full book (pdf) - von Katharina Mommsen
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Dramatische Literatur<br />
Ludolf Wienbarg<br />
... Freiheit ist das zweite Stichwort der Hallischen Jahrbücher.<br />
Wohlweislich sagen sie immer »Freiheit des Geistes«, um<br />
ja nicht in Verlegenheit zu kommen, <strong>von</strong> jener tatsächlichen<br />
Freiheit, die in unseren Institutionen sich offenbaren sollte,<br />
und jener tatsächlichen Sklaverei, die sich da und dort offenbart,<br />
reden zu müssen. Ach - diese Freiheit trägt eine unschuldige<br />
Schlafmütze, und erschreckt niemand ... Wie sind<br />
sie mit Jean Paul verfahren, diese freien Männer? Haben sie<br />
nicht die Priester der Freiheit zuerst aus dem Tempel gejagt?<br />
war es nicht ihre angelegentlichste Sorge, darzutun, wie die<br />
Freiheit doch einen abscheulichen Stil schreibe? Hat der große<br />
Ruge des kleinen Börne je anders, als mit Achselzucken erwähnt?<br />
Ja, wenn eure Freiheit Freiheit ist, so bewahre uns<br />
der Himmel noch tausend Jahre gnädig davor!<br />
122<br />
Die vorgebliche Pflicht des Kritikers, nüchtern zu bleiben und<br />
sich auf keinem Enthusiasmus ertappen zu lassen, fällt mir<br />
fl ie schwerer, als wenn ich auf Wienbarg zu reden komme.<br />
Ruhig verharren, einem Manne gegenüber, dessen Herz so<br />
heiß schlägt für unsere teuersten Interessen, und der jedes<br />
Opfer, das er darbringt, auf dem Altar der Jugend und der<br />
ZukunR: niederlegt! - - - ich will alle loben, die sich hier einer<br />
begeisterten Liebe enthalten können, aber niemand <strong>von</strong> ihnen<br />
nachahmen. Jugend zieht Jugend an.<br />
Und doch fühle ich, daß mir gerade die Liebe zu diesem<br />
Autor im Wege steht, wenn ich ihm seine Stellung anweisen,<br />
wenn ich ihn charakterisieren soll. Was verdient zuerst an ihm<br />
hervorgehoben zu werden? Die tüchtige, männliche Gesinnung?<br />
der politische Glaube? der ästhetische? der Mensch,<br />
oder der Stil? Ehe ich darauf eingehe, kurz folgende Vorbemerkung:<br />
Die Geschichtschreibung der Deutschen befindet sich in den<br />
traurigsten Händen <strong>von</strong> der Welt und begibt sich, selbst<br />
wenn es sich um Assyrien oder Babyion handelt, in den Sold<br />
irgendeiner Meinung. Sie hat noch Riesenschritte zu tun, bis<br />
sie auf die Höhe uneigennütziger WissenschaR: gelangt, bis<br />
sie sich <strong>von</strong> dem Schmutze oR: alberner, oR: böswilliger subjektiver<br />
An- und Absichten reinigt. Wie oR: wurde sie nicht<br />
:I,um bloßen Beweismaterial für diese und jene Staatstheorie<br />
hc:rabgewürdigt! Wie oR: wurde nicht die tausendjährige Arheit<br />
Gottes als bloße Begründung einer momentanen Schrulle<br />
l'emißbraucht! Natürlich - Geschichte zu schreiben, war bis<br />
jetzt meist ein GeschäR: der Angestellten, der Privilegierten,<br />
d cr Offiziellen, der Professoren, die trotz ihren archivarischen<br />
Talenten die springenden Punkte, die points saillants der<br />
Ccschichte selten entdeckten und nur selten unter ihren<br />
Strömungen den Pulsschlag der Gottheit witterten - oder<br />
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