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Was können wir zur<br />
Gerechtigkeit beitragen?<br />
Bärbel Fünfsinn blickt auf ihre 19-jährigen<br />
Erfahrungen im NMZ zurück<br />
Bärbel Fünfsinn (49)<br />
war von 1993 bis<br />
1995 Referentin für<br />
den Kirchlichen<br />
Welt<strong>die</strong>nst im NMZ.<br />
Seit 1995 arbeitet<br />
sie als Lateinamerikareferentin.<br />
Von<br />
2003 bis 2009 war<br />
sie zudem verantwortlich<br />
für das<br />
„Genderreferat“ im<br />
NMZ. Von 2002 bis<br />
2003 war sie Gastdozentin<br />
für Theologie<br />
im CIEETS, dem<br />
ökumenischem<br />
Zentrum für theologische<br />
und soziale<br />
Stu<strong>die</strong>n in Managua/Nicaragua.<br />
Beim Jahresfest 1995<br />
Was waren Ihre wichtigsten Erfahrungen?<br />
Eines meiner ‚Highlights’ im NMZ war<br />
<strong>die</strong> erste internationale Frauenkonsultation<br />
2001. Wir waren so bewegt von<br />
den Berichten der Frauen, dass wir uns<br />
für <strong>die</strong> Einrichtung eines „Gender-Referats“<br />
im NMZ stark gemacht haben,<br />
2003 wurde es dann eingerichtet. Das<br />
war eine tolle Erfahrung. Was mich<br />
über <strong>die</strong> Jahre inspiriert und belebt hat,<br />
war <strong>die</strong> Möglichkeit, mit vielen lateinamerikanischen<br />
Menschen in Kontakt<br />
zu sein. Ich konnte mir tiefe Einblicke in<br />
das Leben dort verschaffen, was ich<br />
als Privileg empfinde.<br />
Was hat <strong>Sie</strong> besonders berührt?<br />
Ich besuchte einmal ein sehr armes<br />
Dorf im Norden Nicaraguas. Dort gab<br />
es eine kleine Kirchengemeinde, <strong>die</strong> in<br />
der Woche einen Mittagstisch angeboten<br />
hatte für Kinder, <strong>die</strong> kaum etwas zu<br />
essen hatten. Als ich sonntagmorgens<br />
im Gottes<strong>die</strong>nst saß, kam ein Mann zu<br />
mir und sagte ‚„Schwester, <strong>Sie</strong> werden<br />
doch jetzt gleich predigen!?“ Da konnte<br />
ich nicht ‚nein’ sagen. Nach meiner<br />
Andacht kam ein Mädchen zu mir,<br />
umarmte mich und überreichte mir ein<br />
Geschenk. Das hat mich sehr gerührt,<br />
weil ich deutlich merkte, ich bin hier <strong>die</strong><br />
Beschenkte. Die Kraft der Menschen,<br />
ihre Großzügigkeit und Freude bewundere<br />
ich.<br />
Was hat <strong>Sie</strong> an <strong>die</strong>sem Aufgabengebiet<br />
so interessiert und wie sind <strong>Sie</strong><br />
darauf gekommen hier zu arbeiten?<br />
Eine Freundin sagte damals „Bärbel,<br />
bewirb dich mal am NMZ!“ Ich kannte<br />
das NMZ bis dahin nicht. Im Studium<br />
hatte ich acht Monate in Lateinamerika<br />
gelebt. Danach interessierte ich mich<br />
für Themen der internationalen Gerechtigkeit<br />
und war in der Solidaritätsbewegung<br />
mit Mittelamerika aktiv. Im<br />
NMZ arbeitete ich zunächst im Bereich<br />
entwicklungspolitische Bildung, zwei<br />
Jahre später wurde das Lateinamerikareferat<br />
gegründet.<br />
Was sind <strong>die</strong> größten Herausforderungen<br />
in Ihrer Arbeit?<br />
Wichtig waren für mich in der Arbeit<br />
immer <strong>die</strong> Fragen: Was machen wir in<br />
Deutschland? Was tragen wir zur<br />
Gerechtigkeit bei? Denn unsere<br />
Politik und unser Konsum sind mit<br />
Lateinamerika sehr eng verflochten.<br />
Wir haben oft große Worte,<br />
aber Taten folgen zögernd. Es<br />
wird vieles getan, aber ich bin<br />
meist unzufrieden und will mehr.<br />
Das ist zwar keine gute Haltung,<br />
aber ich pusche mich und andere<br />
damit. Das ist manchmal<br />
anstrengend – für alle Beteiligten.<br />
Was mich rettet, ist mein<br />
Humor! (lacht)<br />
Das Interview führte Sophie Plautz<br />
Was möchten <strong>Sie</strong> hier in Deutschland<br />
mit Ihrer Arbeit erreichen?<br />
Natürlich möchte ich, dass sich <strong>die</strong><br />
Leute für Lateinamerika interessieren,<br />
aber noch wichtiger ist mir, dass wir in<br />
Deutschland umdenken und entsprechend<br />
handeln. Ich glaube, es ist an<br />
der Zeit, dass wir als Christinnen und<br />
Christen einen andern Lebensstil und<br />
ein einfacheres Leben pflegen. Wenn<br />
wir uns und unseren Lebensstil verändern<br />
und uns für eine andere Politik<br />
einsetzen, hat das Folgen. Nur dann<br />
können alle Menschen in der einen<br />
Welt überleben, da wir ja alle miteinander<br />
verbunden sind.<br />
Gab es spürbare Erfolge?<br />
Einer war auf jeden Fall <strong>die</strong> Gründung<br />
des „Gender-Referats“. Außerdem gibt<br />
es seit 2011 einen offiziellen Partnerschaftsvertrag<br />
mit der brasilianischen<br />
Kirche. Ein Beispiel dafür, dass <strong>die</strong><br />
Beziehungen nach Südamerika auch in<br />
der Kirche ins breitere Bewusstsein<br />
gedrungen sind.<br />
Was wird Ihre Aufgabe in der Zukunft<br />
sein, wenn <strong>Sie</strong> das NMZ verlassen?<br />
Der Wunsch nach Veränderung nach<br />
so vielen Jahren im NMZ hat mich<br />
angetrieben, etwas anderes zu suchen.<br />
Ich arbeite schon als Französischlehrerin<br />
in einer Gesamtschule. Und bald<br />
werde ich auch als Referentin beim<br />
erev-rav-Verein in der „Woltersburger<br />
Mühle“ in Uelzen tätig sein. Dort wird<br />
ab Anfang Mai ein Zentrum für Spiritualität<br />
und Verantwortung eingerichtet.<br />
Diese Verbindung ist mir schon lange<br />
wichtig. Zudem werde ich Veranstaltungen<br />
und Musik machen, auch<br />
dadurch lässt sich vieles vermitteln ….<br />
denn ganz wichtig ist doch auch <strong>die</strong><br />
Freude an dem, was frau tut! (lacht)<br />
Fotos: NMZ-Bildarchiv (2), H. Klinner-Krautwald (1), C. Wenn (1), B. Fünfsinn (1)<br />
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