GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz
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Berichte vom<br />
Grundschultag (S. 6-14)<br />
12/07<br />
-Zeitung<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
NEUES SCHULSTRUKTURKONZEPT ENTTÄUSCHT (S. 3-5)<br />
… IM JANUAR 2008 ERHALTEN SIE ALS BEILAGE ZUR E&W DAS FORTBILDUNGPROGRAMM<br />
DER <strong>GEW</strong>-RHEINLAND PFALZ FÜR DAS 1. HALBJAHR 2008 …
KOLUMNE / INHALT<br />
IMPULSE<br />
VON AUSSEN<br />
Die Redaktionen der 16 <strong>GEW</strong>-Landeszeitungen<br />
stehen in mehr oder minder reger<br />
Kommunikation miteinander und erhalten<br />
regelmäßig die verschiedenen Ausgaben der<br />
anderen Bundesländer, sofern die jeweilige<br />
Adressenverwaltung das auf die Reihe<br />
kriegt. Irgendwo sind wir immer noch die<br />
„Westdeutsche Schulzeitung“ und die Redaktionsadresse<br />
ist auch nach fast 12 Jahren immer noch bei Ursel Karch<br />
in Friesenheim. Exoten sind übrigens die Sachsen und die Saarländer, von<br />
denen man gar nichts sieht oder hört.<br />
Die anderen <strong>GEW</strong>-Zeitungen sind für uns keine Konkurrenz - ebenso wenig<br />
unsere Bundeszeitung E&W -, sondern wertvolle Partner, von denen wir<br />
regelmäßig Anregungen bekommen, die zum Austausch lesenswerter Beiträge<br />
führen. Interessant ist auch der Vergleich der journalistischen Qualität der<br />
Magazine, die mit der Größe des Landesverbandes nicht unbedingt steigt.<br />
Im Gegenteil: In mitgliederstarken Regionen gibt es logischerweise zahlreiche<br />
aktive FunktionärInnen, die ihre Gedanken unbedingt veröffentlicht sehen<br />
wollen, was die Masse der LeserInnen nicht wirklich brennend interessiert,<br />
während z.B. wir <strong>Rheinland</strong>-Pfälzer oft auch Platz haben für journalistisch<br />
hochwertige Artikel von außen und eine ansprechende grafische Seitengestaltung.<br />
Seitenlange Bleiwüsten sind in der <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> jedenfalls nicht zu finden, dafür aber immer wieder Denkanstöße<br />
provozierende Cartoons unseres Lieblingskarikaturisten Peter Baldus, den<br />
wir quasi aus Niedersachsen adoptiert haben. Als Weihnachtsgeschenk<br />
für alle, die irgendwie etwas mit Bildung zu tun haben - und das sind ja<br />
fast alle -, sei sein aktueller Band „Sind wir noch zu retten?“ nochmals<br />
empfohlen (siehe S. 29).<br />
Fester Bestandteil unseres Zeitungskonzeptes, das nicht nur auf Information<br />
und Meinungsbildung setzt, sondern ebenfalls Hintergründe sowie<br />
anspruchsvolle Unterhaltung bieten möchte, sind Glossen und Satiren.<br />
Auch hier haben wir von unseren Schwesterzeitungen profitiert: Auf unsere<br />
Satirikerin Gabriele Frydrych sind wir durch die hessischen Kollegen<br />
gekommen, die eine immer wieder lesenswerte Zeitschrift produzieren.<br />
Spannend ist auch stets zu lesen, was sich in anderen Ländern bildungspolitisch<br />
so tut bzw. wie die Protagonisten in den Ministerien dort agieren.<br />
Auch wenn uns Bildungsministerin Doris Ahnen nicht immer glücklich<br />
macht wie gerade aktuell wieder mit ihrer halbherzigen Schulstrukturreform:<br />
Verglichen mit dem, was CDU-Bildungsministerien zu treiben<br />
pflegen, dürfen wir uns nicht beklagen. Gerne verfolgen wir natürlich das<br />
Wirken unseres ehemaligen „Superministers“ Jürgen Zöllner, immerhin<br />
Mentor sämtlicher bildungspolitischer Entscheidungsträger in RLP, in der<br />
Bundeshauptstadt Berlin. Anfänglich von der dortigen <strong>GEW</strong> geradezu<br />
euphorisch begrüßt, bröckelt der Lack zunehmend ab, was sich von Ausgabe<br />
zu Ausgabe der Berliner Lehrerzeitung verfolgen lässt. Immerhin:<br />
Überzeugende Anregungen aus der Basis scheinen bei Zöllner Anklang zu<br />
finden, wie die erstaunliche Tatsache zeigt, dass er die Vergleichsarbeiten<br />
in der Grundschule abgeschafft hat, weil Aufwand und Ertrag in keinerlei<br />
Relation stehen. Warum dem großen Vorbild nicht nacheifern?<br />
Womit Zöllner die BerlinerInnen nervt und unisono andere BildungsministerInnen<br />
ihre Lehrkräfte ebenso nerven, ist die gebetsmühlenhaft vorgetragene<br />
Forderung nach mehr individueller Förderung, sobald die Rede<br />
auf die Schulstrukturfrage kommt. So kann man einen guten Ansatz ins<br />
Gegensteil verkehren. Wenn die Strukturen Ungerechtigkeit produzieren,<br />
lässt sich das mit individueller Förderung nur kosmetisch korrigieren, ebenso<br />
wie umgekehrt integrative Strukturen auch nicht automatisch für mehr<br />
Gerechtigkeit sorgen und nur in Verbindung mit einem Lernkulturwandel<br />
die gewünschte Wirkung zeigen. Allein mit dem Postulat von mehr individueller<br />
Förderung haben die Lehrkräfte wie schon in der gesamten „Nach<br />
- Pisa - Phase“ wieder den Schwarzen Peter, weil von ihnen etwas gefordert<br />
wird, was sowohl angesichts der herrschenden Strukturen sowie insbesondere<br />
der unzureichenden Rahmenbedingungen nicht leistbar ist.<br />
Wer die letzte Ausgabe unserer Zeitschrift angeschaut hat, könnte fast den<br />
Eindruck gewinnen, wir hätten genug von all den bildungspolitischen<br />
Troubles und würden uns lieber in eine Art akademischen „Kicker“ verwandeln,<br />
so viel Fußball kam nämlich vor. Keine Sorge, das war reiner<br />
Zufall. Diesmal haben wir uns entschieden, gleich zwei Folgen unserer<br />
Serie „Schulische Erfahrungen bekannter <strong>Rheinland</strong>-Pfälzer“ zu bringen,<br />
da nach längerer Flaute plötzlich Interviewtermin um Interviewtermin<br />
kam und wir die entsprechenden Veröffentlichungen nicht ins kommende<br />
Frühjahr verschieben wollen.<br />
Um gleich ein weiteres mögliches Missverständnis auszuräumen: Die<br />
Tatsache, dass wir bisher nur männliche Wesen in der Reihe vorgestellt<br />
haben, ist ebenfalls reiner Zufall bzw. liegt daran, dass wir von den gewünschten<br />
Gesprächspartnerinnen wie der Popsängerin Julia Neigel noch<br />
keine Rückmeldung erhielten. Wir arbeiten aber konsequent daran, diese<br />
absolut <strong>GEW</strong>-untypische Situation zu ändern.<br />
Eher untypisch ist auch, dass <strong>GEW</strong>-Zeitungsredakteure mit Ruhm und Ehre<br />
überhäuft werden. Früher hat man sich mit diesem karrierekillenden Job<br />
eher unbeliebt gemacht. Aber da scheint sich langsam etwas zu ändern: Nach<br />
Ursel Karch bekam nun auch unser Redaktionsmitglied Dr. Paul Schwarz<br />
auf Vorschlag von Doris Ahnen bzw. Kurt Beck von Bundespräsident Horst<br />
Köhler das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Wir gratulieren<br />
unserem geschätzten Kollegen und weit über die Landesgrenzen hinaus<br />
bekannten Autor und Regisseur zahlreicher bildungspolitischer Lehrfilme<br />
ganz herzlich zu der verdienten Auszeichnung und versichern gleichzeitig<br />
feierlich - Wolf Biermann sinngemäß zitierend -: „Wird das Haar auch<br />
licht und lichter, wir werden keine Kaiser-Geburtstags-Dichter.“<br />
So, das war schon wieder die letzte <strong>GEW</strong>-Zeitung in diesem Jahr; die<br />
nächste erscheint im Februar. Die Redaktion wünscht allen LeserInnen<br />
besinnliche, stressfreie Weihnachtstage sowie ein glückliches, erfolgreiches<br />
und insbesondere gesundes Jahr 2008.<br />
Günter Helfrich<br />
AUS DEM INHALT <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Nr. 12 / 2007:<br />
Bildungspolitik Seiten 3 - 6<br />
Schulen Seiten 7 - 14<br />
Fachkongress: Ankündigung Seite 15<br />
Tarifpolitik Seiten 16 - 17<br />
Hochschulen Seiten 18 - 19<br />
Schulische Erfahrungen … Seiten 20 - 21<br />
Wirtschaft / Gesellschaft / Rechtsschutz Seiten 22 - 23<br />
Alter + Ruhestand Seiten 24 - 26<br />
Tipps & Termine / Kreis + Region Seiten 27 - 31<br />
Beamtengeist Seite 32<br />
DER NEUE ERSCHEINUNGSRYTHMUS DER<br />
<strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> RHEINLAND-PFALZ<br />
Februar Ausgabe 1 - 2 Juli Ausgabe 7 - 8<br />
März Ausgabe 3 September Ausgabe 9<br />
April Ausgabe 4 Oktober Ausgabe 10 - 11<br />
Mai Ausgabe 5 - 6 Dezember Ausgabe 12<br />
Redaktionsschluss ist immer der 1. des Vormonats des Erscheinungsmonats, z.B.<br />
für die Ausgabe 3 / 08 also der 1.2.2008.<br />
2<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
BILDUNGSPOLITIK<br />
DER VERSUCH DER QUADRATUR DES KREISES: RHEINLAND-PFALZ SCHAFFT<br />
DIE HAUPTSCHULE AB, ERHÄLT ABER DEN HAUPTSCHULBILDUNGSGANG<br />
In der OECD gibt es nur noch 17 Länder, in denen die<br />
Kinder im Alter von 10 Jahren auf verschiedene Schularten<br />
verteilt werde, 16 davon sind in Deutschland. Wie wir seit<br />
letztem Monat wissen, wird das SPD-regierte <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> kein Vorreiter der Modernisierung. Statt uns europäischem<br />
Niveau anzupassen, drehen wir uns weiter im Kreis<br />
innerhalb der deutschen Bildungslandschaft. Kinder sind<br />
dabei „Versuchskaninchen“ - die Grundschullehrkräfte versuchen<br />
bei den Dritt- und Viertklässlern eine Vorhersage über<br />
den möglichen Schulerfolg in den verschiedenen Schularten<br />
abzugeben, die Eltern versuchen z.T. gegen diese Empfehlung<br />
etwas anderes mit ihren Kindern und riskieren damit den bei<br />
einem Misserfolg notwendigen Schulwechsel in einer Phase,<br />
in der die Jugendlichen mit der Pubertät kämpfen, statt sich<br />
auf Schulleistungen konzentrieren zu können.<br />
Die mit Spannung erwartete Entscheidung der Landesregierung<br />
über die neue Schulstruktur in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
hat an dieser Situation nichts Grundlegendes verändert.<br />
Dementsprechend zeigen die Reaktionen weder eine Welle<br />
der Begeisterung noch einen Sturm der Entrüstung. Generelle<br />
Befürworter der Hauptschule sind ohnehin nur<br />
noch unter denjenigen zu<br />
finden, die diesen Schultyp<br />
brauchen, um sich „nach<br />
unten“ abzugrenzen, jedoch<br />
weder dort arbeiten<br />
noch ihre Kinder dort<br />
hinschicken wollen. Der<br />
bildungspolitische Sprecher<br />
der CDU-Landtagsfraktion<br />
sieht im Modell sogar<br />
„zentrale Forderungen<br />
der CDU erfüllt“. Die<br />
RealschulvertreterInnen<br />
bekommen als Bonbon für<br />
die Tatsache, dass aus der<br />
Dreigliedrigkeit eine Art<br />
Zweigliedrigkeit wird, die<br />
Aussicht auf ein „Plus“,<br />
also eine Oberstufe am gleichen Schulort, und behalten die<br />
Möglichkeit, ab der 7. Klasse die RealschülerInnen doch<br />
von den HauptschülerInnen zu trennen, letztere gibt es per<br />
Begriff in den Klassen 5 und 6 allerdings gar nicht mehr. Die<br />
„Gymnasialen“ behalten ihre Schulart und entscheiden bei<br />
gleichbleibenden rechtlichen Vorgaben und Ressourcen selbst,<br />
wie sie mit dem wachsenden Zustrom von Schülerinnen und<br />
Schülern umgehen, deren Eltern für sie den prestigeträchtigsten<br />
Bildungsgang wählen. Von Fördermöglichkeiten zur<br />
Vermeidung von Sitzenbleiben oder entsprechenden Veränderungen<br />
im Schulgesetz spricht die Ministerin nicht. Die neue<br />
„starke Durchlässigkeit nach oben“ stellt sie - abgesehen von<br />
der frühkindlichen Bildung - ganz in den Zusammenhang<br />
der Kooperativen Realschule, von der sich das Ministerium<br />
die Erhöhung der AbsolventInnen mit Fachhochschulreife in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> erwartet.<br />
Auch gegen die Integrierten Gesamtschulen hat die Landesregierung<br />
keine Einwände, die Ministerin bescheinigt ihnen<br />
eine gute Arbeit. Wenn sich die Gremien vor Ort für dieses<br />
Modell entscheiden, müssen sie, das ist neu und positiv, nicht<br />
mehr die Bestandsgarantie für andere Systeme wahren.<br />
Letztlich stehe die „Qualität des Angebots im Mittelpunkt“,<br />
so die Landesregierung, und vermeidet dabei grundlegende<br />
Entscheidungen. Markenzeichen für das Bildungssystem in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ist nach wie vor seine Zergliederung, die<br />
innerhalb und außerhalb des Landes kaum noch erklärbar<br />
ist.<br />
Außen vor bleiben in den neuen Schaubildern und offenbar<br />
in den Gedanken der Verantwortlichen die Auswirkungen<br />
der „Realschule Plus“ auf die Förderschulen, deren Schüleranteil<br />
hoffentlich nicht steigt. Dem berufsbildenden Bereich<br />
wird ein System nebengeordnet, das hoffentlich nicht dazu<br />
führt, dass das Lernen im Medium des Berufs mit eigenem<br />
Stellenwert diesen verliert. (Siehe dazu den nachfolgenden<br />
Artikel von Annelie track.)<br />
Alles in allem: Schulwahl bleibt auf die 10jährigen bezogen<br />
und bleibt damit eine soziale Auslese, die vom Elternhaus<br />
getroffen wird, oder, wie es<br />
Vernor Muñoz ausdrückt:<br />
„Die frühe Auslese hat negative<br />
Konsequenzen für alle, die<br />
sowieso Probleme haben.“ Der<br />
Bildungsforscher Matthias<br />
von Saldern stellt fest, dass<br />
es keine zuverlässige Übergangsdiagnostik<br />
gebe und die<br />
Einrichtung einer zweiten<br />
Säule neben dem Gymnasium<br />
wenig an der Überlappung<br />
der Leistungsverteilungen<br />
zwischen den Schularten<br />
ändern werde. Schon 2001<br />
steht im PISA-Bericht: „Die<br />
Überlappung der Leistungsverteilungen<br />
weisen darauf<br />
hin, wie wichtig es ist, Schullaufbahnen im Hinblick auf<br />
Abschlüsse offen zu halten“.<br />
Aus diesen Erkenntnissen zukunftsweisende Schlüsse zu<br />
ziehen, ist in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> nicht gelungen. Es wird versäumt,<br />
die Weichen für ein längeres gemeinsames Lernen zu<br />
stellen, das begleitet wird von einer inneren Schulreform, die<br />
eine individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler<br />
ermöglicht. So bleibt es bei Veränderungen mit dem Versuch,<br />
allen wohl und keinem weh zu tun. Vor Ort stehen lange und<br />
schwierige Modell- und Finanzierungsdiskussionen an.<br />
Für viele Lehrerinnen und Lehrer stellen sich nun Fragen,<br />
die ihren Arbeitsplatz im Kern betreffen.<br />
Deren Beantwortung lässt sich nicht auf die lange Bank<br />
schieben.<br />
Sybilla Hoffmann<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
3
BILDUNGSPOLITIK<br />
„REALSCHULE PLUS“ = „BBS MINUS“<br />
Mit einer Mischung aus Entsetzen, Wut und Resignation wurde<br />
der von Bildungsministerin Ahnen nach monatelanger Vorbereitungsarbeit<br />
auf höchster Geheimhaltungsstufe vorgelegte<br />
Entwurf zu strukturellen Veränderungen der allgemein bildenden<br />
Schulen an den berufsbildenden Schulen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
aufgenommen. Aus der Sicht der beruflichen Bildung lautet die<br />
zwischen den Zeilen zu lesende Botschaft: Es gibt zwei Klassen<br />
von Menschen - die „theoretisch Begabten“ und die „praktisch<br />
Begabten“ - und die „intellektuell Minderbegabten“ und leistungsschwachen<br />
Jugendlichen gehen in die berufliche Bildung.<br />
Die berufsbildenden Schulen werden auf ihr Kerngeschäft, die<br />
Teilzeitberufsschule im Dualen System, sowie die Benachteiligtenförderung,<br />
zurückgeführt.<br />
Nachdem die seit langem bestehenden Herausforderungen<br />
der demografischen Entwicklung, das<br />
veränderte Bildungswahlverhalten und die sinkende<br />
Akzeptanz der Hauptschulen jahrelang mit der<br />
stereotypen Abwehr einer Schulstrukturdiskussion<br />
für die Sekundarstufe I beantwortet wurden, mussten<br />
endlich Konsequenzen aus dem dramatischen<br />
Rückgang der SchülerInnenzahlen an Hauptschulen<br />
gezogen werden. Aus den steigenden Qualifikationsanforderungen<br />
des Beschäftigungssystems an alle ArbeitnehmerInnen<br />
in einer Wissensgesellschaft ziehen<br />
immer mehr Eltern die richtige Konsequenz, dass sie ihren Kindern nur<br />
mit einem möglichst hohen Bildungsabschluss gute Zukunftsperspektiven<br />
sichern können. Die restriktiven Errichtungsbedingungen für<br />
die von immer mehr Eltern gewünschten Integrierte Gesamtschulen<br />
führten deshalb zu einem Run auf das Gymnasium und aufgrund<br />
der dort herrschenden Selektionspraxis zu Schulversagen, Klassenwiederholungen,<br />
Rückstufungen und dem damit verbundenen Verlust an<br />
Selbstwertgefühl.<br />
Da diese Probleme auch im Ministerium bekannt sind, bestand die<br />
Hoffnung, dass die zuständige Ministerin nun endlich den Mut finden<br />
würde, die frühe Aufteilung der SchülerInnen auf unterschiedliche<br />
Schularten sowie die Leistungsniveaudifferenzierung innerhalb der<br />
Schulen durch individuelle Förderung aller SchülerInnen zu beenden.<br />
Einige Zielsetzungen hörten sich dann auch ganz positiv an: „Bildungsabschlüsse<br />
in zumutbarer Entfernung sichern“, „Weitergehende<br />
Optionen für längeres gemeinsames Lernen“, „Individuelle Förderung<br />
für alle Schülerinnen und Schüler durch Förderkonzepte mit gezielter<br />
Ressourcen-Zuweisung“, „Noch gezieltere Förderung leistungsschwächerer<br />
Schülerinnen und Schüler“, „Drastische Reduzierung der<br />
Schulabbrecherquote (Keine und Keiner darf verloren gehen)“, „Abschluss<br />
mit besserem Übergang - Stärkung der Berufsorientierung“. Das<br />
Ministerium schien endlich die richtigen Konsequenzen aus den mit<br />
jeder PISA-Untersuchung neu bestätigten Mängeln des Schulsystems<br />
zu ziehen.<br />
nach der 9. Klasse, wobei für abschlussgefährdete SchülerInnen spezielle<br />
Angebote bis hin zum Projekt „Keiner ohne Abschluss“ in einem optionalen<br />
10. Schuljahr vorgesehen sind. Die besondere Förderung dieser<br />
SchülerInnen besteht - welch eine Überraschung - in einer vertieften<br />
Berufsorientierung mit einem wöchentlichen Praxistag im Betrieb. Es<br />
ist schon absurd: Ausgerechnet die „funktionalen AnalphabetInnen“<br />
mit grundlegenden Problemen in der Lese-, Schreib- und Mathematikkompetenz<br />
erhalten keine zusätzliche schulische Förderung in diesen<br />
Bereichen, sondern sie werden aus der Schule herausgenommen und verbringen<br />
Praxistage in Betrieben. Gut organisierte Betriebspraktika sind<br />
sicher geeignet, die Lernmotivation in der Schule zu stärken - aber was<br />
können sie zur Beseitigung der Grundbildungsdefizite beitragen? Und<br />
wieso wurde nicht auf die Erfahrungen der berufsbildenden Schulen<br />
und die Förderkonzepte der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der<br />
Benachteiligtenförderung zurückgegriffen?<br />
Darüber, was nach dem Abschluss der Hauptschule mit diesen jungen<br />
Menschen geschehen soll, gibt das neue Konzept keinen Aufschluss. Es<br />
ist zu vermuten, dass die VerliererInnen der gegliederten Sekundarstufe<br />
I nach wie vor in einem - neuerdings euphemistisch als „Übergangsmanagement“<br />
bezeichneten - System von Warteschleifen (von der<br />
Bundesagentur für Arbeit und damit von der Arbeitslosenversicherung<br />
finanziert!) und danach in Minijobs oder in Hartz IV landen. Der<br />
Anteil an Arbeitsplätzen, für die „praktisch Begabte“ offensichtlich<br />
ausgebildet werden sollen, geht in unserer Wissensgesellschaft immer<br />
weiter zurück. Und auch in Handwerksberufen reicht es schon längst<br />
nicht mehr aus „geschickte Hände“ zu haben.<br />
Damit findet das Aussortieren allerdings immer noch kein Ende: Wer<br />
den qualifizierten Sekundarabschluss I erhält und von der neuen<br />
„Realschule plus“ als „bildungsfähig“ betrachtet wird, darf dann die<br />
Fachhochschulreife an seiner Realschule erwerben. Die leistungsschwächeren<br />
AbsolventInnen werden - natürlich - wieder in die „weniger<br />
anspruchsvolle“ Berufsbildung abgeschoben.<br />
Die Ansiedlung einer Fachoberschule - offensichtlich als Köder erforderlich,<br />
damit die Realschulen sich überhaupt darauf einlassen, die<br />
„praktisch begabten HauptschülerInnen“ aufzunehmen - stellt einen<br />
gravierenden Systembruch in der beruflichen Bildung dar. Man könnte<br />
ja noch verstehen, dass die Realschule nach zwei weiteren Schuljahren<br />
mit allgemeinen Inhalten eine allgemeine Fachhochschulreife vergeben<br />
Und das Ergebnis?<br />
Das längere gemeinsame Lernen besteht aus einer „gemeinsamen Orientierungsstufe“,<br />
in der in einer neuen „kooperativen Realschule“ die<br />
Kinder für die nach wie vor bestehenden Bildungsgänge „Realschule“<br />
und „Hauptschule“ sortiert werden. Danach endet dann ausgerechnet<br />
für die leistungsschwächeren SchülerInnen der Hauptschulbildungsgang<br />
4<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
BILDUNGSPOLITIK<br />
soll (schließlich geschieht dies ja auch nach der 12. Klasse der MSS).<br />
Aber da das Ministerium die Auseinandersetzung mit den Gymnasien<br />
scheut, wird im System der berufsbildenden Schulen gewildert.<br />
Die Fachoberschule (mit dem neuen Strukturkonzept für berufsbildende<br />
Schulen wurde sie übrigens in „Berufsoberschule“ umbenannt) führt traditionell<br />
an berufsbildenden Schulen entweder in Vollzeit oder Teilzeit,<br />
ausbildungs- oder berufsbegleitend zur Fachhochschulreife. Das Herausbrechen<br />
dieser Schulform aus dem System der BBS und die Angliederung<br />
an die Realschule führt zu einem erheblichen Attraktivitätsverlust der<br />
beruflichen Bildung und zu einer Verminderung der Chancen der<br />
Jugendlichen, die sich nach der 10. Klasse der Sekundarstufe I für eine<br />
Berufsausbildung im dualen System oder in einer höheren Berufsfachschule<br />
entscheiden. Sie stellt auch das Lernbausteinkonzept in Frage, mit<br />
dem junge Menschen gleichzeitig mit einer beruflichen Erstausbildung<br />
durch die Zuwahl von Lernbausteinen in den von der KMK vorgegebenen<br />
Bereichen die Fachhochschulreife erwerben können.<br />
Die Angliederung eines beruflichen Bildungsganges an der Realschule<br />
plus mutet auch deshalb als absurd an, weil an der Realschule eine<br />
Kompetenz für berufliche Bildung nicht besteht. Da die dazu notwendige<br />
Einbindung in das duale Berufsbildungssystem und die Lernortkooperation<br />
mit den Betrieben an den Realschulen nicht vorhanden sind, kann<br />
diese Kompetenz auch nicht ohne Weiteres hergestellt werden.<br />
Ganz abgesehen von der LehrerInnenkompetenz wirft die Organisation<br />
der 11. Klasse der Fachoberschule Probleme auf, weil die für den Erwerb<br />
der Fachhochschulreife erforderliche „Fachpraxis“ in diesem Schuljahr<br />
in Form eines Betriebspraktikums mit zwei Tagen Schule realisiert<br />
werden soll. Diese über ein Praktikum bestenfalls in die Arbeitswelt<br />
eingeführten AbsolventInnen der Fachoberschule an der Realschule plus<br />
treffen dann - falls sie die fachgebundene oder allgemeine Hochschulreife<br />
anstreben - auf SchülerInnen in der Berufsoberschule II, die ihre berufliche<br />
Kompetenz im Rahmen einer mindestens zweijährigen beruflichen<br />
Erstausbildung und häufig auch noch anschließenden Berufstätigkeit<br />
erworben haben.<br />
Sollte es wirklich gelingen, die erforderliche Zahl von Praktikumsplätzen<br />
zu akquirieren, gehen diese mit hoher Wahrscheinlichkeit zu<br />
Lasten der betrieblichen Ausbildungsplätze und schwächen das Duale<br />
GGG: HALBHERZIG<br />
Unverständnis herrscht beim Gesamtschulverband, dass das Bildungsministerium<br />
die Integrierte Gesamtschule in der aktuellen Diskussion<br />
nicht als zentrale Schulform gewählt hat. Unabhängig von allen - nach<br />
dem neuen Konzept der Landesregierung - möglichen Schulkonzepten<br />
bietet nach wie vor die Integrierte Gesamtschule wohnortnah und pädagogisch<br />
begründet alle in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> möglichen Schulabschlüsse.<br />
System weiter - denn für PraktikantInnen müssen die Betriebe ja keine<br />
Ausbildungsvergütung zahlen. Oder ist etwa sogar daran gedacht, diese<br />
Praktikumsplätze bei den Betrieben einzukaufen?<br />
Aus der Sicht der beruflichen Bildung lautet das Fazit:<br />
Die Lösung der Strukturprobleme der Sekundarstufe I wäre, wenn<br />
Politik mutig und verantwortungsbewusst statt opportunistisch handeln<br />
würde, doch eigentlich ganz einfach - eine Schule für alle bis zur 10.<br />
Klasse, danach Entscheidung für die - insbesondere an den integrierten<br />
Gesamtschulen weiter auszubauende - traditionelle „akademische“<br />
Richtung oder für die beruflich orientierte Richtung. Für die beruflichen<br />
Bildungsgänge nach der Sekundarstufe I gibt es in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
ein attraktives Berufsbildungssystem. Angesichts der abnehmenden<br />
Ausbildungsbereitschaft der Betriebe müsste lediglich das Angebot der<br />
höheren Berufsfachschulen für eine vollqualifizierende Berufsausbildung<br />
bei gleichzeitigem Erwerb der Fachhochschulreife ausgebaut werden.<br />
Darüber hinaus wäre ein bedarfsgerechter Ausbau der beruflichen<br />
Gymnasien erforderlich.<br />
In diesem Jahr veröffentlichte die OECD unter dem Titel „No more<br />
Failures“ eine Studie zur Chancengleichheit im Bildungswesen mit folgenden<br />
Politikempfehlungen für Gerechtigkeit, Gleichheit und Fairness<br />
in der Bildung:<br />
- Keine frühe Aufteilung in Schulformen, keine abschlussbezogenen<br />
Lerngruppen mit Leistungsselektion<br />
- Freie Schulwahl nur dann, wenn Chancengleichheit gewährleistet<br />
ist<br />
- Attraktive Alternativen und Abbau von Sackgassen in der Sekundarstufe<br />
II und Verhinderung von Bildungsabbruch<br />
- Zweite Chance, um höhere Bildungsbeteiligung zu erreichen<br />
Auf der Zielebene scheint das rheinland-pfälzische Konzept diesen<br />
Politikempfehlungen zu folgen. Der vorgeschlagene Weg ist jedoch kontraproduktiv,<br />
weil insbesondere die frühe Selektion beibehalten wird<br />
und weil die bestehenden attraktiven Alternativen der Sekundarstufe<br />
II im Berufsbildungssystem - Höherqualifizierung und zweite Chance<br />
- durch Verlagerung an die „Realschule plus“ zerstört werden.<br />
Annelie Strack<br />
Die von der Landesregierung vorgestellte Konzeption sei daher nur<br />
ein halbherziger Schritt in Richtung eines sozial ausgleichenden und<br />
offenen Schulsystems. Die neue Struktur in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fordere die<br />
zukünftigen Schulträger in besonderem Maße, da diese nun entscheiden<br />
müssen, welche Schulform sie in ihrem Verantwortungsbereich etablieren<br />
wollen. Entscheidend werde dabei auch sein, wie die Schulträgerschaft<br />
letztendlich geregelt und welche Bedeutung dem Elternrecht auf freie<br />
Schulwahl eingeräumt werde.<br />
ggg<br />
LandesschülerInnenvertretung:<br />
SCHRITT IN AMEISENDIMENSION<br />
Skeptisch äußerte sich die LandesschülerInnenvertretung RLP zur<br />
geplanten Bildungsreform in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>: „Die Pläne zur Reformierung<br />
der Real- und Hauptschulen sind nichts Halbes und nichts<br />
Ganzes. Sie zeugen vom Unwillen des Ministeriums, endlich grundsätzlich<br />
umzudenken und wissenschaftliche Erkenntnisse vollständig<br />
umzusetzen“, so Florian Müllerheim, Innenreferent und Landesvorstandsmitglied<br />
der LSV.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
Grundsätzlich wird von der LSV begrüßt, dass das Relikt Hauptschule<br />
endlich beseitigt werden soll. Die neue - vordergründige - Zweizügigkeit<br />
stellt allerdings keinesfalls eine Lösung aus Sicht der LSV dar, fordert<br />
diese doch in ihrem Grundsatzprogramm das eingliedrige Schulsystem.<br />
„Daher kann das jetzt von Ministerin Ahnen vorgestellte Konzept zur<br />
Zweigliedrigkeit höchstens als ein minimaler Schritt in die<br />
richtige Richtung bezeichnet werden“, so Florian Müllerheim.<br />
pm<br />
5
SCHULEN<br />
<strong>GEW</strong>-Grundschultag 2007:<br />
VIELFALT IST PROGRAMM<br />
Am 25. September fand erstmals an der<br />
Technischen Universität in Kaiserslautern ein<br />
Grundschultag der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
statt. Ungefähr 250 Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer konnten nach dem Hauptreferat<br />
von Prof. Dr. Preuss-Lausitz und der anschließenden<br />
Diskussion mit Staatssekretärin<br />
Vera Reiß (siehe eigene Berichte) zwischen 16<br />
Fachforen wählen. Die Angebote zeichneten<br />
sich einerseits durch ihre Qualität sowie andererseits<br />
ihre Vielfalt aus.<br />
So konnte man sich beispielsweise beim Kollegium der Grund- und<br />
Schwerpunktschule Bolanden kundig machen, wie sich eine jahrgangsübergreifende<br />
Ganztagsklasse organisieren lässt. Brunhilde Nonnweiler<br />
bot ein Forum zur sensorischen Integrationsförderung an, Helmut<br />
Reichelt gab praktische Hilfen bei elementaren Schwierigkeiten in<br />
Mathematik. Großartig: Daniele Darmstadts Forum zum Würzburger<br />
Trainingsprogramm, ganz unter dem Motto „hören, lauschen, lernen“.<br />
Klaus-Peter Hammer mit „Jungenpädagogik“, Ulla Püttmann mit<br />
„Kinder lösen Konfl ikte selbst“, Jutta Stephany mit „Ganzheitlicher<br />
sensomotorischer Fremdsprachenunterricht“, Dorothea Werner-Tokarski<br />
mit „Demokratie leben und lernen in der Grundschule“, Susan Kayser<br />
mit „Methodenkompetenz: Alle arbeiten - nicht nur der Lehrer?!“,<br />
Bettina Brückmann mit „„Hilf mir, es selbst zu tun“ oder Birgit Dupont<br />
und Ulrike Leimkühler mit „Deutsch als Zweitsprache“ - Lernen<br />
in „Lernszenarien“, alle entließen zufriedene TeilnehmerInnen zum<br />
abschließenden Konzert von Frederik Vahle.<br />
Doch nicht zuletzt konnten auch die sehr praxisorientierten Workshops<br />
von Petra Weber-Hellmann und Karl-Heinz Werlé (Bewegte Schule<br />
- bewegtes Lernen), Ursula Baumann und Stefan Jakobs (Werkstatt<br />
und Atelierarbeit im Primarbereich selbstorganisiertes Lernen in<br />
Werkstätten) sowie Margrit Barthel (Im Labor von Zauberer Barthelli<br />
- Chemische Experimente mit Puff und Knall und viel Farbe) überzeugen.<br />
Und wer lieber ein wenig Luft schnappen wollte, konnte sich mit<br />
Dieter Gass und Hans Georg Hofmann unter dem Motto „Werkstatt<br />
Wald - Soziales Lernen in und mit der Natur“ auf den Weg in die<br />
Natur rund um die TU Kaiserslautern machen.<br />
Begleitet wurde der Tag von zwanzig Schulbuchverlagen und anderen<br />
Ausstellern sowie den unermüdlichen Helferinnen und Helfern der<br />
<strong>GEW</strong>. So ließ sich in den Pausen bei Kaffee und/oder diversen Kaltgetränken<br />
wunderbar an den Ständen vorbei fl anieren. Und da entgegen<br />
den Vorhersagen auch das Wetter mitspielte, nutzten viele KollegInnen<br />
die Mittagspause zum ausgiebigen Durchatmen.<br />
Und dann gab es ja noch den grandiosen Schluss mit Liedermacher<br />
Fredrik Vahle. Vielleicht den ganz jungen KollegInnen nicht ganz so<br />
bekannt, ist Vahle ein Urgestein unter den Liedermachern. Lieder wie<br />
„die Rübe“ oder „Anne Kaffeekanne“ fehlen in keinem Liederbuch.<br />
So gewann Vahle im abschließenden Konzert mit einer Mischung aus<br />
Humor, viel Gefühl und seiner einzigartigen Musikalität sofort die<br />
Herzen der Zuhörer. Ein gelungener Abschluss für einen durch und<br />
durch runden Tag in Kaiserslautern.<br />
Peter Blase-Geiger<br />
KEIN KIND DARF UNS VERLOREN GEHEN<br />
Vortrag auf <strong>GEW</strong>-Grundschultag „Bildung schafft Zukunft - für alle?“<br />
Unter den folgenden Stichworten referierte Prof. Dr.<br />
Ulf Preuss-Lausitz beim <strong>GEW</strong>-Grundschultag in Kaiserslautern:<br />
1. Was wir „nach PISA und IGLU“ wissen<br />
2. Kindheit und Grundschule<br />
3. Rahmenbedingungen<br />
4. Guter Unterricht auch mit schwierigen Kindern<br />
Was wir „nach PISA und IGLU“ wissen<br />
Nach der 1. PISA-Studie im Jahr 2000 hatten sich die Kultusminister,<br />
in panischer Angst vor einer Strukturdebatte über das gegliederte<br />
Sekundarschulsystem, auf die innere Reform der Schule, insbesondere<br />
der Grundschule gestürzt, insbesondere mit den Themen<br />
Sprachförderung, Vergleichsarbeiten, Förderung von Migrantenkindern,<br />
Evaluation, Lehrerqualifizierung im didaktischen Bereich.<br />
Das war einerseits plausibel, kann doch niemand bestreiten, dass<br />
frühzeitige Förderung und guter Unterricht auch die spätere, also<br />
PISA-gemessene Schulleistung der 15jährigen beeinflusst. Andererseits<br />
blieb doch erstaunlich, wie einhellig die Sekundarstufe als<br />
Ganzes unbehelligt bleiben sollte, sieht man einmal ab von einzelnen<br />
Modellversuchen besseren Unterrichts und von der Einführung weiterer<br />
Messverfahren ab. Für die Kultusminister, die meisten Parteien<br />
und die meisten Medien ging ein Gespenst um in Deutschland,<br />
und dieses Gespenst hieß „Strukturreform“. Wie kleine Kinder<br />
steckten sie den Kopf in den Sand, um die Realität ignorieren zu<br />
können, und beschworen voodomäßig den „guten Unterricht“ als<br />
Zaubermittel gegen soziale Ungleichheit, hohe Schulversagerraten<br />
und geringe Spitzenleistungen. Innere und äußere Reform wurden<br />
als Gegensatz gesehen, was aber unsinnig ist: Keine Strukturreform<br />
ist erfolgreich, wenn schlechter Unterricht gemacht wird - und<br />
kein noch so guter Unterricht löst die Grundsatzprobleme von<br />
Chancengleichheit, Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit, wenn<br />
die Rahmenbedingungen nicht stimmen.<br />
6<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
SCHULEN<br />
Spätestens seit der 2. PISA-Studie von 2003 und der IGLU-Studie<br />
von 2003ff. (Bos u.a. 2003, 2004, 2005) ist diese Abwehrhaltung zusammengebrochen<br />
- nicht bei allen, aber doch in der Öffentlichkeit<br />
und bei der Mehrheit der Parteien. Denn der Vergleich der deutschen<br />
IGLU-Daten mit den PISA-Ergebnissen zeigt ja, dass zwar auch in<br />
der Grundschule soziale Ungleichheit reproduziert wird, dass sie<br />
sich aber am Ende der Sekundarstufe ausgeprägter zeigt, d.h. dass<br />
die Sekundarstufe einen deutlich eigenen Anteil daran hat.<br />
Ich möchte mir erlauben, aus diesen u.a. Leistungsvergleichen und<br />
aus der allgemeinen Schul- und Lernforschung an die wichtigsten<br />
Ergebnisse zu erinnern (denn das meiste ist Ihnen bekannt), um<br />
daran später für die Weiterentwicklung der Grundschule anknüpfen<br />
zu können:<br />
1. Das Schulsystem als Ganzes erzeugt zu wenig Spitzenleistungen<br />
und zu viele Kinder mit geringen Kompetenzen und Schulabschlüssen,<br />
was unter heutigen Bedingungen für Letztere eine ökonomisch<br />
eigenständige Lebensführung und die Teilhabe an Kultur und<br />
demokratischer Öffentlichkeit gefährdet.<br />
2. Die Schere zwischen den leistungsstarken und den leistungsschwächeren<br />
Schülern ist dabei extrem groß, größer in der Sekundarstufe<br />
als am Ende der 4. Klassen. Die Behauptung, das viergliedrige deutsche<br />
Sekundarsystem - die Bildung möglichst leistungshomogener<br />
Lerngruppen - sei besonders effektiv, ist empirisch widerlegt. Schon<br />
gar nicht kann das Gymnasien sich einer besonderen Effektivität<br />
rühmen.<br />
3. Viele PISA-Forscher haben ja behauptet, die guten Gesamtleistungen<br />
in Ländern wie Kanada oder Finnland hätten nichts mit<br />
deren integrativer Schulstruktur zu tun, sie seien eine Folge eines<br />
besseren Unterrichts. Eine jüngste Reanalyse der PISA-2003-Daten<br />
von Wößmann zeigt nun: Es gibt international einen engen Zusammenhang<br />
mit späterer Trennung und größerer Chancengleichheit<br />
für die Kinder aus sozial und kulturell benachteiligten Familien.<br />
Und zum Vergleich der beiden Bundesländer mit 6jährigen Grundschulen<br />
(Berlin, Brandenburg) im Vergleich zu den Bundesländern<br />
mit 4jährigen Grundschulen stellt Wößmann fest (alle anderen<br />
Faktoren neutralisiert): „Der Zusammenhang zwischen Schülerleistungen<br />
und sozioökonomischem Hintergrund ist also in den<br />
beiden Bundesländern mit späterer Selektion signifikant geringer“<br />
(Wößmann 2007, 50). Gleichzeitig findet man in Staaten mit<br />
größerer Chancengleichheit eine höhere schulische Gesamtleistung<br />
des Altersjahrganges (Wößmann 2007). Oder anders: Integrative<br />
Gesamtsysteme befördern nachweislich besser die schwächeren<br />
Schüler und vergrößern zugleich die Breite der Leistungsstarken.<br />
Diese Folge von Schulstrukturen ist also keine Frage von Meinungen<br />
mehr. Guter Unterricht ist wichtig, aber er kommt, etwa in negativ<br />
ausgelesenen Klassen, nicht an gegen die Strukturrahmung.<br />
4. Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozio-kulturell<br />
benachteiligten Familien deutscher Herkunft haben, bei gleicher<br />
kognitiver Grundfertigkeit, schlechtere Schulleistungen und werden<br />
schlechter bewertet - auch bei der Übergangsempfehlung am Ende<br />
der Grundschule (also auch von Ihnen!).<br />
5. Auch Jungen werden, bei gleicher kognitiver Grundausstattung,<br />
schlechter bewertet - in die Leistungsbewertung fließen Verhaltensurteile<br />
ein (Valtin 2005, 190) und Jungen fühlen sich von den<br />
Grundschullehrkräften weniger angenommen und gefördert (ebda,<br />
226). Sie werden leichter in Sonderschulen abgeschoben und erhalten<br />
negativere Prognosen am Ende der Grundschulzeit. Jungen<br />
werden in der Schule deutlich benachteiligt. Die IGLU-Grundschulforscherin<br />
Valtin (2005) schreibt: „Legt man von Hentigs Vision<br />
einer Schule als Lebens- und Erfahrungsraum, als „a place for kids<br />
to grow up“, zugrunde, so muss man feststellen, dass die deutsche<br />
Grundschule eher für Mädchen als für Jungen solch ein Ort ist“<br />
(ebda, 232). Dafür sind vorwiegend Lehrerinnen verantwortlich,<br />
denen dies gar nicht bewusst ist.<br />
6. Klassenwiederholungen bewirken nicht deren Ziel, nämlich zu<br />
besseren Schulleistungen beizutragen. Sitzenbleiben ist, so der PISA-<br />
Leiter Prenzel, „verlorene Lebenszeit“; sie behindert nicht nur die<br />
Lernmotivation, sondern zerstört auch Freundschaften. Tillmann<br />
u.a. haben dies in der Auswertung internationaler Studien bestätigt<br />
(Tillmann 2006, vgl. auch das Schwerpunktheft SchulVerwaltung<br />
4/2006).<br />
7. Zurückstellungen zu Beginn der Schulpflichtzeit bewirken nicht,<br />
was sie bewirken sollen: Sie führen nicht zu besseren Startchancen<br />
für Schulleistung und Entwicklung, auch wenn dann der Besuch<br />
einer Vorschule oder Kindertagesstätte verbindlich ist.<br />
8. Die Klassengröße galt lange in der Schulforschung als irrelevant<br />
für die Schülerleistung. Die neuere amerikanische, englische und<br />
Alle Fotos vom Grundschultag 2007: Peter-Blase-Geiger<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
7
SCHULEN<br />
auch deutsche Forschung zeigt nun, dass kleinere Klassen effektiv<br />
sind für die Sprachkompetenz (Englisch, DESI) als auch in den ersten<br />
Grundschulklassen für leistungsschwache und sozial benachteiligte<br />
Kinder. In kleineren Klassen scheinen günstigere Sozialformen<br />
und passungsgerechtere und lernmotivierende Unterrichtsmethoden<br />
eher möglich (Nachweise im Bildungsmonitor 2007 des IW Köln,<br />
vgl. Plünnecke u.a.S. 41).<br />
9. Slow learner lernen in leistungshomogenen Lerngruppen, also<br />
in Klassen für sog. Lernbehinderte, weniger als in „normalen“, leistungsgemischten<br />
Klassen. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler<br />
werden, entgegen verbreiteter Ängste von Eltern und öffentlicher<br />
Vorurteilen, in Integrationsklassen weder leistungsmäßig noch sozial<br />
beeinträchtigt, eher im Gegenteil. Gleich intelligente Kinder lernen,<br />
wie Tent schon 1991 vergleichend feststellen musste, in Sonderschulen<br />
trotz besserer Rahmenbedingungen weniger als in Regelschulen,<br />
ja ihre Intelligenz nimmt sogar ab, je früher sie dort beschult werden.<br />
Die Arbeit von Sonderpädagogen ist in Sonderschulen, entgegen<br />
ihrem Wollen, ineffektiv. Der Sonderpädagoge Wocken hat dies<br />
jüngst in mehreren Bundesländern nochmals empirisch nachweisen<br />
können (Wocken 2007). Je früher Kinder in Sonderschulen kommen,<br />
desto dümmer werden sie, bringt Wocken dies jüngst in der<br />
„Zeit“ auf den polemischen Punkt (Wocken in Scholz 2007). Das<br />
gilt analog auch für Sinnes- und Körperbehinderte, auch Kinder mit<br />
geistigen Behinderungen, sie erfahren keine günstigeren Lern- und<br />
Entwicklungschancen, wenn sie nur mit anderen Kindern gleicher<br />
Behinderung zusammen lernen und interagieren. Auch hier gilt: Das<br />
reduzierte Anregungsmilieu motiviert weniger, regt weniger an und<br />
führt zu latenter Selbst- und Fremdisolation, die wiederum Lernen<br />
und Entwicklung behindern. Um so unverständlicher, dass auch<br />
in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> immer noch 18.732 Kinder in Sonderschulen<br />
separat unterrichtet werden, darunter 10.127 in allg. Förderschulen,<br />
den alten Lernbehindertenschulen, und 858 in Klassen und Schulen<br />
für Erziehungshilfe (Stat. Landesamt <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, 2007), die<br />
besser Schulen für Erziehungsbehinderung hießen - was soll dabei<br />
heraus kommen aus jenem von Baumert als<br />
„ungünstiges Lern- und Entwicklungsmilieu“<br />
benannten aggressiven Gruppen mit je 10<br />
schwierigen Kindern?<br />
10. Und nicht zuletzt: Nicht nur die Dauer<br />
des Vorschulbereichs korreliert positiv mit<br />
den Leseleistungen am Ende der Grundschulzeit,<br />
sondern auch der Besuch von<br />
Ganztagsschulen, insbesondere von gebundenen<br />
Ganztagsschulen (vgl. Steg-Ergebnisse,<br />
auch in Plünnecke 2007 zusammengefasst).<br />
Ganztagsschulen haben, allein durch den<br />
verstärkten nachmittäglichen Besuch, kompensatorische<br />
Effekte gerade für Kinder mit<br />
Migrationshintergrund und für sozial isolierte<br />
und benachteiligte Kinder - und erleichtern<br />
Eltern ihre berufliche Situation.<br />
Diese 10 Ergebnisse der Lern- und Schulforschung<br />
sind unter den Fachleuten kaum<br />
umstritten. Anders sieht es in der Politik<br />
aus: Je nach Ideologie wird das eine erwähnt,<br />
das andere ignoriert oder gar geleugnet. Wer<br />
eine Versachlichung sucht, sollte jedoch zur<br />
Kenntnis nehmen, dass wir heute sehr viel mehr über die Wirkungen<br />
von Schule und Unterricht wissen also noch vor 10, 30 oder<br />
gar 50 Jahren. Die Politik sollte diese Forschungsergebnisse endlich<br />
umsetzen in konkrete Verbesserung, damit wirklich kein Kind mehr<br />
zurück gelassen wird.<br />
Kindheit und Grundschule<br />
Viele Lehrkräfte sagen, dass Unterricht und Erziehung schwieriger<br />
geworden sind, nicht nur wegen der Rahmenbedingungen, sondern<br />
weil Kinder heute anders sind als vor einer Generation. Kindheitsforscher<br />
beobachten, dass es günstigere wie zugleich belastendere<br />
Faktoren des Aufwachsens gibt, dass eine Polarisierung beobachtbar<br />
ist: reiche und arme Kinder, bewegungsreich und bewegungsarm<br />
aufwachsende Kinder, Kinder mit vielen kulturellen Aktivitäten<br />
und solche, die in Passivität verharren, technisch versierte Kinder<br />
und solche ohne Technikzugang, liebevoll aufwachsende Kinder<br />
und solche, die Gewalt und Vernachlässigung erfahren, gesunde<br />
Kinder und solche mit Krankheiten und Behinderungen, isolierte<br />
Kinder und solche mit vielen Freunden.<br />
Zugleich sind die Ansprüche an Kinder gestiegen, in den Familien<br />
und in der Schule. Die wenigen Kinder der Familien sollen nun<br />
frühzeitig selbständig werden, um den Alltag auch ohne Mutter<br />
und Vater zu bewältigen; sie sollen ihre Woche planen können,<br />
Termine einhalten und den Wochenplan selbständig umsetzen, sie<br />
sollen Freundschaften finden und pflegen, sie sollen argumentieren<br />
lernen, damit sie innerhalb und außerhalb der Familie Wünsche<br />
und Konflikte verbal aushandeln lernen, also frühzeitig sprachliche<br />
Kompetenz erwerben, und sie sollen in einer pluralen, multikulturellen<br />
Umwelt das Andere, das Fremde nicht als bedrohlich erleben,<br />
sondern mit ihm leben, im günstigen Fall sich davon bereichern<br />
lassen. Dazu trägt auch bei, dass Kinder heute viel mehr von der<br />
- vielfältigen - Welt erfahren als frühere Kindergenerationen: durch<br />
Reisen mit den Eltern, durch eingewanderte Nachbarn oder durch<br />
die eigene familiäre Migrationsgeschichte, durch das Fernsehen,<br />
durch das Internet.<br />
8<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
SCHULEN<br />
Nicht zuletzt sollen Kinder auch lernen, frühzeitig mit Unsicherheiten<br />
und Trennungen emotional umzugehen, die z.B. mit der<br />
Trennung der Eltern, mit dem Tod von Großeltern oder Tanten<br />
zusammenhängen, d.h. man verlangt sehr früh vom Nachwuchs ein<br />
Lebensmodell, das auf das autonome Subjekt zielt - auf ein Leben,<br />
das sich grundsätzlich als allein fühlend, denkend, organisierend,<br />
bastelnd versteht, als Monade in der Postmoderne, als Ich-AG, als<br />
sich selbst erfindender Verkäufer seiner Arbeitskraft, als jemand,<br />
der sich selbst gestaltet, seine Interessen, seinen Lebensführung,<br />
selbst seinen Körper. Wir alle wollen oder müssen so leben: Und<br />
das sollen nun auch schon die Grundschüler lernen.<br />
Es wundert nicht, dass sich diese hohen Ansprüche nicht alle<br />
erfüllen können, aus den Bedingungen der Lebensumstände heraus.<br />
Der repräsentative Kindheits-Survey des DJI München (Alt<br />
2005 f.) berichtet zum Einen von einer großen Zufriedenheit der<br />
Grundschulkinder, mit ihren Eltern, ihren Freunden und auch ihren<br />
Lehrern. Ganz offenkundig leben also die meisten Kinder entgegen<br />
der Katastrophenberichterstattung in glücklichen Verhältnissen.<br />
Andererseits gibt es eine Minderheit von Kindern - man muss sie<br />
je nach Umfeld auf 5-20% einschätzen -, die hoch belastet ist.<br />
Wir können zwei große Gruppen ausmachen: Zum einen schulversagende<br />
Migrantenkinder, insbesondere aus der Türkei, dem Libanon,<br />
dem ehemaligen Jugoslawien und aus Italien, die sprachliche,<br />
zuweilen auch soziale und perspektivische Schwierigkeiten haben,<br />
die oft in bildungsfernen, aber zugleich in relativ stabilen Familien<br />
mit einer spezifischen Binnenwelt leben. Und zweitens Kinder,<br />
die geschlagen, misshandelt oder vernachlässigt werden, die einen<br />
chaotischen Familienalltag erleben, Gewalt zwischen den Eltern,<br />
gegenüber den Kindern, Desorientierung, Alkoholismus, falsche<br />
Ernährung, die sich kaum bewegen, die sozial isoliert und medial<br />
überfüttert sind.<br />
Diese beiden Gruppen bereiten Ihnen und anderen Lehrkräften<br />
Probleme. Wir bezeichnen diese Kinder dann als verhaltensauffällig<br />
oder lernschwach, viele landen in Sonder- oder Hauptschulen, mit<br />
wenig Chancen, aus dem familiären und schulversagenden Kreislauf<br />
heraus zu kommen. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass sie sich schon<br />
mit 16 Jahren resignativ darauf einrichten, ihr Leben lang am Tropf<br />
der Sozialen Sicherung hängen zu bleiben. Manche werden kriminell,<br />
andere versinken in Depression. Weder aus humanen noch aus<br />
gesellschaftlichen Gründen können wir es hinnehmen, dass sich in<br />
Deutschland eine Art Lumpenproletariat etabliert, das zudem auch<br />
politisch für rechtsradikale Weltsichten anfällig ist.<br />
Zusammengefasst: Auf diese widersprüchlichen, guten und schlechten<br />
Botschaften, die uns die empirische Kindheitsforschung mitteilt,<br />
muss pädagogisch, bildungs- und sozialpolitisch gezielt reagiert<br />
werden. Andere Staaten machen uns vor, dass wir wirklich kein<br />
Kind zurück lassen brauchen, und dass biografische Belastungen<br />
nicht zwingend in zerstörte Lebensläufe münden müssen. Die<br />
Grundschule und Sie als Grundschullehrerinnen und -lehrer haben<br />
daher eine außerordentlich große Verantwortung - und Chance - für<br />
diese Kinder und zugleich für den sozialen Zusammenhalt unserer<br />
Gesellschaft. Nach der Kindergartenzeit ist die Grundschule der<br />
zentrale Ort, der zur Stärkung der Lernbereitschaft, des sozialen<br />
Lernens, der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und letztlich des<br />
gelingenden Aufwachsens beitragen kann. Daher ist guter Unterricht<br />
und gute Erziehungsarbeit unabdingbar.<br />
Diese Chance schließt aber Rahmenbedingungen ein, die nicht in<br />
Ihrer Zuständigkeit liegen, auf die Sie jedoch beharren müssen. Es<br />
sind die Rahmenbedingungen, die die gewählten Parlamente und<br />
Regierungen schaffen müssen, und zwar konkret, jenseits lyrischer<br />
Absichtserklärungen. Auf beide Aspekte, auf die Rahmenbedingungen<br />
und auf die notwendigen Unterrichts- und Erziehungsarbeit für<br />
das Ziel, dass uns kein Kind verloren geht, möchte ich im Folgenden<br />
eingehen. Dabei will ich besonders fragen, wie wir den „schwierigen“<br />
Kindern in ihrer Lern- und Lebensentwicklung helfen können.<br />
Rahmenbedingungen für eine<br />
zukunftsfähige Grundschule<br />
Aus der knapp dargestellten empirischen Schulforschung ergeben<br />
sich m.E. für die Grundschule Zukunftsperspektiven, die sich<br />
bruchlos an die 40jährige Reformarbeit der Grundschule anschließen<br />
lässt und die die Grundschule zu einer effektiven und Chancengleichheit<br />
stärkenden Schule für alle machen kann. Ich nenne<br />
folgende Punkte:<br />
1. Wir etablieren in den - kostenfreien! - Kindergärten Sprachstandsdiagnostik<br />
schon mit 5 Jahren und schließen daran, falls nötig, dort<br />
verbindliche Sprachkurse an (Berlin praktiziert dies erfolgreich). Wir<br />
machen für alle Kitas - auch die privaten - die Zusammenarbeit mit<br />
den Grundschulen verbindlich.<br />
2. Wir nehmen in der Grundschule jedes Kind auf, das schulpflichtig<br />
wird, d.h. wir verzichten auf Zurückstellungen - und erlauben auch<br />
Eltern nicht mehr, ihre Kinder zurück zu stellen. Zurückstellungen<br />
sind ineffektiv nicht nur für bildungsferne, sondern auch für behinderte<br />
und entwicklungsverzögerte Kinder.<br />
3. Wir integrieren alle Schüler, auch diejenigen mit sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf, nicht nur in den Bereichen Lernen,<br />
Verhalten und Sprache. Dafür laufen die entsprechenden Jahrgänge<br />
in den Sonderschulen aus und das Personal wird wohnortnah<br />
verlagert (wie in Bremerhaven für Kinder mit Förderschwerpunkt<br />
Lernen und Behinderung), was für die Kinder kurze Wege, Erhalt<br />
der Wohnortfreunde und nicht zuletzt für die Schulträger eine<br />
erhebliche Kostenersparnis darstellen kann (weil weite Wege durch<br />
das öff. Verkehrsnetz und die Beförderungsfinanzierung verringert<br />
werden). Es muss dann zwischen Finanz- und Bildungsminister ein<br />
bestimmter Anteil pro Altersjahrgang definiert werden, der die Zusatzförderung<br />
im Schnitt braucht (etwa 5%), und ein rechnerischer<br />
Stundenanteil Sonderpädagogik pro Kind festgelegt werden. Ich<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
9
SCHULEN<br />
plädiere für eine durchschnittliche Rechengröße von rd. 4,5 h, d.h.<br />
für eine VZStelle pro 6 Förderkinder, über alle Behinderungsarten<br />
hinweg. Ich habe an anderer Stelle ein Modell entwickelt, dass aus<br />
dem bekannten Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma herausführt<br />
und die sonderpädagogischen Finanzen an die gesamte Schülerzahl<br />
eines Einzugsgebietes bindet und nicht mehr an die problematischen<br />
Feststellungsgutachten, die ja oft im Verdacht der Ressourcensicherung<br />
von Sonderschulen oder Schwerpunktschulen stehen (vgl. die<br />
Modellrechung in Preuss-Lausitz 2008). Es kann weder ökonomisch<br />
noch vom Lernergebnis noch demokratietheoretisch akzeptiert<br />
werden, dass Regelschulen sich ständig von schwierigen Kindern<br />
entlasten, Sonderschulen schon aus Bestandssicherungsgründen sie<br />
gern aufnehmen, die Kinder aber im Bildungsgetto bleiben.<br />
4. Wir führen landesweit die flexible, jahrgangsübergreifende Eingangsstufe<br />
ein, in der zwei Kolleginnen zusammen arbeiten, mit der<br />
Möglichkeit für die Kinder, kürzer oder länger darin zu verweilen,<br />
und um bei möglichst jedem Kind die Lernziele der zweijährigen<br />
Schulanfangsphase zu erreichen. Die wiss. Begleitung in Baden-<br />
Württembergs Flexibler Eingangsstufe und die Erfahrungen in<br />
Berlin zeigen, dass entscheidend für den teilweise sehr guten Erfolg<br />
die Bereitschaft der Lehrkräfte zur Zusammenarbeit und zur inneren<br />
Differenzierung ist. Fortbildung innerhalb einer neu zu regelnden<br />
Jahresarbeitszeit der Lehrer muss also verbindlich angeboten und<br />
innerhalb der Jahresarbeitszeit auch realisiert werden.<br />
5. Wir machen zu Beginn der Grundschule bei jedem Kind eine<br />
Lernausgangsdiagnose, die auch die körperliche, soziale und<br />
emotionale Entwicklung einschließt. Nur so können individuelle<br />
Förderansätze entwickelt und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft<br />
werden.<br />
6. Wir verzichten auf das zwangsweise Sitzenbleiben. Wir schaffen<br />
stattdessen innerschulische Möglichkeiten der individuellen Lernhilfen,<br />
auch am Nachmittag, wie es uns etwa selbst das LernZentrum<br />
des Gymnasiums Beckum vormacht (Kleinlosen in SchulVerwaltung<br />
2006).<br />
7. Wir wandeln alle Grundschulen schrittweise in ganztägig offene<br />
Schulen um, die auch offen sind für vielfältige nachmittägliche<br />
Aktivitäten anderer Akteure, von den Musik- und Sportgruppen der<br />
Vereine bis hin zu Angeboten der Jugendhilfe und freier Künstler.<br />
Ziel sollte sein, dass an drei Nachmittagen alle Schüler anwesend<br />
sind („gebundene Ganztagsschule“), damit die kompensatorischen<br />
Angebote, auch gezielte Lernhilfen, auch greifen. Ich halte es für ein<br />
sozialpolitisches Gebot, dass, wie in Finnland, in Ganztagsschulen<br />
das Mittagessen kostenlos ist.<br />
8. Wir verzichten auf Grundschulempfehlungen, sondern etablieren<br />
stattdessen ab der dritten Klasse halbjährliche verbindliche Beratungsgespräche<br />
zwischen Klassenlehrkraft, Eltern und dem Kind,<br />
um das Zeugnis zu reflektieren und die Perspektive für die nächsten<br />
Schritte gemeinsam mit dem Kind zu verabreden (wie es in der<br />
Gesamtschule Bremen, Xylander 2007, gemacht wird).<br />
9. Wir setzen uns als Ziel, im Jahr 2010 alle Grundschulklassen mit<br />
einer Frequenzobergrenze von 20-22 Kindern zu planen.<br />
10. Wir führen bei der zuständigen Jugendhilfe eine feste Zuordnung<br />
der Grundschulen und eine niedrigschwellige Beratungsstunde in<br />
den Grundschulen für Eltern und Lehrer ein. Wo dies praktiziert<br />
wird (Preuss-Lausitz 2005), hat sich die soziale Distanz der bildungsfernen<br />
und migrantischen Eltern deutlich verringert, und die<br />
Wirkung der Förderung konnte gesteigert werden.<br />
Angesichts der demografischen Entwicklung ist darüber hinaus zu<br />
klären, wie langfristig kurze Schulwege für kleine Kinder gesichert<br />
werden können. Schon heute ist dies ein zentrales Problem in Ostdeutschland;<br />
es wird jedoch spätestens 2015 auch in den übrigen<br />
Regionen Deutschlands zum Handeln zwingen. M.E. muss man<br />
darüber nachdenken, ob Standorte als flexible jahrgangsübergreifende<br />
Eingangsstufen vor Ort gehalten werden, ohne dass sie als<br />
selbständige Grundschulen geführt werden, sondern als Außenstellen<br />
größerer Grundschulen.<br />
Die genannten Punkte sind nicht nur bildungspolitisch realisierbar.<br />
Sie müssen auch von den Schulträgern und vor allem von den<br />
Grundschulen gewollt und mitgetragen werden, und man muss<br />
auch mit den Eltern vor Ort sprechen, die ja andere Erfahrungen<br />
in ihrer eigenen Kindheit hatten. Ein Bündnis für eine wirkliche<br />
Grundschule für alle verlangt die Vernetzung mit allen Akteuren.<br />
Guter Unterricht auch mit schwierigen Kindern<br />
Veränderte Rahmenbedingungen eröffnen die Chance, kein Kind<br />
mehr zurück zu lassen. Eine Garantie ist es nicht. Ich will daher<br />
im letzten Teil auf die Frage eingehen, wie der Unterricht gestaltet<br />
werden sollte, wenn er nicht nur „guter“ Unterricht ist, sondern für<br />
eine pädagogisch besonders schwierige Gruppe, jene mit Verhaltensproblemen,<br />
gelingend sein soll.<br />
Zuvor erinnere ich an das, was die Unterrichtsforschung als „guten<br />
Unterricht“ oder lernförderlichen Unterricht bezeichnet. Andreas<br />
Helmke (2004, 2006) und Hilbert Meyer (2003, 2004) haben die<br />
wichtigsten Aspekte zusammengestellt 1 . Ich fasse sie hier zu acht<br />
Punkten zusammen:<br />
1. Intensive Nutzung der Lernzeit. Zielführende Gespräche.<br />
2. Klares, aufmerksames, freundliches und respektvolles Lehrerverhalten.<br />
3. Klarheit der Aufgaben und Arbeitsabläufe.<br />
4. Methodenvielfalt und intelligentes (!) Üben, Training von Präsentationstechniken.<br />
5. Wahl- und Partizipationsmöglichkeiten auf allen Ebenen des<br />
Unterrichts.<br />
6. Ermöglichung individueller Lerninteressen und Lernwege,<br />
Anknüpfung an individuelle Lern- und -entwicklungsstände (individuelle<br />
Passung).<br />
7. Ritualisierung eines konsequenten Lehrer-Feedbacks und des<br />
Schüler-Feedbacks, auch bei Hausaufgaben.<br />
10<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
SCHULEN<br />
8. Wertschätzung bei der Gestaltung und Pflege von Räumen und<br />
des gesamten Schulgeländes.<br />
Wir müssen uns ergänzend fragen, in welcher Weise diese vor allem<br />
durch angloamerikanische Forschung abgesicherten Empfehlungen<br />
auch für jenen Unterricht ausreichen, der bewusst verhaltens- und<br />
lernschwierige Kinder einbezieht. Ich stütze mich dabei neben<br />
der vorhandenen Literatur (z.B. Hillebrand u.a. 2006, Meijer<br />
2003, Reiser 1997) auf eine eigene dreijährige Verlaufsstudie in<br />
zwölf Berliner Brennpunkt-Grundschulen, die Kinder mit dem<br />
offiziellen Etikett „sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich<br />
emotionale und soziale Entwicklung“, herkömmlich gesprochen<br />
verhaltensauffällige Kinder, mit jeweils einigen Stunden zusätzliche<br />
Förderung integrieren, aber ansonsten unter relativ ungünstigen<br />
sonstigen Umfeldbedingungen arbeiten. Die Ergebnisse liegen vor<br />
und können nachgelesen werden (Preuss-Lausitz 2005, Textor 2007).<br />
Die Schlussfolgerungen können darüber hinaus auch für die vielen<br />
anderen Kinder, die Schwierigkeiten beim Lernen und im Verhalten<br />
haben und machen (Arnold 2004), bezogen werden.<br />
Ich nenne 11 Punkte:<br />
1. Binnendifferenzierung ist auch für schwierige Kinder lerneffektiv,<br />
wenn sie auf den unterschiedlichen Ebenen des Curriculums,<br />
der Medien, der Sozialformen, der Präsentationsformen und der<br />
Bewertungsverfahren praktiziert wird. Binnendifferenzierung<br />
und Wahlmöglichkeiten erhöhten in unserer Studie tatsächlich<br />
die Lernaufmerksamkeit verhaltensauffälliger Schüler um fast das<br />
Doppelte (von 37% ohne jede innere Differenzierung auf 64% bei<br />
verschiedenen Formen), reduzierten Störverhalten und erhöhten<br />
signifikant das Wohlfühlen auch der schwierigen Kinder (vgl. auch<br />
Textor 2005, 216 f., Textor 2007, 212 ff.). Aber auch in dieser<br />
Studie kann die bekannte Warnung, schwierige Schüler würden<br />
durch zu viel offenen Unterricht, durch zu viel Wahlmöglichkeiten<br />
usw. desorientiert, nicht dementiert werden. Empfehlenswert sind<br />
also einige Wahlmöglichkeiten, wenn diese Optionsangebote etwa<br />
bei Lerninhalten, Sozialformen, Sitzplätzen oder Medien mit den<br />
Schülern einvernehmlich geklärt sind und die Klarheit der Abläufe<br />
und Absichten dadurch deutlich bleibt. Für alle Schüler gilt: Diffusität<br />
erzeugt Störung der Lern- und sozialen Prozesse (vgl. auch<br />
Nolting 2002).<br />
2. Zusätzliche Förderung ist innerhalb des Klassenraums, nicht<br />
räumlich getrennt, wirksamer. Bei verhaltensschwierigen Schülern<br />
führt das zu deutlich höherer Lernorientierung als räumlich getrennte<br />
Arbeit außerhalb der Klassenzimmer: Förderung im Raum führt<br />
zu einer Lernaufmerksamkeit von 65% in der Unterrichtszeit, Förderung<br />
auf Fluren oder im Gruppenraum von geringen 35%. Das<br />
widerspricht der Wahrnehmung vieler Lehrkräfte, ist aber empirisch<br />
gut abgesichert - und lässt sich mit der Kounin´schen Beobachtung<br />
(vgl. Nolting 2002, 31 ff.) erklären, dass Lehrkräfte mit aufmerksamen<br />
„Augen im Hinterkopf“ Lernorientierung und Lernleistung<br />
steigern. Sind sie zu zweit im Raum, sind Ansprechbarkeit als auch<br />
„Augen im Hinterkopf“ noch wirksamer für alle Schülerinnen und<br />
Schüler.<br />
3. Offener Unterricht im Sinne der verschiedenen Arbeitsformen<br />
(Projekte, Wochenplan, Umfeldbezug, Abwechslung, Wahlmöglichkeiten)<br />
verringert Störungen. 2<br />
4. Handlungsorienter Unterricht spricht vor allem jene Kinder an,<br />
die sich an der Maxime orientieren: „Begreifen durch Begreifen“.<br />
5. Sofortige Aufmerksamkeit und Präsenz bei Störungen nützt, aber<br />
nicht durch allgemeine Unterbrechung des Unterrichtsverlaufs,<br />
sondern vor allem durch nonverbale Signale (Blicke, Berühren,<br />
Hingehen).<br />
6. Bewegung und Expression durch Sport, Bewegungsübungen, auch<br />
in Toberäumen, aber auch durch Übungen der Stille sind besonders<br />
wichtig. Schulzufriedenheit, Aufmerksamkeit und Leistungen erhöhen<br />
sich, wenn im Sinne einer „bewegten Schule“ (Fischer 2000,<br />
Gudjons 2005) vor dem Fachunterricht zuvor Sport stattfindet oder<br />
Bewegungsübungen zwischen Unterrichtsphasen für Entspannung<br />
sorgen, um Konzentration zu ermöglichen. Das ist besonders<br />
wichtig für schwierige Jungen, wie überhaupt die jungenspezifische<br />
Förderung in der Grundschule noch sehr zu wünschen übrig lässt.<br />
Hier könnten männliche Sozialarbeiter, Sportler und Künstler eine<br />
wichtige ergänzende Rolle spielen.<br />
7. Die Einbeziehung der Mitschüler (Tutorensysteme, Helferformen,<br />
Schüler-Mediation bei Konflikten, Partizipation bei der Gestaltung<br />
von Unterricht, Klassenraum, Schulleben) eröffnet für schwierige<br />
Kinder die Möglichkeit, die oft vorhandene Isolation in der Klasse<br />
aufzubrechen. Daher muss die Partnerarbeit organisiert werden, sie<br />
kann nicht dem sozialen Darwinismus in der Gruppe überlassen<br />
bleiben.<br />
8. Dazu gehört auch: Es wird Aufgabe der Schule, beim Aufbau<br />
von Freundschaften kontaktgestörter oder aggressiver Kinder zu<br />
helfen. Freundschaftsbildung stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein,<br />
sondern auch die Lernfreude. Wir konnten zeigen, dass insgesamt<br />
die Unbeliebtheit verhaltensschwieriger Kinder sich im Laufe von<br />
drei Jahren verringerte und vor allem, dass ihre Schulfreude und<br />
Lernmotivation hoch blieb und das gemessene Klassenklima trotz<br />
der Integration verhaltensschwieriger Kinder im Durchschnitt verbesserte<br />
(Preuss-Lausitz 2005, 159 ff.).<br />
9. Verantwortungsübernahme und Partizipation sollte gezielt auch<br />
für Kinder mit Lern- und Verhaltensproblemen vorgesehen werden,<br />
gerade dann, wenn diese sich selbst wenig zutrauen (Ämter, Helfer,<br />
Gruppenleitungen, Diskussionsleitungen; Funktionen in Schülerfirmen,<br />
Aufrechterhaltung vereinbarter Regeln usw.).<br />
10. Das Klassenmanagement und die Lehrerhaltung spielen eine<br />
zentrale Rolle bei der Aufgabe, kein Kind zurückzulassen. Lehrer<br />
sollten sich einerseits zurück nehmen können („Lehrer als Lernbegleiter“),<br />
andererseits aber darauf achten, dass die Lernzeit von allen<br />
möglichst effektiv genutzt werden kann und jedes Kind zu seinem<br />
Recht kommt.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
11
SCHULEN<br />
11. Jede Grundschule sollte die Möglichkeit haben, explodierende<br />
Situationen im Unterricht durch eine regelhafte „Auszeit“ in einer<br />
sog. Schulstation, einem Schülerclub oder in einer Clearingstelle<br />
unterbrechen zu können. So könnten sie im Zusammenarbeit mit<br />
Erzieherinnen oder Sozialarbeitern erfolgreicher auf das Lern- wie<br />
auf das Sozialverhalten einzelner Kinder und ihrer Familien einwirken<br />
und gleichzeitig den sonstigen Unterricht sichern. In unserer<br />
Stichprobe konnten jene Schulen, die solche Einrichtungen hatten,<br />
darüber hinaus von einem entspannteren Gesamtklima berichten<br />
(vgl. auch Nevermann 2004, Sörensen 2004).<br />
Wir alle wollen eine Schule, die lernwirksam und entwicklungsunterstützend<br />
ist, die niemanden aussondert und in der die Grundlagen eines<br />
demokratischen, kooperativen Gemeinwesens gelegt wird. Wenn<br />
die von mir genannten Rahmenbedingungen und die genannten<br />
Lernprinzipien verwirklicht werden, dann wären wir auf dem Weg<br />
zu solch einer „guten“ Schule (vgl. Deutscher Schulpreis 2006). Auf<br />
diesen Weg müssen sich alle Akteure miteinander begeben.<br />
Anmerkungen<br />
1 Die folgenden Gesichtspunkte sind so zu interpretieren: Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit<br />
eines sowohl lerneffektiven als auch sozial befriedigenden Unterrichts<br />
für alle Schüler.<br />
2 Mutzeck (2000, 228) hält den offenen Unterricht, der allen Schülern individuelle<br />
Lernzeiten, Wahlmöglichkeiten und flexible Sozialformen ermöglicht, „als ein<br />
geradezu ideales Instrument der personalen und sozialen Integration von Schülern<br />
mit Verhaltensstörungen“.<br />
Literatur<br />
Alt, Chr. (Hrsg.): Kinderleben - Aufwachsen zwischen Familie, Freunden und<br />
Institutionen. Kinderpanel des DJI. 3 Bde., 2005, 2005, 2006<br />
Arnold, K.-H.: Von den Schwierigkeiten der Diagnostik „verhaltensgestörter“ Schülerinnen<br />
und Schüler. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder - Schwierige<br />
Schule. Konzepte und Praxisprojekte zur integrativen Förderung verhaltensauffälliger<br />
Schülerinnen und Schüler. Weinheim und Basel 2004, 24-36<br />
Bos, W. u.a. (Hrsg.): IGLU. Erste Ergebnisse aus IGLU, Münster 2003; Dies.,<br />
IGLU: Einige Länder der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und<br />
internationalen Vergleich. Münster 2004; Dies., IGLU. Vertiefende Analysen.<br />
Münster 2005<br />
Deutscher Schulpreis: http:// schulpreis.bosch-stiftung.de 2006<br />
Fischer, P.R.: Bewegte Schule. Kissing 2000<br />
Gudjons, H. (Moderator): Bewegter Unterricht. Schwerpunktheft Pädagogik (57)<br />
H. 10/2005, 6-37<br />
Helmke, A.: Unterrichtsqualität. 3. Aufl. Seelze 2004<br />
Helmke, A.: Was wissen wir über guten Unterricht? In: Pädagogik (58) H. 2/2006,<br />
42-45<br />
Hentig, H. v.: Die Schule neu denken. München und Wien 1993<br />
Heyer, P. / Preuss-Lausitz, U. / Sack, L. (Hrsg.): Länger gemeinsam lernen. Positionen<br />
- Forschungsergebnisse - Beispiele. Frankfurt/M. und Aurich 2003<br />
Hillenbrand, C. / Hennemann, Th. / Pütz, K.: Förderplanung in Schulen mit dem<br />
Förderschwerpunkt emotional-soziale Entwicklung in NRW. In: Zeitschrift für<br />
Heilpädagogik H. 10/2006, 371-379<br />
Klemm, K.: Was wissen wir über ein gutes Schulsystem? In: Pädagogik H. 7-8/2006,<br />
76-80<br />
Köbberling, A. / Reichert, G.: Verzahnung von Schule und Jugendhilfe in der Arbeit<br />
mit schwierigen Schülern. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder<br />
- Schwierige Schule. Konzepte und Praxisprojekte zur integrativen Förderung<br />
verhaltensauffälliger Schülerinnen und Schüler. Weinheim und Basel 2004,<br />
167-178<br />
KMK (Kultusministerkonferenz): Sonderpädagogische Förderung in Schulen 1994-<br />
2003. Stat. Veröffentlichung de KMK Nr. 177, Bonn Nov. 2005<br />
Meijer, C. (Hrsg.): Integrative Schulbildung und Unterrichtspraxis. Abschlussbericht<br />
in deutscher Sprache, european-agency.org, März 2003<br />
Meyer, H.: Was ist guter Unterricht? Berlin 2004<br />
Meyer, H.: Zehn Merkmale guten Unterrichts. In: Pädagogik (55) H. 10/2003,<br />
36-43<br />
Mutzeck, W.: Verhaltensgestörtenpädagogik und Erziehungshilfe. Bad Heilbrunn<br />
2000.<br />
Nevermann, Chr.: Schulstationen - Emotionale Stützung und soziale Integration im<br />
Lernfeld Schule. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder - Schwierige<br />
Schule. Konzepte und Praxisprojekte zur integrativen Förderung verhaltensauffälliger<br />
Schülerinnen und Schüler. Weinheim und Basel 2004, 16125-139<br />
Nolting, H.-P.: Störungen in der Klasse. Ein Leitfaden zur Vorbeugung und Konfliktlösung.<br />
Weinheim und Basel 2002<br />
Plünnecke, A. / Riese, I. / Stettes, O.: Bildungsmonitor 2007. IW-Analyse, Forschungsberichte<br />
aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln.<br />
Prenzel, M. u.a. (Hrsg.): PISA 2003. Münster, New York, München, Berlin 2004<br />
Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder - Schwierige Schule. Konzepte und<br />
Praxisprojekte zur integrativen Förderung verhaltensauffälliger Schülerinnen und<br />
Schüler. Weinheim und Basel 2004<br />
Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Verhaltensauffällige Kinder integrieren. Zur Förderung<br />
der sozialen und emotionalen Entwicklung. Weinheim und Basel 2005<br />
Preuss-Lausitz, U.: Probleme der Definition und Sicherung von Ressourcen sonderpädagogischer<br />
Förderung. In: Arnold, K.H. / Graumann, O. (Hrsg.): Handbuch<br />
Förderung. Weinheim und Basel 2008, Kap. 4.8<br />
Reiser, H. / Willmann, M.: Integrierte und ambulante Formen der Unterstützung<br />
bei Erziehungsschwierigkeiten in der Schule. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.):<br />
Schwierige Kinder - Schwierige Schule. Konzepte und Praxisprojekte zur integrativen<br />
Förderung verhaltensauffälliger Schülerinnen und Schüler. Weinheim<br />
und Basel 2004, 152-166<br />
Reiser, H: Lern und Verhaltensstörungen als gemeinsame Aufgabe von Grundschulund<br />
Sonderpädagogik unter dem Aspekt der Selektion. In: Z. f. Heilpädagogik<br />
(48), H. 7/1997, 266-275<br />
SchulVerwaltung spezial: Ist Sitzenbleiben noch zeitgemäß? Ed. H. Rademacker, H.<br />
4/2006. Mit Beiträgen u.a. von J. Krone/K.J. Tillmann, H. Döbert, S. Arntz, D.<br />
WunderJ. Rux, K. HöhmannA. Zimpel, E. Kleinlosen.<br />
Scholz, R.: Gefangen im Schonraum. Sonderschüler dürfen nur selten Regelschulen<br />
besuchen, angeblich zum Schutz der Kinder. In: Die Zeit Nr. 35, 23. 8. 2007,<br />
S. 59<br />
Schumann, B.: „Ich schäme mich ja so!“ Die Sonderschule für Lernbehinderte als<br />
„Schonraumfalle“. Bad Heilbrunn 2007<br />
Sörensen, B.: Schülerclubs - Lebensweltorientierte Jugendhilfe in der Schule. In:<br />
Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Schwierige Kinder - Schwierige Schule. Konzepte und<br />
Praxisprojekte zur integrativen Förderung verhaltensauffälliger Schülerinnen und<br />
Schüler. Weinheim und Basel 2004, 140-151<br />
Textor, A.: Analyse des Unterrichts mit „schwierigen“ Kindern. Hintergründe,<br />
Untersuchungsergebnisse, Empfehlungen. Bad Heilbrunn 2007<br />
Textor, A.: Verhaltensförderlicher Unterricht. In: Preuss-Lausitz, U. (Hrsg.): Verhaltensauffällige<br />
Kinder integrieren. Zur Förderung der sozialen und emotionalen<br />
Entwicklung. Weinheim und Basel 2005, 187-226<br />
Tillmann, K.-J.: Wenig Leistung und viel Selektion: Der PISA-Blick auf deutsche<br />
Schulen. In: <strong>GEW</strong> Bund: PISA-Info 02/2006 v. 11. 1. 2006<br />
Valtin,, R. / Wagner, chr. / Schwippert, K. : Schülerinnen und Schüler am Ende der<br />
vierten Klasse. In: Bos, W. u.a. (Hrsg.): IGLU. Vertiefende Analysen. Münster,<br />
New York u.a. 2005, 187-230<br />
Wocken, H.: Fördert Förderschule? Eine empirische Rundreise durch Schulen für<br />
„optimale Förderung“. In: Demmer-Dieckmann, I. / Textor, A. (Hrsg.): Integrationsforschung<br />
und Bildungspolitik im Dialog. Bad Heilbrunn 2007, 35-60<br />
Wößmann, L.: Frühe Selektion führt zu mehr Chancenungleichheit. Ergebnisse<br />
nationaler und internationaler Vergleiche. In: Pädagogik 59, H. 9/2007, 46-51<br />
Xylander, B. / Heusler, M. : Bilanz- und Zielgespräche. In: Pädagogik 59, H. 7-<br />
8/2007, 18-21<br />
12<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
SCHULEN<br />
„DENKT DAS MINISTERIUM AUCH ÜBER ENTLASTUNGEN NACH?“<br />
Podiumsdiskussion mit Staatsekretärin Vera Reiß und Prof. Preuss-Lausitz<br />
Klaus-Peter Hammer, der Moderator der Podiumsdiskussion,<br />
dankte Prof. Preuss-Lausitz zunächst für seinen engagierten<br />
und interessanten Vortrag und begrüßte die seit 1. September<br />
amtierende Staatssekretärin im MBWJK, Vera Reiß, die der<br />
Einladung zum Grundschultag nach eigenen Worten gerne<br />
gefolgt war.<br />
Seine erste Frage galt der Schulstruktur, untermauert<br />
durch die Thesen des gerade gehörten Referats: „Unsere<br />
zentralen <strong>GEW</strong>-Forderungen sind heute wieder einmal<br />
bestätigt worden. Gedenken die politisch Verantwortlichen<br />
in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bei der Strukturfrage den Kopf<br />
weiter in den Sand zu stecken und an der Zergliederung<br />
des Schulsystems festzuhalten - trotz eindeutiger Ergebnisse<br />
der Schul- und Lernforschung? Wie soll es in der<br />
Sek. I weitergehen?“ Die Staatssekretärin äußerte zunächst<br />
generell Zustimmung zu den Aussagen von Preuss-Lausitz,<br />
dessen Vortrag sie sehr genau und interessiert verfolgt<br />
habe. Sie kenne selbstverständlich die <strong>GEW</strong>-Position<br />
zur Schulstruktur, bat jedoch um Verständnis, dass sie<br />
der Ministerin nicht vorgreifen und hier bei der <strong>GEW</strong><br />
die geplanten Veränderungen vorstellen könne. Deshalb<br />
könne sie heute hierzu, aber auch zur Frage nach der 6-<br />
jährigen Grundschule keine Aussage machen. Sie verwies<br />
darauf , dass die Ministerin im Oktober die Öffentlichkeit<br />
über die geplante Weiterentwicklung der Sekundarstufe<br />
I informieren werde, meinte jedoch, dass der Weg in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> in die richtige Richtung gehe.<br />
Zur Frage der Schulschließung meinten beide Diskutanten,<br />
dass so viel Schulstandorte wie möglich erhalten<br />
bleiben sollten, insbesondere kleine Grundschulen. Für<br />
Hauptschulen soll laut Reiß mit den Betroffenen nach<br />
intelligenten Lösungen gesucht werden.<br />
Beim Thema „Integration“ - [in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> werden<br />
10 127 Kinder in Förderschulen, den alten Lernbehindertenschulen,<br />
und 858 in Klassen und Schulen für<br />
Erziehungshilfe unterrichtet-] meinte Reiß, dass sich<br />
dies unbedingt gravierend ändern müsse. „Statt Aussonderung<br />
muss das Ziel Integration sein.“ Auf dem<br />
Weg dahin seien im Land aber noch einige Widerstände<br />
zu überwinden. Preuss-Lausitz verwies noch einmal auf<br />
Untersuchungen, die zeigen, dass die Lernleistungen von<br />
Kindern, die die Förderschulen besuchen, trotz besserer<br />
Rahmenbedingungen abnehmen. „Die Arbeit von gut<br />
ausgebildeten und besser bezahlten Sonderpädagogen<br />
ist -entgegen ihrem Wollen- ineffektiv. Je früher Kinder<br />
in Förderschulen kommen, desto „dümmer“ werden sie.<br />
So bringt es Wocken aufgrund seiner Untersuchungen<br />
polemisch auf den Punkt.“<br />
Er rechnete vor, dass Integration mit den notwendigen<br />
Rahmenbedingungen, d. h. Auflösung der Förderschulen,<br />
Einsatz der Sonderpädagoginnen in den Regelschulen<br />
nicht teurer würde als das aktuelle System.<br />
Insbesondere die Schulträger hätten große Kostenersparnisse.<br />
Es müsse hier zu einem Ausgleich zwischen<br />
Finanz- und Bildungsministerium und dem Schulträger<br />
kommen.<br />
Die Hauptklientel an Förderschulen sind Kinder mit<br />
Migrationshintergrund und Jungen. In diesem Zusammenhang<br />
sprach Klaus-Peter Hammer die besondere<br />
Benachteiligung der Jungen in unserem Schulsystem an:<br />
In ihre Leistungsbeurteilung fließen oft Verhaltensurteile<br />
ein, sie werden schneller an Förderschulen abgeschoben<br />
und erhalten schlechtere Prognosen am Ende der Grundschulzeit.<br />
Jungen seien an Förderschulen überproportional<br />
vertreten.<br />
Preuss-Lausitz: „Jungen werden in der Schule deutlich<br />
benachteiligt, dafür sind Lehrerinnen verantwortlich,<br />
denen dies gar nicht bewusst ist. Es müssten unbedingt<br />
mehr männliche Lehrkräfte in die Schulen, insbesondere<br />
in die Grundschule, aber auch in die weiterführenden<br />
Systeme.“ Dies wird seiner Meinung nach erst geschehen,<br />
wenn die Arbeit der GrundschulpädagogInnen gesellschaftlich<br />
und finanziell aufgewertet wird: „Die Reform<br />
der Grundschule wurde von den Lehrerinnen initiiert und<br />
mit großem Engagement umgesetzt. Ihnen wurde und<br />
wird in unserem Schulsystem immer wieder Neues abverlangt,<br />
ohne dass dies entsprechend gewürdigt wird.“<br />
Dieses Engagement wurde von Vera Reiß bestätigt, eine<br />
Verbesserung bzw. Aufwertung der Arbeit an Grundschulen<br />
stellte sie jedoch nicht in Aussicht.<br />
Sie verwies darauf, dass einige von Preuss-Lausitz genannten<br />
Aspekte für eine zukunftsfähige Grundschule<br />
mit mehr Chancengleichheit in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> auf den<br />
Weg gebracht seien: Sprachstandsdiagnostik und Sprachförderung<br />
im letzten Kita-Jahr; es sei auch angedacht,<br />
alle schulpflichtigen Kinder aufzunehmen und keine Zurückstellungen<br />
zuzulassen. Einschub von Preuss-Lausitz:<br />
„Auch nicht auf Wunsch der Eltern, da Zurückstellungen<br />
ineffektiv sind, nicht nur für bildungsferne, sondern<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
13
SCHULEN<br />
auch für beeinträchtigte und entwicklungsverzögerte<br />
Kinder!“<br />
Beide waren sich über die Notwendigkeit einer intensiveren<br />
Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Kita einig,<br />
Reiß berichtete von dem großen Interesse an den vom<br />
Ministerium initiierten gemeinsamen Fortbildungsveranstalten<br />
von ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen.<br />
Angedacht sei die flexible Eingangsstufe, in der Kinder<br />
zwischen einem und drei Jahren verbleiben könnten.<br />
Auch die Forderung nach mehr individueller Förderung<br />
und der Verzicht auf Sitzenbleiben und Zurückstellung<br />
wird vom Ministerium unterstützt.<br />
Zum Schluss ging Klaus-Peter Hammer noch einmal<br />
auf die Rahmenbedingungen für die Grundschule ein:<br />
„Auf die GrundschulkollegInnen sind in den letzten<br />
Jahren immer neue Aufgaben zugekommen und es geht<br />
wahrscheinlich weiter! Denkt das Ministerium auch<br />
über Entlastungen nach? Prof. Preuss-Lausitz hat Untersuchungen<br />
zitiert, die belegen, dass die Klassengröße<br />
einen wichtigen Einfluss auf die Schülerleistungen hat,<br />
dass in kleinen Klassen günstigere Sozialformen und<br />
motivierende Unterrichtsmethoden eher möglich sind.<br />
Die Kinder haben mehr Zeit und Raum miteinander<br />
zu kommunizieren. Wird die alte <strong>GEW</strong>-Forderung „25<br />
Kinder sind genug“ in Zeiten rückläufiger Schülerzahlen<br />
endlich umgesetzt?“<br />
Staatssekretärin Reiß bedauerte, dass sie auch hier keine<br />
Antwort geben könne, mit der sie Applaus ernten würde.<br />
Sie versprach aber, dass sie viele Anregungen, Ideen und<br />
berechtigten Forderungen des heutigen Tages mitnehmen,<br />
bei ihrer Arbeit bedenken und sich auch dafür einsetzen<br />
wolle. Sie wünsche sich eine offene kritisch-konstruktive<br />
Zusammenarbeit mit der <strong>GEW</strong> und allen an Bildung<br />
Interessierten und im Bildungsbereich Tätigen.<br />
Preuss-Lausitz forderte die Politiker auf, alles Ideologische<br />
beiseite zu schieben, endlich aus den Forschungsergebnissen<br />
die richtigen Schlüsse zu ziehen, damit konkrete<br />
Verbesserungen auch spürbar werden.<br />
Angelika Zauner-Kröher<br />
154<br />
Sparkassen-Finanzgruppe<br />
154<br />
185<br />
Geschenke versüßen die Zukunft:<br />
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S<br />
14<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
FACHKONGRESS: ANKÜNDIGUNG<br />
-Fachkongress für Lehrkräfte an weiterführenden Schulen<br />
SCHULE DER ZUKUNFT – EINE SCHULE FÜR ALLE<br />
Montag, 25. Februar 2008, 09.00 - 17.00 Uhr<br />
Mainz, Bildungszentrum Erbacher Hof<br />
ABLAUF<br />
09.00 Uhr<br />
Anmeldung<br />
09.30 Uhr<br />
Begrüßung<br />
Tilman Boehlkau, <strong>GEW</strong>-<br />
Landesvorsitzender<br />
09.45 Uhr<br />
Einführungsreferat<br />
„Lernen und leben in einer<br />
Schule ohne Auslese“<br />
Laborschule Bielefeld - Modell für<br />
die Schule der Zukunft?<br />
Prof. Dr. Susanne Thurn,<br />
Schulleiterin Laborschule Bielefeld<br />
10.30 Uhr<br />
Aussprache zum Referat<br />
11.00 Uhr<br />
Pause<br />
11.15 Uhr<br />
Fachforen<br />
12.30 Uhr<br />
Mittagessen<br />
13.30 Uhr<br />
Schwarzlichttheater -<br />
eine Darbietung von<br />
SchülerInnen der Regionalen<br />
Schule Boppard<br />
14.15 Uhr<br />
Fachforen (Fortführung)<br />
16.00 Uhr<br />
Publikumsdiskussion mit<br />
Staatsministerin Doris Ahnen<br />
17.00 Uhr<br />
Ende der Veranstaltung<br />
Forum 1<br />
Abschied vom Schubladendenken<br />
Dr. Gabriele Lindemer, Didaktische Koordinatorin<br />
und Dietmar Schumacher, Schulleiter<br />
IGS Hamm<br />
Forum 2<br />
Eine Schule für alle -<br />
Kollegien auf dem Weg<br />
Frieder Bechberger-Derscheidt, Abt.-Ltr. a.<br />
D. MBWJK<br />
Forum 3<br />
Umgang mit heterogenen Lerngruppen<br />
unter besonderer Berücksichtigung der<br />
Begabtenförderung<br />
StR‘ Monika Jost, Gymnasiallehrerin und<br />
externe Beraterin des MBWJK im Rahmen<br />
der Entwicklung eines Konzeptes zur Begabtenförderung<br />
Forum 4<br />
Schulbau - Architektur des Lernens<br />
Dipl. Ing. Kerstin Büttner, Architektin und<br />
Dipl. Ing. Reinhard Mack, Architekt<br />
Forum 5<br />
Arbeitsweltklasse<br />
Rosemarie Kremling, Lehrerin, Hans-Jürgen<br />
Reichenbecher, Lehrer, HS Bännjerrück Kaiserslautern<br />
Forum 6<br />
Erweiterte Berufsorientierung in der Ganztagsschule<br />
Christiane Eichhorn, Lehrerin, Ralf Netscher,<br />
Konrektor, HS Hochspeyer<br />
Forum 7<br />
Ein Einblick in die türkische Kultur - Hintergrundinformationen<br />
für ein besseres<br />
Verständnis und Miteinander<br />
Mehmet Kilic, L, HS am Römerkastell Bad<br />
Kreuznach<br />
Forum 8<br />
Mobbing unter Schülern und Schülerinnen<br />
Achim Aschenbach, Dipl. Psych., Ina Faßheber,<br />
Dipl. Psych., SpBz Kirchheimbolanden<br />
Forum 9<br />
Inklusion<br />
Theresia Görgen, Förderlehrerin und Sylvia<br />
Sund, Förderlehrerin, stellv. <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />
Forum 10<br />
Projekte des Netzwerks für Demokratie und<br />
Courage<br />
Christian Möckel, Kai Partenheimer, Netzwerk<br />
für Demokratie und Courage<br />
Forum 11<br />
Arbeit mit jahrgangsübergreifenden<br />
Gruppen<br />
Wolfgang Braunstein, Konrektor, GS Zeppelinschule<br />
Speyer<br />
Forum12<br />
Jungenpädagogik<br />
Klaus-Peter Hammer, Fachleiter am Studienseminar<br />
Grund- und Hauptschulen Kaiserslautern<br />
Forum 13<br />
Mädchen an die Spitze<br />
Petra Mohr, Rektorin, Nardinischule<br />
Germersheim<br />
Forum 14<br />
Anti-Aggressionstraining<br />
Karl-Heinz Schreiber, Dipl. Sozialarbeiter (FH),<br />
Anti-Gewalt-Trainer<br />
ANMELDUNGEN erfolgen nach Reihenfolge der Eingänge. Es werden keine Anmeldebestätigungen verschickt.<br />
KOSTEN: <strong>GEW</strong>-Mitglieder: kostenfrei Nicht-Mitglieder: 20 EUR (das Mittagessen ist kostenfrei) IFB-AZ.: 55 062<br />
TAGUNGSORT: Bildungszentrum Erbacher Hof Grebenstraße 24 -26, 55116 Mainz 06131 257-0, Fax: 06131 257-514<br />
Autobahnausfahrt Mainz-Laubenheim, Richtung Innenstadt, Rheinstraße, links abbiegen in die Heugasse und geradeaus weiter in die Grebenstraße.<br />
Autobahnausfahrt Mainz-Mombach, Richtung Innenstadt, Rheinstraße, rechts abbiegen in die Heugasse und geradeaus weiter in die Grebenstraße.<br />
VERANSTALTER: <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Neubrunnenstr. 8 55116 Mainz Tel.: 06131 28988-0 Fax: 06131 28988-80 E-Mail: gew@gew-rlp.de www.gew-rlp.de<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
15
TARIFPOLITIK<br />
BEAMTINNEN PROTESTIEREN GEGEN BESOLDUNGSPLÄNE<br />
Etwa 1.000 Beamtinnen und Beamte aus <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
demonstrierten Ende Oktober im Zusammenhang mit der<br />
Ausschuss-Anhörung gegen den Gesetzentwurf der Landesregierung,<br />
nach dem die rund 63.000 rheinland-pfälzischen<br />
Beamtinnen und Beamten ab 2008, je nach Besoldungsgruppe,<br />
nur 0,5% bis 1,7% mehr bekommen sollen.<br />
Der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Mitgliedsgewerkschaften<br />
fordern mit der Demonstration die Übertragung<br />
der Tarifergebnisse auf den Beamtenbereich. Die meisten<br />
anderen Bundesländer orientieren sich am Tarifabschluss für<br />
den öffentlichen Dienst und zahlen ab 2008 bis zu 3%. Das<br />
müsse auch für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> machbar sein.<br />
Der DGB-Vorsitzende Muscheid: „Wir verkennen nicht die<br />
Haushaltssituation des Landes. Aber Investitionen in die<br />
Zukunft sind auch Investitionen in die Beschäftigten. Die<br />
Beamtinnen und Beamten dürfen nicht bei der allgemeinen<br />
Lohnentwicklung abgekoppelt werden. Wenn wir den Wettbewerb<br />
mit unseren Nachbarländern nicht verlieren wollen,<br />
muss dringend nachgebessert werden.“<br />
pm<br />
MEHR IST MAL WIEDER WENIGER<br />
Lohn- oder Gehaltserhöhungen sind Begriffe, die durchweg positiv<br />
besetzt sind. Und lösen Freude bei denen aus, die davon profitieren,<br />
denn eine Erhöhung bringt ja einen Zuwachs, ein Mehr. In diesem<br />
Falle ein Mehr an Geld und davon kann kaum jemand genug kriegen.<br />
Leuchtende Beispiele für das „Nicht-Genug-Kriegen-Können“ sind<br />
ganze Heerscharen von Managern, Showgrößen, ProfisportlerInnen,<br />
PolitikerInnen, von den Größen des kriminellen Untergrundes ganz<br />
zu schweigen.<br />
Am ersten Oktober war es endlich soweit: Nach drei Jahren, in denen<br />
nur die Preise und Managergehälter stiegen, steigen jetzt auch mal<br />
die Gehälter und Pensionen von rheinland-pfälzischen LandesbeamtInnen<br />
wieder. Zwar nur ein halbes Prozent, aber besser fast nichts<br />
als gar nichts.<br />
Also war die Neugier groß, als ich die Post von der Oberfinanzdirektion<br />
im Briefkasten fand. Kuvert aufreißen, konzentrierter Blick auf die<br />
letzte Zahl in der rechten Spalte der Gehaltsmitteilung - aber was soll<br />
denn das? Das ist doch haargenau der Betrag des Nettoruhegehalts,<br />
den ich schon seit drei Jahren kenne! Da ist doch ein Fehler bei der<br />
Berechnung passiert! Ruhig bleiben, tief durchatmen, genau prüfen,<br />
rede ich mir gut zu.<br />
Nach nur zwei Minuten Vor- und Zurückblättern in den Gehaltszetteln<br />
der letzten Jahre habe ich begriffen: Rechnerisch erhalte ich<br />
eine Erhöhung von 17,61 € meines Grundgehaltes, aber die wird<br />
aufgefressen durch den abzuziehenden höheren Betrag des Anpassungsfaktors<br />
zur Absenkung des allgemeinen Pensionsniveaus. Aber es kommt<br />
noch besser: Nach Abzug des Anpassungsbetrages ist mein „erhöhtes“<br />
Ruhegehalt um sieben Cents niedriger als der vorherige Betrag! Aber<br />
das darf Gott sei Dank nicht sein, es gibt ja ein Landesbeamtenrecht<br />
und eine gesetzliche Bestandsgarantie. Was macht also mein überaus<br />
großzügiger Dienstherr? Er schenkt mir tatsächlich künftig jeden Monat<br />
sieben Cents, damit ich bis auf die zweite Stelle hinterm Komma exakt<br />
das wieder erhalte, was ich schon vor der Erhöhung hatte!<br />
Nach dem ersten Erstaunen ob der ungewohnten Kulanz meines<br />
Dienstherrn beschleichen mich leise Zweifel. Was geschieht denn, wenn<br />
eine Gehaltserhöhung tatsächlich unterm Strich wieder mal etwas<br />
bringen würde? Werden dann die jetzt „geschenkten“ sieben Cents<br />
wieder einbehalten? Sind sie vielleicht nur ein Kredit bis zur nächsten<br />
„Gehaltssteigerung“- wann immer die auch sein wird - die nicht unter<br />
die Bestandsgrenze fällt? Werden dann vielleicht auch Zinsen fällig<br />
für die gewährten Ausgleichzahlungen? Und was geschieht, wenn die<br />
eventuellen zukünftigen „Besoldungserhöhungen“ durch sich steigernde<br />
Zuzahlungen immer wieder ausgeglichen werden müssten? Wird sich<br />
dann der Landesgesetzgeber nicht irgendwann einfach gezwungen sehen,<br />
diese lästige Bestandsgarantie aufzuheben?<br />
Verstehen könnte ich das schon. Diese kleinen Beträge machen den Kohl<br />
der einzelnen BezieherInnen von Ruhegehalt ja eh nicht fett. Zudem<br />
tun die ja ohnehin nichts für das Geld, das sie kriegen. Es wäre doch<br />
viel sinnvoller, wenn diese Minibeträge in einen „Topf“ gesammelt<br />
würden. Damit könnte die Landesregierung dann noch mehr Not leidende<br />
Ex-Manager und Exprofis des 1. FC Kaiserslautern oder sonstiger<br />
Sportvereine im Land unterstützen, ohne den rheinland-pfälzischen<br />
Haushalt zusätzlich zu belasten. Außerdem würde solch ein kostengünstiges<br />
Sponsoring den LandespolitikerInnen großen Imagegewinn<br />
verschaffen, da diese Art der „Sportförderung“ voll zu Lasten der allseits<br />
so wenig geliebten BeamtInnen ginge.<br />
U. Karch<br />
16<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
TARIFPOLITIK<br />
Fotos S.16+17: Behlich, Bundrück, Imhof und Küssner<br />
Tarifrunde 2008:<br />
PORTAL ONLINE<br />
Im Januar 2008 beginnt die Tarifrunde für Bund und Kommunen. Für die<br />
Beschäftigten in pädagogischen Berufen geht es in den Verhandlungen um eine<br />
kräftige Anpassung ihres Gehalts. Denn nach jahrelangen Sparkonzerten ist es<br />
endlich an der Zeit, dass pädagogische Arbeit auch angemessen bezahlt wird.<br />
Argumente, Meinungen und Tarifforderungen:<br />
reinklicken in www.gew-tarifrunde2008.de<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
17
HOCHSCHULEN<br />
GLEICHE UND GLEICHERE<br />
Leistungslohn aus Sicht des Ministeriums<br />
Eine nicht ganz ernstzunehmende Betrachtung des Entwurfs<br />
einer Neufassung der „Landesverordnung zur Änderung der<br />
Landesverordnung über Leistungsbezüge sowie Forschungsund<br />
Lehrzulagen im Hochschulbereich“ formulierte Werner<br />
Dörr von der Fachgruppe Hochschulen.<br />
Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und<br />
Kultur in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> sorgt sich, wie wir wissen,<br />
immer um das Wohlergehen der Beschäftigten im Bildungsbereich.<br />
Da bleibt es nicht aus, dass Verordnungen<br />
erlassen werden, die auch das Einkommen betreffen. Da<br />
sind wir zwar eher Unerfreuliches gewöhnt, aber, wie die<br />
jüngste Entwicklung zeigt, es werden neuerdings auch<br />
eher unerwartete Geschenke verteilt.<br />
Besonders überraschend ist dies allerdings, wenn es<br />
denn so ganz und gar gegen den Trend der Zeit geht und<br />
„Leistungszulagen“ betrifft, deren segenbringende Notwendigkeit<br />
seit einigen Jahren quer durch alle Parteien<br />
zum allerheiligsten Lockmittel der neoliberalen Reform<br />
des Öffentlichen Dienstes gemacht wird (und auch die<br />
Gewerkschaften haben sich mit ihrer Zustimmung zu<br />
den Leistungselementen in TVÖD und TVL ja in diese<br />
Phalanx einreihen lassen).<br />
Möglicherweise hat ja die Landesregierung bereits erkannt,<br />
dass die Feststellung der Bundes - <strong>GEW</strong>, die nun<br />
in viele Bundes- und Landesverbandsbeschlüsse Eingang<br />
gefunden hat, richtig ist, wonach Leistungsbezahlung<br />
kein geeignetes Instrument darstellt, um in Schulen und<br />
Hochschulen die Qualität der Arbeit zu verbessern.<br />
Jedenfalls beginnt sie nun damit, die gesetzlichen Instrumente<br />
des Leistungslohns, der für die Professorenschaft<br />
mit der W-Besoldung 2002 (Bund)-2004 (<strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong>) eingeführt worden ist, zu unterminieren.<br />
Bei der Einführung der W-Besoldung wurden bis dahin<br />
auch für Professorinnen und Professoren geltenden<br />
Dienstaltersstufen abgeschafft. Seither gibt es eine an<br />
einem mittleren Dienstalter orientierte Grundvergütung,<br />
die aus Anlass der ersten oder einer weiteren Berufung<br />
mit „Berufungs-Leistungszulagen“ versehen wird. Hinzu<br />
kommen „Leistungszulagen“, die von der jeweiligen<br />
Hochschule nach dort festzulegenden Kriterien (u. a.<br />
Qualität der Lehre, Engagement in Lehre und Selbstverwaltung,<br />
Forschungsaktivität, Publikationen ...) und<br />
im Rahmen der jeweils dort verfügbaren Mittel gewährt<br />
werden können.<br />
Mit der Einführung der W-Besoldung verblieben die vorhandenen<br />
Professorinnen und Professoren in ihren nach<br />
C2, C3 oder C4 besoldeten Ämtern, mit allen Rechten<br />
des Aufstiegs in Dienstaltersstufen usw. . Sie müssen sich<br />
allerdings darauf einrichten, dass sie bei einem weiteren<br />
„Ruf“ nur noch nach „W“ besoldet werden und sich dann<br />
zukünftig vor Gehaltssteigerungen der Leistungsüberprüfung<br />
unterziehen müssen.<br />
Allerdings steht ihnen auch die Möglichkeit offen, auf<br />
eigenen Wunsch in die W-Besoldung zu wechseln, wobei<br />
ihnen allerdings lediglich die nach den Regeln ihrer jew.<br />
Hochschule möglichen Leistungszulagen, keine Berufungs-Leistungszulagen<br />
aus Anlass des Wechsels gewährt<br />
werden.<br />
Diese Regelung möchte das Bildungsministerium nun<br />
durchbrechen und mittels einer Sondervorschrift einigen<br />
C2- Professorinnen und Professoren an Fachhochschulen<br />
den „freiwilligen Wechsel“ in die W-Besoldung an der<br />
eigenen Hochschule mit besonderen und im Gesetz nicht<br />
vorgesehenen Berufungszulagen versüßen.<br />
Begründet wird die Verordnung damit, dass “die langjährig<br />
geübte Praxis sowohl der späteren Übertragung eines Amtes<br />
der Besoldungsgruppe C 3 als auch der diesbezüglichen<br />
Berufungsverhandlungen (...) nach In-Kraft-Treten des<br />
Professorenbesoldungsreformgesetzes nicht mehr fortgeführt<br />
werden“ kann.<br />
Genau dieses abzustellen und Gehaltssteigerungen für<br />
Professorinnen und Professoren zukünftig allein an<br />
Leistungskriterien zu binden, war jedoch die Absicht der<br />
gesetzlichen Neuregelung der Professorenbesoldung, die<br />
auch <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> seinerzeit noch politisch begrüßt<br />
hat.<br />
Der Vorschlag zur Änderung der LVO über Leistungsbezüge<br />
widerspricht somit krass dem Grundprinzip des neuen<br />
Besoldungsrechts für Professoren, da er Leistungsbezüge<br />
an ein anderes Kriterium als Leistung (oder Berufung)<br />
knüpft (nämlich daran, bis zu welchem Zeitpunkt jemand<br />
auf eine C 2-Professur berufen worden ist). Dies unterläuft<br />
das Besoldungsrecht und stellt einen Verstoß gegen das<br />
Prinzip der Bestenauslese (§ 33 Abs.5 GG) dar.<br />
Die Verordnung benachteiligt auch diejenigen Professorinnen<br />
und Professoren der Besoldungsgruppe C2<br />
an Fachhochschulen, die bereits in Anerkennung der<br />
neuen Gesetzeslage freiwillig den Übergang in die neue<br />
Besoldungsordnung vollzogen haben, da ihnen keine<br />
nachträglichen Berufungsleistungsbezüge aus Anlass des<br />
freiwilligen Wechsels nach W2 mehr gewährt werden<br />
können.<br />
Die Verordnung benachteiligt weiterhin die bereits nach<br />
W2 neu eingestellten Professorinnen und Professoren,<br />
da der Gesamtbetrag der für die Zukunft zur Verteilung<br />
bereitstehenden Leistungszulagen gemindert wird. Aus<br />
dem gleichen Grunde benachteiligt die Verordnung<br />
weiterhin die Einkommensgestaltung der zukünftig neu<br />
einzustellenden Professorinnen und Professoren : Leistungszulagen<br />
können im Rahmen der Personaletats der<br />
Hochschulen nur in der Größenordnung gewährt werden,<br />
18<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
HOCHSCHULEN<br />
in der durch das Ausscheiden von C3-Stelleninhaberinnen<br />
und -inhabern entsprechende Gehaltspositionen frei werden.<br />
Wenn diese nun zum Teil oder sogar überwiegend<br />
von den noch vorhandenen C2-Professorinnen und<br />
Professoren beansprucht werden, sinken die für Neuberufungen<br />
in den Haushalten verfügbaren Mittel und der<br />
Spielraum für Berufungs- und Leistungszulagen wird auf<br />
Jahre verringert.<br />
Insgesamt wirkt diese Verordnung daher entgegengesetzt<br />
zum Anliegen des Gesetzes, durch Leistungszulagen eine<br />
Motivation zum verstärkten Einsatz in Lehre und Forschung<br />
zu schaffen und schafft allein auf „Anciennität“<br />
und „Erwartungshaltung aus der Vergangenheit“ gegründete<br />
Gehaltssteigerungen für eine Professorengruppe an<br />
Fachhochschulen unter Benachteiligung der übrigen.<br />
Nicht übersehen werden sollte auch, dass in der Begründung<br />
der Verordnung auch noch eine krasse Unwahrheit<br />
aufgetischt wird: Es entspricht nämlich nicht den<br />
Tatsachen, wenn der Verordnungsgeber behauptet, “die<br />
langjährig geübte Praxis sowohl der späteren Übertragung<br />
eines Amtes der Besoldungsgruppe C 3 als auch<br />
der diesbezüglichen Berufungsverhandlungen kann nach<br />
In-Kraft-Treten des Professorenbesoldungsreformgesetzes<br />
nicht mehr fortgeführt werden“. Eine „langjährig geübte<br />
Praxis“ von Berufungsverhandlungen anlässlich der Übertragung<br />
einer C3-Professur existiert in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
nicht, schon gar nicht an Fachhochschulen (Vgl. dazu<br />
zuletzt die Stellungnahme des Wissenschaftsrates vom<br />
20.05.2005, WR-Drs. 6709-05, S.24). Weder gab es bei<br />
C3 Professuren verhandelbare Gehaltsbestandteile, noch<br />
gab es an Fachhochschulen eine verhandelbare Ausstattung<br />
von Professuren mit Unterschieden zwischen den<br />
Besoldungsgruppen C 2 und C3.<br />
Nun könnte man allerdings auch der Auffassung sein,<br />
das Ministerium habe nun endlich wirklich die Nöte der<br />
Menschen wahrgenommen, welche sich darauf eingelassen<br />
haben, eine C2-Professur an einer Fachhochschule<br />
zu übernehmen in der Erwartungshaltung, irgendwann<br />
pensionswirksam eine Beförderung vom Endgehalt in C2<br />
(4.806,50 €) zum Endgehalt C3 (5.358,37 €) zu erhalten<br />
und sich nun damit konfrontiert sehen, entweder im<br />
Endgehalt C2 zu verbleiben, oder sich einer zukünftigen<br />
mehrmaligen Leistungsüberprüfung unterziehen zu müssen,<br />
wenn sie höhere Bezüge erzielen möchten.<br />
Zwar wurden bei den letzten Besoldungsreformen (z.B.<br />
der A- Besoldung mit der Verlängerung der Lebensaltersstufen)<br />
solche „Erwartungshaltungen“ immer beinhart<br />
negiert - aber warum sollte ein Ministerium hier nicht<br />
auch bereit sein, zukünftig Großzügigkeit an den Tag<br />
zu legen? Als Gewerkschafter würden wir einer solchen<br />
Haltung immer applaudieren!<br />
Keinen Applaus jedoch kann es dann dafür geben, dass<br />
das Ministerium in der gleichen Verordnung die eingangs<br />
großzügig angekündigte Ausschüttung von Zulagen durch<br />
eine Haushaltsvorschrift so begrenzt, dass der „Segen“ für<br />
die Hochschulen eher zu „Fluch“ werden könnte.<br />
Durch den Vorbehalt, dass bis 2012 jährlich nur 5% der<br />
C2-Professorinnen und Professoren nach W wechseln und<br />
aus Anlass dieses Wechsels Berufungs-Leistungsbezüge<br />
erhalten können, wird nur maximal ein Viertel (gem.<br />
Haushaltsplan 2007 etwa 83 von 317) der potentiell<br />
Betroffenen einen Übertritt von C nach W nach dieser<br />
Vorschrift vollziehen können.<br />
Wie diese auszuwählen sind, dürfen die Hochschulen<br />
entscheiden - der Ärger ist vorprogrammiert.<br />
Womit bewiesen wäre: der Mut zum Bruch von Prinzipien<br />
reicht auch im Bildungsministerium nur bis zum<br />
Haushaltsreferat …<br />
Fotos: Internet<br />
Neue LehrerInnenbildung:<br />
GROSSER SCHRITT ODER EIN KLEINES SCHRITTCHEN?<br />
„Der Start der neuen Lehrerbildung zum Wintersemester<br />
2007/08 an den Universitäten Kaiserslautern und Koblenz-<br />
Landau wird von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
begrüßt,“ betonte die stellvertretende <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende,<br />
Sylvia Sund, vor der Presse. Die <strong>GEW</strong> bedauere<br />
aber ausdrücklich, dass die Universitäten Trier und Mainz<br />
erst im nächsten Jahr mit dem neuen Lehrerbildungskonzept<br />
beginnen und somit noch kein flächendeckender Start der<br />
Lehrerbildungsreform in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> erfolgen kann.<br />
Der jetzt für alle Lehramtsstudiengänge geltende verstärkte<br />
Praxisanteil, von der <strong>GEW</strong> seit Jahren gefordert, sei ein<br />
wichtiger Baustein des neuen Lehrerbildungskonzeptes,<br />
ebenso, dass nun für alle Schularten gleiche grundlegende<br />
Kenntnisse in Pädagogik, Psychologie und Didaktik erforderlich<br />
werden.<br />
Ein grundsätzlich richtiger Weg ist aus Sicht der <strong>GEW</strong><br />
auch die Festlegung für die Zielschulart nicht wie bisher<br />
zu Studienbeginn, sondern nach dem 4. Semester. Aus<br />
Gewerkschaftssicht wäre es jedoch sinnvoller gewesen, diese<br />
Festlegung erst in der Masterphase, d.h. nach dem Bachelor-<br />
Studium, zu fordern. Die für die verschiedenen Schularten<br />
unterschiedliche Masterphase sei ein Schwachpunkt der<br />
Reform, zumal nicht feststehe, ob ein zweisemestriger Masterabschluss<br />
für Grund-, Haupt- und Realschulen oder ein<br />
dreisemestriger für Förderschulen im europäischen Ausland<br />
Anerkennung finden werde. Für die <strong>GEW</strong> nicht verständlich<br />
und akzeptabel sei, dass für Studierende aller Schularten kein<br />
zeitlich gleiches viersemestriges Masterstudium verpflichtend<br />
angeboten wird. Eine gründliche und solide Lehrerbildung in<br />
wissenschaftlicher und praktischer Hinsicht solle schließlich<br />
für alle Lehrämter die Maxime sein, so die stellvertretende<br />
<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />
„Eine nicht genutzte Reformchance ist das Beibehalten der<br />
schulartenbezogenen Lehrerbildung. Die <strong>GEW</strong> bedauert,<br />
dass es die Landesregierung nicht gewagt hat, eine schulstufenbezogene<br />
Lehrerbildung einzuführen und weiterhin an<br />
den alten Zöpfen der schulartbezogenen Ausbildung festhält,“<br />
kritisierte Sund.<br />
pm<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
19
SCHULISCHE ERFAHRUNGEN BEKANNTER RHEINLAND-PFÄLZER<br />
VOM GYMNASIALLEHRER ZUM MEDIZINPROFESSOR<br />
Im Gespräch: Prof. Dr. Günter Dhom<br />
Wie es sich für seine Generation gehörte, studierte Günter Dhom zunächst<br />
Fächer wie u. a. Soziologie und Rechtswissenschaft, mit deren Hilfe zeittypisch<br />
die Welt positiv verändert werden sollte. Nach dem 1. Staatsexamen<br />
für das Lehramt in den Fächern Anglistik und Politikwissenschaft die<br />
überraschende Wende: Statt ins Referendariat ging es in einen ganz anderen<br />
Berufszweig, die Zahnmedizin, später dann spezialisiert auf Oralchirurgie.<br />
Zwischenzeitlich ist der Mittfünfziger eine weit über die deutschen<br />
Landesgrenzen hinaus anerkannte und viel gefragte Koryphäe der Zahn-<br />
Implantologie mit über 50 MitarbeiterInnen in seiner Praxis. Doch dem<br />
nicht genug: Als langjähriger Fortbildungsreferent und heutiger Präsident<br />
der größten europäischen wissenschaftlichen Fachgesellschaft im Bereich<br />
der Implantologie hat Günter Dhom den Studiengang „Master of Science<br />
in Oral Im-plantology“ an der Steinbeis Hochschule in Berlin entwickelt,<br />
den er heute leitet. Viele Gründe also für die <strong>GEW</strong>-Zeitung, den ältesten<br />
Sohn einer Einzelhändlerfamilie aus Ludwigshafen-Friesenheim nach seinen<br />
schulischen Erfahrungen zu befragen und dabei die spannende Frage<br />
aufzuwerfen, inwiefern ihm die Schlüsselqualifikationen seines Erststudiums<br />
bei seiner imponierenden Karriere hilfreich waren. Redakteur Günter<br />
Helfrich traf seinen Jugendfreund Prof. Dr. Günter Dhom in dessen Praxis<br />
in Ludwigshafen - Mitte.<br />
Günter, lange, lange ist es her, und dennoch haben uns die<br />
Bildungserfahrungen der frühen Jahre irgendwie geprägt.<br />
Woran erinnerst Du Dich?<br />
Der Kindergarten war sehr positiv. Das waren katholische<br />
Ordensschwestern, die ihren Job nicht nur verwaltet,<br />
sondern sich mit Hingabe uns Kindern gewidmet haben,<br />
was damals vielleicht noch weniger normal war, als es<br />
heute ist.<br />
Die Grundschule war eher schrecklich, was wohl an den<br />
Lehrerinnen lag. Das waren zwei autoritäre ältere „Frolleins“,<br />
die die Kinder geschlagen und eine Liste geführt<br />
haben, wer in der Kirche war, wer beichten war und wer<br />
eben nicht. Das fand ich damals schon als Kind nicht gut,<br />
und heute finde es noch weniger gut.<br />
Danach hatten wir ja das Glück, Kinder der „Bildungskatastrophe“<br />
zu sein. Obwohl wir nicht aus privilegierten<br />
Schichten stammten, konnten wir problemlos aufs Gymnasium<br />
wechseln.<br />
Ans Gymnasium habe ich positive und weniger positive<br />
Erinnerungen. Es mag banal klingen: Es hing nicht<br />
primär von den Fächern bzw. von den Lernbedingungen<br />
und den Methoden, sondern fast ausschließend von<br />
den Lehrerpersönlichkeiten ab. Bei Lehrkräften, die mir<br />
sympathisch waren, habe ich mich angestrengt, bei den<br />
anderen nicht.<br />
Ich weiß, an wen Du bei den schlechten Erfahrungen denkst.<br />
Erinnern wir uns an die guten. Wer hat dich da geprägt?<br />
Stark geprägt hat mich - wie sicher auch Dich - unser<br />
Religionslehrer Schmiech, von dem mir ein Satz besonders<br />
haften geblieben ist: „Wenn Ihr mal gute Katholiken<br />
würdet, wäre das schön, wichtiger ist mir, dass Ihr mal<br />
gute Menschen werdet.“<br />
Wunderbar, ein geradezu revolutionärer Satz in dieser Zeit<br />
aus dem Munde eines katholischen Priesters.<br />
Das hat mir in der Tat sehr imponiert und in mir eine<br />
Art von Liberalität erzeugt. Als ausgezeichnete Lehrerpersönlichkeit<br />
bei mir haften geblieben ist auch mein<br />
ehemaliger Klassenleiter Dr. Schattner, der es verstanden<br />
hat, mich für Sozialkunde, Literatur und Geschichte zu<br />
begeistern und uns darüber hinaus zu Verantwortungsgefühl<br />
erzogen hat.<br />
Machen wir jetzt mal einen größeren Zeitsprung. Nach<br />
Deinem Studienabschluss hätte eigentlich das Referendariat<br />
an einem gymnasialen Seminar angestanden. Warum hast<br />
Du Dich damals dagegen und für das Zweitstudium der<br />
Zahnmedizin entschieden?<br />
Im Studium habe ich Nachhilfeunterricht in Englisch<br />
gegeben und gesehen, dass die Kinder immer noch die<br />
gleichen Schulbücher mit den selben Lektionen hatten wie<br />
wir zehn Jahre zuvor. Das war dann irgendwie ein Schock<br />
für mich. Ich dachte mir, dann machst du als Lehrer im<br />
Prinzip ja ewig dasselbe.<br />
Nicht nur da.<br />
In der Tat. Das war der Denkfehler. Auch in anderen<br />
Berufen ist das so. In Bezug auf den Lehrerberuf sehe ich<br />
das heute übrigens auch anders: Die Herausforderung ist<br />
ja nicht primär das Fachliche, sondern die pädagogische<br />
Arbeit mit den Kindern. Das ist sicher eine anspruchsvolle<br />
und abwechslungsreiche Tätigkeit.<br />
Du warst nach dem Studium zunächst noch in der Sozialforschung<br />
tätig und bist dann auf die Zahnmedizin<br />
gekommen. Wie das?<br />
Das lag unter anderem an einem Freund, der gerade<br />
sein diesbezügliches Examen absolvierte. Etwas mit den<br />
Händen machen und das Ergebnis meiner Arbeit sehen<br />
zu können, hat mich als eher ungeduldigen Menschen<br />
sehr beeindruckt.<br />
Das war sicher keine einfache Zeit, ein völlig anders geartetes,<br />
extrem verschultes Studium mit weitaus jüngeren<br />
Kommilitoninnen und Kommilitonen durchzustehen. Du<br />
hast es geschafft. Und nicht nur das: Du hast dann eine<br />
Karriere hingelegt, die Dich weit vom „Durchschnittszahnarzt“<br />
abhebt. Meine These wäre: Dies ist Dir gelungen nicht<br />
trotz deiner vorherigen Studienbiografie, sondern gerade<br />
wegen ihr.<br />
So ist es. Ich war ganz schnell Semester-, dann Fachschaftssprecher<br />
und bis zum Ende meines Studiums immer<br />
Studentensprecher. Die sozialen Kompetenzen meines<br />
vorherigen Studiums haben mir da sehr geholfen. Als<br />
Student der Sozialwissenschaft habe ich mich manchmal<br />
20<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
SCHULISCHE ERFAHRUNGEN BEKANNTER RHEINLAND-PFÄLZER<br />
nicht getraut, in den Seminaren etwas zu sagen, als Zahnmediziner<br />
und Vizepräsident des Studentenparlaments<br />
habe ich dann Versammlungen mit über tausend Leuten<br />
geleitet. Da konnte ich viel Führungskompetenz erwerben.<br />
Von daher habe ich noch keine Sekunde bereut, diesen<br />
Weg gegangen zu sein.<br />
Nach Deiner zahnärztlichen Niederlassung waren wir zwischenzeitlich<br />
Kollegen, als Du an einer BBS in Ludwigshafen<br />
Azubis unterrichtet hast. Die Erfahrungen waren wohl nicht<br />
ganz so berauschend?<br />
Was mich irgendwie gestört hat, war der Geruch in der<br />
Schule. Das war der gleiche wie in meiner Schulzeit, aber<br />
natürlich nicht das eigentliche Problem: Ein erheblicher<br />
Teil der Schülerinnen in der Ausbildung zu medizinischen<br />
Fachangestellten, wie man heute sagt, war damals sehr<br />
schwer zu motivieren, obwohl ich versucht habe, einen<br />
abwechslungsreichen Unterricht zu machen. Es war jedoch<br />
nur ein geringer Teil zu erreichen.<br />
Unser tägliches Brot als BBS-Lehrkräfte …<br />
Günter, Du bist ja nun kein BBS-Lehrer, sondern Unternehmer<br />
und gehörst als solcher zu den vorbildlichen Arbeitgebern,<br />
die viel und regelmäßig ausbilden. Welche Erfahrungen<br />
hast Du mit Deinen Azubis gemacht?<br />
Nur gute. Wir haben seit vielen Jahren äußerst motivierte<br />
junge Leute vor allem aus Thüringen, die es wegen einer<br />
guten Ausbildung in sehr jungen Jahren auf sich genommen<br />
haben, weit weg von ihrer Heimat zu sein. Das ist<br />
nicht einfach.<br />
Und die dennoch bleiben. Das liegt vermutlich an Eurer<br />
Ausbildung.<br />
Ja, wir haben eine spezielle interne Ausbildung und<br />
machen in diesem Rahmen jede Woche Fortbildungsveranstaltungen<br />
für unsere Azubis; in der Regel praktisch,<br />
aber auch in sozialer Kompetenz und methodisch z.B.<br />
in Form von Rollenspielen.<br />
Abschließende Frage: Du hattest ja das Glück, in späten<br />
Jahren noch Vater zu werden. Welche Erwartungen hast Du<br />
an die künftigen Lehrerinnen und Lehrer Deines Sohnes<br />
Jakob?<br />
Ich wünsche mir Lehrkräfte, die die kindliche Neugier<br />
und ihre faszinierende Bereitschaft zu lernen im Rahmen<br />
ihrer Möglichkeiten fördern. Ich glaube, dass Kinder sehr<br />
gerne lernen und dabei viel von der Unterstützung der<br />
Lehrkräfte profitieren können.<br />
Vielen Dank für das Gespräch.<br />
„BLICK ÜBER DEN TELLERRAND IST HILFREICH“<br />
Im Gespräch: Dr. Jürgen Hambrecht, BASF-Vorstandsvorsitzender<br />
Herr Dr. Hambrecht, welche spontanen Erinnerungen<br />
- positiv oder auch negativ - fallen Ihnen ein, wenn Sie an<br />
Ihre Schulzeit zurückdenken?<br />
Mir ist besonders der Zusammenhalt in unserer Klasse<br />
positiv in Erinnerung geblieben. Wir mussten zwar viel<br />
pauken, aber hatten auch jede Menge Spaß miteinander.<br />
Sport stand bei uns weit oben auf der Beliebtheitsskala.<br />
Besonderen Eindruck hat bei mir - das wird Sie jetzt<br />
wenig überraschen - der Chemieunterricht hinterlassen.<br />
Der Umgang mit Reagenzglas und Bunsenbrenner hat<br />
mich von Anfang an fasziniert.<br />
Was erwarten Sie von einem „guten Lehrer“?<br />
Die wichtigste Eigenschaft eines Lehrers ist die Fähigkeit,<br />
seine Schüler zu begeistern. Als Vater von vier Kindern<br />
weiß ich: Die Kinder merken sehr schnell, ob ihr Lehrer<br />
wirklich von seinem Fach begeistert ist. Aus Unternehmersicht<br />
gehört für mich heute dazu, die Neugier der<br />
Schüler für naturwissenschaftliche und technische Inhalte<br />
zu wecken. Das kommt leider immer noch viel zu kurz,<br />
obwohl es in beiden Bereichen viele interessante Berufe<br />
mit tollen Zukunftsperspektiven gibt.<br />
Kaum irgendwo auf der Welt werden Kinder so früh schulisch<br />
selektiert wie in Deutschland. Was halten Sie von der nicht<br />
nur von unserer Bildungsgewerkschaft erhobenen Forderung<br />
nach einem längeren gemeinsamen Lernen, so wie das in den<br />
PISA-Siegerländer üblich ist?<br />
Ich bin dafür, das Thema ganz vorbehaltlos zu diskutieren.<br />
Der Blick über den Tellerrand des eigenen Landes<br />
ist dabei sehr hilfreich. Neben der Frage, wie lange die<br />
Schüler gemeinsam lernen, gilt das übrigens auch für<br />
die Frage, wann dieser Prozess beginnt. Mich haben<br />
die Ergebnisse der modernen Hirnforschung überzeugt.<br />
Weil die entscheidenden Weichen für das gesamte Leben<br />
in ganz jungen Jahren gestellt werden, glaube ich fest an<br />
den Nutzen frühkindlicher Bildung. Auch hier können<br />
wir noch viel von anderen Ländern lernen und sollten<br />
das auch tun, damit der Bildungsstandort Deutschland<br />
langfristig erfolgreich ist.<br />
gh<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
21
WIRTSCHAFT<br />
WISSENSFABRIK ENGAGIERT SICH FÜR BILDUNG IN RHEINLAND-PFALZ<br />
Gezielt naturwissenschaftliches, technisches und wirtschaftliches Denken vermitteln<br />
Wie entsteht Tau? Kann man Nebel selber machen? Und warum<br />
schwimmen Eisberge? Fragen wie diese zeigen, wie sehr sich<br />
Kinder mit ihrer Umwelt auseinandersetzen - und sind manchmal<br />
gar nicht so einfach zu beantworten. Die Schülerinnen und<br />
Schüler der Rabenkopf-Grundschule in Wackernheim wissen<br />
Bescheid: Sie haben sich im Rahmen des Projekts „NaWi - geht<br />
das?“ spielerisch mit den verschiedenen Aggregatzuständen von<br />
Wasser beschäftigt, und auf diese Weise Grundkenntnisse der<br />
Physik und Chemie erworben. „NaWi - geht das?“ ist ein Projekt<br />
des Unternehmensnetzwerks „Wissensfabrik - Unternehmen für<br />
Deutschland e.V.“.<br />
Frühkindliche Bildung schafft Chancen<br />
für die Zukunft<br />
Bundesweit hat die Wissensfabrik, deren Geschäftsstelle sich in Ludwigshafen<br />
befindet, bereits 59 Mitgliedsunternehmen. Aus <strong>Rheinland</strong> - <strong>Pfalz</strong><br />
sind BASF, Boehringer Ingelheim, KSB und die Sparkasse Südliche<br />
Weinstraße beteiligt. Ein Schwerpunkt des Netzwerks ist das Thema<br />
Bildungsförderung. Die Unternehmen gehen Bildungspartnerschaften<br />
mit Schulen und anderen pädagogischen Einrichtungen in ihrer Region<br />
ein, um gezielt naturwissenschaftliches, technisches und wirtschaftliches<br />
Denken zu vermitteln.<br />
Das Prinzip: Wissen teilen<br />
„Unsere Kooperationen gehen deutlich über eine rein finanzielle Förderung<br />
hinaus. Die Unternehmen ermöglichen Schülern Einblicke in<br />
betriebliche Abläufe und organisieren Workshops und Planspiele. Der<br />
Schwerpunkt unserer Arbeit liegt darin, dass Unternehmen und Schulen<br />
in Form von Bildungspartnerschaften gemeinsam Projekte durchführen“,<br />
erläutert Michael Detmer, der die Bildungsprojekte in der Wissensfabrik-Geschäftsstelle<br />
koordiniert. In <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bestehen derzeit<br />
etwa 50 langfristige Kooperationen mit Grund- und Hauptschulen<br />
sowie Gymnasien. Der Grundsatz ist dabei, dass die Unternehmen der<br />
Wissensfabrik aktiv auf die Schulen zugehen.<br />
Die Wissensfabrik macht Kinder zu<br />
Forschern und Technikern<br />
Derzeit fördert die Wissensfabrik bundesweit insbesondere vier so<br />
genannte Leuchtturmprojekte aus den Kompetenzfeldern Sprache,<br />
Naturwissenschaft, Wirtschaft und Technik. Alle Projekte setzen bereits<br />
im Bereich frühkindlicher Bildung an. Im Rahmen von „KIEWIS<br />
- Kinder entdecken Wirtschaft“ entwickeln Grundschüler ein eigenes<br />
Produkt und begleiten dabei jeden Produktionsschritt von der Planung<br />
bis zur Fertigstellung. So erwerben sie Grundlagen wirtschaftlichen und<br />
technischen Denkens.<br />
Das Projekt „Sprache macht stark“, das die BASF in Ludwigshafen im<br />
Rahmen der lokalen Initiative „Offensive Bildung“ unterstützt, setzt<br />
auf Sprachförderung im Kindergartenalter und hilft vor allem Kindern<br />
ausländischer Herkunft, ihre Sprachkompetenz bis zum Schuleintritt zu<br />
verbessern. Intensive Förderung und die Einbeziehung der Familie sind<br />
hier die Schlüssel zum Erfolg. Im Bereich Naturwissenschaften bietet<br />
das Projekt „NaWi - geht das?“ Grundschulen die Möglichkeit, einfache<br />
und ungefährliche Versuche im eigenen Klassenzimmer durchzuführen.<br />
Die zugehörige Experimentierkiste ermöglicht abwechslungsreichen<br />
Unterricht ohne aufwendige Vorbereitung. Mitmacher aus <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> sind BASF, Boehringer Ingelheim und KSB.<br />
Neu hinzu kommt in diesem Herbst das Projekt „KiTec - Kinder entdecken<br />
Technik“. Ausgestattet mit einer Technikkiste, die alle notwendigen<br />
Materialien und Werkzeuge enthält, werden die Grundschüler an verschiedenen<br />
Aufgabenstellungen aus Bau-, Fahrzeug- und Elektrotechnik<br />
arbeiten können.<br />
Standards setzen für mehr Qualität<br />
im Bildungsbereich<br />
Für die Konzeption neuer Projekte holt die Wissensfabrik ausgewiesene<br />
Bildungsexperten ins Boot. Kooperationspartner bei der neuen Technikkiste<br />
zum Beispiel sind das Ulmer Transferzentrum für Neurowissenschaften<br />
und Lernen sowie der Lehrstuhl für Technik und Didaktik<br />
der Universität Dortmund. Die Fachleute bilden Multiplikatoren aus<br />
den Unternehmen aus, die dann wiederum die Lehrkräfte im Umgang<br />
mit den Projekten schulen und bei der Umsetzung im Unterricht<br />
begleiten und beraten. Auf diese Weise gewährleistet die Wissensfabrik<br />
eine gleichmäßig hohe Qualität ihrer Projekte und eine enge Bindung<br />
zwischen Unternehmen und Partnerschulen.<br />
pm<br />
Weitere Informationen zu den Aktivitäten der Wissensfabrik sind<br />
zu finden unter: www.wissensfabrik-deutschland.de<br />
22<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
RECHTSSCHUTZ / GESELLSCHAFT<br />
VERWALTUNGSGERICHT GIBT BEZIRKSPERSONALRÄTEN RECHT<br />
Am 10.10.2007 hat das Verwaltungsgericht in Mainz<br />
entschieden, dass der Bezirkspersonalrat ein Mitbestimmungsrecht<br />
bei der Zuordnung der Entgeltstufe bei neu<br />
eingestellten Lehrkräften hat.<br />
Die Bezirkspersonalräte aus Grund-, Haupt- und Regionale<br />
Schulen, Förderschulen und der Integrierten<br />
Gesamtschulen haben sich somit gegen die ADD, die<br />
über die Stufenzuordnung alleine entscheiden wollte,<br />
durchgesetzt.<br />
Insbesondere über die Festsetzung der Entgeltstufe be-<br />
ACHTUNG, BEAMTE IM RUHESTAND!<br />
stimmt sich, was eine angestellte Lehrkraft letztendlich<br />
brutto verdient. Bei Lehrkräften mit Berufserfahrung ist<br />
in diesem Bereich immer die strittige Frage zu klären, ob<br />
und in welchem Umfang vorherige Berufserfahrung anzuerkennen<br />
ist. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes<br />
Mainz ist bei diesem Streit nun der Personalrat<br />
zu beteiligen.<br />
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es wird<br />
davon ausgegangen, dass der Streit bei einem höheren<br />
Gericht weitergeführt wird.<br />
Brigitte Strubel-Mattes<br />
Im März hat das Bundesverfassungsgericht entschieden,<br />
dass die Regelung im Beamtenversorgungsgesetz, die<br />
bestimmt, dass sich die Versorgungsbezüge erst aus dem<br />
höheren Amt berechnen, wenn dessen Dienstbezüge mindestens<br />
drei Jahre bezogen wurden mit Artikel 33 Abs. 5<br />
des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig ist.<br />
Das Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> hat insofern jetzt entschieden,<br />
dass alle Versorgungsempfänger, deren Versorgungsbezüge<br />
nicht nach dem zuletzt bekleideten höheren Amt berechnet<br />
wurden, weil dieses noch keine drei Jahre bekleidet<br />
wurde, nun einen Anspruch auf Neuberechnung der<br />
Versorgungsbezüge aus dem letzten Amt haben.<br />
Alle Versorgungsempfänger, die vor der Ruhestandsversetzung<br />
in ein höheres Amt befördert wurden und dieses<br />
bei Ruhestandsversetzung zwei Jahre inne hatten, werden<br />
aufgefordert, an die OFD einen Antrag auf Neuberechnung<br />
der Versorgungsbezüge zu stellen.<br />
Bei Rückfragen steht die Landesrechtsschutzstelle der<br />
<strong>GEW</strong> unter der Tel.-Nr.: 06131/2898821 zur Verfügung.<br />
Brigitte Strubel-Mattes<br />
Klassenfahrten nach Berlin<br />
(incl. Transfer, Unterkunft, Programmgestaltung nach Absprache).<br />
Broschüre anfordern bei:<br />
BISS e.V. · Freiligrathstr. 3 · 10967 Berlin,<br />
Tel. (030) 6 93 65 30<br />
www.berlin-mit-biss.de · Email: kontakt@berlin-mit-biss.de<br />
Sozialstudien im Fußballstadion<br />
WO ES NOCH ECHTE TUSSEN GIBT...<br />
Wer das starke Geschlecht ist, wissen Lehrkräfte seit geraumer<br />
Zeit: Eben nicht die Jungs, denen zunehmend Unterstützung<br />
gewährt werden muss, damit sie nicht hoffnungslos zurückfallen,<br />
sondern die Mädchen, die dem anderen Geschlecht<br />
weit vorauseilen. Von solch einem Kaliber ist die regelmäßige<br />
Begleiterin der Verfassers dieser Kolumne bei dessen Sozialstudien<br />
im Fußballstadion. Gleichberechtigung kommt im<br />
Wortschatz ihrer Generation nicht vor, weil man über Selbstverständlichkeiten<br />
nicht zu reden braucht. Und werden sie<br />
dann doch mal mit einer Situation konfrontiert, in der sie sich<br />
als junge Frauen nicht ganz ernst genommen fühlen, werden<br />
sie richtig stinkig: So in der vergangenen Oberligasaison beim<br />
FSV LU - Oggersheim, als Zuschauerinnen kostenlos Eintritt<br />
gewährt wurde. Das sei eine Unverschämtheit, als ob frau<br />
keine Ahnung von Fußball habe, damit verstehe frau doch<br />
weitaus mehr davon als die Masse der Macker im Stadion.<br />
Womit das richtige Stichwort gefallen wäre: Die Macker<br />
dominieren auf den Rängen, sowohl quantitativ als auch<br />
in ihrem Habitus. Dementsprechend sind auch beim weiblichen<br />
Geschlecht Frauentypen wie o. g. Begleiterin oder<br />
die chic-aparte Pressesprecherin des FSV immer noch die<br />
Minderheit. Die Mehrheit bildet neben den netten sportbegeisterten<br />
Stino-Ladies eine ganz bestimmte Spezies, die<br />
zu beschreiben konfliktträchtig ist. Als Mann - und auch<br />
noch Funktionär der <strong>GEW</strong> - darf man nämlich bestimmte<br />
Wörter, zumindest in der <strong>GEW</strong>-Öffentlichkeit, gar nicht<br />
in den Mund nehmen, aber wenn sie von weiblicher Seite<br />
artikuliert werden, liegt wohl kein Verstoß gegen die political<br />
correctness vor. Echte „Tussen“ seien manche „Weiber“<br />
auf der Tribüne, urteilt die Begleiterin. In der Tat: In der<br />
Provinz gibt es noch Fußballbräute aus der alten Klischeekiste.<br />
Am Spiel selbst nicht interessiert, dafür dauernd mit<br />
Nachbarinnen oder per Handy tratschend und ständig die<br />
Tribünenstufen auf und ab stolzierend, dreht sich alles um<br />
ihr auffälliges Erscheinungsbild. Schon krass teilweise: wasserstoffblondmähnig,<br />
elektrogebräunt, im fortgeschrittenen<br />
Alter botoxgespritzt, in hautenge Klamotten gepresst ohne<br />
Rücksicht auf herausquellende Speckwülste, nuttenmäßig in<br />
Lack und Leder gewandet, all das gibt es im Südweststadion<br />
mehr oder minder häufig zu bewundern.<br />
Das Tragische nur: So wie sich der FSV bislang fußballerisch<br />
präsentiert hat, wird das nix mit dem Bundesligafußball in<br />
Ludwigshafen. Folglich dann auch nix mit einer Karriere als<br />
Fußballerfrau im Stile der Dame Strunz / spätere Effenberg<br />
an der Seite eines üppig besoldeten Profis, der für sein Prestige<br />
neben einem Nobelhobel natürlich auch die entsprechend<br />
repräsentative Gattin braucht.<br />
gh<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
23
ALTER + RUHESTAND<br />
DIE <strong>GEW</strong> GRATULIERT …<br />
… im Dezember 2007 (Nachtrag)<br />
… im Januar 2008<br />
zum 87. Geburtstag<br />
Frau Elisabeth Thiel<br />
28.12.1920<br />
Bei der Heldenmühle 3 · 74564 Crailsheim<br />
zum 70. Geburtstag<br />
03.01.1938<br />
Herrn Werner Schmidt<br />
Salzgasse 12 · 67574 Osthofen<br />
Frau Hannelore Hilger<br />
07.01.1938<br />
In der Doerrwies 48 · 55218 Ingelheim<br />
Frau Irene Kuckuck<br />
12.01.1938<br />
Talstr. 32 · 57610 Gieleroth<br />
Frau Heinke Reichart<br />
14.01.1938<br />
Hauptstr. 20 · 57632 Eichen<br />
Herrn Dr. Gerhard Heck<br />
16.01.1938<br />
Uferstr. 9 · 55116 Mainz<br />
Herrn Armin Menk<br />
16.01.1938<br />
Bergstr. 3 · 56479 Willingen<br />
Herrn Siegfried Kloss<br />
26.01.1938<br />
Ziegeleiweg 4 · 55519 Meisenheim<br />
Herrn Heinz Moißl<br />
26.01.1938<br />
Brückenstr. 26 · 56422 Wirges<br />
Herrn Wolfgang Jung<br />
27.01.1938<br />
Assenmacherstr. 38 · 67659 Kaiserslautern<br />
Herrn Klaus Struss<br />
27.01.1938<br />
Römerweg 33 · 67157 Wachenheim<br />
Frau Johanna Jepp<br />
30.01.1938<br />
Theodor-Heuss-Str. 31 · 67292 Kirchheimbolanden<br />
zum 75. Geburtstag<br />
Herrn Ottmar Ernst Koch<br />
08.01.1933<br />
Spelzenhofstr. 31 · 67678 Mehlingen<br />
Herrn Otto Steeg<br />
19.01.1933<br />
Bergstraße 6 · 56357 Oelsberg<br />
zum 80. Geburtstag<br />
Herrn Aribert Schäfer<br />
04.01.1928<br />
Driescheider Weg 31 · 57610 Altenkirchen<br />
Herrn Herbert Reiss<br />
10.01.1928<br />
Deidesheimer Str. 23 · 67067 Ludwigshafen<br />
Herrn Richard Schuch<br />
15.01.1928<br />
Sponheimer Weg 2 · 55765 Birkenfeld<br />
Herrn Heinz R. Anhäusser<br />
21.01.1928<br />
Goethestr. 15 · 67435 Neustadt<br />
Herrn Werner Kast<br />
25.01.1928<br />
Friesenstr. 10 · 67063 Ludwigshafen<br />
Frau Annelies Reichenauer<br />
31.01.1928<br />
Pestalozzistr. 28 · 56567 Neuwied<br />
zum 85. Geburtstag<br />
Herrn Alfred Schank<br />
15.01.1923<br />
Donnersbergstr. 3 · 67294 Morschheim<br />
zum 86. Geburtstag<br />
Herrn Karl Korn<br />
28.01.1922<br />
Goethestr. 8 · 76870 Kandel<br />
zum 88. Geburtstag<br />
Herrn Fritz Schröder<br />
08.01.1920<br />
Horchheimer Höhe 20 · 56076 Koblenz<br />
Frau Else Closs<br />
26.01.1920<br />
Friedhofstr. 25 · 66903 Altenkirchen<br />
… im Februar 2008<br />
Der Landesvorstand<br />
zum 70. Geburtstag<br />
Herrn Karl Werner Schwöbel<br />
07.02.1938<br />
Theodor-Heuss-Str. 18 · 67592 Flörsheim-Dalsheim<br />
Herrn Bernd Haas<br />
13.02.1938<br />
An der Kirche 11 · 67271 Obersülzen<br />
Herrn Ernst Otto Albrecht<br />
13.02.1938<br />
Hermann-Löns-Str. 9 · 57610 Altenkirchen<br />
Herrn Günter Ertel<br />
19.02.1938<br />
Schalmengässel 2 · 76829 Landau<br />
Herrn Marvin Ziegenhagel<br />
21.02.1938<br />
Holunderweg 9 · 55128 Mainz<br />
Herrn Manfred Lorenz<br />
27.02.1938<br />
Neubergstr. 2b · 76887 Bad Bergzabern<br />
24<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
ALTER & RUHESTAND<br />
zum 75. Geburtstag<br />
Herrn Tony Heymann<br />
19.02.1933<br />
Hauptstr. 20 · 56370 Eisighofen<br />
Herrn Daniel Chatziiliadis<br />
23.02.1933<br />
Kurze Str. 1 · 67063 Ludwigshafen<br />
zum 80. Geburtstag<br />
Herrn Karl Andre<br />
11.02.1928<br />
Kirchstr. 14 · 76833 Knöringen<br />
Frau Gertrud Schläfer<br />
23.02.1928<br />
Rud.-Diesel-Str. 5 · 67657 Kaiserslautern<br />
Herrn Paul Schrupp<br />
29.02.1928<br />
Kneippstr. 1 · 65549 Limburg<br />
zum 85. Geburtstag<br />
Herrn Helmut Guthmann<br />
11.02.1923<br />
Spelzengasse 14 · 65474 Bischofsheim<br />
zum 87. Geburtstag<br />
Herrn Johannes Rempel<br />
23.02.1921<br />
Büchnerallee 16 · 55127 Mainz<br />
Der Landesvorstand<br />
BUNDESSENIORENAUSSCHUSS TAGTE IN FULDA<br />
Zum zweitägigen Herbsttreffen hatte BundesseniorInnenvorsitzender<br />
Hans Parnickel die Vertreter der 16 Bundesländer<br />
ins Kloster Frauenberg nach Fulda eingeladen.<br />
Am ersten Tag war es Anne Jenter, Leiterin des VB Frauen<br />
im Bund und zuständig für Seniorenarbeit, die in ihrem<br />
Beitrag eine Auswertung des Seniorentags 2007 in Halle<br />
vornahm, Anstöße für Anträge an den Gewerkschaftstag<br />
gab und in der Satzung verankerte Seniorentage alle 4<br />
Jahre forderte.<br />
Die LandesseniorenvertreterInnen berichteten über die<br />
Situation der SeniorInnen in ihren Landesverbänden und<br />
unterstrichen die Forderung nach Berücksichtigung der<br />
Senioren beim Bundesgewerkschaftstag mit mindestens<br />
je einem Delegierten pro Bundesland. Edmund Theiß<br />
konnte darauf verweisen, dass in dem relativ kleinen LV<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bereits seit Jahren diese Regelung in<br />
Satzung und Geschäftsordnung festgelegt ist und die SeniorInnen<br />
seines Landesverbands auf allen Ebenen in den<br />
Satzungsgremien mit vollem Stimmrecht vertreten sind.<br />
In den Berichten aus den Landesverbänden zeigten sich<br />
aber auch die negativen Folgen der Föderalismusreform<br />
für unser Bundesland. Diesem Zustand entgegenzuwirken<br />
diente auch die Demonstration am 23.10.2007 in<br />
Mainz, bei der vor allem GdP und <strong>GEW</strong> den Hauptteil<br />
der TeilnehmerInnen stellten.<br />
Tipps zur Ernährung von SeniorInnen<br />
Obst und Gemüse à la Saison:<br />
Wann ist Birnenzeit? Wie bereite ich Pastinaken zu? Die<br />
Verbraucherzentralen haben eine CD-Rom herausgegeben<br />
mit 82 Porträts einheimischer Obst- und Gemüsesorten,<br />
einem Überblick über Anbauregionen, Erntezeiten<br />
und Nährwerte sowie 999 Rezepten.<br />
Erhältlich bei den Verbraucherzentralen sowie unter<br />
www.vzbv.de/shop; 14,90 Euro<br />
Familie in Form:<br />
Gesunde Ernährung beginnt zu Hause. Deswegen hat die<br />
Autorin 170 einfache Rezepte zusammengestellt, mit de-<br />
Was die Umstellung des „Dialogs“ auf acht Seiten in der<br />
E&W der Novemberausgabe angeht, so forderte Anne<br />
Jenter dazu auf, nicht nur die Beiträge zu kritisieren,<br />
sondern die neue Form positiv zu begleiten. Bei der<br />
Terminplanung für 2008 wurde vereinbart, dass die<br />
TeilnehmerInnen für Potsdam einen Eigenanteil leisten,<br />
um die Tagung realisieren zu können.<br />
Am zweiten Tag war die Referentin im Hauptvorstand der<br />
<strong>GEW</strong>, Frauke Gützkow, angereist und war bei den Themen<br />
BSA im Internet, Aktivitäten der BAGSO, DGB-Seniorenpolitik<br />
sowie Mitgliederbindung eine kompetente<br />
Ansprechpartnerin. Zum Schluss der Sitzung referierte<br />
Petra Grundmann vom VB Finanzen beim HV über die<br />
Beitragsordnung der <strong>GEW</strong>. Da durch die Föderalismusreform<br />
keine gemeinsame Besoldungsordnung und -tabelle<br />
mehr möglich ist, wird so verfahren, dass Mitglieder im<br />
Ruhestand wie bisher 63% vom Vollbeitrag oder 0,66%<br />
der Bruttobezüge als Beitrag zu entrichten haben.<br />
Den aktiven und ehemaligen Mitgliedern unseres Landesseniorenausschusses<br />
der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> danke ich<br />
für 15 Jahre konstruktive Zusammenarbeit und wünsche<br />
ihnen sowie allen anderen Ruheständlern und ihren Familien<br />
ein frohes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch ins neue<br />
Jahr sowie Gesundheit und Zufriedenheit für 2008.<br />
Edmund Theiß<br />
nen Familien ihren Ernährungsplan umstellen können<br />
und gibt Tipps zur Ernährung im Allgemeinen.<br />
Dagmar von Cramm, Stiftung Warentest, 224 Seiten,<br />
19,90 Euro<br />
Einkaufshilfe Fisch:<br />
Angsichts der Überfischung der Meere sollten Verbraucher<br />
überlegen, welchen Fisch sie auftischen. Der World<br />
Wild Fund for Nature bewertet Fischarten nach den<br />
Kriterien annehmbar, bedenklich und bedrohlich und<br />
gibt eine Einkaufshilfe. www.wwf.de/fisch<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
25
NACHRUF<br />
Wir trauern um<br />
FRIEDEL DERSCHEIDT<br />
Die Kolleginnen und Kollegen in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sind tief erschüttert von der<br />
Nachricht von Friedels Tod. Trotz ihrer schweren Krankheit, die für sie unsägliche Schmerzen und körperliche<br />
Beeinträchtigungen bedeuteten, hat sie bis vor kurzem aktiv und engagiert in der <strong>GEW</strong> mitgearbeitet und<br />
Dinge vorangebracht. Dass sie jetzt so schnell von uns gegangen ist, ist für uns alle unfassbar und macht uns<br />
tief betroffen.<br />
Friedel war über viele Jahre hinweg mit großer innerer Überzeugung und Leidenschaft in der <strong>GEW</strong> aktiv. Sehr<br />
früh hat sie sich für die Überwindung des gegliederten Schulwesens eingesetzt. Sie war Vorsitzende der <strong>GEW</strong>-<br />
Fachgruppe Gesamtschulen sowohl auf der Landes- als auch auf der Bundesebene. In diesen wichtigen Funktionen<br />
hat sie mutig und mit großer Beharrlichkeit den Aufbau und den Ausbau der Integrierten Gesamtschulen<br />
vorangetrieben. Ihre Ideen und Initiativen im Bereich der systemischen und demokratischen Schulentwicklung<br />
an Gesamtschulen waren in der Bundesrepublik richtungsweisend und sind noch heute beispielhaft.<br />
Die Herausgabe der ersten rheinland-pfälzischen IGS-Broschüre - ein Gemeinschaftsprojekt von GGG, <strong>GEW</strong><br />
und DGB - haben wir ihrer maßgeblichen Arbeit und ihrem großen Einsatz zu verdanken.<br />
Sie hat sich in dieser Zeit aber auch in alle anderen bildungs- und gesellschaftspolitischen Diskussionen innerhalb<br />
der <strong>GEW</strong>-Gremien aktiv eingemischt. Mit bewundernswerter Geradlinigkeit, Klarheit und Standfestigkeit<br />
ist sie für ein humaneres Schulsystem und für eine bessere und demokratischere Gesellschaft eingetreten.<br />
Durch ihre positiv streitbare, aber auch integrierende Art war ihre Gremienarbeit geprägt von optimistischem<br />
Klima und persönlicher Verbundenheit.<br />
In den späteren Jahren hat sie sich für ihre Ziele - sehr konkret - in der rheinland-pfälzischen Lehrerfortbildung<br />
und als Schulleitungsmitglied engagiert. Ihre schreckliche Erkrankung hat ihre aktive Zeit im Schuldienst jäh<br />
beendet.<br />
Trotz ihrer Erkrankung, die ihr so viel Energien abverlangte, hat sie sich in der <strong>GEW</strong> immer wieder aktiv eingebracht.<br />
Ihr letztes großes Engagement galt der von der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> gerade erst herausgegebenen<br />
neuen IGS-Broschüre. Sie steht unter dem Motto „Gemeinsam lernen in EINER Schule für ALLE“. Ihrer Beharrlichkeit<br />
haben wir es zu verdanken, dass sie im August 2007 erscheinen konnte und überall dort hilfreiche<br />
Unterstützung gibt, wo sich <strong>GEW</strong>-Kolleginnen und Kollegen und IGS-Initiativen für den Ausbau und<br />
die Weiterentwicklung der Integrierten Gesamtschulen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> engagieren.<br />
Friedel, wir in der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> wollen uns große Mühe geben, diese Ziele in deinem Sinne weiter<br />
voran zu bringen. Dass wir deine Beharrlichkeit erleben konnten, soll uns dabei Mut und Kraft geben.<br />
Tilman Boehlkau Sylvia Sund Sybilla Hoffmann<br />
Vorsitzender der Stellv. Vors. der Stellv. Vors. der<br />
<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
26<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
BRIEFE AN DIE REDAKTION / TIPPS + TERMINE<br />
ZU LASTEN DER ARBEITENDEN MENSCHEN<br />
Betr: <strong>GEW</strong>-Zeitung 10 / 11: Lehrkräfte für engere Zusammenarbeit<br />
mit Wirtschaft<br />
Die seinerzeit von H. Kohl angedrohte „geistig-moralische<br />
Wende“ hat unsere Gesellschaft zu Lasten<br />
der arbeitenden Menschen grundlegend verändert.<br />
Beispiel dafür: „Lehrkräfte für engere Zusammenarbeit<br />
mit Wirtschaft“, ein mit „pm“ gezeichneter<br />
Beitrag in der Nr.10/11 07 der <strong>GEW</strong>-Zeitung, der über<br />
die Forsa-Umfrage im Auftrag des Unternehmensnetzwerks<br />
Wissensfabrik informiert, ganz „unparteiisch“, wie sich das<br />
für eine Gewerkschaftspublikation gehört.<br />
Ein Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch<br />
GmbH und Gründungsmitglied des o.a. Netzwerks begrüßt,<br />
dass „beide Seiten (Schule und Wirtschaft) die Schüler fit<br />
für die Zukunft machen“, so als ob beider Ziele identisch<br />
seien. 49% (also weniger als die Hälfte immerhin, zur<br />
Ehrenrettung der Pädagogen sei‘s gesagt) möchten, dass<br />
„sich Unternehmen an der Vermittlung wirtschaftlichen<br />
Verständnisses beteiligen sollten“ Würden Schüler sonst<br />
doch ganz anders über Massenentlassungen, Lohnkürzung,<br />
WIE IN DER PRAXIS DER KITAS<br />
Betr.: <strong>GEW</strong> -Zeitung 7-8 / 07, „Reformflop ErzieherInnenausbildung“<br />
Der Tenor des Beitrags zur ErzieherInnenausbildung erinnert<br />
mich stark an das, was sich auch in der Praxis der Kitas<br />
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<br />
Arbeitszeitverlängerung oder Arbeitsplatzverlagerung - alles<br />
bei Gewinnexplosionen und Champagnerstimmung in den<br />
Vorstandsetagen - denken. Ganz deutlich aber wird die<br />
Zielrichtung solcher Schule-und- Wirtschaft-Kooperation,<br />
wenn Dr. Martina von Deessen, Vorstandsvorsitzende der<br />
Wissensfabrik, erläutert: „Wir setzen dabei auf die pädagogische<br />
Kompetenz der Lehrer, die UNSERE Projekte Tag<br />
für Tag im Unterricht einsetzen“. Sind das auch unsere pädagogischen,<br />
gar gewerkschaftlich-emanzipatorischen Ziele?<br />
Wären Unternehmen ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend<br />
steuerlich belastet, müsste sich die Bildung nicht von fragwürdigen<br />
Sponsoren wie der Wissensfabrik u.ä. aushalten<br />
lassen, und die Gesellschaft könnte entscheiden, welche Ziele<br />
sie mit der Bildung verfolgt.<br />
Es gab einmal eine Zeit - vor Kohl -, da gehörten Arbeitskreise<br />
„Gewerkschaft und Schule“ zu den Kooperationspartnern<br />
von Schulen. Heute ist „wirtschaftliches Verständnis“<br />
angesagt, also Schnäppchenmentalität, RTL und alternativlose<br />
Hinnahme der Entscheidungen der wirtschaftlich<br />
Mächtigen. Wie wohltuend C. Butterwegge auf S. 3, der<br />
fordert, „dem neoliberalen „Umbau“- Projekt durch mehr<br />
(gewerkschafts)-politisches Engagement für eine andere<br />
Gesellschaftsordnung und eine neue Kultur der Solidarität<br />
zu begegnen“.<br />
Herbert Wolf, F - 47170 Mézin<br />
nach den ständigen Bildungsinitiativen unserer Landesregierung<br />
tut.<br />
Ich zitiere einfach: 1. Die Reform hat vieles zerstört, was wir<br />
in den Jahren zuvor aufgebaut haben. 2. Der bürokratische<br />
Aufwand hat sich erhöht. 3. Die Empfehlungen ignorieren<br />
die Bedingungen der Kitas, sie erzeugen einen enormen<br />
bürokratischen Aufwand, unter dem die pädagogische Praxis<br />
leidet. 4. Im Team beschäftigen wir uns ausschließlich mit<br />
organisatorischen Abläufen. Über Pädagogik haben wir uns<br />
seitdem kaum unterhalten.<br />
Es stellt sich wohl die Frage: Ist das gewollt oder wissen sie<br />
nicht, was sie tun?<br />
Waltraud Anheier, Erzieherin,<br />
56218 Mülheim-Kärlich<br />
Weiterbildungsstudium<br />
Europäische Migration<br />
Ein Wettkampf um Integration?<br />
Die Bildungssituation von Kindern und Jugendlichen<br />
mit Migrationshintergrund im Bundesländervergleich<br />
22./23.01.2008, 10.00 - 17.30 Uhr<br />
Anmeldeschluss: 02.01.2008<br />
Seminarnummer: 20070072<br />
Leitung: Gisela Apitzsch, Evangelisches Dekanat<br />
Mainz<br />
Themenschwerpunkt: 4<br />
Ort: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Weiterbildungszentrum<br />
8<br />
<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
27
TIPPS + TERMINE<br />
EIN IDEALES WEIHNACHTSGESCHENK FÜR KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN<br />
Cartoons, Karikaturen, Zeichnungen von Peter Baldus<br />
Über 130 Zeichnungen zur neueren Entwicklung unseres<br />
Bildungs- und Schulsystems präsentiert der Karikaturist<br />
Peter Baldus, den Lesern dieser Zeitung seit vielen Jahren<br />
bekannt, in seinem neuesten Band „Sind wir noch<br />
zu retten?“. Besonders kritisch setzen sich die meist<br />
bissigen, aber auch menschlich-tröstlichen Cartoons mit<br />
dem bundesweit um sich greifenden Trend zu Kontrolle<br />
und Überprüfung von Schule und Schülern auseinander.<br />
„Soziales Lernen“ und „Chancengleichheit“ gelten weithin<br />
als bildungspolitische Auslaufmodelle; neoliberale<br />
Steuerungstechniken des „Qualitätsmanagements“ sind<br />
an ihre Stelle getreten in der „eigenverantwortlichen“,<br />
„selbstständigen“ oder „autonomen“ Schule.<br />
Auch wenn Schulisches klar dominiert, so hat dieser Karikaturenband<br />
noch andere gesellschaftliche, wirtschaft-<br />
liche und politische (Fehl-)Entwicklungen satirisch im<br />
Fadenkreuz. Insofern zielt er nicht nur auf Lehrerinnen<br />
und Lehrer, sondern ist natürlich auch für den „interessierten<br />
Laien“ eine vergnügliche und nachdenklich<br />
stimmende Lektüre.<br />
Der Band im DIN-A-4-Format kostet 10.-Euro (zzgl.<br />
Versand) und ist bei folgender Adresse bestellbar: <strong>GEW</strong>-<br />
KV Diepholz c/o Ilse Lange, Imhorst 2, 27339 Riede; per<br />
Fax 04294-795879 oder per E-Mail: erwin.eimer@gmx.<br />
de. Bei Abnahme größerer Kontingente werden Sonderpreise<br />
gewährt: ab 10 Exemplare: 9.-Euro, ab 100<br />
Exemplare ( z.B. für Ehrungen, Mitgliederwerbung etc.)<br />
sogar nur 8.-Euro pro Band. Hinzu kommen jeweils die<br />
Versandkosten.<br />
LEHRERSKIND<br />
Unsere langjährige <strong>GEW</strong>-Kollegin Jule Elfert-Jacobi lebt<br />
als Malerin und pensionierte Förderschullehrerin in einer<br />
alten Mühle bei Mainz. Eine inspirierende Umgebung<br />
anscheinend, denn nun hat sie auch ein Büchlein im<br />
Rheinlese Verlag veröffentlicht. Einfühlsam und sprachlich<br />
eloquent beschreibt sie darin ihr „neues Leben“<br />
nach der Zeit als Lehrkraft. Unterbrochen werden diese<br />
tagebuchartigen Passagen durch Erinnerungen an die<br />
Kindheit als „Lehrerskind“, wie der Band auch heißt. Sehr<br />
treffend dazu im Cover: „Kostbaren Perlen gleich blitzen<br />
Kindheitserinnerungen der Autorin in ihrem kleinen<br />
Herbsttagebuch auf. Unterwegs in der rheinhessischen<br />
Landschaft um ihr Zuhause fügen sich für sie Vergangenes<br />
und Gegenwärtiges zu einem neuen Lebensrhythmus<br />
zusammen.“<br />
Fazit: Ein schönes kleines Geschenk, das richtig gut bei<br />
KollegInnen und FreundInnen unter den Weihnachtsbaum<br />
passt.<br />
gh<br />
<strong>GEW</strong>-HANDBUCH<br />
JETZT AUCH ALS CD!<br />
Das <strong>GEW</strong>-Handbuch für Lehrerinnen und Lehrer mit über<br />
100 Rechtsvorschriften, angefangen von der Abiturprüfungsordnung<br />
über die Lehrkräftearbeitszeitverordnung, Schulgesetz<br />
und Schulordnungen, Teilzeitbeschäftigung oder Unterrichtsorganisation<br />
und vieles mehr, gibt es jetzt auf neuestem Stand<br />
auch als CD.<br />
Preis für Mitglieder:<br />
Preis für Nichtmitglieder:<br />
8,00 Euro zzgl. Versand<br />
20,00 Euro zzgl. Versand<br />
Jule Elfert-Jacobi: Lehrerskind, Rheinlese Verlag, Ingelheim,<br />
65 S., 7,95 , Bezug: rheinleseverlag@aol.com<br />
LESEPETER<br />
Im Dezember 2007 erhält<br />
den LesePeter das Sachbuch:<br />
Barbara Stieff<br />
Träume ernten - Hundertwasser für Kinder<br />
München. Prestel 2007,<br />
96 Seiten, 19,95 Euro, ab 8 Jahren<br />
Hier ist nicht nur ein Buch über den bekannten Maler<br />
Friedensreich Hundertwasser gelungen, sondern es ist<br />
auch ein Buch, das Kindern viel Weises erzählt über das<br />
Leben, die Liebe zur Natur, über Schönheit und über das<br />
Glücklichsein. Und es regt lebendig ganz konkret zum<br />
fröhlichen Schaffen an.<br />
Im Januar 2008 erhält den LesePeter das Bilderbuch:<br />
Wolf Erlbruch<br />
Ente, Tod und Tulpe<br />
München: Kunstmann 2007<br />
32 Seiten, geb.,14,90 Euro<br />
für alle Altersstufen<br />
Es gibt einige Bücher über den Tod, auch Bilderbücher,<br />
aber wohl bis jetzt keins über das Sterben. Erlbruch<br />
gelingt sowohl für Kinder als auch für Erwachsene (je<br />
auf einer adäquaten Ebene) eine Versöhnung mit dem<br />
Tod. Wunderbare Bilder erleichtern den Weg. Wenn<br />
man wirklich dereinst so sterben könnte!<br />
28<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
TIPPS + TERMINE<br />
BÜCHERTIPPS VON ANTJE FRIES<br />
Hörenswert<br />
In der Reihe „Weltliteratur für Kinder“, in der Barbara<br />
Kindermann im Beltz-Verlag große Werke neu erzählt,<br />
gibt es jetzt Götz von Berlichingen als Hörbuch. Armin<br />
Rohde ist der Glücksgriff schlechthin: Alle Rollen liest<br />
er passend, gespannt lauscht auch der letzte jugendliche<br />
Goethe-Skeptiker. Auch für die Grundschule schon absolut<br />
hörenswert!<br />
Na gut, nicht alle Schimpfwörter aus dem „Schrecken der<br />
Ozeane“ sollten in den Grundwortschatz übernommen<br />
werden, aber an sich ist die sprachliche Opulenz des Werks<br />
von Leuw von Katzenstein schon beeindruckend. Als Hörbuch<br />
umfasst es vier CDs und eine weitere mit rotzfrechen<br />
Piratensongs, insgesamt über sechs Stunden Piraterie vom<br />
Feinsten: Die fantasievollen Geschichten um Buckelbert<br />
Hansen und seine Seeräuberkollegen Albert den Albernen<br />
und Robert die Rotznase faszinierten sämtliche GrundschülerInnen<br />
schon als Buch, und als szenische Lesung<br />
mit Rainer Strecker, Wolfgang Niedecken und anderen<br />
bekannten Stimmen können sich die Frühstückspausen<br />
wochenlang in die Südsee verlegen lassen.<br />
Götz von Berlichingen. Vorgelesen von Armin Rohde. CD<br />
51 Minuten, ISBN 978-3-939375-28-9<br />
Der Schrecken der Ozeane. Hörbuch mit 5 CDs, ISBN<br />
978-3-935036-88-4<br />
Wortschatz für den Kindergarten<br />
Das „Kindergarten-Wörterbuch“ vom DUDEN-Verlag<br />
beinhaltet die 3000 wichtigsten deutschen Wörter und<br />
Redewendungen, um schon im Vorschulalter gezielte<br />
Sprachförderung zu betreiben. Gleichzeitig ist es aber auch<br />
Bilder- und Vorlesebuch mit den drei Kindern Ole, Marie<br />
und Zeki als Hauptpersonen, das thematisch geordnet<br />
(Wenn ich krank bin, Bauernhof, Einkaufen...) entdecken<br />
und üben lässt. In drei verschiedenen Lernstufen, die<br />
farblich markiert sind, werden die Kinder schrittweise an<br />
die insgesamt sechzehn Themen herangeführt. Ebenfalls<br />
so gegliedert sind Spielanregungen zu jedem Thema.<br />
Ratgeber für Eltern und Checklisten zum sinnvollen<br />
Unterstützen des Kindes runden das Buch ab.<br />
Das Kindergarten-Wörterbuch. Mannheim 2007. 192<br />
Seiten, 9,95 Euro. ISBN 978-3-411-73021-6<br />
Studienreisen / Klassenfahrten<br />
8-Tage-Busreise z.B. nach<br />
WIEN ÜF 192,-- €<br />
BUDAPEST ÜF 192,-- €<br />
LONDON ÜF 254,-- €<br />
PRAG ÜF 199,-- €<br />
PARIS ÜF 224,-- €<br />
10-Tage-Busreise z.B. nach<br />
SÜDENGLAND Ü 213,-- €<br />
TOSKANA Ü 202,-- €<br />
SÜDFRANKREICH Ü 230,-- €<br />
(Unterbringung in<br />
Selbstversorgerunterkünften)<br />
ROM ÜF 238,-- €<br />
Alle Ausflugsfahrten inklusive.<br />
Flug- und Bahnanreise sowie andere Ziele (z.B. Ferienparks<br />
in den Niederlanden oder Belgien) auf Anfrage möglich!<br />
REISEBÜRO KRAUSE GMBH · MÜNSTERSTR. 55a · 44534 LÜNEN<br />
Tel: 0 23 06/7 57 55-0 · Fax: 0 23 06/7 57 55-49 · E-Mail: info@rsb-krause.de<br />
www.rsb-krause.de<br />
Geschichte miterleben<br />
Für SchülerInnen ab 12 Jahren ist „Abenteuer Weltgeschichte“<br />
von Ulli Kulke gedacht: Zwanzig für die<br />
Menschheit entscheidende Ereignisse werden spannend<br />
und verständlich erzählt. Viele Bilder, Zitate und Kästen<br />
mit „Wissen spezial“ erweitern ein buntes Angebot, das<br />
Lust auf Geschichte macht. Und das von der Steinzeit bis<br />
zum 11. September!<br />
Für die gleiche Altersstufe und auch hier wieder in Zusammenarbeit<br />
mit dem Jugend-Brockhaus ist „Geniale<br />
Denker und clevere Tüftler“. Hier werden zwanzig Bahn<br />
brechende Erfindungen vorgestellt, die das Leben der<br />
Menschen nachhaltig beeinflussten, so etwa die Entdeckung<br />
des Feuermachens, Kompass, Buchdruck,, Telefon<br />
und Auto. Aber auch die Kernspaltung und Weltraumforschung<br />
finden ihren Platz im interessanten Werk, das<br />
umfassend bebildert ist und zudem gute Kurz-Rückblicke<br />
über historische Verfahren, Geschehnisse und Personen<br />
bietet.<br />
Ulli Kulke: Abenteuer Weltgeschichte. Weinheim 2007.<br />
176 Seiten, 16,95 Euro. ISBN 978-3-407-75328-1<br />
Bernd Flessner: Geniale Denker und clevere Tüftler.<br />
Weinheim 2007. 176 Seiten, 16,95 Euro. ISBN 978-3-<br />
407-75329-8<br />
Bücherspalte<br />
<strong>GEW</strong>-Handbuch für Lehrerinnen und<br />
Lehrer<br />
4. Auflage1998 Loseblattausgabe -<br />
Gesamtwerk mit Spezialordner<br />
8. überarbeitete Fassung<br />
Stand: Januar 2007<br />
Das rund 1.400 Seiten starke Werk enthält alle wichtigen<br />
Gesetze und Verwaltungsvorschriften für den<br />
Schulbereich in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />
Mitglieder: Euro 23,00<br />
Nichtmitglieder: Euro 32,00 zzgl.Porto<br />
<strong>GEW</strong>-Handbuch: JETZT AUCH als CD!<br />
Das <strong>GEW</strong>-Handbuch für Lehrerinnen und Lehrer<br />
mit über 100 Rechtsvorschriften, angefangen von der<br />
Abiturprüfungsordnung über die Lehrkräftearbeitszeitverordnung,<br />
Schulgesetz und Schulordnungen, Teilzeitbeschäftigung<br />
oder Unterrichtsorganisation und vieles mehr,<br />
gibt es jetzt auf neuestem Stand auch als CD.<br />
Preis für Mitglieder: 8,00 Euro zzgl. Versand<br />
Preis für Nichtmitglieder: 20,00 Euro zzgl. Versand<br />
Bestellungen an:<br />
<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Neubrunnenstr. 8 · 55116 Mainz<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
29
KREIS + REGION<br />
Kreis Trier<br />
Studienfahrt nach Luxemburg<br />
Die Stadt Luxemburg - unter Einbeziehung der gesamten Großregion<br />
- trägt in diesem Jahr den Titel Kulturhauptstadt Europas.<br />
Grund für die <strong>GEW</strong> Trier, eine Studienfahrt nach Luxemburg<br />
anzubieten. Das Angebot fand großes Interesse, und so konnte die<br />
Reise losgehen.<br />
Alle waren bester Laune, wozu auch das wunderschöne Spätsommerwetter<br />
an diesem Tag beitrug.<br />
In Luxemburg besuchten wir zunächst das Musée d‘Art Moderne,<br />
kurz Mudam genannt.<br />
Das Museum ist ein sehenswerter moderner Gebäudekomplex,<br />
entworfen von dem chinesisch-amerikanischen Architekten Pei.<br />
Allein ein Gang durch die offenen, Licht durchfluteten Räume<br />
lohnt sich. Hinzu kommen die Exponate, häufig Auftragsarbeiten,<br />
die den Räumlichkeiten angepasst werden können. Die derzeitige<br />
Ausstellung heißt „ Tomorrow Now - when design meets fiction“.<br />
Die Exponate thematisieren die Beziehung zwischen Mensch und<br />
Technik, und man kann bzw. soll sie verstehen als eine Art Zeitreise<br />
in eine bereits existierende Zukunft. So zum Beispiel die in<br />
der Haupthalle des Museums ausgestellte fliegende Untertasse, in<br />
Wirklichkeit ein Modulhaus aus Plastik für 8 Personen.<br />
Zu den ständigen Exponaten gehört eine kleine Kapelle, aus<br />
künstlerischer und handwerklicher Sicht ein Meisterwerk. Die<br />
Glasfenster stellen nicht die gewohnten biblischen Szenen dar,<br />
sondern sind kunstvoll angeordnete Röntgenaufnahmen menschlicher<br />
Körperteile.<br />
Nach einer längeren Mittagspause begann dann ein Stadtrundgang<br />
mit Führung. Interessant waren nicht nur die Sehenswürdigkeiten<br />
(Plätze, Kathedrale, Regierungsgebäude, Kasematten, tolle Ausblicke<br />
vom Chemin de la Corniche in den Grund, den unteren Teil<br />
der Stadt, romantische Gassen und der Fischmarkt im Zentrum<br />
der Altstadt), sondern auch die Informationen zur Geschichte<br />
der Stadt Luxemburg und zu ihrer derzeitigen Rolle im Zentrum<br />
Europas. Über viele Jahrhunderte war die Stadt mehr oder weniger<br />
eine ummauerte Festung, heute, befreit vom Korsett der Festungsgürtel,<br />
ist sie eine prosperierende, weltoffene und multikulturelle<br />
Stadt. Unserer Gästeführerin gelang es, uns etwas von dem grenzenlosen<br />
Charme ihres Landes und der dort lebenden Menschen<br />
zu vermitteln.<br />
Die Studienfahrt der <strong>GEW</strong> Trier war in jeder Hinsicht gelungen,<br />
einmal wegen des kulturellen Programms, aber auch wegen der<br />
Gesprächsgelegenheiten der Teilnehmer untereinander. Ein besonderer<br />
Dank geht an Henny Weber, die Kreisvorsitzende, die diese<br />
Veranstaltung organisierte und dadurch möglich machte.<br />
Hajo Arend<br />
Kreis Rhein-Lahn<br />
Neue LehrerInnenbildung<br />
Interessierte TeilnehmerInnen waren der Einladung des <strong>GEW</strong>-<br />
Kreisverbandes Rhein-Lahn nach Nassau gefolgt, um sich über die<br />
neue LehrerInnenbildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> informieren zu lassen.<br />
Das Mitglied des Hauptpersonalrates, Klaus-Peter Hammer, führte<br />
in die Grundzüge der Reform ein und betonte, dass Theorie und<br />
Praxis der Lehrkräfte-Arbeit im Studium eng verzahnt werden soll.<br />
Im sechssemestrigen Grundstudium liegt der Schwerpunkt auf zwei<br />
Fächern und dem Fach Bildungswissenschaft, wofür durch die Kultusministerkonferenz<br />
Standards festgelegt worden sind. Durch diese<br />
Standards wird beschrieben, welche Kompetenzen die angehenden<br />
Lehrkräfte im Laufe des Studiums erwerben und erreichen sollen.<br />
Dem Grundstudium, das mit dem Bachelor abschließt, folgt der<br />
lehramtsbezogene Masterstudiengang, der je nach Lehramt zwei, drei<br />
oder vier Semester umfasst. Nach dem Erwerb des Masters folgt die<br />
Zweite Phase der Lehrerausbildung von fünfzehn Monaten.<br />
An den Universitäten Koblenz-Landau und Kaiserslautern begann<br />
die neue Lehrerausbildung mit dem Wintersemester dieses Jahres.<br />
Die Universitäten Mainz und Trier werden im nächsten Wintersemester<br />
folgen.<br />
Nach dem ersten Semester folgt - von der Universität und den<br />
Studienseminaren vorbereitet - um die Osterferien 2008 das erste<br />
orientierende Praktikum von zehn Tagen an einer Schule. Dabei<br />
erkunden die Studierenden, angeleitet durch eine umfangreiche<br />
Aufgabensammlung, die verschiedenen Aspekte der Lehrkräftearbeit<br />
und dokumentieren ihre Ergebnisse.<br />
Über ein Internet-Portal melden die Schulen, in welchen Zeiträumen<br />
sie wie viele Praktikumsplätze zur Verfügung stellen. Die Studierenden<br />
können im Rahmen der Angebote über das Portal die Schule<br />
selbst auswählen, an der sie ihr Praktikum durchführen wollen.<br />
Sie werden an der Schule unterstützt durch Lehrkräfte, die sich<br />
auf diese Betreuungsaufgabe durch eine mehrtägige Weiterbildung<br />
qualifizieren können.<br />
Die von den Studierenden gesammelten Eindrücke und Fragestellungen<br />
fließen in die Universität zurück und beeinflussen so das<br />
theoriegeleitete Studium.<br />
Nach dem zweiten Semester folgt das zweite orientierende Praktikum<br />
in einer anderen Schulart und nach dem dritten Semester das dritte<br />
orientierende Praktikum.<br />
Diese Begegnungen mit der schulischen Wirklichkeit in verschiedenen<br />
Schularten wird dazu dienen zu entscheiden, ob die Eignung<br />
für den angestrebten Beruf der Lehrkraft deutlich erkennbar ist. Im<br />
Laufe des Studiums folgen vertiefende Praktika und in der Masterphase<br />
Fachpraktika<br />
Die Teilnehmerinnen kritisierten, dass das Masterstudium nicht<br />
durchgängig viersemestrig angelegt ist und dass versäumt wurde,<br />
die Zahl der Lehrämter deutlich zu reduzieren. Man sieht die<br />
Notwendigkeit, ein Lehramt zu schaffen mit Schwerpunkten in<br />
den Alterstufen der Schülerinnen und Schüler. Sie verabredeten,<br />
sich weiter mit der neuen LehrerInnenbildung zu befassen, um die<br />
Reform konstruktiv und kritisch zu begleiten.<br />
Dieter Ross<br />
30<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007
KREIS + REGION / IMPRESSUM<br />
Kreis Bad Kreuznach<br />
Fast alle Bildungsbereiche vertreten<br />
Ernst Eggers, Lehrer am Wirtschaftsgymnasium in Bad Kreuznach<br />
und Fachleiter Mathematik/Physik am Studienseminar BBS Mainz,<br />
bleibt weiterhin Kreisvorsitzender der <strong>GEW</strong> Bad Kreuznach. Er<br />
wurde in der außerordentlichen Mitgliederversammlung der <strong>GEW</strong><br />
Bad Kreuznach am 24. September einstimmig wieder gewählt. Unterstützt<br />
wird er zukünftig von der neu gewählten Stellvertreterin<br />
Adelheid Bauer, die ihre vielfältigen Kenntnisse und Erfahrungen in<br />
mehreren Bereichen der Bildungsgewerkschaft in die Vorstandsarbeit<br />
einbringen wird. Sie hat nicht nur ein Studium für das Lehramt,<br />
sondern auch eine Erzieherinnenausbildung absolviert und war<br />
mehrere Jahre in Kindertagesstätten und in der Sozialarbeit tätig.<br />
Für die Sozialarbeit wird sie sich auch weiterhin engagieren. Dem<br />
geschäftsführenden Vorstand gehören noch Volker Schoeffel (Rechner)<br />
und Inge Müller (Schriftführerin) an.<br />
Ergänzt wird der geschäftsführende Vorstand durch die kommissarisch<br />
eingesetzten und in der Mitgliederversammlung bestätigten<br />
Fachgruppensprecher/innen: Marianne Benninghoven (Grundschule/Schwerpunktschule),<br />
Uli Gallon (Förderschule), Hanspeter<br />
Straub (Integrierte Gesamtschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium),<br />
Walter Rohrbacher (Berufsbildende Schule), Adelheid<br />
Bauer (Sozialpädagogen), Siegfried Kloss (Senioren/Seniorinnen)<br />
und Elisabeth Orth-Jung (Frauen) bestätigt. Erfreulich ist, dass die<br />
Betreuung der Senioren und Seniorinnen nach mehreren Jahren<br />
Vakanz wieder gesichert ist.<br />
Auch in der neuen Amtsperiode will die <strong>GEW</strong> Bad Kreuznach<br />
wieder interessante Fortbildungen auf die Agenda setzen. Geplant<br />
sind bereits zwei Angebote: Am 20. November 2007 fand eine<br />
Veranstaltung im Museum für PuppentheaterKultur (PuK) in Bad<br />
Kreuznach statt. Im Frühjahr 2008 soll zu einem zweitägigen Seminar<br />
„Clownpädagogik“ in Bad Sobernheim eingeladen werden.<br />
Inge Müller<br />
Kreis Neuwied<br />
Annette Seim ist Ehrenvorsitzende<br />
Deutliche Kritik an der rheinland-pfälzischen Schulpolitik übte<br />
der designierte neue Landesvorsitzende der <strong>GEW</strong>, Klaus-Peter<br />
Hammer, in Neuwied im Heimathaus. Hammer forderte längeres<br />
gemeinsames Lernen der Kinder in einer Schule für alle. Er skizzierte<br />
die „EINE SCHULE FÜR ALLE“ als eine Schule der Vielfalt und<br />
Kooperation und nicht als nivellierende Einheitsschule. Eine solche<br />
Schule sei weitgehend barrierefrei. Selektionsentscheidungen fielen<br />
nur noch am Ende der Sekundarstufe I. Alle jungen Menschen seien<br />
in dieser Schule willkommen. Niemand werde ausgesondert oder<br />
beschämt. Alle Jungen und Mädchen werden in ihrer Individualität<br />
wertgeschätzt, individuell gefördert und herausgefordert, alle ihre<br />
Potenziale zu entwickeln.<br />
Weitere Tagesordnungspunkte der gut besuchten Mitgliederversammlung<br />
waren die Wahl von Annette Seim, der langjährigen<br />
<strong>GEW</strong>-Kreisvorsitzenden, zur Ehrenvorsitzenden des Kreisverbandes<br />
und eine komplette Neuwahl des Kreisvorstandes für die kommenden<br />
vier Jahre. Die langjährigestellvertretende <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />
Erika Schmitt-Neßler nahm die Ehrung von Annette<br />
Seim vor. Sie würdigte die ehemalige Kreisvorsitzende als streitbare<br />
Pädagogin, die ihre Gewerkschaftsarbeit stets als Kampf für mehr<br />
Bildungsgerechtigkeit in der Gesellschaft gesehen habe. In guter<br />
Erika Schmitt-Neßler lobte Annettes Seim langjähriges Gewerkschaftsengagement.<br />
Erinnerung sei der Aufruf aus dem Jahre 1997 geblieben, als Annette<br />
Seim formuliert habe: „Wer leiden will, soll schweigen! Wer nicht<br />
aufschreit, der kann noch mehr ertragen! Wer sich nicht wehrt, darf<br />
nachher nicht klagen! Nur gemeinsam sind wir stark! Wir müssen<br />
viele sein, um etwas zu bewirken!“<br />
Einstimmig wählten die GewerkschafterInnen Annette Seim zur<br />
Ehrenvorsitzenden des Kreisverbandes.<br />
Mithilfe einer Satzungsänderung schuf die Mitgliederversammlung<br />
die Basis für eine neue Führungsstruktur des <strong>GEW</strong>-Kreisverbandes.<br />
Anstelle einer Vorsitzenden mit zwei Stellvertretern soll nun ein<br />
dreiköpfiges Leitungsteam den mitgliederstarken Kreisverband in<br />
den kommenden vier Jahren führen.<br />
Einstimmig wählten die GewerkschafterInnen Waltraud Heckmann<br />
(Lehrkraft in einer Förderschule), Harald Maxeiner (Gymnasiallehrer)<br />
und Michael Tietz (Hauptschullehrer) als Vorstandteam. Alter<br />
und neuer Rechner ist Helge Behring, dem die Jahreshauptversammlung<br />
eine einwandfreie Kassenführung testierte.<br />
Neu in den Kreisvorstand wurden einstimmig Hermann-Joseph<br />
Löhr (Schulaufsicht) als Schriftführer und Angelika Ammersbach<br />
(Regionale Schule) als Beisitzerin gewählt.<br />
Als jeweilige Fachgruppensprecher und Beisitzer im Kreisvorstand<br />
wurden einstimmig bestätigt: Helmut Bäumner (Fachgruppe BBS)<br />
Harald Maxeiner (Fachgruppe Gymnasien), Renate Jakobi (Fachgruppe<br />
Grundschulen), Michael Tietz (Fachgruppe Hauptschulen),<br />
Margit Hauer (Fachgruppe sonderpädagogische Berufe) und Heike<br />
Dittrich-Neumann (Fachgruppe sozialpädagogische Berufe).<br />
KV<br />
Impressum <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
(116. Jahrgang)<br />
Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />
Mainz, Tel.: 0 61 31 28988-0, Fax: 0 61 31 28988-80, E-mail: gew@gew-rlp.de<br />
Redaktion: Günter Helfrich (verantw.), Paul Schwarz (Stellvertr./Bildungspolitik), Ursel Karch (Gewerkschaftspolitik),<br />
Karin Helfrich (Außerschulische Bildung),<br />
Redaktionsanschrift: <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen, Tel./<br />
Fax: 06 21 564995, e-mail: guenter.helfrich@gew-rlp.de<br />
Verlag und Anzeigen, Satz und Druck: Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt<br />
a.d.W., Tel.: 063 21 8 03 77; Fax: 0 63 21 8 62 17; e-mail: vpp.nw@t-online.de<br />
Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen<br />
nicht in jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte oder zugemailte Daten wird keine Gewähr übernommen.<br />
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich Euro 18,-- incl. Porto +<br />
MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres. Im<br />
anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />
Anzeigenpreisliste Nr. 13 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 1. des Vormonats.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007<br />
31
BEAMTENGEIST<br />
SIE LEBEN JA NOCH<br />
Nacherzählung eines Auskunftsersuchens<br />
Die Mitteilungen über die „Bezüge“ sind bekanntlich<br />
nicht immer leicht zu verstehen – und sie können manchmal<br />
den Charakter einer Stromrechnung (die ja sogar für<br />
Politiker schwer durchschaubar geworden ist) annehmen<br />
– dann nämlich, wenn Nachzahlungen für mehrere<br />
Jahre „verarbeitet“ werden müssen. Vorliegend ging es<br />
um die Nachzahlung von Versorgungsbezügen für zwei<br />
Jahre (Aufhebung von Kürzungen nach Anerkennung der<br />
Werbungskosten).<br />
Im ersten Versuch entstand ein völlig unsinniges Ergebnis,<br />
weil ein falscher Versorgungstatbestand in das Rechensystem<br />
eingegeben wurde, was statt einer Nachzahlung eine<br />
Rückforderung von mehreren Zehntausend Euro bewirkte.<br />
Der Versand eines solchen Rückforderungsbescheides<br />
wurde noch von einer Sachbearbeiterin verhindert, nicht<br />
aber der Versand der fehlerhaften Einzelberechnung. Im<br />
Telefongespräch wurde freundlich zugesagt, dass alles im<br />
Folgemonat korrigiert werden würde und mitgeteilt, dass<br />
eine Abschlagszahlung bereits veranlasst worden sei.<br />
Pünktlich erhielt ich im Folgemonat die Neuausrechnung<br />
für drei Jahre und den Monatsauszug mit der<br />
Auszahlungssumme. Leider war das Zustandekommen<br />
des Zahlbetrages nicht im Einzelnen nachzurechnen,<br />
weil der Monatsauszug vor allem die buchungstechnische<br />
Korrektur der fehlerhaften Berechnung des Vormonats<br />
beinhaltete. Die Gesamtzahlung erschien mir deutlich zu<br />
niedrig, weshalb ich telefonisch eine Aufschlüsselung des<br />
Zahlbetrages, insbesondere hinsichtlich der einbehaltenen<br />
Lohnsteuer erbat.<br />
Daraus entwickelte sich folgendes Gespräch- in gleichbleibend<br />
freundlichem Tonfall:<br />
„Die Zahlung, die ich für diesen Monat erhalten habe,<br />
erscheint mir zu niedrig.“<br />
„Aber ich habe die Monatsbeträge rückwirkend richtig<br />
gestellt, das sehen Sie doch.“<br />
„Der ausgezahlte Nettobetrag erscheint mir aber viel zu<br />
niedrig.“<br />
„Zu Netto kann ich nichts sagen, das macht das Programm.“<br />
„Aber ich hätte gern die Einzelbeträge.“<br />
„Die sehen Sie doch in den zugesandten Monatsberechnungen.“<br />
„Aber nicht in der Abrechnung der Nachzahlung.“<br />
„Das macht das Programm, ich habe es richtig eingegeben.“<br />
„Vermutlich habe ich zu hohen Steuerabzug.“<br />
„Steuer - das macht das Programm.“<br />
„Wie viel Steuer haben Sie denn abgezogen?“<br />
„Das weiß ich nicht, das rechnet das Programm.“<br />
„Können Sie mir die gesamten Nachzahlungsbeträge<br />
nennen und vielleicht auch die Monatsbeträge der Lohnerhöhung?“<br />
„Die einzelnen Monatsbeträge sehen Sie doch in den<br />
übersandten Blättern.“<br />
„Aber nicht in einer Summe.“<br />
„Doch, das ist in der letzten Monatsabrechnung verarbeitet.“<br />
„Aber dort ist nur eine Summe mitsamt der Fehlerkorrektur,<br />
des „Mists“ vom letzten Monat, aufgeführt.“<br />
„Das ist richtig, aber das macht das Programm so.“<br />
„Wie viel habe ich denn dieses Jahr bislang insgesamt<br />
an Versorgung bezogen und wie viel Steuer wurde abgezogen?“<br />
„Das weiß ich nicht, das rechnet das Programm.“<br />
„Können Sie das nicht mit heutigem Stichtag feststellen?“<br />
„Nein, das wird im Programm nicht angezeigt.“<br />
„Aber wenn ich jetzt sterbe, müssten Sie das doch auch<br />
aus dem Programm herausholen und feststellen!“<br />
„Das stimmt - aber Sie leben ja noch.“<br />
Ich habe meiner Familie zuliebe darauf verzichtet, die<br />
Programmvoraussetzung für eine Zusammenstellung der<br />
Versorgungsbezüge samt Steuern vor dem Jahresende zu<br />
erfüllen....<br />
Werner Dörr<br />
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Beilage zur E&W:<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2007