als PDF - Deutscher Fluglärmdienst eV
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der flugleiter 2012/02<br />
Recht<br />
worten, wenn sämtliche Tarifverträge mit einem Arbeitgeber<br />
gekündigt wurden und die Kündigungsfrist abgelaufen ist:<br />
Dann kann man jedes inhaltliche Thema neu verhandeln. Im<br />
vorliegenden Fall war die Situation jedoch etwas anders:<br />
Einzelne Regelungen aus dem bereits mit der Fraport AG bestehenden<br />
Tarifvertrag waren noch nicht kündbar. Dies betrifft<br />
insbesondere Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung.<br />
Im Hinblick auf diese Regelungen besteht mithin<br />
Friedenspflicht, d. h. Forderungen zu diesen Punkten können<br />
nicht bestreikt werden.<br />
War es nicht absehbar, dass einzelne der Forderungen der<br />
GdF in der aktuellen Tarifauseinandersetzung mit der Fraport<br />
AG gegen fortgeltende Tarifverträge verstoßen könnten?<br />
Wie bereits oben dargestellt, ist die Frage, wie weit die Friedenspflicht<br />
aus einer fortlaufenden Regelung geht, eine<br />
Frage der Auslegung dieser Regelung. Auslegung ist nichts<br />
anderes <strong>als</strong> Interpretation. Und wo immer Interpretation<br />
statt findet, ist es nicht auszuschließen, dass mehrere Interpreten<br />
zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Nachdem<br />
die Fraport AG einen etwaigen Verstoß gegen die Friedenspflicht<br />
weder während der Verhandlungen noch in der<br />
Schlichtung problematisiert hat, ist davon auszugehen, dass<br />
sie die Tarifverträge grundsätzlich eben so interpretiert hat<br />
wie die GdF, nämlich dass ein Verstoß gegen die Friedenspflicht<br />
gerade nicht vorliege.<br />
Worin soll der Verstoß gegen die Friedenspflicht genau bestehen?<br />
Aus Sicht des Gerichts solle eine bestehende tarifliche Kurregelung<br />
während der Dauer ihrer tariflichen Laufzeit einer<br />
Regelung zum Wechsel aus dem Wechselschichtdienst in<br />
den Schichtdienst für ältere Mitarbeiter entgegenstehen.<br />
Beide Regelungen hätten die Reduzierung von Belastungen<br />
zum Ziel und dienten damit dem Gesundheitsschutz. Des<br />
Weiteren soll eine differenzierte Besitzstandsregelung für<br />
den Fall der teilweisen Berufsunfähigkeit einer Regelung<br />
entgegen stehen, die die vergütungsmäßigen Folgen eines<br />
Arbeitsunfalls regelt. Es bedarf aus unserer Sicht schon einer<br />
erheblichen Fantasie, um hier zu dem Ergebnis zu kommen,<br />
dass diese Regelungen sich inhaltlich in einem Maße<br />
überschneiden, dass den angestrebten tariflichen Regelungen<br />
die Friedenspflicht aus den bereits vorhandenen Regelungen<br />
entgegenstehe.<br />
Dennoch: Gibt es keine Möglichkeiten, das Risiko zu minimieren,<br />
dass das Gericht zu einer anderen Auslegung kommt<br />
<strong>als</strong> die Tarifpartner?<br />
Gerichte schreiben keine Gutachten, d. h. eine vorhergehende<br />
Überprüfung durch die Gerichte vor dem Arbeitskampf ist<br />
nicht möglich. Erschwert wird die Angelegenheit auch dadurch,<br />
dass von der Gewerkschaft regelmäßig verlangt wird,<br />
dass sie ihre Tarifforderung so präzise gegenüber dem Arbeitgeber<br />
benennt, dass dieser theoretisch nur noch „ja“<br />
antworten müsste, um den Abschluss eines wirksamen Tarifvertrages<br />
herbeizuführen. Er muss <strong>als</strong>o so genau wie möglich<br />
wissen, was die Gewerkschaft von ihm will. Dies bedeutet,<br />
dass die Gewerkschaft ihren Forderungskatalog so<br />
genau wie möglich vorstellen muss. Im Fall der Fraport AG<br />
reden wir von insgesamt über 50 Paragraphen. Da dürfte es<br />
zu keiner Zeit auszuschließen sein, dass ein an den Verhandlungen<br />
unbeteiligter Dritter alleine anhand des Wortlauts<br />
der Regelungen zu einer Interpretation gelangt, mit der zuvor<br />
niemand der beteiligten Tarifpartner gerechnet hatte.<br />
Es hätte doch grundsätzlich die Möglichkeit bestanden, gegen<br />
die Urteile Berufung einzulegen und damit das Blatt für<br />
die GdF noch zu wenden, oder?<br />
Es ist richtig, dass auch im Eilverfahren die Möglichkeit besteht,<br />
gegen eine Entscheidung Rechtsmittel einzulegen.<br />
Das ändert jedoch zunächst nichts daran, dass dem erstinstanzlichen<br />
Urteil Folge geleistet werden muss, d. h. dass der<br />
Arbeitskampf in diesem Fall zunächst abgebrochen werden<br />
musste. Sowohl das Arbeitsgericht Frankfurt am Main <strong>als</strong><br />
auch das Hessische Landesarbeitsgericht sind dafür bekannt,<br />
in derartig eiligen Fällen durch eine hohe Beschleunigung<br />
des Verfahrens den Rechtsschutz beider Parteien so<br />
gut wie möglich zu gewährleisten, dennoch sind auch in derartigen<br />
Eilfällen die notwendigsten Formalitäten einzuhalten,<br />
d. h. es wird eine Urteilsbegründung benötigt, ebenso<br />
Berufung und Berufungsbegründung und auch die Gegenseite<br />
muss die Möglichkeit haben, hierauf noch einmal zu<br />
erwidern. Einmal abgesehen davon, dass nach dem ersten<br />
Termin eine Berufung erst nach 22 Uhr hätte eingelegt werden<br />
können, wäre es äußerst schwierig gewesen, noch eine<br />
rechtzeitige Berufungsverhandlung herbeizuführen, wobei<br />
eben auch zu berücksichtigen ist, dass die Gegenseite ebenfalls<br />
erheblichen Einfluss darauf hat, ob und wenn ja, in welcher<br />
Frist die Berufungsverhandlung überhaupt noch stattfinden<br />
kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die zur<br />
Entscheidung vorgelegten Arbeitskampfmaßnahmen jeweils<br />
zeitlich befristet waren. Sobald das Ende der Frist erreicht<br />
war, ist in beiden Angelegenheiten Erledigung eingetreten,<br />
d. h. eine Entscheidung in der Sache war nach diesem Zeitpunkt<br />
nicht mehr möglich. Das Gericht hätte lediglich noch<br />
darüber entschieden, ob oder ob nicht Erledigung eingetreten<br />
ist. Wie gesagt: Die Gerichte erstellen keine Gutachten.<br />
Aber die GdF hat doch Berufung eingelegt, oder?<br />
Ja, in dem Verfahren betreffend die Rechtmäßigkeit des Unterstützungsarbeitskampfes<br />
hat die GdF dennoch Berufung<br />
eingelegt. Der Grund dafür ist, dass das Gericht – obwohl<br />
inzwischen Erledigung eingetreten ist, da der Zeitpunkt für<br />
den Unterstützungsarbeitskampf inzwischen abgelaufen ist<br />
– dann noch darüber entscheiden muss, welche Partei die<br />
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