Universitätsblätter 2012 - Gießener Hochschulgesellschaft
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zwischen Ost und West in unserem Untersuchungsfeld<br />
manifestieren. Zu denken wäre etwa<br />
an Diskrepanzen in Ausmaß und Intensität<br />
dogmatischer Kontroversen. 2. In der Frage<br />
nach Kontinuität oder Wandel dürften nach<br />
momentaner Einschätzung bei einer Erforschung<br />
der Selbstinszenierung in der verbalen<br />
Kommunikation die Kontinuitäten stärker hervortreten<br />
als bei den meisten vorliegenden<br />
Studien: Der Wandel in der rechtlichen Stellung<br />
des Bischofs führt nicht zu einer grundlegenden<br />
Veränderung seines Status in der Gemeinde.<br />
Staatlicherseits verliehene Privilegien<br />
werden in den von uns betrachteten Kommunikationszusammenhängen<br />
kaum je als Argumente<br />
angeführt. Inwieweit Beziehungen zu<br />
Kaisern bzw. staatlichen Amtsträgern an der<br />
Stelle thematisiert werden können, wird zu erkunden<br />
sein. Die Tatsache, dass zunehmend<br />
Angehörige höherer sozialer Schichten ins Bischofsamt<br />
gelangen, dürfte keinen nennenswerten<br />
Niederschlag in der Selbstdarstellung<br />
finden, was auf den ersten Blick erstaunen<br />
könnte, sich aber aus der Überlieferungslage<br />
unschwer erklären lässt: Sowohl aus dem Prinzipat<br />
wie aus der Spätantike liegen uns vorrangig<br />
Selbstzeugnisse von Bischöfen vor, die zumindest<br />
dem Kurialen- bzw. Dekurionenstand<br />
zuzurechnen sind, eine klassische Bildung erfahren<br />
haben und somit ähnlich sozialisiert<br />
sind. Dieser Umstand hat zur Konsequenz,<br />
dass wir aus beiden Phasen nur einen Ausschnitt<br />
aus der Gesamtheit der Gruppe der Bischöfe<br />
greifen können, was aber kein Manko<br />
speziell des geplanten Projekts ist, sondern<br />
auch auf Studien anderen methodischen Zugriffs<br />
zutrifft. Insgesamt ist – soweit es sich<br />
zum jetzigen Zeitpunkt beurteilen lässt – von<br />
wesentlichen Kontinuitätsfaktoren auszugehen,<br />
die in unserem Kontext relevant sind: An<br />
vorderster Stelle ist das Moment anzuführen,<br />
dass der Bischof auf die Akzeptanz der betreffenden<br />
Gruppierungen angewiesen ist und diese<br />
sicherzustellen hat. Das geschieht mittels<br />
diverser Praktiken, nicht zuletzt durch<br />
Selbstinszenierung in der verbalen Kommunikation.<br />
Die Akzeptanzkriterien dürften dabei –<br />
ungeachtet der Zunahme der episkopalen<br />
Handlungsfelder – ein hohes Maß an Konstanz<br />
aufweisen. 3. Abschließend ist zu resümieren,<br />
welchen spezifischen Beitrag eine derart konzipierte<br />
Studie für die Erforschung des kaiserzeitlichen<br />
und spätantiken Episkopats zu leisten<br />
vermag und welche Konsequenzen hieraus<br />
für weitere Projekte zu ziehen sind.<br />
Anmerkungen:<br />
1<br />
Eines der jüngsten Beispiele ist die Dissertation von<br />
Claudia Tiersch, Johannes Chrysostomus von Konstantinopel<br />
(398–404). Weltsicht und Wirken eines Bischofs<br />
in der Hauptstadt des Oströmischen Reiches, Tübingen<br />
2002.<br />
2<br />
Anstelle vieler Beiträge der älteren Forschung sei genannt<br />
Maria Rosa Cimma, L’episcopalis audientia nelle<br />
costituzioni imperiali da Costantino à Giustiniano, Turin<br />
1989.<br />
3<br />
Siehe etwa Susanne Baumgart, Die Bischofsherrschaft<br />
im Gallien des 5. Jahrhunderts. Eine Untersuchung zu<br />
den Gründen und Anfängen weltlicher Herrschaft der<br />
Kirche, München 1995.<br />
4<br />
So beispielsweise Werner Eck, Das Eindringen des Christentums<br />
in den Senatorenstand, in: Chiron 1 (1971)<br />
381–406; ders., Der Einfluß der konstantinischen Wende<br />
auf die Auswahl der Bischöfe im 4. und 5. Jahrhundert,<br />
in: Chiron 8 (1978) 561–585.<br />
5<br />
Dieses Phänomen ist allen voran von Peter Brown eingehend<br />
erforscht worden; siehe besonders seinen Aufsatz<br />
The Rise and Function of the Holy Man in Late Antiquity,<br />
in: Journal of Roman Studies 61 (1971) 80–101<br />
(wiederabgedruckt in: ders., Society and the Holy in<br />
Late Antiquity, Berkeley-Los Angeles 1982), sowie The<br />
Rise and Function of the Holy Man in Late Antiquity,<br />
1971–1997, in: The Journal of Eastern Christian Studies<br />
6 (1998) 353–376.<br />
6<br />
Dies ist eine der Kernthesen der Monographie von<br />
Claudia Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity. The Nature<br />
of Christian Leadership in an Age of Transition,<br />
Berkeley-Los Angeles-London 2005.<br />
Bildnachweis:<br />
Abb. 1 und 2: Ökumenisches Heiligenlexikon (Internetprojekt)<br />
Abb. 3: C. Mango, Materials for the Study of the Mosaics<br />
of St. Sophia at Istanbul. Dumbarton Oaks Research Library,<br />
Washington 1962, Tafel 70.<br />
Kontakt:<br />
Prof. Dr. Karen Piepenbrink<br />
Justus-Liebig-Universität Gießen<br />
Historisches Institut<br />
Professur für Alte Geschichte<br />
Otto-Behaghel-Straße 10, Haus G<br />
D-35394 Gießen<br />
Telefon: 0049-641-99-28080<br />
Karen.Piepenbrink@geschichte.uni-giessen.de<br />
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