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GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz

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Berichte vom<br />

Grundschultag (S. 6-14)<br />

12/07<br />

-Zeitung<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

NEUES SCHULSTRUKTURKONZEPT ENTTÄUSCHT (S. 3-5)<br />

… IM JANUAR 2008 ERHALTEN SIE ALS BEILAGE ZUR E&W DAS FORTBILDUNGPROGRAMM<br />

DER <strong>GEW</strong>-RHEINLAND PFALZ FÜR DAS 1. HALBJAHR 2008 …


KOLUMNE / INHALT<br />

IMPULSE<br />

VON AUSSEN<br />

Die Redaktionen der 16 <strong>GEW</strong>-Landeszeitungen<br />

stehen in mehr oder minder reger<br />

Kommunikation miteinander und erhalten<br />

regelmäßig die verschiedenen Ausgaben der<br />

anderen Bundesländer, sofern die jeweilige<br />

Adressenverwaltung das auf die Reihe<br />

kriegt. Irgendwo sind wir immer noch die<br />

„Westdeutsche Schulzeitung“ und die Redaktionsadresse<br />

ist auch nach fast 12 Jahren immer noch bei Ursel Karch<br />

in Friesenheim. Exoten sind übrigens die Sachsen und die Saarländer, von<br />

denen man gar nichts sieht oder hört.<br />

Die anderen <strong>GEW</strong>-Zeitungen sind für uns keine Konkurrenz - ebenso wenig<br />

unsere Bundeszeitung E&W -, sondern wertvolle Partner, von denen wir<br />

regelmäßig Anregungen bekommen, die zum Austausch lesenswerter Beiträge<br />

führen. Interessant ist auch der Vergleich der journalistischen Qualität der<br />

Magazine, die mit der Größe des Landesverbandes nicht unbedingt steigt.<br />

Im Gegenteil: In mitgliederstarken Regionen gibt es logischerweise zahlreiche<br />

aktive FunktionärInnen, die ihre Gedanken unbedingt veröffentlicht sehen<br />

wollen, was die Masse der LeserInnen nicht wirklich brennend interessiert,<br />

während z.B. wir <strong>Rheinland</strong>-Pfälzer oft auch Platz haben für journalistisch<br />

hochwertige Artikel von außen und eine ansprechende grafische Seitengestaltung.<br />

Seitenlange Bleiwüsten sind in der <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> jedenfalls nicht zu finden, dafür aber immer wieder Denkanstöße<br />

provozierende Cartoons unseres Lieblingskarikaturisten Peter Baldus, den<br />

wir quasi aus Niedersachsen adoptiert haben. Als Weihnachtsgeschenk<br />

für alle, die irgendwie etwas mit Bildung zu tun haben - und das sind ja<br />

fast alle -, sei sein aktueller Band „Sind wir noch zu retten?“ nochmals<br />

empfohlen (siehe S. 29).<br />

Fester Bestandteil unseres Zeitungskonzeptes, das nicht nur auf Information<br />

und Meinungsbildung setzt, sondern ebenfalls Hintergründe sowie<br />

anspruchsvolle Unterhaltung bieten möchte, sind Glossen und Satiren.<br />

Auch hier haben wir von unseren Schwesterzeitungen profitiert: Auf unsere<br />

Satirikerin Gabriele Frydrych sind wir durch die hessischen Kollegen<br />

gekommen, die eine immer wieder lesenswerte Zeitschrift produzieren.<br />

Spannend ist auch stets zu lesen, was sich in anderen Ländern bildungspolitisch<br />

so tut bzw. wie die Protagonisten in den Ministerien dort agieren.<br />

Auch wenn uns Bildungsministerin Doris Ahnen nicht immer glücklich<br />

macht wie gerade aktuell wieder mit ihrer halbherzigen Schulstrukturreform:<br />

Verglichen mit dem, was CDU-Bildungsministerien zu treiben<br />

pflegen, dürfen wir uns nicht beklagen. Gerne verfolgen wir natürlich das<br />

Wirken unseres ehemaligen „Superministers“ Jürgen Zöllner, immerhin<br />

Mentor sämtlicher bildungspolitischer Entscheidungsträger in RLP, in der<br />

Bundeshauptstadt Berlin. Anfänglich von der dortigen <strong>GEW</strong> geradezu<br />

euphorisch begrüßt, bröckelt der Lack zunehmend ab, was sich von Ausgabe<br />

zu Ausgabe der Berliner Lehrerzeitung verfolgen lässt. Immerhin:<br />

Überzeugende Anregungen aus der Basis scheinen bei Zöllner Anklang zu<br />

finden, wie die erstaunliche Tatsache zeigt, dass er die Vergleichsarbeiten<br />

in der Grundschule abgeschafft hat, weil Aufwand und Ertrag in keinerlei<br />

Relation stehen. Warum dem großen Vorbild nicht nacheifern?<br />

Womit Zöllner die BerlinerInnen nervt und unisono andere BildungsministerInnen<br />

ihre Lehrkräfte ebenso nerven, ist die gebetsmühlenhaft vorgetragene<br />

Forderung nach mehr individueller Förderung, sobald die Rede<br />

auf die Schulstrukturfrage kommt. So kann man einen guten Ansatz ins<br />

Gegensteil verkehren. Wenn die Strukturen Ungerechtigkeit produzieren,<br />

lässt sich das mit individueller Förderung nur kosmetisch korrigieren, ebenso<br />

wie umgekehrt integrative Strukturen auch nicht automatisch für mehr<br />

Gerechtigkeit sorgen und nur in Verbindung mit einem Lernkulturwandel<br />

die gewünschte Wirkung zeigen. Allein mit dem Postulat von mehr individueller<br />

Förderung haben die Lehrkräfte wie schon in der gesamten „Nach<br />

- Pisa - Phase“ wieder den Schwarzen Peter, weil von ihnen etwas gefordert<br />

wird, was sowohl angesichts der herrschenden Strukturen sowie insbesondere<br />

der unzureichenden Rahmenbedingungen nicht leistbar ist.<br />

Wer die letzte Ausgabe unserer Zeitschrift angeschaut hat, könnte fast den<br />

Eindruck gewinnen, wir hätten genug von all den bildungspolitischen<br />

Troubles und würden uns lieber in eine Art akademischen „Kicker“ verwandeln,<br />

so viel Fußball kam nämlich vor. Keine Sorge, das war reiner<br />

Zufall. Diesmal haben wir uns entschieden, gleich zwei Folgen unserer<br />

Serie „Schulische Erfahrungen bekannter <strong>Rheinland</strong>-Pfälzer“ zu bringen,<br />

da nach längerer Flaute plötzlich Interviewtermin um Interviewtermin<br />

kam und wir die entsprechenden Veröffentlichungen nicht ins kommende<br />

Frühjahr verschieben wollen.<br />

Um gleich ein weiteres mögliches Missverständnis auszuräumen: Die<br />

Tatsache, dass wir bisher nur männliche Wesen in der Reihe vorgestellt<br />

haben, ist ebenfalls reiner Zufall bzw. liegt daran, dass wir von den gewünschten<br />

Gesprächspartnerinnen wie der Popsängerin Julia Neigel noch<br />

keine Rückmeldung erhielten. Wir arbeiten aber konsequent daran, diese<br />

absolut <strong>GEW</strong>-untypische Situation zu ändern.<br />

Eher untypisch ist auch, dass <strong>GEW</strong>-Zeitungsredakteure mit Ruhm und Ehre<br />

überhäuft werden. Früher hat man sich mit diesem karrierekillenden Job<br />

eher unbeliebt gemacht. Aber da scheint sich langsam etwas zu ändern: Nach<br />

Ursel Karch bekam nun auch unser Redaktionsmitglied Dr. Paul Schwarz<br />

auf Vorschlag von Doris Ahnen bzw. Kurt Beck von Bundespräsident Horst<br />

Köhler das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Wir gratulieren<br />

unserem geschätzten Kollegen und weit über die Landesgrenzen hinaus<br />

bekannten Autor und Regisseur zahlreicher bildungspolitischer Lehrfilme<br />

ganz herzlich zu der verdienten Auszeichnung und versichern gleichzeitig<br />

feierlich - Wolf Biermann sinngemäß zitierend -: „Wird das Haar auch<br />

licht und lichter, wir werden keine Kaiser-Geburtstags-Dichter.“<br />

So, das war schon wieder die letzte <strong>GEW</strong>-Zeitung in diesem Jahr; die<br />

nächste erscheint im Februar. Die Redaktion wünscht allen LeserInnen<br />

besinnliche, stressfreie Weihnachtstage sowie ein glückliches, erfolgreiches<br />

und insbesondere gesundes Jahr 2008.<br />

Günter Helfrich<br />

AUS DEM INHALT <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Nr. 12 / 2007:<br />

Bildungspolitik Seiten 3 - 6<br />

Schulen Seiten 7 - 14<br />

Fachkongress: Ankündigung Seite 15<br />

Tarifpolitik Seiten 16 - 17<br />

Hochschulen Seiten 18 - 19<br />

Schulische Erfahrungen … Seiten 20 - 21<br />

Wirtschaft / Gesellschaft / Rechtsschutz Seiten 22 - 23<br />

Alter + Ruhestand Seiten 24 - 26<br />

Tipps & Termine / Kreis + Region Seiten 27 - 31<br />

Beamtengeist Seite 32<br />

DER NEUE ERSCHEINUNGSRYTHMUS DER<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> RHEINLAND-PFALZ<br />

Februar Ausgabe 1 - 2 Juli Ausgabe 7 - 8<br />

März Ausgabe 3 September Ausgabe 9<br />

April Ausgabe 4 Oktober Ausgabe 10 - 11<br />

Mai Ausgabe 5 - 6 Dezember Ausgabe 12<br />

Redaktionsschluss ist immer der 1. des Vormonats des Erscheinungsmonats, z.B.<br />

für die Ausgabe 3 / 08 also der 1.2.2008.<br />

2<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


BILDUNGSPOLITIK<br />

DER VERSUCH DER QUADRATUR DES KREISES: RHEINLAND-PFALZ SCHAFFT<br />

DIE HAUPTSCHULE AB, ERHÄLT ABER DEN HAUPTSCHULBILDUNGSGANG<br />

In der OECD gibt es nur noch 17 Länder, in denen die<br />

Kinder im Alter von 10 Jahren auf verschiedene Schularten<br />

verteilt werde, 16 davon sind in Deutschland. Wie wir seit<br />

letztem Monat wissen, wird das SPD-regierte <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> kein Vorreiter der Modernisierung. Statt uns europäischem<br />

Niveau anzupassen, drehen wir uns weiter im Kreis<br />

innerhalb der deutschen Bildungslandschaft. Kinder sind<br />

dabei „Versuchskaninchen“ - die Grundschullehrkräfte versuchen<br />

bei den Dritt- und Viertklässlern eine Vorhersage über<br />

den möglichen Schulerfolg in den verschiedenen Schularten<br />

abzugeben, die Eltern versuchen z.T. gegen diese Empfehlung<br />

etwas anderes mit ihren Kindern und riskieren damit den bei<br />

einem Misserfolg notwendigen Schulwechsel in einer Phase,<br />

in der die Jugendlichen mit der Pubertät kämpfen, statt sich<br />

auf Schulleistungen konzentrieren zu können.<br />

Die mit Spannung erwartete Entscheidung der Landesregierung<br />

über die neue Schulstruktur in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

hat an dieser Situation nichts Grundlegendes verändert.<br />

Dementsprechend zeigen die Reaktionen weder eine Welle<br />

der Begeisterung noch einen Sturm der Entrüstung. Generelle<br />

Befürworter der Hauptschule sind ohnehin nur<br />

noch unter denjenigen zu<br />

finden, die diesen Schultyp<br />

brauchen, um sich „nach<br />

unten“ abzugrenzen, jedoch<br />

weder dort arbeiten<br />

noch ihre Kinder dort<br />

hinschicken wollen. Der<br />

bildungspolitische Sprecher<br />

der CDU-Landtagsfraktion<br />

sieht im Modell sogar<br />

„zentrale Forderungen<br />

der CDU erfüllt“. Die<br />

RealschulvertreterInnen<br />

bekommen als Bonbon für<br />

die Tatsache, dass aus der<br />

Dreigliedrigkeit eine Art<br />

Zweigliedrigkeit wird, die<br />

Aussicht auf ein „Plus“,<br />

also eine Oberstufe am gleichen Schulort, und behalten die<br />

Möglichkeit, ab der 7. Klasse die RealschülerInnen doch<br />

von den HauptschülerInnen zu trennen, letztere gibt es per<br />

Begriff in den Klassen 5 und 6 allerdings gar nicht mehr. Die<br />

„Gymnasialen“ behalten ihre Schulart und entscheiden bei<br />

gleichbleibenden rechtlichen Vorgaben und Ressourcen selbst,<br />

wie sie mit dem wachsenden Zustrom von Schülerinnen und<br />

Schülern umgehen, deren Eltern für sie den prestigeträchtigsten<br />

Bildungsgang wählen. Von Fördermöglichkeiten zur<br />

Vermeidung von Sitzenbleiben oder entsprechenden Veränderungen<br />

im Schulgesetz spricht die Ministerin nicht. Die neue<br />

„starke Durchlässigkeit nach oben“ stellt sie - abgesehen von<br />

der frühkindlichen Bildung - ganz in den Zusammenhang<br />

der Kooperativen Realschule, von der sich das Ministerium<br />

die Erhöhung der AbsolventInnen mit Fachhochschulreife in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> erwartet.<br />

Auch gegen die Integrierten Gesamtschulen hat die Landesregierung<br />

keine Einwände, die Ministerin bescheinigt ihnen<br />

eine gute Arbeit. Wenn sich die Gremien vor Ort für dieses<br />

Modell entscheiden, müssen sie, das ist neu und positiv, nicht<br />

mehr die Bestandsgarantie für andere Systeme wahren.<br />

Letztlich stehe die „Qualität des Angebots im Mittelpunkt“,<br />

so die Landesregierung, und vermeidet dabei grundlegende<br />

Entscheidungen. Markenzeichen für das Bildungssystem in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ist nach wie vor seine Zergliederung, die<br />

innerhalb und außerhalb des Landes kaum noch erklärbar<br />

ist.<br />

Außen vor bleiben in den neuen Schaubildern und offenbar<br />

in den Gedanken der Verantwortlichen die Auswirkungen<br />

der „Realschule Plus“ auf die Förderschulen, deren Schüleranteil<br />

hoffentlich nicht steigt. Dem berufsbildenden Bereich<br />

wird ein System nebengeordnet, das hoffentlich nicht dazu<br />

führt, dass das Lernen im Medium des Berufs mit eigenem<br />

Stellenwert diesen verliert. (Siehe dazu den nachfolgenden<br />

Artikel von Annelie track.)<br />

Alles in allem: Schulwahl bleibt auf die 10jährigen bezogen<br />

und bleibt damit eine soziale Auslese, die vom Elternhaus<br />

getroffen wird, oder, wie es<br />

Vernor Muñoz ausdrückt:<br />

„Die frühe Auslese hat negative<br />

Konsequenzen für alle, die<br />

sowieso Probleme haben.“ Der<br />

Bildungsforscher Matthias<br />

von Saldern stellt fest, dass<br />

es keine zuverlässige Übergangsdiagnostik<br />

gebe und die<br />

Einrichtung einer zweiten<br />

Säule neben dem Gymnasium<br />

wenig an der Überlappung<br />

der Leistungsverteilungen<br />

zwischen den Schularten<br />

ändern werde. Schon 2001<br />

steht im PISA-Bericht: „Die<br />

Überlappung der Leistungsverteilungen<br />

weisen darauf<br />

hin, wie wichtig es ist, Schullaufbahnen im Hinblick auf<br />

Abschlüsse offen zu halten“.<br />

Aus diesen Erkenntnissen zukunftsweisende Schlüsse zu<br />

ziehen, ist in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> nicht gelungen. Es wird versäumt,<br />

die Weichen für ein längeres gemeinsames Lernen zu<br />

stellen, das begleitet wird von einer inneren Schulreform, die<br />

eine individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler<br />

ermöglicht. So bleibt es bei Veränderungen mit dem Versuch,<br />

allen wohl und keinem weh zu tun. Vor Ort stehen lange und<br />

schwierige Modell- und Finanzierungsdiskussionen an.<br />

Für viele Lehrerinnen und Lehrer stellen sich nun Fragen,<br />

die ihren Arbeitsplatz im Kern betreffen.<br />

Deren Beantwortung lässt sich nicht auf die lange Bank<br />

schieben.<br />

Sybilla Hoffmann<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

3


BILDUNGSPOLITIK<br />

„REALSCHULE PLUS“ = „BBS MINUS“<br />

Mit einer Mischung aus Entsetzen, Wut und Resignation wurde<br />

der von Bildungsministerin Ahnen nach monatelanger Vorbereitungsarbeit<br />

auf höchster Geheimhaltungsstufe vorgelegte<br />

Entwurf zu strukturellen Veränderungen der allgemein bildenden<br />

Schulen an den berufsbildenden Schulen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

aufgenommen. Aus der Sicht der beruflichen Bildung lautet die<br />

zwischen den Zeilen zu lesende Botschaft: Es gibt zwei Klassen<br />

von Menschen - die „theoretisch Begabten“ und die „praktisch<br />

Begabten“ - und die „intellektuell Minderbegabten“ und leistungsschwachen<br />

Jugendlichen gehen in die berufliche Bildung.<br />

Die berufsbildenden Schulen werden auf ihr Kerngeschäft, die<br />

Teilzeitberufsschule im Dualen System, sowie die Benachteiligtenförderung,<br />

zurückgeführt.<br />

Nachdem die seit langem bestehenden Herausforderungen<br />

der demografischen Entwicklung, das<br />

veränderte Bildungswahlverhalten und die sinkende<br />

Akzeptanz der Hauptschulen jahrelang mit der<br />

stereotypen Abwehr einer Schulstrukturdiskussion<br />

für die Sekundarstufe I beantwortet wurden, mussten<br />

endlich Konsequenzen aus dem dramatischen<br />

Rückgang der SchülerInnenzahlen an Hauptschulen<br />

gezogen werden. Aus den steigenden Qualifikationsanforderungen<br />

des Beschäftigungssystems an alle ArbeitnehmerInnen<br />

in einer Wissensgesellschaft ziehen<br />

immer mehr Eltern die richtige Konsequenz, dass sie ihren Kindern nur<br />

mit einem möglichst hohen Bildungsabschluss gute Zukunftsperspektiven<br />

sichern können. Die restriktiven Errichtungsbedingungen für<br />

die von immer mehr Eltern gewünschten Integrierte Gesamtschulen<br />

führten deshalb zu einem Run auf das Gymnasium und aufgrund<br />

der dort herrschenden Selektionspraxis zu Schulversagen, Klassenwiederholungen,<br />

Rückstufungen und dem damit verbundenen Verlust an<br />

Selbstwertgefühl.<br />

Da diese Probleme auch im Ministerium bekannt sind, bestand die<br />

Hoffnung, dass die zuständige Ministerin nun endlich den Mut finden<br />

würde, die frühe Aufteilung der SchülerInnen auf unterschiedliche<br />

Schularten sowie die Leistungsniveaudifferenzierung innerhalb der<br />

Schulen durch individuelle Förderung aller SchülerInnen zu beenden.<br />

Einige Zielsetzungen hörten sich dann auch ganz positiv an: „Bildungsabschlüsse<br />

in zumutbarer Entfernung sichern“, „Weitergehende<br />

Optionen für längeres gemeinsames Lernen“, „Individuelle Förderung<br />

für alle Schülerinnen und Schüler durch Förderkonzepte mit gezielter<br />

Ressourcen-Zuweisung“, „Noch gezieltere Förderung leistungsschwächerer<br />

Schülerinnen und Schüler“, „Drastische Reduzierung der<br />

Schulabbrecherquote (Keine und Keiner darf verloren gehen)“, „Abschluss<br />

mit besserem Übergang - Stärkung der Berufsorientierung“. Das<br />

Ministerium schien endlich die richtigen Konsequenzen aus den mit<br />

jeder PISA-Untersuchung neu bestätigten Mängeln des Schulsystems<br />

zu ziehen.<br />

nach der 9. Klasse, wobei für abschlussgefährdete SchülerInnen spezielle<br />

Angebote bis hin zum Projekt „Keiner ohne Abschluss“ in einem optionalen<br />

10. Schuljahr vorgesehen sind. Die besondere Förderung dieser<br />

SchülerInnen besteht - welch eine Überraschung - in einer vertieften<br />

Berufsorientierung mit einem wöchentlichen Praxistag im Betrieb. Es<br />

ist schon absurd: Ausgerechnet die „funktionalen AnalphabetInnen“<br />

mit grundlegenden Problemen in der Lese-, Schreib- und Mathematikkompetenz<br />

erhalten keine zusätzliche schulische Förderung in diesen<br />

Bereichen, sondern sie werden aus der Schule herausgenommen und verbringen<br />

Praxistage in Betrieben. Gut organisierte Betriebspraktika sind<br />

sicher geeignet, die Lernmotivation in der Schule zu stärken - aber was<br />

können sie zur Beseitigung der Grundbildungsdefizite beitragen? Und<br />

wieso wurde nicht auf die Erfahrungen der berufsbildenden Schulen<br />

und die Förderkonzepte der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der<br />

Benachteiligtenförderung zurückgegriffen?<br />

Darüber, was nach dem Abschluss der Hauptschule mit diesen jungen<br />

Menschen geschehen soll, gibt das neue Konzept keinen Aufschluss. Es<br />

ist zu vermuten, dass die VerliererInnen der gegliederten Sekundarstufe<br />

I nach wie vor in einem - neuerdings euphemistisch als „Übergangsmanagement“<br />

bezeichneten - System von Warteschleifen (von der<br />

Bundesagentur für Arbeit und damit von der Arbeitslosenversicherung<br />

finanziert!) und danach in Minijobs oder in Hartz IV landen. Der<br />

Anteil an Arbeitsplätzen, für die „praktisch Begabte“ offensichtlich<br />

ausgebildet werden sollen, geht in unserer Wissensgesellschaft immer<br />

weiter zurück. Und auch in Handwerksberufen reicht es schon längst<br />

nicht mehr aus „geschickte Hände“ zu haben.<br />

Damit findet das Aussortieren allerdings immer noch kein Ende: Wer<br />

den qualifizierten Sekundarabschluss I erhält und von der neuen<br />

„Realschule plus“ als „bildungsfähig“ betrachtet wird, darf dann die<br />

Fachhochschulreife an seiner Realschule erwerben. Die leistungsschwächeren<br />

AbsolventInnen werden - natürlich - wieder in die „weniger<br />

anspruchsvolle“ Berufsbildung abgeschoben.<br />

Die Ansiedlung einer Fachoberschule - offensichtlich als Köder erforderlich,<br />

damit die Realschulen sich überhaupt darauf einlassen, die<br />

„praktisch begabten HauptschülerInnen“ aufzunehmen - stellt einen<br />

gravierenden Systembruch in der beruflichen Bildung dar. Man könnte<br />

ja noch verstehen, dass die Realschule nach zwei weiteren Schuljahren<br />

mit allgemeinen Inhalten eine allgemeine Fachhochschulreife vergeben<br />

Und das Ergebnis?<br />

Das längere gemeinsame Lernen besteht aus einer „gemeinsamen Orientierungsstufe“,<br />

in der in einer neuen „kooperativen Realschule“ die<br />

Kinder für die nach wie vor bestehenden Bildungsgänge „Realschule“<br />

und „Hauptschule“ sortiert werden. Danach endet dann ausgerechnet<br />

für die leistungsschwächeren SchülerInnen der Hauptschulbildungsgang<br />

4<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


BILDUNGSPOLITIK<br />

soll (schließlich geschieht dies ja auch nach der 12. Klasse der MSS).<br />

Aber da das Ministerium die Auseinandersetzung mit den Gymnasien<br />

scheut, wird im System der berufsbildenden Schulen gewildert.<br />

Die Fachoberschule (mit dem neuen Strukturkonzept für berufsbildende<br />

Schulen wurde sie übrigens in „Berufsoberschule“ umbenannt) führt traditionell<br />

an berufsbildenden Schulen entweder in Vollzeit oder Teilzeit,<br />

ausbildungs- oder berufsbegleitend zur Fachhochschulreife. Das Herausbrechen<br />

dieser Schulform aus dem System der BBS und die Angliederung<br />

an die Realschule führt zu einem erheblichen Attraktivitätsverlust der<br />

beruflichen Bildung und zu einer Verminderung der Chancen der<br />

Jugendlichen, die sich nach der 10. Klasse der Sekundarstufe I für eine<br />

Berufsausbildung im dualen System oder in einer höheren Berufsfachschule<br />

entscheiden. Sie stellt auch das Lernbausteinkonzept in Frage, mit<br />

dem junge Menschen gleichzeitig mit einer beruflichen Erstausbildung<br />

durch die Zuwahl von Lernbausteinen in den von der KMK vorgegebenen<br />

Bereichen die Fachhochschulreife erwerben können.<br />

Die Angliederung eines beruflichen Bildungsganges an der Realschule<br />

plus mutet auch deshalb als absurd an, weil an der Realschule eine<br />

Kompetenz für berufliche Bildung nicht besteht. Da die dazu notwendige<br />

Einbindung in das duale Berufsbildungssystem und die Lernortkooperation<br />

mit den Betrieben an den Realschulen nicht vorhanden sind, kann<br />

diese Kompetenz auch nicht ohne Weiteres hergestellt werden.<br />

Ganz abgesehen von der LehrerInnenkompetenz wirft die Organisation<br />

der 11. Klasse der Fachoberschule Probleme auf, weil die für den Erwerb<br />

der Fachhochschulreife erforderliche „Fachpraxis“ in diesem Schuljahr<br />

in Form eines Betriebspraktikums mit zwei Tagen Schule realisiert<br />

werden soll. Diese über ein Praktikum bestenfalls in die Arbeitswelt<br />

eingeführten AbsolventInnen der Fachoberschule an der Realschule plus<br />

treffen dann - falls sie die fachgebundene oder allgemeine Hochschulreife<br />

anstreben - auf SchülerInnen in der Berufsoberschule II, die ihre berufliche<br />

Kompetenz im Rahmen einer mindestens zweijährigen beruflichen<br />

Erstausbildung und häufig auch noch anschließenden Berufstätigkeit<br />

erworben haben.<br />

Sollte es wirklich gelingen, die erforderliche Zahl von Praktikumsplätzen<br />

zu akquirieren, gehen diese mit hoher Wahrscheinlichkeit zu<br />

Lasten der betrieblichen Ausbildungsplätze und schwächen das Duale<br />

GGG: HALBHERZIG<br />

Unverständnis herrscht beim Gesamtschulverband, dass das Bildungsministerium<br />

die Integrierte Gesamtschule in der aktuellen Diskussion<br />

nicht als zentrale Schulform gewählt hat. Unabhängig von allen - nach<br />

dem neuen Konzept der Landesregierung - möglichen Schulkonzepten<br />

bietet nach wie vor die Integrierte Gesamtschule wohnortnah und pädagogisch<br />

begründet alle in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> möglichen Schulabschlüsse.<br />

System weiter - denn für PraktikantInnen müssen die Betriebe ja keine<br />

Ausbildungsvergütung zahlen. Oder ist etwa sogar daran gedacht, diese<br />

Praktikumsplätze bei den Betrieben einzukaufen?<br />

Aus der Sicht der beruflichen Bildung lautet das Fazit:<br />

Die Lösung der Strukturprobleme der Sekundarstufe I wäre, wenn<br />

Politik mutig und verantwortungsbewusst statt opportunistisch handeln<br />

würde, doch eigentlich ganz einfach - eine Schule für alle bis zur 10.<br />

Klasse, danach Entscheidung für die - insbesondere an den integrierten<br />

Gesamtschulen weiter auszubauende - traditionelle „akademische“<br />

Richtung oder für die beruflich orientierte Richtung. Für die beruflichen<br />

Bildungsgänge nach der Sekundarstufe I gibt es in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

ein attraktives Berufsbildungssystem. Angesichts der abnehmenden<br />

Ausbildungsbereitschaft der Betriebe müsste lediglich das Angebot der<br />

höheren Berufsfachschulen für eine vollqualifizierende Berufsausbildung<br />

bei gleichzeitigem Erwerb der Fachhochschulreife ausgebaut werden.<br />

Darüber hinaus wäre ein bedarfsgerechter Ausbau der beruflichen<br />

Gymnasien erforderlich.<br />

In diesem Jahr veröffentlichte die OECD unter dem Titel „No more<br />

Failures“ eine Studie zur Chancengleichheit im Bildungswesen mit folgenden<br />

Politikempfehlungen für Gerechtigkeit, Gleichheit und Fairness<br />

in der Bildung:<br />

- Keine frühe Aufteilung in Schulformen, keine abschlussbezogenen<br />

Lerngruppen mit Leistungsselektion<br />

- Freie Schulwahl nur dann, wenn Chancengleichheit gewährleistet<br />

ist<br />

- Attraktive Alternativen und Abbau von Sackgassen in der Sekundarstufe<br />

II und Verhinderung von Bildungsabbruch<br />

- Zweite Chance, um höhere Bildungsbeteiligung zu erreichen<br />

Auf der Zielebene scheint das rheinland-pfälzische Konzept diesen<br />

Politikempfehlungen zu folgen. Der vorgeschlagene Weg ist jedoch kontraproduktiv,<br />

weil insbesondere die frühe Selektion beibehalten wird<br />

und weil die bestehenden attraktiven Alternativen der Sekundarstufe<br />

II im Berufsbildungssystem - Höherqualifizierung und zweite Chance<br />

- durch Verlagerung an die „Realschule plus“ zerstört werden.<br />

Annelie Strack<br />

Die von der Landesregierung vorgestellte Konzeption sei daher nur<br />

ein halbherziger Schritt in Richtung eines sozial ausgleichenden und<br />

offenen Schulsystems. Die neue Struktur in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fordere die<br />

zukünftigen Schulträger in besonderem Maße, da diese nun entscheiden<br />

müssen, welche Schulform sie in ihrem Verantwortungsbereich etablieren<br />

wollen. Entscheidend werde dabei auch sein, wie die Schulträgerschaft<br />

letztendlich geregelt und welche Bedeutung dem Elternrecht auf freie<br />

Schulwahl eingeräumt werde.<br />

ggg<br />

LandesschülerInnenvertretung:<br />

SCHRITT IN AMEISENDIMENSION<br />

Skeptisch äußerte sich die LandesschülerInnenvertretung RLP zur<br />

geplanten Bildungsreform in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>: „Die Pläne zur Reformierung<br />

der Real- und Hauptschulen sind nichts Halbes und nichts<br />

Ganzes. Sie zeugen vom Unwillen des Ministeriums, endlich grundsätzlich<br />

umzudenken und wissenschaftliche Erkenntnisse vollständig<br />

umzusetzen“, so Florian Müllerheim, Innenreferent und Landesvorstandsmitglied<br />

der LSV.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

Grundsätzlich wird von der LSV begrüßt, dass das Relikt Hauptschule<br />

endlich beseitigt werden soll. Die neue - vordergründige - Zweizügigkeit<br />

stellt allerdings keinesfalls eine Lösung aus Sicht der LSV dar, fordert<br />

diese doch in ihrem Grundsatzprogramm das eingliedrige Schulsystem.<br />

„Daher kann das jetzt von Ministerin Ahnen vorgestellte Konzept zur<br />

Zweigliedrigkeit höchstens als ein minimaler Schritt in die<br />

richtige Richtung bezeichnet werden“, so Florian Müllerheim.<br />

pm<br />

5


SCHULEN<br />

<strong>GEW</strong>-Grundschultag 2007:<br />

VIELFALT IST PROGRAMM<br />

Am 25. September fand erstmals an der<br />

Technischen Universität in Kaiserslautern ein<br />

Grundschultag der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

statt. Ungefähr 250 Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmer konnten nach dem Hauptreferat<br />

von Prof. Dr. Preuss-Lausitz und der anschließenden<br />

Diskussion mit Staatssekretärin<br />

Vera Reiß (siehe eigene Berichte) zwischen 16<br />

Fachforen wählen. Die Angebote zeichneten<br />

sich einerseits durch ihre Qualität sowie andererseits<br />

ihre Vielfalt aus.<br />

So konnte man sich beispielsweise beim Kollegium der Grund- und<br />

Schwerpunktschule Bolanden kundig machen, wie sich eine jahrgangsübergreifende<br />

Ganztagsklasse organisieren lässt. Brunhilde Nonnweiler<br />

bot ein Forum zur sensorischen Integrationsförderung an, Helmut<br />

Reichelt gab praktische Hilfen bei elementaren Schwierigkeiten in<br />

Mathematik. Großartig: Daniele Darmstadts Forum zum Würzburger<br />

Trainingsprogramm, ganz unter dem Motto „hören, lauschen, lernen“.<br />

Klaus-Peter Hammer mit „Jungenpädagogik“, Ulla Püttmann mit<br />

„Kinder lösen Konfl ikte selbst“, Jutta Stephany mit „Ganzheitlicher<br />

sensomotorischer Fremdsprachenunterricht“, Dorothea Werner-Tokarski<br />

mit „Demokratie leben und lernen in der Grundschule“, Susan Kayser<br />

mit „Methodenkompetenz: Alle arbeiten - nicht nur der Lehrer?!“,<br />

Bettina Brückmann mit „„Hilf mir, es selbst zu tun“ oder Birgit Dupont<br />

und Ulrike Leimkühler mit „Deutsch als Zweitsprache“ - Lernen<br />

in „Lernszenarien“, alle entließen zufriedene TeilnehmerInnen zum<br />

abschließenden Konzert von Frederik Vahle.<br />

Doch nicht zuletzt konnten auch die sehr praxisorientierten Workshops<br />

von Petra Weber-Hellmann und Karl-Heinz Werlé (Bewegte Schule<br />

- bewegtes Lernen), Ursula Baumann und Stefan Jakobs (Werkstatt<br />

und Atelierarbeit im Primarbereich selbstorganisiertes Lernen in<br />

Werkstätten) sowie Margrit Barthel (Im Labor von Zauberer Barthelli<br />

- Chemische Experimente mit Puff und Knall und viel Farbe) überzeugen.<br />

Und wer lieber ein wenig Luft schnappen wollte, konnte sich mit<br />

Dieter Gass und Hans Georg Hofmann unter dem Motto „Werkstatt<br />

Wald - Soziales Lernen in und mit der Natur“ auf den Weg in die<br />

Natur rund um die TU Kaiserslautern machen.<br />

Begleitet wurde der Tag von zwanzig Schulbuchverlagen und anderen<br />

Ausstellern sowie den unermüdlichen Helferinnen und Helfern der<br />

<strong>GEW</strong>. So ließ sich in den Pausen bei Kaffee und/oder diversen Kaltgetränken<br />

wunderbar an den Ständen vorbei fl anieren. Und da entgegen<br />

den Vorhersagen auch das Wetter mitspielte, nutzten viele KollegInnen<br />

die Mittagspause zum ausgiebigen Durchatmen.<br />

Und dann gab es ja noch den grandiosen Schluss mit Liedermacher<br />

Fredrik Vahle. Vielleicht den ganz jungen KollegInnen nicht ganz so<br />

bekannt, ist Vahle ein Urgestein unter den Liedermachern. Lieder wie<br />

„die Rübe“ oder „Anne Kaffeekanne“ fehlen in keinem Liederbuch.<br />

So gewann Vahle im abschließenden Konzert mit einer Mischung aus<br />

Humor, viel Gefühl und seiner einzigartigen Musikalität sofort die<br />

Herzen der Zuhörer. Ein gelungener Abschluss für einen durch und<br />

durch runden Tag in Kaiserslautern.<br />

Peter Blase-Geiger<br />

KEIN KIND DARF UNS VERLOREN GEHEN<br />

Vortrag auf <strong>GEW</strong>-Grundschultag „Bildung schafft Zukunft - für alle?“<br />

Unter den folgenden Stichworten referierte Prof. Dr.<br />

Ulf Preuss-Lausitz beim <strong>GEW</strong>-Grundschultag in Kaiserslautern:<br />

1. Was wir „nach PISA und IGLU“ wissen<br />

2. Kindheit und Grundschule<br />

3. Rahmenbedingungen<br />

4. Guter Unterricht auch mit schwierigen Kindern<br />

Was wir „nach PISA und IGLU“ wissen<br />

Nach der 1. PISA-Studie im Jahr 2000 hatten sich die Kultusminister,<br />

in panischer Angst vor einer Strukturdebatte über das gegliederte<br />

Sekundarschulsystem, auf die innere Reform der Schule, insbesondere<br />

der Grundschule gestürzt, insbesondere mit den Themen<br />

Sprachförderung, Vergleichsarbeiten, Förderung von Migrantenkindern,<br />

Evaluation, Lehrerqualifizierung im didaktischen Bereich.<br />

Das war einerseits plausibel, kann doch niemand bestreiten, dass<br />

frühzeitige Förderung und guter Unterricht auch die spätere, also<br />

PISA-gemessene Schulleistung der 15jährigen beeinflusst. Andererseits<br />

blieb doch erstaunlich, wie einhellig die Sekundarstufe als<br />

Ganzes unbehelligt bleiben sollte, sieht man einmal ab von einzelnen<br />

Modellversuchen besseren Unterrichts und von der Einführung weiterer<br />

Messverfahren ab. Für die Kultusminister, die meisten Parteien<br />

und die meisten Medien ging ein Gespenst um in Deutschland,<br />

und dieses Gespenst hieß „Strukturreform“. Wie kleine Kinder<br />

steckten sie den Kopf in den Sand, um die Realität ignorieren zu<br />

können, und beschworen voodomäßig den „guten Unterricht“ als<br />

Zaubermittel gegen soziale Ungleichheit, hohe Schulversagerraten<br />

und geringe Spitzenleistungen. Innere und äußere Reform wurden<br />

als Gegensatz gesehen, was aber unsinnig ist: Keine Strukturreform<br />

ist erfolgreich, wenn schlechter Unterricht gemacht wird - und<br />

kein noch so guter Unterricht löst die Grundsatzprobleme von<br />

Chancengleichheit, Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit, wenn<br />

die Rahmenbedingungen nicht stimmen.<br />

6<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


SCHULEN<br />

Spätestens seit der 2. PISA-Studie von 2003 und der IGLU-Studie<br />

von 2003ff. (Bos u.a. 2003, 2004, 2005) ist diese Abwehrhaltung zusammengebrochen<br />

- nicht bei allen, aber doch in der Öffentlichkeit<br />

und bei der Mehrheit der Parteien. Denn der Vergleich der deutschen<br />

IGLU-Daten mit den PISA-Ergebnissen zeigt ja, dass zwar auch in<br />

der Grundschule soziale Ungleichheit reproduziert wird, dass sie<br />

sich aber am Ende der Sekundarstufe ausgeprägter zeigt, d.h. dass<br />

die Sekundarstufe einen deutlich eigenen Anteil daran hat.<br />

Ich möchte mir erlauben, aus diesen u.a. Leistungsvergleichen und<br />

aus der allgemeinen Schul- und Lernforschung an die wichtigsten<br />

Ergebnisse zu erinnern (denn das meiste ist Ihnen bekannt), um<br />

daran später für die Weiterentwicklung der Grundschule anknüpfen<br />

zu können:<br />

1. Das Schulsystem als Ganzes erzeugt zu wenig Spitzenleistungen<br />

und zu viele Kinder mit geringen Kompetenzen und Schulabschlüssen,<br />

was unter heutigen Bedingungen für Letztere eine ökonomisch<br />

eigenständige Lebensführung und die Teilhabe an Kultur und<br />

demokratischer Öffentlichkeit gefährdet.<br />

2. Die Schere zwischen den leistungsstarken und den leistungsschwächeren<br />

Schülern ist dabei extrem groß, größer in der Sekundarstufe<br />

als am Ende der 4. Klassen. Die Behauptung, das viergliedrige deutsche<br />

Sekundarsystem - die Bildung möglichst leistungshomogener<br />

Lerngruppen - sei besonders effektiv, ist empirisch widerlegt. Schon<br />

gar nicht kann das Gymnasien sich einer besonderen Effektivität<br />

rühmen.<br />

3. Viele PISA-Forscher haben ja behauptet, die guten Gesamtleistungen<br />

in Ländern wie Kanada oder Finnland hätten nichts mit<br />

deren integrativer Schulstruktur zu tun, sie seien eine Folge eines<br />

besseren Unterrichts. Eine jüngste Reanalyse der PISA-2003-Daten<br />

von Wößmann zeigt nun: Es gibt international einen engen Zusammenhang<br />

mit späterer Trennung und größerer Chancengleichheit<br />

für die Kinder aus sozial und kulturell benachteiligten Familien.<br />

Und zum Vergleich der beiden Bundesländer mit 6jährigen Grundschulen<br />

(Berlin, Brandenburg) im Vergleich zu den Bundesländern<br />

mit 4jährigen Grundschulen stellt Wößmann fest (alle anderen<br />

Faktoren neutralisiert): „Der Zusammenhang zwischen Schülerleistungen<br />

und sozioökonomischem Hintergrund ist also in den<br />

beiden Bundesländern mit späterer Selektion signifikant geringer“<br />

(Wößmann 2007, 50). Gleichzeitig findet man in Staaten mit<br />

größerer Chancengleichheit eine höhere schulische Gesamtleistung<br />

des Altersjahrganges (Wößmann 2007). Oder anders: Integrative<br />

Gesamtsysteme befördern nachweislich besser die schwächeren<br />

Schüler und vergrößern zugleich die Breite der Leistungsstarken.<br />

Diese Folge von Schulstrukturen ist also keine Frage von Meinungen<br />

mehr. Guter Unterricht ist wichtig, aber er kommt, etwa in negativ<br />

ausgelesenen Klassen, nicht an gegen die Strukturrahmung.<br />

4. Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozio-kulturell<br />

benachteiligten Familien deutscher Herkunft haben, bei gleicher<br />

kognitiver Grundfertigkeit, schlechtere Schulleistungen und werden<br />

schlechter bewertet - auch bei der Übergangsempfehlung am Ende<br />

der Grundschule (also auch von Ihnen!).<br />

5. Auch Jungen werden, bei gleicher kognitiver Grundausstattung,<br />

schlechter bewertet - in die Leistungsbewertung fließen Verhaltensurteile<br />

ein (Valtin 2005, 190) und Jungen fühlen sich von den<br />

Grundschullehrkräften weniger angenommen und gefördert (ebda,<br />

226). Sie werden leichter in Sonderschulen abgeschoben und erhalten<br />

negativere Prognosen am Ende der Grundschulzeit. Jungen<br />

werden in der Schule deutlich benachteiligt. Die IGLU-Grundschulforscherin<br />

Valtin (2005) schreibt: „Legt man von Hentigs Vision<br />

einer Schule als Lebens- und Erfahrungsraum, als „a place for kids<br />

to grow up“, zugrunde, so muss man feststellen, dass die deutsche<br />

Grundschule eher für Mädchen als für Jungen solch ein Ort ist“<br />

(ebda, 232). Dafür sind vorwiegend Lehrerinnen verantwortlich,<br />

denen dies gar nicht bewusst ist.<br />

6. Klassenwiederholungen bewirken nicht deren Ziel, nämlich zu<br />

besseren Schulleistungen beizutragen. Sitzenbleiben ist, so der PISA-<br />

Leiter Prenzel, „verlorene Lebenszeit“; sie behindert nicht nur die<br />

Lernmotivation, sondern zerstört auch Freundschaften. Tillmann<br />

u.a. haben dies in der Auswertung internationaler Studien bestätigt<br />

(Tillmann 2006, vgl. auch das Schwerpunktheft SchulVerwaltung<br />

4/2006).<br />

7. Zurückstellungen zu Beginn der Schulpflichtzeit bewirken nicht,<br />

was sie bewirken sollen: Sie führen nicht zu besseren Startchancen<br />

für Schulleistung und Entwicklung, auch wenn dann der Besuch<br />

einer Vorschule oder Kindertagesstätte verbindlich ist.<br />

8. Die Klassengröße galt lange in der Schulforschung als irrelevant<br />

für die Schülerleistung. Die neuere amerikanische, englische und<br />

Alle Fotos vom Grundschultag 2007: Peter-Blase-Geiger<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

7


SCHULEN<br />

auch deutsche Forschung zeigt nun, dass kleinere Klassen effektiv<br />

sind für die Sprachkompetenz (Englisch, DESI) als auch in den ersten<br />

Grundschulklassen für leistungsschwache und sozial benachteiligte<br />

Kinder. In kleineren Klassen scheinen günstigere Sozialformen<br />

und passungsgerechtere und lernmotivierende Unterrichtsmethoden<br />

eher möglich (Nachweise im Bildungsmonitor 2007 des IW Köln,<br />

vgl. Plünnecke u.a.S. 41).<br />

9. Slow learner lernen in leistungshomogenen Lerngruppen, also<br />

in Klassen für sog. Lernbehinderte, weniger als in „normalen“, leistungsgemischten<br />

Klassen. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler<br />

werden, entgegen verbreiteter Ängste von Eltern und öffentlicher<br />

Vorurteilen, in Integrationsklassen weder leistungsmäßig noch sozial<br />

beeinträchtigt, eher im Gegenteil. Gleich intelligente Kinder lernen,<br />

wie Tent schon 1991 vergleichend feststellen musste, in Sonderschulen<br />

trotz besserer Rahmenbedingungen weniger als in Regelschulen,<br />

ja ihre Intelligenz nimmt sogar ab, je früher sie dort beschult werden.<br />

Die Arbeit von Sonderpädagogen ist in Sonderschulen, entgegen<br />

ihrem Wollen, ineffektiv. Der Sonderpädagoge Wocken hat dies<br />

jüngst in mehreren Bundesländern nochmals empirisch nachweisen<br />

können (Wocken 2007). Je früher Kinder in Sonderschulen kommen,<br />

desto dümmer werden sie, bringt Wocken dies jüngst in der<br />

„Zeit“ auf den polemischen Punkt (Wocken in Scholz 2007). Das<br />

gilt analog auch für Sinnes- und Körperbehinderte, auch Kinder mit<br />

geistigen Behinderungen, sie erfahren keine günstigeren Lern- und<br />

Entwicklungschancen, wenn sie nur mit anderen Kindern gleicher<br />

Behinderung zusammen lernen und interagieren. Auch hier gilt: Das<br />

reduzierte Anregungsmilieu motiviert weniger, regt weniger an und<br />

führt zu latenter Selbst- und Fremdisolation, die wiederum Lernen<br />

und Entwicklung behindern. Um so unverständlicher, dass auch<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> immer noch 18.732 Kinder in Sonderschulen<br />

separat unterrichtet werden, darunter 10.127 in allg. Förderschulen,<br />

den alten Lernbehindertenschulen, und 858 in Klassen und Schulen<br />

für Erziehungshilfe (Stat. Landesamt <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, 2007), die<br />

besser Schulen für Erziehungsbehinderung hießen - was soll dabei<br />

heraus kommen aus jenem von Baumert als<br />

„ungünstiges Lern- und Entwicklungsmilieu“<br />

benannten aggressiven Gruppen mit je 10<br />

schwierigen Kindern?<br />

10. Und nicht zuletzt: Nicht nur die Dauer<br />

des Vorschulbereichs korreliert positiv mit<br />

den Leseleistungen am Ende der Grundschulzeit,<br />

sondern auch der Besuch von<br />

Ganztagsschulen, insbesondere von gebundenen<br />

Ganztagsschulen (vgl. Steg-Ergebnisse,<br />

auch in Plünnecke 2007 zusammengefasst).<br />

Ganztagsschulen haben, allein durch den<br />

verstärkten nachmittäglichen Besuch, kompensatorische<br />

Effekte gerade für Kinder mit<br />

Migrationshintergrund und für sozial isolierte<br />

und benachteiligte Kinder - und erleichtern<br />

Eltern ihre berufliche Situation.<br />

Diese 10 Ergebnisse der Lern- und Schulforschung<br />

sind unter den Fachleuten kaum<br />

umstritten. Anders sieht es in der Politik<br />

aus: Je nach Ideologie wird das eine erwähnt,<br />

das andere ignoriert oder gar geleugnet. Wer<br />

eine Versachlichung sucht, sollte jedoch zur<br />

Kenntnis nehmen, dass wir heute sehr viel mehr über die Wirkungen<br />

von Schule und Unterricht wissen also noch vor 10, 30 oder<br />

gar 50 Jahren. Die Politik sollte diese Forschungsergebnisse endlich<br />

umsetzen in konkrete Verbesserung, damit wirklich kein Kind mehr<br />

zurück gelassen wird.<br />

Kindheit und Grundschule<br />

Viele Lehrkräfte sagen, dass Unterricht und Erziehung schwieriger<br />

geworden sind, nicht nur wegen der Rahmenbedingungen, sondern<br />

weil Kinder heute anders sind als vor einer Generation. Kindheitsforscher<br />

beobachten, dass es günstigere wie zugleich belastendere<br />

Faktoren des Aufwachsens gibt, dass eine Polarisierung beobachtbar<br />

ist: reiche und arme Kinder, bewegungsreich und bewegungsarm<br />

aufwachsende Kinder, Kinder mit vielen kulturellen Aktivitäten<br />

und solche, die in Passivität verharren, technisch versierte Kinder<br />

und solche ohne Technikzugang, liebevoll aufwachsende Kinder<br />

und solche, die Gewalt und Vernachlässigung erfahren, gesunde<br />

Kinder und solche mit Krankheiten und Behinderungen, isolierte<br />

Kinder und solche mit vielen Freunden.<br />

Zugleich sind die Ansprüche an Kinder gestiegen, in den Familien<br />

und in der Schule. Die wenigen Kinder der Familien sollen nun<br />

frühzeitig selbständig werden, um den Alltag auch ohne Mutter<br />

und Vater zu bewältigen; sie sollen ihre Woche planen können,<br />

Termine einhalten und den Wochenplan selbständig umsetzen, sie<br />

sollen Freundschaften finden und pflegen, sie sollen argumentieren<br />

lernen, damit sie innerhalb und außerhalb der Familie Wünsche<br />

und Konflikte verbal aushandeln lernen, also frühzeitig sprachliche<br />

Kompetenz erwerben, und sie sollen in einer pluralen, multikulturellen<br />

Umwelt das Andere, das Fremde nicht als bedrohlich erleben,<br />

sondern mit ihm leben, im günstigen Fall sich davon bereichern<br />

lassen. Dazu trägt auch bei, dass Kinder heute viel mehr von der<br />

- vielfältigen - Welt erfahren als frühere Kindergenerationen: durch<br />

Reisen mit den Eltern, durch eingewanderte Nachbarn oder durch<br />

die eigene familiäre Migrationsgeschichte, durch das Fernsehen,<br />

durch das Internet.<br />

8<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


SCHULEN<br />

Nicht zuletzt sollen Kinder auch lernen, frühzeitig mit Unsicherheiten<br />

und Trennungen emotional umzugehen, die z.B. mit der<br />

Trennung der Eltern, mit dem Tod von Großeltern oder Tanten<br />

zusammenhängen, d.h. man verlangt sehr früh vom Nachwuchs ein<br />

Lebensmodell, das auf das autonome Subjekt zielt - auf ein Leben,<br />

das sich grundsätzlich als allein fühlend, denkend, organisierend,<br />

bastelnd versteht, als Monade in der Postmoderne, als Ich-AG, als<br />

sich selbst erfindender Verkäufer seiner Arbeitskraft, als jemand,<br />

der sich selbst gestaltet, seine Interessen, seinen Lebensführung,<br />

selbst seinen Körper. Wir alle wollen oder müssen so leben: Und<br />

das sollen nun auch schon die Grundschüler lernen.<br />

Es wundert nicht, dass sich diese hohen Ansprüche nicht alle<br />

erfüllen können, aus den Bedingungen der Lebensumstände heraus.<br />

Der repräsentative Kindheits-Survey des DJI München (Alt<br />

2005 f.) berichtet zum Einen von einer großen Zufriedenheit der<br />

Grundschulkinder, mit ihren Eltern, ihren Freunden und auch ihren<br />

Lehrern. Ganz offenkundig leben also die meisten Kinder entgegen<br />

der Katastrophenberichterstattung in glücklichen Verhältnissen.<br />

Andererseits gibt es eine Minderheit von Kindern - man muss sie<br />

je nach Umfeld auf 5-20% einschätzen -, die hoch belastet ist.<br />

Wir können zwei große Gruppen ausmachen: Zum einen schulversagende<br />

Migrantenkinder, insbesondere aus der Türkei, dem Libanon,<br />

dem ehemaligen Jugoslawien und aus Italien, die sprachliche,<br />

zuweilen auch soziale und perspektivische Schwierigkeiten haben,<br />

die oft in bildungsfernen, aber zugleich in relativ stabilen Familien<br />

mit einer spezifischen Binnenwelt leben. Und zweitens Kinder,<br />

die geschlagen, misshandelt oder vernachlässigt werden, die einen<br />

chaotischen Familienalltag erleben, Gewalt zwischen den Eltern,<br />

gegenüber den Kindern, Desorientierung, Alkoholismus, falsche<br />

Ernährung, die sich kaum bewegen, die sozial isoliert und medial<br />

überfüttert sind.<br />

Diese beiden Gruppen bereiten Ihnen und anderen Lehrkräften<br />

Probleme. Wir bezeichnen diese Kinder dann als verhaltensauffällig<br />

oder lernschwach, viele landen in Sonder- oder Hauptschulen, mit<br />

wenig Chancen, aus dem familiären und schulversagenden Kreislauf<br />

heraus zu kommen. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass sie sich schon<br />

mit 16 Jahren resignativ darauf einrichten, ihr Leben lang am Tropf<br />

der Sozialen Sicherung hängen zu bleiben. Manche werden kriminell,<br />

andere versinken in Depression. Weder aus humanen noch aus<br />

gesellschaftlichen Gründen können wir es hinnehmen, dass sich in<br />

Deutschland eine Art Lumpenproletariat etabliert, das zudem auch<br />

politisch für rechtsradikale Weltsichten anfällig ist.<br />

Zusammengefasst: Auf diese widersprüchlichen, guten und schlechten<br />

Botschaften, die uns die empirische Kindheitsforschung mitteilt,<br />

muss pädagogisch, bildungs- und sozialpolitisch gezielt reagiert<br />

werden. Andere Staaten machen uns vor, dass wir wirklich kein<br />

Kind zurück lassen brauchen, und dass biografische Belastungen<br />

nicht zwingend in zerstörte Lebensläufe münden müssen. Die<br />

Grundschule und Sie als Grundschullehrerinnen und -lehrer haben<br />

daher eine außerordentlich große Verantwortung - und Chance - für<br />

diese Kinder und zugleich für den sozialen Zusammenhalt unserer<br />

Gesellschaft. Nach der Kindergartenzeit ist die Grundschule der<br />

zentrale Ort, der zur Stärkung der Lernbereitschaft, des sozialen<br />

Lernens, der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und letztlich des<br />

gelingenden Aufwachsens beitragen kann. Daher ist guter Unterricht<br />

und gute Erziehungsarbeit unabdingbar.<br />

Diese Chance schließt aber Rahmenbedingungen ein, die nicht in<br />

Ihrer Zuständigkeit liegen, auf die Sie jedoch beharren müssen. Es<br />

sind die Rahmenbedingungen, die die gewählten Parlamente und<br />

Regierungen schaffen müssen, und zwar konkret, jenseits lyrischer<br />

Absichtserklärungen. Auf beide Aspekte, auf die Rahmenbedingungen<br />

und auf die notwendigen Unterrichts- und Erziehungsarbeit für<br />

das Ziel, dass uns kein Kind verloren geht, möchte ich im Folgenden<br />

eingehen. Dabei will ich besonders fragen, wie wir den „schwierigen“<br />

Kindern in ihrer Lern- und Lebensentwicklung helfen können.<br />

Rahmenbedingungen für eine<br />

zukunftsfähige Grundschule<br />

Aus der knapp dargestellten empirischen Schulforschung ergeben<br />

sich m.E. für die Grundschule Zukunftsperspektiven, die sich<br />

bruchlos an die 40jährige Reformarbeit der Grundschule anschließen<br />

lässt und die die Grundschule zu einer effektiven und Chancengleichheit<br />

stärkenden Schule für alle machen kann. Ich nenne<br />

folgende Punkte:<br />

1. Wir etablieren in den - kostenfreien! - Kindergärten Sprachstandsdiagnostik<br />

schon mit 5 Jahren und schließen daran, falls nötig, dort<br />

verbindliche Sprachkurse an (Berlin praktiziert dies erfolgreich). Wir<br />

machen für alle Kitas - auch die privaten - die Zusammenarbeit mit<br />

den Grundschulen verbindlich.<br />

2. Wir nehmen in der Grundschule jedes Kind auf, das schulpflichtig<br />

wird, d.h. wir verzichten auf Zurückstellungen - und erlauben auch<br />

Eltern nicht mehr, ihre Kinder zurück zu stellen. Zurückstellungen<br />

sind ineffektiv nicht nur für bildungsferne, sondern auch für behinderte<br />

und entwicklungsverzögerte Kinder.<br />

3. Wir integrieren alle Schüler, auch diejenigen mit sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf, nicht nur in den Bereichen Lernen,<br />

Verhalten und Sprache. Dafür laufen die entsprechenden Jahrgänge<br />

in den Sonderschulen aus und das Personal wird wohnortnah<br />

verlagert (wie in Bremerhaven für Kinder mit Förderschwerpunkt<br />

Lernen und Behinderung), was für die Kinder kurze Wege, Erhalt<br />

der Wohnortfreunde und nicht zuletzt für die Schulträger eine<br />

erhebliche Kostenersparnis darstellen kann (weil weite Wege durch<br />

das öff. Verkehrsnetz und die Beförderungsfinanzierung verringert<br />

werden). Es muss dann zwischen Finanz- und Bildungsminister ein<br />

bestimmter Anteil pro Altersjahrgang definiert werden, der die Zusatzförderung<br />

im Schnitt braucht (etwa 5%), und ein rechnerischer<br />

Stundenanteil Sonderpädagogik pro Kind festgelegt werden. Ich<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

9


SCHULEN<br />

plädiere für eine durchschnittliche Rechengröße von rd. 4,5 h, d.h.<br />

für eine VZStelle pro 6 Förderkinder, über alle Behinderungsarten<br />

hinweg. Ich habe an anderer Stelle ein Modell entwickelt, dass aus<br />

dem bekannten Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma herausführt<br />

und die sonderpädagogischen Finanzen an die gesamte Schülerzahl<br />

eines Einzugsgebietes bindet und nicht mehr an die problematischen<br />

Feststellungsgutachten, die ja oft im Verdacht der Ressourcensicherung<br />

von Sonderschulen oder Schwerpunktschulen stehen (vgl. die<br />

Modellrechung in Preuss-Lausitz 2008). Es kann weder ökonomisch<br />

noch vom Lernergebnis noch demokratietheoretisch akzeptiert<br />

werden, dass Regelschulen sich ständig von schwierigen Kindern<br />

entlasten, Sonderschulen schon aus Bestandssicherungsgründen sie<br />

gern aufnehmen, die Kinder aber im Bildungsgetto bleiben.<br />

4. Wir führen landesweit die flexible, jahrgangsübergreifende Eingangsstufe<br />

ein, in der zwei Kolleginnen zusammen arbeiten, mit der<br />

Möglichkeit für die Kinder, kürzer oder länger darin zu verweilen,<br />

und um bei möglichst jedem Kind die Lernziele der zweijährigen<br />

Schulanfangsphase zu erreichen. Die wiss. Begleitung in Baden-<br />

Württembergs Flexibler Eingangsstufe und die Erfahrungen in<br />

Berlin zeigen, dass entscheidend für den teilweise sehr guten Erfolg<br />

die Bereitschaft der Lehrkräfte zur Zusammenarbeit und zur inneren<br />

Differenzierung ist. Fortbildung innerhalb einer neu zu regelnden<br />

Jahresarbeitszeit der Lehrer muss also verbindlich angeboten und<br />

innerhalb der Jahresarbeitszeit auch realisiert werden.<br />

5. Wir machen zu Beginn der Grundschule bei jedem Kind eine<br />

Lernausgangsdiagnose, die auch die körperliche, soziale und<br />

emotionale Entwicklung einschließt. Nur so können individuelle<br />

Förderansätze entwickelt und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft<br />

werden.<br />

6. Wir verzichten auf das zwangsweise Sitzenbleiben. Wir schaffen<br />

stattdessen innerschulische Möglichkeiten der individuellen Lernhilfen,<br />

auch am Nachmittag, wie es uns etwa selbst das LernZentrum<br />

des Gymnasiums Beckum vormacht (Kleinlosen in SchulVerwaltung<br />

2006).<br />

7. Wir wandeln alle Grundschulen schrittweise in ganztägig offene<br />

Schulen um, die auch offen sind für vielfältige nachmittägliche<br />

Aktivitäten anderer Akteure, von den Musik- und Sportgruppen der<br />

Vereine bis hin zu Angeboten der Jugendhilfe und freier Künstler.<br />

Ziel sollte sein, dass an drei Nachmittagen alle Schüler anwesend<br />

sind („gebundene Ganztagsschule“), damit die kompensatorischen<br />

Angebote, auch gezielte Lernhilfen, auch greifen. Ich halte es für ein<br />

sozialpolitisches Gebot, dass, wie in Finnland, in Ganztagsschulen<br />

das Mittagessen kostenlos ist.<br />

8. Wir verzichten auf Grundschulempfehlungen, sondern etablieren<br />

stattdessen ab der dritten Klasse halbjährliche verbindliche Beratungsgespräche<br />

zwischen Klassenlehrkraft, Eltern und dem Kind,<br />

um das Zeugnis zu reflektieren und die Perspektive für die nächsten<br />

Schritte gemeinsam mit dem Kind zu verabreden (wie es in der<br />

Gesamtschule Bremen, Xylander 2007, gemacht wird).<br />

9. Wir setzen uns als Ziel, im Jahr 2010 alle Grundschulklassen mit<br />

einer Frequenzobergrenze von 20-22 Kindern zu planen.<br />

10. Wir führen bei der zuständigen Jugendhilfe eine feste Zuordnung<br />

der Grundschulen und eine niedrigschwellige Beratungsstunde in<br />

den Grundschulen für Eltern und Lehrer ein. Wo dies praktiziert<br />

wird (Preuss-Lausitz 2005), hat sich die soziale Distanz der bildungsfernen<br />

und migrantischen Eltern deutlich verringert, und die<br />

Wirkung der Förderung konnte gesteigert werden.<br />

Angesichts der demografischen Entwicklung ist darüber hinaus zu<br />

klären, wie langfristig kurze Schulwege für kleine Kinder gesichert<br />

werden können. Schon heute ist dies ein zentrales Problem in Ostdeutschland;<br />

es wird jedoch spätestens 2015 auch in den übrigen<br />

Regionen Deutschlands zum Handeln zwingen. M.E. muss man<br />

darüber nachdenken, ob Standorte als flexible jahrgangsübergreifende<br />

Eingangsstufen vor Ort gehalten werden, ohne dass sie als<br />

selbständige Grundschulen geführt werden, sondern als Außenstellen<br />

größerer Grundschulen.<br />

Die genannten Punkte sind nicht nur bildungspolitisch realisierbar.<br />

Sie müssen auch von den Schulträgern und vor allem von den<br />

Grundschulen gewollt und mitgetragen werden, und man muss<br />

auch mit den Eltern vor Ort sprechen, die ja andere Erfahrungen<br />

in ihrer eigenen Kindheit hatten. Ein Bündnis für eine wirkliche<br />

Grundschule für alle verlangt die Vernetzung mit allen Akteuren.<br />

Guter Unterricht auch mit schwierigen Kindern<br />

Veränderte Rahmenbedingungen eröffnen die Chance, kein Kind<br />

mehr zurück zu lassen. Eine Garantie ist es nicht. Ich will daher<br />

im letzten Teil auf die Frage eingehen, wie der Unterricht gestaltet<br />

werden sollte, wenn er nicht nur „guter“ Unterricht ist, sondern für<br />

eine pädagogisch besonders schwierige Gruppe, jene mit Verhaltensproblemen,<br />

gelingend sein soll.<br />

Zuvor erinnere ich an das, was die Unterrichtsforschung als „guten<br />

Unterricht“ oder lernförderlichen Unterricht bezeichnet. Andreas<br />

Helmke (2004, 2006) und Hilbert Meyer (2003, 2004) haben die<br />

wichtigsten Aspekte zusammengestellt 1 . Ich fasse sie hier zu acht<br />

Punkten zusammen:<br />

1. Intensive Nutzung der Lernzeit. Zielführende Gespräche.<br />

2. Klares, aufmerksames, freundliches und respektvolles Lehrerverhalten.<br />

3. Klarheit der Aufgaben und Arbeitsabläufe.<br />

4. Methodenvielfalt und intelligentes (!) Üben, Training von Präsentationstechniken.<br />

5. Wahl- und Partizipationsmöglichkeiten auf allen Ebenen des<br />

Unterrichts.<br />

6. Ermöglichung individueller Lerninteressen und Lernwege,<br />

Anknüpfung an individuelle Lern- und -entwicklungsstände (individuelle<br />

Passung).<br />

7. Ritualisierung eines konsequenten Lehrer-Feedbacks und des<br />

Schüler-Feedbacks, auch bei Hausaufgaben.<br />

10<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


SCHULEN<br />

8. Wertschätzung bei der Gestaltung und Pflege von Räumen und<br />

des gesamten Schulgeländes.<br />

Wir müssen uns ergänzend fragen, in welcher Weise diese vor allem<br />

durch angloamerikanische Forschung abgesicherten Empfehlungen<br />

auch für jenen Unterricht ausreichen, der bewusst verhaltens- und<br />

lernschwierige Kinder einbezieht. Ich stütze mich dabei neben<br />

der vorhandenen Literatur (z.B. Hillebrand u.a. 2006, Meijer<br />

2003, Reiser 1997) auf eine eigene dreijährige Verlaufsstudie in<br />

zwölf Berliner Brennpunkt-Grundschulen, die Kinder mit dem<br />

offiziellen Etikett „sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich<br />

emotionale und soziale Entwicklung“, herkömmlich gesprochen<br />

verhaltensauffällige Kinder, mit jeweils einigen Stunden zusätzliche<br />

Förderung integrieren, aber ansonsten unter relativ ungünstigen<br />

sonstigen Umfeldbedingungen arbeiten. Die Ergebnisse liegen vor<br />

und können nachgelesen werden (Preuss-Lausitz 2005, Textor 2007).<br />

Die Schlussfolgerungen können darüber hinaus auch für die vielen<br />

anderen Kinder, die Schwierigkeiten beim Lernen und im Verhalten<br />

haben und machen (Arnold 2004), bezogen werden.<br />

Ich nenne 11 Punkte:<br />

1. Binnendifferenzierung ist auch für schwierige Kinder lerneffektiv,<br />

wenn sie auf den unterschiedlichen Ebenen des Curriculums,<br />

der Medien, der Sozialformen, der Präsentationsformen und der<br />

Bewertungsverfahren praktiziert wird. Binnendifferenzierung<br />

und Wahlmöglichkeiten erhöhten in unserer Studie tatsächlich<br />

die Lernaufmerksamkeit verhaltensauffälliger Schüler um fast das<br />

Doppelte (von 37% ohne jede innere Differenzierung auf 64% bei<br />

verschiedenen Formen), reduzierten Störverhalten und erhöhten<br />

signifikant das Wohlfühlen auch der schwierigen Kinder (vgl. auch<br />

Textor 2005, 216 f., Textor 2007, 212 ff.). Aber auch in dieser<br />

Studie kann die bekannte Warnung, schwierige Schüler würden<br />

durch zu viel offenen Unterricht, durch zu viel Wahlmöglichkeiten<br />

usw. desorientiert, nicht dementiert werden. Empfehlenswert sind<br />

also einige Wahlmöglichkeiten, wenn diese Optionsangebote etwa<br />

bei Lerninhalten, Sozialformen, Sitzplätzen oder Medien mit den<br />

Schülern einvernehmlich geklärt sind und die Klarheit der Abläufe<br />

und Absichten dadurch deutlich bleibt. Für alle Schüler gilt: Diffusität<br />

erzeugt Störung der Lern- und sozialen Prozesse (vgl. auch<br />

Nolting 2002).<br />

2. Zusätzliche Förderung ist innerhalb des Klassenraums, nicht<br />

räumlich getrennt, wirksamer. Bei verhaltensschwierigen Schülern<br />

führt das zu deutlich höherer Lernorientierung als räumlich getrennte<br />

Arbeit außerhalb der Klassenzimmer: Förderung im Raum führt<br />

zu einer Lernaufmerksamkeit von 65% in der Unterrichtszeit, Förderung<br />

auf Fluren oder im Gruppenraum von geringen 35%. Das<br />

widerspricht der Wahrnehmung vieler Lehrkräfte, ist aber empirisch<br />

gut abgesichert - und lässt sich mit der Kounin´schen Beobachtung<br />

(vgl. Nolting 2002, 31 ff.) erklären, dass Lehrkräfte mit aufmerksamen<br />

„Augen im Hinterkopf“ Lernorientierung und Lernleistung<br />

steigern. Sind sie zu zweit im Raum, sind Ansprechbarkeit als auch<br />

„Augen im Hinterkopf“ noch wirksamer für alle Schülerinnen und<br />

Schüler.<br />

3. Offener Unterricht im Sinne der verschiedenen Arbeitsformen<br />

(Projekte, Wochenplan, Umfeldbezug, Abwechslung, Wahlmöglichkeiten)<br />

verringert Störungen. 2<br />

4. Handlungsorienter Unterricht spricht vor allem jene Kinder an,<br />

die sich an der Maxime orientieren: „Begreifen durch Begreifen“.<br />

5. Sofortige Aufmerksamkeit und Präsenz bei Störungen nützt, aber<br />

nicht durch allgemeine Unterbrechung des Unterrichtsverlaufs,<br />

sondern vor allem durch nonverbale Signale (Blicke, Berühren,<br />

Hingehen).<br />

6. Bewegung und Expression durch Sport, Bewegungsübungen, auch<br />

in Toberäumen, aber auch durch Übungen der Stille sind besonders<br />

wichtig. Schulzufriedenheit, Aufmerksamkeit und Leistungen erhöhen<br />

sich, wenn im Sinne einer „bewegten Schule“ (Fischer 2000,<br />

Gudjons 2005) vor dem Fachunterricht zuvor Sport stattfindet oder<br />

Bewegungsübungen zwischen Unterrichtsphasen für Entspannung<br />

sorgen, um Konzentration zu ermöglichen. Das ist besonders<br />

wichtig für schwierige Jungen, wie überhaupt die jungenspezifische<br />

Förderung in der Grundschule noch sehr zu wünschen übrig lässt.<br />

Hier könnten männliche Sozialarbeiter, Sportler und Künstler eine<br />

wichtige ergänzende Rolle spielen.<br />

7. Die Einbeziehung der Mitschüler (Tutorensysteme, Helferformen,<br />

Schüler-Mediation bei Konflikten, Partizipation bei der Gestaltung<br />

von Unterricht, Klassenraum, Schulleben) eröffnet für schwierige<br />

Kinder die Möglichkeit, die oft vorhandene Isolation in der Klasse<br />

aufzubrechen. Daher muss die Partnerarbeit organisiert werden, sie<br />

kann nicht dem sozialen Darwinismus in der Gruppe überlassen<br />

bleiben.<br />

8. Dazu gehört auch: Es wird Aufgabe der Schule, beim Aufbau<br />

von Freundschaften kontaktgestörter oder aggressiver Kinder zu<br />

helfen. Freundschaftsbildung stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein,<br />

sondern auch die Lernfreude. Wir konnten zeigen, dass insgesamt<br />

die Unbeliebtheit verhaltensschwieriger Kinder sich im Laufe von<br />

drei Jahren verringerte und vor allem, dass ihre Schulfreude und<br />

Lernmotivation hoch blieb und das gemessene Klassenklima trotz<br />

der Integration verhaltensschwieriger Kinder im Durchschnitt verbesserte<br />

(Preuss-Lausitz 2005, 159 ff.).<br />

9. Verantwortungsübernahme und Partizipation sollte gezielt auch<br />

für Kinder mit Lern- und Verhaltensproblemen vorgesehen werden,<br />

gerade dann, wenn diese sich selbst wenig zutrauen (Ämter, Helfer,<br />

Gruppenleitungen, Diskussionsleitungen; Funktionen in Schülerfirmen,<br />

Aufrechterhaltung vereinbarter Regeln usw.).<br />

10. Das Klassenmanagement und die Lehrerhaltung spielen eine<br />

zentrale Rolle bei der Aufgabe, kein Kind zurückzulassen. Lehrer<br />

sollten sich einerseits zurück nehmen können („Lehrer als Lernbegleiter“),<br />

andererseits aber darauf achten, dass die Lernzeit von allen<br />

möglichst effektiv genutzt werden kann und jedes Kind zu seinem<br />

Recht kommt.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

11


SCHULEN<br />

11. Jede Grundschule sollte die Möglichkeit haben, explodierende<br />

Situationen im Unterricht durch eine regelhafte „Auszeit“ in einer<br />

sog. Schulstation, einem Schülerclub oder in einer Clearingstelle<br />

unterbrechen zu können. So könnten sie im Zusammenarbeit mit<br />

Erzieherinnen oder Sozialarbeitern erfolgreicher auf das Lern- wie<br />

auf das Sozialverhalten einzelner Kinder und ihrer Familien einwirken<br />

und gleichzeitig den sonstigen Unterricht sichern. In unserer<br />

Stichprobe konnten jene Schulen, die solche Einrichtungen hatten,<br />

darüber hinaus von einem entspannteren Gesamtklima berichten<br />

(vgl. auch Nevermann 2004, Sörensen 2004).<br />

Wir alle wollen eine Schule, die lernwirksam und entwicklungsunterstützend<br />

ist, die niemanden aussondert und in der die Grundlagen eines<br />

demokratischen, kooperativen Gemeinwesens gelegt wird. Wenn<br />

die von mir genannten Rahmenbedingungen und die genannten<br />

Lernprinzipien verwirklicht werden, dann wären wir auf dem Weg<br />

zu solch einer „guten“ Schule (vgl. Deutscher Schulpreis 2006). Auf<br />

diesen Weg müssen sich alle Akteure miteinander begeben.<br />

Anmerkungen<br />

1 Die folgenden Gesichtspunkte sind so zu interpretieren: Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit<br />

eines sowohl lerneffektiven als auch sozial befriedigenden Unterrichts<br />

für alle Schüler.<br />

2 Mutzeck (2000, 228) hält den offenen Unterricht, der allen Schülern individuelle<br />

Lernzeiten, Wahlmöglichkeiten und flexible Sozialformen ermöglicht, „als ein<br />

geradezu ideales Instrument der personalen und sozialen Integration von Schülern<br />

mit Verhaltensstörungen“.<br />

Literatur<br />

Alt, Chr. (Hrsg.): Kinderleben - Aufwachsen zwischen Familie, Freunden und<br />

Institutionen. Kinderpanel des DJI. 3 Bde., 2005, 2005, 2006<br />

Arnold, K.-H.: Von den Schwierigkeiten der Diagnostik „verhaltensgestörter“ Schülerinnen<br />

und Schüler. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder - Schwierige<br />

Schule. Konzepte und Praxisprojekte zur integrativen Förderung verhaltensauffälliger<br />

Schülerinnen und Schüler. Weinheim und Basel 2004, 24-36<br />

Bos, W. u.a. (Hrsg.): IGLU. Erste Ergebnisse aus IGLU, Münster 2003; Dies.,<br />

IGLU: Einige Länder der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und<br />

internationalen Vergleich. Münster 2004; Dies., IGLU. Vertiefende Analysen.<br />

Münster 2005<br />

Deutscher Schulpreis: http:// schulpreis.bosch-stiftung.de 2006<br />

Fischer, P.R.: Bewegte Schule. Kissing 2000<br />

Gudjons, H. (Moderator): Bewegter Unterricht. Schwerpunktheft Pädagogik (57)<br />

H. 10/2005, 6-37<br />

Helmke, A.: Unterrichtsqualität. 3. Aufl. Seelze 2004<br />

Helmke, A.: Was wissen wir über guten Unterricht? In: Pädagogik (58) H. 2/2006,<br />

42-45<br />

Hentig, H. v.: Die Schule neu denken. München und Wien 1993<br />

Heyer, P. / Preuss-Lausitz, U. / Sack, L. (Hrsg.): Länger gemeinsam lernen. Positionen<br />

- Forschungsergebnisse - Beispiele. Frankfurt/M. und Aurich 2003<br />

Hillenbrand, C. / Hennemann, Th. / Pütz, K.: Förderplanung in Schulen mit dem<br />

Förderschwerpunkt emotional-soziale Entwicklung in NRW. In: Zeitschrift für<br />

Heilpädagogik H. 10/2006, 371-379<br />

Klemm, K.: Was wissen wir über ein gutes Schulsystem? In: Pädagogik H. 7-8/2006,<br />

76-80<br />

Köbberling, A. / Reichert, G.: Verzahnung von Schule und Jugendhilfe in der Arbeit<br />

mit schwierigen Schülern. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder<br />

- Schwierige Schule. Konzepte und Praxisprojekte zur integrativen Förderung<br />

verhaltensauffälliger Schülerinnen und Schüler. Weinheim und Basel 2004,<br />

167-178<br />

KMK (Kultusministerkonferenz): Sonderpädagogische Förderung in Schulen 1994-<br />

2003. Stat. Veröffentlichung de KMK Nr. 177, Bonn Nov. 2005<br />

Meijer, C. (Hrsg.): Integrative Schulbildung und Unterrichtspraxis. Abschlussbericht<br />

in deutscher Sprache, european-agency.org, März 2003<br />

Meyer, H.: Was ist guter Unterricht? Berlin 2004<br />

Meyer, H.: Zehn Merkmale guten Unterrichts. In: Pädagogik (55) H. 10/2003,<br />

36-43<br />

Mutzeck, W.: Verhaltensgestörtenpädagogik und Erziehungshilfe. Bad Heilbrunn<br />

2000.<br />

Nevermann, Chr.: Schulstationen - Emotionale Stützung und soziale Integration im<br />

Lernfeld Schule. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder - Schwierige<br />

Schule. Konzepte und Praxisprojekte zur integrativen Förderung verhaltensauffälliger<br />

Schülerinnen und Schüler. Weinheim und Basel 2004, 16125-139<br />

Nolting, H.-P.: Störungen in der Klasse. Ein Leitfaden zur Vorbeugung und Konfliktlösung.<br />

Weinheim und Basel 2002<br />

Plünnecke, A. / Riese, I. / Stettes, O.: Bildungsmonitor 2007. IW-Analyse, Forschungsberichte<br />

aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln.<br />

Prenzel, M. u.a. (Hrsg.): PISA 2003. Münster, New York, München, Berlin 2004<br />

Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder - Schwierige Schule. Konzepte und<br />

Praxisprojekte zur integrativen Förderung verhaltensauffälliger Schülerinnen und<br />

Schüler. Weinheim und Basel 2004<br />

Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Verhaltensauffällige Kinder integrieren. Zur Förderung<br />

der sozialen und emotionalen Entwicklung. Weinheim und Basel 2005<br />

Preuss-Lausitz, U.: Probleme der Definition und Sicherung von Ressourcen sonderpädagogischer<br />

Förderung. In: Arnold, K.H. / Graumann, O. (Hrsg.): Handbuch<br />

Förderung. Weinheim und Basel 2008, Kap. 4.8<br />

Reiser, H. / Willmann, M.: Integrierte und ambulante Formen der Unterstützung<br />

bei Erziehungsschwierigkeiten in der Schule. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.):<br />

Schwierige Kinder - Schwierige Schule. Konzepte und Praxisprojekte zur integrativen<br />

Förderung verhaltensauffälliger Schülerinnen und Schüler. Weinheim<br />

und Basel 2004, 152-166<br />

Reiser, H: Lern und Verhaltensstörungen als gemeinsame Aufgabe von Grundschulund<br />

Sonderpädagogik unter dem Aspekt der Selektion. In: Z. f. Heilpädagogik<br />

(48), H. 7/1997, 266-275<br />

SchulVerwaltung spezial: Ist Sitzenbleiben noch zeitgemäß? Ed. H. Rademacker, H.<br />

4/2006. Mit Beiträgen u.a. von J. Krone/K.J. Tillmann, H. Döbert, S. Arntz, D.<br />

WunderJ. Rux, K. HöhmannA. Zimpel, E. Kleinlosen.<br />

Scholz, R.: Gefangen im Schonraum. Sonderschüler dürfen nur selten Regelschulen<br />

besuchen, angeblich zum Schutz der Kinder. In: Die Zeit Nr. 35, 23. 8. 2007,<br />

S. 59<br />

Schumann, B.: „Ich schäme mich ja so!“ Die Sonderschule für Lernbehinderte als<br />

„Schonraumfalle“. Bad Heilbrunn 2007<br />

Sörensen, B.: Schülerclubs - Lebensweltorientierte Jugendhilfe in der Schule. In:<br />

Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder - Schwierige Schule. Konzepte und<br />

Praxisprojekte zur integrativen Förderung verhaltensauffälliger Schülerinnen und<br />

Schüler. Weinheim und Basel 2004, 140-151<br />

Textor, A.: Analyse des Unterrichts mit „schwierigen“ Kindern. Hintergründe,<br />

Untersuchungsergebnisse, Empfehlungen. Bad Heilbrunn 2007<br />

Textor, A.: Verhaltensförderlicher Unterricht. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Verhaltensauffällige<br />

Kinder integrieren. Zur Förderung der sozialen und emotionalen<br />

Entwicklung. Weinheim und Basel 2005, 187-226<br />

Tillmann, K.-J.: Wenig Leistung und viel Selektion: Der PISA-Blick auf deutsche<br />

Schulen. In: <strong>GEW</strong> Bund: PISA-Info 02/2006 v. 11. 1. 2006<br />

Valtin,, R. / Wagner, chr. / Schwippert, K. : Schülerinnen und Schüler am Ende der<br />

vierten Klasse. In: Bos, W. u.a. (Hrsg.): IGLU. Vertiefende Analysen. Münster,<br />

New York u.a. 2005, 187-230<br />

Wocken, H.: Fördert Förderschule? Eine empirische Rundreise durch Schulen für<br />

„optimale Förderung“. In: Demmer-Dieckmann, I. / Textor, A. (Hrsg.): Integrationsforschung<br />

und Bildungspolitik im Dialog. Bad Heilbrunn 2007, 35-60<br />

Wößmann, L.: Frühe Selektion führt zu mehr Chancenungleichheit. Ergebnisse<br />

nationaler und internationaler Vergleiche. In: Pädagogik 59, H. 9/2007, 46-51<br />

Xylander, B. / Heusler, M. : Bilanz- und Zielgespräche. In: Pädagogik 59, H. 7-<br />

8/2007, 18-21<br />

12<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


SCHULEN<br />

„DENKT DAS MINISTERIUM AUCH ÜBER ENTLASTUNGEN NACH?“<br />

Podiumsdiskussion mit Staatsekretärin Vera Reiß und Prof. Preuss-Lausitz<br />

Klaus-Peter Hammer, der Moderator der Podiumsdiskussion,<br />

dankte Prof. Preuss-Lausitz zunächst für seinen engagierten<br />

und interessanten Vortrag und begrüßte die seit 1. September<br />

amtierende Staatssekretärin im MBWJK, Vera Reiß, die der<br />

Einladung zum Grundschultag nach eigenen Worten gerne<br />

gefolgt war.<br />

Seine erste Frage galt der Schulstruktur, untermauert<br />

durch die Thesen des gerade gehörten Referats: „Unsere<br />

zentralen <strong>GEW</strong>-Forderungen sind heute wieder einmal<br />

bestätigt worden. Gedenken die politisch Verantwortlichen<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bei der Strukturfrage den Kopf<br />

weiter in den Sand zu stecken und an der Zergliederung<br />

des Schulsystems festzuhalten - trotz eindeutiger Ergebnisse<br />

der Schul- und Lernforschung? Wie soll es in der<br />

Sek. I weitergehen?“ Die Staatssekretärin äußerte zunächst<br />

generell Zustimmung zu den Aussagen von Preuss-Lausitz,<br />

dessen Vortrag sie sehr genau und interessiert verfolgt<br />

habe. Sie kenne selbstverständlich die <strong>GEW</strong>-Position<br />

zur Schulstruktur, bat jedoch um Verständnis, dass sie<br />

der Ministerin nicht vorgreifen und hier bei der <strong>GEW</strong><br />

die geplanten Veränderungen vorstellen könne. Deshalb<br />

könne sie heute hierzu, aber auch zur Frage nach der 6-<br />

jährigen Grundschule keine Aussage machen. Sie verwies<br />

darauf , dass die Ministerin im Oktober die Öffentlichkeit<br />

über die geplante Weiterentwicklung der Sekundarstufe<br />

I informieren werde, meinte jedoch, dass der Weg in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> in die richtige Richtung gehe.<br />

Zur Frage der Schulschließung meinten beide Diskutanten,<br />

dass so viel Schulstandorte wie möglich erhalten<br />

bleiben sollten, insbesondere kleine Grundschulen. Für<br />

Hauptschulen soll laut Reiß mit den Betroffenen nach<br />

intelligenten Lösungen gesucht werden.<br />

Beim Thema „Integration“ - [in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> werden<br />

10 127 Kinder in Förderschulen, den alten Lernbehindertenschulen,<br />

und 858 in Klassen und Schulen für<br />

Erziehungshilfe unterrichtet-] meinte Reiß, dass sich<br />

dies unbedingt gravierend ändern müsse. „Statt Aussonderung<br />

muss das Ziel Integration sein.“ Auf dem<br />

Weg dahin seien im Land aber noch einige Widerstände<br />

zu überwinden. Preuss-Lausitz verwies noch einmal auf<br />

Untersuchungen, die zeigen, dass die Lernleistungen von<br />

Kindern, die die Förderschulen besuchen, trotz besserer<br />

Rahmenbedingungen abnehmen. „Die Arbeit von gut<br />

ausgebildeten und besser bezahlten Sonderpädagogen<br />

ist -entgegen ihrem Wollen- ineffektiv. Je früher Kinder<br />

in Förderschulen kommen, desto „dümmer“ werden sie.<br />

So bringt es Wocken aufgrund seiner Untersuchungen<br />

polemisch auf den Punkt.“<br />

Er rechnete vor, dass Integration mit den notwendigen<br />

Rahmenbedingungen, d. h. Auflösung der Förderschulen,<br />

Einsatz der Sonderpädagoginnen in den Regelschulen<br />

nicht teurer würde als das aktuelle System.<br />

Insbesondere die Schulträger hätten große Kostenersparnisse.<br />

Es müsse hier zu einem Ausgleich zwischen<br />

Finanz- und Bildungsministerium und dem Schulträger<br />

kommen.<br />

Die Hauptklientel an Förderschulen sind Kinder mit<br />

Migrationshintergrund und Jungen. In diesem Zusammenhang<br />

sprach Klaus-Peter Hammer die besondere<br />

Benachteiligung der Jungen in unserem Schulsystem an:<br />

In ihre Leistungsbeurteilung fließen oft Verhaltensurteile<br />

ein, sie werden schneller an Förderschulen abgeschoben<br />

und erhalten schlechtere Prognosen am Ende der Grundschulzeit.<br />

Jungen seien an Förderschulen überproportional<br />

vertreten.<br />

Preuss-Lausitz: „Jungen werden in der Schule deutlich<br />

benachteiligt, dafür sind Lehrerinnen verantwortlich,<br />

denen dies gar nicht bewusst ist. Es müssten unbedingt<br />

mehr männliche Lehrkräfte in die Schulen, insbesondere<br />

in die Grundschule, aber auch in die weiterführenden<br />

Systeme.“ Dies wird seiner Meinung nach erst geschehen,<br />

wenn die Arbeit der GrundschulpädagogInnen gesellschaftlich<br />

und finanziell aufgewertet wird: „Die Reform<br />

der Grundschule wurde von den Lehrerinnen initiiert und<br />

mit großem Engagement umgesetzt. Ihnen wurde und<br />

wird in unserem Schulsystem immer wieder Neues abverlangt,<br />

ohne dass dies entsprechend gewürdigt wird.“<br />

Dieses Engagement wurde von Vera Reiß bestätigt, eine<br />

Verbesserung bzw. Aufwertung der Arbeit an Grundschulen<br />

stellte sie jedoch nicht in Aussicht.<br />

Sie verwies darauf, dass einige von Preuss-Lausitz genannten<br />

Aspekte für eine zukunftsfähige Grundschule<br />

mit mehr Chancengleichheit in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> auf den<br />

Weg gebracht seien: Sprachstandsdiagnostik und Sprachförderung<br />

im letzten Kita-Jahr; es sei auch angedacht,<br />

alle schulpflichtigen Kinder aufzunehmen und keine Zurückstellungen<br />

zuzulassen. Einschub von Preuss-Lausitz:<br />

„Auch nicht auf Wunsch der Eltern, da Zurückstellungen<br />

ineffektiv sind, nicht nur für bildungsferne, sondern<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

13


SCHULEN<br />

auch für beeinträchtigte und entwicklungsverzögerte<br />

Kinder!“<br />

Beide waren sich über die Notwendigkeit einer intensiveren<br />

Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Kita einig,<br />

Reiß berichtete von dem großen Interesse an den vom<br />

Ministerium initiierten gemeinsamen Fortbildungsveranstalten<br />

von ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen.<br />

Angedacht sei die flexible Eingangsstufe, in der Kinder<br />

zwischen einem und drei Jahren verbleiben könnten.<br />

Auch die Forderung nach mehr individueller Förderung<br />

und der Verzicht auf Sitzenbleiben und Zurückstellung<br />

wird vom Ministerium unterstützt.<br />

Zum Schluss ging Klaus-Peter Hammer noch einmal<br />

auf die Rahmenbedingungen für die Grundschule ein:<br />

„Auf die GrundschulkollegInnen sind in den letzten<br />

Jahren immer neue Aufgaben zugekommen und es geht<br />

wahrscheinlich weiter! Denkt das Ministerium auch<br />

über Entlastungen nach? Prof. Preuss-Lausitz hat Untersuchungen<br />

zitiert, die belegen, dass die Klassengröße<br />

einen wichtigen Einfluss auf die Schülerleistungen hat,<br />

dass in kleinen Klassen günstigere Sozialformen und<br />

motivierende Unterrichtsmethoden eher möglich sind.<br />

Die Kinder haben mehr Zeit und Raum miteinander<br />

zu kommunizieren. Wird die alte <strong>GEW</strong>-Forderung „25<br />

Kinder sind genug“ in Zeiten rückläufiger Schülerzahlen<br />

endlich umgesetzt?“<br />

Staatssekretärin Reiß bedauerte, dass sie auch hier keine<br />

Antwort geben könne, mit der sie Applaus ernten würde.<br />

Sie versprach aber, dass sie viele Anregungen, Ideen und<br />

berechtigten Forderungen des heutigen Tages mitnehmen,<br />

bei ihrer Arbeit bedenken und sich auch dafür einsetzen<br />

wolle. Sie wünsche sich eine offene kritisch-konstruktive<br />

Zusammenarbeit mit der <strong>GEW</strong> und allen an Bildung<br />

Interessierten und im Bildungsbereich Tätigen.<br />

Preuss-Lausitz forderte die Politiker auf, alles Ideologische<br />

beiseite zu schieben, endlich aus den Forschungsergebnissen<br />

die richtigen Schlüsse zu ziehen, damit konkrete<br />

Verbesserungen auch spürbar werden.<br />

Angelika Zauner-Kröher<br />

154<br />

Sparkassen-Finanzgruppe<br />

154<br />

185<br />

Geschenke versüßen die Zukunft:<br />

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S<br />

14<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


FACHKONGRESS: ANKÜNDIGUNG<br />

-Fachkongress für Lehrkräfte an weiterführenden Schulen<br />

SCHULE DER ZUKUNFT – EINE SCHULE FÜR ALLE<br />

Montag, 25. Februar 2008, 09.00 - 17.00 Uhr<br />

Mainz, Bildungszentrum Erbacher Hof<br />

ABLAUF<br />

09.00 Uhr<br />

Anmeldung<br />

09.30 Uhr<br />

Begrüßung<br />

Tilman Boehlkau, <strong>GEW</strong>-<br />

Landesvorsitzender<br />

09.45 Uhr<br />

Einführungsreferat<br />

„Lernen und leben in einer<br />

Schule ohne Auslese“<br />

Laborschule Bielefeld - Modell für<br />

die Schule der Zukunft?<br />

Prof. Dr. Susanne Thurn,<br />

Schulleiterin Laborschule Bielefeld<br />

10.30 Uhr<br />

Aussprache zum Referat<br />

11.00 Uhr<br />

Pause<br />

11.15 Uhr<br />

Fachforen<br />

12.30 Uhr<br />

Mittagessen<br />

13.30 Uhr<br />

Schwarzlichttheater -<br />

eine Darbietung von<br />

SchülerInnen der Regionalen<br />

Schule Boppard<br />

14.15 Uhr<br />

Fachforen (Fortführung)<br />

16.00 Uhr<br />

Publikumsdiskussion mit<br />

Staatsministerin Doris Ahnen<br />

17.00 Uhr<br />

Ende der Veranstaltung<br />

Forum 1<br />

Abschied vom Schubladendenken<br />

Dr. Gabriele Lindemer, Didaktische Koordinatorin<br />

und Dietmar Schumacher, Schulleiter<br />

IGS Hamm<br />

Forum 2<br />

Eine Schule für alle -<br />

Kollegien auf dem Weg<br />

Frieder Bechberger-Derscheidt, Abt.-Ltr. a.<br />

D. MBWJK<br />

Forum 3<br />

Umgang mit heterogenen Lerngruppen<br />

unter besonderer Berücksichtigung der<br />

Begabtenförderung<br />

StR‘ Monika Jost, Gymnasiallehrerin und<br />

externe Beraterin des MBWJK im Rahmen<br />

der Entwicklung eines Konzeptes zur Begabtenförderung<br />

Forum 4<br />

Schulbau - Architektur des Lernens<br />

Dipl. Ing. Kerstin Büttner, Architektin und<br />

Dipl. Ing. Reinhard Mack, Architekt<br />

Forum 5<br />

Arbeitsweltklasse<br />

Rosemarie Kremling, Lehrerin, Hans-Jürgen<br />

Reichenbecher, Lehrer, HS Bännjerrück Kaiserslautern<br />

Forum 6<br />

Erweiterte Berufsorientierung in der Ganztagsschule<br />

Christiane Eichhorn, Lehrerin, Ralf Netscher,<br />

Konrektor, HS Hochspeyer<br />

Forum 7<br />

Ein Einblick in die türkische Kultur - Hintergrundinformationen<br />

für ein besseres<br />

Verständnis und Miteinander<br />

Mehmet Kilic, L, HS am Römerkastell Bad<br />

Kreuznach<br />

Forum 8<br />

Mobbing unter Schülern und Schülerinnen<br />

Achim Aschenbach, Dipl. Psych., Ina Faßheber,<br />

Dipl. Psych., SpBz Kirchheimbolanden<br />

Forum 9<br />

Inklusion<br />

Theresia Görgen, Förderlehrerin und Sylvia<br />

Sund, Förderlehrerin, stellv. <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />

Forum 10<br />

Projekte des Netzwerks für Demokratie und<br />

Courage<br />

Christian Möckel, Kai Partenheimer, Netzwerk<br />

für Demokratie und Courage<br />

Forum 11<br />

Arbeit mit jahrgangsübergreifenden<br />

Gruppen<br />

Wolfgang Braunstein, Konrektor, GS Zeppelinschule<br />

Speyer<br />

Forum12<br />

Jungenpädagogik<br />

Klaus-Peter Hammer, Fachleiter am Studienseminar<br />

Grund- und Hauptschulen Kaiserslautern<br />

Forum 13<br />

Mädchen an die Spitze<br />

Petra Mohr, Rektorin, Nardinischule<br />

Germersheim<br />

Forum 14<br />

Anti-Aggressionstraining<br />

Karl-Heinz Schreiber, Dipl. Sozialarbeiter (FH),<br />

Anti-Gewalt-Trainer<br />

ANMELDUNGEN erfolgen nach Reihenfolge der Eingänge. Es werden keine Anmeldebestätigungen verschickt.<br />

KOSTEN: <strong>GEW</strong>-Mitglieder: kostenfrei Nicht-Mitglieder: 20 EUR (das Mittagessen ist kostenfrei) IFB-AZ.: 55 062<br />

TAGUNGSORT: Bildungszentrum Erbacher Hof Grebenstraße 24 -26, 55116 Mainz 06131 257-0, Fax: 06131 257-514<br />

Autobahnausfahrt Mainz-Laubenheim, Richtung Innenstadt, Rheinstraße, links abbiegen in die Heugasse und geradeaus weiter in die Grebenstraße.<br />

Autobahnausfahrt Mainz-Mombach, Richtung Innenstadt, Rheinstraße, rechts abbiegen in die Heugasse und geradeaus weiter in die Grebenstraße.<br />

VERANSTALTER: <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Neubrunnenstr. 8 55116 Mainz Tel.: 06131 28988-0 Fax: 06131 28988-80 E-Mail: gew@gew-rlp.de www.gew-rlp.de<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

15


TARIFPOLITIK<br />

BEAMTINNEN PROTESTIEREN GEGEN BESOLDUNGSPLÄNE<br />

Etwa 1.000 Beamtinnen und Beamte aus <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

demonstrierten Ende Oktober im Zusammenhang mit der<br />

Ausschuss-Anhörung gegen den Gesetzentwurf der Landesregierung,<br />

nach dem die rund 63.000 rheinland-pfälzischen<br />

Beamtinnen und Beamten ab 2008, je nach Besoldungsgruppe,<br />

nur 0,5% bis 1,7% mehr bekommen sollen.<br />

Der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Mitgliedsgewerkschaften<br />

fordern mit der Demonstration die Übertragung<br />

der Tarifergebnisse auf den Beamtenbereich. Die meisten<br />

anderen Bundesländer orientieren sich am Tarifabschluss für<br />

den öffentlichen Dienst und zahlen ab 2008 bis zu 3%. Das<br />

müsse auch für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> machbar sein.<br />

Der DGB-Vorsitzende Muscheid: „Wir verkennen nicht die<br />

Haushaltssituation des Landes. Aber Investitionen in die<br />

Zukunft sind auch Investitionen in die Beschäftigten. Die<br />

Beamtinnen und Beamten dürfen nicht bei der allgemeinen<br />

Lohnentwicklung abgekoppelt werden. Wenn wir den Wettbewerb<br />

mit unseren Nachbarländern nicht verlieren wollen,<br />

muss dringend nachgebessert werden.“<br />

pm<br />

MEHR IST MAL WIEDER WENIGER<br />

Lohn- oder Gehaltserhöhungen sind Begriffe, die durchweg positiv<br />

besetzt sind. Und lösen Freude bei denen aus, die davon profitieren,<br />

denn eine Erhöhung bringt ja einen Zuwachs, ein Mehr. In diesem<br />

Falle ein Mehr an Geld und davon kann kaum jemand genug kriegen.<br />

Leuchtende Beispiele für das „Nicht-Genug-Kriegen-Können“ sind<br />

ganze Heerscharen von Managern, Showgrößen, ProfisportlerInnen,<br />

PolitikerInnen, von den Größen des kriminellen Untergrundes ganz<br />

zu schweigen.<br />

Am ersten Oktober war es endlich soweit: Nach drei Jahren, in denen<br />

nur die Preise und Managergehälter stiegen, steigen jetzt auch mal<br />

die Gehälter und Pensionen von rheinland-pfälzischen LandesbeamtInnen<br />

wieder. Zwar nur ein halbes Prozent, aber besser fast nichts<br />

als gar nichts.<br />

Also war die Neugier groß, als ich die Post von der Oberfinanzdirektion<br />

im Briefkasten fand. Kuvert aufreißen, konzentrierter Blick auf die<br />

letzte Zahl in der rechten Spalte der Gehaltsmitteilung - aber was soll<br />

denn das? Das ist doch haargenau der Betrag des Nettoruhegehalts,<br />

den ich schon seit drei Jahren kenne! Da ist doch ein Fehler bei der<br />

Berechnung passiert! Ruhig bleiben, tief durchatmen, genau prüfen,<br />

rede ich mir gut zu.<br />

Nach nur zwei Minuten Vor- und Zurückblättern in den Gehaltszetteln<br />

der letzten Jahre habe ich begriffen: Rechnerisch erhalte ich<br />

eine Erhöhung von 17,61 € meines Grundgehaltes, aber die wird<br />

aufgefressen durch den abzuziehenden höheren Betrag des Anpassungsfaktors<br />

zur Absenkung des allgemeinen Pensionsniveaus. Aber es kommt<br />

noch besser: Nach Abzug des Anpassungsbetrages ist mein „erhöhtes“<br />

Ruhegehalt um sieben Cents niedriger als der vorherige Betrag! Aber<br />

das darf Gott sei Dank nicht sein, es gibt ja ein Landesbeamtenrecht<br />

und eine gesetzliche Bestandsgarantie. Was macht also mein überaus<br />

großzügiger Dienstherr? Er schenkt mir tatsächlich künftig jeden Monat<br />

sieben Cents, damit ich bis auf die zweite Stelle hinterm Komma exakt<br />

das wieder erhalte, was ich schon vor der Erhöhung hatte!<br />

Nach dem ersten Erstaunen ob der ungewohnten Kulanz meines<br />

Dienstherrn beschleichen mich leise Zweifel. Was geschieht denn, wenn<br />

eine Gehaltserhöhung tatsächlich unterm Strich wieder mal etwas<br />

bringen würde? Werden dann die jetzt „geschenkten“ sieben Cents<br />

wieder einbehalten? Sind sie vielleicht nur ein Kredit bis zur nächsten<br />

„Gehaltssteigerung“- wann immer die auch sein wird - die nicht unter<br />

die Bestandsgrenze fällt? Werden dann vielleicht auch Zinsen fällig<br />

für die gewährten Ausgleichzahlungen? Und was geschieht, wenn die<br />

eventuellen zukünftigen „Besoldungserhöhungen“ durch sich steigernde<br />

Zuzahlungen immer wieder ausgeglichen werden müssten? Wird sich<br />

dann der Landesgesetzgeber nicht irgendwann einfach gezwungen sehen,<br />

diese lästige Bestandsgarantie aufzuheben?<br />

Verstehen könnte ich das schon. Diese kleinen Beträge machen den Kohl<br />

der einzelnen BezieherInnen von Ruhegehalt ja eh nicht fett. Zudem<br />

tun die ja ohnehin nichts für das Geld, das sie kriegen. Es wäre doch<br />

viel sinnvoller, wenn diese Minibeträge in einen „Topf“ gesammelt<br />

würden. Damit könnte die Landesregierung dann noch mehr Not leidende<br />

Ex-Manager und Exprofis des 1. FC Kaiserslautern oder sonstiger<br />

Sportvereine im Land unterstützen, ohne den rheinland-pfälzischen<br />

Haushalt zusätzlich zu belasten. Außerdem würde solch ein kostengünstiges<br />

Sponsoring den LandespolitikerInnen großen Imagegewinn<br />

verschaffen, da diese Art der „Sportförderung“ voll zu Lasten der allseits<br />

so wenig geliebten BeamtInnen ginge.<br />

U. Karch<br />

16<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


TARIFPOLITIK<br />

Fotos S.16+17: Behlich, Bundrück, Imhof und Küssner<br />

Tarifrunde 2008:<br />

PORTAL ONLINE<br />

Im Januar 2008 beginnt die Tarifrunde für Bund und Kommunen. Für die<br />

Beschäftigten in pädagogischen Berufen geht es in den Verhandlungen um eine<br />

kräftige Anpassung ihres Gehalts. Denn nach jahrelangen Sparkonzerten ist es<br />

endlich an der Zeit, dass pädagogische Arbeit auch angemessen bezahlt wird.<br />

Argumente, Meinungen und Tarifforderungen:<br />

reinklicken in www.gew-tarifrunde2008.de<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

17


HOCHSCHULEN<br />

GLEICHE UND GLEICHERE<br />

Leistungslohn aus Sicht des Ministeriums<br />

Eine nicht ganz ernstzunehmende Betrachtung des Entwurfs<br />

einer Neufassung der „Landesverordnung zur Änderung der<br />

Landesverordnung über Leistungsbezüge sowie Forschungsund<br />

Lehrzulagen im Hochschulbereich“ formulierte Werner<br />

Dörr von der Fachgruppe Hochschulen.<br />

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und<br />

Kultur in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> sorgt sich, wie wir wissen,<br />

immer um das Wohlergehen der Beschäftigten im Bildungsbereich.<br />

Da bleibt es nicht aus, dass Verordnungen<br />

erlassen werden, die auch das Einkommen betreffen. Da<br />

sind wir zwar eher Unerfreuliches gewöhnt, aber, wie die<br />

jüngste Entwicklung zeigt, es werden neuerdings auch<br />

eher unerwartete Geschenke verteilt.<br />

Besonders überraschend ist dies allerdings, wenn es<br />

denn so ganz und gar gegen den Trend der Zeit geht und<br />

„Leistungszulagen“ betrifft, deren segenbringende Notwendigkeit<br />

seit einigen Jahren quer durch alle Parteien<br />

zum allerheiligsten Lockmittel der neoliberalen Reform<br />

des Öffentlichen Dienstes gemacht wird (und auch die<br />

Gewerkschaften haben sich mit ihrer Zustimmung zu<br />

den Leistungselementen in TVÖD und TVL ja in diese<br />

Phalanx einreihen lassen).<br />

Möglicherweise hat ja die Landesregierung bereits erkannt,<br />

dass die Feststellung der Bundes - <strong>GEW</strong>, die nun<br />

in viele Bundes- und Landesverbandsbeschlüsse Eingang<br />

gefunden hat, richtig ist, wonach Leistungsbezahlung<br />

kein geeignetes Instrument darstellt, um in Schulen und<br />

Hochschulen die Qualität der Arbeit zu verbessern.<br />

Jedenfalls beginnt sie nun damit, die gesetzlichen Instrumente<br />

des Leistungslohns, der für die Professorenschaft<br />

mit der W-Besoldung 2002 (Bund)-2004 (<strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong>) eingeführt worden ist, zu unterminieren.<br />

Bei der Einführung der W-Besoldung wurden bis dahin<br />

auch für Professorinnen und Professoren geltenden<br />

Dienstaltersstufen abgeschafft. Seither gibt es eine an<br />

einem mittleren Dienstalter orientierte Grundvergütung,<br />

die aus Anlass der ersten oder einer weiteren Berufung<br />

mit „Berufungs-Leistungszulagen“ versehen wird. Hinzu<br />

kommen „Leistungszulagen“, die von der jeweiligen<br />

Hochschule nach dort festzulegenden Kriterien (u. a.<br />

Qualität der Lehre, Engagement in Lehre und Selbstverwaltung,<br />

Forschungsaktivität, Publikationen ...) und<br />

im Rahmen der jeweils dort verfügbaren Mittel gewährt<br />

werden können.<br />

Mit der Einführung der W-Besoldung verblieben die vorhandenen<br />

Professorinnen und Professoren in ihren nach<br />

C2, C3 oder C4 besoldeten Ämtern, mit allen Rechten<br />

des Aufstiegs in Dienstaltersstufen usw. . Sie müssen sich<br />

allerdings darauf einrichten, dass sie bei einem weiteren<br />

„Ruf“ nur noch nach „W“ besoldet werden und sich dann<br />

zukünftig vor Gehaltssteigerungen der Leistungsüberprüfung<br />

unterziehen müssen.<br />

Allerdings steht ihnen auch die Möglichkeit offen, auf<br />

eigenen Wunsch in die W-Besoldung zu wechseln, wobei<br />

ihnen allerdings lediglich die nach den Regeln ihrer jew.<br />

Hochschule möglichen Leistungszulagen, keine Berufungs-Leistungszulagen<br />

aus Anlass des Wechsels gewährt<br />

werden.<br />

Diese Regelung möchte das Bildungsministerium nun<br />

durchbrechen und mittels einer Sondervorschrift einigen<br />

C2- Professorinnen und Professoren an Fachhochschulen<br />

den „freiwilligen Wechsel“ in die W-Besoldung an der<br />

eigenen Hochschule mit besonderen und im Gesetz nicht<br />

vorgesehenen Berufungszulagen versüßen.<br />

Begründet wird die Verordnung damit, dass “die langjährig<br />

geübte Praxis sowohl der späteren Übertragung eines Amtes<br />

der Besoldungsgruppe C 3 als auch der diesbezüglichen<br />

Berufungsverhandlungen (...) nach In-Kraft-Treten des<br />

Professorenbesoldungsreformgesetzes nicht mehr fortgeführt<br />

werden“ kann.<br />

Genau dieses abzustellen und Gehaltssteigerungen für<br />

Professorinnen und Professoren zukünftig allein an<br />

Leistungskriterien zu binden, war jedoch die Absicht der<br />

gesetzlichen Neuregelung der Professorenbesoldung, die<br />

auch <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> seinerzeit noch politisch begrüßt<br />

hat.<br />

Der Vorschlag zur Änderung der LVO über Leistungsbezüge<br />

widerspricht somit krass dem Grundprinzip des neuen<br />

Besoldungsrechts für Professoren, da er Leistungsbezüge<br />

an ein anderes Kriterium als Leistung (oder Berufung)<br />

knüpft (nämlich daran, bis zu welchem Zeitpunkt jemand<br />

auf eine C 2-Professur berufen worden ist). Dies unterläuft<br />

das Besoldungsrecht und stellt einen Verstoß gegen das<br />

Prinzip der Bestenauslese (§ 33 Abs.5 GG) dar.<br />

Die Verordnung benachteiligt auch diejenigen Professorinnen<br />

und Professoren der Besoldungsgruppe C2<br />

an Fachhochschulen, die bereits in Anerkennung der<br />

neuen Gesetzeslage freiwillig den Übergang in die neue<br />

Besoldungsordnung vollzogen haben, da ihnen keine<br />

nachträglichen Berufungsleistungsbezüge aus Anlass des<br />

freiwilligen Wechsels nach W2 mehr gewährt werden<br />

können.<br />

Die Verordnung benachteiligt weiterhin die bereits nach<br />

W2 neu eingestellten Professorinnen und Professoren,<br />

da der Gesamtbetrag der für die Zukunft zur Verteilung<br />

bereitstehenden Leistungszulagen gemindert wird. Aus<br />

dem gleichen Grunde benachteiligt die Verordnung<br />

weiterhin die Einkommensgestaltung der zukünftig neu<br />

einzustellenden Professorinnen und Professoren : Leistungszulagen<br />

können im Rahmen der Personaletats der<br />

Hochschulen nur in der Größenordnung gewährt werden,<br />

18<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


HOCHSCHULEN<br />

in der durch das Ausscheiden von C3-Stelleninhaberinnen<br />

und -inhabern entsprechende Gehaltspositionen frei werden.<br />

Wenn diese nun zum Teil oder sogar überwiegend<br />

von den noch vorhandenen C2-Professorinnen und<br />

Professoren beansprucht werden, sinken die für Neuberufungen<br />

in den Haushalten verfügbaren Mittel und der<br />

Spielraum für Berufungs- und Leistungszulagen wird auf<br />

Jahre verringert.<br />

Insgesamt wirkt diese Verordnung daher entgegengesetzt<br />

zum Anliegen des Gesetzes, durch Leistungszulagen eine<br />

Motivation zum verstärkten Einsatz in Lehre und Forschung<br />

zu schaffen und schafft allein auf „Anciennität“<br />

und „Erwartungshaltung aus der Vergangenheit“ gegründete<br />

Gehaltssteigerungen für eine Professorengruppe an<br />

Fachhochschulen unter Benachteiligung der übrigen.<br />

Nicht übersehen werden sollte auch, dass in der Begründung<br />

der Verordnung auch noch eine krasse Unwahrheit<br />

aufgetischt wird: Es entspricht nämlich nicht den<br />

Tatsachen, wenn der Verordnungsgeber behauptet, “die<br />

langjährig geübte Praxis sowohl der späteren Übertragung<br />

eines Amtes der Besoldungsgruppe C 3 als auch<br />

der diesbezüglichen Berufungsverhandlungen kann nach<br />

In-Kraft-Treten des Professorenbesoldungsreformgesetzes<br />

nicht mehr fortgeführt werden“. Eine „langjährig geübte<br />

Praxis“ von Berufungsverhandlungen anlässlich der Übertragung<br />

einer C3-Professur existiert in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

nicht, schon gar nicht an Fachhochschulen (Vgl. dazu<br />

zuletzt die Stellungnahme des Wissenschaftsrates vom<br />

20.05.2005, WR-Drs. 6709-05, S.24). Weder gab es bei<br />

C3 Professuren verhandelbare Gehaltsbestandteile, noch<br />

gab es an Fachhochschulen eine verhandelbare Ausstattung<br />

von Professuren mit Unterschieden zwischen den<br />

Besoldungsgruppen C 2 und C3.<br />

Nun könnte man allerdings auch der Auffassung sein,<br />

das Ministerium habe nun endlich wirklich die Nöte der<br />

Menschen wahrgenommen, welche sich darauf eingelassen<br />

haben, eine C2-Professur an einer Fachhochschule<br />

zu übernehmen in der Erwartungshaltung, irgendwann<br />

pensionswirksam eine Beförderung vom Endgehalt in C2<br />

(4.806,50 €) zum Endgehalt C3 (5.358,37 €) zu erhalten<br />

und sich nun damit konfrontiert sehen, entweder im<br />

Endgehalt C2 zu verbleiben, oder sich einer zukünftigen<br />

mehrmaligen Leistungsüberprüfung unterziehen zu müssen,<br />

wenn sie höhere Bezüge erzielen möchten.<br />

Zwar wurden bei den letzten Besoldungsreformen (z.B.<br />

der A- Besoldung mit der Verlängerung der Lebensaltersstufen)<br />

solche „Erwartungshaltungen“ immer beinhart<br />

negiert - aber warum sollte ein Ministerium hier nicht<br />

auch bereit sein, zukünftig Großzügigkeit an den Tag<br />

zu legen? Als Gewerkschafter würden wir einer solchen<br />

Haltung immer applaudieren!<br />

Keinen Applaus jedoch kann es dann dafür geben, dass<br />

das Ministerium in der gleichen Verordnung die eingangs<br />

großzügig angekündigte Ausschüttung von Zulagen durch<br />

eine Haushaltsvorschrift so begrenzt, dass der „Segen“ für<br />

die Hochschulen eher zu „Fluch“ werden könnte.<br />

Durch den Vorbehalt, dass bis 2012 jährlich nur 5% der<br />

C2-Professorinnen und Professoren nach W wechseln und<br />

aus Anlass dieses Wechsels Berufungs-Leistungsbezüge<br />

erhalten können, wird nur maximal ein Viertel (gem.<br />

Haushaltsplan 2007 etwa 83 von 317) der potentiell<br />

Betroffenen einen Übertritt von C nach W nach dieser<br />

Vorschrift vollziehen können.<br />

Wie diese auszuwählen sind, dürfen die Hochschulen<br />

entscheiden - der Ärger ist vorprogrammiert.<br />

Womit bewiesen wäre: der Mut zum Bruch von Prinzipien<br />

reicht auch im Bildungsministerium nur bis zum<br />

Haushaltsreferat …<br />

Fotos: Internet<br />

Neue LehrerInnenbildung:<br />

GROSSER SCHRITT ODER EIN KLEINES SCHRITTCHEN?<br />

„Der Start der neuen Lehrerbildung zum Wintersemester<br />

2007/08 an den Universitäten Kaiserslautern und Koblenz-<br />

Landau wird von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

begrüßt,“ betonte die stellvertretende <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende,<br />

Sylvia Sund, vor der Presse. Die <strong>GEW</strong> bedauere<br />

aber ausdrücklich, dass die Universitäten Trier und Mainz<br />

erst im nächsten Jahr mit dem neuen Lehrerbildungskonzept<br />

beginnen und somit noch kein flächendeckender Start der<br />

Lehrerbildungsreform in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> erfolgen kann.<br />

Der jetzt für alle Lehramtsstudiengänge geltende verstärkte<br />

Praxisanteil, von der <strong>GEW</strong> seit Jahren gefordert, sei ein<br />

wichtiger Baustein des neuen Lehrerbildungskonzeptes,<br />

ebenso, dass nun für alle Schularten gleiche grundlegende<br />

Kenntnisse in Pädagogik, Psychologie und Didaktik erforderlich<br />

werden.<br />

Ein grundsätzlich richtiger Weg ist aus Sicht der <strong>GEW</strong><br />

auch die Festlegung für die Zielschulart nicht wie bisher<br />

zu Studienbeginn, sondern nach dem 4. Semester. Aus<br />

Gewerkschaftssicht wäre es jedoch sinnvoller gewesen, diese<br />

Festlegung erst in der Masterphase, d.h. nach dem Bachelor-<br />

Studium, zu fordern. Die für die verschiedenen Schularten<br />

unterschiedliche Masterphase sei ein Schwachpunkt der<br />

Reform, zumal nicht feststehe, ob ein zweisemestriger Masterabschluss<br />

für Grund-, Haupt- und Realschulen oder ein<br />

dreisemestriger für Förderschulen im europäischen Ausland<br />

Anerkennung finden werde. Für die <strong>GEW</strong> nicht verständlich<br />

und akzeptabel sei, dass für Studierende aller Schularten kein<br />

zeitlich gleiches viersemestriges Masterstudium verpflichtend<br />

angeboten wird. Eine gründliche und solide Lehrerbildung in<br />

wissenschaftlicher und praktischer Hinsicht solle schließlich<br />

für alle Lehrämter die Maxime sein, so die stellvertretende<br />

<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />

„Eine nicht genutzte Reformchance ist das Beibehalten der<br />

schulartenbezogenen Lehrerbildung. Die <strong>GEW</strong> bedauert,<br />

dass es die Landesregierung nicht gewagt hat, eine schulstufenbezogene<br />

Lehrerbildung einzuführen und weiterhin an<br />

den alten Zöpfen der schulartbezogenen Ausbildung festhält,“<br />

kritisierte Sund.<br />

pm<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

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SCHULISCHE ERFAHRUNGEN BEKANNTER RHEINLAND-PFÄLZER<br />

VOM GYMNASIALLEHRER ZUM MEDIZINPROFESSOR<br />

Im Gespräch: Prof. Dr. Günter Dhom<br />

Wie es sich für seine Generation gehörte, studierte Günter Dhom zunächst<br />

Fächer wie u. a. Soziologie und Rechtswissenschaft, mit deren Hilfe zeittypisch<br />

die Welt positiv verändert werden sollte. Nach dem 1. Staatsexamen<br />

für das Lehramt in den Fächern Anglistik und Politikwissenschaft die<br />

überraschende Wende: Statt ins Referendariat ging es in einen ganz anderen<br />

Berufszweig, die Zahnmedizin, später dann spezialisiert auf Oralchirurgie.<br />

Zwischenzeitlich ist der Mittfünfziger eine weit über die deutschen<br />

Landesgrenzen hinaus anerkannte und viel gefragte Koryphäe der Zahn-<br />

Implantologie mit über 50 MitarbeiterInnen in seiner Praxis. Doch dem<br />

nicht genug: Als langjähriger Fortbildungsreferent und heutiger Präsident<br />

der größten europäischen wissenschaftlichen Fachgesellschaft im Bereich<br />

der Implantologie hat Günter Dhom den Studiengang „Master of Science<br />

in Oral Im-plantology“ an der Steinbeis Hochschule in Berlin entwickelt,<br />

den er heute leitet. Viele Gründe also für die <strong>GEW</strong>-Zeitung, den ältesten<br />

Sohn einer Einzelhändlerfamilie aus Ludwigshafen-Friesenheim nach seinen<br />

schulischen Erfahrungen zu befragen und dabei die spannende Frage<br />

aufzuwerfen, inwiefern ihm die Schlüsselqualifikationen seines Erststudiums<br />

bei seiner imponierenden Karriere hilfreich waren. Redakteur Günter<br />

Helfrich traf seinen Jugendfreund Prof. Dr. Günter Dhom in dessen Praxis<br />

in Ludwigshafen - Mitte.<br />

Günter, lange, lange ist es her, und dennoch haben uns die<br />

Bildungserfahrungen der frühen Jahre irgendwie geprägt.<br />

Woran erinnerst Du Dich?<br />

Der Kindergarten war sehr positiv. Das waren katholische<br />

Ordensschwestern, die ihren Job nicht nur verwaltet,<br />

sondern sich mit Hingabe uns Kindern gewidmet haben,<br />

was damals vielleicht noch weniger normal war, als es<br />

heute ist.<br />

Die Grundschule war eher schrecklich, was wohl an den<br />

Lehrerinnen lag. Das waren zwei autoritäre ältere „Frolleins“,<br />

die die Kinder geschlagen und eine Liste geführt<br />

haben, wer in der Kirche war, wer beichten war und wer<br />

eben nicht. Das fand ich damals schon als Kind nicht gut,<br />

und heute finde es noch weniger gut.<br />

Danach hatten wir ja das Glück, Kinder der „Bildungskatastrophe“<br />

zu sein. Obwohl wir nicht aus privilegierten<br />

Schichten stammten, konnten wir problemlos aufs Gymnasium<br />

wechseln.<br />

Ans Gymnasium habe ich positive und weniger positive<br />

Erinnerungen. Es mag banal klingen: Es hing nicht<br />

primär von den Fächern bzw. von den Lernbedingungen<br />

und den Methoden, sondern fast ausschließend von<br />

den Lehrerpersönlichkeiten ab. Bei Lehrkräften, die mir<br />

sympathisch waren, habe ich mich angestrengt, bei den<br />

anderen nicht.<br />

Ich weiß, an wen Du bei den schlechten Erfahrungen denkst.<br />

Erinnern wir uns an die guten. Wer hat dich da geprägt?<br />

Stark geprägt hat mich - wie sicher auch Dich - unser<br />

Religionslehrer Schmiech, von dem mir ein Satz besonders<br />

haften geblieben ist: „Wenn Ihr mal gute Katholiken<br />

würdet, wäre das schön, wichtiger ist mir, dass Ihr mal<br />

gute Menschen werdet.“<br />

Wunderbar, ein geradezu revolutionärer Satz in dieser Zeit<br />

aus dem Munde eines katholischen Priesters.<br />

Das hat mir in der Tat sehr imponiert und in mir eine<br />

Art von Liberalität erzeugt. Als ausgezeichnete Lehrerpersönlichkeit<br />

bei mir haften geblieben ist auch mein<br />

ehemaliger Klassenleiter Dr. Schattner, der es verstanden<br />

hat, mich für Sozialkunde, Literatur und Geschichte zu<br />

begeistern und uns darüber hinaus zu Verantwortungsgefühl<br />

erzogen hat.<br />

Machen wir jetzt mal einen größeren Zeitsprung. Nach<br />

Deinem Studienabschluss hätte eigentlich das Referendariat<br />

an einem gymnasialen Seminar angestanden. Warum hast<br />

Du Dich damals dagegen und für das Zweitstudium der<br />

Zahnmedizin entschieden?<br />

Im Studium habe ich Nachhilfeunterricht in Englisch<br />

gegeben und gesehen, dass die Kinder immer noch die<br />

gleichen Schulbücher mit den selben Lektionen hatten wie<br />

wir zehn Jahre zuvor. Das war dann irgendwie ein Schock<br />

für mich. Ich dachte mir, dann machst du als Lehrer im<br />

Prinzip ja ewig dasselbe.<br />

Nicht nur da.<br />

In der Tat. Das war der Denkfehler. Auch in anderen<br />

Berufen ist das so. In Bezug auf den Lehrerberuf sehe ich<br />

das heute übrigens auch anders: Die Herausforderung ist<br />

ja nicht primär das Fachliche, sondern die pädagogische<br />

Arbeit mit den Kindern. Das ist sicher eine anspruchsvolle<br />

und abwechslungsreiche Tätigkeit.<br />

Du warst nach dem Studium zunächst noch in der Sozialforschung<br />

tätig und bist dann auf die Zahnmedizin<br />

gekommen. Wie das?<br />

Das lag unter anderem an einem Freund, der gerade<br />

sein diesbezügliches Examen absolvierte. Etwas mit den<br />

Händen machen und das Ergebnis meiner Arbeit sehen<br />

zu können, hat mich als eher ungeduldigen Menschen<br />

sehr beeindruckt.<br />

Das war sicher keine einfache Zeit, ein völlig anders geartetes,<br />

extrem verschultes Studium mit weitaus jüngeren<br />

Kommilitoninnen und Kommilitonen durchzustehen. Du<br />

hast es geschafft. Und nicht nur das: Du hast dann eine<br />

Karriere hingelegt, die Dich weit vom „Durchschnittszahnarzt“<br />

abhebt. Meine These wäre: Dies ist Dir gelungen nicht<br />

trotz deiner vorherigen Studienbiografie, sondern gerade<br />

wegen ihr.<br />

So ist es. Ich war ganz schnell Semester-, dann Fachschaftssprecher<br />

und bis zum Ende meines Studiums immer<br />

Studentensprecher. Die sozialen Kompetenzen meines<br />

vorherigen Studiums haben mir da sehr geholfen. Als<br />

Student der Sozialwissenschaft habe ich mich manchmal<br />

20<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


SCHULISCHE ERFAHRUNGEN BEKANNTER RHEINLAND-PFÄLZER<br />

nicht getraut, in den Seminaren etwas zu sagen, als Zahnmediziner<br />

und Vizepräsident des Studentenparlaments<br />

habe ich dann Versammlungen mit über tausend Leuten<br />

geleitet. Da konnte ich viel Führungskompetenz erwerben.<br />

Von daher habe ich noch keine Sekunde bereut, diesen<br />

Weg gegangen zu sein.<br />

Nach Deiner zahnärztlichen Niederlassung waren wir zwischenzeitlich<br />

Kollegen, als Du an einer BBS in Ludwigshafen<br />

Azubis unterrichtet hast. Die Erfahrungen waren wohl nicht<br />

ganz so berauschend?<br />

Was mich irgendwie gestört hat, war der Geruch in der<br />

Schule. Das war der gleiche wie in meiner Schulzeit, aber<br />

natürlich nicht das eigentliche Problem: Ein erheblicher<br />

Teil der Schülerinnen in der Ausbildung zu medizinischen<br />

Fachangestellten, wie man heute sagt, war damals sehr<br />

schwer zu motivieren, obwohl ich versucht habe, einen<br />

abwechslungsreichen Unterricht zu machen. Es war jedoch<br />

nur ein geringer Teil zu erreichen.<br />

Unser tägliches Brot als BBS-Lehrkräfte …<br />

Günter, Du bist ja nun kein BBS-Lehrer, sondern Unternehmer<br />

und gehörst als solcher zu den vorbildlichen Arbeitgebern,<br />

die viel und regelmäßig ausbilden. Welche Erfahrungen<br />

hast Du mit Deinen Azubis gemacht?<br />

Nur gute. Wir haben seit vielen Jahren äußerst motivierte<br />

junge Leute vor allem aus Thüringen, die es wegen einer<br />

guten Ausbildung in sehr jungen Jahren auf sich genommen<br />

haben, weit weg von ihrer Heimat zu sein. Das ist<br />

nicht einfach.<br />

Und die dennoch bleiben. Das liegt vermutlich an Eurer<br />

Ausbildung.<br />

Ja, wir haben eine spezielle interne Ausbildung und<br />

machen in diesem Rahmen jede Woche Fortbildungsveranstaltungen<br />

für unsere Azubis; in der Regel praktisch,<br />

aber auch in sozialer Kompetenz und methodisch z.B.<br />

in Form von Rollenspielen.<br />

Abschließende Frage: Du hattest ja das Glück, in späten<br />

Jahren noch Vater zu werden. Welche Erwartungen hast Du<br />

an die künftigen Lehrerinnen und Lehrer Deines Sohnes<br />

Jakob?<br />

Ich wünsche mir Lehrkräfte, die die kindliche Neugier<br />

und ihre faszinierende Bereitschaft zu lernen im Rahmen<br />

ihrer Möglichkeiten fördern. Ich glaube, dass Kinder sehr<br />

gerne lernen und dabei viel von der Unterstützung der<br />

Lehrkräfte profitieren können.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.<br />

„BLICK ÜBER DEN TELLERRAND IST HILFREICH“<br />

Im Gespräch: Dr. Jürgen Hambrecht, BASF-Vorstandsvorsitzender<br />

Herr Dr. Hambrecht, welche spontanen Erinnerungen<br />

- positiv oder auch negativ - fallen Ihnen ein, wenn Sie an<br />

Ihre Schulzeit zurückdenken?<br />

Mir ist besonders der Zusammenhalt in unserer Klasse<br />

positiv in Erinnerung geblieben. Wir mussten zwar viel<br />

pauken, aber hatten auch jede Menge Spaß miteinander.<br />

Sport stand bei uns weit oben auf der Beliebtheitsskala.<br />

Besonderen Eindruck hat bei mir - das wird Sie jetzt<br />

wenig überraschen - der Chemieunterricht hinterlassen.<br />

Der Umgang mit Reagenzglas und Bunsenbrenner hat<br />

mich von Anfang an fasziniert.<br />

Was erwarten Sie von einem „guten Lehrer“?<br />

Die wichtigste Eigenschaft eines Lehrers ist die Fähigkeit,<br />

seine Schüler zu begeistern. Als Vater von vier Kindern<br />

weiß ich: Die Kinder merken sehr schnell, ob ihr Lehrer<br />

wirklich von seinem Fach begeistert ist. Aus Unternehmersicht<br />

gehört für mich heute dazu, die Neugier der<br />

Schüler für naturwissenschaftliche und technische Inhalte<br />

zu wecken. Das kommt leider immer noch viel zu kurz,<br />

obwohl es in beiden Bereichen viele interessante Berufe<br />

mit tollen Zukunftsperspektiven gibt.<br />

Kaum irgendwo auf der Welt werden Kinder so früh schulisch<br />

selektiert wie in Deutschland. Was halten Sie von der nicht<br />

nur von unserer Bildungsgewerkschaft erhobenen Forderung<br />

nach einem längeren gemeinsamen Lernen, so wie das in den<br />

PISA-Siegerländer üblich ist?<br />

Ich bin dafür, das Thema ganz vorbehaltlos zu diskutieren.<br />

Der Blick über den Tellerrand des eigenen Landes<br />

ist dabei sehr hilfreich. Neben der Frage, wie lange die<br />

Schüler gemeinsam lernen, gilt das übrigens auch für<br />

die Frage, wann dieser Prozess beginnt. Mich haben<br />

die Ergebnisse der modernen Hirnforschung überzeugt.<br />

Weil die entscheidenden Weichen für das gesamte Leben<br />

in ganz jungen Jahren gestellt werden, glaube ich fest an<br />

den Nutzen frühkindlicher Bildung. Auch hier können<br />

wir noch viel von anderen Ländern lernen und sollten<br />

das auch tun, damit der Bildungsstandort Deutschland<br />

langfristig erfolgreich ist.<br />

gh<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

21


WIRTSCHAFT<br />

WISSENSFABRIK ENGAGIERT SICH FÜR BILDUNG IN RHEINLAND-PFALZ<br />

Gezielt naturwissenschaftliches, technisches und wirtschaftliches Denken vermitteln<br />

Wie entsteht Tau? Kann man Nebel selber machen? Und warum<br />

schwimmen Eisberge? Fragen wie diese zeigen, wie sehr sich<br />

Kinder mit ihrer Umwelt auseinandersetzen - und sind manchmal<br />

gar nicht so einfach zu beantworten. Die Schülerinnen und<br />

Schüler der Rabenkopf-Grundschule in Wackernheim wissen<br />

Bescheid: Sie haben sich im Rahmen des Projekts „NaWi - geht<br />

das?“ spielerisch mit den verschiedenen Aggregatzuständen von<br />

Wasser beschäftigt, und auf diese Weise Grundkenntnisse der<br />

Physik und Chemie erworben. „NaWi - geht das?“ ist ein Projekt<br />

des Unternehmensnetzwerks „Wissensfabrik - Unternehmen für<br />

Deutschland e.V.“.<br />

Frühkindliche Bildung schafft Chancen<br />

für die Zukunft<br />

Bundesweit hat die Wissensfabrik, deren Geschäftsstelle sich in Ludwigshafen<br />

befindet, bereits 59 Mitgliedsunternehmen. Aus <strong>Rheinland</strong> - <strong>Pfalz</strong><br />

sind BASF, Boehringer Ingelheim, KSB und die Sparkasse Südliche<br />

Weinstraße beteiligt. Ein Schwerpunkt des Netzwerks ist das Thema<br />

Bildungsförderung. Die Unternehmen gehen Bildungspartnerschaften<br />

mit Schulen und anderen pädagogischen Einrichtungen in ihrer Region<br />

ein, um gezielt naturwissenschaftliches, technisches und wirtschaftliches<br />

Denken zu vermitteln.<br />

Das Prinzip: Wissen teilen<br />

„Unsere Kooperationen gehen deutlich über eine rein finanzielle Förderung<br />

hinaus. Die Unternehmen ermöglichen Schülern Einblicke in<br />

betriebliche Abläufe und organisieren Workshops und Planspiele. Der<br />

Schwerpunkt unserer Arbeit liegt darin, dass Unternehmen und Schulen<br />

in Form von Bildungspartnerschaften gemeinsam Projekte durchführen“,<br />

erläutert Michael Detmer, der die Bildungsprojekte in der Wissensfabrik-Geschäftsstelle<br />

koordiniert. In <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bestehen derzeit<br />

etwa 50 langfristige Kooperationen mit Grund- und Hauptschulen<br />

sowie Gymnasien. Der Grundsatz ist dabei, dass die Unternehmen der<br />

Wissensfabrik aktiv auf die Schulen zugehen.<br />

Die Wissensfabrik macht Kinder zu<br />

Forschern und Technikern<br />

Derzeit fördert die Wissensfabrik bundesweit insbesondere vier so<br />

genannte Leuchtturmprojekte aus den Kompetenzfeldern Sprache,<br />

Naturwissenschaft, Wirtschaft und Technik. Alle Projekte setzen bereits<br />

im Bereich frühkindlicher Bildung an. Im Rahmen von „KIEWIS<br />

- Kinder entdecken Wirtschaft“ entwickeln Grundschüler ein eigenes<br />

Produkt und begleiten dabei jeden Produktionsschritt von der Planung<br />

bis zur Fertigstellung. So erwerben sie Grundlagen wirtschaftlichen und<br />

technischen Denkens.<br />

Das Projekt „Sprache macht stark“, das die BASF in Ludwigshafen im<br />

Rahmen der lokalen Initiative „Offensive Bildung“ unterstützt, setzt<br />

auf Sprachförderung im Kindergartenalter und hilft vor allem Kindern<br />

ausländischer Herkunft, ihre Sprachkompetenz bis zum Schuleintritt zu<br />

verbessern. Intensive Förderung und die Einbeziehung der Familie sind<br />

hier die Schlüssel zum Erfolg. Im Bereich Naturwissenschaften bietet<br />

das Projekt „NaWi - geht das?“ Grundschulen die Möglichkeit, einfache<br />

und ungefährliche Versuche im eigenen Klassenzimmer durchzuführen.<br />

Die zugehörige Experimentierkiste ermöglicht abwechslungsreichen<br />

Unterricht ohne aufwendige Vorbereitung. Mitmacher aus <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> sind BASF, Boehringer Ingelheim und KSB.<br />

Neu hinzu kommt in diesem Herbst das Projekt „KiTec - Kinder entdecken<br />

Technik“. Ausgestattet mit einer Technikkiste, die alle notwendigen<br />

Materialien und Werkzeuge enthält, werden die Grundschüler an verschiedenen<br />

Aufgabenstellungen aus Bau-, Fahrzeug- und Elektrotechnik<br />

arbeiten können.<br />

Standards setzen für mehr Qualität<br />

im Bildungsbereich<br />

Für die Konzeption neuer Projekte holt die Wissensfabrik ausgewiesene<br />

Bildungsexperten ins Boot. Kooperationspartner bei der neuen Technikkiste<br />

zum Beispiel sind das Ulmer Transferzentrum für Neurowissenschaften<br />

und Lernen sowie der Lehrstuhl für Technik und Didaktik<br />

der Universität Dortmund. Die Fachleute bilden Multiplikatoren aus<br />

den Unternehmen aus, die dann wiederum die Lehrkräfte im Umgang<br />

mit den Projekten schulen und bei der Umsetzung im Unterricht<br />

begleiten und beraten. Auf diese Weise gewährleistet die Wissensfabrik<br />

eine gleichmäßig hohe Qualität ihrer Projekte und eine enge Bindung<br />

zwischen Unternehmen und Partnerschulen.<br />

pm<br />

Weitere Informationen zu den Aktivitäten der Wissensfabrik sind<br />

zu finden unter: www.wissensfabrik-deutschland.de<br />

22<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


RECHTSSCHUTZ / GESELLSCHAFT<br />

VERWALTUNGSGERICHT GIBT BEZIRKSPERSONALRÄTEN RECHT<br />

Am 10.10.2007 hat das Verwaltungsgericht in Mainz<br />

entschieden, dass der Bezirkspersonalrat ein Mitbestimmungsrecht<br />

bei der Zuordnung der Entgeltstufe bei neu<br />

eingestellten Lehrkräften hat.<br />

Die Bezirkspersonalräte aus Grund-, Haupt- und Regionale<br />

Schulen, Förderschulen und der Integrierten<br />

Gesamtschulen haben sich somit gegen die ADD, die<br />

über die Stufenzuordnung alleine entscheiden wollte,<br />

durchgesetzt.<br />

Insbesondere über die Festsetzung der Entgeltstufe be-<br />

ACHTUNG, BEAMTE IM RUHESTAND!<br />

stimmt sich, was eine angestellte Lehrkraft letztendlich<br />

brutto verdient. Bei Lehrkräften mit Berufserfahrung ist<br />

in diesem Bereich immer die strittige Frage zu klären, ob<br />

und in welchem Umfang vorherige Berufserfahrung anzuerkennen<br />

ist. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes<br />

Mainz ist bei diesem Streit nun der Personalrat<br />

zu beteiligen.<br />

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es wird<br />

davon ausgegangen, dass der Streit bei einem höheren<br />

Gericht weitergeführt wird.<br />

Brigitte Strubel-Mattes<br />

Im März hat das Bundesverfassungsgericht entschieden,<br />

dass die Regelung im Beamtenversorgungsgesetz, die<br />

bestimmt, dass sich die Versorgungsbezüge erst aus dem<br />

höheren Amt berechnen, wenn dessen Dienstbezüge mindestens<br />

drei Jahre bezogen wurden mit Artikel 33 Abs. 5<br />

des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig ist.<br />

Das Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> hat insofern jetzt entschieden,<br />

dass alle Versorgungsempfänger, deren Versorgungsbezüge<br />

nicht nach dem zuletzt bekleideten höheren Amt berechnet<br />

wurden, weil dieses noch keine drei Jahre bekleidet<br />

wurde, nun einen Anspruch auf Neuberechnung der<br />

Versorgungsbezüge aus dem letzten Amt haben.<br />

Alle Versorgungsempfänger, die vor der Ruhestandsversetzung<br />

in ein höheres Amt befördert wurden und dieses<br />

bei Ruhestandsversetzung zwei Jahre inne hatten, werden<br />

aufgefordert, an die OFD einen Antrag auf Neuberechnung<br />

der Versorgungsbezüge zu stellen.<br />

Bei Rückfragen steht die Landesrechtsschutzstelle der<br />

<strong>GEW</strong> unter der Tel.-Nr.: 06131/2898821 zur Verfügung.<br />

Brigitte Strubel-Mattes<br />

Klassenfahrten nach Berlin<br />

(incl. Transfer, Unterkunft, Programmgestaltung nach Absprache).<br />

Broschüre anfordern bei:<br />

BISS e.V. · Freiligrathstr. 3 · 10967 Berlin,<br />

Tel. (030) 6 93 65 30<br />

www.berlin-mit-biss.de · Email: kontakt@berlin-mit-biss.de<br />

Sozialstudien im Fußballstadion<br />

WO ES NOCH ECHTE TUSSEN GIBT...<br />

Wer das starke Geschlecht ist, wissen Lehrkräfte seit geraumer<br />

Zeit: Eben nicht die Jungs, denen zunehmend Unterstützung<br />

gewährt werden muss, damit sie nicht hoffnungslos zurückfallen,<br />

sondern die Mädchen, die dem anderen Geschlecht<br />

weit vorauseilen. Von solch einem Kaliber ist die regelmäßige<br />

Begleiterin der Verfassers dieser Kolumne bei dessen Sozialstudien<br />

im Fußballstadion. Gleichberechtigung kommt im<br />

Wortschatz ihrer Generation nicht vor, weil man über Selbstverständlichkeiten<br />

nicht zu reden braucht. Und werden sie<br />

dann doch mal mit einer Situation konfrontiert, in der sie sich<br />

als junge Frauen nicht ganz ernst genommen fühlen, werden<br />

sie richtig stinkig: So in der vergangenen Oberligasaison beim<br />

FSV LU - Oggersheim, als Zuschauerinnen kostenlos Eintritt<br />

gewährt wurde. Das sei eine Unverschämtheit, als ob frau<br />

keine Ahnung von Fußball habe, damit verstehe frau doch<br />

weitaus mehr davon als die Masse der Macker im Stadion.<br />

Womit das richtige Stichwort gefallen wäre: Die Macker<br />

dominieren auf den Rängen, sowohl quantitativ als auch<br />

in ihrem Habitus. Dementsprechend sind auch beim weiblichen<br />

Geschlecht Frauentypen wie o. g. Begleiterin oder<br />

die chic-aparte Pressesprecherin des FSV immer noch die<br />

Minderheit. Die Mehrheit bildet neben den netten sportbegeisterten<br />

Stino-Ladies eine ganz bestimmte Spezies, die<br />

zu beschreiben konfliktträchtig ist. Als Mann - und auch<br />

noch Funktionär der <strong>GEW</strong> - darf man nämlich bestimmte<br />

Wörter, zumindest in der <strong>GEW</strong>-Öffentlichkeit, gar nicht<br />

in den Mund nehmen, aber wenn sie von weiblicher Seite<br />

artikuliert werden, liegt wohl kein Verstoß gegen die political<br />

correctness vor. Echte „Tussen“ seien manche „Weiber“<br />

auf der Tribüne, urteilt die Begleiterin. In der Tat: In der<br />

Provinz gibt es noch Fußballbräute aus der alten Klischeekiste.<br />

Am Spiel selbst nicht interessiert, dafür dauernd mit<br />

Nachbarinnen oder per Handy tratschend und ständig die<br />

Tribünenstufen auf und ab stolzierend, dreht sich alles um<br />

ihr auffälliges Erscheinungsbild. Schon krass teilweise: wasserstoffblondmähnig,<br />

elektrogebräunt, im fortgeschrittenen<br />

Alter botoxgespritzt, in hautenge Klamotten gepresst ohne<br />

Rücksicht auf herausquellende Speckwülste, nuttenmäßig in<br />

Lack und Leder gewandet, all das gibt es im Südweststadion<br />

mehr oder minder häufig zu bewundern.<br />

Das Tragische nur: So wie sich der FSV bislang fußballerisch<br />

präsentiert hat, wird das nix mit dem Bundesligafußball in<br />

Ludwigshafen. Folglich dann auch nix mit einer Karriere als<br />

Fußballerfrau im Stile der Dame Strunz / spätere Effenberg<br />

an der Seite eines üppig besoldeten Profis, der für sein Prestige<br />

neben einem Nobelhobel natürlich auch die entsprechend<br />

repräsentative Gattin braucht.<br />

gh<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

23


ALTER + RUHESTAND<br />

DIE <strong>GEW</strong> GRATULIERT …<br />

… im Dezember 2007 (Nachtrag)<br />

… im Januar 2008<br />

zum 87. Geburtstag<br />

Frau Elisabeth Thiel<br />

28.12.1920<br />

Bei der Heldenmühle 3 · 74564 Crailsheim<br />

zum 70. Geburtstag<br />

03.01.1938<br />

Herrn Werner Schmidt<br />

Salzgasse 12 · 67574 Osthofen<br />

Frau Hannelore Hilger<br />

07.01.1938<br />

In der Doerrwies 48 · 55218 Ingelheim<br />

Frau Irene Kuckuck<br />

12.01.1938<br />

Talstr. 32 · 57610 Gieleroth<br />

Frau Heinke Reichart<br />

14.01.1938<br />

Hauptstr. 20 · 57632 Eichen<br />

Herrn Dr. Gerhard Heck<br />

16.01.1938<br />

Uferstr. 9 · 55116 Mainz<br />

Herrn Armin Menk<br />

16.01.1938<br />

Bergstr. 3 · 56479 Willingen<br />

Herrn Siegfried Kloss<br />

26.01.1938<br />

Ziegeleiweg 4 · 55519 Meisenheim<br />

Herrn Heinz Moißl<br />

26.01.1938<br />

Brückenstr. 26 · 56422 Wirges<br />

Herrn Wolfgang Jung<br />

27.01.1938<br />

Assenmacherstr. 38 · 67659 Kaiserslautern<br />

Herrn Klaus Struss<br />

27.01.1938<br />

Römerweg 33 · 67157 Wachenheim<br />

Frau Johanna Jepp<br />

30.01.1938<br />

Theodor-Heuss-Str. 31 · 67292 Kirchheimbolanden<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Herrn Ottmar Ernst Koch<br />

08.01.1933<br />

Spelzenhofstr. 31 · 67678 Mehlingen<br />

Herrn Otto Steeg<br />

19.01.1933<br />

Bergstraße 6 · 56357 Oelsberg<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Herrn Aribert Schäfer<br />

04.01.1928<br />

Driescheider Weg 31 · 57610 Altenkirchen<br />

Herrn Herbert Reiss<br />

10.01.1928<br />

Deidesheimer Str. 23 · 67067 Ludwigshafen<br />

Herrn Richard Schuch<br />

15.01.1928<br />

Sponheimer Weg 2 · 55765 Birkenfeld<br />

Herrn Heinz R. Anhäusser<br />

21.01.1928<br />

Goethestr. 15 · 67435 Neustadt<br />

Herrn Werner Kast<br />

25.01.1928<br />

Friesenstr. 10 · 67063 Ludwigshafen<br />

Frau Annelies Reichenauer<br />

31.01.1928<br />

Pestalozzistr. 28 · 56567 Neuwied<br />

zum 85. Geburtstag<br />

Herrn Alfred Schank<br />

15.01.1923<br />

Donnersbergstr. 3 · 67294 Morschheim<br />

zum 86. Geburtstag<br />

Herrn Karl Korn<br />

28.01.1922<br />

Goethestr. 8 · 76870 Kandel<br />

zum 88. Geburtstag<br />

Herrn Fritz Schröder<br />

08.01.1920<br />

Horchheimer Höhe 20 · 56076 Koblenz<br />

Frau Else Closs<br />

26.01.1920<br />

Friedhofstr. 25 · 66903 Altenkirchen<br />

… im Februar 2008<br />

Der Landesvorstand<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Herrn Karl Werner Schwöbel<br />

07.02.1938<br />

Theodor-Heuss-Str. 18 · 67592 Flörsheim-Dalsheim<br />

Herrn Bernd Haas<br />

13.02.1938<br />

An der Kirche 11 · 67271 Obersülzen<br />

Herrn Ernst Otto Albrecht<br />

13.02.1938<br />

Hermann-Löns-Str. 9 · 57610 Altenkirchen<br />

Herrn Günter Ertel<br />

19.02.1938<br />

Schalmengässel 2 · 76829 Landau<br />

Herrn Marvin Ziegenhagel<br />

21.02.1938<br />

Holunderweg 9 · 55128 Mainz<br />

Herrn Manfred Lorenz<br />

27.02.1938<br />

Neubergstr. 2b · 76887 Bad Bergzabern<br />

24<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


ALTER & RUHESTAND<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Herrn Tony Heymann<br />

19.02.1933<br />

Hauptstr. 20 · 56370 Eisighofen<br />

Herrn Daniel Chatziiliadis<br />

23.02.1933<br />

Kurze Str. 1 · 67063 Ludwigshafen<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Herrn Karl Andre<br />

11.02.1928<br />

Kirchstr. 14 · 76833 Knöringen<br />

Frau Gertrud Schläfer<br />

23.02.1928<br />

Rud.-Diesel-Str. 5 · 67657 Kaiserslautern<br />

Herrn Paul Schrupp<br />

29.02.1928<br />

Kneippstr. 1 · 65549 Limburg<br />

zum 85. Geburtstag<br />

Herrn Helmut Guthmann<br />

11.02.1923<br />

Spelzengasse 14 · 65474 Bischofsheim<br />

zum 87. Geburtstag<br />

Herrn Johannes Rempel<br />

23.02.1921<br />

Büchnerallee 16 · 55127 Mainz<br />

Der Landesvorstand<br />

BUNDESSENIORENAUSSCHUSS TAGTE IN FULDA<br />

Zum zweitägigen Herbsttreffen hatte BundesseniorInnenvorsitzender<br />

Hans Parnickel die Vertreter der 16 Bundesländer<br />

ins Kloster Frauenberg nach Fulda eingeladen.<br />

Am ersten Tag war es Anne Jenter, Leiterin des VB Frauen<br />

im Bund und zuständig für Seniorenarbeit, die in ihrem<br />

Beitrag eine Auswertung des Seniorentags 2007 in Halle<br />

vornahm, Anstöße für Anträge an den Gewerkschaftstag<br />

gab und in der Satzung verankerte Seniorentage alle 4<br />

Jahre forderte.<br />

Die LandesseniorenvertreterInnen berichteten über die<br />

Situation der SeniorInnen in ihren Landesverbänden und<br />

unterstrichen die Forderung nach Berücksichtigung der<br />

Senioren beim Bundesgewerkschaftstag mit mindestens<br />

je einem Delegierten pro Bundesland. Edmund Theiß<br />

konnte darauf verweisen, dass in dem relativ kleinen LV<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bereits seit Jahren diese Regelung in<br />

Satzung und Geschäftsordnung festgelegt ist und die SeniorInnen<br />

seines Landesverbands auf allen Ebenen in den<br />

Satzungsgremien mit vollem Stimmrecht vertreten sind.<br />

In den Berichten aus den Landesverbänden zeigten sich<br />

aber auch die negativen Folgen der Föderalismusreform<br />

für unser Bundesland. Diesem Zustand entgegenzuwirken<br />

diente auch die Demonstration am 23.10.2007 in<br />

Mainz, bei der vor allem GdP und <strong>GEW</strong> den Hauptteil<br />

der TeilnehmerInnen stellten.<br />

Tipps zur Ernährung von SeniorInnen<br />

Obst und Gemüse à la Saison:<br />

Wann ist Birnenzeit? Wie bereite ich Pastinaken zu? Die<br />

Verbraucherzentralen haben eine CD-Rom herausgegeben<br />

mit 82 Porträts einheimischer Obst- und Gemüsesorten,<br />

einem Überblick über Anbauregionen, Erntezeiten<br />

und Nährwerte sowie 999 Rezepten.<br />

Erhältlich bei den Verbraucherzentralen sowie unter<br />

www.vzbv.de/shop; 14,90 Euro<br />

Familie in Form:<br />

Gesunde Ernährung beginnt zu Hause. Deswegen hat die<br />

Autorin 170 einfache Rezepte zusammengestellt, mit de-<br />

Was die Umstellung des „Dialogs“ auf acht Seiten in der<br />

E&W der Novemberausgabe angeht, so forderte Anne<br />

Jenter dazu auf, nicht nur die Beiträge zu kritisieren,<br />

sondern die neue Form positiv zu begleiten. Bei der<br />

Terminplanung für 2008 wurde vereinbart, dass die<br />

TeilnehmerInnen für Potsdam einen Eigenanteil leisten,<br />

um die Tagung realisieren zu können.<br />

Am zweiten Tag war die Referentin im Hauptvorstand der<br />

<strong>GEW</strong>, Frauke Gützkow, angereist und war bei den Themen<br />

BSA im Internet, Aktivitäten der BAGSO, DGB-Seniorenpolitik<br />

sowie Mitgliederbindung eine kompetente<br />

Ansprechpartnerin. Zum Schluss der Sitzung referierte<br />

Petra Grundmann vom VB Finanzen beim HV über die<br />

Beitragsordnung der <strong>GEW</strong>. Da durch die Föderalismusreform<br />

keine gemeinsame Besoldungsordnung und -tabelle<br />

mehr möglich ist, wird so verfahren, dass Mitglieder im<br />

Ruhestand wie bisher 63% vom Vollbeitrag oder 0,66%<br />

der Bruttobezüge als Beitrag zu entrichten haben.<br />

Den aktiven und ehemaligen Mitgliedern unseres Landesseniorenausschusses<br />

der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> danke ich<br />

für 15 Jahre konstruktive Zusammenarbeit und wünsche<br />

ihnen sowie allen anderen Ruheständlern und ihren Familien<br />

ein frohes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch ins neue<br />

Jahr sowie Gesundheit und Zufriedenheit für 2008.<br />

Edmund Theiß<br />

nen Familien ihren Ernährungsplan umstellen können<br />

und gibt Tipps zur Ernährung im Allgemeinen.<br />

Dagmar von Cramm, Stiftung Warentest, 224 Seiten,<br />

19,90 Euro<br />

Einkaufshilfe Fisch:<br />

Angsichts der Überfischung der Meere sollten Verbraucher<br />

überlegen, welchen Fisch sie auftischen. Der World<br />

Wild Fund for Nature bewertet Fischarten nach den<br />

Kriterien annehmbar, bedenklich und bedrohlich und<br />

gibt eine Einkaufshilfe. www.wwf.de/fisch<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

25


NACHRUF<br />

Wir trauern um<br />

FRIEDEL DERSCHEIDT<br />

Die Kolleginnen und Kollegen in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sind tief erschüttert von der<br />

Nachricht von Friedels Tod. Trotz ihrer schweren Krankheit, die für sie unsägliche Schmerzen und körperliche<br />

Beeinträchtigungen bedeuteten, hat sie bis vor kurzem aktiv und engagiert in der <strong>GEW</strong> mitgearbeitet und<br />

Dinge vorangebracht. Dass sie jetzt so schnell von uns gegangen ist, ist für uns alle unfassbar und macht uns<br />

tief betroffen.<br />

Friedel war über viele Jahre hinweg mit großer innerer Überzeugung und Leidenschaft in der <strong>GEW</strong> aktiv. Sehr<br />

früh hat sie sich für die Überwindung des gegliederten Schulwesens eingesetzt. Sie war Vorsitzende der <strong>GEW</strong>-<br />

Fachgruppe Gesamtschulen sowohl auf der Landes- als auch auf der Bundesebene. In diesen wichtigen Funktionen<br />

hat sie mutig und mit großer Beharrlichkeit den Aufbau und den Ausbau der Integrierten Gesamtschulen<br />

vorangetrieben. Ihre Ideen und Initiativen im Bereich der systemischen und demokratischen Schulentwicklung<br />

an Gesamtschulen waren in der Bundesrepublik richtungsweisend und sind noch heute beispielhaft.<br />

Die Herausgabe der ersten rheinland-pfälzischen IGS-Broschüre - ein Gemeinschaftsprojekt von GGG, <strong>GEW</strong><br />

und DGB - haben wir ihrer maßgeblichen Arbeit und ihrem großen Einsatz zu verdanken.<br />

Sie hat sich in dieser Zeit aber auch in alle anderen bildungs- und gesellschaftspolitischen Diskussionen innerhalb<br />

der <strong>GEW</strong>-Gremien aktiv eingemischt. Mit bewundernswerter Geradlinigkeit, Klarheit und Standfestigkeit<br />

ist sie für ein humaneres Schulsystem und für eine bessere und demokratischere Gesellschaft eingetreten.<br />

Durch ihre positiv streitbare, aber auch integrierende Art war ihre Gremienarbeit geprägt von optimistischem<br />

Klima und persönlicher Verbundenheit.<br />

In den späteren Jahren hat sie sich für ihre Ziele - sehr konkret - in der rheinland-pfälzischen Lehrerfortbildung<br />

und als Schulleitungsmitglied engagiert. Ihre schreckliche Erkrankung hat ihre aktive Zeit im Schuldienst jäh<br />

beendet.<br />

Trotz ihrer Erkrankung, die ihr so viel Energien abverlangte, hat sie sich in der <strong>GEW</strong> immer wieder aktiv eingebracht.<br />

Ihr letztes großes Engagement galt der von der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> gerade erst herausgegebenen<br />

neuen IGS-Broschüre. Sie steht unter dem Motto „Gemeinsam lernen in EINER Schule für ALLE“. Ihrer Beharrlichkeit<br />

haben wir es zu verdanken, dass sie im August 2007 erscheinen konnte und überall dort hilfreiche<br />

Unterstützung gibt, wo sich <strong>GEW</strong>-Kolleginnen und Kollegen und IGS-Initiativen für den Ausbau und<br />

die Weiterentwicklung der Integrierten Gesamtschulen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> engagieren.<br />

Friedel, wir in der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> wollen uns große Mühe geben, diese Ziele in deinem Sinne weiter<br />

voran zu bringen. Dass wir deine Beharrlichkeit erleben konnten, soll uns dabei Mut und Kraft geben.<br />

Tilman Boehlkau Sylvia Sund Sybilla Hoffmann<br />

Vorsitzender der Stellv. Vors. der Stellv. Vors. der<br />

<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

26<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


BRIEFE AN DIE REDAKTION / TIPPS + TERMINE<br />

ZU LASTEN DER ARBEITENDEN MENSCHEN<br />

Betr: <strong>GEW</strong>-Zeitung 10 / 11: Lehrkräfte für engere Zusammenarbeit<br />

mit Wirtschaft<br />

Die seinerzeit von H. Kohl angedrohte „geistig-moralische<br />

Wende“ hat unsere Gesellschaft zu Lasten<br />

der arbeitenden Menschen grundlegend verändert.<br />

Beispiel dafür: „Lehrkräfte für engere Zusammenarbeit<br />

mit Wirtschaft“, ein mit „pm“ gezeichneter<br />

Beitrag in der Nr.10/11 07 der <strong>GEW</strong>-Zeitung, der über<br />

die Forsa-Umfrage im Auftrag des Unternehmensnetzwerks<br />

Wissensfabrik informiert, ganz „unparteiisch“, wie sich das<br />

für eine Gewerkschaftspublikation gehört.<br />

Ein Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch<br />

GmbH und Gründungsmitglied des o.a. Netzwerks begrüßt,<br />

dass „beide Seiten (Schule und Wirtschaft) die Schüler fit<br />

für die Zukunft machen“, so als ob beider Ziele identisch<br />

seien. 49% (also weniger als die Hälfte immerhin, zur<br />

Ehrenrettung der Pädagogen sei‘s gesagt) möchten, dass<br />

„sich Unternehmen an der Vermittlung wirtschaftlichen<br />

Verständnisses beteiligen sollten“ Würden Schüler sonst<br />

doch ganz anders über Massenentlassungen, Lohnkürzung,<br />

WIE IN DER PRAXIS DER KITAS<br />

Betr.: <strong>GEW</strong> -Zeitung 7-8 / 07, „Reformflop ErzieherInnenausbildung“<br />

Der Tenor des Beitrags zur ErzieherInnenausbildung erinnert<br />

mich stark an das, was sich auch in der Praxis der Kitas<br />

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<br />

Arbeitszeitverlängerung oder Arbeitsplatzverlagerung - alles<br />

bei Gewinnexplosionen und Champagnerstimmung in den<br />

Vorstandsetagen - denken. Ganz deutlich aber wird die<br />

Zielrichtung solcher Schule-und- Wirtschaft-Kooperation,<br />

wenn Dr. Martina von Deessen, Vorstandsvorsitzende der<br />

Wissensfabrik, erläutert: „Wir setzen dabei auf die pädagogische<br />

Kompetenz der Lehrer, die UNSERE Projekte Tag<br />

für Tag im Unterricht einsetzen“. Sind das auch unsere pädagogischen,<br />

gar gewerkschaftlich-emanzipatorischen Ziele?<br />

Wären Unternehmen ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend<br />

steuerlich belastet, müsste sich die Bildung nicht von fragwürdigen<br />

Sponsoren wie der Wissensfabrik u.ä. aushalten<br />

lassen, und die Gesellschaft könnte entscheiden, welche Ziele<br />

sie mit der Bildung verfolgt.<br />

Es gab einmal eine Zeit - vor Kohl -, da gehörten Arbeitskreise<br />

„Gewerkschaft und Schule“ zu den Kooperationspartnern<br />

von Schulen. Heute ist „wirtschaftliches Verständnis“<br />

angesagt, also Schnäppchenmentalität, RTL und alternativlose<br />

Hinnahme der Entscheidungen der wirtschaftlich<br />

Mächtigen. Wie wohltuend C. Butterwegge auf S. 3, der<br />

fordert, „dem neoliberalen „Umbau“- Projekt durch mehr<br />

(gewerkschafts)-politisches Engagement für eine andere<br />

Gesellschaftsordnung und eine neue Kultur der Solidarität<br />

zu begegnen“.<br />

Herbert Wolf, F - 47170 Mézin<br />

nach den ständigen Bildungsinitiativen unserer Landesregierung<br />

tut.<br />

Ich zitiere einfach: 1. Die Reform hat vieles zerstört, was wir<br />

in den Jahren zuvor aufgebaut haben. 2. Der bürokratische<br />

Aufwand hat sich erhöht. 3. Die Empfehlungen ignorieren<br />

die Bedingungen der Kitas, sie erzeugen einen enormen<br />

bürokratischen Aufwand, unter dem die pädagogische Praxis<br />

leidet. 4. Im Team beschäftigen wir uns ausschließlich mit<br />

organisatorischen Abläufen. Über Pädagogik haben wir uns<br />

seitdem kaum unterhalten.<br />

Es stellt sich wohl die Frage: Ist das gewollt oder wissen sie<br />

nicht, was sie tun?<br />

Waltraud Anheier, Erzieherin,<br />

56218 Mülheim-Kärlich<br />

Weiterbildungsstudium<br />

Europäische Migration<br />

Ein Wettkampf um Integration?<br />

Die Bildungssituation von Kindern und Jugendlichen<br />

mit Migrationshintergrund im Bundesländervergleich<br />

22./23.01.2008, 10.00 - 17.30 Uhr<br />

Anmeldeschluss: 02.01.2008<br />

Seminarnummer: 20070072<br />

Leitung: Gisela Apitzsch, Evangelisches Dekanat<br />

Mainz<br />

Themenschwerpunkt: 4<br />

Ort: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Weiterbildungszentrum<br />

8<br />

<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

27


TIPPS + TERMINE<br />

EIN IDEALES WEIHNACHTSGESCHENK FÜR KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN<br />

Cartoons, Karikaturen, Zeichnungen von Peter Baldus<br />

Über 130 Zeichnungen zur neueren Entwicklung unseres<br />

Bildungs- und Schulsystems präsentiert der Karikaturist<br />

Peter Baldus, den Lesern dieser Zeitung seit vielen Jahren<br />

bekannt, in seinem neuesten Band „Sind wir noch<br />

zu retten?“. Besonders kritisch setzen sich die meist<br />

bissigen, aber auch menschlich-tröstlichen Cartoons mit<br />

dem bundesweit um sich greifenden Trend zu Kontrolle<br />

und Überprüfung von Schule und Schülern auseinander.<br />

„Soziales Lernen“ und „Chancengleichheit“ gelten weithin<br />

als bildungspolitische Auslaufmodelle; neoliberale<br />

Steuerungstechniken des „Qualitätsmanagements“ sind<br />

an ihre Stelle getreten in der „eigenverantwortlichen“,<br />

„selbstständigen“ oder „autonomen“ Schule.<br />

Auch wenn Schulisches klar dominiert, so hat dieser Karikaturenband<br />

noch andere gesellschaftliche, wirtschaft-<br />

liche und politische (Fehl-)Entwicklungen satirisch im<br />

Fadenkreuz. Insofern zielt er nicht nur auf Lehrerinnen<br />

und Lehrer, sondern ist natürlich auch für den „interessierten<br />

Laien“ eine vergnügliche und nachdenklich<br />

stimmende Lektüre.<br />

Der Band im DIN-A-4-Format kostet 10.-Euro (zzgl.<br />

Versand) und ist bei folgender Adresse bestellbar: <strong>GEW</strong>-<br />

KV Diepholz c/o Ilse Lange, Imhorst 2, 27339 Riede; per<br />

Fax 04294-795879 oder per E-Mail: erwin.eimer@gmx.<br />

de. Bei Abnahme größerer Kontingente werden Sonderpreise<br />

gewährt: ab 10 Exemplare: 9.-Euro, ab 100<br />

Exemplare ( z.B. für Ehrungen, Mitgliederwerbung etc.)<br />

sogar nur 8.-Euro pro Band. Hinzu kommen jeweils die<br />

Versandkosten.<br />

LEHRERSKIND<br />

Unsere langjährige <strong>GEW</strong>-Kollegin Jule Elfert-Jacobi lebt<br />

als Malerin und pensionierte Förderschullehrerin in einer<br />

alten Mühle bei Mainz. Eine inspirierende Umgebung<br />

anscheinend, denn nun hat sie auch ein Büchlein im<br />

Rheinlese Verlag veröffentlicht. Einfühlsam und sprachlich<br />

eloquent beschreibt sie darin ihr „neues Leben“<br />

nach der Zeit als Lehrkraft. Unterbrochen werden diese<br />

tagebuchartigen Passagen durch Erinnerungen an die<br />

Kindheit als „Lehrerskind“, wie der Band auch heißt. Sehr<br />

treffend dazu im Cover: „Kostbaren Perlen gleich blitzen<br />

Kindheitserinnerungen der Autorin in ihrem kleinen<br />

Herbsttagebuch auf. Unterwegs in der rheinhessischen<br />

Landschaft um ihr Zuhause fügen sich für sie Vergangenes<br />

und Gegenwärtiges zu einem neuen Lebensrhythmus<br />

zusammen.“<br />

Fazit: Ein schönes kleines Geschenk, das richtig gut bei<br />

KollegInnen und FreundInnen unter den Weihnachtsbaum<br />

passt.<br />

gh<br />

<strong>GEW</strong>-HANDBUCH<br />

JETZT AUCH ALS CD!<br />

Das <strong>GEW</strong>-Handbuch für Lehrerinnen und Lehrer mit über<br />

100 Rechtsvorschriften, angefangen von der Abiturprüfungsordnung<br />

über die Lehrkräftearbeitszeitverordnung, Schulgesetz<br />

und Schulordnungen, Teilzeitbeschäftigung oder Unterrichtsorganisation<br />

und vieles mehr, gibt es jetzt auf neuestem Stand<br />

auch als CD.<br />

Preis für Mitglieder:<br />

Preis für Nichtmitglieder:<br />

8,00 Euro zzgl. Versand<br />

20,00 Euro zzgl. Versand<br />

Jule Elfert-Jacobi: Lehrerskind, Rheinlese Verlag, Ingelheim,<br />

65 S., 7,95 , Bezug: rheinleseverlag@aol.com<br />

LESEPETER<br />

Im Dezember 2007 erhält<br />

den LesePeter das Sachbuch:<br />

Barbara Stieff<br />

Träume ernten - Hundertwasser für Kinder<br />

München. Prestel 2007,<br />

96 Seiten, 19,95 Euro, ab 8 Jahren<br />

Hier ist nicht nur ein Buch über den bekannten Maler<br />

Friedensreich Hundertwasser gelungen, sondern es ist<br />

auch ein Buch, das Kindern viel Weises erzählt über das<br />

Leben, die Liebe zur Natur, über Schönheit und über das<br />

Glücklichsein. Und es regt lebendig ganz konkret zum<br />

fröhlichen Schaffen an.<br />

Im Januar 2008 erhält den LesePeter das Bilderbuch:<br />

Wolf Erlbruch<br />

Ente, Tod und Tulpe<br />

München: Kunstmann 2007<br />

32 Seiten, geb.,14,90 Euro<br />

für alle Altersstufen<br />

Es gibt einige Bücher über den Tod, auch Bilderbücher,<br />

aber wohl bis jetzt keins über das Sterben. Erlbruch<br />

gelingt sowohl für Kinder als auch für Erwachsene (je<br />

auf einer adäquaten Ebene) eine Versöhnung mit dem<br />

Tod. Wunderbare Bilder erleichtern den Weg. Wenn<br />

man wirklich dereinst so sterben könnte!<br />

28<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


TIPPS + TERMINE<br />

BÜCHERTIPPS VON ANTJE FRIES<br />

Hörenswert<br />

In der Reihe „Weltliteratur für Kinder“, in der Barbara<br />

Kindermann im Beltz-Verlag große Werke neu erzählt,<br />

gibt es jetzt Götz von Berlichingen als Hörbuch. Armin<br />

Rohde ist der Glücksgriff schlechthin: Alle Rollen liest<br />

er passend, gespannt lauscht auch der letzte jugendliche<br />

Goethe-Skeptiker. Auch für die Grundschule schon absolut<br />

hörenswert!<br />

Na gut, nicht alle Schimpfwörter aus dem „Schrecken der<br />

Ozeane“ sollten in den Grundwortschatz übernommen<br />

werden, aber an sich ist die sprachliche Opulenz des Werks<br />

von Leuw von Katzenstein schon beeindruckend. Als Hörbuch<br />

umfasst es vier CDs und eine weitere mit rotzfrechen<br />

Piratensongs, insgesamt über sechs Stunden Piraterie vom<br />

Feinsten: Die fantasievollen Geschichten um Buckelbert<br />

Hansen und seine Seeräuberkollegen Albert den Albernen<br />

und Robert die Rotznase faszinierten sämtliche GrundschülerInnen<br />

schon als Buch, und als szenische Lesung<br />

mit Rainer Strecker, Wolfgang Niedecken und anderen<br />

bekannten Stimmen können sich die Frühstückspausen<br />

wochenlang in die Südsee verlegen lassen.<br />

Götz von Berlichingen. Vorgelesen von Armin Rohde. CD<br />

51 Minuten, ISBN 978-3-939375-28-9<br />

Der Schrecken der Ozeane. Hörbuch mit 5 CDs, ISBN<br />

978-3-935036-88-4<br />

Wortschatz für den Kindergarten<br />

Das „Kindergarten-Wörterbuch“ vom DUDEN-Verlag<br />

beinhaltet die 3000 wichtigsten deutschen Wörter und<br />

Redewendungen, um schon im Vorschulalter gezielte<br />

Sprachförderung zu betreiben. Gleichzeitig ist es aber auch<br />

Bilder- und Vorlesebuch mit den drei Kindern Ole, Marie<br />

und Zeki als Hauptpersonen, das thematisch geordnet<br />

(Wenn ich krank bin, Bauernhof, Einkaufen...) entdecken<br />

und üben lässt. In drei verschiedenen Lernstufen, die<br />

farblich markiert sind, werden die Kinder schrittweise an<br />

die insgesamt sechzehn Themen herangeführt. Ebenfalls<br />

so gegliedert sind Spielanregungen zu jedem Thema.<br />

Ratgeber für Eltern und Checklisten zum sinnvollen<br />

Unterstützen des Kindes runden das Buch ab.<br />

Das Kindergarten-Wörterbuch. Mannheim 2007. 192<br />

Seiten, 9,95 Euro. ISBN 978-3-411-73021-6<br />

Studienreisen / Klassenfahrten<br />

8-Tage-Busreise z.B. nach<br />

WIEN ÜF 192,-- €<br />

BUDAPEST ÜF 192,-- €<br />

LONDON ÜF 254,-- €<br />

PRAG ÜF 199,-- €<br />

PARIS ÜF 224,-- €<br />

10-Tage-Busreise z.B. nach<br />

SÜDENGLAND Ü 213,-- €<br />

TOSKANA Ü 202,-- €<br />

SÜDFRANKREICH Ü 230,-- €<br />

(Unterbringung in<br />

Selbstversorgerunterkünften)<br />

ROM ÜF 238,-- €<br />

Alle Ausflugsfahrten inklusive.<br />

Flug- und Bahnanreise sowie andere Ziele (z.B. Ferienparks<br />

in den Niederlanden oder Belgien) auf Anfrage möglich!<br />

REISEBÜRO KRAUSE GMBH · MÜNSTERSTR. 55a · 44534 LÜNEN<br />

Tel: 0 23 06/7 57 55-0 · Fax: 0 23 06/7 57 55-49 · E-Mail: info@rsb-krause.de<br />

www.rsb-krause.de<br />

Geschichte miterleben<br />

Für SchülerInnen ab 12 Jahren ist „Abenteuer Weltgeschichte“<br />

von Ulli Kulke gedacht: Zwanzig für die<br />

Menschheit entscheidende Ereignisse werden spannend<br />

und verständlich erzählt. Viele Bilder, Zitate und Kästen<br />

mit „Wissen spezial“ erweitern ein buntes Angebot, das<br />

Lust auf Geschichte macht. Und das von der Steinzeit bis<br />

zum 11. September!<br />

Für die gleiche Altersstufe und auch hier wieder in Zusammenarbeit<br />

mit dem Jugend-Brockhaus ist „Geniale<br />

Denker und clevere Tüftler“. Hier werden zwanzig Bahn<br />

brechende Erfindungen vorgestellt, die das Leben der<br />

Menschen nachhaltig beeinflussten, so etwa die Entdeckung<br />

des Feuermachens, Kompass, Buchdruck,, Telefon<br />

und Auto. Aber auch die Kernspaltung und Weltraumforschung<br />

finden ihren Platz im interessanten Werk, das<br />

umfassend bebildert ist und zudem gute Kurz-Rückblicke<br />

über historische Verfahren, Geschehnisse und Personen<br />

bietet.<br />

Ulli Kulke: Abenteuer Weltgeschichte. Weinheim 2007.<br />

176 Seiten, 16,95 Euro. ISBN 978-3-407-75328-1<br />

Bernd Flessner: Geniale Denker und clevere Tüftler.<br />

Weinheim 2007. 176 Seiten, 16,95 Euro. ISBN 978-3-<br />

407-75329-8<br />

Bücherspalte<br />

<strong>GEW</strong>-Handbuch für Lehrerinnen und<br />

Lehrer<br />

4. Auflage1998 Loseblattausgabe -<br />

Gesamtwerk mit Spezialordner<br />

8. überarbeitete Fassung<br />

Stand: Januar 2007<br />

Das rund 1.400 Seiten starke Werk enthält alle wichtigen<br />

Gesetze und Verwaltungsvorschriften für den<br />

Schulbereich in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />

Mitglieder: Euro 23,00<br />

Nichtmitglieder: Euro 32,00 zzgl.Porto<br />

<strong>GEW</strong>-Handbuch: JETZT AUCH als CD!<br />

Das <strong>GEW</strong>-Handbuch für Lehrerinnen und Lehrer<br />

mit über 100 Rechtsvorschriften, angefangen von der<br />

Abiturprüfungsordnung über die Lehrkräftearbeitszeitverordnung,<br />

Schulgesetz und Schulordnungen, Teilzeitbeschäftigung<br />

oder Unterrichtsorganisation und vieles mehr,<br />

gibt es jetzt auf neuestem Stand auch als CD.<br />

Preis für Mitglieder: 8,00 Euro zzgl. Versand<br />

Preis für Nichtmitglieder: 20,00 Euro zzgl. Versand<br />

Bestellungen an:<br />

<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Neubrunnenstr. 8 · 55116 Mainz<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

29


KREIS + REGION<br />

Kreis Trier<br />

Studienfahrt nach Luxemburg<br />

Die Stadt Luxemburg - unter Einbeziehung der gesamten Großregion<br />

- trägt in diesem Jahr den Titel Kulturhauptstadt Europas.<br />

Grund für die <strong>GEW</strong> Trier, eine Studienfahrt nach Luxemburg<br />

anzubieten. Das Angebot fand großes Interesse, und so konnte die<br />

Reise losgehen.<br />

Alle waren bester Laune, wozu auch das wunderschöne Spätsommerwetter<br />

an diesem Tag beitrug.<br />

In Luxemburg besuchten wir zunächst das Musée d‘Art Moderne,<br />

kurz Mudam genannt.<br />

Das Museum ist ein sehenswerter moderner Gebäudekomplex,<br />

entworfen von dem chinesisch-amerikanischen Architekten Pei.<br />

Allein ein Gang durch die offenen, Licht durchfluteten Räume<br />

lohnt sich. Hinzu kommen die Exponate, häufig Auftragsarbeiten,<br />

die den Räumlichkeiten angepasst werden können. Die derzeitige<br />

Ausstellung heißt „ Tomorrow Now - when design meets fiction“.<br />

Die Exponate thematisieren die Beziehung zwischen Mensch und<br />

Technik, und man kann bzw. soll sie verstehen als eine Art Zeitreise<br />

in eine bereits existierende Zukunft. So zum Beispiel die in<br />

der Haupthalle des Museums ausgestellte fliegende Untertasse, in<br />

Wirklichkeit ein Modulhaus aus Plastik für 8 Personen.<br />

Zu den ständigen Exponaten gehört eine kleine Kapelle, aus<br />

künstlerischer und handwerklicher Sicht ein Meisterwerk. Die<br />

Glasfenster stellen nicht die gewohnten biblischen Szenen dar,<br />

sondern sind kunstvoll angeordnete Röntgenaufnahmen menschlicher<br />

Körperteile.<br />

Nach einer längeren Mittagspause begann dann ein Stadtrundgang<br />

mit Führung. Interessant waren nicht nur die Sehenswürdigkeiten<br />

(Plätze, Kathedrale, Regierungsgebäude, Kasematten, tolle Ausblicke<br />

vom Chemin de la Corniche in den Grund, den unteren Teil<br />

der Stadt, romantische Gassen und der Fischmarkt im Zentrum<br />

der Altstadt), sondern auch die Informationen zur Geschichte<br />

der Stadt Luxemburg und zu ihrer derzeitigen Rolle im Zentrum<br />

Europas. Über viele Jahrhunderte war die Stadt mehr oder weniger<br />

eine ummauerte Festung, heute, befreit vom Korsett der Festungsgürtel,<br />

ist sie eine prosperierende, weltoffene und multikulturelle<br />

Stadt. Unserer Gästeführerin gelang es, uns etwas von dem grenzenlosen<br />

Charme ihres Landes und der dort lebenden Menschen<br />

zu vermitteln.<br />

Die Studienfahrt der <strong>GEW</strong> Trier war in jeder Hinsicht gelungen,<br />

einmal wegen des kulturellen Programms, aber auch wegen der<br />

Gesprächsgelegenheiten der Teilnehmer untereinander. Ein besonderer<br />

Dank geht an Henny Weber, die Kreisvorsitzende, die diese<br />

Veranstaltung organisierte und dadurch möglich machte.<br />

Hajo Arend<br />

Kreis Rhein-Lahn<br />

Neue LehrerInnenbildung<br />

Interessierte TeilnehmerInnen waren der Einladung des <strong>GEW</strong>-<br />

Kreisverbandes Rhein-Lahn nach Nassau gefolgt, um sich über die<br />

neue LehrerInnenbildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> informieren zu lassen.<br />

Das Mitglied des Hauptpersonalrates, Klaus-Peter Hammer, führte<br />

in die Grundzüge der Reform ein und betonte, dass Theorie und<br />

Praxis der Lehrkräfte-Arbeit im Studium eng verzahnt werden soll.<br />

Im sechssemestrigen Grundstudium liegt der Schwerpunkt auf zwei<br />

Fächern und dem Fach Bildungswissenschaft, wofür durch die Kultusministerkonferenz<br />

Standards festgelegt worden sind. Durch diese<br />

Standards wird beschrieben, welche Kompetenzen die angehenden<br />

Lehrkräfte im Laufe des Studiums erwerben und erreichen sollen.<br />

Dem Grundstudium, das mit dem Bachelor abschließt, folgt der<br />

lehramtsbezogene Masterstudiengang, der je nach Lehramt zwei, drei<br />

oder vier Semester umfasst. Nach dem Erwerb des Masters folgt die<br />

Zweite Phase der Lehrerausbildung von fünfzehn Monaten.<br />

An den Universitäten Koblenz-Landau und Kaiserslautern begann<br />

die neue Lehrerausbildung mit dem Wintersemester dieses Jahres.<br />

Die Universitäten Mainz und Trier werden im nächsten Wintersemester<br />

folgen.<br />

Nach dem ersten Semester folgt - von der Universität und den<br />

Studienseminaren vorbereitet - um die Osterferien 2008 das erste<br />

orientierende Praktikum von zehn Tagen an einer Schule. Dabei<br />

erkunden die Studierenden, angeleitet durch eine umfangreiche<br />

Aufgabensammlung, die verschiedenen Aspekte der Lehrkräftearbeit<br />

und dokumentieren ihre Ergebnisse.<br />

Über ein Internet-Portal melden die Schulen, in welchen Zeiträumen<br />

sie wie viele Praktikumsplätze zur Verfügung stellen. Die Studierenden<br />

können im Rahmen der Angebote über das Portal die Schule<br />

selbst auswählen, an der sie ihr Praktikum durchführen wollen.<br />

Sie werden an der Schule unterstützt durch Lehrkräfte, die sich<br />

auf diese Betreuungsaufgabe durch eine mehrtägige Weiterbildung<br />

qualifizieren können.<br />

Die von den Studierenden gesammelten Eindrücke und Fragestellungen<br />

fließen in die Universität zurück und beeinflussen so das<br />

theoriegeleitete Studium.<br />

Nach dem zweiten Semester folgt das zweite orientierende Praktikum<br />

in einer anderen Schulart und nach dem dritten Semester das dritte<br />

orientierende Praktikum.<br />

Diese Begegnungen mit der schulischen Wirklichkeit in verschiedenen<br />

Schularten wird dazu dienen zu entscheiden, ob die Eignung<br />

für den angestrebten Beruf der Lehrkraft deutlich erkennbar ist. Im<br />

Laufe des Studiums folgen vertiefende Praktika und in der Masterphase<br />

Fachpraktika<br />

Die Teilnehmerinnen kritisierten, dass das Masterstudium nicht<br />

durchgängig viersemestrig angelegt ist und dass versäumt wurde,<br />

die Zahl der Lehrämter deutlich zu reduzieren. Man sieht die<br />

Notwendigkeit, ein Lehramt zu schaffen mit Schwerpunkten in<br />

den Alterstufen der Schülerinnen und Schüler. Sie verabredeten,<br />

sich weiter mit der neuen LehrerInnenbildung zu befassen, um die<br />

Reform konstruktiv und kritisch zu begleiten.<br />

Dieter Ross<br />

30<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007


KREIS + REGION / IMPRESSUM<br />

Kreis Bad Kreuznach<br />

Fast alle Bildungsbereiche vertreten<br />

Ernst Eggers, Lehrer am Wirtschaftsgymnasium in Bad Kreuznach<br />

und Fachleiter Mathematik/Physik am Studienseminar BBS Mainz,<br />

bleibt weiterhin Kreisvorsitzender der <strong>GEW</strong> Bad Kreuznach. Er<br />

wurde in der außerordentlichen Mitgliederversammlung der <strong>GEW</strong><br />

Bad Kreuznach am 24. September einstimmig wieder gewählt. Unterstützt<br />

wird er zukünftig von der neu gewählten Stellvertreterin<br />

Adelheid Bauer, die ihre vielfältigen Kenntnisse und Erfahrungen in<br />

mehreren Bereichen der Bildungsgewerkschaft in die Vorstandsarbeit<br />

einbringen wird. Sie hat nicht nur ein Studium für das Lehramt,<br />

sondern auch eine Erzieherinnenausbildung absolviert und war<br />

mehrere Jahre in Kindertagesstätten und in der Sozialarbeit tätig.<br />

Für die Sozialarbeit wird sie sich auch weiterhin engagieren. Dem<br />

geschäftsführenden Vorstand gehören noch Volker Schoeffel (Rechner)<br />

und Inge Müller (Schriftführerin) an.<br />

Ergänzt wird der geschäftsführende Vorstand durch die kommissarisch<br />

eingesetzten und in der Mitgliederversammlung bestätigten<br />

Fachgruppensprecher/innen: Marianne Benninghoven (Grundschule/Schwerpunktschule),<br />

Uli Gallon (Förderschule), Hanspeter<br />

Straub (Integrierte Gesamtschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium),<br />

Walter Rohrbacher (Berufsbildende Schule), Adelheid<br />

Bauer (Sozialpädagogen), Siegfried Kloss (Senioren/Seniorinnen)<br />

und Elisabeth Orth-Jung (Frauen) bestätigt. Erfreulich ist, dass die<br />

Betreuung der Senioren und Seniorinnen nach mehreren Jahren<br />

Vakanz wieder gesichert ist.<br />

Auch in der neuen Amtsperiode will die <strong>GEW</strong> Bad Kreuznach<br />

wieder interessante Fortbildungen auf die Agenda setzen. Geplant<br />

sind bereits zwei Angebote: Am 20. November 2007 fand eine<br />

Veranstaltung im Museum für PuppentheaterKultur (PuK) in Bad<br />

Kreuznach statt. Im Frühjahr 2008 soll zu einem zweitägigen Seminar<br />

„Clownpädagogik“ in Bad Sobernheim eingeladen werden.<br />

Inge Müller<br />

Kreis Neuwied<br />

Annette Seim ist Ehrenvorsitzende<br />

Deutliche Kritik an der rheinland-pfälzischen Schulpolitik übte<br />

der designierte neue Landesvorsitzende der <strong>GEW</strong>, Klaus-Peter<br />

Hammer, in Neuwied im Heimathaus. Hammer forderte längeres<br />

gemeinsames Lernen der Kinder in einer Schule für alle. Er skizzierte<br />

die „EINE SCHULE FÜR ALLE“ als eine Schule der Vielfalt und<br />

Kooperation und nicht als nivellierende Einheitsschule. Eine solche<br />

Schule sei weitgehend barrierefrei. Selektionsentscheidungen fielen<br />

nur noch am Ende der Sekundarstufe I. Alle jungen Menschen seien<br />

in dieser Schule willkommen. Niemand werde ausgesondert oder<br />

beschämt. Alle Jungen und Mädchen werden in ihrer Individualität<br />

wertgeschätzt, individuell gefördert und herausgefordert, alle ihre<br />

Potenziale zu entwickeln.<br />

Weitere Tagesordnungspunkte der gut besuchten Mitgliederversammlung<br />

waren die Wahl von Annette Seim, der langjährigen<br />

<strong>GEW</strong>-Kreisvorsitzenden, zur Ehrenvorsitzenden des Kreisverbandes<br />

und eine komplette Neuwahl des Kreisvorstandes für die kommenden<br />

vier Jahre. Die langjährigestellvertretende <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />

Erika Schmitt-Neßler nahm die Ehrung von Annette<br />

Seim vor. Sie würdigte die ehemalige Kreisvorsitzende als streitbare<br />

Pädagogin, die ihre Gewerkschaftsarbeit stets als Kampf für mehr<br />

Bildungsgerechtigkeit in der Gesellschaft gesehen habe. In guter<br />

Erika Schmitt-Neßler lobte Annettes Seim langjähriges Gewerkschaftsengagement.<br />

Erinnerung sei der Aufruf aus dem Jahre 1997 geblieben, als Annette<br />

Seim formuliert habe: „Wer leiden will, soll schweigen! Wer nicht<br />

aufschreit, der kann noch mehr ertragen! Wer sich nicht wehrt, darf<br />

nachher nicht klagen! Nur gemeinsam sind wir stark! Wir müssen<br />

viele sein, um etwas zu bewirken!“<br />

Einstimmig wählten die GewerkschafterInnen Annette Seim zur<br />

Ehrenvorsitzenden des Kreisverbandes.<br />

Mithilfe einer Satzungsänderung schuf die Mitgliederversammlung<br />

die Basis für eine neue Führungsstruktur des <strong>GEW</strong>-Kreisverbandes.<br />

Anstelle einer Vorsitzenden mit zwei Stellvertretern soll nun ein<br />

dreiköpfiges Leitungsteam den mitgliederstarken Kreisverband in<br />

den kommenden vier Jahren führen.<br />

Einstimmig wählten die GewerkschafterInnen Waltraud Heckmann<br />

(Lehrkraft in einer Förderschule), Harald Maxeiner (Gymnasiallehrer)<br />

und Michael Tietz (Hauptschullehrer) als Vorstandteam. Alter<br />

und neuer Rechner ist Helge Behring, dem die Jahreshauptversammlung<br />

eine einwandfreie Kassenführung testierte.<br />

Neu in den Kreisvorstand wurden einstimmig Hermann-Joseph<br />

Löhr (Schulaufsicht) als Schriftführer und Angelika Ammersbach<br />

(Regionale Schule) als Beisitzerin gewählt.<br />

Als jeweilige Fachgruppensprecher und Beisitzer im Kreisvorstand<br />

wurden einstimmig bestätigt: Helmut Bäumner (Fachgruppe BBS)<br />

Harald Maxeiner (Fachgruppe Gymnasien), Renate Jakobi (Fachgruppe<br />

Grundschulen), Michael Tietz (Fachgruppe Hauptschulen),<br />

Margit Hauer (Fachgruppe sonderpädagogische Berufe) und Heike<br />

Dittrich-Neumann (Fachgruppe sozialpädagogische Berufe).<br />

KV<br />

Impressum <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

(116. Jahrgang)<br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />

Mainz, Tel.: 0 61 31 28988-0, Fax: 0 61 31 28988-80, E-mail: gew@gew-rlp.de<br />

Redaktion: Günter Helfrich (verantw.), Paul Schwarz (Stellvertr./Bildungspolitik), Ursel Karch (Gewerkschaftspolitik),<br />

Karin Helfrich (Außerschulische Bildung),<br />

Redaktionsanschrift: <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen, Tel./<br />

Fax: 06 21 564995, e-mail: guenter.helfrich@gew-rlp.de<br />

Verlag und Anzeigen, Satz und Druck: Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt<br />

a.d.W., Tel.: 063 21 8 03 77; Fax: 0 63 21 8 62 17; e-mail: vpp.nw@t-online.de<br />

Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen<br />

nicht in jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte oder zugemailte Daten wird keine Gewähr übernommen.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich Euro 18,-- incl. Porto +<br />

MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres. Im<br />

anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />

Anzeigenpreisliste Nr. 13 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 1. des Vormonats.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />

31


BEAMTENGEIST<br />

SIE LEBEN JA NOCH<br />

Nacherzählung eines Auskunftsersuchens<br />

Die Mitteilungen über die „Bezüge“ sind bekanntlich<br />

nicht immer leicht zu verstehen – und sie können manchmal<br />

den Charakter einer Stromrechnung (die ja sogar für<br />

Politiker schwer durchschaubar geworden ist) annehmen<br />

– dann nämlich, wenn Nachzahlungen für mehrere<br />

Jahre „verarbeitet“ werden müssen. Vorliegend ging es<br />

um die Nachzahlung von Versorgungsbezügen für zwei<br />

Jahre (Aufhebung von Kürzungen nach Anerkennung der<br />

Werbungskosten).<br />

Im ersten Versuch entstand ein völlig unsinniges Ergebnis,<br />

weil ein falscher Versorgungstatbestand in das Rechensystem<br />

eingegeben wurde, was statt einer Nachzahlung eine<br />

Rückforderung von mehreren Zehntausend Euro bewirkte.<br />

Der Versand eines solchen Rückforderungsbescheides<br />

wurde noch von einer Sachbearbeiterin verhindert, nicht<br />

aber der Versand der fehlerhaften Einzelberechnung. Im<br />

Telefongespräch wurde freundlich zugesagt, dass alles im<br />

Folgemonat korrigiert werden würde und mitgeteilt, dass<br />

eine Abschlagszahlung bereits veranlasst worden sei.<br />

Pünktlich erhielt ich im Folgemonat die Neuausrechnung<br />

für drei Jahre und den Monatsauszug mit der<br />

Auszahlungssumme. Leider war das Zustandekommen<br />

des Zahlbetrages nicht im Einzelnen nachzurechnen,<br />

weil der Monatsauszug vor allem die buchungstechnische<br />

Korrektur der fehlerhaften Berechnung des Vormonats<br />

beinhaltete. Die Gesamtzahlung erschien mir deutlich zu<br />

niedrig, weshalb ich telefonisch eine Aufschlüsselung des<br />

Zahlbetrages, insbesondere hinsichtlich der einbehaltenen<br />

Lohnsteuer erbat.<br />

Daraus entwickelte sich folgendes Gespräch- in gleichbleibend<br />

freundlichem Tonfall:<br />

„Die Zahlung, die ich für diesen Monat erhalten habe,<br />

erscheint mir zu niedrig.“<br />

„Aber ich habe die Monatsbeträge rückwirkend richtig<br />

gestellt, das sehen Sie doch.“<br />

„Der ausgezahlte Nettobetrag erscheint mir aber viel zu<br />

niedrig.“<br />

„Zu Netto kann ich nichts sagen, das macht das Programm.“<br />

„Aber ich hätte gern die Einzelbeträge.“<br />

„Die sehen Sie doch in den zugesandten Monatsberechnungen.“<br />

„Aber nicht in der Abrechnung der Nachzahlung.“<br />

„Das macht das Programm, ich habe es richtig eingegeben.“<br />

„Vermutlich habe ich zu hohen Steuerabzug.“<br />

„Steuer - das macht das Programm.“<br />

„Wie viel Steuer haben Sie denn abgezogen?“<br />

„Das weiß ich nicht, das rechnet das Programm.“<br />

„Können Sie mir die gesamten Nachzahlungsbeträge<br />

nennen und vielleicht auch die Monatsbeträge der Lohnerhöhung?“<br />

„Die einzelnen Monatsbeträge sehen Sie doch in den<br />

übersandten Blättern.“<br />

„Aber nicht in einer Summe.“<br />

„Doch, das ist in der letzten Monatsabrechnung verarbeitet.“<br />

„Aber dort ist nur eine Summe mitsamt der Fehlerkorrektur,<br />

des „Mists“ vom letzten Monat, aufgeführt.“<br />

„Das ist richtig, aber das macht das Programm so.“<br />

„Wie viel habe ich denn dieses Jahr bislang insgesamt<br />

an Versorgung bezogen und wie viel Steuer wurde abgezogen?“<br />

„Das weiß ich nicht, das rechnet das Programm.“<br />

„Können Sie das nicht mit heutigem Stichtag feststellen?“<br />

„Nein, das wird im Programm nicht angezeigt.“<br />

„Aber wenn ich jetzt sterbe, müssten Sie das doch auch<br />

aus dem Programm herausholen und feststellen!“<br />

„Das stimmt - aber Sie leben ja noch.“<br />

Ich habe meiner Familie zuliebe darauf verzichtet, die<br />

Programmvoraussetzung für eine Zusammenstellung der<br />

Versorgungsbezüge samt Steuern vor dem Jahresende zu<br />

erfüllen....<br />

Werner Dörr<br />

32<br />

Beilage zur E&W:<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007

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