Ausgabe 01-2013 (PDF) - Albert-Schweitzer-Haus
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<strong>Albert</strong>-<strong>Schweitzer</strong>-Bote<br />
<strong>Ausgabe</strong> Januar/Februar 2<strong>01</strong>3<br />
Seite<br />
15<br />
Die Enkelin des Kaisers<br />
von Eginhard Kranz<br />
Ein seltener Trauerzug bewegte sich an<br />
einem sonnigen Septembertag des Jahres<br />
2004 auf eine Anhöhe zwischen uralten<br />
Buchen zu den Familiengräbern der<br />
Adelsfamilie von Reuß. Voran schritt gemessen<br />
der noch junge Bürgermeister<br />
des kleinen Ortes im schlesischen Riesengebirge.<br />
Danach die Sarg tragenden<br />
Angestellten der Stadtverwaltung und<br />
dahinter eine kleine Anzahl polnischer<br />
Bürger des Städtchens, die es sich nicht<br />
nehmen ließen, eine frühere Bürgerin,<br />
aus deutscher Zeit, auf ihrem zweiten, letzten Gang zu begleiten.<br />
Der Bürgermeister aber hatte sich diese Grablegung ganz<br />
anders vorgestellt. Wer aber wurde zu Grabe getragen?<br />
Eine überregionale polnische Zeitung schrieb im September<br />
2004: „(…) die sterblichen Überreste der Fürstin Feodora von<br />
Reuß (19.05.1879 - 26.08.1945) wurden in die Familiengruft<br />
neben ihren Gatten Heinrich von Reuß gebettet. Sie war das<br />
einzige Kind von Bernhard III. Herzog von Sachsen-Meiningen<br />
und seiner Frau Charlotte von Preußen, Tochter von Friedrich<br />
III. Deutscher Kaiser und der Princes Royal, Victoria (Tochter<br />
der englischen Königin Victoria). Feodora litt, wie schon ihr Vorfahre<br />
Georg III. und ihre Mutter, unter Porphyrie, der sogenannten<br />
„Königlichen Krankheit“.<br />
Nach Kriegsende bot das englische Königshaus der Fürstin an,<br />
sie nach England zu holen. Die Fürstin aber blieb in ihrer schlesischen<br />
Heimat. Am 12. August 1945 schied sie freiwillig aus<br />
dem Leben. Bedingt durch die äußeren Umstände der chaotischen,<br />
unmittelbaren Nachkriegszeit mit den Übergriffen der<br />
Rotarmisten. Man bestattete sie in der Gruft ihres sechs Jahre<br />
zuvor verstorbenen Gatten. Später ist, wie oft in dieser Zeit geschehen,<br />
das Grabmal geschändet und die Gruft geplündert<br />
worden.<br />
<strong>Albert</strong>-<strong>Schweitzer</strong>-<strong>Haus</strong>, Viehhofstr. 25-27, 68165 Mannheim