Ernst Topitsch: Naturrecht im Wandel des Jahrhunderts
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56 AUFKLÄRUNG UND KRITIK März 1994 Nr. 1<br />
Gerade in unserem Land haben viele<br />
ihre Schwierigkeiten mit diesem Gedanken.<br />
Der Menschenwürdegrundsatz wird<br />
jenseits aller Interpretationen, die ihn in<br />
eine liberale Tradition einbetten, zum<br />
unhinterfragbaren Dogma, mit <strong>des</strong>sen<br />
Hilfe in den unterschiedlichsten Bereichen<br />
Denk- und Diskussionsverbote<br />
gefordert werden. Die Grenzen deutscher<br />
Streitkultur und Liberalität haben Philosophen<br />
nicht nur in der sogenannten Singer-Affäre<br />
zu spüren bekommen.<br />
Eine liberale Demokratie kann sich<br />
erst dann entfalten, wenn der Mut zu<br />
Pluralität und Meinungsvielfalt besteht.<br />
Liberale Grundsätze müssen stets neu<br />
hinterfragt, in neuen gesellschaftlichen<br />
und ökologischen D<strong>im</strong>ensionen auf ihre<br />
Bedeutung hin überprüft werden, müssen<br />
durch Erziehung und lebende Streitkultur<br />
stets aufs neue entwickelt werden.<br />
Der Liberalismus ist keine Angabe,<br />
wohin die Geschichte geht. Er ist<br />
der Geist, der stets hinterfragt, ist der<br />
Geist, der in jeder neuen gesellschaftlichen<br />
Situation nach neuen, besseren<br />
Antworten sucht. Dabei entfalten<br />
sich stets - nicht allein, aber doch auch -<br />
neue utopische Konzepte.<br />
Copyright: Dr. Klaus Peter Rippe,<br />
Mainz<br />
Dieser Vortrag wurde <strong>im</strong> Rahmen<br />
einer Wochenendsveranstaltung der<br />
Thomas-Dehler-Stiftung gehalten. Das<br />
Seminar hatte zum Thema"Das Ende<br />
der Utopien - Das Ende der Geschichte?"<br />
und fand statt vom 22.-24. Januar<br />
1993.<br />
Anmerkungen<br />
1<br />
Immanuel Kant: Über das Gemeinspruch: Das<br />
mag in der Theorie richtig sein, taugt aber<br />
nicht für die Praxis. Zit.n.: I.Kant, Werkausgabe,<br />
hrsg. v. W.Weischedel, Frankfurt: Suhrkamp<br />
1978, XI 145. 2 John Stuart Mill, Über<br />
die Freiheit, übers. und hrsg. von Adolf<br />
Grabowsky, Darmstadt: Wissenschaftliche<br />
Buchgesellschaft 1973, 212.<br />
3<br />
Mill, wie Anm.2, 131.<br />
4<br />
Mill, wie Anm.2, 125.<br />
5<br />
Mill, wie Anm.2, 237.<br />
6<br />
Mill, wie Anm.2, 134.<br />
7<br />
Mill, wie Anm.2, 239.<br />
8<br />
Mill, wie Anm.2, 131.<br />
9<br />
Werner Maihofer, Liberale Gesellschaftspolitik,<br />
in: Karl-Hermann Flach, Werner<br />
Maihofer, Walter Scheel (Hrsg.): Die Freiburger<br />
Thesen der Liberalen, Reinbek: Rowohlt<br />
1972, 48.<br />
10<br />
W.Maihofer, wie Anm.9, 23. - 11 Karl R. Popper,<br />
Utopie und Gewalt, in: Arnhelm<br />
Neusüss(Hrsg.):: Utopie, Begriff und Phänomen<br />
<strong>des</strong> Utopischen, Neuwied und Berlin:<br />
Luchterhand 1968, 318f .<br />
12<br />
Bertrand Russell, Freiheit der Lehre, in: ders.,<br />
Warum ich kein Christ bin - über Religion,<br />
Moral und Humanität, Reinbek: Rowohlt 1968,<br />
170. - 13 Popper, wie Anm.11, 320.<br />
14<br />
Karl R. Popper, Das Elend <strong>des</strong> Historizismus,<br />
4. Aufl.,Tübingen: J.C.B.Mohr 1974, 54.<br />
15<br />
Mill, wie Anm.4, 209.<br />
16<br />
Mill, wie Anm.4, 205.<br />
17<br />
Mill, wie Anm.4, 222.<br />
18<br />
Mill, wie Anm.4, 264.<br />
19<br />
Mill, wie Anm.4, 2.