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Schwerpunkt<br />
Im Township<br />
Lavender Hill in<br />
Kapstadt bietet das<br />
Sozial- und Trainingszentrum<br />
NWF<br />
nicht nur berufsbildende<br />
Programme<br />
an, sondern auch<br />
Angebote zur<br />
„umfassenden<br />
Lebensbildung“.<br />
Bildung ist mehr als nur Buchwissen Marius Blümel<br />
Wenn man über Bildung spricht,<br />
denkt man in der Regel an <strong>die</strong><br />
Schule. Dabei gerät <strong>die</strong> außerschulische<br />
Bildung häufig aus dem Blick.<br />
Auch in Südafrika unterscheidet man<br />
zwischen formeller und informeller<br />
Bildung. Unter formeller Bildung verstehen<br />
wir <strong>die</strong> institutionalisierte,<br />
zertifizierte Bildung, <strong>die</strong> national geregelt<br />
ist (National Qualification Framework,<br />
NQF). Die informelle Bildung<br />
wird gerne als „University of<br />
Life“ (Universität des Lebens) bezeichnet,<br />
dort geht es um Fertigkeiten<br />
und um Wissen, das sich Menschen<br />
im Alltag außerhalb der Schule aneignen.<br />
In einen Township wie Lavender<br />
Hill/Vrygrond, in dem <strong>die</strong> New<br />
World Foundation (NWF) arbeitet,<br />
gibt es viele Angebote im informellen<br />
Bildungsbereich.<br />
In der Jugendarbeit gibt es das<br />
Youth Leadership Programme (Jugendgruppenleiterkurs).<br />
Hier geht es<br />
darum, dass auch schon junge Erwachsene<br />
lernen, in einem außerhäuslichen<br />
Rahmen Verantwortung für andere zu<br />
übernehmen. Nachdem sie das intensive<br />
Trainingsprogramm absolviert<br />
haben, helfen uns viele Jugendliche bei<br />
der Kinder- und Jugendarbeit, wie<br />
etwa in den Ferienprogrammen. Als<br />
weiteres informelles Angebot gibt es<br />
eine Theatergruppe und viele Tanzgruppen,<br />
in denen <strong>die</strong> neusten Hip<br />
Hop und Breakdance-Styles gelehrt<br />
werden – auch Graffitikunst wird<br />
„unterrichtet“. Es ist wirklich bewundernswert,<br />
was <strong>die</strong> Jugendlichen im<br />
künstlerischen Bereich „draufhaben“,<br />
welches Talent in ihnen steckt. Einer<br />
unserer Jugendlichen hat es sogar bei<br />
der nationalen Talentshow bis ins<br />
Fernsehen geschafft!<br />
Zum Trainingsbereich der „Foundation“<br />
gehört vor allem auch „<strong>die</strong><br />
umfassende Lebensbildung“, <strong>die</strong><br />
„broad life education“ – ein Begriff<br />
den Julius Nyerere geprägt hat. So bieten<br />
wir <strong>zum</strong> Beispiel Kurse für Frauen<br />
an, in denen sie verschiedene Handarbeiten<br />
erlernen können. Das verhilft<br />
vielen zu einer zusätzlichen Einkommensquelle.<br />
Im Rahmen des informellen Bildungsprogramms<br />
gibt es das „Computer<br />
Training/Life skills Training“, in<br />
dem <strong>die</strong> Teilnehmer Basiswissen erlangen.<br />
Es gibt zwar kein Zertifikat, das<br />
von der nationalen Qualifizierungsbehörde<br />
anerkannt wäre – dafür müssten<br />
<strong>die</strong> Teilnehmer umfangreichere Kurse<br />
belegen, <strong>die</strong> meist von einem College<br />
angeboten werden. Jedoch erhöht<br />
bereits der Anfängerkurs <strong>die</strong> Chancen<br />
für <strong>die</strong> Teilnehmenden auf dem<br />
Arbeitsmarkt erheblich. Auch mit dem<br />
„Home Based Care Programme“<br />
(Heimpflegeprogramm), das aus festen<br />
Modulen besteht und sogar zertifiziert<br />
wird, haben <strong>die</strong> jungen Erwachsenen<br />
gute Chancen, eine Anstellung in einer<br />
Pflegeeinrichtung zu bekommen.<br />
Die NWF versteht sich als Bindeglied<br />
zwischen informeller und formeller<br />
Bildung. Es geht darum, Menschen<br />
mit meist niedriger Schulbildung zu<br />
ermutigen, informelle Kurse zu belegen<br />
als Basis für eine darauf aufbauende<br />
Ausbildung. Auch in Südafrika ist eine<br />
formelle, zertifizierte Bildung wichtig,<br />
um gute Jobs zu erhalten. Daher pflegt<br />
<strong>die</strong> NWF eine gute Zusammenarbeit<br />
mit weiterführenden Bildungseinrichtungen.<br />
Letztes Jahr wurden insgesamt<br />
145 Menschen aus Lavender Hill<br />
erfolgreich an Einrichtungen wie beispielsweise<br />
das False Bay College vermittelt.<br />
Erfolgreich bedeutet dabei<br />
auch, dass <strong>die</strong> Bewerbenden nicht nur<br />
angenommen wurden, sondern auch<br />
Stipen<strong>die</strong>n erhalten haben. In Südafrika<br />
kann man heute nur dann gute<br />
Abschlüsse machen, wenn man das<br />
nötige Geld hat! Die Bildungskosten<br />
bleiben nach wie vor eine große Hürde<br />
für viele Menschen aus Lavender Hill<br />
und wohl auch <strong>die</strong> größte Herausforderung<br />
für das südafrikanische Bildungssystem.<br />
Marius Blümel,<br />
Dipl.-Pädagoge, ist<br />
Mitarbeiter des<br />
Zentrums für Mission<br />
und Ökumene und<br />
arbeitet seit 2011 als<br />
Koordinator für<br />
Jugend- und<br />
Erwachsenenprogramme<br />
der New<br />
World Foundation<br />
(NWF), einem<br />
Community Center<br />
in Lavender Hill,<br />
einem Township in<br />
Kapstadt, Südafrika.<br />
weltbewegt 9