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Universitätsblätter 2012 - Gießener Hochschulgesellschaft

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Thomas Kailer<br />

<strong>Gießener</strong><br />

<strong>Universitätsblätter</strong><br />

45 | <strong>2012</strong><br />

Das Residuum des Bösen<br />

Von der Schwierigkeit, Serienmord wirklich zu erklären<br />

Kürten. Der Vampir mit dem Hammer<br />

Düsseldorf stand unter Schock: In den Jahren 1929 und<br />

1930 hielt eine brutale Mord- und Überfallserie die<br />

Stadt in Atem. Neun grausam ermordete Leichen waren<br />

gefunden, auf elf weitere Personen Überfälle mit<br />

Mordversuchen verübt worden. Die Ähnlichkeit der Taten<br />

ließ auf einen Serientäter schließen; Panik breitete<br />

sich aus. Allein: Die dafür heftig kritisierte Polizei konnte<br />

den Täter nicht fassen. Dies gelang nur durch Zufall:<br />

Ein falsch adressierter Brief, in dem eine Überlebende<br />

den Überfall einer Freundin schilderte und den Tatort<br />

(die Zweitwohnung des Täters) beschrieb, wurde der<br />

Polizei übergeben, die Ermittlungen aufnahm und auch<br />

die Ehefrau des Täters befragte. Als sie ihrem Mann von<br />

der Befragung berichtete, gestand er ihr, der gesuchte<br />

„Vampir von Düsseldorf“ zu sein.<br />

Peter Kürten hatte seinen Opfern mit einem Hammer<br />

und einem Messer aufgelauert, sie mit einem Schlag<br />

gegen den Kopf betäubt und dann auf sie eingestochen.<br />

Dabei steigerte er sich in einen Blutrausch, denn<br />

nicht nur tötete und überfiel er in immer kürzeren Abständen;<br />

er stach auch immer heftiger und öfter auf<br />

seine Opfer ein. Das fließende Blut der Opfer erregte<br />

ihn: „Zum Beispiel hatte ich das Blut rauschen gehört,<br />

dann war das bestimmt mal sicher, der Samenerguß;<br />

das ist eine Tatsache, daran kommt man nicht vorbei“. 1<br />

Mindestens einmal hat er das Blut eines Opfers getrunken.<br />

2 Die Öffentlichkeit war entsetzt, die Presse bezeichnete<br />

Kürten als „Vampir von Düsseldorf“, als „Bestie<br />

in Menschengestalt“. Die psychiatrischen Gutachter<br />

aber waren sich einig: Kürten habe mit Vorsatz gehandelt<br />

und sei zum Zeitpunkt der Tat im Besitz seiner<br />

geistigen Kräfte, also zurechnungs- und damit straffähig<br />

gewesen. Als Motiv identifizierten sie sexuelle Befriedigung,<br />

als Ursache der Gewalt Sadismus. Entsprechend<br />

plädierte der Oberstaatsanwalt, auch angesichts<br />

der Grausamkeit und Anzahl der Taten: „Wenn jemals<br />

ein Lustmörder die Todesstrafe verdient hat, so ist es Peter<br />

Kürten“. 3 Kürtens Verteidiger versuchte noch, ihn<br />

für unzurechnungsfähig zu erklären, da die „Abnormi-<br />

Abb. 1: Kürten mit Hut und Spazierstock<br />

19

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