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Schule mit<br />
besonderer<br />
Identität<br />
In tallinn wurde <strong>die</strong> domschule<br />
wiedereröffnet<br />
Urmas Viilma ist<br />
Kanzler des<br />
Konsistoriums der<br />
Estnischen Evangelisch-Lutherischen<br />
Kirche<br />
und Pfarrer der<br />
Tallinner Domgemeinde<br />
Urmas Viilma<br />
Jeder Mensch<br />
hat ein Recht<br />
auf Bildung, so<br />
ist es auch bei<br />
uns im Grundgesetz<br />
festgelegt.<br />
Jedoch ist christliche<br />
Bildung in<br />
Estland nach wie<br />
vor keine Selbstverständlichkeit.<br />
Zwar sind allgemeinbildende<br />
Schulen auch in<br />
unseren Nachbarländern<br />
weltlich,<br />
allerdings<br />
gehört Religionslehre<br />
dort meist<br />
<strong>zum</strong> obligatorischen<br />
Lehrplan –<br />
im Gegensatz zu<br />
uns.<br />
In Estland ist<br />
es der Entscheidung<br />
der Schulleitung<br />
überlassen, ob sie an ihrer<br />
Schule Religionsunterricht einführt.<br />
Und auch dort findet der Unterricht<br />
nur in manchen Klassen und nur für<br />
Schüler statt, deren Eltern es wünschen.<br />
Das bedeutet, dass von etwa<br />
sechshundert allgemeinbildenden<br />
Schulen nur in etwa fünfzig Schulen<br />
Religionsunterricht stattfindet, und<br />
auch dort nur in manchen Klassen<br />
und für wenige Schüler. Dies war<br />
sicher für viele Eltern unbefriedigend,<br />
aber es gab keine Alternative.<br />
Seit einem Jahr ist durch ein neues<br />
Gesetz für Grundschulen und Gymnasien<br />
<strong>die</strong> Einführung des Religionsunterrichtes<br />
in den regulären Lehrplan<br />
per Schulstufe möglich. Allerdings<br />
muss der Kurs konfessionslos<br />
sein, denn konfessioneller Religionsunterricht<br />
ist nach wie vor nur an Privatschulen<br />
möglich. Wenn Eltern also<br />
wollen, dass ihre Kinder in lutherischer<br />
Religionslehre unterrichtet werden,<br />
müssen sie sich an eine lutherische<br />
Privatschule wenden.<br />
Die ersten Schritte zur Gründung<br />
einer christlichen Schule hatte das<br />
Konsistorium der lutherischen Kirche<br />
zusammen mit der Tallinner Domgemeinde<br />
bereits im Frühjahr 2011<br />
unternommen. Nicht nur <strong>die</strong> neue<br />
Gesetzeslage sondern auch <strong>die</strong> Tatsache,<br />
dass es viele Bewerber gab, <strong>die</strong> am<br />
christlichen Unterricht interessiert<br />
waren, aber am katholischen Bildungskolleg<br />
keinen Platz <strong>finden</strong><br />
konnten, haben das Vorhaben forciert.<br />
Man wollte eine Schule ins<br />
Leben rufen, <strong>die</strong> eine klare Identität<br />
hat. So hatte das Konsistorium der<br />
Tallinner Domgemeinde den Vorschlag<br />
gemacht, eine kirchliche Privatschule<br />
zu gründen und mit den<br />
Vorbereitungen zur Wiedereröffnung<br />
der Tallinner Domschule zu beginnen<br />
– einer im 13. Jahrhundert gegründeten<br />
Schule, <strong>die</strong> wegen Umsiedlungen<br />
am 11. Oktober 1939 schließen musste.<br />
Der Vertrag zur Wiedereröffnung<br />
wurde am 15. August 2011 während<br />
eines Gottes<strong>die</strong>nstes in der Tallinner<br />
Domkirche geschlossen. Zu den Vertragsparteien<br />
gehörten <strong>die</strong> Estnische<br />
Evangelisch-Lutherische Kirche, <strong>die</strong><br />
Bischöfliche Tallinner Domgemeinde<br />
und das Bildungskollegium der Altstadt,<br />
zusammen mit der Schule des<br />
Heiligen Michaels. Die Schule befindet<br />
sich in einem<br />
Gebäude in der Altstadt,<br />
das der methodistischen<br />
Kirche<br />
gehört. Es konnte<br />
mit Hilfe von Spenden,<br />
unter anderem<br />
von der Nordelbischen<br />
Kirche, im<br />
vorherigen Sommer<br />
renoviert werden.<br />
Am 1. September<br />
2011 kamen dann <strong>die</strong><br />
ersten Schüler.<br />
Die Klasse, bestehend<br />
aus 25 Schülern,<br />
wird von zwei<br />
Lehrern unterrichtet.<br />
Im darauffolgenden<br />
Jahr werden dann<br />
dreißig Schüler angenommen<br />
und zwei<br />
weitere Lehrer angestellt.<br />
Es ist geplant,<br />
dass in jedem der folgenden Jahre eine<br />
neue Klasse eröffnet wird. Die Schule<br />
wird also schnell wachsen. Die Stiftung<br />
muss demnach einiges für <strong>die</strong><br />
räumliche Erweiterung der Schule tun<br />
und Gelder beziehungsweise Spender<br />
zur weiteren Renovierung der Schulräume<br />
<strong>finden</strong>.<br />
Die Kinder bekommen eine Allgemeinbildung,<br />
<strong>die</strong> dem staatlichen<br />
Lehrplan folgt, und zusätzlich einmal<br />
eine Stunde in der Woche Religionsunterricht.<br />
Zudem beginnt jede<br />
Schulwoche mit einer viertelstündigen<br />
Andacht, <strong>die</strong> vom Schulkaplan<br />
durchgeführt wird. Die Hauskirche<br />
der Schule ist <strong>die</strong> Tallinner Domkirche,<br />
wo an kirchlichen Festtagen <strong>die</strong><br />
schulischen Gottes<strong>die</strong>nste statt<strong>finden</strong>.<br />
Die Gründung der Domschule hat<br />
auch Christen in anderen Orten Estlands<br />
angeregt, christliche Schulen zu<br />
öffnen. So wurde jüngst in Tartu ein<br />
gemeinnütziger Verein gegründet, mit<br />
dem Ziel dort im nächsten Jahr eine<br />
lutherische Schule zu eröffnen.<br />
Dom in Tallinn<br />
Fotos: S. Tupits (1), Vamps (1), C. Hunzinger (1), R. Grützmann (1)<br />
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