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Ernst Topitsch: Naturrecht im Wandel des Jahrhunderts

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Hubert Kiesewetter: Die offene Gesellschaft ohne ihre Feinde 93<br />

Die offene Gesellschaft<br />

ohne ihre Feinde<br />

Hubert Kiesewetter (Eichstätt)<br />

<strong>Ernst</strong> Nolte hat in einer langen Rezension<br />

( „Tod, wo ist dein Stachel?“<br />

FAZ, Nr. 198 vom 26. August 1992, S.<br />

26) die 7. und erweiterte Neuauflage von<br />

Karl Poppers zwischen 1938 und 1942<br />

in Christchurch (Neuseeland) geschriebenem,<br />

zweibändigem Werk „Die offene<br />

Gesellschaft und ihre Feinde“ zu würdigen<br />

versucht. Dieser „Würdigung“ liegen<br />

ausgesprochen historizistische Vorstellungen<br />

zugrunde, also Vorstellungen,<br />

die Popper während seines langen Lebens<br />

mit großem intellektuellem Engagement<br />

bekämpft hat. Nolte räumt zwar<br />

ein, daß Poppers sozialphilosophisches<br />

Hauptwerk von allen Büchern, die während<br />

<strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges ausdrücklich<br />

als „Kriegsbeitrag“ geschrieben wurden,<br />

„das bekannteste und einflußreichste<br />

geblieben“ ist. Doch können die eigentlichen<br />

Überlegungen Noltes - soweit<br />

sie sich überhaupt auf das rezensierte<br />

Werk beziehen - höchstens als eine philosophische<br />

Karikatur der Gedanken<br />

Poppers aufgefaßt werden. Die Methode<br />

von Nolte ist einfach, wenn auch<br />

der Text inhaltlich schwer verständlich<br />

ist. Nolte war Student bei Martin Heidegger<br />

in Freiburg; vielleicht erklärt dies<br />

teilweise den Umstand, daß er zum<br />

Schluß seiner Rezension Poppers sprachliche<br />

Prägnanz und Klarheit kritisiert. Er<br />

hält diesem vor, „nicht selten der S<strong>im</strong>plizität<br />

der Vulgäraufklärung nahe“ zu<br />

sein. Was <strong>im</strong>mer Nolte damit meint, es<br />

ist sicher nicht die „Tendenz nach einer<br />

todverneinenden Gesellschaft“ oder die<br />

„Selbstglorifizierung <strong>im</strong> Fortschrittsopt<strong>im</strong>ismus“<br />

oder die „nichthomogene<br />

Homogenität“. Diese Ausdrücke stehen<br />

in Noltes Rezension, und sie zeigen nach<br />

meiner Ansicht, daß er sich einer unklaren<br />

Sprache bedient. Wer aber nicht klar<br />

schreiben kann, der verstößt gegen ein<br />

wichtiges Anliegen der Aufklärung.<br />

Noltes Methode besteht darin, zu zeigen,<br />

daß nach dem Zusammenbruch der<br />

kommunistischen und sozialistischen Gesellschaftssysteme<br />

in den demokratischfreiheitlichen<br />

Gesellschaften <strong>des</strong> Westens<br />

eine Vielzahl von „dialektischen Umschlägen“<br />

möglich sind. Er nennt sie<br />

auch „unumgängliche Konsequenzen“<br />

oder „Entwicklungstendenzen“, von denen<br />

er ann<strong>im</strong>mt, daß sie mit „unabänderlicher<br />

Gesetzlichkeit“ eintreten werden.<br />

Anfang der 1940er Jahre, als Popper<br />

sein Werk, <strong>des</strong>sen „Zeitsituation mit<br />

Händen zu greifen“ sei, verfaßte, seien<br />

solche Umschläge oder Konsequenzen<br />

und Entwicklungstendenzen „infolge der<br />

Existenz der totalitären Feinde unvollzogen<br />

oder unsichtbar“ geblieben. Die<br />

Gefahr, der unser demokratisches System<br />

ins Auge sehen müsse, bestehe darin,<br />

daß es sich „gegenüber ihrem Gegenteil<br />

nicht mehr zu behaupten braucht“. Ist<br />

das Gegenteil von Demokratie Diktatur<br />

oder Faschismus oder Kommunismus?

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