hat sie aus dem Schutt hervorgezogen, zuerst katalogiert und aufgestellt. Wip in allen alten, aus Klöstern und geistlichen Händen herrührenden Bibliotheken, sind Kirchenväter, alte Theologie, Kirchengeschichte und alte Klassiker am besten ausgerüstet, und die neuere Literatur steht zurück; doch ist schon ansehnlich nachgeholfen, und es wird jährlich zugekauft. Auch eine ansehnliche Anzahl von Manuskripten findet sich, unter denen manches Seltene aus den Fächern der alten Klassiker und der Jurisprudenz sein soll. Unter allen akademischen Anstalten zeichnet sich aber besonders der botanische Garten aus. Er ist außerhalb der Stadt, und man genießt aus ihm eine vortreffliche Aussicht über die Weichsel nach Wieliczka. In ihm befindet sich das astronomische Observatorium, von welchem ich aber nicht weiß, ob es mit den nötigen Instrumenten hinlänglich versorgt ist oder nicht. Der botanische Garten selbst, der wieder neuerlich vergrößert worden, mit hinlänglichen warmen und kalten Häusern versehen ist, von dem jetzigen Professor Oestreicher in einer musterhaften Ordnung gehalten wird, zählt jetzt an 7500 Pflanzenspezies; wahrlich eine nicht unbedeutende Zahl! Der ebengenannte Professor besitzt auch eigentümlich eine sehr zahlreiche, fast ganz vollständige europäische Insektensammlung, in der unter andern seltene Sachen aus Portugal zu sehen sind. Als ich sie sah} war er gerade beschäftigt, sie neu umzustecken und mit den Etiketten versehen nach Latreilles System sehr instruktiv und wohl übersichtlich zu ordnen. Eine vorzügliche Reinlichkeit und Abwesenheit aller zerstörenden Insekten gefiel mir besonders, und ich sah, daß wenige Tropfen Quecksilber und ein dichter Verschluß der Kästen die einzigen schützenden Mittel gegen Staub und Insekten waren. Für die Chemie ist ein kleines, aber hinreichendes Laboratorium vorhanden, das mitunter schöne Pariser Instrumente besitzt, von denen mir manche noch ganz neu und ungebraucht zu sein schienen. Neben dem Laboratorium ist auch die akademische Mineraliensammlung teils in Glasschränken an den Wänden, teils auf einigen, mit Glastafeln pultförmig bedeckten Tischen aufgestellt. Ich fand in ihr manche recht hübsche Sachen, aber auch wieder sehr viele geschliffene Spielereien nach altem Geschmack und keine systematische Vollständigkeit und Einheit. Die Sammlung ist aus einzelnen Schenkungen und Ankäufen zusammengebracht worden, und diese einzelnen Teile sind auch abgesondert für sich aufgestellt. So z. B. stehen 2 geschenkte Sammlungen allein, ebenso eine kleine aus der Freiberger Stufen-Niederlage und eine andere aus Wieliczka gekaufte wieder für sich. Warum hat man denn nicht das Ganze zu einer einzigen systematischen Sammlung verschmolzen ? So haben die einzelnen Teile keinen Wert, und jede so gestellte Sammlung ist in meinen Augen nur ein Aggregat von Fossilien zur Schau ausgestellt, aber keine wissenschaftliche Sammlung, die sie sein soll, da sie nicht für schaulustige Herren und Damen, sondern für eine Universität bestimmt ist. Sollten etwa die Schenker Integrität ihren Schenkungen gewünscht oder verlangt haben, so muß man wohl zu wissenschaftlichen Zwecken sich über solche Schwachheiten wegsetzen. Ich sah, wahrscheinlich aus dieser Ursache, in einem Nebenzimmer noch manches aufbewahrt, was recht gut hätte den Weg aller Podgórzer Kalksteine gehen können. Vollständigkeit der Gattungen konnte ich nicht erwarten, denn in Krakau ist keine Gelegenheit zum Fossilienhandel, und es wird wohl auch der Fond fehlen, alle neuen Gattungen immer nachzukaufen. Die Quarzfamilie, die Quecksilbererze, die Marmorarten Polens sowohl als anderer Länder, sind zahlreich vorhanden, und schöne Vasen und andere Gefäße aus englischem Flußspat. Einige ansehnlich große Stücke Paulit (labradorische Hornblende) und ein schönes Stück angeschliffener Kugelgranit aus Korsika zogen unter andern meine Aufmerksamkeit besonders auf sich. Ein übersichtliches Verzeichnis der Sammlung, wie in Leonhards Taschenbuch sich dergleichen von mehreren Privatsammlungen finden, bin ich jetzt nicht zu geben imstande. Die gesamten Ausgaben für die Universität sollten, nach dem Staatsbudget der Republik, für den Lchrkurs 1820/1821 410482 poln. Gulden, d. i. 68413 Thlr. 16 gr. betragen. Indem ich Krakau und seine Universität mit dem Wunsch nach bessern Zeiten und größerer Tätigkeit verlasse, bemerke ich schließlich noch, daß, nach dem vor mir liegenden Lektions-Katalog vom 1. Oktober 1821 bis Mitte Juli 1822 zusammen 30 Professoren 54 Vorlesungen angekündigt hatten; ob sie alle wirklich gelesen worden, kann ich nicht angeben. Die ganze Universität ist in 4 Ordnungen: Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie, die letztere aber wieder in zwei Fakultäten : Mathematik und Physik und Literatur geteilt. Nach dem angeführten Lektions-Katalog lasen: aus der Ordnung der Theologie nur 3 Professoren 6 Vorlesungen; aus der Ordnung der Jurisprudenz 5 Professoren 7 Vorlesungen ; aus der Ordnung der Medizin 8 Professoren 14 Vorlesungen; aus der mathematisch-physikalischen Fakultät 8 Professoren 16 Vorlesungen und aus der literarischen Fakultät 6 Professoren 11 Vorlesungen. 48
KRAKAU IM 19. JAHRHUNDERT OBEN: DIE BURG. UNTEN: RUNDBASTEI MIT FLORIANSTOR