Download - Gleiss Lutz
Download - Gleiss Lutz
Download - Gleiss Lutz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes bestimmt sich in den Fällen der Art. 81, 82 EG wie auch<br />
bei der Fusionskontrolle nach dem Bedarfsmarktkonzept 29 . Eine parallel verlaufende Marktabgrenzung erscheint<br />
daher sinnvoll und angemessen.<br />
b) Praxis des Bundeskartellamtes<br />
Das Bundeskartellamt äußerte sich in dem Leitbrief vom 18.12.1981 30 zu § 102 GWB a. F., Ziff. 2, folgendermaßen:<br />
„Dieser (=der relevante Markt) ergibt sich im Versicherungswesen aus den angebotenen Versicherungsprodukten.<br />
Einen Anhaltspunkt für den relevanten Markt bietet das Bestehen von Musterversicherungsbedingungen<br />
für bestimmte Risiken. Ein noch engerer Marktbegriff wird anzulegen sein, wenn Spezialrisiken innerhalb<br />
einer Versicherungsagentur von wenigen Versicherern gezeichnet werden. (...) Sowohl zur Frage<br />
der Spürbarkeit als auch zur Bestimmung des relevanten Marktes bietet sich im Zweifelsfall die Erörterung<br />
mit der Aufsichts- oder Kartellbehörde an.“<br />
Im Leitbrief von 1984 31 weist das Bundeskartellamt erneut darauf hin, dass Zweifelsfragen mit den Aufsichts-<br />
oder Kartellbehörden erörtert werden sollten. Diese Kriterien für die Marktabgrenzung gelten auch<br />
nach der 6. GWB-Novelle und der damit verbundenen Abschaffung des § 102 GWB fort. Der Hinweis darauf,<br />
dass Zweifelsfragen erörtert werden sollten, zeigt, dass das Bundeskartellamt Argumentationsspielraum<br />
sieht, der genutzt werden muss 32 . Die wenigen Entscheidungen des BKartA und des BGH sind zu knapp, um<br />
verallgemeinerungsfähige Aussagen zuzulassen 33 .<br />
29<br />
30<br />
31<br />
32<br />
33<br />
Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl., S. 465; Immenga/Mestmäcker/Emmerich, EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85, Abs.<br />
1, Rn. 216 f. verweist auf die entsprechende Kommentierung zur FKVO und zu Art. 86 EGV.<br />
Abgedruckt in Hootz, Gemeinschaftskommentar, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und Europäisches Kartellrecht, Gemeinschaftskommentar,<br />
4. Aufl., 15. Lieferung 1992, Anhang zu § 102 GWB, Rn. 14.<br />
Abgedruckt in Hootz, Gemeinschaftskommentar, s. vorhergehende FN, Anhang zu § 102 GWB, Rn. 14.<br />
Zu einigen Argumenten, die aus unserer Sicht bei schwierigen Sachverhalten vorgebracht werden könnten, siehe unter d).<br />
Einige Beispiele: Im Rahmen der Umstrukturierung des Gerling-Konzerns im Jahr 1995 hatte das BKartA die Stellung von Gerling in bestimmten<br />
Versicherungszweigen der Schaden- und Unfallversicherung (Einheits-, Delkredere-, Kautions-, Vertrauensschadens- und Technische<br />
Versicherung) geprüft, TB 1975, S. 44. Da eine Orientierung an Versicherungszweigen heute weitgehend als zu grob und damit untauglich<br />
angesehen wird, ist die Aussage der Entscheidung beschränkt. Der Lebensversicherungsmarkt wird einhellig als ein Produktmarkt<br />
angesehen, TB 1991/92, S. 139. Im Kfz-Versicherungsmarkt hat der BGH, Entscheidung „Carpartner“, WuW/E DE-R 161, mangels Entscheidungsrelevanz<br />
offengelassen, ob er zwischen einem Markt der „Vermietung von Unfallfahrzeugen“ und einem solchen für die Vermietung<br />
von Kfz an Selbstfahrer unterscheiden will, oder, ob er ersteren als Bestandteil des Teilmarktes Vermietung von Kfz an Selbstfahrer<br />
sehen will.<br />
6