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GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz

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SCHULISCHE ERFAHRUNGEN BEKANNTER RHEINLAND-PFÄLZER<br />

VOM GYMNASIALLEHRER ZUM MEDIZINPROFESSOR<br />

Im Gespräch: Prof. Dr. Günter Dhom<br />

Wie es sich für seine Generation gehörte, studierte Günter Dhom zunächst<br />

Fächer wie u. a. Soziologie und Rechtswissenschaft, mit deren Hilfe zeittypisch<br />

die Welt positiv verändert werden sollte. Nach dem 1. Staatsexamen<br />

für das Lehramt in den Fächern Anglistik und Politikwissenschaft die<br />

überraschende Wende: Statt ins Referendariat ging es in einen ganz anderen<br />

Berufszweig, die Zahnmedizin, später dann spezialisiert auf Oralchirurgie.<br />

Zwischenzeitlich ist der Mittfünfziger eine weit über die deutschen<br />

Landesgrenzen hinaus anerkannte und viel gefragte Koryphäe der Zahn-<br />

Implantologie mit über 50 MitarbeiterInnen in seiner Praxis. Doch dem<br />

nicht genug: Als langjähriger Fortbildungsreferent und heutiger Präsident<br />

der größten europäischen wissenschaftlichen Fachgesellschaft im Bereich<br />

der Implantologie hat Günter Dhom den Studiengang „Master of Science<br />

in Oral Im-plantology“ an der Steinbeis Hochschule in Berlin entwickelt,<br />

den er heute leitet. Viele Gründe also für die <strong>GEW</strong>-Zeitung, den ältesten<br />

Sohn einer Einzelhändlerfamilie aus Ludwigshafen-Friesenheim nach seinen<br />

schulischen Erfahrungen zu befragen und dabei die spannende Frage<br />

aufzuwerfen, inwiefern ihm die Schlüsselqualifikationen seines Erststudiums<br />

bei seiner imponierenden Karriere hilfreich waren. Redakteur Günter<br />

Helfrich traf seinen Jugendfreund Prof. Dr. Günter Dhom in dessen Praxis<br />

in Ludwigshafen - Mitte.<br />

Günter, lange, lange ist es her, und dennoch haben uns die<br />

Bildungserfahrungen der frühen Jahre irgendwie geprägt.<br />

Woran erinnerst Du Dich?<br />

Der Kindergarten war sehr positiv. Das waren katholische<br />

Ordensschwestern, die ihren Job nicht nur verwaltet,<br />

sondern sich mit Hingabe uns Kindern gewidmet haben,<br />

was damals vielleicht noch weniger normal war, als es<br />

heute ist.<br />

Die Grundschule war eher schrecklich, was wohl an den<br />

Lehrerinnen lag. Das waren zwei autoritäre ältere „Frolleins“,<br />

die die Kinder geschlagen und eine Liste geführt<br />

haben, wer in der Kirche war, wer beichten war und wer<br />

eben nicht. Das fand ich damals schon als Kind nicht gut,<br />

und heute finde es noch weniger gut.<br />

Danach hatten wir ja das Glück, Kinder der „Bildungskatastrophe“<br />

zu sein. Obwohl wir nicht aus privilegierten<br />

Schichten stammten, konnten wir problemlos aufs Gymnasium<br />

wechseln.<br />

Ans Gymnasium habe ich positive und weniger positive<br />

Erinnerungen. Es mag banal klingen: Es hing nicht<br />

primär von den Fächern bzw. von den Lernbedingungen<br />

und den Methoden, sondern fast ausschließend von<br />

den Lehrerpersönlichkeiten ab. Bei Lehrkräften, die mir<br />

sympathisch waren, habe ich mich angestrengt, bei den<br />

anderen nicht.<br />

Ich weiß, an wen Du bei den schlechten Erfahrungen denkst.<br />

Erinnern wir uns an die guten. Wer hat dich da geprägt?<br />

Stark geprägt hat mich - wie sicher auch Dich - unser<br />

Religionslehrer Schmiech, von dem mir ein Satz besonders<br />

haften geblieben ist: „Wenn Ihr mal gute Katholiken<br />

würdet, wäre das schön, wichtiger ist mir, dass Ihr mal<br />

gute Menschen werdet.“<br />

Wunderbar, ein geradezu revolutionärer Satz in dieser Zeit<br />

aus dem Munde eines katholischen Priesters.<br />

Das hat mir in der Tat sehr imponiert und in mir eine<br />

Art von Liberalität erzeugt. Als ausgezeichnete Lehrerpersönlichkeit<br />

bei mir haften geblieben ist auch mein<br />

ehemaliger Klassenleiter Dr. Schattner, der es verstanden<br />

hat, mich für Sozialkunde, Literatur und Geschichte zu<br />

begeistern und uns darüber hinaus zu Verantwortungsgefühl<br />

erzogen hat.<br />

Machen wir jetzt mal einen größeren Zeitsprung. Nach<br />

Deinem Studienabschluss hätte eigentlich das Referendariat<br />

an einem gymnasialen Seminar angestanden. Warum hast<br />

Du Dich damals dagegen und für das Zweitstudium der<br />

Zahnmedizin entschieden?<br />

Im Studium habe ich Nachhilfeunterricht in Englisch<br />

gegeben und gesehen, dass die Kinder immer noch die<br />

gleichen Schulbücher mit den selben Lektionen hatten wie<br />

wir zehn Jahre zuvor. Das war dann irgendwie ein Schock<br />

für mich. Ich dachte mir, dann machst du als Lehrer im<br />

Prinzip ja ewig dasselbe.<br />

Nicht nur da.<br />

In der Tat. Das war der Denkfehler. Auch in anderen<br />

Berufen ist das so. In Bezug auf den Lehrerberuf sehe ich<br />

das heute übrigens auch anders: Die Herausforderung ist<br />

ja nicht primär das Fachliche, sondern die pädagogische<br />

Arbeit mit den Kindern. Das ist sicher eine anspruchsvolle<br />

und abwechslungsreiche Tätigkeit.<br />

Du warst nach dem Studium zunächst noch in der Sozialforschung<br />

tätig und bist dann auf die Zahnmedizin<br />

gekommen. Wie das?<br />

Das lag unter anderem an einem Freund, der gerade<br />

sein diesbezügliches Examen absolvierte. Etwas mit den<br />

Händen machen und das Ergebnis meiner Arbeit sehen<br />

zu können, hat mich als eher ungeduldigen Menschen<br />

sehr beeindruckt.<br />

Das war sicher keine einfache Zeit, ein völlig anders geartetes,<br />

extrem verschultes Studium mit weitaus jüngeren<br />

Kommilitoninnen und Kommilitonen durchzustehen. Du<br />

hast es geschafft. Und nicht nur das: Du hast dann eine<br />

Karriere hingelegt, die Dich weit vom „Durchschnittszahnarzt“<br />

abhebt. Meine These wäre: Dies ist Dir gelungen nicht<br />

trotz deiner vorherigen Studienbiografie, sondern gerade<br />

wegen ihr.<br />

So ist es. Ich war ganz schnell Semester-, dann Fachschaftssprecher<br />

und bis zum Ende meines Studiums immer<br />

Studentensprecher. Die sozialen Kompetenzen meines<br />

vorherigen Studiums haben mir da sehr geholfen. Als<br />

Student der Sozialwissenschaft habe ich mich manchmal<br />

20<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007

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