AMMLER ZITIG - Amden
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38 In Memoriam<br />
Nr. 9 / September 2012<br />
In Memoriam<br />
Marianne Gmür-Luchsinger<br />
31. Juli 1946<br />
bis 15. Juli 2012<br />
Der Lebensweg von Marianne fängt am<br />
30. Juli 1946 in Filzbach an. Als zweite<br />
Tochter von Fritz und Marie Luchsinger<br />
darf sie das Licht der Welt erblicken. Ihr<br />
Weg führt sie weiter nach Obstalden und<br />
Mühlehorn. In dieser Zeit bekommt sie<br />
zwei Schwestern. Nun ist die Wohnung<br />
zu klein und der Weg geht steil hinauf<br />
ins „Grosshuus“ im Vortobel. Mariannes<br />
Eltern führen eine eigene Bäckerei und<br />
einen Lebensmittelladen in Mühlehorn.<br />
Der Schulweg ist anstrengend, es gibt<br />
aber auch kameradschaftliche Freundschaften<br />
und im Sommer feine reife Kirschen<br />
zu stibitzen, wenn nicht gerade der<br />
„Tobel Balz“ in der Nähe ist.<br />
Auf dem Heimweg muss Marianne des<br />
Öfteren ein „Raschi“ voller Brot auf ihrem<br />
schmalen Rücken tragen, um dieses<br />
dann auf den verschiedenen Höfen zu<br />
verteilen. Vom Hunger geplagt, kommt<br />
sie auf die Idee, von einem Brot ein wenig<br />
wegzunehmen und es anschliessend<br />
so hinzulegen, dass es niemand sieht.<br />
Doch kaum zu Hause, klingelt das Telefon:<br />
„Die Luchsinger Mädchen haben<br />
wieder einmal das Brot angenagt!“ Dies<br />
ist sicher nicht ohne Strafe ausgegangen.<br />
Marianne besucht mit viel Eifer die<br />
Handorgelstunde in Mühlehorn. Sie übt<br />
fleissig verschiedene Tänze, auch wenn<br />
sie kaum über die Orgel hinaussieht. Mit<br />
der Musikschule darf Marianne einen<br />
Ausflug bis nach Wien unternehmen.<br />
Später darf sie bei der Hochzeit ihrer<br />
Tante Rösli und Onkel Lino aufspielen.<br />
Onkel Lino freut sich heute noch darüber.<br />
Ihr weiterer Weg führt sie nach „Walenguflen“,<br />
wo die Eltern von Marianne<br />
ein altes Haus kaufen und es renovieren.<br />
Rund um das Haus sind Garten und Wiesen,<br />
wie schön für das Mädchen! Während<br />
dieser Zeit erhält Marianne noch<br />
eine Schwester und drei Brüder, jetzt<br />
sind sie eine achtköpfige glückliche Kinderschar.<br />
Der Schulweg nach Obstalden<br />
ist immer noch weit, aber nicht mehr so<br />
steil. Bis in die achte Klasse muss Marianne<br />
fleissig lernen.<br />
Der Vater von Marianne wird plötzlich<br />
sehr krank und muss operiert werden.<br />
Ein ganzes Jahr kann er nicht mehr arbeiten.<br />
Die Mutter alleine kann nicht<br />
genügend Brote backen, darum müssen<br />
die Kinder nach der Schule oder in der<br />
Freizeit mit einem grossen Leiterwagen<br />
nach Filzbach Brot holen und anschliessend<br />
das Brot nach Mühlehorn bringen.<br />
Schon nach fünf Jahren muss die Familie<br />
wieder zügeln und so führt der Weg von<br />
Marianne ein zweites Mal nach Obstalden,<br />
diesmal in die „Hauet“, wo Vater<br />
und Mutter eine Bäckerei kaufen. Bereits<br />
eine Woche nach der Züglerei kommt<br />
ihr vierter Bruder Ernst auf die Welt.<br />
Das Mädchen musste mit aller Kraft im<br />
Haushalt und im Laden mithelfen und<br />
auf ihre kleinen Geschwister aufpassen.<br />
1962 wird Marianne in der Kirche in Obstalden<br />
konfirmiert und ein Jahr später<br />
kommt ihre jüngste Schwester Margrit<br />
auf die Welt. Jetzt haben die Luchsingers<br />
zwei Hände voller Kinder.<br />
Mariannes Schulzeit ist vorbei und ihr<br />
Weg führt sie weiter nach Moutier, Russikon<br />
und Wildhaus, wo sie als Haushaltshilfe<br />
und als Kindermeitli viel für<br />
ihre Zukunft lernt. Ein Jahr verbringt sie<br />
daheim. Es gibt immer viel Arbeit mit<br />
den kleinen Geschwistern, im Haus und<br />
Geschäft. Ihre Mutter ist sehr dankbar<br />
für ihre Mithilfe.<br />
1966 geht ihr Weg in Begleitung von<br />
ihrer Schwester Rösli weiter nach Genf.<br />
Jede arbeitet in einem anderen Stadtteil.<br />
Marianne leidet über Wochen fürchterlich;<br />
das Heimweh vertreibt ihr den<br />
Hunger, ihr Humor und die Kraft zum<br />
Arbeiten verlassen sie. In den Zimmerstunden<br />
fährt Schwester Rösli regelmässig<br />
mit dem Tram vom einen in den<br />
anderen Stadtteil, um sie zu trösten. So<br />
weit weg von Zuhause, eine Sprache, die<br />
man nicht versteht, das ist für Marianne<br />
unerträglich. Doch sie hat eine verständnisvolle<br />
Madame mit viel Geduld und so<br />
gefällt es ihr immer besser und sie bleibt<br />
schlussendlich ein ganzes Jahr dort.<br />
Wieder zurück im Glarnerland, verliebt<br />
sich Marianne an einem Unterhaltungsabend<br />
in ihren zukünftigen Schatz „Wisi“<br />
von <strong>Amden</strong>. Am 7. Mai 1969 läuten die<br />
Hochzeitsglocken für das Paar. Mariannes<br />
Weg geht jetzt über den See, nach<br />
<strong>Amden</strong>. Sie wird glückliche Mutter von<br />
Sohn Alois im Jahr 1970. Ende dieses<br />
Jahres verunglückt ihr Bruder Fritz im<br />
zarten Alter von 15 Jahren tödlich. Dies<br />
ist ein schwerer Schicksalsschlag. 1972<br />
kommt der zweite Sohn Beat, ein Jahr<br />
später die Tochter Marianne und 1978<br />
das Nesthäkchen Silvia zur Welt. Jetzt ist<br />
die Familie komplett. Marianne liebt ihre<br />
Kinder über alles und schenkt ihnen viel<br />
Wärme und eine schöne Kinder- und Jugendzeit.<br />
Sie arbeitet nebenbei als Putzhilfe<br />
oder im Service, um die Haushaltskasse<br />
aufzubessern. Im Sommer zieht<br />
die ganze Familie auf die Alp, um Kühe<br />
und Rinder zu hüten. Sie hilft beim Heuen<br />
(alles von Hand) bei den Landwirten<br />
im Dorf. Ziegen muss sie melken, das<br />
Pferd pflegen, die Hühner und Kaninchen<br />
füttern. Marianne erledigt alles mit<br />
sehr viel Liebe und Sorgfalt. Über viele<br />
Jahre pflegt sie ihren Schwiegervater,<br />
der im gleichen Haushalt lebt.<br />
Im Sommer versorgt sie mit ihrem Mann<br />
Wisi die Rinder und Geissen auf der Alp.<br />
Am Vormittag bringt sie jeweils die von<br />
den Bremsen geplagten Rinder in den<br />
Stall, nimmt anschliessend den rund<br />
zweistündigen Fussmarsch ins Dorf auf<br />
sich, um Mittagessen zu kochen. Der<br />
Garten wird gepflegt, das Gemüse geerntet<br />
und eingemacht. Am späteren Nachmittag<br />
fährt Marianne mit ihrem Mann<br />
Wisi, auf dem Rücksitz des Motorrads -<br />
natürlich ohne Helm - wieder zurück auf<br />
die Alp.<br />
Marianne lebt bescheiden, hat einen ehrlichen<br />
und ruhigen Charakter. Sie liebt<br />
die Natur, die Tiere und das Musizieren.<br />
Trotz viel Arbeit pflegt sie das gesellschaftliche<br />
Leben, spielt