentlich sein. Denn sowohl<br />

die Genitalverstümmelung, als auch die Zwangsverheiratung wird von<br />

Männern gewollt. Gebildete <strong>Frauen</strong> können sich viel effizienter dagegen<br />

erheben und ihre Interessen gemeinsam geltend machen. Sowohl bei der<br />

Aufklärung und auch bei der Bildung kann die internationale Gemeinschaft<br />

helfen.<br />

Bei jenen Verfolgungen, die direkt vom Staat ausgehen und auch von<br />

Organen des Staates durchgeführt werden ist ein Einschreiten von Aussen<br />

meist nur durch eine militärische Intervention möglich. Konkret angesprochen<br />

sind hier die Vergewaltigungen, aber auch die Bekleidungs- und<br />

Verhaltensvorschriften. Die massenweise durchgeführten Vergewaltigungen<br />

LXX


<strong>im</strong> ehemaligen Jugoslawien waren mit ein Grund für die gesetzte Intervention.<br />

Aber auch erst nachdem ersichtlich war, <strong>das</strong>s hier ein Genozid begonnen war.<br />

Die Verbesserung der Situation der <strong>Frauen</strong> in Afghanistan wurde auch erst in<br />

Angriff genommen, nachdem der Terror dort zu bekämpfen war.<br />

Im Falle Chinas und der dort stattfindenden Menschenrechtsverletzungen wird<br />

ein Einschreiten von Aussen wohl gänzliche Utopie bleiben.<br />

Fakt ist, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> <strong>Asylrecht</strong> niemals ein wirksamer Schutz gegen alle<br />

stattfindenden Menschenrechtsverletzungen sein kann.<br />

Diese Ausführungen sind dazu best<strong>im</strong>mt, um den engen Zusammenhang des<br />

innerstaatlichen <strong>Asylrecht</strong>s mit den Aussenpolitiken zu verdeutlichen. Es geht<br />

nämlich um die Kriterien für die Anerkennung eines Asylgrundes. Denn die<br />

GFK lässt hier einen weiten Spielraum. Es kann durchaus vermutet werden,<br />

<strong>das</strong>s die <strong>Asylrecht</strong>spraxis stark von den Aussenbeziehungen eines Staates<br />

abhängt.<br />

Bürgerinnen aus geachteten Staaten werden viel schwerer Asyl erlangen, als<br />

Bürgerinnen aus sogenannten Schurkenstaaten, wenn die<br />

Verfolgungshandlung exakt gleich war. Dies wird damit gerechtfertigt, <strong>das</strong>s es<br />

in geachteten Staaten auch einen staatlichen Schutz vor Verfolgung gibt.<br />

Doch dies ist ein zu theoretischer Ansatz. Denn oft ist auch in geachteten<br />

Staaten keinerlei Schutz von Seiten des Staates bei einer privaten Verfolgung<br />

zu erwarten.<br />

Und so ist es auch nicht verwunderlich, <strong>das</strong>s die österreichische Praxis bei der<br />

Anerkennung von Asylgründen nicht gerecht ist.<br />

Die von der Genitalverstümmelung bedrohten <strong>Frauen</strong> stellen eine best<strong>im</strong>mte<br />

soziale Gruppe dar. Die von einer Zwangsabtreibung oder einer<br />

Zwangssterilisation bedrohten <strong>Frauen</strong> stellen keine best<strong>im</strong>mte soziale Gruppe<br />

dar. Der Grund dafür soll sein, <strong>das</strong>s die chinesische „Ein Kind Politik“ für alle<br />

chinesischen Bürgerinnen gleich zutrifft und so keine Diskr<strong>im</strong>inierung darstellt.<br />

Diese Argumentation ist schon deshalb falsch, da es sehr wohl Unterschiede<br />

bei der Durchsetzung dieser Politik gibt.<br />

In Ägypten werden 97% der <strong>Frauen</strong> genital verstümmelt. Es handelt sich also<br />

auch hier nicht um eine Diskr<strong>im</strong>inierung und trotzdem ist die<br />

Genitalverstümmelung richtigerweise als Asylgrund anerkannt. Liegt also der<br />

LXXI


sachgerechte Unterschied darin, <strong>das</strong>s in einem Fall ein Gesetz zu<br />

Massnahmen ermächtigt und <strong>im</strong> anderen Fall nicht? Auch dies trifft nicht zu,<br />

da <strong>das</strong> chinesische Gesetz nicht zu den Abtreibungen und Sterilisationen<br />

ermächtigt. Im Gegenteil, es gibt sogar ein Gesetz, <strong>das</strong>s diese Praktiken<br />

verbietet. Und <strong>im</strong> Falle der afrikanischen Länder gibt es zwar Verbotsgesetze,<br />

die aber nicht durchgesetzt werden. Somit sind in beiden Fällen Gesetze<br />

vorhanden, die eine Verfolgung untersagen. Worin liegt also der Unterschied?<br />

Die Genitalverstümmelungen werden von Privaten durchgeführt, die<br />

Zwangsabtreibungen und Sterilisationen hingegen von Staatsorganen<br />

veranlasst. Gleichermaßen werden weder die Privaten noch die Beamten an<br />

der Durchführung der Verfolgungen gehindert. Wenn es nun um die<br />

Zurechenbarkeit der Verfolgung geht, so ist es wohl noch eher dem Staat<br />

zuzurechnen was seine Organe tun. Aber die Zwangsabtreibungen und die<br />

Zwangssterilisationen in China stellen keinen Asylgrund dar. Der Grund für die<br />

unterschiedliche rechtliche Beurteilung ist wohl in den Beweggründen der<br />

Verfolgungen zu finden. Die Genitalverstümmelungen stellen eine<br />

abscheuliche Praxis dar, dessen Zweck es wohl ist die <strong>Frauen</strong> zu<br />

unterdrücken. Die Zwangsmaßnahmen in China dienen der Geburtenkontrolle<br />

und sollen <strong>das</strong> Überleben des chinesischen Volkes sichern. Gleichwohl, und<br />

dies ist der entscheidende Punkt, sie auch eine abscheuliche Praxis<br />

darstellen. In den Beweggründen der Verfolger ist also klar ein Unterschied<br />

erkennbar. Aber es ist nicht sachlich gerechtfertigt diesen Unterschied zur<br />

asylrechtlichen Beurteilung heranzuziehen. Denn für die betroffenen <strong>Frauen</strong><br />

stellen beide Verfolgungen Fluchtgründe dar, da sie <strong>im</strong> He<strong>im</strong>atstaat keinen<br />

Schutz erhalten.<br />

Richtig wäre es, beide Gruppen der betroffenen <strong>Frauen</strong> als best<strong>im</strong>mte soziale<br />

Gruppe anzuerkennen.<br />

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den frauenspezifischen Bekleidungs- und<br />

Verhaltensvorschriften. Es mag sein, <strong>das</strong>s diese Vorschriften allgemein gültig<br />

sind und für alle <strong>Frauen</strong> gleichermaßen gelten und auch den Zweck haben<br />

Sitte und Moral aufrecht zu erhalten. Aber dies ist nicht der Punkt, es ist viel<br />

mehr zu prüfen ob Verfolgungen, bedingt durch diese Vorschriften, stattfinden.<br />

Alle Rechtsgrundlagen dienen dem Gleichbehandlungsgebot von Mann und<br />

Frau und dem Diskr<strong>im</strong>inierungsverbot von <strong>Frauen</strong>. Und diese Vorschriften<br />

LXXII


verfolgen auch klar <strong>das</strong> Ziel die <strong>Frauen</strong> zu unterdrücken. Und so wäre es auch<br />

sachgemäss die in ihrer persönlichen Entwicklung oder in ihrem beruflichen<br />

Fortkommen, durch diese Vorschriften, behinderten <strong>Frauen</strong> ebenfalls als<br />

„best<strong>im</strong>mte soziale Gruppe“ anzuerkennen. Denn eine Frau die ihr Leben lang<br />

gezwungen ist <strong>das</strong> Haus nicht zu verlassen, der es untersagt ist einen Beruf<br />

auszuüben und die ihren Körper zu verhüllen hat, ist ohne Zweifel einer<br />

Verfolgung ausgesetzt. Auch ist eine wohlbegründete Furcht vor diesen<br />

Verfolgungen für den Vernunft begabten Menschen nachzuvollziehen. Diese<br />

Verfolgungen sind auch vom Staat verordnet oder eben nicht untersagt. Ob<br />

diese Vorschriften von den meisten <strong>Frauen</strong> in den betroffenen Ländern<br />

begrüsst werden ist nicht relevant. Denn eine sich freiwillig diesen Vorschriften<br />

untergeordnete Frau, kann nie Partei eines Asylverfahrens werden. Aber<br />

findet aus diesen Gründen eine Flucht statt, so ist die Flüchtlingseigenschaft<br />

zu bejahen. Eine Asylrelevanz, wie <strong>im</strong> Fall Österreichs, erst dann zu erkennen<br />

wenn die körperliche Sicherheit oder <strong>das</strong> Leben der <strong>Frauen</strong> in Gefahr ist, greift<br />

zu spät.<br />

Auch bei den vorliegenden Beispielen der Rechtsprechung zu den<br />

Zwangsverheiratungen wird ein zu hoher Massstab zur Asylgewährung<br />

angelegt. Es scheint, als ob erst in der Lebensbedrohung die Asylrelevanz<br />

gesehen wurde.<br />

Im Falle der Vergewaltigungen ist es klar, <strong>das</strong>s die wohlbegründete Furcht vor<br />

einer Vergewaltigung eine Flucht rechtfertigt und einer Rückkehr <strong>im</strong> Wege<br />

steht. Aber die Forderung danach, <strong>das</strong>s diese Vergewaltigung durch Gründe<br />

der Rasse, der Religion, der Nationalität oder eben wie in der betrachteten<br />

Rechtsprechung, durch die politische Einstellung der Asylwerberin motiviert<br />

sein muss ist nicht schlüssig. Auch hier ist wesentlich ob <strong>das</strong> Herkunftsland<br />

einen sicheren Schutz vor diesen Vergewaltigungen geben kann. Es kann sich<br />

hier sehr wohl auch rein um eine Verfolgung aufgrund des Geschlechts<br />

handeln und durch die daraus entstehende Zugehörigkeit zu einer best<strong>im</strong>mten<br />

sozialen Gruppe Asylrelevanz entfalten.<br />

Viele der angeführten Probleme des materiellen Rechts würden entschärft<br />

werden, wenn Art. 1 der GFK der Fluchtgrund „Geschlecht“ hinzugefügt<br />

LXXIII


werden würde. Dies erscheint auch insofern schlüssig, da bei der<br />

Ausarbeitung der GFK nicht absichtlich auf die Aufnahme von<br />

geschlechtsspezifischen Fluchtgründen verzichtet wurde. Es wurde einfach<br />

nicht daran gedacht. Heute, nachdem <strong>das</strong> Bestehen dieser frauenspezifischen<br />

Fluchtgründe erkannt wurde und auch die Anerkennung dieser Fluchtgründe<br />

als Asylgrund befürwortet wird, ist der Bedarf nach einer klaren gesetzlichen<br />

Regelung gegeben. Denn <strong>das</strong> Ausweichen auf den Auffangtatbestand der<br />

„best<strong>im</strong>mten sozialen Gruppe“ gestaltet sich für den Rechtsanwender oft<br />

schwierig und auch wird dieser Auffangtatbestand nach Verneinung der<br />

übrigen Tatbestände (Rasse, Religion, Nationalität, politische Gesinnung) gar<br />

nicht geprüft. Auch die Feststellung, welche <strong>Frauen</strong> nun diese soziale Gruppe<br />

bilden ist schwierig und lässt auch einen zu grossen Spielraum. Ob es sich um<br />

eine Verfolgung aufgrund des Geschlechts handelt ist hingegen leicht<br />

festzustellen<br />

Dies würde es betroffenen <strong>Frauen</strong> auch ersparen auf andere<br />

Tatbestandsmerkmale der GFK ausweichen zu müssen und so<br />

möglicherweise eine nicht der Wahrheit entsprechende Fluchtmotivation<br />

vorzubringen.<br />

<strong>Wie</strong> bereits aus dem vorangegangen mehrfach ersichtlich wurde, sind viele<br />

Faktoren einer nicht gerechtfertigten Abweisung eines Asylantrages <strong>im</strong><br />

Verfahrensrecht verankert.<br />

Es gilt die grundsätzliche Frage zu beantworten, welche Ansprüche ein Staat<br />

an die Abwicklung der in seinem Hoheitsgebiet gestellten Asylanträge stellt.<br />

Wird ein in allen Bereichen objektives Verfahren durchgeführt, oder geht es<br />

darum die einer Asylgewährung entgegenstehenden Faktoren vordergründig<br />

zu finden? Auch ist es wesentlich, welche Ansprüche der Staat an seinen<br />

Instanzenweg stellt. Besteht der Anspruch darin, bereits <strong>im</strong> erstinstanzlichen<br />

Verfahren Asyl zuzuerkennen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind? Oder<br />

soll sich mit den nicht ganz eindeutigen und eher unklaren Fällen die zweite<br />

Instanz befassen? Wobei vorausgeschickt sein muss, <strong>das</strong>s der Weg zur<br />

zweiten Instanz nur über die Berufung des abweisenden Bescheides der<br />

Erstinstanz führt. Bei Betrachtung der behandelten Rechtsprechung und den<br />

darin angeführten Ausführungen der Erstinstanzen lässt sich erkennen, <strong>das</strong>s<br />

LXXIV


Österreich wohl den zweiten Weg eingeschlagen hat. Sowohl auf materiell<br />

rechtlicher Ebene als auch <strong>im</strong> Verfahren sind Rechtswidrigkeiten erkennbar.<br />

Beispielsweise die Ignoranz der Erstinstanz der höchstgerichtlichen<br />

Rechtsauffassung, <strong>im</strong> Falle der nicht-staatlichen Verfolgung sei hier zu<br />

erwähnen. Aber auch die Würdigung der Beweise und der Ermittlungseifer<br />

wird einem fairen Verfahren nicht gerecht. Aus welchen Gründen eine<br />

Asylwerberin als unglaubwürdig eingestuft wird, ist den Bescheiden nicht<br />

schlüssig zu entnehmen. Und gerade diese Glaubwürdigkeit ist meist die<br />

entscheidende Grundlage für eine Asylgewährung. Verstärkt wird diese<br />

willkürliche Betrachtung durch die fehlende Öffentlichkeit der erstinstanzlichen<br />

Verfahren. Die Gründe dafür werden sicher <strong>im</strong> Ausbildungsniveau der<br />

Referentinnen und Referenten aber auch an der Überlastung der Ämter zu<br />

finden sein. Beide Faktoren können nicht als Entschuldigung gewertet werden,<br />

denn die Erfüllung von völkerrechtlichen Verpflichtungen erfordert nun mal<br />

einen hohen Einsatz. Ob die Asylgesetznovelle 2003 hier eine Verbesserung<br />

bringen wird bleibt abzuwarten und ist kritisch zu verfolgen. Es wird aber zu<br />

befürchten sein, <strong>das</strong>s weniger Berufungen gegen rechtswidrige Bescheide<br />

erfolgen werden. Bedingt dadurch, <strong>das</strong>s eine aufschiebende Wirkung in der<br />

Bescheidvollstreckung nicht gegeben ist und auch <strong>das</strong> Neuerungsverbot in<br />

Kraft ist.<br />

Und auch in der zweiten Instanz, dem UBAS, waren in der Vergangenheit<br />

Versäumnisse erkennbar. Aber es werden die Ermittlungspflichten weitaus<br />

genauer genommen und auch durch die Abhaltungen von öffentlichen<br />

Berufungsverhandlungen <strong>das</strong> rechtliche Gehör weitaus besser gewahrt. Doch<br />

kommt es vor, <strong>das</strong>s Bescheide der Erstinstanz zu schnell bestätigt werden<br />

und so auch die UBAS Bescheide mit Rechtswidrigkeit behaftet sind.<br />

Hat die betroffene Frau nun auch hier die Möglichkeit gegen diesen Bescheid<br />

zu berufen, so stehen die Chancen gut, <strong>das</strong>s zumindest alle<br />

verfahrensrechtlichen Fehler erkannt und behoben werden. Bis dort hin ist es<br />

aber ein langer Weg. <strong>Wie</strong> der verwendeten Rechtsprechung zu entnehmen ist,<br />

sind Verfahren von über zwei Jahren keine Seltenheit. Auch ist dieser Weg für<br />

die Asylwerberinnen ohne rechtlichen Beistand nicht gehbar und erfordert trotz<br />

gewährter Verfahrenshilfen einen hohen bürokratischen Aufwand der<br />

Betroffenen selbst.<br />

LXXV


Um die Verfahrensdauer zu verkürzen, wird Österreich nicht umhin kommen,<br />

höhere personelle Ressourcen <strong>im</strong> Asylverfahren einzusetzen.<br />

Auch zeigt sich, <strong>das</strong>s den Beamtinnen und Beamten der 1. Instanz eine<br />

bessere rechtliche Ausbildung ermöglicht werden muss. Es muss zumindest<br />

einen Mindeststandard darstellen, <strong>das</strong>s die Rechtsauffassung des VwGH der<br />

1. Instanz unverzüglich bekannt ist. Die <strong>Frauen</strong>quote der Bundesasylämter<br />

muss dem Verhältnis, den von <strong>Frauen</strong> gestellten Anträgen gerecht werden.<br />

Des weiteren müssen Massnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen,<br />

<strong>das</strong>s die Verfahren auf einer objektiven Ebene ablaufen. Hier ist die<br />

Öffentlichkeit der Verfahren auch in der 1. Instanz zu fordern. Natürlich<br />

erfordert dies einen höheren räumlichen Einsatz, aber der<br />

Öffentlichkeitsgrundsatz ist nun mal ein sehr wirkungsvolles Mittel um die<br />

Rechtmässigkeit von behördlichen Handlungen sicherzustellen. Allein die<br />

Möglichkeit der Anwesenheit einer Vertrauensperson reicht hier nicht aus. Des<br />

weiteren muss die Abwesenheit von Vorurteilen <strong>im</strong> Verfahren sichergestellt<br />

werden. Hier sind ein hoher Informationsstand der Beamtinnen und Beamten<br />

über fremde Kulturen notwendig. Anzuführen ist hier auch die enorme<br />

emotionale Belastung der <strong>im</strong> Asylverfahren tätigen Personen. Die von den<br />

Asylwerberinnen geschilderten erlebten Verfolgungen, sind auch für die<br />

Beamtinnen und Beamten schwer zu verarbeiten. Eine verpflichtende<br />

Supervision ist hier eine unabdingbare Voraussetzung dafür, <strong>das</strong>s die<br />

künftigen Verfahren objektiv und vorurteilsfrei ablaufen.<br />

Abschließend kann somit gesagt werden, <strong>das</strong>s Österreich <strong>Frauen</strong>, die aus<br />

Gründen des Geschlechts verfolgt werden Schutz bietet wenn:<br />

Die Verfolgung schwere körperliche Schäden nach sich ziehen würde.<br />

Die Verfolgung eine Lebensbedrohung darstellt.<br />

Die Betroffene bereit ist den Weg bis zum VwGH zu gehen.<br />

Das Schutzbedürfnis von sozial benachteiligten und unterdrückten <strong>Frauen</strong><br />

wird von Österreich nicht befriedigt.<br />

LXXVI


VI<br />

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LXXX


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VwGH Erkenntnis 2000/20/0326 vom 24.04.2003<br />

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Bescheid Bundesasylamt, Aussenstelle Traiskirchen Zl. 01 14.578<br />

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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Geschäftsnummer: 4 E 30037/97.A (1)<br />

unter http://www.jura.uni-sb.de/entschdb/vgfrankfurt/dboutput.php3?id=251<br />

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EGMR Case of Osman v. The United Kingdom, App. No. 23452/94 (1998)<br />

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LXXXII


LXXXIII

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