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Ausgabe 01-2013 (PDF) - Albert-Schweitzer-Haus

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<strong>Albert</strong>-<strong>Schweitzer</strong>-Bote<br />

<strong>Ausgabe</strong> Januar/Februar 2<strong>01</strong>3<br />

Seite<br />

17<br />

Wintergewitter: Tante Helga packt die Koffer<br />

In den ersten Nachkriegsjahren wohnte meine<br />

Tante Helga bei uns. Ihre Wohnung in einem anderen<br />

Stadtteil war ausgebombt und da ist sie mit<br />

dem wenigen, was ihr geblieben ist zu meiner<br />

Mutter gezogen. Das <strong>Haus</strong>, in dem unsere Wohnung<br />

war, hatte auch einen Treffer abbekommen,<br />

aber der Schaden war nicht so schlimm. Allerdings<br />

hatten wir eine Flurtüre aus Eisen, da die ursprüngliche<br />

hölzerne Türe zerstört war. Im Grunde klappte die Wohngemeinschaft<br />

gut. Meine Mutter und Tante Helga waren Schwägerinnen,<br />

beide Ehemänner waren noch nicht aus der Gefangenschaft<br />

zurückgekehrt, und so waren die beiden jungen Frauen<br />

froh, sich gegenseitig helfen und stützen zu können. Tante<br />

Helga hatte einen kleinen Sohn, meinen Cousin Werner. Der<br />

war aber erst ein Jahr alt und taugte nicht als Spielgefährte für<br />

eine Vierjährige. Meist verbrachte Werner seine Tage in seinem<br />

Gitterbettchen, das auch als Laufstall fungierte. Wenn er ein altes<br />

Stück Brot zum Kauen hatte, war er friedlich und beobachtete<br />

mit großen Augen seine Umgebung.<br />

Die Nachkriegswinter waren bitterkalt und das brachte neben<br />

den Heiz-Problemen und den Versorgungsengpässen auch ein<br />

eher seltenes Naturereignis mit sich: ein Wintergewitter. Diese<br />

kommen mit Blitz und Donner daher wie im Sommer und entstehen<br />

durch Temperaturunterschiede von Luftmassen in bestimmter<br />

Höhe, allerdings sind sie deutlich seltener.<br />

Ein Gewitter im Winter war mehr als Tante Helga nach überstandenem<br />

Krieg noch ertragen konnte. Es versetzte sie in<br />

Angst und Schrecken. Sie war fest davon überzeugt, dass es<br />

einschlagen würde und wir alle obdachlos auf der eisigen Straße<br />

stünden. Also packte Tante Helga beim ersten Anzeichen<br />

eines Gewitters ihre Habe in die wenigen Koffer, die sie hatte,<br />

Essbares wurde als Notration in einen alten Korb verstaut, und<br />

ihr kleiner Sohn kam warm eingepackt in eine große Einkaufstasche,<br />

in die er allerdings kaum passte und aus der heraus er<br />

laut quengelte. Dann zog Tante Helga Mantel, Mütze, Schal<br />

<strong>Albert</strong>-<strong>Schweitzer</strong>-<strong>Haus</strong>, Viehhofstr. 25-27, 68165 Mannheim

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