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Recht auf Bildung für alle Wie sieht es mit der Bildungssituation in Indien aus? Chandra Sekhar Ray Alle Menschen in Indien haben ein Recht auf Grundbildung, so steht es in der Verfassung. Seit der Unabhängigkeit haben die staatlichen und bundesstaatlichen Regierungen viel unternommen, um dieses Ziel umzusetzen, aber erst in den vergangenen Jahren ist es zu Veränderunge gekommen. So wurde 2010 das Gesetz zum Recht auf Bildung verabschiedet. Die Grundbildung von der ersten bis zur achten Klasse ist seitdem kostenlos und verpflichtend für alle. Der Nationale Rahmenlehrplan, ein gut recherchiertes, fortschrittliches Dokument, das 2005 entwickelt wurde, definiert den Lehrplan. Im Laufe der Jahre wurden viele innovative Programme eingeführt, um das Ziel der universalen Grundbildung zu erreichen. Das Programm „Bildung für Alle“ (Sarva Sikhya Abhiyaan, kurz: SSA) hat die Entwicklung distriktspezifischer Grundbildung ins Visier genommen, mit dem Fokus auf Panchayati Raj Institutionen. Es hat im Bereich der Grundbildung große Veränderungen bewirkt. So stellt die Regierung im Rahmen des Programms Textbücher, Mittagessen, Schuluniformen und anderes Lernmaterial zur Verfügung. Als Folge dieser Bemühungen sind die Anmeldezahlen, die Alphabetisierungsrate und der Ausbildungsstand im Land gestiegen. Laut Volkszählung im Jahre 2011 liegt die Alphabetisierungsrate in Indien bei 74,04 Prozent. Die männliche Rate beträgt 84,14 und die weibliche 65,46 Prozent. Die Alphabetisierungsrate in Odisha* liegt bei 73,5 Prozent, wobei die männliche 82,4 Prozent und die weibliche 64,4 Prozent beträgt. Bei genauerer Betrachtung zeigen sich aber große Schwankungen dieser Werte in den verschiedenen Distrikten Odishas. Während die Alphabetisierungsrate in Odisha bei 73,5 Prozent liegt, beträgt sie in Koraput 49,87 oder in Rayagada 50,88 Prozent. Die Zahlen für die weibliche Alphabetisierung liegen noch niedriger. Diese Distrikte haben eine hohe Adivasi-Population (zwischen 50 und 57 Prozent), eine geringe Bevölkerungsdichte und hügeliges Gelände. Im Hinblick auf diese besonderen Herausforderungen hat die Regierung durch die SSA spezielle Pläne und Ansätze entwickelt, um eine hochwertige Universalbildung auch in diesen Gegenden zu erreichen. Inzwischen haben die meisten Dörfer eine Grundschule, die den Zugang zu einer Schule innerhalb eines Kilometers gewährleistet. Die Regierung setzt sich außerdem für die Anwerbung geeigneter Lehrer, die Ausbildung von Lehrern, Bauprojekte und für die Infrastruktur ein. Spezielle Unterkünfte und Schülerstipendien für Adivasi-Kinder sind ein weiteres einzigartiges Angebot in diesen Distrikten. Insgesamt versucht die Regierung viele Anreize zu setzen, um die Schulanmeldungen und die erfolgreiche Unterrichtsteilnahme zu steigern. Zusätzlich zu den staatlichen Initiativen haben die Bundesstaaten ihre eigenen Projekte. Es hapert oft an der Qualität Sehr viel schwieriger ist es, eine gute Ausbildungsqualität zu gewährleisten. Immerhin hat die Regierung in Odisha das erkannt und kürzlich einige drastische Schritte unternommen. So wurden zeitgebundene Kontrollsysteme eingeführt. Es gab Bemühungen, die Unterrichtsmethoden durch Lehrerfortbildungen zu optimieren. Programme zur Verschönerung des Schulumfelds und der Klassenräume gaben den Schulen und der Lernumgebung ein neues Fotos: E. v.d. Heyde (2) 16 weltbewegt
Schwerpunkt Gesicht. Ein Programm zur Anwerbung neuer Lehrer soll außerdem den Wert des gesamten Ausbildungssystems steigern. Odisha hat 62 Stammesvölker. Die meisten von diesen haben eine eigene Muttersprache. Da Odiya die Unterrichtssprache ist, haben die Adivasi- Kinder Schwierigkeiten, die Anweisungen zu verstehen. Aus diesem Grund hat die Regierung eine mehrsprachige Ausbildung (Multi Lingual Education oder kurz MLE) in den Gebieten mit hoher Adivasi-Population gestartet, mit dem Ziel, deren Sprache, Kultur und Tradition zu unterstützen. Auf diesem Wege wird die Bildung in der Muttersprache der Kinder vermittelt und schrittweise eine Brücke zur Landessprache Odiya gebaut. Das hilft den Kindern nicht nur zu verstehen und zu lernen, sondern stärkt gleichzeitig ihr Selbstwertgefühl, ihre Würde und den Respekt für die eigene Kultur und Tradition. All dies trägt dazu bei, das Ausbildungsziel zu erreichen, das im nationalen Rahmenlehrplan beschrieben ist. Welche Rolle hat die Kirche? Innerhalb des Kontexts dessen, was auf staatlicher und bundesstaatlicher Ebene im Bereich der Bildung getan wird, ist es nötig, den Einfluss der Bildungsinitiative der evangelischen Kirche JELC auf die Gesellschaft des ungeteilten Koraput Distrikts einzuschätzen. In diesem Zusammenhang gilt es, zwei entscheidende Fragen zu prüfen: Soll sich die Kirche in die Ausbildung einbringen und Schulen leiten - und wenn ja, warum? Wenn wir diese Frage bejahen, lautet die nächste Frage: Wie soll die Kirche die Schulen leiten oder die Ausbildung beeinflussen? Die Kirche hat begonnen, diese Fragen zu stellen. In einer aktuellen SWOT Analyse, die unsere Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen herausarbeitete, wurde Folgendes deutlich: Die große Stärke der Kirche ist, dass wir 42 offizielle, von der Regierung anerkannte Schulen haben, für die wir staatliche Unterstützung in Form von Lehrergehältern und Zuschüssen für Gebäude und Infrastruktur erhalten. Unsere Schwäche ist, dass wir keine qualitativ hochwertige Ausbildung sicherstellen können. Das ist auch die Schwäche der meisten staatlichen Schulen in der Region. Darüber hinaus sind unsere Gebäude in schlechtem baulichen Zustand. Zudem haben wir Lehrermangel, Geldmangel und ein schwaches Management. Unsere große Chance ist, den Unterprivilegierten durch eine bessere Ausbildung – basierend auf Qualität und Werten – zu helfen. Es ist zweifellos der einzig sichere Weg zu einer gestärkten Gemeinschaft und Gesellschaft. Wenn wir nicht umgehend beginnen, eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu gewährleisten, besteht zudem die Gefahr, dass unsere Schulen geschlossen oder aus der Obhut der JELC genommen werden könnten. In dem Fall würde die Kirche die besten Kanäle und Instrumente verlieren, die sie heute hat, um die Unterprivilegierten in der Region zu unterstützen. Vermittlung von Werten ist wichtig Die Missionare erkannten den Wert von Bildung lange vor der Regierung und starteten Bildungsprogramme basierend auf den Bedürfnissen der Region. Der Großteil der Einwohner im ungeteilten Koraput Distrikt sind Dalit und Adivasi. Im Vergleich zu anderen sind die Alphabetisierungsrate sowie das Bildungsniveau hier sehr niedrig. Es gibt besondere Herausforderungen, was die Sicherstellung von Bildung betrifft, besonders für Kinder der Dalit und Adivasi. Trotz der Unterstützung durch einen riesigen Apparat und dessen Ressourcen bleibt es selbst heute noch eine Herausforderung für die Regierung. Sie setzt auf den privaten Sektor, um das Ziel der Universalbildung zu erreichen. Damit dies in dieser Region möglich werden kann, bedarf es einiger Veränderungen im gegenwärtigen Ausbildungsprozess, sowohl durch die Regierung als auch durch die Kirche. Es muss ein Schwerpunkt *Seit 2012 lautet die offizielle Schreibweise von Orissa „Odisha“ und der offizielle Name der regionalen Sprache „Odiya“ statt Oriya. Die Kinder wollen lernen. Es ist jedoch für viele Schulen schwer, eine gute Qualität zu gewährleisten. weltbewegt 17
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