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Gute Nachrichten<br />

aus der Provinz<br />

als rollende bibliothek bietet das „Volx mobil“<br />

nicht nur bücher an<br />

Thomas Ruppenthal<br />

ein Plattenbauviertel in einer<br />

Kleinstadt im westlichen Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Einsam steht<br />

eine schwarze Frau an der Bushaltestelle.<br />

Plötzlich tauchen ein paar<br />

Elfährige auf, bewerfen sie mit Steinen<br />

und sind wieder weg. Die Mitarbeitenden<br />

des Volx Mobils, eines<br />

mobilen Projektes der Evangelischen<br />

Jugend Schwerin wissen, welche Jungen<br />

das waren. Wegschauen? Ein<br />

ermahnendes Gespräch? Ein Anschiss?<br />

Nein, das ist zu wenig. So ein<br />

Angriff ruft nach einer direkten Entschuldigung.<br />

Zwei Wochen bereitet<br />

Johanna, eine der Mitarbeiterinnen<br />

des Volx Mobils, ein Entschuldigungsgespräch<br />

mit Eltern und Kindern<br />

vor. Trotz anfänglichem Widerstand<br />

entschuldigen sich Eltern und<br />

Kinder – auch wenn <strong>die</strong> Jungs beim<br />

Handschlag <strong>die</strong> Handschuhe anbehalten.<br />

Und das ist sicher nicht allein<br />

der bitteren Kälte geschuldet.<br />

Eine Woche später. Die gleichen<br />

Jungs in einer Küche der örtlichen<br />

Kirchgemeinde. Ein Philippiner<br />

kocht. Unter seiner Anleitung werden<br />

Hähnchen zerlegt, Salat geschnibbelt,<br />

Frühlingsrollen selbst zusammen<br />

gerollt. Hinterher werden Nudeln mit<br />

Stäbchen gegessen, wird der Reis mit<br />

den Händen <strong>zum</strong> Mund geführt. Eine<br />

Präsentation erzählt von Menschen<br />

aus den Philippinen. Für <strong>die</strong> Jungen<br />

eine erste direkte Begegnung mit<br />

einem Ausländer. Einer, der deutsch<br />

spricht, mit ihnen diskutiert, spielt,<br />

lacht, Blödsinn macht – einer <strong>zum</strong><br />

Anfassen. Lernen am Beispiel.<br />

Szenenwechsel 1:<br />

Ein Marktplatz in<br />

einer anderen<br />

Kleinstadt. Heute<br />

ist Markttag. Zwischen<br />

Gemüse,<br />

Fisch- und Blumenhändlern steht ein<br />

roter Bus mit einem leuchtend blauen<br />

Aufkleber: „Volx Mobil – Gute Nachrichten<br />

aus der Provinz“ steht da. Vor<br />

einem Tapeziertisch und einem Flipchart<br />

stehen <strong>die</strong> Mitarbeiter des<br />

Mobils. <strong>Sie</strong> diskutieren mit den Marktbesuchern<br />

über <strong>die</strong> Finanzkrise, über<br />

Themen der Kommunalpolitik, über<br />

Wertevermittlung an <strong>die</strong> nächste<br />

Generation und über den Sinn von<br />

Weihnachten. Stunden später stehen<br />

<strong>die</strong> gleichen Leute vor einem Einkaufszentrum.<br />

Dieses Mal haben sie eine<br />

mobile Bibliothek ausgepackt. Kinder,<br />

Jugendliche, junge Eltern und immer<br />

wieder auch Senioren holen sich hier<br />

Futter fürs Hirn bis <strong>die</strong> Bibliothek<br />

nächste Woche wieder in ihr Viertel<br />

kommt.<br />

Szenewechsel 2: Vor einem Einkaufszentrum<br />

stehen Männer mit der Bierflasche<br />

in der Hand. Einige Mütter<br />

schieben ihre Kinderwagen zu einem<br />

nahe gelegenen Imbissstand, um auch<br />

mal ein bisschen raus zu kommen.<br />

Einsamkeit liegt wie eine erdrückende<br />

Last zwischen den Wohnblöcken.<br />

„Früher gab es noch Kultur hier“, klagt<br />

einer der Männer, der hier sitzt, weil<br />

ihm zuhause <strong>die</strong> Decke auf den Kopf<br />

fällt. Die Mitarbeiter des Volx Mobils<br />

organisieren ein Bürgergespräch mit<br />

der kommunalen Sozialbehörde. Eine<br />

Wohnung soll für Migranten, junge<br />

Mütter, für Kinder und Jugendliche<br />

geschaffen werden. Die Bürger werden<br />

beraten, wie sie <strong>die</strong>s auch durchsetzen<br />

können.<br />

Das Volx Mobil ist seit 2009 in<br />

Kleinstädten mit 5.000 bis 12.000<br />

Einwohnern unterwegs und dort vor<br />

allem in den Plattenbauvierteln am<br />

Rand. Drei Frauen und ein Mann:<br />

eine Textildesignerin, eine Sozialpädagogin,<br />

eine Gemeindepädagogin<br />

und ein Diakon. <strong>Sie</strong> arbeiten dort, wo<br />

oft nur noch <strong>die</strong> Polizei, der Krankenwagen<br />

und der Leichenwagen<br />

vorbeikommen. Oft wohnt in <strong>die</strong>sen<br />

Vierteln <strong>die</strong> Hälfte der Bevölkerung.<br />

Nur <strong>die</strong> NPD und <strong>die</strong> Linke werfen<br />

zwischen den Wahlen <strong>die</strong> eine oder<br />

andere Werbezeitung ein. Kommunalpolitiker<br />

lassen sich hier nur selten<br />

sehen. Auch <strong>die</strong> örtlichen Kirchgemeinden<br />

tun sich immer wieder<br />

schwer mit dem Kontakt zu den<br />

Armen. Ihre Angebote passen nicht<br />

zu Menschen, <strong>die</strong> ihr Leben spontan<br />

und eher aus dem Bauch heraus organisieren.<br />

Als das Volx Mobil 2009 mit<br />

seinem roten Bus<br />

das erste<br />

Mal in<br />

Boizenburg,<br />

einer<br />

14 weltbewegt

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