06.11.2013 Aufrufe

full book (pdf) - von Katharina Mommsen

full book (pdf) - von Katharina Mommsen

full book (pdf) - von Katharina Mommsen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ins Stammbuch zu schreiben, nach des Tages Last und Hitze<br />

einige Silben zu zählen und zu reimen, aber man muß euch<br />

verbieten, auf dem Forum der Offentlichkeit euch damit<br />

bloßzustellen. Wem die Poesie nicht der Atem zum Leben ist,<br />

der unterlasse das Dichten! Sie sei für uns ein Flud1, wie für<br />

Byron, ein Segen, wie für Friedrich Rückert, etwas <strong>von</strong> beiden<br />

unter jeder Bedingung, niemals Spielerei. Blumen allein<br />

machen den Dichter nicht, schwarze oder blonde Locken,<br />

weiße oder braune Nacken geben noch keinen Charakter.<br />

Die Nation soll durch ihre Dichter erhoben werden, der Dilettantismus<br />

hält sie nieder auf der Stufe der Gewöhnlichkeit.<br />

Die süßen, zuckerigen, matten, leidenschaftslosen Gefühle,<br />

dieses Lärmschlagen durch fünfzig Zeilen, wenn man einmal<br />

so kühn war, einen Zweifel anzuregen, aus der bürokratischen<br />

Verfassung der Seele einen Augenblick herauszugehen - pfui<br />

über diese fade Unausstehlichkeit, die um Verzeihung bittet,<br />

wenn sie einmal gefühlt hat, wie ein Mensch, dessen Blut heiß<br />

geworden, fühlen kann.<br />

Der Dilettantismus haßt das Genie. Er wird den ersten Stein<br />

aufheben, wenn ein Werther, ein Manfred oder ein anderes<br />

geistreiches Werk geschrieben wird. Der Dilettant lächelt vom<br />

Morgen bis Mittag, <strong>von</strong> Mittag bis Abend, und schläft nur<br />

ein, um am andern Morgen wieder zu lächeln ...<br />

Karl Rosenkranz<br />

So geht es einem, wenn man sich bei dem Konversationslexikon<br />

Rats erholt! Schlage ich da den Namen Rosenkranz nach,<br />

um mir die chronologische Folge seiner Schriften zu vergegenwärtigen<br />

- was muß ich am Schlusse als einzige Ch~ra~~er~stik<br />

finden? Seine Kritiken seien ansprechender als seme ubngen<br />

Werke mit ihrem nicht selten dunklen Tone ..<br />

Wer nun den Artikel geschrieben haben mag? Bel Rosenkranz<br />

<strong>von</strong> einem dunklen Stile zu reden! Wessen Stil soll klar sein,<br />

wenn es der dieses geistvollen Hegelianers nicht ist? Die Wissenschaft<br />

und ihre Resultate aus erster und zweiter Hand<br />

werden nie aller Welt verständlich sein: die Methode, die<br />

philosophische Taktik, durch welche ein Sieg in ihrem Gebiete<br />

erfochten wurde, sind nur für die Feldherren und Obersten.<br />

Der Gewinst die Beute gehören der ganzen Menschheit, den<br />

Plan zum Feldzug aber entwerfen und begreifen nur wenige.<br />

Er mag so schön und klar gezeichnet sein als er will, den Eingeweihten<br />

Bewunderung und Entzücken ablo~ e n, der Masse<br />

bleibt er ein Rätsel, und die Masse ist bekannthch nur zu gern<br />

geneigt zu schelten, was sie nicht versteht. .<br />

Wir sind in unseren Anforderungen, populär zu schreIben,<br />

viel zu weit gegangen. Indessen kamen dieselben <strong>von</strong> einer<br />

so achtbaren Seite her und waren so gut gemeint, daß man es<br />

lange nicht übers Herz brachte, feindselig gegen sie aufzutreten.<br />

Sie drohen aber nun, wirklich gefährlich zu werden, und<br />

es ist an der Zeit, sie in ihre Grenzen zurückzuweisen.<br />

Wer wollte nicht für sein Volk schreiben? Wer nimmt mit<br />

der elenden Absicht die Feder in die Hand, nur für eine geistige<br />

Aristokratie zu dichten und zu denken? Kein ehrlicher<br />

Mann!<br />

Und wehe auch dem unfruchtbaren Geschäft, das nicht als<br />

Zielpunkt die Nation vor Augen hat! .<br />

Als es in der alten Welt keinen Platz mehr zu geben schIen<br />

97

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!