Wärmelehre - gilligan-online
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<strong>Wärmelehre</strong><br />
Skript<br />
Idee: Jürgen Gilg<br />
Gestaltung: Simon Singer<br />
© Günther Kurz<br />
Anregungen und Kommentare willkommen<br />
gunther.kurz@fht-esslingen.de
<strong>Wärmelehre</strong> – Inhaltsübersicht<br />
Seite<br />
1 Aufbau der Materie 5<br />
1.1 Phasen .......................................................................................................5<br />
1.2 Grundbegriffe .....................................................................................................8<br />
1.2.1 Masseneinheiten im atomaren Bereich .................................................8<br />
1.2.2 Teilchenmenge n – Basisgröße im SI-Einheitensystem .....................10<br />
1.2.3 Verknüpfungen zwischen den definierten Größen ..............................11<br />
1.3 Spezifische und molare physikalische Größen .................................................12<br />
1.3.1 Spezifische physikalische Größen ......................................................12<br />
1.3.2 Molare physikalische Größen ..............................................................13<br />
2 Kinetische Gastheorie 14<br />
2.1 Ideales Gas – Modellvorstellungen ..................................................................14<br />
2.2 Kinetische Ableitung des Gasdruckes p ..........................................................14<br />
2.2.1 Vorgehensweise zur Herleitung des Druckes ......................................15<br />
2.2.2 Geometrie und Nomenklatur ...............................................................15<br />
2.2.3 Anwendung des Satzes von der Erhaltung des Impulses ...................17<br />
2.2.4 Anzahl der Kollisionen Z eines Einzelmoleküls mit einer Wand .........17<br />
2.2.5 Statistische Betrachtungen – Summation über N Moleküle ...............18<br />
2.2.6 Berechnung des Gesamtdruckes ........................................................19<br />
2.3 Folgerungen aus der Grundgleichung ..............................................................19<br />
2.3.1 Mittlere Geschwindigkeit – Zusammenhang zwischen<br />
makroskopischen Messgrößen und mikroskopischen Größen ............19<br />
2.3.2 Zustandsgleichung eines idealen Gases .............................................20<br />
2.3.3 Gastemperatur T ................................................................................22<br />
2.3.4 Molare Gaskonstante R m und Innere Energie U eines idealen Gases 27<br />
2.3.5 Makroskopische Beschreibung eines idealen Gases ...........................27<br />
2.4 MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung .......................................................28<br />
2.4.1 Verteilungsfunktion nach MAXWELL .....................................................28<br />
2.4.2 Definition spezieller Geschwindigkeiten ..............................................30<br />
3 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> 33<br />
3.1 Begriffe und Definitionen ..................................................................................33<br />
3.1.1 Systembegriff ......................................................................................33<br />
3.1.2 Zustand und Zustandsgrößen .............................................................34<br />
3.1.2.1 Gleichgewicht, Zustandsgrößen und Zustandsfunktionen ...................35<br />
3.1.2.2 Zustandsänderungen – thermodynamische Prozesse ........................35<br />
3.1.2.3 Zustandsgleichungen ..........................................................................35<br />
3.1.2.4 Zustandsdiagramme ...........................................................................35<br />
3.1.3 Wärme ................................................................................................36<br />
3.1.4 Arbeit ...................................................................................................37<br />
3.2 Wärmekapazitäten ...........................................................................................39<br />
3.2.1 Definitionen .........................................................................................39<br />
3.2.1.1 Wärmekapazität C ..............................................................................39<br />
3.2.1.2 Spezifische Wärmekapazität c ...........................................................40<br />
3.2.1.3 Molare Wärmekapazität C m ................................................................40<br />
3.2.2 Abhängigkeit von der Temperatur .......................................................40<br />
3.2.3 Abhängigkeit von den Versuchsbedingungen .....................................41<br />
3.2.4 Verknüpfungen zwischen spezifischen u. molaren Wärmekapazitäten 41<br />
3.2.5 Temperaturabhängigkeit von Wärmekapazitäten – Beispiele ..............43<br />
3.2.5.1 Kristalline Festkörper ..........................................................................43<br />
<strong>Wärmelehre</strong><br />
- 2 -<br />
Inhaltsverzeichnis
3.2.5.2 Flüssigkeiten .......................................................................................43<br />
3.2.5.3 Gase ................................................................................................... 45<br />
3.3 Innere Energie U und 1. Hauptsatz .................................................................45<br />
4 Spezielle Zustandsänderungen eines idealen Gases 49<br />
4.1 Isochore Zustandsänderungen .........................................................................51<br />
4.2 Isotherme Zustandsänderungen ......................................................................52<br />
4.3 Isobare Zustandsänderungen ..........................................................................53<br />
4.4 Isentrope Zustandsänderungen .......................................................................55<br />
4.5 Polytrope Zustandsänderungen .......................................................................57<br />
5 Molare Wärmekapazitäten eines idealen Gases 58<br />
5.1 Experimentelle Ergebnisse ...............................................................................58<br />
5.2 Theoretische Vorhersagen ...............................................................................59<br />
5.2.1 Differenz ( C - C )...........................................................................59<br />
mp<br />
mv<br />
5.2.2 Isochore molare Wärmekapazität ...............................................62<br />
5.2.3 Isobare molare Wärmekapazität C mp .................................................63<br />
5.2.4 Isentropenexponent κ ........................................................................63<br />
5.3 Vergleich theoretischer und experimenteller Werte ..........................................63<br />
5.4 Erweiterung der Theorie auf zwei- und mehratomige Gase .............................64<br />
5.4.1 Struktur zwei- und mehratomiger Gase ...............................................64<br />
5.4.2 Gleichverteilungssatz der Energie .......................................................64<br />
5.4.3 Freiheitsgrade f und mittlere Energie ε eines Freiheitsgrades ..........65<br />
5.4.4 Anwendung des Gleichverteilungssatzes ............................................66<br />
5.4.5 Bestimmung der Anzahl der Freiheitsgrade ........................................67<br />
5.4.6 Vergleich theoretischer und experimenteller Werte .............................69<br />
5.5 Grenzen der klassischen Theorie......................................................................70<br />
6 2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> 72<br />
6.1 Reversible und irreversible Prozesse ...............................................................73<br />
6.2. Kreisprozesse ..................................................................................................74<br />
6.2.1 Definition .............................................................................................74<br />
6.2.2 Wärmekraftmaschinen und Kältemaschinen .......................................75<br />
6.2.3 Einfacher Kreisprozess – Wirkungsgrad .............................................76<br />
6.3 Kreisprozess nach CARNOT ..............................................................................78<br />
6.3.1 Beschreibung des Kreisprozesses ......................................................79<br />
6.3.2 Umgesetzte Wärmen und Arbeiten .....................................................79<br />
6.3.3 Thermodynamischer Wirkungsgrad ....................................................81<br />
6.4 Kreisprozess nach STIRLING und STIRLING-Motor .............................................82<br />
6.4.1 Beschreibung des Kreisprozesses ......................................................83<br />
6.4.2 Umgesetzte Wärmen und Arbeiten .....................................................83<br />
6.4.3 Thermodynamischer Wirkungsgrad ....................................................83<br />
6.5 Weitere Beispiele für technische Kreisprozesse ...............................................84<br />
6.6 Folgerungen aus dem thermodynamischen Wirkungsgrad ..............................86<br />
6.7 Absolute thermodynamische Temperaturskala ................................................86<br />
6.8 Kältemaschinen ................................................................................................87<br />
6.9 Entropie .....................................................................................................89<br />
6.9.1 Phänomenologische Einführung und Definition ...................................89<br />
6.9.2 Entropie und 2. Hauptsatz – vertiefte Betrachtung ..............................91<br />
6.9.2.1 Anwendung auf den Kreisprozess nach CARNOT ................................92<br />
6.9.2.2 Entropieänderungen bei quasistatischen,<br />
reversiblen Prozessen eines idealen Gases .......................................92<br />
C mv<br />
<strong>Wärmelehre</strong><br />
- 3 -<br />
Inhaltsverzeichnis
6.9.2.3 Entropieänderungen bei irreversiblen Prozessen ................................93<br />
6.9.2.4 3. Hauptsatz und Nichterreichbarkeit des absoluten Nullpunkts .........96<br />
7 Stoffe in verschiedenen Phasen 98<br />
7.1 Der Begriff Phase .............................................................................................98<br />
7.2 Isothermen realer Gase ...................................................................................99<br />
7.2.1 Experimentell ermittelte Isothermen ....................................................99<br />
7.2.2 Zustandsgleichung nach VAN DER WAALS ..........................................101<br />
7.3 Phasenübergänge ..........................................................................................103<br />
7.4 Gleichgewichtszustände bei Phasenübergängen ...........................................104<br />
7.4.1 Zustandsdiagramme .........................................................................104<br />
7.4.2 Dampfdruckkurve und kritischer Punkt ..............................................105<br />
7.4.2.1 Darstellung der Dampfdruckkurve durch einen BOLTZMANN-Faktor....110<br />
7.4.2.2 CLAUSIUS-CLAPEYRONsche Gleichung<br />
Bestimmung der Verdampfungsenthalpie .........................................110<br />
7.4.3 Überhitzung und Unterkühlung ..........................................................112<br />
7.4.4 Schmelzdruckkurve ...........................................................................113<br />
7.4.5 Sublimationsdruckkurve ....................................................................113<br />
7.4.6 Tripelpunkt – Koexistenz dreier Phasen ............................................114<br />
7.5 Phasendiagramm des Kohlenstoffdioxids (CO 2 ) ............................................114<br />
7.6 Luftfeuchtigkeit – Hygrometrie ........................................................................116<br />
Bezeichnungen, Formelzeichen und SI-Einheiten ...................................................118<br />
<strong>Wärmelehre</strong><br />
- 4 -<br />
Inhaltsverzeichnis
<strong>Wärmelehre</strong><br />
In der Mechanik wird bei der Beschreibung physikalischer Vorgänge von Prozessen<br />
abgesehen, in denen die Energieform Wärme auftritt. Wärme wird als eine nichtmechanische<br />
Energieform verstanden.<br />
Der Satz von der Erhaltung der Energie in der Fassung der Mechanik schloss einschränkend<br />
die Umwandlung mechanischer Energieformen in nichtmechanische<br />
Energieformen, also z. B. bei Reibungsvorgängen in Wärme, aus. Die Besonderheiten<br />
physikalischer Erscheinungen, die mit den Begriffen Wärme und Innere Energie<br />
verknüpft sind, führen zu einem der Hauptgebiete der Physik, das unter der Überschrift<br />
<strong>Wärmelehre</strong> oder Thermodynamik zusammengefasst wird.<br />
1 Aufbau der Materie<br />
Die Bausteine der Materie sind Atome, Moleküle oder Ionen und Elektronen, die man<br />
vereinfachend und zusammenfassend Teilchen nennt. Diese Teilchen sind niemals<br />
in Ruhe: Sie führen ständig statistisch ungeordnete Bewegungen aus. Temperatur ist<br />
ein Maß für die Heftigkeit dieser thermischen Bewegung. Der Energieinhalt eines<br />
Stoffes auf Grund dieser Bewegungen und der Wechselwirkungen zwischen den<br />
Teilchen wird als Innere Energie bezeichnet. Der Begriff Wärme wird für eine Energieform<br />
verwendet, die einem Körper bzw. System zugeführt oder von ihm abgegeben<br />
wird.<br />
Die internationale (und in der Bundesrepublik gesetzliche) Einheit der Wärme Q ist<br />
die Einheit aller Energiearten<br />
Q = 1Joule = 1J = 1Nm = 1 V A s 1 W<br />
[ ] s<br />
int =<br />
Der makroskopische Zustand der Materie lässt sich durch die unterschiedliche Verschiebbarkeit<br />
der Bausteine gegeneinander definieren. Dies erklärt sich durch die<br />
Anordnung der Bausteine und der Art ihrer Wechselwirkung.<br />
1.1 Phasen<br />
Einfache Materie tritt makroskopisch in drei verschiedenen Erscheinungsformen auf:<br />
Fest, flüssig und gasförmig. Diese Erscheinungsformen heißen Aggregatzustände<br />
oder allgemein Phasen. (Als vierten Aggregatzustand bezeichnet man den Plasmazustand.<br />
Ein Plasma ist ein Gemisch aus freien Elektronen, positiven Ionen und<br />
Neutralteilchen eines Gases.)<br />
Der feste Zustand kann in amorpher oder kristalliner Form auftreten. In einem Kristallgitter<br />
sind die Teilchen an eine Gleichgewichtslage gebunden. Die Teilchen bleiben<br />
ihrem (mathematischen) Gitterpunkt zugeordnet, führen aber um ihre Gleichgewichtslage<br />
ungeordnete Schwingungen aus. Veranschaulicht werden die Kräfte zwischen<br />
einem Teilchen und seinen Nachbarteilchen durch Federn. Die Bewegungen<br />
der Gitterbausteine nennt man Gitterschwingungen (Phononen).<br />
Die Gitterstruktur drückt das Ordnungsprinzip des festen, kristallinen Zustandes aus.<br />
Beispiele bringt Abb. 1-01.<br />
Feste Körper sind formbeständig und haben eine Oberfläche. Die Dichten ρ fester<br />
Stoffe liegen i. Allg. im Bereich ρ ≈ 10 K10<br />
kg m .<br />
3<br />
4<br />
−3<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />
- 5 -<br />
’Aufbau der Materie’
Gleichgewichtslage<br />
Auslenkung der Gitterbausteine<br />
bei thermischer Bewegung<br />
(übertrieben – nicht maßstäblich!)<br />
(a) Zweidimensionales Gittermodell.<br />
(b) Kristallgittermodell von NaCl<br />
(Beispiel für Ionenbindung).<br />
(c) Kristallgittermodell des Kohlenstoffs – links: Graphit, rechts Diamant.<br />
Abb. 1-01: Gitterstrukturen fester Körper.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />
- 6 -<br />
’Aufbau der Materie’
Der Schmelzvorgang, also der Übergang vom festen in den flüssigen Zustand, wird<br />
anschaulich durch das Reißen der Federn bei zu großer thermischer Bewegung der<br />
Teilchen im Kristallgitter beschrieben.<br />
In Flüssigkeiten sind die Teilchen nicht mehr an eine bestimmte definierte Gleichgewichtslage<br />
gebunden; sie sind gegeneinander verschiebbar. Die Anziehungskräfte<br />
sind ungerichtet. Die daraus resultierende Wimmelbewegung der Teilchen in der<br />
Flüssigkeit kann indirekt sichtbar gemacht werden (BROWNsche Molekularbewegung).<br />
Flüssigkeiten sind nicht formbeständig. Die Dichten von Flüssigkeiten liegen<br />
3 −3<br />
bei etwa ρ ≈ 10 kg m .<br />
Der Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand heißt Verdampfung.<br />
Bei Gasen ist der Abstand zwischen den Teilchen so groß, dass die ungerichtete<br />
Wechselwirkung zwischen den Teilchen im Vergleich zu Flüssigkeiten sehr klein<br />
wird. Zusammenstöße zwischen den einzelnen Gasteilchen führen zur Ablenkung<br />
aus der ursprünglichen Flugrichtung. Für ein einzelnes Teilchen ergibt sich so eine<br />
völlig regellose Zickzackbahn.<br />
Gase haben keine Form; sie füllen nach einiger Zeit jeden ihnen zur Verfügung gestellten<br />
Raum aus. Die Dichte von Gasen ist stark abhängig von der Temperatur und<br />
dem Druck. Bei Normbedingungen, also bei ϑn = 0 o C und p n = 1 013 hPa , liegen<br />
−3<br />
die Dichten von Gasen bei etwa ρ ≈ 1kgm .<br />
Die Einteilung in drei Aggregatzustände oder Phasen für einfache reine Stoffe ist<br />
nicht immer eindeutig; es gibt fließende Übergänge. Eine schlagwortartige Zusammenfassung<br />
gibt für die drei Phasen folgende Aussagen<br />
Phase<br />
fest (kristallin)<br />
flüssig<br />
gasförmig<br />
Anordnung der<br />
Bausteine<br />
regelmäßig<br />
(Fernordnung)<br />
frei verschiebbar<br />
(Nahordnung)<br />
frei beweglich<br />
Packung<br />
der Teilchen<br />
dicht<br />
weniger dicht<br />
mittlere Abstände<br />
groß<br />
Wechselwirkungskräfte<br />
stark (gerichtet)<br />
schwächer<br />
(ungerichtet,<br />
abhängig<br />
vom Abstand)<br />
sehr schwach<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />
- 7 -<br />
’Aufbau der Materie’
1.2 Grundbegriffe<br />
Für Atome und Moleküle sind im Folgenden einige wichtige Definitionen und ihre Beziehungen<br />
zusammengestellt.<br />
1.2.1 Masseneinheiten im atomaren Bereich<br />
Masse m M eines Einzelmoleküls oder eines Einzelatoms m M (X)<br />
ist die durchschnittliche<br />
Masse eines Einzelmoleküls oder Einzelatoms (X) . Durchschnittlich deshalb,<br />
weil für ein Element oder eine Verbindung jeweils das natürliche Isotopengemisch<br />
berücksichtigt wird. Man fasst dabei Atome als einatomige Moleküle auf und wendet<br />
Begriffe wie Molekülmasse und Molmasse sinngemäß an; dadurch entfallen Sonderbegriffe<br />
wie Masse eines Einzelatoms und Atommasse.<br />
Die atomare Masseneinheit<br />
Die atomare Masseneinheit (früher amu: atomic mass unit u ) ist eine willkürlich,<br />
mu<br />
aber zweckmäßig gewählte Bezugsmasse. Mit dieser Wahl der atomaren Masseneinheit<br />
weichen für die meisten Atome die relativen Atommassen (und damit auch für<br />
Moleküle die relativen Molekülmassen) nur geringfügig von ganzen Zahlen ab. Diese<br />
ganzen Zahlen nennt man Massenzahlen. Die Massenzahl wird meist zusammen mit<br />
der Kernladungszahl für ein chemisches Element angegeben.<br />
Man definiert<br />
1 12 6<br />
m u = m M ( C) mit mM( 12 6C) = Masse eines Atoms des Nuklids C .<br />
12<br />
In Worten: Die atomare Masseneinheit m u ist gleich einem Zwölftel der Masse eines<br />
Atoms des Kohlenstoff-12-Nuklids.<br />
Damit sind die alten Massenzahlen (Atomgewichte), die sich auf das Sauerstoffisotop<br />
16<br />
O (in der Physik) bzw. auf das natürliche Isotopengemisch von Sauerstoff (in der<br />
Chemie) bezogen, überflüssig geworden.<br />
Die Masse eines Kohlenstoff-12-Nuklids wird experimentell bestimmt. Die Messungen<br />
ergeben einen Wert von<br />
m<br />
u<br />
= 1,660 538 73 ⋅10<br />
−27<br />
kg<br />
Die Werte der fundamentalen physikalischen Konstanten werden laufend an neue<br />
experimentelle Ergebnisse angepasst und ihre Fehlergrenzen festgelegt. Die<br />
Festlegung erfolgt durch den International Council of Scientific Unions – Committee<br />
on Data for Science and Technology (CODATA)<br />
CODATA-Werte finden sich im Internet unter http://physics.nist.gov<br />
NIST steht für National Institute of Standards and Technology der USA in Boulder,<br />
Colorado. In der BRD ist die Physikalisch Technische Bundesanstalt – PTB – in Berlin<br />
und Braunschweig für alle Dinge des Messwesens zuständig.<br />
Die Internet-Adresse ist http://www.ptb.de<br />
Angegeben wird bei CODATA weiterhin die<br />
Standard-Unsicherheit ( m<br />
u<br />
) = 0, 000 000 13 ⋅10<br />
−19<br />
kg<br />
12<br />
6<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />
- 8 -<br />
’Aufbau der Materie’
Dies entspricht der Standardabweichung der Statistik, d. h., mit 68 % Wahrscheinlichkeit<br />
liegt der wahre – und nie genau bekannte – Wert einer physikalischen Konstanten<br />
(hier der atomare Masseneinheit) in den Grenzen<br />
m<br />
u<br />
= (1,660 538 73 ± 0,000 000 13) ⋅10<br />
oder in anderer Schreibweise<br />
1,660 538 60 ⋅10<br />
kg ≤ m<br />
−27<br />
kg<br />
−27 27<br />
u ≤ 1,660 538 86 ⋅10<br />
−<br />
Vereinbart ist die prägnante Darstellungsform mit<br />
m<br />
u<br />
= 1,660 538 73(13) ⋅10<br />
−27<br />
kg<br />
Die relative Unsicherheit für den Wert der atomaren Masseneinheit ergibt sich zu<br />
−8<br />
7,9 ⋅ 10 .<br />
Für alle Berechnungen in Übungsaufgaben belässt man es bei drei signifikanten Stellen,<br />
gerechnet wird also mit<br />
m<br />
u<br />
= 1,66 ⋅10<br />
−27<br />
kg<br />
Relative Atommasse<br />
Durch Vergleich der Masse eines Teilchens mit der atomaren Masseneinheit m u erhält<br />
man die relative Atommasse Ar<br />
bzw. die relative Molekülmasse Mr<br />
. Relative<br />
Atommassen können mit Hilfe eines Massenspektrometers bestimmt werden.<br />
A r ist eine dimensionslose Verhältniszahl. Sie wird gebildet als Quotient aus der<br />
(durchschnittlichen) Masse eines einzelnen Atoms (aus dem natürlichen Isotopengemisch<br />
des betrachteten Elementes) und der atomaren Masseneinheit m u .<br />
A<br />
r<br />
(durchschnittliche) Masse mM<br />
eines Einzelatoms<br />
=<br />
atomare Masseneinheit mu<br />
mM(Atom)<br />
=<br />
m<br />
Die relative Molekülmasse<br />
M r<br />
u<br />
Analog ist eine dimensionslose Verhältniszahl. Sie wird gebildet als Quotient der<br />
(durchschnittlichen) Masse eines einzelnen Moleküls (einer bestimmten chemischen<br />
Verbindung) und der atomaren Masseneinheit .<br />
M<br />
r<br />
M<br />
(Molekül)<br />
m<br />
u<br />
m u<br />
(durchschnittliche) Masse mM<br />
eines Einzelmoleküls<br />
=<br />
atomare Masseneinheit m<br />
m<br />
=<br />
u<br />
kg<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />
- 9 -<br />
’Aufbau der Materie’
1.2.2 Teilchenmenge n – Basisgröße im SI-Einheitensystem<br />
In der <strong>Wärmelehre</strong> spielt häufig die Teilchenzahl N eines Systems eine entscheidende<br />
Rolle. Deshalb ist für die Teilchenzahl die Teilchenmenge oder Stoffmenge n<br />
als Grundgröße im Internationalen Einheitensystem (SI) eingeführt worden. Die Bezeichnungen<br />
Teilchenmenge und Stoffmenge sind gleichberechtigt.<br />
Im Folgenden wird der Begriff Teilchenmenge benutzt, da er das Abzählbare des<br />
Mengenbegriffes anschaulicher beinhaltet.<br />
Basisgröße:<br />
Basiseinheit:<br />
Einheitenzeichen:<br />
Definition:<br />
Teilchenmenge n<br />
1 Mol<br />
mol<br />
1 Mol ist die Teilchenmenge n eines Systems bestimmter Zusammensetzung,<br />
das aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in<br />
−3<br />
12 ⋅10<br />
kg des Nuklids 12 C enthalten sind.<br />
6<br />
Bei Benutzung des Ausdrucks der Teilchenmenge müssen die Teilchen spezifiziert<br />
werden. Es können Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen usw. oder eine Gruppe solcher<br />
Teilchen genau angegebener Zusammensetzung sein.<br />
Die Anzahl der in einem Mol enthaltenen Teilchen wird durch die AVOGADRO-<br />
Konstante gegeben. Ihre experimentelle Bestimmung liefert<br />
A<br />
23<br />
−1<br />
N = 6,022 1415 ⋅10<br />
mol CODATA Wert<br />
Angegeben wird bei CODATA die<br />
Standard-Unsicherheit<br />
( N<br />
A<br />
) = 0, 000 0010 ⋅10<br />
23<br />
mol<br />
−1<br />
Dies entspricht der Standardabweichung der Statistik, d. h. mit 68 % Wahrscheinlichkeit<br />
liegt der wahre – und nie genau bekannte – Wert der physikalischen Konstanten<br />
(hier der atomare Masseneinheit) in den Grenzen<br />
N<br />
A<br />
= (6,022 1415 ± 0,000 0010 ) ⋅10<br />
oder in anderer Schreibweise<br />
23<br />
−1<br />
6,022 1405 ⋅10<br />
mol ≤ N<br />
A<br />
23<br />
mol<br />
−1<br />
≤ 6,022 1405 ⋅10<br />
Vereinbart ist die prägnante Darstellungsform mit<br />
N<br />
A<br />
= 6,022 1415(10) ⋅10<br />
23<br />
mol<br />
−1<br />
Die relative Unsicherheit für den Wert der AVOGADRO-Konstante ergibt sich zu<br />
−7<br />
1,7 ⋅ 10 .<br />
Für alle Berechnungen in Übungsaufgaben benutzt man vereinfachend nur zwei signifikante<br />
Stellen und rechnet mit<br />
N<br />
A<br />
= 6,0 ⋅10<br />
23<br />
mol<br />
−1<br />
Der Stoffmengenbegriff behandelt alle aus Teilchen aufgebauten Stoffe gleich. Zwischen<br />
Atomen und Molekülen (aufgebaut aus mindestens zwei Atomen) wird nicht<br />
mehr speziell unterschieden.<br />
23<br />
mol<br />
−1<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />
- 10 -<br />
’Aufbau der Materie’
Molare Masse oder Molmasse M<br />
Die molare Masse M ist definiert als die Masse der Teilchenmenge n = 1mol<br />
.<br />
1<br />
Die zugehörige Einheit der Molmasse ist [ ] = 1kg mol<br />
−<br />
M .<br />
1.2.3 Verknüpfungen zwischen den definierten Größen<br />
Der Vergleich der Teilchenzahl N einer Teilchenmenge n mit der AVOGADRO-<br />
Konstante liefert<br />
N A<br />
N A<br />
N<br />
n = bzw. N = nNA<br />
Die Masse m von N Teilchen der Einzelmolekülmasse mM<br />
ist m = N mM<br />
. Daraus<br />
ergibt sich speziell für die Teilchenzahl N = , also für die Teilchenmenge n = 1mol<br />
M = N m = N M m oder<br />
A<br />
M<br />
A<br />
r<br />
u<br />
N A<br />
M<br />
m M = N<br />
Die Zusammenfassung der obigen Beziehungen<br />
m = N m M<br />
und M = N A mM<br />
liefert durch Division<br />
m<br />
M<br />
=<br />
N<br />
N<br />
A<br />
= n<br />
bzw.<br />
m = n M<br />
gemäß der Definition also die Teilchenmenge n .<br />
und der Mas-<br />
Damit ist auch die Brücke geschlagen zwischen der Teilchenmenge n<br />
se m dieser Teilchen; denn für die Masse m von N Teilchen gilt<br />
m =<br />
N<br />
N<br />
A<br />
M<br />
für die Anzahl N Teilchen in einem Körper der Masse<br />
m<br />
N =<br />
M<br />
N A<br />
A<br />
m<br />
gilt<br />
Die relativen Atom- bzw. Molekülmassen einiger technisch wichtiger Gase sind in<br />
Tabelle 1-01 zusammengestellt.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />
- 11 -<br />
’Aufbau der Materie’
Substanz<br />
Chemische<br />
Formel<br />
Relative Atombzw.<br />
Molekülmasse<br />
Ar<br />
bzw.<br />
M<br />
r<br />
Normdichte<br />
ρ<br />
kgm<br />
n<br />
− 3<br />
Acetylen C 2H2<br />
26,04 1,175<br />
Helium He 4,003 0,178<br />
Kohlenstoffdioxid CO 2<br />
44,01 1,977<br />
Kohlenstoffoxid CO 28,01 1,250<br />
Neon Ne 20,18 0,900<br />
Sauerstoff O 2<br />
32,00 1,429<br />
Stickstoff N 2<br />
28,01 1,250<br />
Wasserstoff H 2<br />
2,016 0,090<br />
Der Index 'n' steht für Normzustand (DIN 1343);<br />
p n = 1 013 hPa ; ϑ n = 0 o C .<br />
Tab. 1-01: Relative Atom- bzw. Molekülmassen und Dichten einiger<br />
technisch wichtiger Gase.<br />
1.3 Spezifische und molare physikalische Größen<br />
Es erweist sich in der Thermodynamik als zweckmäßig, eine Reihe physikalischer<br />
Größen entweder auf die Masse m oder auf die Teilchenmenge n eines Systems zu<br />
beziehen. Solche Größen nennt man abgeleitete physikalische Größen.<br />
1.3.1 Spezifische physikalische Größen<br />
Der Quotient aus einer gemessenen physikalischen Größe A und der Masse m eines<br />
Körpers oder eines Systems heißt spezifische physikalische Größe a<br />
(DIN 5485).<br />
Spezifische physikalische Größe<br />
gemessene physikalische Größe A der Masse m einer Substanz<br />
a =<br />
Masse m der Substanz<br />
Zur Kennzeichnung benutzt man als Formelzeichen kleine Formel-Buchstaben.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />
- 12 -<br />
’Aufbau der Materie’
Beispiele<br />
Aus Volumen V und Masse m eines Gases ergibt sich<br />
V<br />
das spezifische Volumen<br />
v =<br />
m<br />
Aus der zum Verdampfen der Masse m einer Substanz zugeführten<br />
Wärme H v ergibt sich die spezifische Verdampfungswärme<br />
Hv<br />
(genauer Verdampfungsenthalpie) hv = m<br />
1.3.2 Molare physikalische Größen<br />
Der Quotient aus einer gemessenen physikalischen Größe A und der Teilchenmenge<br />
n eines Körpers oder eines Systems heißt molare physikalische Größe. Solche teilchenmengenbezogenen<br />
Größen sind ebenfalls abgeleitete physikalische Größen.<br />
Molare physikalische Größe einer gemessenen physikalischen Größe A<br />
gemessene physikalische Größe A der Teilchenmenge n einer Substanz<br />
A m =<br />
Teilchenmenge n der Substanz<br />
Zur Kennzeichnung benutzt man zusätzlich zum üblichen Formelbuchstaben den<br />
Index 'm' oder 'mol'.<br />
Beispiele<br />
Aus Volumen V und Teilchenmenge n eines Gases erhält man<br />
das molare Volumen oder Molvolumen<br />
V<br />
V mol =<br />
n<br />
Aus Masse m und Teilchenmenge n eines Gases erhält man<br />
die molare Masse oder Molmasse<br />
m<br />
m mol = M =<br />
n<br />
(mit dem speziellen Formelbuchstaben M für die Molmasse )<br />
m mol<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />
- 13 -<br />
’Aufbau der Materie’
2 Kinetische Gastheorie<br />
2.1 Ideales Gas – Modellvorstellungen<br />
Um das Verhalten der Gase erklären zu können, werden diese durch ein<br />
physikalisches Modell vereinfacht und idealisiert beschrieben. Man geht dabei von<br />
den Kenntnissen über den Materieaufbau aus. Die aus dem Modell abgeleiteten<br />
Folgerungen müssen anschließend mit der Realität, also mit den gemessenen<br />
Größen und den physikalischen Gesetzen verglichen werden.<br />
Modellvorstellungen<br />
• Ein Gas besteht aus Teilchen, genannt Moleküle. Die Moleküle einer Sorte sind<br />
identisch.<br />
• Die räumliche Ausdehnung der Teilchen ist sehr klein; damit kann ihr Eigenvolumen<br />
gegenüber dem Gesamtvolumen des Gases vernachlässigt werden<br />
(Modellvorstellung ausdehnungslose materielle Teichen, auch Massenpunkte<br />
genannt).<br />
• Zwischen den Teilchen wirken keine anziehenden oder abstoßenden Wechselwirkungskräfte.<br />
Nur bei Zusammenstößen gibt es eine Wechselwirkung<br />
zwischen den Teilchen. Der Wirkungsradius von Molekülkräften entspricht<br />
damit etwa der Molekülgröße.<br />
• Die Zusammenstöße der Teilchen untereinander und mit den Gefäßwänden<br />
sollen vollkommen elastisch erfolgen. Es gelten daher<br />
– der Satz von der Erhaltung des Impulses,<br />
– der Energieerhaltungssatz in der Formulierung der Mechanik.<br />
Eine erste Folgerung des Modells ist: Da keinerlei Wechselwirkungskräfte herrschen,<br />
ist nur die kinetische Energie der Teilchen zu berücksichtigen. Potentielle Energien<br />
der Wechselwirkung spielen keine Rolle. Eine weitere Folgerung ist damit: Der<br />
gesamte Energieinhalt ist gleich der Summe der kinetischen Energien aller Teilchen.<br />
2.2 Kinetische Ableitung des Gasdruckes p<br />
Der Druck p ist definiert als der Betrag einer (Normal-)Kraft F r n , die senkrecht auf<br />
eine Fläche A wirkt<br />
r<br />
Fn<br />
p =<br />
A<br />
Beim Auftreffen der Gasteilchen (Atome oder Moleküle) auf die Wände eines<br />
Gefäßes wird ein Impuls p r übertragen. [Vorsicht: Für den Druck p und den Betrag<br />
p des Impulses p r wird der gleiche Formelbuchstabe benutzt. Der Impuls p r wird<br />
aber immer als Vektor geschrieben, der Druck p als Skalar.] Die Kraft F r ist nach<br />
NEWTON darstellbar als die zeitliche Änderung des Impulses p r , also<br />
r<br />
r<br />
Δ p<br />
F =<br />
Δ t<br />
Damit ergibt sich für die Bestimmung des Druckes p folgende Beziehung<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 14 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
auf die Wandfläche übertragener Impuls<br />
p =<br />
Zeit ⋅ Wandfläche<br />
Für die Berechnung des Druckes sind die Größen der rechten Seite dieser Gleichung<br />
zu ermitteln. Die nachfolgende Übersicht gibt die Einzelschritte der Modellrechnung<br />
wieder.<br />
2.2.1 Vorgehensweise zur Herleitung des Druckes<br />
• Nomenklatur und Geometrie festlegen<br />
– Hohlwürfel der Kantenlänge a .<br />
• Satz von der Erhaltung des Impulses anwenden<br />
– nur Stöße zwischen Molekül und Wänden berücksichtigen,<br />
– Impulsübertragung eines Einzelmoleküls bei Einzelstoß berechnen,<br />
– nur eine Komponente – die x-Richtung – betrachten,<br />
– Anzahl der Kollisionen pro Zeiteinheit bestimmen,<br />
– den von einem Einzelmolekül in der Zeiteinheit übertragenen Impuls berechnen.<br />
• Statistische Überlegungen anstellen<br />
– über sämtliche Moleküle für die x-Komponente summieren.<br />
• Gesamtdruck berechnen<br />
– x-, y- und z-Komponenten berücksichtigen und mitteln,<br />
– ein mittleres Geschwindigkeitsquadrat definieren,<br />
– die Grundgleichung der kinetischen Theorie aufstellen.<br />
• Grundgleichung der kinetischen Theorie interpretieren<br />
– Folgerungen und Aussagen diskutieren.<br />
2.2.2 Geometrie und Nomenklatur (vgl. Abb. 2-01)<br />
Zur Geometrie macht man folgende vereinfachende Annahme: Der Gasbehälter, in<br />
den das Gas eingeschlossen ist, sei ein Hohlwürfel der Kantenlänge a . Die Kanten<br />
des Hohlwürfels seien entlang den Achsen eines kartesischen Koordinatensystems<br />
orientiert. Damit gilt für<br />
eine Kantenlänge a<br />
eine Würfelfläche<br />
2<br />
A = a<br />
3<br />
das Würfelvolumen V = a<br />
Weitere Vereinbarungen zur Nomenklatur für die Teilchen im Würfel<br />
Masse eines Teilchens (Moleküls)<br />
Anzahl der Teilchen im Würfel<br />
N<br />
Teilchenzahldichte (= Molekülzahldichte)<br />
~ N N<br />
n v = =<br />
V 3<br />
a<br />
In einem kartesischen Koordinatensystem kann der Geschwindigkeitsvektor eines<br />
Teilchens 'i' folgendermaßen dargestellt werden<br />
r r r r<br />
v = v i + v j v k .<br />
i xi yi +<br />
zi<br />
mM<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 15 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
a<br />
y<br />
Geometrische<br />
Anordnung<br />
v r<br />
A<br />
x<br />
a<br />
z<br />
a<br />
y<br />
Teilchenbahn<br />
− v xi<br />
Änderung der<br />
x-Geschwindigkeitskomponente<br />
eines Moleküls<br />
beim elastischen Stoß mit einer<br />
Wand.<br />
v xi<br />
− v xi<br />
+ v xi<br />
Δv = v xi − + v<br />
( xi<br />
)<br />
x<br />
Impulsänderung eines Moleküls (x-Komponente)<br />
beim elastischen Stoß auf die Wand<br />
+ p<br />
− p xi<br />
xi<br />
Δ p<br />
Abb. 2-01: Modellrechnung zur kinetischen Gastheorie.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 16 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
2.2.3 Anwendung des Satzes von der Erhaltung des Impulses (vgl. Abb. 2-01)<br />
Impulsübertragung auf die Begrenzung bei einem Einzelstoß eines Einzelteilchens<br />
Es brauchen nur Stöße zwischen Molekül und Wand berücksichtigt zu werden, da<br />
der Druck auf die Wand berechnet werden soll. Zunächst wird die Impulsübertragung<br />
durch ein einzelnes Teilchen – gekennzeichnet durch den Index 'i' – berechnet.<br />
Zunächst soll nur eine Geschwindigkeitskomponente betrachtet werden, nämlich die<br />
x-Komponente. Beim Aufprall des Moleküls auf eine zur x-Koordinatenrichtung<br />
senkrechte Fläche ändert sich bei dem vorausgesetzten elastischen Stoß das<br />
Vorzeichen der x-Komponente der Geschwindigkeit, die y- und die z-Komponente<br />
bleiben dabei ungeändert. Es ist also<br />
der Impuls p r r<br />
r<br />
xi vor dem Stoß pxi = + mMv<br />
xii<br />
r<br />
r<br />
der Impuls<br />
Die Impulsänderung<br />
r<br />
r<br />
Δ p = −2m<br />
v i<br />
M<br />
p r xi nach dem Stoß pxi<br />
= −mMv<br />
xii<br />
Δ p r eines Teilchens bei dem Stoß gegen die Wand wird damit<br />
xi<br />
Da für das Gesamtsystem, bestehend aus Würfel und eingeschlossenen<br />
Gasteilchen, der Impulserhaltungssatz gilt, wird bei einer Kollision mit der Wand<br />
bezüglich der x-Komponente dem Betrage nach der Impuls<br />
Δp r = + 2m<br />
v<br />
M<br />
xi<br />
auf die Wand übertragen.<br />
Kennt man die Anzahl der Kollisionen Z in der Zeiteinheit, so kann die<br />
Impulsübertragung auf die Wand, die von Stößen des 'i' -ten Moleküls herrührt,<br />
berechnet werden.<br />
2.2.4 Anzahl der Kollisionen Z eines Einzelmoleküls mit einer Wand<br />
Es sollen vereinfachend nur die Stöße des betrachteten Teilchens 'i' mit der Wand<br />
betrachtet werden. Zusammenstöße mit anderen Molekülen werden später<br />
betrachtet; das bedeutet, dass das betrachtete Teilchen 'i' nach Kollision mit der<br />
Begrenzungswand A1<br />
und Umkehr der x-Flugrichtung auf die Wand A2<br />
prallt, ohne<br />
dazwischen mit einem anderen Teilchen zusammengestoßen zu sein.<br />
Da die Teilchen keine Kräfte aufeinander ausüben, die Flugbewegung also kräftefrei<br />
und damit ohne Beschleunigung erfolgt, kann die Flugzeit t flug zwischen den beiden<br />
Begrenzungswänden und A sofort angegeben werden<br />
t =<br />
flug<br />
a<br />
v<br />
xi<br />
Damit wird das Zeitintervall<br />
t<br />
=<br />
⋅ t<br />
=<br />
koll 2 flug 2<br />
⋅<br />
A1<br />
2<br />
a<br />
v<br />
xi<br />
t zwischen zwei Kollisionen mit der Wand A1<br />
koll<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 17 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
t koll<br />
Das Zeitintervall zwischen zwei Kollisionen ist reziprok zur Anzahl der<br />
Kollisionen pro Zeiteinheit; also ist die Anzahl der Kollisionen des Teilchens 'i'<br />
einer Wand<br />
Z =<br />
t<br />
v<br />
=<br />
2a<br />
1 xi<br />
koll<br />
Damit wird schließlich der von einem einzelnen Teilchen in der Zeiteinheit auf die<br />
Begrenzung übertragene Impuls (bezüglich der x-Koordinatenrichtung)<br />
p<br />
&r<br />
xi<br />
r<br />
= Z Δp<br />
v xi m<br />
= 2 mM<br />
v xi =<br />
2a<br />
M<br />
v<br />
a<br />
2<br />
xi<br />
mit<br />
2.2.5 Statistische Betrachtungen – Summation über N Moleküle<br />
Um den Druck p zu finden, muss man für die Gesamtimpulsübertragung über alle in<br />
dem Gas enthaltenen Teilchen summieren – also über i = 1, 2, 3, ..., N – und durch<br />
2<br />
die zugehörige Wandfläche – also die Würfelfläche A = a – dividieren. Dann ergibt<br />
sich für den Druck p<br />
mM<br />
2 2 2<br />
2 mM<br />
p = ( v x1 + v x2 + v x3 + L + v xN ) = ⋅<br />
2<br />
3 ∑v<br />
a ⋅a<br />
a<br />
Dieser Ausdruck wird zunächst geschickt umgeformt. Mit der obigen Definition der<br />
Teilchenzahldichte<br />
~ N N<br />
n v = =<br />
V 3<br />
a<br />
darf man in der obigen Beziehung folgende Ersetzung durchführen<br />
1 n<br />
~<br />
v<br />
3 =<br />
a N<br />
Damit wird schließlich<br />
⎡ N<br />
1<br />
p = n<br />
~<br />
v mM<br />
⎢ ∑v<br />
⎢⎣<br />
N<br />
i=<br />
1<br />
2<br />
xi<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎥⎦<br />
Der Ausdruck in der Klammer berücksichtigt die Geschwindigkeitsverteilungsfunktion<br />
der im Gas enthaltenen Teilchen (Moleküle).<br />
Man definiert (zweckmäßig) als 'Mittelwert' ein<br />
2<br />
mittleres Geschwindigkeitsquadrat v x der im Gas enthaltenen Teilchen zu<br />
v<br />
2<br />
x<br />
1<br />
=<br />
N<br />
N<br />
∑<br />
i = 1<br />
v<br />
2<br />
xi<br />
Mit dieser Definition ergibt sich für den auf eine Würfelfläche ausgeübten Druck<br />
~ 2<br />
p = n m v<br />
v<br />
M<br />
x<br />
N<br />
i=<br />
1<br />
2<br />
xi<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 18 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
2.2.6 Berechnung des Gesamtdruckes<br />
Berücksichtigung der drei kartesischen Komponenten des Geschwindigkeitsvektors<br />
In der bisherigen Rechnung wurde nur die x-Komponente des<br />
Geschwindigkeitsvektors berücksichtigt. Es muss der Übergang vom mittleren<br />
Geschwindigkeitsquadrat der x-Komponente zum mittleren Geschwindigkeitsquadrat<br />
unter Berücksichtigung der drei Koordinatenrichtungen vollzogen werden. Den<br />
Übergang von<br />
2<br />
v x zu<br />
2<br />
v liefern die folgenden Überlegungen.<br />
Für den Betrag des Geschwindigkeitsquadrats gilt nach dem Satz des PYTHAGORAS<br />
2<br />
2<br />
x<br />
2<br />
y<br />
v = v + v + v<br />
2<br />
z<br />
Im Würfel befinden sich sehr viele Teilchen in ungeordneter statistischer Bewegung.<br />
Deshalb darf nicht eine Koordinatenrichtung vor der anderen ausgezeichnet sein.<br />
Dieses plausible Ergebnis liefern auch statistische Methoden. Für die Mittelwerte der<br />
Geschwindigkeitsquadrate muss also gelten<br />
2<br />
x<br />
2<br />
y<br />
v = v = v<br />
Damit wird<br />
2 1 v x = v<br />
3<br />
2<br />
2<br />
z<br />
Setzt man dies in die oben abgeleitete Beziehung für den Druck ein, so erhält man<br />
die Grundgleichung der kinetischen Theorie<br />
1<br />
p = n<br />
~<br />
3<br />
v<br />
m<br />
M<br />
v<br />
2<br />
Ohne Beweis sei angegeben, dass dieses Ergebnis auch dann gilt, wenn<br />
• Zusammenstöße zwischen den Molekülen vorkommen und<br />
• die Form des Gasbehälters beliebig ist.<br />
2.3 Folgerungen aus der Grundgleichung<br />
2.3.1 Mittlere Geschwindigkeit – Zusammenhang zwischen<br />
makroskopischen Messgrößen und mikroskopischen Größen<br />
Die Grundgleichung der kinetischen Theorie lautet<br />
1<br />
p = n<br />
~<br />
3<br />
v<br />
m<br />
M<br />
v<br />
2<br />
Mit der Definition der Teilchenzahldichte<br />
n<br />
~<br />
v =<br />
N<br />
V<br />
wird daraus<br />
N m<br />
n<br />
~<br />
v mM<br />
= mM<br />
= = ρ dabei ist ρ die Dichte für einen homogenen Körper<br />
V V<br />
Setzt man dies in die Grundgleichung ein, so erhält man<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 19 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
1 p = ρ v 3<br />
2<br />
Um eine Geschwindigkeit in den üblichen Einheiten von s anzugeben, definiert<br />
man eine mittlere Geschwindigkeit der Gasteilchen als Wurzel aus dem mittleren<br />
Geschwindigkeitsquadrat<br />
v =<br />
m<br />
v<br />
2<br />
2<br />
v zu<br />
v m<br />
Anmerkung: Die mittlere Geschwindigkeit<br />
1<br />
m −<br />
ist verschieden von der<br />
durchschnittlichen Geschwindigkeit v (vgl. die Anmerkungen zur MAXWELLschen<br />
Geschwindigkeitsverteilung).<br />
Die mittlere Geschwindigkeit<br />
Dichte ρ ausdrücken:<br />
v<br />
m<br />
=<br />
3 p<br />
ρ<br />
vm<br />
v m<br />
lässt sich damit als Funktion von Druck<br />
p und<br />
Die Messung der makroskopischen Größen Druck p und Dichte ρ erlaubt also eine<br />
Aussage über mikroskopische Eigenschaften der Gase – hier der mittleren<br />
Geschwindigkeit der Moleküle eines Gases.<br />
Beispiel<br />
v m<br />
Für die mittlere Geschwindigkeit vm<br />
bei Normbedingungen (<br />
ϑ n = 0 o C ) ergibt sich<br />
−1<br />
Helium: v (He) = 1306 m s ,<br />
m<br />
−1<br />
Stickstoff: v (N ) = 493 m s ,<br />
m<br />
Sauerstoff: v (O ) = 460 m s .<br />
m<br />
2<br />
2<br />
−1<br />
p n = 1 013 hPa und<br />
2.3.2 Zustandsgleichung eines idealen Gases<br />
Die Modellrechnung für ein ideales Gas liefert als Grundgleichung der kinetischen<br />
Theorie<br />
1<br />
p = n<br />
~<br />
3<br />
v<br />
m<br />
M<br />
v<br />
2<br />
Setzt man die Definition der Molekülzahldichte<br />
n<br />
~<br />
v =<br />
N<br />
V<br />
ein, so erhält man<br />
1 N<br />
p = m<br />
3 V<br />
M<br />
v<br />
2<br />
Umformung und Umschreibung dieser Beziehung liefert:<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 20 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
1 2<br />
pV = N mM<br />
v<br />
3<br />
2 ⎡1<br />
2 ⎤<br />
pV = N ⎢ mM<br />
v<br />
3<br />
⎥<br />
⎣2<br />
⎦<br />
Auf der rechten Seite dieser Gleichung steht in der Klammer ein Ausdruck, der sich<br />
als mittlere kinetische Energie ε kin eines Moleküls der Masse m M darstellen lässt.<br />
1 2<br />
ε kin = mM<br />
v<br />
2<br />
Damit bekommt die Grundgleichung die Form<br />
2 p V = N ε kin<br />
3<br />
Diese Gleichung beschreibt den Zustand von N Teilchen in einem Behälter. Diese<br />
Zustandsgleichung verknüpft Druck p und Volumen V mit dem Energieinhalt der<br />
betrachteten Gasmenge. Druck p und Volumen V sind makroskopische Größen; die<br />
mittlere Gesamtenergie ε kin wird durch die mikroskopischen Größen m M und<br />
ausgedrückt.<br />
Als Mittelwert muss die mittlere Gesamtenergie ε kin eine makroskopische Größe<br />
sein. Um eine Zustandsgleichung zu finden, die nur noch direkt messbare<br />
makroskopische Größen enthält, muss an dieser Stelle die Verknüpfung mit einem<br />
experimentellen Ergebnis erfolgen.<br />
Für ein ideales Gas findet man experimentell, dass für ein abgeschlossenes System<br />
bei vorgegebenem konstantem Druck das Volumen<br />
• proportional ist zur absoluten Temperatur T ; einer neu eingeführten Größe,<br />
• proportional ist zur Teilchenanzahl N .<br />
Also gilt<br />
pV ~ NT<br />
Man führt eine Proportionalitätskonstante k ein, die nach BOLTZMANN benannt ist. Ihr<br />
Zahlenwert kann für ein ideales Gas aus zusammengehörigen Werten für Druck,<br />
Temperatur und Volumen bestimmt werden.<br />
Ihre experimentelle Bestimmung liefert<br />
−1<br />
k = 1,380 6505 JK CODATA Wert<br />
Angegeben wird bei CODATA die<br />
Standard-Unsicherheit<br />
( k)<br />
= 0,000 0024 JK<br />
Dies entspricht der Standardabweichung der Statistik, d. h., mit 68 % Wahrscheinlichkeit<br />
liegt der wahre – und nie genau bekannte – Wert der physikalischen<br />
Konstanten (hier der atomaren Masseneinheit) in den Grenzen<br />
k = (1,380 6505 ± 0,000 0024) JK<br />
oder in anderer Schreibweise<br />
−1<br />
−1<br />
k = (1,380 6481) JK ≤ k ≤ 1,380 6529 JK<br />
−1<br />
−1<br />
2<br />
v<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 21 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
Vereinbart ist die prägnante Darstellungsform mit<br />
k = 1,380 6505(24) JK<br />
−1<br />
Die relative Unsicherheit für den Wert der AVOGADRO-Konstante ergibt sich zu<br />
1,8 ⋅10<br />
−7<br />
.<br />
Für alle Berechnungen in Übungsaufgaben benutzt man vereinfachend nur drei<br />
signifikante Stellen und rechnet mit<br />
k = 1,38 JK<br />
−1<br />
Damit lautet die thermische Zustandsgleichung für ein ideales Gas<br />
p V =<br />
k NT<br />
Vergleich dieser Gleichung mit dem Ergebnis der kinetischen Theorie liefert für die<br />
mittlere kinetische Energie ε kin sofort den Zusammenhang<br />
2<br />
ε kin = k T<br />
3<br />
oder nach Umformen<br />
3<br />
ε kin = kT<br />
2<br />
Die Definition der Mechanik war<br />
1 2<br />
ε kin = mM<br />
v<br />
2<br />
Die mittlere kinetische Energie eines Teilchens, eine mikroskopische Größe, ist direkt<br />
proportional zur absoluten Temperatur T , einer makroskopischen Größe.<br />
[Anmerkung: Später wird gezeigt, dass diese Beziehung nur für die<br />
Translationsbewegung der Teilchen (Atome oder Moleküle) gilt.] Die angegebene<br />
Beziehung führt letztlich zu einer linearen Temperaturskala, deren Nullpunkt durch<br />
einen Zustand festgelegt ist, in dem die Teilchen keine kinetische Energie haben.<br />
2.3.3 Gastemperatur T<br />
Im Abschnitt 2.3.2 wurde der Nullpunkt einer linearen Temperaturskala festgelegt<br />
und interpretiert. Die angesetzte lineare Beziehung erfordert einen zweiten Fixpunkt,<br />
denn mathematisch wird eine Gerade, d. h. eine lineare Beziehung, durch zwei<br />
Punkte festgelegt. Dieser Fixpunkt wird aus historischen Gründen auf einen Zustand<br />
bezogen, in dem sich von der chemischen Substanz H 2 O die feste Phase (Eis), die<br />
flüssige Phase (Wasser) und die gasförmige Phase (Wasserdampf) im Gleichgewicht<br />
befinden. Dieser Zustand wird als Tripelpunkt bezeichnet. Der Tripelpunkt lässt sich<br />
experimentell sehr gut reproduzieren.<br />
Historisch bedingt wird dem Tripelpunkt von H 2 O die absolute Temperatur<br />
T tr = 273,16 K<br />
zugeordnet. (Dazu gehört eindeutig der Druck p tr = 6,1 hPa .) Damit ist eine<br />
Temperaturskala im SI-System eindeutig definiert.<br />
Basisgröße absolute Temperatur T<br />
Basiseinheit 'KELVIN' mit dem Einheitenzeichen ' K'<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 22 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
Für die Festlegung der Basiseinheit gilt, dass man die Temperatur eines Körpers als<br />
Temperaturdifferenz Δ T gegen den absoluten Nullpunkt in K angibt. Die<br />
Temperaturdifferenz ΔT = 1K<br />
liegt vor, wenn der Druck eines konstant gehaltenen<br />
1<br />
Volumens eines idealen Gases um seines Druckes, gemessen am<br />
273,16<br />
Tripelpunkt der Substanz H 2 O , zu- oder abnimmt. Man benutzt dazu<br />
zweckmäßigerweise chemisch reines Helium. Das so definierte Messgerät heißt<br />
Gasthermometer.<br />
Die oben definierte Gastemperaturskala ist eine vorläufige Skala. Wie später gezeigt<br />
wird (vgl. Abschnitt 6.5), kann allein über die Messung übertragener Wärmen die<br />
absolute oder thermodynamische Temperaturskala definiert werden. Diese ist<br />
unabhängig von Stoffeigenschaften einer Substanz.<br />
Es lässt sich zeigen, dass in dem Temperaturbereich, in dem die Gastemperatur<br />
definiert ist, diese mit der Temperatur der absoluten KELVIN-Skala übereinstimmt.<br />
Eine Messvorschrift für die absolute Temperatur ergibt sich direkt aus dem<br />
experimentellen Ergebnis (vgl. Abschnitt 2.3.2) bzw. aus<br />
pV = k NT<br />
Unter der Bedingung, dass Teilchenzahl N und Volumen V konstant gehalten<br />
werden (dies erfordert einen dichten, nicht dehnbaren Behälter!), ist die Temperatur<br />
direkt proportional zum Druck der Gasmenge<br />
p ~ T<br />
Das ideale Gasthermometer ist die Verwirklichung dieses Prinzips zur Messung der<br />
Temperatur (vgl. Abb. 2-02).<br />
Grundsätzlich ist jedoch jede von der Temperatur abhängige physikalische<br />
Stoffeigenschaft zur Temperaturbestimmung geeignet.<br />
Beispiele<br />
• Druck p einer Gasmenge ideales Gasthermometer (vgl. Abb. 2-02)<br />
• thermische Ausdehnung Ausdehnungsthermometer<br />
(z. B. Hg-Thermometer und<br />
Bimetall-Thermometer) (vgl. Abb. 2-02)<br />
• elektrischer Widerstand Widerstandsthermometer (vgl. Abb. 2-02)<br />
• Wärmestrahlung Pyrometer<br />
• Thermospannung Thermoelemente<br />
• Farbe Thermopapiere bzw. -stifte<br />
Für das tägliche Leben wird weiterhin die Temperaturskala nach CELSIUS benutzt.<br />
Sie ist mit der KELVIN-Skala folgendermaßen verknüpft<br />
⎛T<br />
⎞ o<br />
ϑ = ⎜ − 273,15⎟<br />
C<br />
⎝ K ⎠<br />
Die CELSIUS-Skala ist gegen die KELVIN-Skala linear verschoben. Der Nullpunkt der<br />
CELSIUS-Skala ist festgelegt als der Schmelzpunkt der Substanz H 2 O für den<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 23 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
Phasenübergang fest – flüssig bei Normdruck; der Nullpunkt der CELSIUS-Skala liegt<br />
bei T = 273,15 K .<br />
Für die praktische Temperaturmessung gibt es für die verschiedenen<br />
Temperaturbereiche international vereinbarte Messvorschriften für so genannte<br />
sekundäre Fixpunkte, die zur Eichung von industriellen und wissenschaftlichen<br />
Geräten herangezogen werden (vgl. Abb. 2-03).<br />
p<br />
Quecksilbermanometer<br />
Kapillarrohr<br />
Nulleinstellung ( V = const. )<br />
durch Heben / Senken des<br />
Quecksilberreservoirs<br />
Medium, dessen<br />
Temperatur<br />
gemessen wird<br />
T<br />
T<br />
Messvolumen<br />
(a) Gasthermometer – Prinzipskizze.<br />
Einstellschraube<br />
Temperaturskala<br />
~230 V<br />
Wärmestrom<br />
Heizwiderstand<br />
Bimetallstreifen<br />
Anwendungsbeispiel:<br />
Bügeleisen, schematisch<br />
(b) Zweipunktregelung mit Bimetallthermometer (Prinzipskizze).<br />
Abb. 2-02: Temperatur – Temperaturmessung – thermische Effekte.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 24 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
10 000<br />
Ω<br />
6 000<br />
4 000<br />
2 000<br />
1 000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
Widerstand<br />
200<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
10<br />
0,1 0,2 0,4 0,6 0,8 1 2 4 6 K 10<br />
Temperatur<br />
(c) Widerstandsthermometer (Kohlewiderstand im He-Temperaturbereich).<br />
Abb. 2-02: Temperatur – Temperaturmessung – thermische Effekte.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 25 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
ϑ 90<br />
o<br />
C<br />
T 90<br />
K<br />
10000 10000<br />
5000 5000<br />
3418<br />
4000<br />
3000<br />
3691 Wolfram, Schmelzpunkt<br />
2000<br />
1768 2041,4 Platin, Erstarrungspunkt<br />
1064,18<br />
961,78<br />
1000<br />
1000<br />
1337,33 Gold, Erstarrungspunkt<br />
1234,93 Silber, Erstarrungspunkt<br />
444,614<br />
356,58<br />
500<br />
500<br />
717,764 Schwefel, Siedepunkt<br />
629,769 Quecksilber, Siedepunkt<br />
99,974 100<br />
373,124 Wasser, Siedepunkt<br />
0,01<br />
273,16 Wasser, Tripelpunkt<br />
0,00 0<br />
273,15 Wasser, Erstarrungspunkt<br />
-38,829<br />
-100<br />
234,321 Quecksilber, Erstarrungspunkt<br />
-182,954 100<br />
90,196 Sauerstoff, Siedepunkt<br />
-200<br />
50<br />
-250<br />
-260<br />
10<br />
5<br />
4,2221 Helium, Siedepunkt<br />
-270<br />
1<br />
Abb. 2-03: Einige thermometrische<br />
Fixpunkte der Internationalen<br />
Temperaturskala (ITS-90). Sämtliche<br />
Temperaturangaben gelten für<br />
Normdruck p n = 101,325 kPa ).<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 26 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
2.3.4 Molare Gaskonstante R m und Innere Energie U<br />
eines idealen Gases<br />
Im Modell der kinetischen Theorie gibt es keinerlei Wechselwirkung zwischen den<br />
Molekülen (außer bei einem Zusammenstoß). Man deutet die Summe der<br />
kinetischen Energien der Einzelmoleküle des Gases als seine Innere Energie U .<br />
Also gilt<br />
N<br />
U = ∑ε<br />
i=<br />
1<br />
i, kin = N εkin<br />
Mit der Darstellung der mittleren kinetischen Energie (der Translation) als<br />
ε 3<br />
kin = k T<br />
2<br />
und Summation über N Teilchen erhält man<br />
3<br />
U = N<br />
2<br />
k T<br />
Durch Umformen mit der Definition der Teilchenmenge<br />
U =<br />
N<br />
N<br />
3<br />
k N<br />
2<br />
3<br />
T = n k N<br />
A<br />
A 2<br />
Das Produkt der beiden Konstanten<br />
Gaskonstante<br />
R<br />
m<br />
= k N<br />
A<br />
= 8,314 J mol<br />
−1<br />
A<br />
K<br />
T<br />
−1<br />
( kNA )<br />
Mit dieser neuen Konstanten gilt für die Innere Energie<br />
3<br />
U = n R<br />
2<br />
m<br />
T<br />
N<br />
n = wird<br />
N A<br />
lässt sich zusammenfassen zur molaren<br />
Die Innere Energie einer idealen eingeschlossenen Gasmenge ist demnach allein<br />
eine Funktion der Temperatur.<br />
2.3.5 Makroskopische Beschreibung eines idealen Gases<br />
Mit der molaren Gaskonstante<br />
p V =<br />
N kT<br />
die Gleichung<br />
pV<br />
= n R<br />
m<br />
T<br />
R = k N erhält man aus<br />
Dies ist die allgemeine Zustandgleichung eines idealen Gases.<br />
m<br />
A<br />
Diese Form der Zustandgleichung ist teilchenmengenbezogen. Sie enthält mit<br />
eine universelle Konstante, die für ein ideales Gas den gleichen Wert hat. Für ein<br />
ideales Gas sind Druck, Volumen, Teilchenmenge und Temperatur linear<br />
miteinander verknüpft.<br />
Wird diese Gleichung mit<br />
m<br />
n = umgeformt, ergibt sich<br />
M<br />
R m<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 27 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
pV<br />
=<br />
m<br />
M<br />
Der Quotient<br />
R<br />
i =<br />
R<br />
M<br />
m<br />
Rm T =<br />
Rm<br />
m T<br />
M<br />
kennzeichnet ein individuelles Gas; er heißt deshalb spezielle oder individuelle<br />
Gaskonstante. Damit wird die Zustandsgleichung<br />
pV<br />
= mR T<br />
i<br />
Diese Form der Zustandsgleichung ist auf die Masse einer Substanz bezogen. Auch<br />
mit dieser Form der Zustandgleichung ist das Verhalten eines idealen Gases<br />
gänzlich mit makroskopischen Größen erfassbar.<br />
Führt man das spezifische Volumen<br />
V<br />
v = ein,<br />
m<br />
dann erhält man eine weitere Formulierung der Zustandsgleichung mit<br />
pv<br />
= R T<br />
i<br />
Diese Formulierung wird allerdings nur in der technischen Thermodynamik benutzt.<br />
2.4 MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung<br />
2.4.1 Verteilungsfunktion nach MAXWELL<br />
Bei der Berechnung des Drucks eines Gases nach der kinetischen Theorie wurden<br />
die verschiedenen Geschwindigkeiten der Teilchen/Moleküle durch ein mittleres<br />
Geschwindigkeitsquadrat berücksichtigt; eine mittlere Geschwindigkeit als Wurzel<br />
aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat definiert.<br />
Die Anzahl der Teilchen dN , deren Geschwindigkeiten (Betrag) im<br />
Geschwindigkeitsintervall zwischen v und ( v + dv<br />
) liegt, ist gegeben durch<br />
dN<br />
= N<br />
dabei ist<br />
0<br />
N 0<br />
⎛<br />
4π<br />
⎜<br />
⎝ 2π<br />
M<br />
R<br />
m<br />
⎞<br />
T<br />
⎟<br />
⎠<br />
3 / 2<br />
v<br />
2<br />
e<br />
M<br />
− v<br />
2R<br />
T<br />
m<br />
2<br />
dv<br />
die Gesamtanzahl der Moleküle und<br />
⎛ M ⎞<br />
P(<br />
v)<br />
= 4π<br />
⎜<br />
2 RmT<br />
⎟<br />
⎝ π ⎠<br />
3 / 2<br />
v<br />
2<br />
e<br />
−<br />
2<br />
M<br />
R<br />
m<br />
v<br />
T<br />
2<br />
die nach MAXWELL benannte Verteilungsfunktion (in molarer Schreibweise). Diese<br />
Verteilungsfunktion wurde von JAMES CLERK MAXWELL bereits 1859 angegeben.<br />
In der MAXWELLschen Verteilungsfunktion sind<br />
v<br />
T<br />
Geschwindigkeitsbeträge<br />
Temperatur<br />
M Molare Masse<br />
R m Molare Gaskonstante<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 28 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
Mit den Beziehungen<br />
M = N A m M und R m = k NA<br />
dabei ist<br />
m M die Masse eines Moleküls des betrachteten Gases<br />
k<br />
die BOLTZMANN-Konstante<br />
kann dies umgeschrieben werden auf eine (atomistische) Darstellung<br />
⎛ mM<br />
⎞<br />
P(<br />
v)<br />
= 4π⎜<br />
⎟<br />
⎝ 2πkT<br />
⎠<br />
3 / 2<br />
v<br />
2<br />
e<br />
mM<br />
− v<br />
2kT<br />
2<br />
Für ein individuelles Gas (beschrieben durch die die Masse eines einzelnen Moleküls<br />
m M oder durch die molare Masse M ) enthält die Verteilungsfunktion als Parameter<br />
die absolute thermodynamische Temperatur T . Den qualitativen Verlauf der<br />
Verteilungsfunktionen für zwei vorgegebene (konstante) Temperaturen zeigt<br />
Abb 2-04 (a).<br />
P (v)<br />
T 1<br />
T 2 > T 1<br />
Abb. 2-04: (a) MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung.<br />
Geschwindigkeit<br />
Für kleine Geschwindigkeiten ( v → 0 ) ergibt sich<br />
2<br />
m<br />
−<br />
P( v → 0) ~ v (weil e 2kT<br />
≈ 1)<br />
M<br />
v<br />
2<br />
Für große Geschwindigkeiten v → ∞ überwiegt die abklingende Exponentialfunktion<br />
2<br />
gegen das Anwachsen mit v und die Verteilungsfunktion geht asymptotisch gegen<br />
null.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 29 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
2<br />
Eine Funktion, die bei null beginnt, mit v anwächst und schließlich asymptotisch<br />
gegen null geht, hat notwendigerweise ein Maximum. Dieses Maximum entspricht<br />
der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit bei einer vorgegebenen Temperatur.<br />
Mit steigender Temperatur verschiebt sich das Maximum der Funktion zu höheren<br />
Geschwindigkeiten, die Verteilungsfunktion wird breiter.<br />
2.4.2 Definition spezieller Geschwindigkeiten<br />
Man definiert für die Geschwindigkeitsverteilung der Moleküle drei spezielle<br />
Geschwindigkeiten:<br />
• wahrscheinlichste Geschwindigkeit v w ,<br />
• durchschnittliche Geschwindigkeit v d ,<br />
• mittlere Geschwindigkeit v m .<br />
Diese sind in Abb. 2-04 (b) dargestellt.<br />
P(v)<br />
v w<br />
v d<br />
v m<br />
Geschwindigkeit<br />
Abb. 2-04: (b) MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung. Spezielle<br />
Geschwindigkeiten.<br />
Für die notwendigen Integrationen entnimmt man aus Integraltafeln für die<br />
uneigentlichen Integrale im Intervall 0 ... ∞<br />
∞<br />
∫ x<br />
0<br />
2<br />
e<br />
2<br />
−a<br />
x<br />
1<br />
dx = ⋅<br />
2<br />
a<br />
π<br />
2<br />
∞<br />
∫ x<br />
0<br />
3<br />
e<br />
−a x<br />
2<br />
1<br />
dx =<br />
2 ⋅ x<br />
2<br />
∫ x<br />
0<br />
4<br />
e<br />
2<br />
−a<br />
x<br />
Die Durchführung der Integration wird als Übungsaufgabe empfohlen.<br />
∞<br />
dx =<br />
3<br />
8<br />
⋅<br />
a<br />
π<br />
5<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 30 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
Wahrscheinlichste Geschwindigkeit<br />
Der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit entspricht dem Maximum der<br />
MAXWELLschen Geschwindigkeitsverteilungsfunktion. Sie ergibt sich aus der<br />
Bedingung<br />
zu<br />
dP(<br />
v)<br />
d<br />
⎡<br />
⎢<br />
⎛ mM<br />
⎞<br />
= 4π⎜<br />
⎟<br />
dv<br />
dv<br />
⎢ ⎝ 2πkT<br />
⎠<br />
⎣<br />
v<br />
w = 2<br />
RmT<br />
M<br />
3 / 2<br />
v<br />
2<br />
e<br />
mM<br />
− v<br />
2kT<br />
2<br />
v w<br />
⎤<br />
⎥ = 0<br />
⎥<br />
⎦<br />
Durchschnittliche Geschwindigkeit<br />
v d<br />
Die durchschnittliche Geschwindigkeit ist der arithmetische Mittelwert der<br />
Geschwindigkeitsbeträge aller Teilchen. Bestimmt werden muss also das Integral<br />
∞<br />
∫<br />
0<br />
⎛<br />
v ⋅ P(<br />
v ) dv<br />
= 4π<br />
⎜<br />
⎝ 2π<br />
Man erhält<br />
v<br />
d<br />
=<br />
8<br />
π<br />
RmT<br />
M<br />
M<br />
R<br />
m<br />
⎞<br />
⎟<br />
T ⎠<br />
3 / 2<br />
⋅<br />
∞<br />
∫<br />
0<br />
v<br />
3<br />
e<br />
−<br />
2<br />
M<br />
R<br />
2<br />
v<br />
mT<br />
Ausgedrückt in der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit erhält man<br />
8 v 4<br />
v =<br />
π 2 π<br />
w<br />
d = = v w 1, 128<br />
v<br />
w<br />
dv<br />
Mittlere Geschwindigkeit<br />
v m<br />
Die mittlere Geschwindigkeit ist die Wurzel aus dem Mittelwert der<br />
Geschwindigkeitsquadrate aller Teilchen. Dies hat als Konsequenz, dass größere<br />
Geschwindigkeiten stärker gewichtet werden als bei der durchschnittlichen<br />
Geschwindigkeit.<br />
__<br />
2<br />
Das mittlere Geschwindigkeitsquadrat v bestimmt sich aus dem Integral<br />
∞<br />
∫<br />
0<br />
v<br />
2<br />
⎛<br />
⋅ P(<br />
v)<br />
dv<br />
= 4π<br />
⎜<br />
⎝ 2π<br />
M<br />
R<br />
m<br />
⎞<br />
⎟<br />
T ⎠<br />
3 / 2<br />
Der Wert des Integrals ergibt sich zu<br />
__<br />
2 3<br />
v<br />
=<br />
RmT<br />
M<br />
⋅<br />
∞<br />
∫<br />
0<br />
v<br />
4<br />
e<br />
−<br />
2<br />
M<br />
R<br />
2<br />
v<br />
mT<br />
dv<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 31 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
Daraus erhält man die mittlere Geschwindigkeit<br />
v<br />
m = 3<br />
RmT<br />
M<br />
Ausdrückt in der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit ergibt sich<br />
v w 3<br />
v m = 3 = v w = 1, 225 v<br />
2 2<br />
w<br />
Das Ergebnis der Integration über alle vorkommenden Geschwindigkeiten für das<br />
mittlere Geschwindigkeitsquadrat liefert für die mittlere kinetische Energie eines<br />
Einzelmoleküls<br />
1 2 1 3Rm<br />
T 1 3NA<br />
kT<br />
ε kin = mM<br />
vm<br />
= mM<br />
= mM<br />
=<br />
2 2 M 2 N m<br />
A<br />
M<br />
3<br />
kT<br />
2<br />
in Übereinstimmung mit der Definition aus der kinetischen Theorie eines idealen<br />
Gases. In der kinetischen Energie wird nur die Translation der Gasteilchen<br />
betrachtet.<br />
Vergleich der drei definierten Geschwindigkeiten<br />
Es ist leicht zu sehen, dass immer gilt<br />
v < v < v .<br />
w<br />
d<br />
m<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />
- 32 -<br />
’Kinetische Gastheorie’
3 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong><br />
3.1 Begriffe und Definitionen<br />
3.1.1 Systembegriff<br />
Unter dem Begriff System versteht man in der Thermodynamik einen räumlichen Bereich,<br />
der von seiner Umgebung durch – gedachte oder materielle – Grenzflächen<br />
getrennt ist.<br />
Die Übertragungen von Materie und Energie über die Systemgrenzen beeinflussen<br />
den Systemzustand. Daher sind drei Systemarten zu unterscheiden; dadurch ist eine<br />
Klassifizierung möglich (vgl. Abb. 3-01).<br />
Kein<br />
Energieaustausch<br />
Kein<br />
Materieaustausch<br />
Beispiele<br />
Abgeschlossenes<br />
System<br />
Systemgrenze<br />
Geschlossene Tanks im isolierenden<br />
Erdreich;<br />
geschlossene Thermosgefäße<br />
aller Art.<br />
Energieaustausch<br />
Kein<br />
Materieaustausch<br />
Geschlossenes<br />
System<br />
Systemgrenze<br />
Geschlossene Heiz- und<br />
Kühlkreisläufe;<br />
Zylinder von Verbrennungsmotoren<br />
im Zündzeitpunkt.<br />
Energieaustausch<br />
Materieaustausch<br />
Offenes<br />
System<br />
Systemgrenze<br />
Rohrleitungen,<br />
(evtl. beheizt oder gekühlt);<br />
Wärmetauscher;<br />
Durchlauferhitzer.<br />
Abb. 3-01: Systemarten – Übersicht und Definitionen.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 33 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
• Abgeschlossene Systeme<br />
Die Grenzflächen sind für Materie und für Energieübertragung vollkommen<br />
undurchlässig.<br />
• Geschlossene Systeme<br />
Die Grenzflächen sind für Materie undurchlässig.<br />
Energie kann über die Grenzflächen ausgetauscht werden.<br />
• Offene Systeme<br />
Die Grenzflächen sind sowohl für Materie als auch für Energieaustausch<br />
durchlässig.<br />
Im Folgenden werden nur geschlossene oder abgeschlossene Systeme behandelt.<br />
In diesen Systemen bleibt die Teilchenzahl eingeschlossener Gase konstant.<br />
3.1.2 Zustand und Zustandsgrößen<br />
Der Zustand eines Systems, also einer Teilchenmenge n eines idealen Gases, wird<br />
durch eine Anzahl messbarer physikalischer Größen gekennzeichnet und beschrieben.<br />
Diese Größen heißen Zustandsgrößen.<br />
Man nennt – historisch bedingt – direkt messbare Zustandsgrößen thermische Zustandsgrößen.<br />
Diese sind<br />
• Druck p<br />
• Volumen V<br />
• (absolute)Temperatur T<br />
Aus den direkt messbaren Zustandsgrößen lassen sich durch Definitionen und Rechenvorschriften<br />
weitere Zustandsgrößen bestimmen. Diese – nicht direkt messbaren<br />
Zustandsgrößen – hängen i. Allg. von zwei thermischen Zustandsgrößen ab. Aus<br />
historischen Gründen nennt man sie kalorische Zustandsgrößen.<br />
Dazu gehören u. a.<br />
• Innere Energie U<br />
• Enthalpie H<br />
• Entropie S<br />
Der Begriff Zustand wird abkürzend für den präziseren Ausdruck Gleichgewichtszustand<br />
oder thermodynamischer Gleichgewichtszustand oder auch thermodynamisches<br />
Gleichgewicht benutzt. Zustandsgrößen für ein System anzugeben ist erst<br />
dann sinnvoll, wenn im System ein Ausgleich erfolgt ist und keine zeitliche Änderung<br />
mehr feststellbar ist. Das heißt, dass die Zustandsgrößen eines Systems im Gleichgewichtszustand<br />
sich auch dann nicht ändern, wenn das System von den Einwirkungen<br />
seiner Umgebung isoliert wird. Dies werde durch ein Beispiel illustriert:<br />
Bringt man einen heißen und einen kalten Kupferklotz in thermischen Kontakt und<br />
sorgt durch entsprechende Isolation nach außen dafür, dass zu dem betrachteten<br />
System nur die beiden Klötze gehören, eine Wechselwirkung mit der Umwelt also<br />
experimentell ausgeschlossen ist, so beobachtet man nach hinreichend langer Wartezeit,<br />
dass die Zustände heiß und kalt sich ausgeglichen haben und der Gesamtkörper<br />
einen einheitlichen Zustand vorstellt, der hier durch eine einheitliche Temperatur<br />
T des Gesamtkörpers beschrieben wird, die sich zeitlich nicht ändert. Dies bleibt<br />
auch erhalten, wenn die Körper danach wieder räumlich getrennt werden.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 34 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Dazu gehört die Aussage: "Ein sich im thermischen Gleichgewicht befindendes System<br />
ändert seinen Zustand ohne Einwirkung aus der Umgebung nicht."<br />
Zur Beschreibung von Gleichgewichtszuständen, ihren Änderungen sowie ihrer mathematischen<br />
und grafischen Veranschaulichung werden im Folgenden einige wichtige<br />
Begriffe und ihre Zusammenhänge erläutert<br />
3.1.2.1 Gleichgewicht, Zustandsgrößen und Zustandsfunktionen<br />
Für einen (Anfangs)-Gleichgewichtszustand ' A'<br />
(hat jede Zustandsgröße einen eindeutigen<br />
Wert (z. B. T A , VA<br />
, pA<br />
). Deshalb kann man sie als Funktionen des Zustandes<br />
auffassen. Die Begriffe Zustandsgröße und Zustandsfunktion sind gleichberechtigt.<br />
Eine physikalische Größe ist dann eine Zustandsfunktion, wenn die Differenz<br />
ihrer Werte in zwei Gleichgewichtszuständen ' A'<br />
und ' E'<br />
(für Ende) nur von den<br />
beiden Zuständen ' A'<br />
und ' E'<br />
abhängt, aber nicht davon, wie das betrachtete System<br />
vom Zustand ' A'<br />
in den Zustand ' E'<br />
gekommen ist. Diese Unabhängigkeit vom<br />
Vorgang wird mit dem mathematischen Kriterium totales Differential ausgedrückt<br />
und in der Differentialschreibweise mit ' d'<br />
gekennzeichnet.<br />
Als Beispiel aus der Mechanik seien das Gravitationspotential als Zustandsgröße des<br />
Gravitationsfeldes oder die potentielle Energie einer idealen Feder als Zustandsgröße<br />
in Abhängigkeit von der Auslenkung angeführt.<br />
3.1.2.2 Zustandsänderungen – thermodynamische Prozesse<br />
Den Übergang von einem Gleichgewichtszustand ' A'<br />
in einen Gleichgewichtszustand<br />
' E'<br />
bezeichnet man als Zustandsänderung oder als thermodynamischen Prozess.<br />
Dazu ist notwendig, dass auf das System eine Einwirkung von außen erfolgt,<br />
also das System und die Umwelt miteinander in Wechselwirkung treten. Zwischen<br />
geschlossenen Systemen können Wärme und Arbeit übertragen werden, beide Größen<br />
sind dann wegabhängige Prozessgrößen, abhängig von der Führung des Prozesses.<br />
3.1.2.3 Zustandsgleichungen<br />
Für jeden thermischen Gleichgewichtszustand sind die Zustandsgrößen miteinander<br />
verknüpft. Diese Verknüpfungsgleichungen heißen Zustandsgleichungen. Ein Beispiel<br />
ist die Zustandsgleichung eines idealen Gases, die aus Modellvorstellungen<br />
abgeleitet ist (vgl. Kapitel 2). Im Allgemeinen aber sind dies experimentell gefundene<br />
(empirische) Zusammenhänge, die nur in Grenzen gültig sind. Ein Beispiel dafür ist<br />
die Zustandsgleichung für reale Gase nach VAN DER WAALS (vgl. Kapitel 7).<br />
Nur für das kinetische Modell des idealen Gases (vgl. Abschnitt 2.1) ist die thermische<br />
Zustandsgleichung vollständig herleitbar. Damit ist der Zusammenhang der Zustandsgrößen<br />
für einen Grenzfall qualitativ und quantitativ erfasst. In den meisten<br />
realen Fällen ist damit aber bereits eine hinreichend genaue Beschreibung möglich.<br />
3.1.2.4 Zustandsdiagramme (vgl. Abb. 3-02)<br />
Zur grafischen Veranschaulichung von Zustandsänderungen benutzt man Zustandsdiagramme.<br />
Diese übertragen mathematische Funktionszusammenhänge in eine<br />
grafische Darstellung. Als Koordinatenachsen werden Zustandsgrößen aufgetragen.<br />
Diese Darstellungen sind im Allgemeinen zweidimensional; manche Darstellungen<br />
nutzen die Möglichkeiten der Parallelperspektive aus. Verknüpft eine Zustandsglei-<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 35 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
chung drei Zustandsgrößen wie Druck p , Temperatur T und Volumen V , so wird<br />
durch zwei Zustandsgrößen die dritte eindeutig festgelegt. Sie ist dann unter Anwendung<br />
der Zustandsgleichung errechenbar. Für den vorliegenden Abschnitt sind folgende<br />
Zustandsdiagramme besonders wichtig<br />
• das p,V -Diagramm zur Beschreibung von Zustandsänderungen eines idealen<br />
Gases (vgl. Abb. 3-02),<br />
• das p,T -Diagramm zur Beschreibung der Phasen eines Systems<br />
(vgl. Abschnitt 7.4).<br />
p<br />
p A<br />
Anfangszustand ≡<br />
Gleichgewichtszustand 'A'<br />
Zustandsänderung ≡<br />
Thermodynamischer Prozess 'A' → 'E'<br />
für die Versuchsbedingung T = const. .<br />
p E<br />
Endzustand ≡<br />
Gleichgewichtszustand 'E'<br />
T = const.<br />
V A<br />
V E<br />
V<br />
Abb. 3-02: Beispiel für eine Zustandsänderung – dargestellt im p,V -Diagramm.<br />
Die schraffierte Fläche unter der p(V )-Kurve repräsentiert die umgesetzte<br />
Volumenänderungsarbeit für den Prozess ' A' → 'E' .<br />
3.1.3 Wärme<br />
Werden zwei Körper verschiedener Temperatur in Kontakt miteinander gebracht, so<br />
zeigt die Erfahrung, dass zwischen ihnen ein Temperaturausgleich erfolgt. Der Körper<br />
mit der ursprünglich höheren Temperatur geht dabei in einen Zustand mit niedrigerer<br />
Temperatur über, der ursprünglich kältere Körper in einen Zustand höherer<br />
Temperatur.<br />
Die physikalische Größe, die dies verursacht, nennt man Wärme. Damit lässt sich<br />
eine nützliche, aber formelmäßig nicht fassbare Definition geben:<br />
"Wärme ist eine Energieform, die zwischen zwei Systemen ausgetauscht wird, allein<br />
deshalb, weil zwischen den Systemen eine Temperaturdifferenz besteht."<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 36 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
In dieser Beschreibung ist bereits die Richtung dieser Energieübertragung enthalten.<br />
Dies ist bei der Formulierung des 2. Hauptsatzes wichtig (vgl. Kapitel 6).<br />
Wärme wird als Energie bei thermodynamischen Prozessen über die Systemgrenze<br />
übertragen. Mathematisch wird dieser Charakter als Prozessgröße mit der Schreibweise<br />
ihres Differentials der Wärme in der Form ' δ Q'<br />
symbolisiert.<br />
Die mit der Beschreibung dieser speziellen Übertragungsform der Energie einhergehenden<br />
besonderen Denk- und Experimentierweisen haben historisch zu einer eigenständigen<br />
Disziplin der <strong>Wärmelehre</strong> geführt.<br />
Um unterscheiden zu können, ob einem System Wärme zugeführt wird oder ob das<br />
System Wärme abgibt, versieht man ihren Wert mit einem algebraischen Vorzeichen<br />
nach folgender Vorzeichenkonvention<br />
Es zählt die<br />
• einem System zugeführte Wärme positiv<br />
• von einem System abgegebene Wärme negativ<br />
3.1.4 Arbeit<br />
Werden die Begrenzungen eines thermodynamischen Systems verschoben, so bewirkt<br />
dies eine Zustandsänderung des betrachteten Systems. Die Form der Energie,<br />
die bei einem solchen Prozess übertragen wird, nennt man Arbeit. Wie die Energieform<br />
Wärme ist auch die Energieform Arbeit eine Prozessgröße. Wieder wird dies in<br />
der mathematischen Schreibweise des Differentials der Arbeit mit ' δW ' symbolisiert.<br />
Um die Richtung der Energieübertragung zu kennzeichnen, vereinbart man, in Übereinstimmung<br />
mit der Vorzeichenkonvention für die übertragene Wärme, folgendes:<br />
Es zählt die<br />
• einem System zugeführte Arbeit positiv<br />
• von einem System abgegebene Arbeit negativ<br />
Für den vorliegenden Unterrichtsabschnitt ist die Volumenänderungsarbeit wichtig.<br />
Auf Reibungsarbeit wird nicht eingegangen. Betrachtet werden ruhende, geschlossene<br />
Systeme. Ruhend deshalb, weil die kinetische Energie des bewegten Gesamtsystems<br />
und seine Lage im Raum (potentielle Energie) nicht interessieren sollte.<br />
Δ s r<br />
Druck p<br />
F r<br />
Fläche A<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 37 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Die an einem Gas verrichtete Volumenänderungsarbeit Δ W wird an folgendem Beispiel<br />
eingeführt und definiert: In einem Zylinder befinden sich N Moleküle eines Gases.<br />
Der Gasdruck ist p . Der Zylinder ist durch einen reibungsfrei laufenden Kolben<br />
der Fläche A abgeschlossen. Verschieben des Kolbens um das Wegelement Δ s r<br />
r r<br />
bewirkt die Arbeitsverrichtung Δ W = ( F ⋅ Δ s)<br />
an dem Gas. Während des Verschiebens<br />
(Volumenänderung Δ V = A ⋅ Δs<br />
) ist die von den Molekülen auf die Kolbenfläche<br />
ausgeübte Kraft stets im Gleichgewicht mit der äußeren Kraft.<br />
Also ist die Kraft betragsmäßig darstellbar durch<br />
r<br />
F = p A<br />
und die Arbeit wird dem Betrage nach<br />
Δ W<br />
= p AΔs<br />
= p ΔV<br />
Bei Kompression wird dem System Arbeit von außen zugeführt. Die Volumenänderung<br />
ΔV<br />
= V nach −V vor ist dabei negativ.<br />
Um die Vorzeichenkonvention einzuhalten, ist in die Definition der Arbeit bei Verschiebung<br />
des Kolbens in der angegebenen Richtung ein Minus-Zeichen aufzunehmen.<br />
In differentieller Schreibweise gilt also<br />
δ W = − p dV<br />
Gibt das System Arbeit nach außen ab, dann ist die Volumenänderung positiv; die<br />
abgegebene Arbeit hat in Übereinstimmung mit der Vorzeichenkonvention ein negatives<br />
Vorzeichen.<br />
' E' wird die insgesamt aus-<br />
Beim Übergang von einem Zustand<br />
getauschte Arbeit (vgl. Abb. 3-02)<br />
W<br />
AE<br />
E<br />
= ∫ δW<br />
A<br />
V<br />
E<br />
= − ∫ p(<br />
V ) dV<br />
V<br />
A<br />
' A'<br />
in einen Zustand<br />
Die umgesetzte Arbeit wird repräsentiert durch die Fläche unter der<br />
p,V -Kurve.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 38 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
3.2 Wärmekapazitäten<br />
Die Systematik dieses Abschnitts gibt die folgende Struktur wieder<br />
Wärmekapazität<br />
δQ<br />
C = d T<br />
massebezogen<br />
spezifische<br />
Wärmekapazität<br />
1 δQ<br />
c = ⋅<br />
m dT<br />
stoffmengenbezogen<br />
molare<br />
Wärmekapazität<br />
1 δQ<br />
C = ⋅<br />
n dT<br />
Abhängigkeiten<br />
• von der Temperatur<br />
• von den Versuchsbedingungen<br />
p = const. (isobarer Prozess)<br />
V = const. (isochorer Prozess)<br />
Spezifische Wärmekapazität<br />
Druck<br />
c p<br />
bei konstantem<br />
Volumen<br />
c v<br />
Molare Wärmekapazität<br />
Druck<br />
bei konstantem<br />
Volumen<br />
C mp<br />
C mv<br />
3.2.1 Definitionen<br />
3.2.1.1 Wärmekapazität C<br />
Die Temperatur ΔT eines Körpers wird durch Zufuhr von Wärme erhöht. Die Temperaturerhöhung<br />
ΔT entspricht dem Unterschied aus End- und Anfangstemperatur,<br />
also<br />
Δ T = T<br />
Ende<br />
−T<br />
Anfang<br />
= T<br />
E<br />
−T<br />
A<br />
Das Symbol ' Δ' kennzeichnet eine kleine Temperaturänderung (Erhöhung oder Erniedrigung),<br />
die hier der Temperaturdifferenz entspricht.<br />
Materialien unterscheiden sich dadurch, dass bei vorgegebener Masse m und vorgegebener<br />
zugeführter Wärme Δ Q (dabei steht das Symbol 'Δ'<br />
für klein) die resultierenden<br />
Temperaturänderungen Δ T bei gleichen Versuchsbedingungen verschieden<br />
sind. Dabei sollen allerdings Phasenumwandlungen (vgl. Abschnitt 7.3) ausgeschlossen<br />
sein. Die Proportionalitätskonstante zwischen Δ T und ΔQ nennt man<br />
Wärmekapazität C .<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 39 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Wegen<br />
Δ Q = C ΔT<br />
damit wird die Wärmekapazität<br />
ΔQ<br />
C = Δ T<br />
in Worten: Die (mittlere) Wärmekapazität erhält man aus zugeführter Wärme<br />
dividiert durch die dadurch hervorgerufene Temperaturänderung Δ T .<br />
Die abgeleitete SI-Einheit der Wärmekapazität ergibt sich zu<br />
−1<br />
[ C] = 1JK<br />
ΔQ<br />
3.2.1.2 Spezifische Wärmekapazität c<br />
Die auf die Masse m eines Körpers bezogene Wärmekapazität nennt man spezifische<br />
Wärmekapazität (vgl. Abschnitt 1.4.1)<br />
ΔQ<br />
c = 1<br />
m ΔT<br />
Die abgeleitete SI-Einheit der spezifischen Wärmekapazität ergibt sich zu<br />
− 1<br />
[] 1J kg<br />
1 −<br />
c = K<br />
3.2.1.3 Molare Wärmekapazität C m<br />
Die auf die Teilchenmenge n bezogene Wärmekapazität nennt man molare Wärmekapazität,<br />
(vgl. Abschnitt 1.4.2).<br />
C<br />
m<br />
ΔQ<br />
= 1<br />
m ΔT<br />
Die abgeleitete SI-Einheit der molaren Wärmekapazität ergibt sich zu<br />
−1<br />
−1<br />
[ C ] = 1J mol K<br />
m<br />
3.2.2 Abhängigkeit von der Temperatur<br />
Man findet experimentell, dass die oben angegebenen Größen nicht konstant sind,<br />
sondern abhängig vom Zustand, vor allem von der Temperatur. Die Abhängigkeit<br />
vom Druck kann innerhalb einer Phase bei mäßigen Drücken meist vernachlässigt<br />
werden. Die Messergebnisse geben also nur Durchschnittswerte im betrachteten<br />
Temperaturintervall Δ T an.<br />
Die allgemeinen Definitionen gehen von differentiellen Änderungen aus.<br />
ΔQ<br />
δQ<br />
• Wärmekapazität<br />
C = lim =<br />
ΔT<br />
→0<br />
ΔT<br />
dT<br />
ΔQ<br />
1 δQ<br />
• Spezifische Wärmekapazität c = lim =<br />
ΔT<br />
→0<br />
m ΔT<br />
m dT<br />
• Molare Wärmekapazität<br />
C<br />
m<br />
=<br />
Δ<br />
ΔQ<br />
1 δQ<br />
lim =<br />
T → 0 n ΔT<br />
n dT<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 40 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Da die zugeführte Wärme δQ eine Prozessgröße ist, ist sie nicht als Differenz zweier<br />
Wärmen darstellbar. Andererseits wird δ Q aber im Grenzfall als eine differentielle<br />
Größe behandelt; deshalb wird das mathematische Symbol 'δ'<br />
benutzt. Das Symbol<br />
'd' ist Größen vorbehalten, die ein totales Differential darstellen.<br />
3.2.3 Abhängigkeit von den Versuchsbedingungen<br />
Die oben gegebenen Definitionen sind aber immer noch nicht eindeutig.<br />
Es muss zusätzlich angegeben werden, unter welchen Versuchsbedingungen die<br />
Wärme zugeführt wird.<br />
Besonders wichtig sind die beiden Versuchsbedingungen<br />
• konstanter Druck p = const. (isobarer Prozess)<br />
• konstantes Volumen V = const. (isochorer Prozess)<br />
Es wird<br />
• Spezifische isobare Wärmekapazität<br />
c<br />
p<br />
1 δQ<br />
=<br />
m dT<br />
p = const.<br />
• Spezifische isochore Wärmekapazität<br />
c<br />
v<br />
1 δQ<br />
=<br />
m dT<br />
V<br />
= const.<br />
• Molare isobare Wärmekapazität<br />
C<br />
mp<br />
1 δQ<br />
=<br />
n dT<br />
p = const.<br />
• Molare isochore Wärmekapazität<br />
C<br />
mv<br />
1 δQ<br />
=<br />
n dT<br />
V<br />
= const.<br />
3.2.4 Verknüpfungen zwischen spezifischen und molaren Wärmekapazitäten<br />
Spezifische und molare Wärmekapazitäten sind über die molare Masse M miteinander<br />
verknüpft.<br />
So ergibt sich aus den obigen Definitionen für die Versuchsbedingung<br />
1 δQ<br />
c p =<br />
und<br />
m dT<br />
p = const.<br />
nach Division der beiden Beziehungen wird<br />
oder<br />
C<br />
c<br />
mp<br />
p<br />
=<br />
m<br />
n<br />
C mp = M c p<br />
= N m<br />
M<br />
N<br />
N<br />
A<br />
C<br />
mp<br />
= M , weil N m = M<br />
und analog für die Versuchsbedingung V = const.<br />
C mv = M c v<br />
A<br />
1 δQ<br />
=<br />
n dT<br />
p = const.<br />
p = const.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 41 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Wenn c x = cx ( T ) bekannt ist, kann die Gesamtwärme QAE<br />
berechnet werden, die<br />
einem Körper der Masse m und der spezifischen Wärmekapazität cx<br />
zugeführt werden<br />
muss, um die Temperatur von der Anfangstemperatur T A auf die Endtemperatur<br />
zu erhöhen:<br />
T E<br />
Q<br />
AE<br />
= m<br />
T<br />
T<br />
E<br />
∫<br />
A<br />
c<br />
x (<br />
T )dT<br />
mit<br />
x = p oder V<br />
Es ist dabei zu unterscheiden, ob die Zustandsänderung<br />
bei konstantem Druck ( p = const. ) oder<br />
erfolgt.<br />
bei konstantem Volumen ( V = const. )<br />
Entsprechendes gilt für eine teilchenmengenbezogene Schreibweise; es sind die<br />
entsprechenden molaren Wärmekapazitäten einzusetzen.<br />
E<br />
∫<br />
Q = n C T )dT<br />
mit x = p oder V<br />
AE<br />
T<br />
T<br />
A<br />
mx (<br />
' x'<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 42 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
3.2.5 Temperaturabhängigkeit von Wärmekapazitäten – Beispiele<br />
3.2.5.1 Kristalline Festkörper<br />
Die (spezifischen bzw. molaren) Wärmekapazitäten von Festkörpern zeigen im Bereich<br />
tiefer Temperaturen starke Temperaturabhängigkeit. Dieses Verhalten wird<br />
durch das<br />
3<br />
T<br />
-Gesetz von DEBYE beschrieben.<br />
Bei hohen Temperaturen werden die spezifischen bzw. molaren Wärmekapazitäten<br />
konstant; sie haben für alle Festkörper schließlich den gleichen Wert. Für die molaren<br />
Wärmekapazitäten gilt das Gesetz von DULONG-PETIT.<br />
C<br />
mv<br />
≈ C<br />
mp<br />
≈ 3R<br />
m<br />
≈ 25 Jmol<br />
−1<br />
K<br />
−1<br />
Wegen der geringen thermischen Ausdehnung von Festkörpern unterscheiden sich<br />
C und C nur wenig. Beispiele zeigt Abb. 3-03.<br />
mv<br />
mp<br />
C<br />
kJ⋅kmol<br />
m<br />
− 1<br />
⋅K<br />
−1<br />
25<br />
Blei<br />
20<br />
Kupfer<br />
15<br />
10<br />
Aluminium<br />
Eisen<br />
Beryllium<br />
5<br />
Kohlenstoff<br />
(Diamant)<br />
0 100 200 300 400 500<br />
T<br />
K<br />
Abb. 3-03: Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazitäten kristalliner Festkörper.<br />
3.2.5.2 Flüssigkeiten<br />
Für Flüssigkeiten nehmen die (spezifischen bzw. molaren) Wärmekapazitäten mit<br />
steigender Temperatur im Allgemeinen zu. Abb. 3-04 bringt Beispiele.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 43 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
kJ kg<br />
c p<br />
− 1 −1<br />
K<br />
2,4<br />
p Teilbild (a): Motorenöl<br />
n<br />
= 1013 hPa<br />
2,0<br />
1,6<br />
ϑ<br />
o<br />
C<br />
0<br />
c<br />
kJ kg<br />
p<br />
−1<br />
K<br />
−1<br />
50 100 150<br />
4,22<br />
4,21<br />
4,20<br />
p<br />
n<br />
= 1013 hPa<br />
4,19<br />
Teilbild (b):<br />
O H 2<br />
4,18<br />
4,17<br />
4,16<br />
ϑ<br />
o<br />
C<br />
0 50 100<br />
Abb. 3-04: Beispiele für die Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazitäten<br />
von Flüssigkeiten. Teilbild (a): Motorenöl; Teilbild (b): Wasser.<br />
Wasser zeigt eine Besonderheit. In Abb. 3-04 ist die spezifische Wärmekapazität bei<br />
o<br />
o<br />
konstantem Druck im Temperaturintervall 0 C ≤ ϑ ≤ 100 C gezeichnet. Die Kurve<br />
hat ein Minimum. Die Änderung von c p ist allerdings im gezeichneten Bereich sehr<br />
gering. Für die meisten Rechnungen genügt es, mit einem konstanten Mittelwert c<br />
zu rechnen.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 44 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
3.2.5.3 Gase<br />
Gase zeigen eine besonders interessante Temperaturabhängigkeit der (spezifischen<br />
bzw. molaren) Wärmekapazitäten. Von tiefen Temperaturen an nimmt die Wärmekapazität<br />
in charakteristischen Stufen zu. Dieses Verhalten wird in Abschnitt 5.5 erklärt.<br />
Beispiele bringt Abb. 3-05.<br />
C<br />
kJ⋅kmol<br />
mp<br />
− 1<br />
⋅K<br />
−1<br />
CO 2<br />
40<br />
O H 2<br />
30<br />
N 2<br />
H 2<br />
O 2<br />
N<br />
2<br />
H 2<br />
20<br />
He<br />
0<br />
200 400 600 800 1000<br />
T<br />
K<br />
Abb. 3-05: Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazitäten von Gasen.<br />
3.3 Innere Energie U und 1. Hauptsatz<br />
Zur Kennzeichnung des Energievorrates eines thermodynamischen Systems wird<br />
eine physikalische Größe gesucht, die nur vom Zustand des Systems abhängt. Diese<br />
Größe darf nicht vom thermodynamischen Prozess abhängen, mit dem dieser Zustand<br />
erreicht wurde.<br />
Diese Größe lässt sich aus vielen Beobachtungen und Erfahrungen gewinnen, und<br />
zwar aus dem Energieerhaltungssatz in einer für die Thermodynamik besonders geeigneten<br />
Form.<br />
Man hat beobachtet, dass der Energievorrat (Energieinhalt) in einem abgeschlossenen<br />
System zeitlich konstant ist. Diesem Energieinhalt wird die Innere Energie U<br />
zugeordnet. Diese Zuordnung wurde in Abschnitt 2.3.4 bereits für einatomige Gase<br />
vorgenommen, und zwar für die Bewegungsmöglichkeit einer Translation. Für Moleküle<br />
(aufgebaut aus mehreren Atomen) sind die Bewegungsmöglichkeiten der Rotation<br />
und Oszillation ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. Abschnitt 5.4).<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 45 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Es gibt keine experimentelle Beobachtung, die dieser Aussage widerspricht. Auch<br />
sämtliche Folgerungen, die aus dieser Aussage gezogen werden, stehen wieder mit<br />
der experimentellen Beobachtung in Einklang.<br />
Die Innere Energie U , also der Energieinhalt eines geschlossenen Systems, kann<br />
durch Energieübertragung, also Austausch von Arbeit und Wärme über die Systemgrenzen,<br />
geändert werden, d. h. durch<br />
• Wärmezufuhr,<br />
• Wärmeabgabe,<br />
• von außen am System verrichtete Arbeit,<br />
• vom System nach außen abgegebene Arbeit.<br />
Vorzeichenvereinbarung<br />
Die Vorzeichen von umgesetzten Wärmen und Arbeiten wurden folgendermaßen<br />
festgelegt (vgl. Abschnitte 3.1.3 und 3.1.4)<br />
• einem System zugeführte Wärme und Arbeit zählen positiv,<br />
• vom System verrichtete Arbeit und abgegebene Wärme zählen negativ.<br />
Zustands<br />
variable y<br />
(Beispiel<br />
Druck p )<br />
'Weg 2'<br />
'E'<br />
'A'<br />
'Weg 1'<br />
Zustandsvariable x<br />
(Beispiel Volumen V )<br />
Abb. 3-06: 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>:( ' A' Anfangszustand und ' E' Endzustand).<br />
Die Änderung ΔU<br />
= U E −U<br />
A zwischen zwei Gleichgewichtszuständen ist unabhängig<br />
vom Weg (= thermodynamischer Prozess) zwischen Anfangs- und Endzustand.<br />
Beschreibung der Zustandsänderungen im Zustandsdiagramm (vgl. Abb. 3-06)<br />
Die Änderung Δ U der Inneren Energie U auf den beiden Wegen ' 1'<br />
und '2'<br />
ergibt<br />
sich zu<br />
Weg a : ( Δ U = Q + W<br />
Weg b :<br />
) a<br />
) b<br />
a<br />
( Δ U = Q + W<br />
b<br />
a<br />
b<br />
Die Änderung ΔU der Inneren Energie U ist unabhängig vom Weg, der experimentellen<br />
Führung des Prozesses. Sie ist also auf den beiden Wegen gleich:<br />
( ΔU)<br />
= ( ΔU<br />
a ) b<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 46 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Aus dieser Erfahrung lässt sich der 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> formulieren. Er<br />
lässt sich auf verschiedene Arten ausdrücken.<br />
1. Formulierung<br />
"Es gibt keine Einrichtung oder Vorrichtung, die mechanische Arbeit abgibt, ohne<br />
dass ein gleichwertiger Betrag einer anderen Energieform dafür aufgewendet wird",<br />
technisch ausgedrückt: "Es gibt kein Perpetuum mobile 1. Art."<br />
Bei einer Aufeinanderfolge beliebiger Zustandsänderungen, die wieder in den Ausgangszustand<br />
zurückführen (d. h. U = U ), kann keine Energie gewonnen<br />
Anfang<br />
werden, d. h. ΔU ≡ 0 oder ∫ dU = 0<br />
[mit dem Symbol ∫ für einen Kreisprozess]<br />
Ende<br />
Für<br />
( ΔU)<br />
≠ ( ΔU<br />
a ) b<br />
wäre die Konsequenz ein Energiegewinn bei einem Umlauf.<br />
2. Formulierung<br />
“Die Innere Energie U ist eine Zustandsfunktion; d. h. die Änderung ΔU der Inneren<br />
Energie U hängt nur von Anfangs- und Endzustand ab, nicht aber davon, wie sich<br />
der Zustand geändert hat“.<br />
mit<br />
ΔU = U −U<br />
= Q + W<br />
U E<br />
U A<br />
E<br />
A<br />
AE<br />
AE<br />
Innere Energie des Systems am Ende des Prozesses<br />
Innere Energie des Systems am Anfang des Prozesses<br />
Δ U = U E −U<br />
A Änderung der Inneren Energie<br />
Q AE<br />
bei dem Prozess umgesetzte Wärme<br />
(Vorzeichenkonvention beachten)<br />
W AE<br />
bei dem Prozess umgesetzte Arbeit<br />
(Vorzeichenkonvention beachten)<br />
In differentieller Schreibweise lautet der 1. Hauptsatz:<br />
Jedem thermodynamischen System im Gleichgewichtszustand wird eine Zustandsfunktion,<br />
genannt Innere Energie U , zugeordnet. Ihre Änderung dU in einem differentiellen<br />
Prozess ist gegeben durch<br />
d U = δQ<br />
+ δW<br />
Mathematisch heißt das: dU ist ein totales Differential, die Innere Energie U also<br />
eine Zustandsfunktion. Umgesetzte Wärme δ Q und Arbeit δ W aber sind Prozessgrößen.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 47 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
3. Formulierung<br />
“Bei einem thermodynamischen Prozess hängen übertragene Arbeit und Wärme von<br />
der Prozessführung ab. Die Innere Energie ist eine Zustandsfunktion“.<br />
E<br />
∫ δQ = QAE<br />
von der Prozessführung – dem Weg – abhängig,<br />
A<br />
E<br />
∫ δW = WAE<br />
von der Prozessführung – dem Weg – abhängig,<br />
A<br />
E<br />
∫ dU<br />
= UE<br />
−UA<br />
von der Prozessführung – dem Weg – unabhängig.<br />
A<br />
Anmerkung: Es interessieren nur die Änderungen Δ U der Inneren Energie U . Der<br />
Absolutwert ist i. Allg. unwichtig. Für Rechnungen kann ein Nullniveau passend gewählt<br />
werden. Die Verhältnisse sind analog zur Gravitation und zum Gravitationspotential<br />
der Mechanik.<br />
Der 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> ist ein Erfahrungssatz, dagegen ist in der Mechanik<br />
der Satz von der Erhaltung der Energie aus den NEWTONschen Axiomen herleitbar.<br />
Der 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> stellt eine Energiebilanz dar. Unter allen denkbaren<br />
Veränderungen eines Systems grenzt er diejenigen ein, die möglich sind. Er<br />
macht aber keine Aussage über den Ablauf physikalischer Prozesse. Zur Beurteilung<br />
der Frage, in welche Richtung Prozesse von selbst ablaufen, braucht man den 2.<br />
Hauptsatz (vgl. Kapitel 6).<br />
Zur kinetisch anschaulichen Deutung der Inneren Energie sei an Abschnitt 2.3.4 erinnert.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />
- 48 -<br />
’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
4 Spezielle Zustandsänderungen eines idealen Gases<br />
Vor der Beschreibung beliebiger Zustandsänderungen werden zunächst die<br />
speziellen Zustandsänderungen systematisch behandelt. Spezielle Zustandsänderungen<br />
sind Prozesse, die experimentell einen besonderen Ablauf vorschreiben<br />
und verlangen. Die mathematische Behandlung der speziellen Zustandsänderungen<br />
führt zu einfachen – aber natürlich speziellen – Beziehungen; die grafische Darstellung<br />
in einen p,V-Diagramm ergibt einfache Kurvenzüge. Viele technisch wichtige<br />
Zustandsänderungen lassen sich durch eine spezielle Zustandsänderung annähern.<br />
Reale Prozesse lassen sich meist durch eine Folge spezieller Zustandsänderungen<br />
ersetzen und damit berechnen. Dies gilt insbesondere bei Kreisprozessen, also bei<br />
Prozessen, die von einem Anfangszustand über eine Reihe von Zwischenzuständen<br />
wieder in den Anfangszustand zurückführen. Im Zustandsdiagramm entspricht dem<br />
ein geschlossener Kurvenzug (vgl. Abb. 4-01).<br />
Kreisprozess nach CARNOT<br />
(zwei Isothermem, zwei Isentropen).<br />
Kreisprozess nach STIRLING<br />
(zwei Isothermen, zwei Isochoren).<br />
Abb. 4-01: Beispiele für einige<br />
technisch wichtige Kreisprozesse.<br />
Dargestellt als Folge von<br />
speziellen Zustandsänderungen.<br />
DIESEL-Prozess [reales p,V -Diagramm]<br />
(ohne Ansaug- und Auspufftakt).<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />
- 49 -<br />
’Spezielle Zustandsänderungen’
Als Anwendungsbeispiel sei die Wärmekraftmaschine (vgl. Abschnitt 6.2) genannt.<br />
Die speziellen Zustandsänderungen führen zu einer Systematik der<br />
Zustandsänderungen.<br />
Einige Zustandsänderungen, die von einem Anfangszustand 'A' in einen Endzustand<br />
'E' führen, haben besondere Namen, die auf die speziellen Bedingungen hinweisen,<br />
unter denen ein spezieller Prozess abläuft.<br />
• Isochore Zustandsänderungen<br />
Das Volumen wird konstant gehalten; also d V = 0 .<br />
• Isobare Zustandsänderungen<br />
Der Druck wird konstant gehalten; also d p = 0 .<br />
• Isotherme Zustandsänderungen<br />
Die Temperatur wird konstant gehalten; also d T = 0 .<br />
• Isentrope Zustandsänderungen<br />
In einem adiabaten System (umkehrbarer Prozess vorausgesetzt): Wärmeaustausch<br />
mit der Umgebung wird vollständig unterdrückt; also δQ = 0<br />
(vgl. Abschnitt 6.1).<br />
In Zustandsdiagrammen (vgl. Abb. 4-02) ergeben sich einfache Kurvenzüge<br />
(Gerade, Hyperbel).<br />
Für diese speziellen Zustandsänderungen wird im Folgenden untersucht und<br />
hergeleitet<br />
• die spezielle Form der Zustandsgleichung, die sich aus der allgemeinen<br />
Zustandsgleichung eines idealen Gases ergibt,<br />
• die spezielle Form, die der 1. Hauptsatz unter diesen Bedingungen annimmt,<br />
• sowie mögliche weitere Folgerungen und Aussagen.<br />
Die Betrachtungen beschränken sich dabei auf geschlossene Systeme. Offene<br />
Systeme werden nicht untersucht. Die betrachteten Systeme sollen also jeweils eine<br />
Teilchenmenge n (mit der zugehörigen Masse m) eines idealen Gases enthalten.<br />
Grundlage für die folgenden Betrachtungen sind<br />
• die Zustandsgleichung eines idealen Gases<br />
pV = nR T (vgl. Abschnitt 2.3.5)<br />
m<br />
• der 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong><br />
dU<br />
= δQ<br />
+ δW<br />
(vgl. Abschnitt 3.3)<br />
Dabei gilt für die übertragene Wärmen<br />
• in teilchenmengenbezogener Schreibweise δ Q = nC dT<br />
mit x = p oder V<br />
• in massenbezogener Schreibweise δ Q = mc dT<br />
mit x = p oder V<br />
• und für die umgesetzte Arbeit δ W = −p<br />
dV<br />
Diese Definition enthält die Vorzeichenkonvention<br />
• zugeführte Arbeit/Wärme positiv<br />
• abgegebene Arbeit/Wärme negativ<br />
Bei Volumenverkleinerung (Kompression) ist Arbeit von außen zuzuführen; δW<br />
dadurch positiv, da die Volumenänderung dV negativ ist.<br />
mx<br />
x<br />
wird<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />
- 50 -<br />
’Spezielle Zustandsänderungen’
Bei Volumenvergrößerung (Expansion) wird Arbeit nach außen abgegeben; δW<br />
dadurch negativ, da die Volumenänderung dV positiv ist.<br />
wird<br />
4.1 Isochore Zustandsänderungen<br />
Wird in einem geschlossenen System bei einer Zustandsänderung das Volumen<br />
konstant gehalten, so gilt<br />
V = const. und damit d V = 0 (vgl. Abb. 4-02a).<br />
p<br />
p<br />
p<br />
1<br />
1<br />
2<br />
Abb. 4-02 a:<br />
Isochore Zustandsänderung ( V = const. )<br />
dargestellt im p,V-Diagramm.<br />
Dargestellt ist eine isochore Abkühlung; [die<br />
Hilfslinien der Isothermen werden in<br />
Abschnitt 4.2 erklärt].<br />
2<br />
V = const.<br />
V<br />
Daraus folgt sofort, dass vom System weder Arbeit abgegeben noch aufgenommen<br />
wird, also gilt für eine isochore Zustandsänderung<br />
δW<br />
= −p<br />
d V = 0<br />
Die Zustandsgleichung eines idealen Gases pV = nRmT<br />
reduziert sich unter der<br />
Bedingung einer isochoren Zustandsänderung auf<br />
p<br />
V = const. auf p ~ T oder = const.<br />
T<br />
Unter der Bedingung V = const. ist für einen thermodynamischen Prozess die<br />
Temperaturerhöhung proportional zur Druckerhöhung. Diese Beziehung ist die<br />
Grundlage für die Temperaturmessung mit dem idealen Gasthermometer (vgl.<br />
Abschnitt 2.3.3).<br />
Der 1. Hauptsatz<br />
d U = δQ<br />
+ δW<br />
reduziert sich, da keine Arbeit δW übertragen wird, auf die Aussage<br />
d U = δQ<br />
Bei der isochoren Zustandsänderung bewirkt die Übertragung von Wärme (von oder<br />
nach außen) einzig eine entsprechende Änderung der Inneren Energie U des<br />
betrachteten Systems. Dies erlaubt für Zustandsänderungen bei konstantem<br />
Volumen eine allgemeinere Definition der spezifischen Wärmekapazitäten c v bzw.<br />
der molaren Wärmekapazität als die in Abschnitt 3.2.3 vorläufig angegebene.<br />
C mv<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />
- 51 -<br />
’Spezielle Zustandsänderungen’
Mit den Ansätzen<br />
δ Q = nC dT<br />
(stoffmengenbezogen) bzw.<br />
mv<br />
δ Q = mc dT<br />
(massenbezogen)<br />
v<br />
sowie der speziellen Formulierung des 1. Hauptsatzes<br />
d U = δQ<br />
ergeben sich in differentieller Schreibweise als Definitionsgleichungen<br />
• für die isochore molare Wärmekapazität<br />
• für die spezifische isochore Wärmekapazität<br />
C<br />
c<br />
mv =<br />
v =<br />
1 dU<br />
n dT<br />
1 dU<br />
m dT<br />
Der Index ‘v‘ impliziert dabei konstantes Volumen, also unter der experimentellen<br />
Forderung isochor.<br />
p<br />
4.2 Isotherme Zustandsänderungen<br />
Wird in einem geschlossenen System bei einem thermodynamischen Prozess die<br />
Temperatur konstant gehalten, so gilt<br />
T = const. und damit d T = 0<br />
Dies lässt sich experimentell im Versuch dadurch erreichen, dass ein System in sehr<br />
gutem Wärmekontakt mit einem großen Wärmebad gebracht wird. Es findet ein<br />
idealer ungehinderter Wärmeaustausch über die Systemgrenze statt, der<br />
Temperaturkonstanz gewährleistet.<br />
Da für ein ideales Gas in einem geschlossenen System die Innere Energie U allein<br />
von der absoluten Temperatur T abhängt, ist für einen isothermen Vorgang<br />
wegen d T = 0 auch d U = 0 .<br />
Die Innere Energie U ändert sich bei einer isothermen Zustandsänderung nicht.<br />
Wärmeaustausch ist bei isothermen Prozessen mit der Übertragung von Arbeit, also<br />
der Verschiebung der Systemgrenzen gekoppelt. Verrichtete Arbeit über die<br />
Systemgrenze bewirkt Wärmeübertragung.<br />
Die Zustandsgleichung eines idealen Gases pV = nRmT<br />
reduziert sich unter dieser<br />
Bedingung auf das Gesetz von BOYLE-MARIOTTE<br />
pV = const. (vgl. Abb. 4.02b)<br />
p 1<br />
p 2<br />
1<br />
2<br />
V 1 V2<br />
V<br />
T<br />
= const.<br />
T < T i<br />
Abb. 4-02 b:<br />
Isotherme<br />
Zustandsänderung ( pV = const.)<br />
dargestellt im p,V-Diagramm.<br />
Dargestellt ist eine isotherme Expansion.<br />
Isothermen sind nützliche Hilfslinien für<br />
alle speziellen Zustandsänderungen.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />
- 52 -<br />
’Spezielle Zustandsänderungen’
Unter der geforderten Bedingung T = const. ist das Produkt aus Druck p und<br />
Volumen V konstant, im p,V -Diagramm erhält man deshalb eine Hyperbel.<br />
Der 1. Hauptsatz<br />
d U = δQ<br />
+ δW<br />
reduziert sich, da sich wegen d U = 0 die Innere Energie U nicht ändert, auf<br />
δ Q = − δW<br />
Eine Übertragung von Wärme bewirkt also die Verrichtung einer betragsmäßig<br />
gleichen Arbeit und sonst nichts. Verrichtung von Arbeit bewirkt die Übertragung von<br />
Wärme über die Systemgrenze.<br />
Die bei einer isothermen Zustandsänderung übertragene Arbeit lässt sich aus den<br />
Zustandswerten des Anfangs- und des Endzustandes berechnen. Mit der Definition<br />
der Volumenänderungsarbeit<br />
δ W = −p<br />
dV<br />
und der Zustandsgleichung eines idealen Gases in der Form<br />
W<br />
AE<br />
=<br />
V<br />
E E nRmT<br />
∫ δW<br />
= ∫ − dV<br />
V<br />
V<br />
A<br />
V<br />
V<br />
A<br />
= − nR<br />
m<br />
T<br />
V<br />
E dV<br />
∫<br />
V<br />
V<br />
A<br />
= − nR<br />
m<br />
V<br />
T ln<br />
V<br />
nRmT<br />
p =<br />
V<br />
Da die übertragene Wärme QAE<br />
betragsmäßig gleich der Arbeit WAE<br />
ist, können die<br />
Gleichungen auch für deren Berechnung benutzt werden. Es ist<br />
Q = −<br />
AE W AE<br />
Q AE wird bei isothermer Expansion von einem Wärmebad (oder einer Wärmequelle)<br />
mit der Temperatur T A geliefert und bei isothermer Kompression von einem<br />
Wärmebad (oder -senke) mit der Temperatur aufgenommen.<br />
T E<br />
E<br />
A<br />
4.3 Isobare Zustandsänderungen<br />
Wird in einem geschlossenen System in einem thermodynamischen Prozess der<br />
Druck p konstant gehalten, so gilt<br />
p<br />
p = const. und damit d p = 0 (vgl. Abb. 4-02c)<br />
p = const.<br />
1<br />
2<br />
Abb. 4-02 c:<br />
Isobare Zustandsänderung ( p = const.)<br />
dargestellt im p,V-Diagramm.<br />
Dargestellt ist eine isobare Expansion; [die<br />
Hilfslinien der Isothermen werden in<br />
Abschnitt 4.2 erklärt].<br />
V 1 V 2<br />
V<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />
- 53 -<br />
’Spezielle Zustandsänderungen’
Wärmezufuhr δQ bewirkt dabei<br />
• eine Erhöhung dU der Inneren Energie U und<br />
• eine Abgabe von Arbeit δW nach außen (durch Volumenvergrößerung).<br />
Die Zustandsgleichung eines idealen Gases<br />
pV = nR<br />
m<br />
T<br />
reduziert sich unter der Bedingung isobare Zustandsänderung auf<br />
V<br />
V ~ T oder = const.<br />
T<br />
Unter der Bedingung p = const. ist das vom Gas eingenommene Volumen V<br />
proportional zur absoluten Temperatur T des Gases.<br />
Im 1. Hauptsatz<br />
d U = δQ<br />
+ δW<br />
verschwindet bei einer isobaren Zustandsänderung keiner der Terme dU<br />
, δQ<br />
und<br />
δW<br />
. Eine Änderung dU<br />
der Inneren Energie U ist also immer mit der gleichzeitigen<br />
Übertragung von Wärme δQ<br />
und umgesetzter Arbeit δW<br />
verknüpft.<br />
Für die umgesetzte Arbeit ist einzusetzen<br />
δ W = −p<br />
dV<br />
Für die übertragene Wärme δQ<br />
und die Änderung dU<br />
der Inneren Energie U sind,<br />
je nachdem, ob man von teilchenmengenbezogenen oder von spezifischen<br />
physikalischen Größen ausgeht, die Gleichungen<br />
δ Q = nC dT<br />
und dU<br />
= nC dT<br />
(stoffmengenbezogen),<br />
mp<br />
oder die Gleichungen<br />
δ Q = mc dT<br />
und dU<br />
= mc dT<br />
(massebezogen).<br />
p<br />
zu verwenden.<br />
Da die Übertragung der Wärme δQ bei konstantem Druck erfolgt, sind in den<br />
Gleichungen die Wärmekapazitäten C bzw. c einzusetzen.<br />
mv<br />
v<br />
mp<br />
Die Gleichungen für die Änderungen dU der Inneren Energie U enthalten im<br />
Gegensatz dazu immer die Wärmekapazitäten Cmv<br />
bzw. cv<br />
bei konstantem<br />
Volumen, da für ein ideales Gas in einem geschlossenen System die Innere Energie<br />
U nur von der absoluten Temperatur T abhängt. Cmv<br />
bzw. cv<br />
sind in diesem<br />
Zusammenhang als Rechengrößen zu behandeln.<br />
Diese Ergebnisse werden später bei der Berechnung der Differenz der<br />
Wärmekapazitäten bei konstantem Druck Cmp<br />
bzw. cp<br />
und bei konstantem Volumen<br />
bzw. c wieder aufgegriffen (vgl. Abschnitt 5.2).<br />
Cmv<br />
v<br />
Man sieht aber bereits hier, dass auf jeden Fall C mp > C mv bzw. c p > cv<br />
sein muss.<br />
p<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />
- 54 -<br />
’Spezielle Zustandsänderungen’
4.4 Isentrope Zustandsänderungen<br />
Wenn ein geschlossenes adiabates System eine Zustandsänderung durchläuft, bei<br />
der keine Reibung auftritt, dann ergibt sich eine isentrope Zustandsänderung.<br />
Zu diesen Begriffen ist anzumerken:<br />
In der Literatur wird häufig anstelle von isentrop noch der Ausdruck adiabat benutzt.<br />
Mit adiabat sollte jedoch korrekterweise nur eine Eigenschaft von Systemen<br />
gekennzeichnet werden. Adiabat sind solche thermodynamischen Systeme, die –<br />
idealisierend – keinen Wärmeaustausch mit der Umgebung erlauben. Dies kann<br />
erzwungen werden durch Wärmeisolation und/oder durch sehr raschen Verlauf eines<br />
thermodynamischen Prozesses.<br />
Der 1. Hauptsatz<br />
d U = δQ<br />
+ δW<br />
reduziert sich wegen der fehlenden Wärmeübertragung δQ = 0 auf die Aussage,<br />
dass die Innere Energie U nur durch die Übertragung von Arbeit geändert werden<br />
kann.<br />
dU<br />
= δW<br />
= − p dV<br />
Wird Arbeit am System verrichtet ( δW > 0 , weil d V < 0 ), dann nimmt die Innere<br />
Energie U zu ( d U > 0 ); Kompression führt also zu einer Temperaturerhöhung.<br />
Wird Arbeit vom System verrichtet ( δW < 0 , weil d V > 0 ), dann nimmt die Innere<br />
Energie U ab ( d U < 0 ); Arbeitsabgabe – also Expansion des Gases – das ist aber<br />
nur auf Kosten der Inneren Energie U des Gases möglich. Isentrope Expansion führt<br />
zu einer Temperaturabnahme.<br />
Eine spezielle Form einer isentropen Zustandsgleichung lässt sich aus dem 1.<br />
Hauptsatz in der obigen Form ableiten<br />
d U + p dV<br />
= 0<br />
mit der Beziehung<br />
dU<br />
= nC<br />
mv<br />
dT<br />
und der Zustandsgleichung eines idealen Gases in der Form<br />
nRmT<br />
p =<br />
V<br />
wird daraus<br />
nC<br />
nRmT<br />
dT<br />
+ dV<br />
V<br />
mv =<br />
Trennung der Variablen liefert zunächst<br />
dT<br />
R<br />
+<br />
T C<br />
m<br />
mv<br />
dV<br />
V<br />
= 0<br />
0<br />
Integration dieser Beziehung ergibt mit einer willkürlichen Integrationskonstante<br />
Rm<br />
lnT<br />
+ lnV<br />
C<br />
mv<br />
= const.<br />
Für ein ideales Gas gilt, wie in Abschnitt 5.2 noch hergeleitet werden wird, der<br />
Zusammenhang<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />
- 55 -<br />
’Spezielle Zustandsänderungen’
R<br />
m<br />
= C<br />
mp<br />
− C<br />
mv<br />
Für die weitere Rechnung muss bereits an dieser Stelle der Isentropenexponent κ<br />
eingeführt werden. Dies wird in Abschnitt 5.3.3 wieder aufgegriffen.<br />
Der Isentropenexponent κ ist definiert als das Verhältnis der molaren (bzw.<br />
spezifischen) Wärmekapazitäten C und C (bzw. c und c ), also<br />
C<br />
κ =<br />
C<br />
mp<br />
mv<br />
c<br />
=<br />
c<br />
p<br />
v<br />
mp<br />
Mit den beiden letzten Gleichungen ergibt sich für den Quotienten aus der molaren<br />
Gaskonstante R und der molaren isochoren Wärmkapazität C<br />
R<br />
C<br />
m<br />
mv<br />
= κ −1<br />
m<br />
Setzt man diese Beziehung formal ein und benutzt man die einfachen Regeln für das<br />
Rechnen mit Logarithmen, dann wird<br />
ln( TV<br />
κ−1 ) = const.<br />
und damit natürlich auch für den Ausdruck<br />
TV<br />
κ−1 = const.<br />
Dies ist eine Formulierung einer Isentropengleichung.<br />
Unter Verwendung der allgemeinen Zustandsgleichung eines idealen Gases kann<br />
diese Beziehung leicht auf andere Formulierungen umgerechnet werden.<br />
Mit der Zustandsgleichung eines idealen Gases pV = nRmT<br />
wird aus dieser<br />
Gleichung<br />
pV κ−1<br />
( ) V = const.<br />
nR<br />
m<br />
und damit auch<br />
κ<br />
pV = const. (vgl. Abb. 4-02d)<br />
mv<br />
p<br />
v<br />
mv<br />
p<br />
p 1<br />
1<br />
δQ = 0<br />
Abb. 4-02 d:<br />
Isentrope<br />
Zustandsänderung ( pV<br />
κ<br />
= const.)<br />
p 2<br />
2<br />
dargestellt im p,V-Diagramm.<br />
Dargestellt ist eine isentrope Abkühlung;<br />
[die Hilfslinien der ’Isothermen‘ werden in<br />
Abschnitt 4.2 erklärt].<br />
V 1<br />
V 2<br />
V<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />
- 56 -<br />
’Spezielle Zustandsänderungen’
oder als dritte Darstellungsmöglichkeit<br />
κ<br />
⎡nRmT<br />
⎤<br />
p ⎢ ⎥<br />
⎣ p ⎦<br />
oder letztlich<br />
p<br />
1 − κ<br />
T<br />
κ<br />
= const.<br />
= const.<br />
Man nennt diese drei Gleichungen auch POISSONsche Gleichungen<br />
Hinweis: Die isentrope Zustandsgleichung pV<br />
werden mit der isothermen Zustandsgleichung<br />
κ<br />
= const. darf nicht verwechselt<br />
pV = const.<br />
4.5 Polytrope Zustandsänderungen<br />
In der bisherigen Systematik wurden bezüglich des Wärmeaustausches zwei<br />
idealisierte Grenzfälle betrachtet:<br />
• Idealer, ungehinderter Wärmeaustausch bei isothermen Zustandsänderungen<br />
liefert pV = const.<br />
• Völlig unterdrückter Wärmeaustausch bei isentropen Zustandsänderungen<br />
liefert<br />
pV<br />
κ<br />
= const.<br />
Man verallgemeinert deshalb auf real vorkommende Zustandsänderungen. Man<br />
nennt diese allgemein polytrope Zustandsänderungen.<br />
Eine Zustandsgleichung wird in der verallgemeinerten Form<br />
ν<br />
pV<br />
= const.<br />
dargestellt. Dabei ist ν der Polytropenexponent.<br />
In dieser Darstellung sind sämtliche obigen Spezialfälle enthalten (vgl. Abb. 4-2e).<br />
p<br />
Isotherme ν = 1<br />
Isentrope ν = κ<br />
Isochore ν → ∞<br />
Isobare ν = 0<br />
V<br />
Abb. 4-02 e:<br />
Polytrope<br />
ν<br />
Zustandsänderungen ( pV = const.)<br />
dargestellt im p,V-Diagramm.<br />
Dargestellt sind die Sonderfälle<br />
Isochore ν → ∞ [Abschnitt 4.1]<br />
Isotherme ν = 1 [Abschnitt 4.2]<br />
Isobare ν = 0 [Abschnitt 4.3]<br />
Isentrope ν = κ [Abschnitt 4.4]<br />
Anmerkung zur Isochore:<br />
lim [ p<br />
ν→∞<br />
1<br />
ν<br />
⋅V<br />
ν<br />
ν<br />
] = 1⋅V<br />
= const.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />
- 57 -<br />
’Spezielle Zustandsänderungen’
5 Molare Wärmekapazitäten eines idealen Gases<br />
Dieser Abschnitt zeigt eine Anwendung der kinetischen Gastheorie. Ausgehend von<br />
den in Kapitel 2 entwickelten Modellvorstellungen für ein ideales Gas sollen berechnet<br />
werden<br />
• die molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen C mv ,<br />
• die molare Wärmekapazität bei konstantem Druck C mp .<br />
Daraus ergibt sich als weiteres Ergebnis der Isentropenexponent κ , der in Abschnitt<br />
4.4 als Quotient aus C und C definiert wurde.<br />
mp<br />
mv<br />
An dieser Anwendung der kinetischen Gastheorie soll beispielhaft die Vorgehensweise<br />
eines Physikers/einer Physikerin gezeigt werden<br />
• durchführen von Einzelexperimenten,<br />
• sammeln, sortieren und katalogisieren experimenteller Ergebnisse,<br />
• auffinden von Regeln und Gesetzmäßigkeiten,<br />
• ableiten von Gesetzmäßigkeiten aus einem Modell (Theorie),<br />
• vergleichen von theoretischen Vorhersagen und experimentellen Ergebnissen,<br />
• erweitern und Verfeine des Modells.<br />
5.1 Experimentelle Ergebnisse<br />
In Tabelle 5-01 sind, geordnet nach ein-, zwei- und mehratomigen Molekülen, die<br />
experimentell ermittelte Wärmekapazitäten C und C zusammengestellt.<br />
Einatomig<br />
Zweiatomig<br />
Cmp<br />
Gas −1<br />
−1<br />
Jmol K<br />
He<br />
Ar<br />
H 2<br />
O 2<br />
N 2<br />
Cl 2<br />
20,80<br />
20,80<br />
28,76<br />
29,43<br />
29,09<br />
34,70<br />
mv<br />
C<br />
Jmol<br />
mv<br />
−1<br />
K<br />
12,47<br />
12,47<br />
20,43<br />
21,06<br />
20,76<br />
25,74<br />
−1<br />
mp<br />
C<br />
mp mv<br />
−1<br />
−1<br />
Jmol<br />
−C<br />
K<br />
8,33<br />
8,33<br />
8,33<br />
8,37<br />
8,33<br />
8,96<br />
C<br />
κ =<br />
C<br />
mp<br />
mv<br />
1,67<br />
1,67<br />
1,41<br />
1,40<br />
1,40<br />
1,35<br />
Mehratomig<br />
CO 2<br />
SO 2<br />
C 2 O 2<br />
NH3<br />
36,96<br />
40,39<br />
51,70<br />
36,84<br />
28,46<br />
31,40<br />
43,12<br />
27,84<br />
8,50<br />
8,99<br />
8,58<br />
9,00<br />
1,30<br />
1,29<br />
1,20<br />
1,31<br />
Tabelle 5-01: Gemessene molare Wärmekapazitäten C und C und<br />
Isentropenexponenten κ von Gasen. Die Wärmekapazitäten wurden unter den Versuchsbedingungen<br />
Normdruck<br />
stimmt.<br />
mp<br />
p n = 1 013 hPa und Normtemperatur ϑ = 20 o C be-<br />
Ferner sind die Differenzen der Wärmekapazitäten C − C ) und die Isentropenexponenten<br />
κ aufgenommen.<br />
( mp mv<br />
mv<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 58 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
Dieser Zusammenstellung entnimmt man<br />
• Ein- und zweiatomige Gase zeigen unter sich ein einheitliches Verhalten. Auf<br />
die Besonderheiten bei Chlorgas ( Cl 2 ) wird in Abschnitt 5.5 eingegangen.<br />
• Bei mehratomigen Gasen sind die Verhältnisse offensichtlich komplizierter.<br />
Eine Betrachtung der ein- und zweiatomigen Gase liefert<br />
• Die Isentropenexponenten κ zeigen charakteristische Werte,<br />
für einatomige Gase κ = 1,67 und für zweiatomige Gase κ = 1, 40 .<br />
• Die molaren Wärmekapazitäten C bzw. C haben in jeder Gruppe sehr<br />
ähnliche Werte.<br />
mv<br />
• Die Differenzen der molaren Wärmekapazitäten C − C ) entsprechen<br />
etwa der molaren Gaskonstanten R m .<br />
mp<br />
( mp mv<br />
In den folgenden Abschnitten sollen diese Gesetzmäßigkeiten aus den Modellannahmen<br />
der kinetischen Gastheorie hergeleitet werden.<br />
5.2 Theoretische Vorhersagen<br />
5.2.1 Differenz C − C )<br />
( mp mv<br />
Betrachtet wird ein geschlossenes System, es enthält die Teilchenmenge n eines<br />
idealen Gases. Es werden zwei spezielle thermodynamische Prozesse untersucht,<br />
bei denen die Temperatur T0<br />
des ideales Gases um jeweils den Betrag dT<br />
auf<br />
T = ( T 0 + dT<br />
) erhöht wird. Die beiden untersuchten Prozesse sind<br />
1. Weg '0' → '1': isochorer Prozess<br />
2. Weg '0' → '2': isobarer Prozess<br />
Diese Prozesse sind in das Zustandsdiagramm Abb. 5-01, oberes Teilbild, eingezeichnet.<br />
Die idealisierte experimentelle Versuchsanordnung für diese beiden Prozesse zeigt<br />
Abb. 5-01, unteres Teilbild). Die Versuchsbedingungen sind:<br />
• ein ideales Gas (Teilchenmenge n ) ist in einen Zylinder eingeschlossen,<br />
• der Kolben läuft reibungsfrei,<br />
• Wärme wird in das System von einem Wärmebad übertragen,<br />
• es treten keine Wärmeverluste auf.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 59 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
Druck<br />
p<br />
'1'<br />
'0'<br />
'2'<br />
T<br />
= T<br />
0 +<br />
dT<br />
T 0<br />
Volumen V<br />
Endzustand '2'<br />
Anfangszustand '0'<br />
Endzustand '1'<br />
Isobarer<br />
Prozess<br />
Isochorer<br />
Prozess<br />
( T 0 + dT<br />
);<br />
p;<br />
( V + dV<br />
)<br />
T<br />
0 ;<br />
p;<br />
V<br />
( T 0 dT<br />
);<br />
( p ++<br />
dp)<br />
; V<br />
Abb. 5-01: Herleitung des Zusammenhangs C<br />
mp<br />
− C = R für ein ideales Gas<br />
Oberes Teilbild: p, V -Diagramm; Prozess ' 0'<br />
→'1'<br />
–- isochore Erwärmung;<br />
Prozess ' 0' → '2'<br />
– isobare Erwärmung.<br />
Unteres Teilbild: Idealisierte experimentelle Versuchsanordnung.<br />
mv<br />
m<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 60 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
Erinnerung an die Grundlagen<br />
Nach Abschnitt 2.3.4 ist für ein ideales Gas in einem geschlossenen System die Innere<br />
Energie U nur eine Funktion der absoluten Temperatur T . Weil bei den beschriebenen<br />
Versuchsanordnungen sowohl zum isochoren als auch zum isobaren<br />
Prozess die gleiche Temperaturerhöhung dT gehört, ist notwendig auch die Änderung<br />
dU der Inneren Energie U bei beiden Prozessen gleich.<br />
isochor<br />
(' 0' → '1' ) =<br />
isobar<br />
('0' → '2')<br />
dU = dU<br />
dU<br />
(d. h., die Indizierungen sind überflüssig)<br />
Dabei ist nach dem 1. Hauptsatzt (vgl. Abschnitt 3.3)<br />
Energie U definiert als<br />
dU<br />
= δQ<br />
+ δW<br />
= δQ<br />
− p dV<br />
dU , die Änderung der Inneren<br />
Spezielle Formulierungen für die beiden untersuchten Prozesse<br />
Isochorer Prozess ('0' → '1')<br />
Danach gilt nach Abschnitt 4.1<br />
δ Q = nC dT<br />
mv<br />
und wegen der Forderung isochore Prozessführung<br />
d V = 0<br />
wird<br />
δW<br />
= − p d V = 0<br />
Damit wird<br />
isochor<br />
)<br />
dU<br />
(' 0' → '1' = δQ<br />
= nC<br />
mv<br />
dT<br />
Isobarer Prozess ('0' → '2')<br />
Danach gilt nach Abschnitt 4.2<br />
δQ<br />
= nC dT<br />
mp<br />
Die Zustandsgleichung eines idealen Gases lautet in ihrer differentiellen Form<br />
V dp<br />
+ pdV<br />
= nR dT<br />
m<br />
dies reduziert sich für den isobaren Prozess ( d p = 0 ) auf<br />
pdV<br />
= nR<br />
m<br />
dT<br />
Damit ergibt sich für die Änderung<br />
dU<br />
isobar<br />
(' 0' → '2')<br />
dU<br />
= δQ<br />
+ δW<br />
= δQ<br />
− pdV<br />
= nC<br />
Die Identität der beiden Änderungen<br />
isochor<br />
('0' → '1' )<br />
dU und dU<br />
isobar<br />
('0' → '2')<br />
liefert<br />
nCmp dT<br />
− nRm<br />
dT<br />
= nC<br />
mv<br />
dT<br />
oder nach Umstellen und Kürzen<br />
C − C = R<br />
mp<br />
mv<br />
m<br />
dU<br />
der Inneren Energie U<br />
mp<br />
dT<br />
−<br />
nR<br />
m<br />
dT<br />
der jeweiligen Inneren Energie U also<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 61 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
R m<br />
( mp mv<br />
Damit ist gezeigt, dass sich unter den Modellvorstellungen der kinetischen Gastheorie<br />
als Differenz der molaren Wärmekapazitäten C − C ) die molare Gaskonstante<br />
ergibt, wie dies nach den in Tabelle 5-01 zusammengestellten Ergebnissen<br />
bereits als Gesetzmäßigkeit vermutet worden war.<br />
C ist immer größer als C . Bei einer Temperaturerhöhung um dT<br />
wird bei ei-<br />
mp<br />
mv<br />
nem isobaren Prozess die Innere Energie U entsprechend der Temperaturänderung<br />
erhöht und zusätzlich mechanische Arbeit (Verschiebung des Kolbens) verrichtet.<br />
Beim isochoren Prozess bewirkt die Temperaturerhöhung allein eine Erhöhung der<br />
Inneren Energie – und sonst nichts – es wird keine mechanische Arbeit verrichtet.<br />
Für die gleiche Temperaturerhöhung bei einem isobaren Prozess ist daher die zuzuführende<br />
Wärme stets größer als bei einem isochoren Prozess.<br />
5.2.2 Isochore molare Wärmekapazität Cmv<br />
Nach Abschnitt 5.2.1 gilt für die Differenz der molaren Wärmekapazitäten<br />
C mp<br />
und<br />
C mv<br />
C − C = R<br />
mp<br />
mv<br />
m<br />
Um die Werte der molaren Wärmekapazitäten einzeln bestimmen zu können, ist eine<br />
weitere Bestimmungsgleichung notwendig. Diese Herleitung und der damit mögliche<br />
Vergleich mit den experimentellen Ergebnissen aus Abschnitt 5.1 sind Aufgabe dieses<br />
Abschnittes.<br />
Die Innere Energie U wurde nach Abschnitt 2.3.4 im Rahmen der kinetischen Theorie<br />
interpretiert als die Summe der kinetischen Energien der einzelnen Teilchen des<br />
Systems, also<br />
3<br />
U = nRmT<br />
2<br />
Nach der allgemeinen Definition der isochoren molaren Wärmekapazität (vgl. Abschnitt<br />
4.1; Abschnitt isochore Zustandsänderung) gilt<br />
1 dU<br />
Cmv =<br />
n dT<br />
3<br />
Damit ergibt sich durch Ableiten von U = nRmT<br />
, also ein fester Wert.<br />
2<br />
3<br />
d( nRmT<br />
)<br />
1 2 3 3<br />
−1<br />
−1<br />
C mv = = Rm<br />
= ⋅ 8,31 Jmol K<br />
n dT<br />
2 2<br />
C<br />
mv<br />
= 12,46 Jmol<br />
−1<br />
K<br />
−1<br />
nach den Modellvorstellungen der kineti-<br />
Damit ist der theoretische Wert von<br />
schen Gastheorie bestimmt.<br />
C mv<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 62 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
5.2.3 Isobare molare Wärmekapazität Cmp<br />
Mit der isochoren molaren Wärmekapazität (vgl. Abschnitt 5.3.1)<br />
3 C mv = R<br />
2<br />
m<br />
und der in Abschnitt 5.2 abgeleiteten Beziehung<br />
C = C + R<br />
mp<br />
mv<br />
ergibt sich wieder ein fester Wert<br />
C<br />
C<br />
mp<br />
mp<br />
m<br />
3 2 5 5<br />
−1<br />
1<br />
Rm<br />
+ Rm<br />
= m = ⋅ 8,31 Jmol K<br />
−<br />
= R<br />
2 2 2<br />
= 20,77 Jmol<br />
−1<br />
K<br />
−1<br />
2<br />
5.2.4 Isentropenexponent κ<br />
In Abschnitt 4.4 wurde der Isentropenexponent κ definiert als<br />
C<br />
κ =<br />
C<br />
mp<br />
mv<br />
Setzt man die oben bestimmten Werte für C und C ein, so erhält man als theoretischen<br />
Wert des Isentropenexponenten<br />
5<br />
R<br />
κ =<br />
2<br />
3<br />
R<br />
2<br />
m<br />
m<br />
=<br />
5<br />
3<br />
= 1,67 = const.<br />
mp<br />
mv<br />
5.3 Vergleich theoretischer und experimenteller Werte<br />
mp<br />
In Tabelle 5-01 von Abschnitt 5.1 sind die experimentell bestimmten Werte der molaren<br />
Wärmekapazitäten C und C , die Differenz C − C ) und die zugehörigen<br />
Isentropenexponenten<br />
κ<br />
mv<br />
zusammengestellt.<br />
( mp mv<br />
Der Vergleich mit den nach dem kinetischen Modell gerechneten Werten zeigt<br />
• eine sehr gute Übereinstimmung für einatomige Gase,<br />
• beträchtliche Abweichungen zwischen Theorie und Experiment für zwei- und<br />
mehratomige Gase.<br />
Das zeigt, dass das Modell nicht grundsätzlich falsch sein kann. Um die experimentell<br />
ermittelten Werte auch für zwei- und mehratomige Gase aus der Theorie herleiten<br />
zu können, sind aber offensichtlich Verfeinerungen des Modells notwendig. Bei<br />
zwei- und mehratomigen Gasen müssen die Unterschiede in der Struktur zu den einatomigen<br />
Gasen berücksichtigt werden.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 63 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
5.4 Erweiterung der Theorie auf zwei- und mehratomige Gase<br />
5.4.1 Struktur zwei- und mehratomiger Gase<br />
Für einatomige Gase ergibt die Anwendung der Modellvorstellungen der kinetischen<br />
Theorie Werte für C und C , die mit den experimentell bestimmten Werten sehr<br />
mv<br />
mp<br />
gut übereinstimmen (vgl. Tabelle 5-01).<br />
Für zwei- und mehratomige Gase müssen die Modellvorstellungen verfeinert werden.<br />
Ausgang der Überlegungen war die Innere Energie U (vgl. Abschnitt 5.2). Die Diskrepanz<br />
gemessener und theoretischer Werte muss also auf der nicht korrekt wiedergegebenen<br />
Inneren Energie U beruhen.<br />
Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Möglichkeiten der Energieaufnahme zwei- oder<br />
mehratomiger Moleküle genauer untersucht werden müssen. Das von materiellen<br />
Teilchen ausgehende Modell der kinetischen Theorie ist zu verfeinern und es ist die<br />
innere Struktur der Moleküle zu berücksichtigen.<br />
Einatomige Gasmoleküle werden im Modell als materielle Teilchen, d. h. ausdehnungslose<br />
Kugeln beschrieben, ein aus zwei Atomen aufgebautes Molekül als eine<br />
Hantel. Mehratomige Moleküle werden später behandelt.<br />
Das Hantelmodell kann einmal als starre Hantel oder weiter verfeinert im Modell als<br />
Hantel mit Federkopplung aufgefasst werden. Damit werden die Kräfte, die zwischen<br />
den Einzelmolekülen herrschen, in einem anschaulichen mechanischen Bild beschrieben.<br />
Mögliche Bewegungsformen dieses mechanischen Modells sind Translation,<br />
Rotation und Oszillation (Schwingung).<br />
Modell<br />
einatomig<br />
Kugel<br />
(punktförmig)<br />
zweiatomig<br />
Starres<br />
Hantelmodell<br />
Bewegungsformen Translation Translation<br />
und<br />
Rotation<br />
Symbol<br />
Hantelmodell mit<br />
Federkopplung<br />
Translation,<br />
Rotation und<br />
Oszillation<br />
5.4.2 Gleichverteilungssatz der Energie<br />
Die mathematischen Beziehungen, die als Energieausdrücke verschiedene Bewegungsformen<br />
beschreiben, werden aus der Mechanik und der Schwingungslehre zur<br />
Erinnerung zusammengestellt.<br />
Kinetische Energie der Translation<br />
trans<br />
kin<br />
E =<br />
1 mv<br />
2<br />
2<br />
Kinetische Energie der Rotation<br />
E<br />
rot<br />
kin<br />
1 = J ω<br />
2<br />
2<br />
Kinetische Energie der Schwingung<br />
E<br />
osz<br />
kin<br />
=<br />
1 μ v 2<br />
2<br />
Potentielle Energie der Schwingung<br />
osz 1 E pot = c y<br />
2<br />
2<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 64 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
Dabei ist<br />
m Masse<br />
J<br />
Massenträgheitsmoment<br />
v Geschwindigkeit<br />
ω<br />
Winkelgeschwindigkeit<br />
μ reduzierte Masse<br />
c Federkonstante<br />
y Auslenkung<br />
Ein Vergleich zeigt, dass diese Energieausdrücke sämtlich die gleiche mathematische<br />
Struktur haben<br />
1<br />
Energie =<br />
2<br />
([ positive] [ physikalische Größe]<br />
)<br />
⎛ ⎡positive oder⎤<br />
⎡physikalische⎤<br />
⎞<br />
× ⎜<br />
⎟<br />
⎢<br />
negative<br />
⎥ ⎢<br />
Größe<br />
⎥<br />
⎝ ⎣<br />
⎦ ⎣<br />
⎦ ⎠<br />
Mathematisch statistische Methoden ergeben für die klassische Physik unter der<br />
Voraussetzung großer Teilchenzahlen und der Gültigkeit der NEWTONschen Mechanik<br />
die Aussagen<br />
Alle Energieterme haben den gleichen zeitlichen Mittelwert. Dieser Mittelwert<br />
hängt nur von der absoluten Temperatur T ab. Anders ausgedrückt:<br />
”Alle Energieterme sind bezüglich der Möglichkeit der Energieaufnahme gleichberechtigt.”<br />
Daraus leitet sich der Gleichverteilungssatz der Energie (Äquipartitionstheorem)<br />
ab: "Die zur Verfügung stehende thermische Energie verteilt sich gleichmäßig auf<br />
sämtliche Möglichkeiten des Moleküls, Energie aufzunehmen."<br />
Mit diesen Möglichkeiten sind im Modell die Bewegungen der Translation, Rotation<br />
und Oszillation gemeint.<br />
2<br />
5.4.3 Freiheitsgrade f und mittlere Energie ε eines Freiheitsgrades<br />
Unter einem Freiheitsgrad f versteht man eine bestimmte, von anderen unabhängige<br />
Möglichkeit eines Moleküls, Energie aufzunehmen.<br />
Ein Massenpunkt besitzt drei Möglichkeiten Energie aufzunehmen. Seine Gesamtbewegung<br />
kann als Überlagerung von drei Bewegungen entlang der Koordinaten<br />
beschrieben werden (etwa der drei kartesischen Koordinaten). Für ein einatomiges<br />
Gas, modellmäßig beschrieben durch ein materielles Teilchen, hatte sich als Mittelwert<br />
der kinetischen Energie der Translation ε kin für ein Einzelmolekül ergeben<br />
ε 3<br />
kin = kT<br />
2<br />
Dies führte für einatomige Gase zu richtigen Folgerungen und Ergebnissen. Da ein<br />
einatomiges Gas f = 3 Freiheitsgrade der Translation hat, versucht man als Ansatz<br />
für die mittlere Energie für einen Freiheitsgrad eines Einzelmoleküls<br />
1<br />
ε = kT<br />
2<br />
Dann bleiben die Ergebnisse für einatomige Gase unverändert.<br />
Die Anwendung dieser Überlegung auf zwei- und mehratomige Moleküle wird zeigen,<br />
ob mit der obigen Annahme die experimentellen Ergebnisse bei diesen Gasen erklärt<br />
werden können.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 65 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
5.4.4 Anwendung des Gleichverteilungssatzes<br />
mv<br />
Um C und C und damit auch κ zu berechnen, geht man schrittweise folgendermaßen<br />
vor<br />
mp<br />
• Anwendung des Gleichverteilungssatzes der thermischen Energie.<br />
• Deuten der gesamten thermischen Energie als Innere Energie U .<br />
• Berechnung von C mv aus der Inneren Energie U durch Ableiten gemäß Definition<br />
in Abschnitt 4.1.<br />
• Berechnung von C aus C und R .<br />
mp<br />
mv<br />
• Berechnung von κ aus C und C .<br />
mp<br />
Es liegen N Moleküle einer Sorte vor. Die Zahl der Freiheitsgrade für ein Einzelmolekül<br />
sei f .<br />
Mit der mittleren Energie je Freiheitsgrad<br />
1<br />
ε = kT<br />
2<br />
wird die gesamte Innere Energie U von N Molekülen nach dem Gleichverteilungssatz<br />
U = N f ε<br />
1<br />
U = N f kT<br />
2<br />
Die formale Erweiterung mit<br />
mit<br />
wird<br />
1 N<br />
U = f ( NA<br />
k)<br />
T<br />
2 N<br />
R<br />
m =<br />
U = f<br />
N<br />
1<br />
2<br />
A<br />
A<br />
k<br />
n R<br />
m<br />
T<br />
Die isochore molare Wärmekapazität<br />
C<br />
mv =<br />
1 dU<br />
n dT<br />
mv<br />
m<br />
N A ( N A AVOGADRO-Konstante) liefert<br />
NA<br />
C mv<br />
war definiert (vgl. Abschnitt 3.2.3) als<br />
Nach Einsetzen der Inneren Energie U und Ableiten ergibt sich<br />
1<br />
d( f n Rm<br />
T )<br />
1 2<br />
1 1<br />
C mv =<br />
= f n R<br />
n dT<br />
n 2<br />
1 C mv = f R<br />
2<br />
m<br />
Die isobare molare Wärmekapazität<br />
R m<br />
aus der in Abschnitt 5.2 abgeleiteten Differenz<br />
m<br />
C mp<br />
folgt dann mit der molaren Gaskonstanten<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 66 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
zu<br />
C − C = R<br />
C<br />
C<br />
mp<br />
mp<br />
mp<br />
mv<br />
m<br />
1 2<br />
= f Rm<br />
+ R<br />
2 2<br />
1<br />
= ( f + 2) Rm.<br />
2<br />
m<br />
Der Isentropenexponent κ ist definiert als (vgl. Abschnitt 5.2)<br />
C<br />
κ =<br />
C<br />
mp<br />
mv<br />
Einsetzen der Wärmekapazitäten liefert<br />
1<br />
( f + 2) R<br />
κ =<br />
2<br />
1<br />
f Rm<br />
2<br />
m<br />
+<br />
f 2<br />
=<br />
f<br />
Damit ist zur Bestimmung von C , C und κ nur noch ein Abzählen der Freiheitsgrade<br />
f ges<br />
mv<br />
mp<br />
für das betrachtete Molekül oder Molekülmodell nach Abschnitt 5.4.1 notwendig.<br />
Dafür müssen die Bewegungsmöglichkeiten der Molekülmodelle untersucht<br />
werden. Dies wird im Folgenden untersucht.<br />
5.4.5 Bestimmung der Anzahl der Freiheitsgrade<br />
Einatomiges Molekül<br />
Entsprechend den drei kartesischen Raumrichtungen gibt es für ein einatomiges Gas<br />
mit dem Modell materielles Teilchen = punktförmige sphärische Kugel als Bewegungsmöglichkeit<br />
nur die Translation. Eine Rotation ist für ein materielles Teilchen<br />
ohne räumliche Ausdehnung nicht möglich.<br />
Die Zahl der Freiheitsgrade ist f = 3 . Da dies aber die Grundüberlegung für das Einführen<br />
der Freiheitsgrade war, ändert sich an den Ergebnissen und der Übereinstimmung<br />
mit den gemessenen Werten natürlich nichts.<br />
Zweiatomiges Molekül – starres Hantelmodell<br />
y<br />
y<br />
x<br />
x<br />
z<br />
z<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 67 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
Für die Translation des Massenmittelpunktes der Hantel gilt wieder, wie bei einatomigen<br />
Molekülen<br />
f trans = 3<br />
Außerdem ist eine Rotation um den Massenmittelpunkt möglich. Es ist<br />
f rot = 2<br />
Die Rotation um die Hantelachse (hier die z-Achse) ergibt keinen Beitrag. Dies ist<br />
streng nur für punktförmige Körper richtig. Es bleibt die Rotation um die x- und um<br />
die y-Achse.<br />
Eine quantenmechanische Betrachtung würde die Begründung dafür liefern, dass<br />
wegen der Bedingung für die Massenträgheitsmomente J z
Gasart<br />
ftrans<br />
Anzahl der<br />
Freiheitsgrade f<br />
frot<br />
f f m<br />
osz<br />
Molare isochore<br />
Wärmekapazität<br />
Molare isobare<br />
Wärmekapazität<br />
C mv = f<br />
2 R<br />
f + 2<br />
Cmp<br />
= R m<br />
2<br />
Isentropenexponent<br />
f + 2<br />
κ =<br />
f<br />
Einatomig 3 0 0 3<br />
Zweiatomig<br />
(Starre Hantel)<br />
Zweiatomig<br />
(Federkopplung)<br />
Mehratomig<br />
(starr)<br />
3 2 0 5<br />
3 2 2 7<br />
3 3 0 6<br />
3 −1<br />
1<br />
R m = 12,46 Jmol K<br />
−<br />
2<br />
5 −1<br />
1<br />
Rm<br />
= 20,77 Jmol K<br />
−<br />
2<br />
7 −1<br />
1<br />
Rm<br />
= 29,08 Jmol K<br />
−<br />
2<br />
6 −1<br />
1<br />
Rm<br />
= 24,93 Jmol K<br />
−<br />
2<br />
5 −1<br />
1<br />
m 20,77 Jmol K<br />
− 5<br />
R =<br />
= 1, 67<br />
2<br />
2<br />
7 −1<br />
1<br />
m 29,08 Jmol K<br />
− 7<br />
R =<br />
= 1, 40<br />
2<br />
5<br />
9 −1<br />
1<br />
m 37,41 Jmol K<br />
− 9<br />
R =<br />
= 1, 29<br />
2<br />
7<br />
8 −1<br />
1<br />
m 33,24 Jmol K<br />
− 8<br />
R =<br />
= 1, 33<br />
2<br />
6<br />
Tabelle 5-02: Die molaren Wärmekapazitäten C und C und der Isentropenexponent<br />
κ in Abhängigkeit von der Anzahl der Freiheitsgrade f eines idealen Gases,<br />
Klassische Theorie bei Anwendung des Gleichverteilungssatzes.<br />
mp<br />
mv<br />
5.4.6 Vergleich theoretischer und experimenteller Werte<br />
Es werden im Folgenden die experimentellen Ergebnisse der Tabelle 5-01 und die<br />
theoretischen Ergebnisse der Tabelle 5-02 miteinander verglichen.<br />
Für einatomige Gase ergibt sich die schon früher festgestellte sehr gute Übereinstimmung.<br />
• Bei zweiatomigen Gasen findet man gute Übereinstimmung zwischen Experiment<br />
und Theorie für H2<br />
, O2<br />
und N2<br />
, d. h., diese Moleküle verhalten sich bei<br />
Raumtemperatur wie starre Hanteln.<br />
• Die Übereinstimmung für Cl 2 ist schlecht. Weder das starre Hantelmodell<br />
noch das Hantelmodell mit Federkopplung gibt die experimentell gemessenen<br />
Werte richtig wieder. Für eine Deutung sei auf Abschnitt 5.5 hingewiesen.<br />
• Bei mehratomigen Gasen zeigt der Vergleich der gemessenen Werte mit denen<br />
ohne Oszillationen berechneten im Allgemeinen<br />
gemessen<br />
berechnet<br />
• C mx > Cmx<br />
mit x = p (isobarer Prozess) oder<br />
x = v (isochorer Prozess),<br />
• Die Werte für κ zeigen kein eindeutiges Muster.<br />
Bei Raumtemperatur gibt ein starres Molekülmodell nicht die richtigen Ergebnisse. Es<br />
sind folglich die Schwingungen der Einzelatome zu berücksichtigen, um das Modell<br />
zu verfeinern. Dazu sind aber genauere Kenntnisse über den Aufbau der Moleküle<br />
nötig. Es wird an dieser Stelle auf eine weiterführende Darstellung verzichtet.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 69 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
5.5 Grenzen der klassischen Theorie<br />
Im vorigen Abschnitt wurden bei der theoretischen Bestimmung der molaren Wärmekapazitäten<br />
C und C der Gleichverteilungssatz der klassischen Theorie und die<br />
mp<br />
mv<br />
Struktur der Moleküle modellmäßig mit berücksichtigt. So konnte auch für zweiatomige<br />
Moleküle H2<br />
, O2<br />
und N2<br />
eine Übereinstimmung der theoretischen mit den experimentell<br />
gemessenen Werten erzielt werden. Schlecht war die Übereinstimmung nur<br />
für Cl 2 . Zunächst bleibt unverständlich, warum das starre Hantelmodell, das Rotation<br />
erlaubt, richtige Ergebnisse geben soll, aber mögliche Oszillationen des Hantelmodells<br />
mit Federkopplung verboten sein sollten.<br />
Die experimentellen Zahlenwerte der Tabelle 5-01 beziehen sich auf Zimmertemperatur.<br />
Deshalb ist für das Wasserstoffmolekül der Verlauf der molaren Wärmekapazität<br />
C mv in Abhängigkeit von der Temperatur T dargestellt (vgl. Abb. 5-02). Um einen<br />
größeren Temperaturbereich zu überdecken, ist in Abb. 5-02 für die Abszisse ein<br />
logarithmischer Maßstab gewählt. Man findet, dass<br />
• C mv von der Temperatur T abhängt,<br />
• sich drei charakteristische Plateaus zeigen und<br />
• die Zunahme von C mv in zwei Stufen erfolgt.<br />
30<br />
C<br />
J⋅mol<br />
mv<br />
− 1<br />
⋅K<br />
−1<br />
7 R<br />
2<br />
m<br />
20<br />
5 R<br />
2<br />
m<br />
3 R<br />
2<br />
m<br />
10<br />
0<br />
T<br />
K<br />
50 100 200 500 1000<br />
2000<br />
5000<br />
10000<br />
Abb. 5-02: Temperaturabhängigkeit der molaren isochoren Wärmekapazität<br />
von Wasserstoff (Wasserstoff dissoziiert bei etwa 3200 K).<br />
Die gestrichelte Kurve gilt für ein zweiatomiges Gas, dessen Moleküle bis<br />
T = 10 000 K nicht dissoziieren.<br />
C mv<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 70 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
Der Vergleich mit den theoretischen Ergebnissen der Tabelle 5-02 zwingt zu folgender<br />
Beschreibung<br />
• Für Temperaturen T ≤ 100 K benimmt sich H2<br />
wie ein einatomiges Gas. Seine<br />
Bewegung kann durch eine Translation beschrieben werden.<br />
• Im Temperaturintervall 200 K ≤ T ≤ 600 K benimmt sich das -Molekül wie<br />
eine starre Hantel. Die Rotation ist angeregt, die Oszillation noch nicht. In diesen<br />
Bereich fällt der Zahlenwert der Tabelle 5-02.<br />
• Für T ≥ 2 500 K benimmt sich das H2<br />
-Molekül wie ein Hantelmodell mit Federkopplung.<br />
Das H2<br />
-Molekül dissoziiert bei T diss ≈ 3 200 K , deshalb existiert<br />
oberhalb dieser Temperatur kein H 2 -Molekül mehr. Die gestrichelte Kurve in<br />
Abb. 5-02 gilt für ein zweiatomiges Molekül, das bis T ≈ 10 000 K nicht dissoziiert.<br />
Diese Beschreibung lässt sich mit dem Gleichverteilungssatz der klassischen Theorie<br />
nicht erklären. Klassisch muss die Gleichverteilung der Energie für alle Temperaturen<br />
gelten, eine Temperaturabhängigkeit dürfte es dann nicht geben. Die experimentellen<br />
Ergebnisse über die Temperaturabhängigkeit C mv stehen also im Widerspruch zur<br />
klassischen Theorie.<br />
Die beobachtete Diskrepanz wird erst von der Quantenphysik gelöst. Diese zeigt,<br />
dass die Energie gequantelt ist. Dieser Effekt, der im Makroskopischen unwichtig ist,<br />
führt im Mikroskopischen zu nicht selbstverständlichen Resultaten.<br />
Um in einen Anregungszustand, der z. B. der Rotation zugeordnet ist, zu kommen,<br />
ist eine Mindestanregungsenergie notwendig.<br />
Dies erfordert eine mittlere thermische Energie, die im Bereich der auftretenden Stufe<br />
erreicht wird. Ist die mittlere thermische Energie hoch genug, so ist es für alle Moleküle<br />
möglich, in diesem Anregungszustand zu sein.<br />
Die Anregungsenergie für Schwingungen ist größer als die für Rotationen. Daher<br />
setzen Schwingungen erst bei höherer Temperatur ein.<br />
Je nach Molekülart werden die Anregungsstufen bei verschiedenen Temperaturen<br />
liegen. Es ist damit der Tabellenwert für Cl 2 verständlich. Bei Zimmertemperatur ist<br />
die thermische Energie gerade ausreichend, um Schwingungen der beiden Cl-<br />
Atome anzuregen. Ein Teil der Cl 2 -Moleküle benimmt sich also noch wie ein starres<br />
Hantelmodell, ein Teil bereits wie ein Hantelmodell mit Federkopplung. Es ergibt sich<br />
also ein Wert für C mv , der gerade in der Stufe zwischen dem Bereich angeregter Rotation<br />
und dem Bereich angeregter Oszillation liegt.<br />
In der Ausdrucksweise der Physik sagt man:<br />
Bei Abkühlen frieren Freiheitsgrade ein. Diese sind bei der Berechnung der molaren<br />
Wärmekapazitäten nicht mehr zu berücksichtigen.<br />
Für weitergehende Erklärungen sei auf entsprechende Literatur verwiesen.<br />
H 2<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />
- 71 -<br />
’Molare Wärmekapazitäten’
6 2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong><br />
Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik (vgl. Abschnitt 3.3) ist ein allgemeingültiger<br />
Erfahrungssatz. Er ist nicht beweisbar, aber alle aus ihm abgeleiteten Folgerungen<br />
stehen in Einklang mit den physikalisch beobachteten experimentellen Ergebnissen.<br />
Der 1. Hauptsatz sagt aber nichts darüber aus, in welcher Richtung physikalische<br />
Prozesse von selbst ablaufen. Der 1. Hauptsatz erlaubt Vorgänge, die in der Natur<br />
nicht beobachtet werden.<br />
Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik macht Aussagen darüber, welche Prozesse<br />
nicht umkehrbar sind. Er beruht wie der 1. Hauptsatz auf allgemein gültigen Erfahrungen.<br />
Einige Beispiele sollen dies erläutern. Sie widersprechen zwar nicht dem<br />
1. Hauptsatz, werden aber trotzdem nicht beobachtet.<br />
• Ein zu Boden gefallener Lehmkloß wird beim Aufprall verformt. Seine kinetische<br />
Energie wird in Verformungsarbeit und thermische Energie umgesetzt.<br />
Die damit verbundene Temperaturzunahme bewirkt eine Wärmeabgabe an die<br />
Umgebung. Der umgekehrte Vorgang ist noch nie beobachtet worden.<br />
• Wärme fließt von selbst nur vom wärmeren zum kälteren Körper. Oder haben<br />
Sie sich schon einmal zum Aufwärmen auf einen Eisblock gesetzt?<br />
• Mischbare Flüssigkeiten wie Milch und Kaffee mischen sich im Verlauf der Zeit<br />
von selbst. Eine Entmischung ohne Eingriff von außen wird aber nicht beobachtet.<br />
(Wenn sich nicht mischbare Flüssigkeiten wie Öl und Wasser<br />
oder Milch und Rahm im Verlauf der Zeit trennen, so ist dies auf eine Einwirkung<br />
von außen, nämlich auf die Gravitationskraft zurückzuführen.)<br />
• Ein Pfirsich fault nach einiger Zeit von selbst. Eine faule Frucht wird sich aber<br />
niemals in eine makellose zurück verwandeln. Die gleiche Überlegung gilt für<br />
die Karies in den Zähnen.<br />
• Es lässt sich keine Maschine konstruieren, die für den Antrieb eines Schiffes<br />
die Antriebsenergie durch Wärmeentzug aus dem Meerwasser gewinnt, falls<br />
nicht ein zweites, kälteres Wärmebad zur Verfügung steht.<br />
Den vier erstgenannten Beispielen ist gemeinsam: Ihr Ablauf kehrt sich nicht von<br />
selbst um. Die von der Natur vorgegebenen Grenzen über den Ablauf thermodynamischer<br />
Prozesse erfasst der 2. Hauptsatz. Er beruht auf Erfahrung; er kann, nach<br />
dem letzten genannten Beispiel, ingenieurmäßig folgendermaßen formuliert werden:<br />
"Es gibt keine periodisch arbeitende Maschine, die nichts anderes bewirkt als die Erzeugung<br />
von mechanischer Energie aus Wärme, die einer Wärmequelle entnommen<br />
wird; es ist vielmehr notwendig, dass gleichzeitig Wärme an eine Wärmesenke abgegeben<br />
wird."<br />
Diese Aussage, die die Umwandlung von Wärme in Arbeit einschränkt, ist in<br />
Abb. 6-01 grafisch dargestellt.<br />
Dies ist nur eine von vielen gleichberechtigten Formulierungen, die einen bestimmten<br />
Prozess als unmöglich klassifizieren. Weitere mögliche Formulierungen sind:<br />
"Wärme kann nie von selbst von einem Körper niederer Temperatur auf einen Körper<br />
höherer Temperatur übergehen." (R. CLAUSIUS)<br />
"Es gibt kein Perpetuum mobile 2. Art."<br />
Definition: Ein Perpetuum mobile 2. Art ist eine periodisch arbeitende Maschine, die<br />
zugeführte Wärme vollständig in Arbeit überführt.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 72 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Wärmebad T 2<br />
Dem Wärmebad T 2<br />
entzogene Wärme Q 2<br />
Systemgrenze<br />
Abgegebene<br />
Arbeit W<br />
An das Wärmebad T 1<br />
abgegebene Wärme Q 1<br />
Wärmebad T 1<br />
Abb. 6-01: Zur Umwandlung von Wärme in Arbeit – einfache Wärmekraftmaschine.<br />
6.1 Reversible und irreversible Prozesse<br />
Irreversible Prozesse<br />
Man nennt einen Prozess irreversibel, wenn der Prozess nur (was immer auch an<br />
Methoden, Tricks und Apparaten verwendet werden mag) dadurch rückgängig gemacht<br />
werden kann, dass eine Veränderung in der Umgebung zurückbleibt.<br />
Reversible Prozesse<br />
Ein reversibler Prozess ist ein idealisierter Vorgang, der ebenso gut in der umgekehrten<br />
Richtung ablaufen kann, ohne dass Veränderungen in der Umgebung zurückbleiben.<br />
Dabei braucht der Weg nicht der gleiche zu sein, Hinweg und Rückweg können<br />
verschieden sein.<br />
Zu den reversiblen Prozessen gehören alle Vorgänge der Mechanik, die idealisierend<br />
als reibungsfrei angenommen werden. Die Wegunabhängigkeit lässt sich am Pendel<br />
erläutern.<br />
Bei jedem Pendel kann eine Schwingung in zwei Halbschwingungen aufgeteilt werden.<br />
Die zweite Halbschwingung macht die Veränderungen der ersten Halbschwingung<br />
rückgängig und bringt das System in den Ausgangszustand zurück. Beim Fadenpendel<br />
erfolgt diese Rückschwingung auf derselben Bahn wie die Hinschwin-<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 73 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
gung, beim konischen Pendel (Kegelpendel) erfolgen die beiden Teilschwingungen<br />
auf verschiedenen Halbkreisen. Nach einer Vollschwingung sind beide Pendel wieder<br />
im Ausgangszustand.<br />
Zu den irreversiblen Prozessen gehören die physikalischen Vorgänge der Reibung,<br />
der plastischen Verformung, der Diffusion und der Wärmeleitung. Als Beispiel sei das<br />
Absinken einer Kugel in einer zähen Flüssigkeit genannt. Dabei wird die potentielle<br />
und kinetische Energie der Kugel in Innere Energie des Systems verwandelt. Dies<br />
macht sich durch eine, wenn auch nur geringe, Temperaturerhöhung bemerkbar.<br />
Nach dem 2. Hauptsatz gibt es keine Maschine, die nichts weiter bewirkt als das Abkühlen<br />
der erwärmten Flüssigkeit und Hebung der abgesunkenen Kugel. Der Ausgangszustand<br />
lässt sich nur durch Eingriffe wieder herstellen, die Änderungen in der<br />
Umgebung hervorrufen.<br />
Wie die obigen Beispiele zeigen, handelt es sich bei reversiblen Vorgängen stets um<br />
idealisierte Grenzfälle. Jeder realisierbare Prozess enthält immer einen irreversiblen<br />
Anteil d. h., die Prozessgrößen hängen ab vom Anfangs- und Endzustand und von<br />
der Prozessführung, also vom Weg.<br />
Zur Beschreibung definiert man quasistatische Vorgänge, das sind thermodynamische<br />
Prozesse, bei denen eine dichte Folge von Gleichgewichtszuständen sehr langsam<br />
durchlaufen wird. Damit sind reversible Vorgänge immer als quasistatische Vorgänge<br />
darstellbar.<br />
Ein Beispiel ist die quasistatische Verdampfung einer Flüssigkeit bzw. die quasistatische<br />
Kondensation des zugehörigen Dampfes. Solange Flüssigkeit und Dampf<br />
gleichzeitig vorhanden (’koexistent’) sind, lässt sich der Vorgang Verdampfen (Kondensieren)<br />
durch eine beliebig kleine Wärmezufuhr (Wärmeabfuhr) in Gang setzen.<br />
Der 2. Hauptsatz lässt sich damit auch in den folgenden Formulierungen ausdrücken:<br />
"Alle natürlichen Prozesse sind irreversibel." (H.D. BAEHR)<br />
"Alle Prozesse, bei denen Reibung auftritt, sind irreversibel." (M. PLANCK)<br />
6.2 Kreisprozesse<br />
6.2.1 Definition<br />
Kreisprozesse nennt man solche thermodynamischen Zustandsänderungen von Systemen,<br />
bei denen Anfangs- und Endzustand gleich sind. Im Zustandsdiagramm<br />
drückt sich das in einem geschlossenen Kurvenzug aus (vgl. Abb. 4-01).<br />
Für grundsätzliche Untersuchungen befasst man sich mit solchen Kreisprozessen,<br />
die sich aus den in Abschnitt 5 behandelten speziellen Zustandsänderungen zusammensetzen.<br />
Kreisprozesse, bei denen Wärme nur bei zwei Temperaturen ausgetauscht wird, die<br />
also nur zwei Wärmebäder brauchen, heißen einfache Kreisprozesse.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 74 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
6.2.2 Wärmekraftmaschinen und Kältemaschinen<br />
Ein thermodynamisches System, das einem Kreisprozess unterworfen wird, kann<br />
zweierlei bewirken<br />
• Wärme in Arbeit überführen (vgl. Abb. 6-01).<br />
Man bezeichnet eine so arbeitende Maschine als Wärmekraftmaschine.<br />
• Wärme unter Arbeitsaufwand von einer Temperatur auf eine Temperatur<br />
T 2 > T 1 transportieren (vgl. Abb. 6-02).<br />
Eine solche Maschine heißt Kältemaschine; sie kann sowohl zur Kühlung<br />
(Kühlmaschine) wie auch zur Heizung (Wärmepumpe) oder zu beidem benützt<br />
werden.<br />
T 1<br />
Eine Strukturübersicht zur Nomenklatur bringt Abb. 6-03.<br />
Wärmebad T 2<br />
An das Wärmebad T 2<br />
abgegebene Wärme Q 2<br />
Dem System<br />
zugeführte Arbeit<br />
Systemgrenze<br />
Dem Wärmebad T 1<br />
entzogene Wärme Q 1<br />
Wärmebad T 1<br />
Abb. 6-02: Wärmetransport von kalt nach heiß unter Arbeitsaufwand.<br />
Wirkungsweise einer Kältemaschine.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 75 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Thermische Maschinen<br />
Maschinen zur Umwandlung und zum Transport von Wärme<br />
Wärmekraftmaschinen<br />
Thermische Maschinen zur<br />
Umwandlung<br />
von Wärme in Arbeit<br />
Kältemaschinen<br />
Thermische Maschinen zum Transport<br />
von Wärme unter Arbeitsaufwand<br />
von einem Temperaturbad T 1<br />
auf ein Temperaturbad T 2 > T1<br />
Kühlmaschinen<br />
Nutzen: Kühlung<br />
Wärmepumpen<br />
Nutzen: Heizung<br />
Abb. 6-03: Zur Nomenklatur Thermischer Maschinen.<br />
6.2.3 Einfacher Kreisprozess – Wirkungsgrad<br />
Als Beispiel wird ein einfacher Kreisprozess vorgestellt.<br />
Eine einfache Wärmekraftmaschine ist definiert als eine Maschine, die zwischen zwei<br />
Temperaturbädern und T < arbeitet. Es ist dabei (vgl. Abb. 6-01)<br />
T2<br />
1 T2<br />
• Q2<br />
die Wärmeaufnahme bei der Temperatur T2<br />
• Q1<br />
die Wärmeabgabe bei der Temperatur T1<br />
• W die nach außen abgegebene Arbeit<br />
Da der Endzustand und der Anfangszustand identisch sind, ist die Innere Energie U<br />
zur Beschreibung des Prozesses einer Wärmekraftmaschine ungeeignet. Da für einen<br />
Zyklus des Kreisprozesses die Änderung der Inneren Energie ΔU = 0 ist, ergibt<br />
der 1. Hauptsatz als Energiebilanz der Maschine<br />
Q<br />
1 + Q2<br />
+ W =<br />
0<br />
Will man die aufgenommenen und die abgegebenen Energiebeträge kennzeichnen,<br />
muss man die Gleichung mit Beträgen und den entsprechenden Vorzeichen schreiben.<br />
W<br />
= Q 2 − Q 1<br />
Unter einer idealen Wärmekraftmaschine versteht man eine Anordnung, die so arbeitet,<br />
dass alle vorkommenden Zustandsänderungen als reversible, quasistatische<br />
Vorgänge beschrieben werden können. Dazu sind notwendig<br />
• reibungsfreie Führung,<br />
• Prozesse als quasistatisches reversibles Durchlaufen von aufeinanderfolgenden<br />
Gleichgewichtszuständen,<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 76 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
• für die Isothermen: idealer Wärmeaustausch,<br />
• für die Isentropen: völlige Wärmeisolation,<br />
• sonstige Wärmeübertragungsprozesse sind ausgeschlossen.<br />
Das Verhältnis von Nutzen und Aufwand nennt man den Wirkungsgrad η.<br />
Als Nutzen ist hier die abgegebene Arbeit W , als Aufwand die aufgenommene Wärme<br />
Q 2 einzusetzen. Also<br />
η<br />
th,real<br />
=<br />
abgegebene Arbeit W<br />
aufgenommene WärmeQ<br />
2<br />
Der Wirkungsgrad ist positiv definiert. Er wird daher wegen der verschiedenen Vorzeichen<br />
von Wärme und Arbeit (vgl. Abschnitt 3.3) aus den Beträgen bestimmt.<br />
Das Verhältnis von Nutzen und Aufwand ist bei einer Wärmekraftmaschine immer<br />
kleiner als 1, da von der bei T 2 aufgenommenen Wärme stets ein Teil an das Wärmebad<br />
mit der Temperatur (Wärmesenke) abgegeben wird (vgl. Abb. 6-01).<br />
η th, < 1<br />
real<br />
T 1<br />
Eine ideale Wärmekraftmaschine hat den größtmöglichen, bei reversibler Führung<br />
von der Natur erlaubten, Wirkungsgrad. Man nennt diesen maximalen Wirkungsgrad<br />
den thermodynamischen Wirkungsgrad η .<br />
2<br />
th, C<br />
Er ist benannt nach dem Kreisprozess nach CARNOT, der in Abschnitt 6.3 behandelt<br />
wird.<br />
W<br />
η th,C = bei reversibler Prozessführung<br />
Q<br />
Für den thermodynamischen Wirkungsgrad<br />
Der Wirkungsgrad<br />
η th,C<br />
η th, C gil:<br />
aller idealen (und damit reversibel geführten) Wärmekraftmaschinen,<br />
die zwischen zwei identischen Temperaturbädern arbeiten, ist gleich<br />
groß.<br />
Begründung: Gäbe es zwei ideale Wärmekraftmaschinen (1) und (2), für die<br />
η 1) ≠ η (2) gälte, so ließen sich diese Maschinen so zusammenkoppeln,<br />
th, C ( th, C<br />
dass nur noch ein Wärmebad zur Wärmeaufnahme notwendig wäre, also im Gegensatz<br />
zur Erfahrung ein Perpetuum mobile 2. Art gebaut werden könnte.<br />
Deshalb kann der thermodynamische Wirkungsgrad η th, C einer einfachen Wärmekraftmaschine<br />
aus einem speziellen Kreisprozess berechnet werden. Der errechnete<br />
Wert gilt dann für alle Wärmekraftmaschinen und beliebige andere Kreisprozesse,<br />
die zwischen den gleichen Temperaturbädern arbeiten.<br />
Beispiele für technisch wichtige Kreisprozesse sind<br />
• der Kreisprozess nach CARNOT: 2 Isothermen und 2 Isentropen<br />
(vgl. Abb. 6-04),<br />
• der Kreisprozess nach STIRLING: 2 Isothermen und 2 Isochoren<br />
(vgl. Abb. 6-05).<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 77 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
6.3 Kreisprozess nach CARNOT<br />
p<br />
p 1<br />
1<br />
Teilprozesse<br />
Teilprozess '1' → '2': Isotherme Expansion<br />
Teilprozess '2' → '3': Isentrope Expansion<br />
[adiabates System]<br />
Teilprozess '3' → '4': Isotherme Kompression<br />
Teilprozess '4' → '1': Isentrope Kompression<br />
[adiabates System]<br />
p 2<br />
2<br />
T 2<br />
p 4<br />
p 3<br />
4<br />
3<br />
T 1<br />
V 1<br />
V 4<br />
V 2<br />
V 3<br />
V<br />
' 1' → '2'<br />
Isotherme<br />
Expansion<br />
' 2' → '3'<br />
Isentrope<br />
Expansion<br />
' 3' → '4'<br />
Isotherme<br />
Kompression<br />
' 4' → '1'<br />
Isentrope<br />
Kompression<br />
V 3<br />
V 3<br />
V 2<br />
V 2<br />
V 4<br />
V 4<br />
V 1<br />
V 1<br />
Wärmebad T 2<br />
Wärmeisolation<br />
Wärmebad T 1<br />
Wärmeisolation<br />
Abb. 6-04: Der Kreisprozess nach CARNOT.<br />
Oberes Teilbild: Darstellung im p,V -Diagramm.<br />
Unteres Teilbild: Realisierung der Teilprozesse.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 78 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
6.3.1 Beschreibung des Kreisprozesses<br />
Zur Umwandlung von Wärme in mechanische Nutzarbeit hat SADI CARNOT (1796 -<br />
1832) eine periodisch arbeitende Maschine vorgeschlagen; sie beruht auf einem einfachen<br />
Kreisprozess zwischen zwei Temperaturbädern. Der Kreisprozess nach<br />
CARNOT setzt sich zusammen aus zwei Isothermen bei den beiden Temperaturen T 1<br />
und T 2 > T 1 und zwei Isentropen, die den Übergang zwischen den beiden Temperaturbädern<br />
bewerkstelligen. Die Teilprozesse sind<br />
• Teilprozess '1' → '2': Isotherme Expansion,<br />
• Teilprozess '2' → '3': Isentrope Expansion in einem adiabaten System,<br />
• Teilprozess '3' → '4': Isotherme Kompression,<br />
• Teilprozess '4' → '1': Isentrope Kompression in einem adiabaten System.<br />
6.3.2 Umgesetzte Wärmen und Arbeiten<br />
Teilprozess '1' → '2': Isotherme Expansion bei der Temperatur T 2 = const.<br />
Anfangsvolumen , Endvolumen V .<br />
V1<br />
2<br />
Für diese Isotherme reduziert sich der 1. Hauptsatz auf ΔU<br />
= W + Q 0<br />
Abgegebene Volumenänderungsarbeit<br />
W<br />
V2<br />
12 −nRmT2<br />
⋅ln V 1<br />
12 12 =<br />
= (negativ, weil V > )<br />
Zugeführte Wärme<br />
Q<br />
V2<br />
12 −W12<br />
= nRmT2<br />
⋅ln V 1<br />
2 V 1<br />
= (positiv, weil V 2 < V1<br />
)<br />
Teilprozess '2' → '3': Isentrope Expansion – adiabates System ( Q 23 = 0 )<br />
Anfangstemperatur T2<br />
; Endtemperatur T 1 < T2<br />
;<br />
Anfangsvolumen ; Endvolumen V .<br />
V2<br />
3<br />
Für diese Isentrope reduziert sich der 1. Hauptsatz auf Δ U = W23<br />
Die abgegebene Arbeit (Expansion) entspricht einer Absenkung der Inneren Energie<br />
W23 = ΔU<br />
= ( U3<br />
−U2<br />
) = nCmv<br />
( T1<br />
−T2<br />
) (negativ, weil T 1 < T2<br />
)<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 79 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Teilprozess '3' → '4': Isotherme Kompression bei der Temperatur T 1 = const.<br />
Anfangsvolumen , Endvolumen V .<br />
V3<br />
4<br />
Für diese Isotherme reduziert sich der 1. Hauptsatz auf ΔU<br />
= W + Q 0<br />
Zugeführte Arbeit<br />
W<br />
4<br />
34 −nRmT1<br />
ln = nRmT1<br />
⋅ln<br />
V3<br />
4<br />
34 34 =<br />
V<br />
V3<br />
= (positiv, weil V 3 > V 4 ; W34<br />
zugeführt)<br />
V<br />
Abgegebene Wärme<br />
Q<br />
V3<br />
34 −W34<br />
= −nRmT1<br />
ln V 4<br />
= (negativ, weil V > ; abgegeben)<br />
3 V 4<br />
Teilprozess '4' → '1': Isentrope Kompression – adiabates System ( Q41 = 0)<br />
Anfangstemperatur T1<br />
; Endtemperatur T2<br />
;<br />
Anfangsvolumen ; Endvolumen V .<br />
V4<br />
1<br />
Für diese Isentrope reduziert sich der 1. Hauptsatz auf Δ U = W41<br />
Die zugeführte Arbeit (Kompression) entspricht einer Zunahme der Inneren Energie<br />
W<br />
= ΔU<br />
= U −U<br />
) = nC ( T − ) (positiv, also zugeführt, weil T > )<br />
41 ( 2 1 mv 2 T1<br />
2 T 1<br />
Hinweis: Damit gilt<br />
W<br />
+ W41<br />
= nCmv<br />
( T1<br />
−T2<br />
) + nCmv<br />
( T2<br />
−T1)<br />
23 =<br />
Die Summe der umgesetzten Arbeiten und W ergibt null.<br />
0<br />
W23<br />
41<br />
Bilanz: Insgesamt wird in einem Zyklus eines Kreisprozesses nach CARNOT die Arbeit<br />
∫ δ W = W + W + W + W = W + W<br />
Zyklus<br />
umgesetzt; also<br />
∫ δ W = W<br />
Zyklus<br />
12<br />
12<br />
+ W<br />
23<br />
34<br />
34<br />
= −nR<br />
m<br />
= −(<br />
nR<br />
T<br />
m<br />
2<br />
T<br />
41<br />
V<br />
⋅ln(<br />
V<br />
2<br />
2<br />
1<br />
V<br />
⋅ln(<br />
V<br />
12<br />
) + nR<br />
2<br />
1<br />
) − nR<br />
34<br />
m<br />
T<br />
m<br />
1<br />
T<br />
V<br />
⋅ln(<br />
V<br />
1<br />
3<br />
4<br />
V<br />
⋅ln(<br />
V<br />
In einem Zyklus des Kreisprozesses nach CARNOT wird nur beim<br />
Teilprozess '1' → '2' Wärme aufgenommen; diese ist gegeben durch<br />
V2<br />
12 nRmT2<br />
ln V 1<br />
Q =<br />
3<br />
4<br />
)<br />
))<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 80 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
6.3.3 Thermodynamischer Wirkungsgrad<br />
Für die Wärmekraftmaschine nach CARNOT interessiert der Nutzen, also die abgegebene<br />
Arbeit, in ihrem Verhältnis zum Aufwand, der zugeführten Wärme. Diese Kenngröße<br />
heißt Wirkungsgrad, präziser thermodynamischer Wirkungsgrad . Der<br />
Wirkungsgrad<br />
η th,C<br />
η th, C<br />
ist also definiert als der Quotient aus Betrag der abgegebenen<br />
Arbeit (Erinnerung an die Vorzeichenkonvention) und Betrag der zugeführten Wärme;<br />
also<br />
η<br />
th,C<br />
∫ δW<br />
=<br />
Q<br />
12<br />
nR<br />
=<br />
m<br />
V2<br />
V3<br />
T2<br />
⋅ln(<br />
) − nRmT1<br />
⋅ln(<br />
V1<br />
V4<br />
V2<br />
nRmT2<br />
⋅ln(<br />
)<br />
V<br />
1<br />
)<br />
T<br />
= 1−<br />
T<br />
1<br />
2<br />
V<br />
ln(<br />
V<br />
⋅<br />
V<br />
ln(<br />
V<br />
Man braucht eine weitere Gleichung, die die Volumina für den Kreisprozess miteinander<br />
verknüpft.<br />
Der Quotient aus den natürlichen Logarithmen der Volumenverhältnisse lässt sich<br />
folgendermaßen bestimmen:<br />
Für die isentropen Zustandsänderungen der Teilprozesse '2' → '3' und '4' → '1' gelten<br />
jeweils die Isentropengleichungen<br />
TV<br />
κ−1 = const.<br />
also<br />
für Teilprozess '2' → '3':<br />
für Teilprozess '4' → '1':<br />
T V<br />
2<br />
κ−1<br />
2<br />
κ−1<br />
1 4<br />
T V<br />
Division der beiden Gleichungen ergibt<br />
V<br />
V<br />
κ−1<br />
3<br />
κ−1<br />
2<br />
=<br />
V<br />
V<br />
κ−1<br />
4<br />
κ−1<br />
1<br />
V 3 V<br />
ln( ) = ln(<br />
V V<br />
4<br />
2<br />
1<br />
)<br />
oder<br />
= T V<br />
κ−1<br />
1 3<br />
κ−1<br />
2 1<br />
= T V<br />
V 3 V =<br />
4 oder<br />
3 V2<br />
V2<br />
V1<br />
V4<br />
V1<br />
oder<br />
oder<br />
3<br />
4<br />
2<br />
1<br />
)<br />
)<br />
T<br />
T<br />
2<br />
1<br />
T<br />
T<br />
V = und damit auch<br />
2<br />
1<br />
=<br />
V<br />
V<br />
=<br />
V<br />
V<br />
κ−1<br />
3<br />
κ−1<br />
2<br />
κ−1<br />
4<br />
κ−1<br />
1<br />
Damit wird im Wirkungsgrad der Quotient der Logarithmen der Volumenverhältnisse<br />
gleich Eins und es bleibt<br />
η<br />
T1<br />
th, C = 1−<br />
T 2<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 81 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
6.4 Kreisprozess nach STIRLING und STIRLING-Motor<br />
p<br />
2<br />
Teilprozesse<br />
Teilprozess '1' → '2': Isochore Erwärmung<br />
Teilprozess '2' → '3': Isotherme Expansion<br />
(Arbeitstakt)<br />
Teilprozess '3' → '4': Isochore Abkühlung<br />
Teilprozess '4' → '1': Isotherme Kompression<br />
3<br />
1<br />
T 2<br />
4<br />
T 1<br />
V 1<br />
V 2<br />
V<br />
4 → 1<br />
1 → 2 2 → 3<br />
3 → 4<br />
T 2<br />
T 1<br />
Abb. 6-05: Kreisprozess nach STIRLING (rechtsläufig) – Wärmekraftmaschine.<br />
Oberes Teilbild: Darstellung im p,V -Diagramm.<br />
Unteres Teilbild: Realisierung der Teilprozesse.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 82 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
6.4.1 Beschreibung des Kreisprozesses<br />
Der Kreisprozess nach STIRLING setzt sich zusammen aus zwei Isothermen und zwei<br />
Isochoren. Er ist in Abb. 6-05 in einem idealisierten p,V-Diagramm dargestellt. Der<br />
Arbeitsstoff bleibt im System eingeschlossen, es liegt ein geschlossenes System vor.<br />
Erwärmung und Abkühlung erfolgt von außen.<br />
Der Arbeitsstoff durchläuft folgende Zustandsänderungen<br />
• '1' → '2': Isochore Wärmeaufnahme (Aufwärmen von auf T ).<br />
Q12<br />
T1<br />
2<br />
T 2<br />
Q23<br />
= Arbeitsabgabe − W23<br />
Q34<br />
T2<br />
T1<br />
T 1<br />
• '2' → '3': Isotherme Expansion bei der Temperatur ).<br />
(Wärmeaufnahme<br />
• '3' → '4': Isochore Wärmeabgabe (Abkühlen von auf ).<br />
• '4' → '1': Isotherme Kompression bei der Temperatur<br />
(Wärmeabgabe − Q 41 = Arbeitsaufnahme W 41 ).<br />
6.4.2 Umgesetzte Wärmen und Arbeiten<br />
Wegen Δ T = T2 −T1<br />
= T1<br />
−T2<br />
ist betragsmäßig die Wärmeaufnahme auf dem Weg ('1' → '2') gleich der Wärmeabgabe<br />
auf dem Weg ('3' → '4').<br />
Bei der technischen Realisierung in einem Heißgasmotor wird das Arbeitsgas auf<br />
den Wegen ('1' → '2') und ('3' → '4') nicht periodisch von außen aufgeheizt bzw. abgekühlt.<br />
Vielmehr pumpt man den Arbeitsstoff mittels eines Verdrängerkolbens von<br />
einem Raum im Kontakt mit dem Wärmebad T 1 in einen Raum im Kontakt mit dem<br />
Wärmebad T 2 und umgekehrt. Für die Aufwärmung des Arbeitsstoffes auf dem Weg<br />
('1' → '2') und die Abkühlung auf dem Weg ('3' → '4') sorgt ein Wärmespeicher (Regenerator).<br />
Die dabei übertragenen Wärmen Q12<br />
und Q34<br />
bleiben innerhalb der Maschine,<br />
so dass nur die Wärmen Q23<br />
und Q41<br />
über die Systemgrenzen ausgetauscht<br />
werden. Technisch wird der Regenerator durch Kupferwolle realisiert, durch die der<br />
Arbeitsstoff auf den Wegen ('1' → '2') bzw. ('3' → '4') gedrückt wird (vgl. Abb. 6-06).<br />
6.4.3 Thermodynamischer Wirkungsgrad<br />
Es gilt die Definition für den thermodynamischen Wirkungsgrad<br />
η<br />
th,C<br />
=<br />
abgegebene Arbeit W<br />
aufgenommene Wärme Q<br />
23<br />
Die insgesamt abgegebene Arbeit W ist die Summe aller bei den Zustandsänderungen<br />
übertragener Arbeiten<br />
W = W + W + W +<br />
12 23 34 W41<br />
Für die beiden isochoren Prozesse ist<br />
W = W 0<br />
12 34 =<br />
Für die beiden isothermen Prozesse ergibt sich<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 83 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
W<br />
W<br />
23<br />
41<br />
= −<br />
= −<br />
V<br />
V<br />
V<br />
V<br />
2<br />
∫<br />
1<br />
1<br />
∫<br />
2<br />
pdV<br />
pdV<br />
= −n R<br />
= −n R<br />
m<br />
m<br />
T<br />
T<br />
V<br />
2<br />
V<br />
V<br />
1<br />
∫<br />
1<br />
V<br />
2<br />
∫<br />
2<br />
1<br />
dV<br />
V<br />
dV<br />
V<br />
= −n R<br />
= −n R<br />
Die insgesamt abgegebene Arbeit wird damit<br />
W = −∫<br />
p dV<br />
= −nR<br />
m<br />
( T<br />
2<br />
V<br />
−T1)<br />
⋅ln<br />
V<br />
2<br />
1<br />
m<br />
m<br />
T<br />
2<br />
V<br />
⋅ln<br />
V<br />
1<br />
2<br />
2<br />
V<br />
T1<br />
⋅ln<br />
V<br />
1<br />
= + n R<br />
m<br />
V<br />
T1<br />
⋅ln<br />
V<br />
Weil die Innere Energie U bei einem isothermen Prozess konstant bleibt, gilt nach<br />
dem 1. Hauptsatz für die Isotherme T2<br />
Q<br />
= −<br />
23 W 23<br />
Damit lassen sich sowohl die Arbeit W und die Wärme<br />
thermodynamischen Wirkungsgrad einsetzen.<br />
η<br />
η<br />
th,Stirling<br />
th,Stirling<br />
− n Rm<br />
( T2<br />
−T1)<br />
⋅ln(<br />
V2<br />
/ V1)<br />
=<br />
n R T ⋅ln(<br />
V / V )<br />
T2<br />
−T<br />
=<br />
T<br />
2<br />
1<br />
m<br />
2<br />
T<br />
= 1−<br />
T<br />
1<br />
2<br />
2<br />
1<br />
Q 23<br />
2<br />
1<br />
in die Beziehung für den<br />
Wie erwartet, ergibt sich das gleiche Ergebnis wie bei der Berechnung des Wirkungsgrades<br />
nach einem CARNOTschen Kreisprozess. Der thermodynamische Wirkungsgrad<br />
ist immer kleiner als eins, er hängt nur ab vom Verhältnis der Temperaturen<br />
T1<br />
und T2<br />
der beiden Wärmebäder.<br />
Die insgesamt abgegebene Arbeit wird repräsentiert durch die Fläche, die bei dem<br />
rechtsläufigen Prozess umfahren wird. Die abgegebene Arbeit W wird bei technischen<br />
Maschinen durch die für die Volumina das Kompressionsverhältnis ( V 2 / V 1)<br />
ein.<br />
Der reale Wirkungsgrad hängt stark davon ab, inwieweit der interne Wärmeaustausch<br />
Q = realisiert werden kann.<br />
12 Q 34<br />
6.5 Weitere Beispiele für technische Kreisprozesse<br />
Technische Kreisprozesse können näherungsweise durch eine Folge spezieller Zustandsänderungen<br />
modellmäßig beschreiben werden. Als reale Prozesse enthalten<br />
technische Prozesse immer einen irreversiblen Anteil, ihr Wirkungsgrad (beim Betrieb<br />
als Arbeitsmaschine/Wärmekraftmaschine – also rechtsläufigen Gesamtprozessen)<br />
ist stets kleiner als der einer korrespondierenden CARNOT-Maschine zwischen<br />
den gleichen Wärmebädern.<br />
Spezielle Modell-Prozesse, die als Vergleichsprozesse bezeichnet werden, sind<br />
• DIESEL-Prozess<br />
• OTTO-Prozess<br />
• JOULE-Prozess (Gasturbine)<br />
(vgl. Abb. 6-06). Es wird auf einschlägige Fachliteratur verwiesen.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 84 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
p<br />
'2'<br />
Q zu<br />
'3'<br />
DIESEL-Prozess<br />
Teilprozess '1' → '2'<br />
Isentrope Kompression<br />
Teilprozess '2' → '3'<br />
Isobare Expansion<br />
W<br />
'4'<br />
Teilprozess '3' → '4'<br />
Isentrope Expansion<br />
(Arbeitstakt)<br />
Teilprozess '4' → '1'<br />
Isochore Abkühlung<br />
Q ab<br />
'1'<br />
V<br />
p<br />
'3'<br />
Q zu<br />
'4'<br />
JOULE-Prozess (Gasturbine)<br />
Teilprozess '1' → '2'<br />
Isobare Kompression<br />
‘<br />
W<br />
Teilprozess '2' → '3'<br />
Isentrope Kompression<br />
Teilprozess '3' → '4'<br />
Isobare Expansion<br />
(Arbeitstakt)<br />
Teilprozess '4' → '1'<br />
Isentrope Expansion<br />
'2'<br />
Q ab<br />
'1'<br />
V<br />
p<br />
'3'<br />
OTTO-Prozess<br />
Teilprozess '1' → '2'<br />
Isentrope Kompression<br />
Teilprozess '2' → '3'<br />
Isochore Erwärmung<br />
Q zu<br />
'2'<br />
W<br />
'4'<br />
Teilprozess '3' → '4'<br />
Isentrope Expansion<br />
(Arbeitstakt)<br />
Teilprozess '4' → '1'<br />
Isochore Abkühlung<br />
'1'<br />
Q ab<br />
V<br />
Abb. 6-06: Spezielle Modell-Prozesse – Vergleichsprozesse.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 85 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
6.6 Folgerungen aus dem thermodynamischen Wirkungsgrad<br />
Die hergeleitete Beziehung für den thermodynamischen Wirkungsgrad<br />
η th,C<br />
jeden einfachen Kreisprozess zwischen zwei Wärmebädern der Temperaturen<br />
und T 2 > T 1 (vgl. Abschnitt 6.2). Also<br />
η<br />
−<br />
T2<br />
T1<br />
T1<br />
th, C = = 1−<br />
T2<br />
T 2<br />
Daraus folgt, dass<br />
ηth,C<br />
stets < 1; da T 1 < T2<br />
Q<br />
−<br />
Q<br />
2 1<br />
η th,C =<br />
mit Q 2 > Q1<br />
Q2<br />
Die Forderung<br />
. Dies ergab sich bereits aus der Definition<br />
gilt für<br />
T<br />
ηth,<br />
C → 1 ist nur erfüllbar, falls<br />
1
Damit kann eine Temperaturskala definiert werden, die nicht mehr von den Stoffeigenschaften<br />
eines Gases abhängt und die die Temperaturmessung über den Temperaturbereich<br />
hinaus, in dem Gasthermometer eingesetzt werden können, festlegt.<br />
Dazu misst man die umgesetzten Wärmen bei reversiblen Kreisprozessen. Durch die<br />
Messung von Wärmen wird eine Temperaturskala definiert, die unabhängig von<br />
Stoffeigenschaften ist.<br />
Diese Temperaturskala wird wieder am Tripelpunkt des Wassers festgebunden. Die<br />
so definierte Temperaturskala nennt man<br />
die absolute thermodynamische Temperaturskala.<br />
Die in Abschnitt 2.3.3 definierte – und noch von den Gaseigenschaften abhängige<br />
Gastemperatur – ist im Temperaturbereich ihrer Gültigkeit mit der absoluten thermodynamischen<br />
Temperaturskala identisch.<br />
6.8 Kältemaschinen<br />
Wenn man den einer Wärmekraftmaschine zugrunde liegenden Kreisprozess in Gegenrichtung<br />
ablaufen lässt, dann ändern sich die Richtungen der Energieübertragung.<br />
Die grundsätzliche Wirkungsweise einer solchen Maschine ist aus Abb. 6-02 ersichtlich:<br />
• Die beiden Wärmebäder haben die Temperaturen T1<br />
und T2<br />
(mit T 2 > T1).<br />
• Der Arbeitsstoff nimmt aus dem Wärmebad der Temperatur T1<br />
die Wärme Q1<br />
auf.<br />
• Der Arbeitsstoff nimmt die Arbeit W auf, d. h. an dem System wird Arbeit verrichtet.<br />
• Der Arbeitsstoff gibt an das Wärmebad der Temperatur die Wärme Q ab.<br />
Der 1. Hauptsatz liefert<br />
Q + W + Q 0<br />
1 2 =<br />
oder mit Beträgen beschrieben<br />
Q + W =<br />
1 Q 2<br />
T2<br />
2<br />
Diese Maschine liefert also die bei der Temperatur 1 aufgenommene Wärme Q<br />
und die aufgenommene Arbeit W beim Wärmebad als Wärme Q ab.<br />
T 1<br />
T2<br />
2<br />
• Dem Wärmebad T1<br />
wird die Wärme Q1<br />
entzogen.<br />
• Dem Wärmebad T2<br />
wird die Wärme Q2<br />
zugeführt.<br />
• Dazu muss Arbeit zugeführt werden.<br />
Die Maschine leistet also unter Arbeitsaufwand Wärmetransport gegen das Temperaturgefälle.<br />
Sie ist für zwei Zwecke einsetzbar (vgl. Abb. 6-03).<br />
• Als Wärmepumpe wird die Kältemaschine zu Heizzwecken verwendet. Der<br />
Nutzen ist die Ablieferung von Wärme bei höherer Temperatur. Als Reservoir,<br />
dem Wärme entzogen wird, kann Wasser, Luft oder auch der Erdboden dienen.<br />
• Als Kühlmaschine wird die Maschine zu Kühlzwecken benutzt. Der Nutzen ist<br />
Wärmeentzug aus einem Wärmebad tiefer Temperatur.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 87 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Bei der Wärmepumpe ist die zur Heizung zur Verfügung gestellte Wärme größer<br />
als die zum Pumpen aufgewandte mechanische Arbeit. Als Maß für die abgegebene<br />
Wärme in Vergleich zur aufgewandten Arbeit dient der Heizleistungsgrad ε H einer<br />
Wärmepumpe<br />
Q2<br />
εH = > 1<br />
W<br />
Die – hier nicht behandelte Theorie liefert – dafür<br />
Q2<br />
T2<br />
1<br />
εH<br />
=<br />
= =<br />
Q − Q T −T<br />
η<br />
2<br />
1<br />
2<br />
1<br />
th,C<br />
Der Heizleistungsgrad ε ist reziprok zum thermodynamischen Wirkungsgrad .<br />
H<br />
Q 2<br />
η th, C<br />
In der Übersicht Abb. 6-07 sind für einen STIRLINGschen Kreisprozess die Funktionsweisen<br />
Heißgasmotor, Wärmepumpe und Kühlmaschine nebeneinandergestellt. Eingezeichnet<br />
sind neben den Temperaturen die umgesetzten Wärmen und Arbeiten mit<br />
den Richtungen, wie sie über die Systemgrenze ausgetauscht werden. Der jeweilige<br />
Kreisprozess ist im p,V -Diagramm dargestellt.<br />
Heißgasmotor<br />
Kühlmaschine<br />
T<br />
2<br />
T 1<br />
Q 23<br />
Q 34<br />
Abb. 6-07: Anwendungen<br />
des STIRLINGschen<br />
Kreisprozesses.<br />
Wärmekraftmaschinen und<br />
Kältemaschinen.<br />
T<br />
1<br />
T 2<br />
Q 41<br />
W<br />
Q 12 W<br />
Umlauf im<br />
p, V -<br />
Diagramm<br />
p<br />
2<br />
3<br />
p<br />
2<br />
3<br />
1<br />
4<br />
1<br />
4<br />
V<br />
V<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 88 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Wärmepumpe<br />
Heißgasmotor<br />
T 2<br />
T 1<br />
Q 34<br />
Q 41<br />
T 2<br />
Q 12 W<br />
Q 23<br />
Umlauf im<br />
p, V -<br />
Diagramm<br />
p<br />
2<br />
3<br />
p<br />
2<br />
3<br />
1<br />
4<br />
V<br />
1<br />
4<br />
V<br />
Abb. 6-06: Anwendungen des STIRLINGschen Kreisprozesses. Wärmekraftmaschinen<br />
und Kältemaschinen.<br />
6.9 Entropie<br />
6.9.1 Phänomenologische Einführung und Definition<br />
In den vorigen Abschnitten wurden einerseits die Grenzen der Umwandelbarkeit von<br />
Wärme in Arbeit gezeigt (vgl. Wärmekraftmaschine, Abschnitt 6.2) und andererseits<br />
sind Prozesse vorgestellt worden, die von selbst nur in eine Richtung ablaufen können.<br />
In diesem Abschnitt soll der Begriff Entropie eingeführt werden, der die mathematische<br />
Verfolgung und Beschreibung dieser Vorgänge erlaubt. Dies geschieht mit einer<br />
Beziehung, die die Einsinnigkeit physikalischer Vorgänge erfasst, bei denen Wärme<br />
beteiligt ist. Der 2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> erscheint in Form einer mathematischen<br />
Ungleichung.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 89 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Eng verknüpft mit dem Begriff Entropie ist die Isentrope, d. h. eine Kurve gleicher<br />
Entropie, die bereits in Abschnitt 4.4 für ein adiabates System bei reversibler Prozessführung<br />
eingeführt wurde.<br />
Für eine ideale, reversibel geführte Wärmekraftmaschine wurde in Abschnitt 6.2.3<br />
der thermodynamische Wirkungsgrad η definiert:<br />
η th, C =<br />
η<br />
aufgenommene Wärme<br />
th, C<br />
abgegebene mechanische Arbeit<br />
Q<br />
−<br />
Q<br />
2 1<br />
th, C =<br />
= 1<br />
Q2<br />
−<br />
Q<br />
Q<br />
1<br />
2<br />
Bei reversibler Wärmeübertragung ist der thermodynamische Wirkungsgrad nach<br />
Abschnitt 6.3.2<br />
−<br />
η .<br />
T2<br />
T1<br />
T1<br />
th, C = = 1−<br />
T2<br />
T 2<br />
Gleichsetzen dieser beiden Beziehungen liefert<br />
Q<br />
1−<br />
Q<br />
1<br />
und damit<br />
1<br />
2<br />
Q 1 =<br />
T<br />
T<br />
= 1−<br />
T<br />
Q<br />
T<br />
2<br />
2<br />
.<br />
1<br />
2<br />
Damit hat man eine physikalische Größe gefunden, die sich bei dem Prozess nicht<br />
geändert hat.<br />
Das lässt sich verallgemeinern; dividiert man die bei einer reversiblen Zustandsänderung<br />
übertragene Wärme δQ durch die Temperatur T , bei der die Wärmeübertragung<br />
erfolgt, so ist die Größe das Differential einer Zustandsgröße.<br />
δQ<br />
T<br />
Der Nachweis lässt sich sowohl thermodynamisch als auch mathematisch (integrierender<br />
Nenner) führen, wird aber hier nicht ausgeführt.<br />
Diese Zustandsgröße wird als Entropie bezeichnet. Sie hat die Definitionsgleichung<br />
δQrev<br />
reversibel übertragene Wärme δQ<br />
dS<br />
= =<br />
T zugehörige Temperatur T<br />
Für die beschriebenen Kreisprozesse nach CARNOT und STIRLING heißt das, dass die<br />
dem System zugeführten Entropien gleich den vom System abgegebenen Entropien<br />
sind. Bei diesem reversiblen Prozess bleibt also die neu eingeführte Größe Entropie<br />
erhalten.<br />
Führt man nach der Vorzeichenkonvention für die umgesetzten Wärmen die zugehörigen<br />
algebraischen Vorzeichen ein, dann lässt sich die obige Aussage als algebraische<br />
Gleichung schreiben.<br />
Unter Benutzung des Summensymbols gilt für jeden reversibel geführten Kreisprozess<br />
∑ ΔS<br />
= 0<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 90 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
6.9.2 Entropie und 2. Hauptsatz – vertiefte Betrachtung<br />
Temperatur T und die Innere Energie U (1. Hauptsatz) sind Zustandsfunktionen, die<br />
den thermodynamischen Zustand eines Systems beschreiben. Für reversible Kreisprozesse<br />
– als Beispiel sei der CARNOTsche Kreisprozess genannt – gilt, dass die<br />
Summe der reduzierten Wärmen (definiert als Quotient aus umgesetzter Wärme Q<br />
und zugehöriger Temperatur T ) null ist.<br />
Nach CLAUSIUS definiert man eine weitere Zustandsfunktion – die Entropie S<br />
zentral zum 2. Hauptsatz der Thermodynamik gehört.<br />
– die<br />
Man betrachtet einen quasistatischen, reversiblen Prozess zwischen zwei Gleichgewichtszuständen.<br />
Dabei werde die (reversible) Wärme δ Qrev<br />
umgesetzt. Man definiert<br />
nach CLAUSIUS die Änderung dS der neuen Größe Entropie zwischen den beiden<br />
Gleichgewichtszuständen als Quotient der umgesetzten Wärme δQ rev und der<br />
Temperatur T des Systems in diesem Intervall; also<br />
δQ<br />
dS<br />
=<br />
T<br />
rev<br />
zugeführte Wärme bedeutet eine positive Änderung der Zustandsfunktion Entropie,<br />
also eine Zunahme,<br />
abgegebenen Wärme bedeutet eine negative Änderung der Zustandsfunktion Entropie,<br />
also eine Abnahme.<br />
δQ rev<br />
Die umgesetzte Wärme ist keine Zustandsgröße, sie hängt von der Prozessführung<br />
ab. Die Größe dS wird durch den – mathematisch gesprochen – integrierenden<br />
Faktor T im Nenner zu einem totalen Differential, d. h. zu einer Zustandsgröße.<br />
Wichtig ist bei der umgesetzten Wärme der Index ‘rev’, der auf die Forderung<br />
einer reversiblen Versuchsführung hinweist.<br />
Die obige Definition führt die Entropieänderung als Differential ein. Sie definiert die<br />
Änderung dS<br />
der Entropie S , nicht die Entropie S selbst. Der absolute Wert der<br />
Entropie ist deshalb nur bis auf eine additive Konstante – mathematisch gesprochen<br />
die Integrationskonstante – bestimmt.<br />
Historisch wurde der Begriff Entropie zunächst in der Thermodynamik eingeführt.<br />
Die Entropie wurde später in der statistischen Mechanik sehr wichtig; die statistische<br />
Mechanik lieferte über die Wahrscheinlichkeit thermodynamischer Zustände einen<br />
neuen Zugang zum Begriff Entropie; schlagwortartig beschrieben mit den Begriffen<br />
Ordnung bzw. Unordnung eines Systems.<br />
Um für einen endlichen Prozess die Änderung dS der Entropie zu berechnen, muss<br />
man berücksichtigen, dass i. Allg. die Temperatur T nicht konstant bleibt. Die Änderung<br />
der Entropie S für einen beliebigen, reversiblen Prozess zwischen einen Anfangszustand<br />
'A' und einem Endzustand 'E' ist gegeben durch<br />
ΔS<br />
=<br />
E<br />
∫<br />
A<br />
dS<br />
=<br />
E<br />
∫<br />
A<br />
δQ<br />
T<br />
Man kann zeigen, dass die Entropieänderung Δ S nur vom End- und Anfangszustand<br />
abhängt, aber unabhängig vom gewählten Weg zwischen diesen beiden Zuständen<br />
ist. Der Grund ist, dass dS mathematisch die Forderung totales Differential erfüllt.<br />
Ohne Beweis sei angegeben, dass man zeigen kann, dass sonst die Gültigkeit des 2.<br />
Hauptsatzes verletzt wäre.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 91 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Bei einem reversiblen Prozess in einen adiabaten System wird keine Wärme über die<br />
Systemgrenzen übertragen. Wegen δQ = 0 wird die Entropieänderung ΔS = 0 . Ein<br />
Prozess, bei dem sich die Entropie nicht ändert, nennt man einen isentropen Prozess.<br />
Dieser Begriff wurde bereits im Kapitel spezielle Zustandsänderungen im Vorgriff<br />
auf die Definition der Entropie benutzt.<br />
6.9.2.1 Anwendung auf den Kreisprozess nach CARNOT<br />
Für einen Zyklus des Kreisprozesses nach CARNOT ist<br />
• Zugeführte Wärme bei der Temperatur Tzu<br />
δQ zu > 0<br />
• Abgegebene Wärme bei der Temperatur T ab < Tzu<br />
δQ ab < 0<br />
Damit wird die Entropieänderung für einen Zyklus<br />
δQzu<br />
δQab<br />
Δ S = −<br />
T T<br />
zu<br />
ab<br />
Für einen CARNOTschen Kreisprozess gilt<br />
δQ zu T =<br />
zu<br />
δQ<br />
T<br />
ab<br />
ab<br />
Damit wird die Entropieänderung für einen Zyklus eines CARNOTschen Kreisprozesses<br />
ΔS = 0<br />
Für einen beliebigen, reversiblen Zyklus muss dies auch gelten, weil Endzustand und<br />
Anfangszustand zusammenfallen, und die Entropie nur vom Zustand des Systems<br />
abhängt. In mathematischer Symbolik schreibt man das als Kreisintegral um einen<br />
geschlossenen Weg zu symbolisieren<br />
∫ δ Q<br />
ΔS<br />
= = 0<br />
T<br />
6.9.2.2 Entropieänderungen bei quasistatischen, reversiblen Prozessen<br />
eines idealen Gases<br />
Ein ideales Gas soll in einem quasistatisch, reversiblen Prozess von einem Anfangszustand<br />
(Anfangstemperatur TA<br />
, Anfangsvolumen VA<br />
) in einen Endzustand (Endtemperatur<br />
TE<br />
, Endvolumen VE<br />
) überführt werden. Zur Berechnung der Entropieänderung<br />
braucht man<br />
• den 1. Hauptsatz d U = δQ<br />
+ δW<br />
mit der Definition der Arbeit:<br />
δ W = − p dV<br />
• die Zustandsgleichung eines idealen Gases: pV = nR T<br />
• zur Bestimmung der Änderung dU der Inneren Energie U<br />
1 dU<br />
die molare isochore Wärmekapazität:<br />
C mv =<br />
n dT<br />
m<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 92 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Der 1. Hauptsatz<br />
liefert<br />
d U = δQ<br />
+ δW<br />
nRmT<br />
δ Q = dU<br />
− δW<br />
= nCmv dT<br />
+ p dV<br />
= nCmv<br />
dT<br />
+ dV<br />
V<br />
damit wird<br />
δQ<br />
= nC<br />
T<br />
dT<br />
T<br />
mv +<br />
nR<br />
m<br />
dV<br />
V<br />
Zur Bestimmung der Entropieänderung muss über die reduzierten Wärmen integriert<br />
werden. Also<br />
ΔS<br />
=<br />
E<br />
∫<br />
A<br />
= nC<br />
δQ<br />
=<br />
T<br />
mv<br />
T<br />
T<br />
E<br />
∫<br />
A<br />
nC<br />
⎡T<br />
⋅ln⎢<br />
⎣T<br />
E<br />
A<br />
mv<br />
dT<br />
T<br />
⎤<br />
⎥ + nR<br />
⎦<br />
+<br />
m<br />
V<br />
V<br />
E<br />
∫<br />
A<br />
nR<br />
⎡V<br />
⋅ln⎢<br />
⎣V<br />
m<br />
E<br />
A<br />
dV<br />
V<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎦<br />
Die Entropieänderung dS<br />
ist positiv ( > 0 ), wenn dem System bei dem Prozess<br />
Wärme zugeführt wird und negativ ( < 0 ), wenn das System bei dem Prozess Wärme<br />
abgibt.<br />
Das Ergebnis zeigt wieder, dass die Entropieänderung nur von End- und Anfangszustand<br />
abhängt, aber nicht vom reversiblen Weg vom Anfangs- in den Endzustand.<br />
Für einen zyklischen, reversiblen Prozess ist der Endzustand gleich dem Anfangszustand<br />
und damit die Entropieänderung gleich null.<br />
6.9.2.3 Entropieänderungen bei irreversiblen Prozessen<br />
Entropieänderungen dS können nach der obigen Definition nur für reversible Prozesse<br />
zwischen einem Anfangs- und einem Endzustand berechnet werden.<br />
Bei irreversiblen Prozessen nimmt die Entropie stets zu. Es gilt ein Naturgesetz, das<br />
durch eine Ungleichung ausgedrückt wird<br />
E<br />
d<br />
Δ S = ∫ S > 0<br />
A<br />
Der 2. Hauptsatz kann mit dieser Aussage strenger formuliert werden: In einem abgeschlossenen<br />
System ist für einen reversibel geführten Prozess die Entropieänderung<br />
null; enthält der Prozess einen irreversiblen Anteil, dann ist die Entropieänderung<br />
positiv, die Entropie nimmt zu. Prozesse, die in der Natur von selbst ablaufen,<br />
sind solche, bei denen die Entropie zunimmt. Es gilt<br />
ΔS ≥ 0<br />
das Gleichheitszeichen gilt nur für reversible Prozesse.<br />
Weil die Entropie eine Zustandsfunktion ist, die nur von Anfangs- und Endzustand<br />
abhängt (man kann zeigen, dass sonst der 2.Hauptsatz verletzt wäre) können Entropieänderungen<br />
auch für reale (irreversible) Zustandsänderungen berechnet werden.<br />
Man muss dazu einen – auch fiktiven – reversiblen Weg vorgeben und die Entropie-<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 93 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
änderung ausrechnen. Diese ist wegen der Wegunabhängigkeit identisch zu Entropieänderung<br />
des irreversiblen Prozesses.<br />
Dies soll an einigen Beispielen gezeigt werden.<br />
Wärmeleitung<br />
Betrachtet wird der Wärmetransport zwischen zwei Temperaturbädern '2' und '1'.<br />
Das Wärmebad '2' (heiß) hat die Temperatur T 2 > T 1 ; es gibt die Wärme Q ab;<br />
die Entropieabnahme ist<br />
Q<br />
Δ S2<br />
= −<br />
T<br />
2<br />
Das Wärmebad '1' (kalt) hat die Temperatur<br />
ausgeschlossen sein – die Wärme Q auf;<br />
Q<br />
die Entropiezunahme ist Δ S = +<br />
1<br />
Damit wird die Entropieänderung des Gesamtsystems<br />
Q Q 1 1<br />
ΔS = ΔS1 + ΔS2<br />
= − = Q(<br />
− ) > 0 weil T 2 > T1<br />
T T T T<br />
1<br />
2<br />
T 1<br />
1<br />
2<br />
T 1<br />
; es nimmt – Wärmeverluste sollen<br />
d. h., bei Wärmeleitung nimmt die Entropie zu.<br />
In der Natur laufen nur solche Prozesse von selbst ab, bei denen die Entropie zunimmt;<br />
Wärme fließt von allein von heiß nach kalt.<br />
Schmelzprozess<br />
Um einen Festkörper (Masse m ) zu schmelzen, also den Phasenübergang fest →<br />
flüssig zu bewerkstelligen, ist die spezifische Schmelzwärme (genauer ausgedrückt<br />
Schmelzenthalpie) Δh s aufzubringen. Als Vergleichsprozess soll das Schmelzen reversibel<br />
und quasistatisch, also sehr langsam bei der konstanten Schmelztemperatur<br />
erfolgen. Man erhält<br />
T sch<br />
ΔS<br />
=<br />
δQ<br />
1<br />
1<br />
∫ = Q m hs<br />
T T<br />
∫ δ = Δ<br />
sch T<br />
⋅ mit Qschmelz<br />
= ∫ δQ<br />
= m ⋅ Δhs<br />
sch<br />
Beispiel<br />
Berechnen Sie die Entropiezunahme beim Schmelzen von<br />
(Die spezifische Schmelzenthalpie von Blei ist<br />
; die Schmelztemperatur<br />
ϑ schmelz = 327 C ).<br />
Die Entropieänderung ist<br />
Q<br />
ΔS<br />
=<br />
T<br />
schmelz<br />
schmelz<br />
m ⋅ Δh<br />
=<br />
T<br />
o<br />
Δh (Pb) =<br />
s<br />
m = 600 g Blei.<br />
24,5 kJ kg<br />
−1<br />
−1<br />
s( Pb) 0,600 kg ⋅ 24,5 kJ kg<br />
−1<br />
schmelz<br />
=<br />
(327 + 273) K<br />
= 24,5 JK<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 94 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
Freie Expansion eines idealen Gases<br />
Ein ideales Gas in einem wärmeisolierten Gefäß hat das Anfangsvolumen V A ; es soll<br />
in ein zuvor evakuiertes Gefäß auf ein Endvolumen V E expandieren können. Dieser<br />
Prozess ist weder reversibel noch quasistatisch. Expansion in ein Vakuum erfolgt<br />
ohne Arbeitsaufwand, also W AE = 0 ; wegen der Wärmeisolation ist der Wärmeaustausch<br />
unterdrückt, also Q AE = 0 . Damit ändert sich nach dem 1. Hauptsatz die Innere<br />
Energie nicht; ΔU = QAE + WAE<br />
= 0 und U E = UA<br />
. Weil die Innere Energie eines<br />
idealen Gases nur von der absoluten Temperatur abhängt, muss damit gelten<br />
T E = T A<br />
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man argumentieren, dass die Entropieänderung<br />
gleich null ist, weil keine Wärme ausgetauscht wird.<br />
Zur Berechnung der Entropieänderung wird ein fiktiver, reversibler Prozess zwischen<br />
dem Anfangszustand und dem Endzustand angenommen: Eine reversible, isotherme<br />
Expansion des idealen Gases. Da bei einer isothermen Zustandsänderung<br />
T rev = const. gilt, wird<br />
ΔS<br />
=<br />
E<br />
∫<br />
A<br />
Wegen<br />
ΔU<br />
= Q<br />
und<br />
wird<br />
W<br />
E<br />
AE<br />
∫ δ Q<br />
A<br />
δQ<br />
T<br />
rev 1<br />
rev<br />
=<br />
T<br />
rev<br />
AE + WAE<br />
=<br />
= − nR<br />
rev<br />
= Q<br />
und schließlich<br />
m<br />
AE<br />
T<br />
rev<br />
E<br />
∫<br />
A<br />
0<br />
= −W<br />
δQ<br />
⎡V<br />
⋅ln⎢<br />
⎣ V<br />
AE<br />
⎡VE<br />
⎤<br />
ΔS<br />
= nRm ⋅ln⎢<br />
⎥ > 0<br />
⎣VA<br />
⎦<br />
E<br />
A<br />
rev<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎦<br />
⎡<br />
= −⎢−<br />
nR<br />
⎣<br />
m<br />
T<br />
rev<br />
⎡V<br />
⋅ln⎢<br />
⎣ V<br />
d. h., die Entropie nimmt bei der freien Expansion eines idealen Gases zu.<br />
Das gleiche Ergebnis erhielte man aus der bereits oben hergeleiteten Beziehung<br />
ΔS<br />
= nC<br />
mv<br />
⎡T<br />
⋅ln⎢<br />
⎣T<br />
E<br />
A<br />
⎤<br />
⎥ + nR<br />
⎦<br />
m<br />
⎡V<br />
⋅ln⎢<br />
⎣V<br />
mit der Bedingung für einen isothermen Prozess, also T = T , wird<br />
⎡T<br />
ln⎢<br />
⎣T<br />
E<br />
A<br />
⎤<br />
⎥ = ln1=<br />
0<br />
⎦<br />
E<br />
A<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎦<br />
E<br />
A<br />
⎤⎤<br />
⎥⎥<br />
⎦⎦<br />
A<br />
E<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 95 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
6.9.2.4 3. Hauptsatz und Nichterreichbarkeit des absoluten Nullpunkts<br />
Die Definition der Entropieänderung Δ = ∫ δ Q<br />
S<br />
A T enthält die mathematische Operation<br />
einer unbestimmten Integration. Das Ergebnis der Integration ist deshalb nur bis auf<br />
eine Integrationskonstante bestimmt.<br />
Untersuchungen bei tiefen Temperaturen zeigten, dass die Entropie bei Annäherung<br />
an den absoluten Nullpunkt nicht von der Kristallstruktur abhängt. Die Modifikation<br />
des grauen Zinns und des weißen Zinns zeigen bei tiefsten Temperaturen gleiches<br />
Verhalten (NERNST, 1906). Die (molare) Entropie zeigte sich unabhängig von<br />
• Druck,<br />
• Temperatur,<br />
• Kristallstruktur,<br />
• Magnetfeld,<br />
• … .<br />
PLANCK hat diese Konstante festgelegt und die Entropie am absoluten Nullpunkt<br />
T = 0 mit S 0 = 0 festgesetzt. Diesem Wert null entspricht ein maximaler Ordnungszustand<br />
bei kristallinen Körpern (bei Gläsern ist Vorsicht geboten!). Damit ist die Entropiefunktion<br />
darstellbar als bestimmtes Integral<br />
T<br />
δQrev<br />
Δ S = ∫ = n<br />
T<br />
0<br />
E<br />
∫<br />
A<br />
Cmv<br />
( T )<br />
dT<br />
T<br />
Für kristalline Festkörper gilt die Wärmekapazitäten bei tiefen Temperaturen das DE-<br />
3<br />
3<br />
BYEsche T -Gesetz, also C mv ~ T .<br />
wird auch als 3. Hauptsatz der Thermodynamik bezeich-<br />
Diese Festlegung<br />
net.<br />
S 0 = 0<br />
E<br />
Nichterreichbarkeit des absoluten Nullpunkt<br />
Für den Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine nach dem CARNOTschen Kreisprozess<br />
ergab sich<br />
Tentzogen<br />
−Tabgegeben<br />
Tabgegeben<br />
η th, C =<br />
= 1−<br />
T<br />
T<br />
entzogen<br />
mit<br />
T entzogen > T abgegeben<br />
entzogen<br />
Nimmt man an, das kältere Temperaturbad sei auf der Temperatur T abgegeben = 0 ,<br />
dann ergibt sich für den thermodynamischen Wirkungsgrad η 1.<br />
th, C =<br />
Andererseits gilt für einen reversiblen Kreisprozess für die Entropieänderung für einen<br />
Zyklus<br />
δQabgegeben<br />
δQentzogen<br />
ΔS<br />
=<br />
−<br />
= 0<br />
T<br />
T<br />
oder allgemein<br />
abgegeben<br />
entzogen<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 96 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
δQ<br />
δQ<br />
abgegeben<br />
entzogen<br />
T<br />
=<br />
T<br />
abgegeben<br />
entzogen<br />
Speziell für T abgegeben = 0 ergibt sich<br />
δQ<br />
δQ<br />
abgegeben =<br />
entzogen<br />
0<br />
δQ abgegeben = 0<br />
D. h., dem Wärmebad der Temperatur wird Wärme entzogen, aber dem<br />
T entzogen<br />
Wärmebad der Temperatur T abgegeben < T entzogen keine Wärme zugeführt. Um den<br />
Widerspruch aufzulösen, muss für das kältere Temperaturbad notwendig gelten<br />
T abgegeben > 0 .<br />
Dies ergibt eine weitere Formulierung des 3. Hauptsatzes: "Es ist unmöglich, den<br />
absoluten Nullpunkt zu erreichen. Man kann ihm nur beliebig nahe kommen."<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />
- 97 -<br />
’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’
7 Stoffe in verschiedenen Phasen<br />
7.1 Der Begriff Phase<br />
Einfache Materie kann in fester (kristalliner), flüssiger und gasförmiger Form auftreten<br />
(vgl. Abschnitt 1.2). Bei Aufwärmen von tiefen Temperaturen auf hohe Temperaturen<br />
werden diese Zustände nacheinander durchlaufen (vgl. Abb. 7-01). Im Folgenden<br />
soll für diese Formen der Ausdruck Phase benutzt werden.<br />
Erstarren<br />
Gefrieren<br />
Desublimieren<br />
Verfestigen<br />
Verflüssigen<br />
Kondensieren<br />
Feste<br />
Phase<br />
Flüssige<br />
Phase<br />
Gasförmige<br />
Phase<br />
Schmelzen<br />
Verdampfen<br />
Sublimieren<br />
Abb. 7-01: Übergänge zwischen den Phasen (Aggregatzuständen)<br />
fest, flüssig und gasförmig.<br />
Unter einer Phase versteht man räumlich voneinander abgegrenzte Gebiete, von<br />
denen jedes in Bezug auf seine physikalischen Eigenschaften homogen ist. Dabei<br />
braucht eine einzelne Phase räumlich nicht zusammenzuhängen; z. B. bilden die<br />
Eiswürfel in einem Whiskyglas eine feste Phase und zwar unabhängig davon, ob ein<br />
großer Eiswürfel oder viele kleine Eiskristalle in dem Glas sind.<br />
Der Begriff Phase ist auch anwendbar auf verschiedene Modifikationen derselben<br />
Substanz. So kann z. B. Schwefel in monokliner oder rhombischer Kristallstruktur<br />
vorkommen.<br />
Unter dem Ausdruck Komponenten versteht man die chemisch verschiedenen Bestandteile<br />
eines Systems. Diese werden zweckmäßigerweise durch die chemische<br />
Strukturformel angegeben.<br />
Der oben betrachtete Whisky-Drink stellt also ein Zweikomponentensystem dar, denn<br />
chemisch gesehen sind in ihm H OH und H 2 enthalten.<br />
C 2 5<br />
O<br />
Es werden allerdings nur Einkomponentensysteme behandelt. Man spricht von einheitlichem<br />
Stoff, wenn eine Substanz chemisch einheitlicher Zusammensetzung vorliegt.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 98 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
7.2 Isothermen realer Gase<br />
7.2.1 Experimentell ermittelte Isothermen<br />
Die Isothermen eines idealen Gases stellen im p,V -Diagramm Hyperbeln dar (vgl.<br />
Abschnitt 4.3), dies lässt sich aus der allgemeinen Zustandsgleichung ableiten. Reale<br />
Gase folgen der Gasgleichung nur bei geringen Drucken und hohen Temperaturen,<br />
oder anders ausgedrückt, für den Grenzfall ρ → 0 . Bei hohen Dichten treten beträchtliche<br />
Abweichungen vom idealen Verhalten auf. Dies ist für Kohlenstoffdioxid in<br />
Abb. 7-02 und Abb. 7-03 dargestellt.<br />
10 6 pPa<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
Kohlenstoffdioxid ( CO 2 )<br />
n = 1 mol<br />
T = 273,15 K<br />
errechnete Isotherme<br />
ideales Gas: pV = nR<br />
m<br />
T<br />
4<br />
3<br />
gemessene Isotherme<br />
2<br />
1<br />
0<br />
0<br />
100<br />
200 300<br />
400<br />
500<br />
cm<br />
V<br />
mol<br />
3<br />
mol<br />
−1<br />
Abb. 7-02: Vergleich der Isothermen eines realen Gases und eines idealen Gases.<br />
Bei idealem Verhalten lässt sich mit der Zustandsgleichung eines idealen Gases für<br />
die Teilchenmengen n = 1mol , also mit<br />
pV<br />
m =<br />
R<br />
m<br />
T<br />
die Abhängigkeit des Drucks vom Volumen als Isotherme in einem p,V -Diagramm<br />
errechnen.<br />
Tabelle 7-01 enthält so berechneten Zahlenwerte für T = 273 K . Diesen gegenüber<br />
gestellt werden die experimentell gemessenen Werte für Kohlenstoffdioxid.<br />
Die Isotherme eines idealen Gases für T = 273 K ist in Abb. 7-02 gestrichelt eingezeichnet.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 99 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
Zustandspunkte der Isothermen für T = 273 K (gerundet)<br />
Molares Volumen<br />
cm<br />
V<br />
3<br />
m<br />
mol<br />
−1<br />
ideales Gas<br />
p<br />
bar<br />
CO 2 (reales Gas)<br />
p<br />
bar<br />
22414 1 ~ 1<br />
450 50 37<br />
350 65 42<br />
300 76 47<br />
250 91 47<br />
75 302 47<br />
60 378 ~70<br />
Tabelle 7-01: Vergleich ideales und reales Gas (Beispiel CO 2 ).<br />
10<br />
pPa<br />
6<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
p kr<br />
Verflüssigungsbereich<br />
Kohlenstoffdioxid<br />
n = 1 mol<br />
313 K– ideales Gas<br />
273 K– ideales Gas<br />
313 K – reales Gas<br />
304 K – reales Gas<br />
293 K – reales Gas<br />
273 K – reales Gas<br />
1<br />
0<br />
0<br />
100<br />
200 300<br />
400<br />
500<br />
cm<br />
V<br />
mol<br />
3<br />
mol<br />
−1<br />
Abb. 7-03: Kohlenstoffdioxid – Koexistenz flüssiger und gasförmiger Phase.<br />
Verflüssigungsbereich.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 100 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
Für das reale Gas CO 2 findet man, dass bei Normaldruck das Molvolumen etwa<br />
−1<br />
3 −1<br />
22400 cm 3 mol ist. Bei einem Molvolumen Vm<br />
= 450 cm mol ist der sich einstellende<br />
Druck jedoch nicht 50 bar (ideales Gas), sondern nur etwa 37 bar (reales Gas<br />
3<br />
−1<br />
CO 2 ), bei Vm<br />
= 300 cm mol entsprechend nicht 76 bar (ideales Gas), sondern<br />
nur etwa 47 bar (reales Gas CO2<br />
). Verringert man das Volumen weiter, so bleibt<br />
der Druck zunächst konstant!<br />
Der Energieentzug durch Wärmeabfuhr auf dem horizontalen Kurvenstück bewirkt<br />
eine Absenkung des Energieinhaltes, es scheidet sich die flüssige Phase ab, das<br />
Gas kondensiert, ein Vorgang, der durch die Gasgleichung des idealen Gases sicher<br />
nicht mehr beschrieben werden kann. Bei einem Molvolumen von etwa<br />
3 −1<br />
Vm<br />
= 75 cm mol ist CO2<br />
vollständig kondensiert. Weitere Volumenverminderung<br />
erfordert wegen der geringen Kompressibilität von Flüssigkeit eine sehr starke<br />
Drucksteigerung.<br />
Ein horizontales Kurvenstück mit p = const. tritt in allen Isothermen für ϑ < 31 o C<br />
auf. Die Isotherme<br />
ϑ = 31 o C<br />
zeigt im Kurvenverlauf eine Wendetangente. Erst für<br />
ϑ > 31 o C beobachtet man hyperbelähnliche Äste. Der Bereich, in dem Verflüssigung<br />
auftritt, ist in Abb. 7-03 grau hinterlegt. Dieser Bereich bestimmt die Bedingungen,<br />
unter denen Gas und Flüssigkeit einer Substanz gleichzeitig nebeneinander<br />
existieren können.<br />
7.2.2 Zustandsgleichung nach VAN DER WAALS<br />
Das Verhalten eines idealen Gases wird durch folgende Zustandsgleichung beschrieben<br />
(vgl. Abschnitt 2.3.5)<br />
pV<br />
= nR T<br />
m<br />
Die kinetische Gastheorie (vgl. Kapitel 2) liefert das obige Ergebnis unter den Modellvorstellungen,<br />
die schlagwortartig folgendermaßen zusammengefasst werden<br />
können<br />
• ’punktförmige’ materielle Teilchen (keine räumliche Ausdehnung),<br />
• keine Wechselwirkung der Teilchen untereinander (keine potentielle Energie).<br />
Der in Abschnitt 7.1 aufgeführte Vergleich mit CO 2 zeigt, dass für reale Gase diese<br />
Modellvorstellungen modifiziert werden müssen. VAN DER WAALS hat für die Zustandsgleichung<br />
realer Gase eine Gleichung angegeben, die in einer ersten Näherung<br />
mit zwei physikalisch deutbaren Korrekturen das Verhalten realer Gase berücksichtigt,<br />
also die beiden obigen Modellvorstellungen aufgibt.<br />
VAN DER WAALS berücksichtigt das Eigenvolumen der Moleküle. Vom freien Volumen,<br />
das gegeben ist durch die geometrischen Abmessungen des Gasraumes, ist<br />
etwa das Eigenvolumen der Moleküle abzuziehen, um das tatsächlich für die Moleküle<br />
verfügbare Volumen zu erhalten. Man nennt die Größe b in der VAN DER WAALS<br />
Gleichung das Kovolumen.<br />
Eine hier nicht wiedergegebene, ausführliche Rechnung liefert, dass das Kovolumen<br />
etwa dem Vierfachen des Eigenvolumens der Moleküle entspricht.<br />
−1<br />
Die Größenordnung von b ist etwa 30 cm 3 mol .<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 101 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
Der Binnendruck berücksichtigt anziehende Kräfte zwischen den Molekülen. Diese<br />
wirken sich aus wie ein zusätzlicher äußerer Druck. Dieser Korrekturterm ist also<br />
zum Druck zu addieren. Die anziehenden Kräfte sind proportional zum Quadrat der<br />
Molekülzahldichte, weil die Anzahl der wechselwirkenden Molekülpaare quadratisch<br />
mit der Molekülzahldichte zunimmt.<br />
Für den Binnendruck ergibt sich, da die Molekülzahldichte umgekehrt proportional<br />
zum (Mol)Volumen ist,<br />
a<br />
p binnen =<br />
2<br />
V<br />
m<br />
Mit diesen beiden Korrekturen ergibt sich aus der Zustandsgleichung eines idealen<br />
Gases die VAN DER WAALSsche Zustandsgleichung für die Stoffmenge n = 1mol , die<br />
das Verhalten realer Gase beschreibt<br />
a<br />
( p + )( Vm<br />
− b)<br />
= RmT<br />
2<br />
V<br />
m<br />
Üblicherweise schreibt man die VAN DER WAALSsche Gleichung in molaren Größen.<br />
Im Gegensatz zur allgemeinen Gasgleichung, die mit der allgemeinen Gaskonstanten<br />
R m eine universelle Konstante enthält, kommen in der VAN DER WAALSschen<br />
Gleichung zusätzlich zwei individuelle, für das betreffende Gas charakteristische,<br />
Konstanten vor. Diese beiden Konstanten sind aus dem gemessenen Verlauf der<br />
Isothermen so zu bestimmen, dass sich für das p,V -Diagramm eine möglichst gute<br />
Anpassung im gesamten Bereich ergibt.<br />
Man kann zeigen, dass die Gleichung auch den Übergang gasförmig – flüssig umfasst<br />
und qualitativ auch noch das Verhalten der flüssigen Phase beschreibt.<br />
Ein Beispiel für die Isothermen eines realen Gases (Beispiel Kohlenstoffdioxid) ist in<br />
Abb. 7-03 gezeichnet.<br />
Der Koexistenzbereich der flüssigen und gasförmigen Phase ist grau hinterlegt. Zu<br />
der grafischen Darstellung gehören folgende Werte für die zusätzlichen individuellen<br />
Konstanten als beste Anpassung an die gemessenen Isothermen für Kohlenstoffdioxid<br />
a(CO<br />
b(CO<br />
2<br />
2<br />
) = 3,6 ⋅10<br />
6<br />
) = 42,8 cm<br />
3<br />
bar cm<br />
mol<br />
−1<br />
6<br />
mol<br />
−2<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 102 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
7.3 Phasenübergänge<br />
Ein Phasenübergang ist eine Zustandsänderung, bei der sich die Temperatur nicht<br />
ändert. Während des Phasenwechsels liegen zwei Phasen gleichzeitig vor. Man<br />
spricht allgemein von Umwandlung (Index 'u').<br />
Man vereinbart für die Benennung von Phasenübergängen speziell<br />
Schmelzen fest → flüssig (Index 'f')<br />
Erstarren, Gefrieren flüssig → fest (Index 'f')<br />
Verdampfen flüssig → gasförmig (Index 'd')<br />
Kondensieren, Verflüssigen gasförmig → flüssig<br />
(Index 'd')<br />
Sublimieren fest → gasförmig (Index 's')<br />
Desublimieren gasförmig → fest (Index 's')<br />
Phasenumwandlungen werden hervorgerufen durch Energieübertragung, vorzugsweise<br />
die Zufuhr oder die Abfuhr von Wärme. Die bei Phasenumwandlungen auftretenden<br />
Umwandlungswärmen nennt man aus historischen Gründen latente Wärmen.<br />
Dazu gehören insbesondere die<br />
• Schmelzwärme (präziser Schmelzenthalpie),<br />
die Wärme, die einem Körper zugeführt werden muss, um, bei konstant bleibender<br />
Temperatur, den Phasenübergang fest → flüssig zu bewerkstelligen;<br />
• Verdampfungswärme (präziser Verdampfungsenthalpie)<br />
die Wärme, die einem Körper zugeführt werden muss, um bei konstant bleibender<br />
Temperatur den Phasenübergang flüssig → gasförmig zu bewerkstelligen.<br />
Als Beispiel werden die Werte für H 2 O bei Normbedingungen angegeben.<br />
Spezifische Schmelzenthalpie<br />
h<br />
s<br />
(H O) =<br />
2<br />
337 kJkg<br />
−1<br />
bei<br />
Spezifische Verdampfungsenthalpie<br />
h<br />
v<br />
(H O) = 2 260 kJkg<br />
2<br />
−1<br />
bei<br />
ϑf = 0 o C<br />
ϑf = 0 o C<br />
und<br />
und<br />
p n = 1013 hPa<br />
p n = 1013 hPa<br />
Phasenübergänge sind durch Unstetigkeiten in den physikalischen Eigenschaften<br />
gekennzeichnet. Ein Beispiel soll dies illustrieren: Flüssiges H 2 O verdampft bei einem<br />
Druck von p n = 1013 hPa , wenn die Temperatur ϑ C<br />
d = 100 o ist. Dabei sind<br />
Flüssigkeit und Dampf durch eine deutlich erkennbare Grenzfläche voneinander getrennt.<br />
Die Dichte der flüssigen und gasförmigen Phase unter diesen Bedingungen sind<br />
ρ'<br />
= ρ<br />
fl<br />
= 1,0 ⋅10<br />
3<br />
kgm<br />
−3<br />
und<br />
ρ ′<br />
= ρ<br />
gas<br />
=<br />
0,6 kgm<br />
Weitere physikalische Eigenschaften, die sich sprunghaft ändern, sind u. a.<br />
• (Licht-) Brechungsindex n,<br />
• Innere Energie U,<br />
• Kompressibilität κ<br />
−3<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 103 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
7.4 Gleichgewichtszustände bei Phasenübergängen<br />
7.4.1 Zustandsdiagramme<br />
Eine übersichtliche grafische Darstellung über das Verhalten eines Stoffes geben<br />
Zustandsdiagramme. Diese Darstellungen enthalten Informationen über die Phasen<br />
eines Stoffes in Abhängigkeit von den Zustandsgrößen. Von besonderem Interesse<br />
sind Gleichgewichtszustände, das sind solche Zustände, bei denen zwei Phasen<br />
gleichzeitig nebeneinander existieren können. Aus Darstellungen dieser Art kann<br />
man sofort ablesen, in welcher Phase sich eine Substanz unter experimentell vorgegebenen<br />
äußeren Bedingungen befindet.<br />
Es werden nur homogene, einheitliche Stoffe behandelt. Als Beispiel für ein Zustandsdiagramm<br />
wird schematisch für die Substanz O gezeigt (Abb. 7-04).<br />
p<br />
p kr<br />
fest<br />
f<br />
flüssig<br />
d<br />
H 2<br />
kritischer<br />
K<br />
Punkt<br />
p tr<br />
s<br />
Tripelpunkt<br />
gasförmig<br />
T tr<br />
T kr<br />
T<br />
Kurve 'd' Dampfdruckkurve des Wassers p d ( T ) .<br />
Kurve 's' Sublimationsdruckkurve des Eises p s ( T ) .<br />
Kurve 'f Schmelzdruckkurve des Eises:<br />
Abhängigkeit der Schmelztemperatur von Druck p f<br />
( T ) ,<br />
(für H 2 O hat die Schmelzdruckkurve eine negative Steigung).<br />
Tripelpunkt Der Punkt im p,T-Diagramm, bei dem alle drei Phasen gleichzeitig<br />
bestehen ( Ttr = 273,16 K ; ϑtr<br />
o<br />
= 0,01 C ; ptr<br />
= 6,12 hPa ).<br />
Kritischer Punkt Der Punkt im p,T-Diagramm, der die Grenzbedingung für die<br />
Verflüssigbarkeit gibt ( T kr = 647,30 K ; pkr<br />
= 221,36 bar ).<br />
(Die Tripelpunktstemperatur des Wassers ist der Fixpunkt zur Festlegung der absoluten<br />
KELVIN Temperaturskala.)<br />
Abb. 7-04: Zustandsdiagramm von H 2 O ; schematisiert – nicht maßstäblich.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 104 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
Die Darstellung erfolgt üblicherweise in einem p,T -Diagramm. Das Volumen V ist<br />
freier Parameter, es ändert sich bei einem Phasenübergang sprunghaft.<br />
In Abb. 7-04 ist das Zustandsdiagramm der Substanz H 2 O nichtmaßstäblich wiedergegeben.<br />
Es treten drei gegeneinander abgegrenzte Bereiche, nämlich die drei Phasen,<br />
die Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig auf. Die Begrenzungskurven<br />
zwischen zwei Phasen sind Gleichgewichtskurven. Sie geben die Bedingungen an,<br />
unter denen in einem System zwei Phasen gleichzeitig vorhanden sind.<br />
Die Gleichgewichtskurven sind<br />
• Dampfdruckkurve Gleichgewicht – flüssig und gasförmig,<br />
• Sublimationsdruckkurve Gleichgewicht – fest und gasförmig,<br />
• Schmelzdruckkurve Gleichgewicht – fest und flüssig.<br />
Zum Schluss soll dann auf den allen drei Gleichgewichtskurven gemeinsamen Punkt,<br />
den Tripelpunkt, eingegangen werden.<br />
Im Bereich einer Phase sind Temperatur T und Druck p in gewissen Grenzen frei<br />
wählbar. Es sind also zwei thermodynamische Variablen frei wählbar. In anderen<br />
Worten: "Es gibt zwei Freiheitsgrade“.<br />
Auf einer Gleichgewichtskurve ist nur noch eine Variable frei wählbar. Aus der Forderung,<br />
dass Gleichgewicht herrschen soll, ergibt sich, dass die zweite Zustandsgröße<br />
damit festgelegt ist. Man hat damit nur noch einen Freiheitsgrad.<br />
Für den Tripelpunkt schließlich hat man keine Wahl mehr. Dieser Punkt liegt im Zustandsdiagramm<br />
eindeutig fest.<br />
7.4.2 Dampfdruckkurve und kritischer Punkt<br />
Es seien einige Begriffe vorab erklärt.<br />
Verdunsten<br />
Der Verdampfungsvorgang findet an der Oberfläche einer Flüssigkeit statt. Gasmoleküle,<br />
die eine sehr hohe kinetische Energie haben, können die an der Oberfläche<br />
wirkenden Anziehungskräfte überwinden und in den Raum über der Flüssigkeit entkommen.<br />
Dieser Vorgang läuft bei jeder Temperatur ab. Es ist dazu Verdampfungswärme<br />
zuzuführen.<br />
Sättigungsdampfdruck<br />
Der sich im Gleichgewicht in einem abgeschlossenen Volumen V über einer Flüssigkeit<br />
einstellende Druck p. Er hängt nur von der Temperatur ab. Der Zusammenhang<br />
zwischen Temperatur und Druck heißt Dampfdruckkurve p d ( T ) .<br />
• Bei Volumenvergrößerung ( ΔV > 0)<br />
verdunstet Flüssigkeit.<br />
• Bei Volumenverringerung ( < 0)<br />
ΔV kondensiert Dampf; dabei bleibt der Sättigungsdruck<br />
unverändert, solange Flüssigkeit vorhanden ist.<br />
Man nennt den Dampf über der Flüssigphase gesättigten Dampf oder Nassdampf.<br />
Wird die Temperatur erhöht und/oder das Volumen vergrößert bis alle Flüssigkeit<br />
verdampft ist, dann spricht man von ungesättigtem Dampf oder Heißdampf oder realem<br />
Gas.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 105 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
Sieden<br />
Der Verdampfungsvorgang fordert eine besonders große Oberfläche und findet auch<br />
im Innern einer Flüssigkeit statt. In die an der Heizfläche befindlichen und die in der<br />
Flüssigkeit aufsteigenden Dampfblasen hinein verdampft Flüssigkeit. Sieden einer<br />
Flüssigkeit tritt ein, wenn der Sättigungsdampfdruck p d ( T ) gleich dem herrschenden<br />
äußeren Druck wird.<br />
Die Steigung der Dampfdruckkurve ist positiv (vgl. das schematische Diagramm in<br />
Abb. 7-04 und quantitative Werte in Abb. 7-05), sie beginnt und endet in zwei definierten<br />
Punkten (Tripelpunkt und kritischer Punkt). Die Dampfdruckkurve gibt die Abhängigkeit<br />
der Siedetemperatur vom Druck wieder.<br />
In Abb. 7-05 ist die Dampfdruckkurve von H 2 O im Intervall 0 C ≤ ϑ ≤ 300 C dargestellt.<br />
Änderungen über eine Zehnerpotenz sind bei linearen Koordinatenachsen<br />
schwer darzustellen. Insbesondere im Bereich des Nullpunkts sind Unterschiede<br />
kaum zu erkennen. Bei einer Variation einer physikalischen Größe über mehrere<br />
Zehnerpotenzen bietet sich eine logarithmische Teilung der Ordinate an. Deshalb ist<br />
in Abb. 7-05 (b) die Dampfdruckkurve auf einfach logarithmischem Papier dargestellt.<br />
Die gesamte Dampfdruckkurve zwischen Tripelpunkt und Kritischem Punkt ist übersichtlich<br />
darstellbar. In Abb. (a) ist der Bereich des Dampfdrucks unterhalb des<br />
Normdrucks leicht abzulesen<br />
o<br />
o<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 106 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
10<br />
'<br />
p d<br />
6<br />
Pa<br />
p' d<br />
hPa<br />
9<br />
8<br />
150<br />
7<br />
100<br />
6<br />
5<br />
50<br />
4<br />
6 ,1<br />
ϑ<br />
o<br />
C<br />
3<br />
0<br />
20<br />
40 60<br />
2<br />
1<br />
0<br />
0 100<br />
200<br />
ϑ<br />
o<br />
C<br />
300<br />
Abb. 7-05 a: Wasser – Sättigungsdampfdruck in Abhängigkeit von der Temperatur.<br />
Lineare Teilung der Temperatur- und der Druckachse.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 107 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
Abb. 7-05 b: Wasser – Sättigungsdampfdruck in Abhängigkeit von der Temperatur.<br />
Temperaturachse linear; Druckachse logarithmisch..<br />
Tr Tripelpunkt; K Kritischer Punkt.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 108 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
5<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
p<br />
2<br />
hPa<br />
4<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
T<br />
K<br />
500 250 166 , 7 125 100 83 , 3 71 , 4 62 , 5<br />
K K<br />
CO 2<br />
Tr<br />
K<br />
K<br />
2<br />
3<br />
10<br />
8<br />
6<br />
SO 2<br />
Ar<br />
Tr<br />
N 2<br />
4<br />
2<br />
2<br />
10<br />
8<br />
6<br />
Hg<br />
O H 2<br />
Tr<br />
4<br />
2<br />
' d<br />
0<br />
10<br />
1<br />
2<br />
Tr<br />
4 6<br />
8 −1<br />
10 12 14 16<br />
T<br />
10<br />
−3<br />
K<br />
−1<br />
Abb. 7-06: Sättigungsdampfdruck verschiedener Substanzen in Abhängigkeit von<br />
der Temperatur (Tr Tripelpunkt; K Kritischer Punkt).<br />
Abszisse: reziproke absolute Temperatur (linear); Ordinate logarithmische Teilung.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 109 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
7.4.2.1 Darstellung der Dampfdruckkurve durch einen BOLTZMANN-Faktor<br />
Die Dampfdruckkurve beschreibt die für das Gleichgewicht zwischen flüssiger und<br />
gasförmiger Phase maßgebenden Wertepaare von Sättigungsdampfdruck p s und<br />
Temperatur T . Die Dampfdruckkurve p s ( T ) wird durch einen BOLTZMANN-Faktor beschrieben,<br />
gemäß<br />
p<br />
s<br />
~ e<br />
ΔE<br />
−<br />
k ⋅T<br />
Die BOLTZMANN-Konstante hat den Wert<br />
k = 1,38 ⋅10<br />
Aus dieser Abhängigkeit folgt durch Logarithmieren<br />
( −ΔE)<br />
1<br />
ln( p s ) ~ ⋅<br />
k T<br />
Trägt man also den Logarithmus des Dampfdrucks gegen die reziproke absolute<br />
Temperatur auf, dann erhält man eine Gerade. Die Benutzung von Logarithmen zur<br />
Basis 10 ist hier unerheblich; bei der Berechnung der Steigung der Geraden sind<br />
aber die (natürlichen) Logarithmen zur Basis e zu verwenden (vgl. Abschnitt 7.4.2.2).<br />
Beispiele für einige Substanzen finden sich für diese Art der grafischen Darstellung in<br />
Abb. 7-06.<br />
−23<br />
JK<br />
−1<br />
7.4.2.2 CLAUSIUS-CLAPEYRONsche Gleichung<br />
Bestimmung der Verdampfungenthalpie<br />
Die Steigung der Dampfdruckkurve p s ( T ) - also der Quotient aus Druckanstieg<br />
Δp ≈ dp und Temperaturänderung Δ T ≈ dT<br />
- wird beschrieben durch die CLAUSIUS-<br />
CLAPEYRONsche-Gleichung. Diese ist herleitbar aus der Verdampfung der Stoffmenge<br />
n = 1 mol einer Flüssigkeit durch Zufuhr der molaren Verdampfungsenthalpie, die<br />
einem CARNOTschen Kreisprozess unterworfen wird. Aus dem thermischen Wirkungsgrad<br />
des Kreisprozesses erhält man die Steigung der Dampfdruckkurve zu<br />
dps<br />
ΔHmv<br />
=<br />
dT<br />
D Fl<br />
( V −V<br />
) ⋅T<br />
m<br />
m<br />
Dabei ist<br />
Δ H mv molare Verdampfungsenthalpie<br />
D<br />
V m Molvolumen des Dampfes<br />
Fl<br />
V m Molvolumen der Flüssigkeit<br />
Um diese Beziehung integrieren zu können, macht man folgende Näherungen:<br />
• Das Volumen der Flüssigkeit ist gegenüber dem Volumen des gesättigten<br />
Dampfes (im Nenner der Gleichung) vernachlässigbar, also V
und damit bestimmt sich das Molvolumen des Dampfes aus<br />
D Rm<br />
T<br />
V m =<br />
p<br />
s<br />
[Rechtfertigen Sie die Näherungen zur Lösung der CLAUSIUS-CLAPEYRONschen-<br />
Gleichung, z. B. über die Dichten von H 2 O im flüssigen und dampfförmigen Zustand].<br />
Einsetzen dieser Näherungen in die CLAUSIUS-CLAPEYRONsche-Gleichung<br />
liefert<br />
d<br />
p s<br />
dT<br />
ΔH<br />
=<br />
R<br />
mv<br />
m<br />
⋅T<br />
⋅ p<br />
s<br />
2<br />
oder nach Trennung der Variablen<br />
dp<br />
p<br />
s<br />
s<br />
ΔH<br />
=<br />
R<br />
mv<br />
m<br />
dT<br />
⋅<br />
2<br />
T<br />
nach Integration erhält man<br />
p<br />
ln<br />
p<br />
s<br />
s0<br />
ΔH<br />
= −<br />
R<br />
mv<br />
m<br />
1<br />
⋅<br />
T<br />
+<br />
Const.<br />
Diese Darstellung entspricht derjenigen mit dem obigen Ansatz eines BOLTZMANN-<br />
ΔE<br />
Faktors − , bzw. der dazu korrespondierenden Geradensteigung. Also gilt<br />
k<br />
ΔE<br />
−<br />
k<br />
ΔH<br />
= −<br />
R<br />
mv<br />
m<br />
= m<br />
Gerade<br />
Diese Gleichung ist nach VAN'T-HOFF benannt; in dieser Gleichung ist molare<br />
Gaskonstante und ΔH mv die Verdampfungsenthalpie. Es ist zu beachten, dass die<br />
Verdampfungsenthalpie eine temperaturabhängige Größe ist.<br />
R m<br />
Für den funktionalen Zusammenhang zwischen Sättigungsdampfdruck und Temperatur<br />
gilt die CLAUSIUS-CLAPEYRONsche Gleichung. Danach erhält man bei logarithmischer<br />
Darstellung des Dampfdrucks p d ( T ) gegen die reziproke absolute Temperatur<br />
eine Gerade, deren Endpunkte durch den kritischen Punkt und durch den Tripelpunkt<br />
gegeben sind.<br />
Einige Beispiele sind in Abb. 7-06 zusammengestellt.<br />
Der Tripelpunkt wird in Abschnitt 7.4.6 besprochen.<br />
Die Dampfdruckkurve endet am kritischen Punkt.<br />
Für H 2 O gehören dazu die Werte<br />
• kritische Temperatur T kr = 647,30 K<br />
• kritischer Druck p kr = 221,36 bar<br />
Der kritische Punkt gibt die Grenzbedingung für die Verflüssigung eines Gases an.<br />
Für die Temperaturen T < T kr gibt es keine zwei gleichzeitig existierenden Phasen<br />
mehr. Der Sachverhalt sei an einem Beispiel veranschaulicht. An der Phasengrenze<br />
ändern sich die physikalischen Stoffwerte sprunghaft (vgl. Abschnitt 7.3).<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 111 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
In Abb. 7-07 sind die Dichten der flüssigen und gasförmigen Phase von Cl 2 in Abhängigkeit<br />
von der Temperatur dargestellt. Bei der kritischen Temperatur des Cl 2<br />
sind die Dichten der beiden Phasen gleich geworden. Das heißt aber, dass es keine<br />
zwei Phasen mehr gibt. Die Oberfläche der flüssigen Phase, d. h. die Trennfläche<br />
zwischen flüssiger und gasförmiger Phase verschwindet.<br />
1 ,5<br />
ρ<br />
g cm<br />
−3<br />
ρ fl<br />
1 ,0<br />
Cl 2<br />
0 ,5<br />
0<br />
ρ gas<br />
0 50 100<br />
150<br />
ϑ<br />
o<br />
C<br />
Abb. 7-07: Dichte der flüssigen ('fl') und der gasförmigen ('gas') Phase<br />
als Funktion der Temperatur von Chlor ( Cl 2 ). 'K' Kritischer Punkt.<br />
7.4.3 Überhitzung und Unterkühlung<br />
Die Dampfdruckkurve kann über- und unterschritten werden ohne dass eine Phasenänderung<br />
stattfindet. Der Gleichgewichtszustand ist für die Aussage des Übergangs<br />
von der flüssigen in die gasförmige Phase und umgekehrt also nicht das alleinige<br />
Kriterium. So müssen zur Kondensation für die Moleküle im Gasraum Kondensationskeime<br />
vorhanden sein und beim Siedeprozess Gasblasen. Bei der Überhitzung<br />
einer Flüssigkeit spricht man von Siedeverzug (die Chemiker köcheln bei ihrer Kunst<br />
z. B. mit Glasperlen als Siedesteinchen in der Flüssigkeit). Entsprechend lässt sich<br />
bei der Abkühlung von sehr reinem Wasser der Erstarrungspunkt gegenüber der<br />
Gleichgewichtskurve unterschreiten, man spricht von Unterkühlung.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 112 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
7.4.4 Schmelzdruckkurve<br />
Die Schmelzdruckkurve p f ( T ) ist die Gleichgewichtskurve zwischen der festen und<br />
der flüssigen Phase. Die Gleichgewichtskurve gibt denjenigen Druck an, der erforderlich<br />
ist, um eine Flüssigkeit bei vorgegebener Temperatur in die feste Phase zu überführen.<br />
Üblicherweise hat die Schmelzdruckkurve eine positive Steigung, weil im<br />
Normalfall für eine Substanz die Dichte der flüssigen Phase kleiner ist als die Dichte<br />
der festen Phase.<br />
Auf den äußeren Zwang der Druckerhöhung rücken die Moleküle näher zusammen,<br />
es tritt Erstarrung ein.<br />
Das schematisch gezeichnete Beispiel des H 2 O (Abb. 7-04) ist eine Ausnahme. Die<br />
Steigung der Schmelzdruckkurve pf<br />
( T ) ist negativ! Bei H 2 O ist die Packung der<br />
Moleküle in der Flüssigkeit dichter als in der festen Phase. Die Dichte von Eis ist<br />
kleiner als die von Wasser. Deshalb schwimmen Eisberge (die ’Titanic’ lässt grüßen).<br />
Weitere Substanzen, für die beim Schmelzen die Dichte zunimmt, sind Gallium,<br />
Wismut und Germanium.<br />
Die negative Steigung der Schmelzdruckkurve, also<br />
dp<br />
f<br />
< 0<br />
dT<br />
bedeutet, dass mit zunehmendem Druck die Schmelztemperatur abnimmt. Dies erklärt<br />
z. B. das Vergnügen des Schlittschuhlaufes und die Regelation des Eises.<br />
Die Schmelzdruckkurve verläuft fast parallel zur p-Achse. Deshalb unterscheiden<br />
sich für die meisten Substanzen die Tripelpunkttemperatur und die Schmelztemperatur<br />
bei Normaldruck nur wenig. Für H 2 O gilt<br />
• Tripelpunkttemperatur T tr = 273,16 K bei ptr<br />
= 6,1 hPa<br />
• Schmelztemperatur T s = 273,15 K bei pn<br />
= 1,013 bar<br />
7.4.5 Sublimationsdruckkurve<br />
Die Sublimationsdruckkurve p s ( T ) ist die Gleichgewichtskurve 's' zwischen der festen<br />
und der gasförmigen Phase. Die Steigung der Sublimationsdruckkurve ist positiv.<br />
Die Sublimationsdruckkurve existiert zwischen dem absoluten Nullpunkt der KELVIN-<br />
Skala und der Temperatur des Tripelpunktes. Für jeden äußeren Druck, der kleiner<br />
ist als der Tripelpunktsdruck, geht die feste Phase direkt über in die Gasphase. Dieser<br />
Übergang erfolgt langsamer als das Verdunsten oder gar Sieden.<br />
Für das in Abb. 7-04 schematisch gezeichnete Beispiel des H 2 O heißt das, dass für<br />
p tr < 6,1 hPa Eis direkt in Wasserdampf übergeht und zwar bei allen Temperaturen<br />
im Intervall 0 < T ≤ 273,16 K . Die Tripelpunktstemperatur des H 2 O ist die höchste<br />
Temperatur, die Eis annehmen kann.<br />
Ein Beispiel für beobachtbare Sublimation ist Kohlenstoffdioxid. Aufgrund des später<br />
(vgl. Abschnitt 7.4.7) zu diskutierenden Phasendiagramms erfolgt für CO 2 bei normalem<br />
Atmosphärendruck Sublimation.<br />
Als weiteres Beispiel sei die Gefriertrocknung des Kaffees erwähnt.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 113 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
7.4.6 Tripelpunkt – Koexistenz dreier Phasen<br />
Die Forderung, dass die feste, die flüssige und die gasförmige Phase eines Stoffes<br />
gleichzeitig nebeneinander existieren sollen, reduziert die Zahl der frei wählbaren<br />
Zustandsvariablen auf null. Der Tripelzustand ist ein eindeutiger, festliegender Zustand,<br />
bei dem sämtliche Zustandsvariablen eindeutige Werte haben.<br />
Der Tripelpunkt des H 2 O ist der Fixpunkt für die Festlegung der absoluten Temperaturskala<br />
(vgl. Abschnitt 2.3.3). Der Tripelpunkt des H 2 O lässt sich experimentell einfach<br />
einstellen und auch über längere Zeitintervalle konstant halten. Es gilt für<br />
• die Temperatur des Tripelpunktes T tr = 273,16 K oder ϑ tr = 0,01 C<br />
• den Druck am Tripelpunkt p tr = 6,12 hPa<br />
o<br />
7.5 Phasendiagramm des Kohlenstoffdioxids (CO 2 )<br />
Als weiteres Beispiel ist in Abb. 7-08 das Phasendiagramm von CO 2 quantitativ wiedergegeben.<br />
Um einen großen Druckbereich darstellen zu können, ist für die Druckachse<br />
ein logarithmischer Maßstab gewählt worden. Gezeichnet ist dabei nur der<br />
interessante Bereich der drei Phasen fest, flüssig und gasförmig und die zwischen<br />
ihnen liegenden jeweiligen Koexistenzkurven.<br />
Die Sublimationsdruckkurve geht weiter bis zu T = 0 K . Dabei gibt es natürlich Grenzen<br />
der Messbarkeit!<br />
Der im Diagramm abgeschnittene Bereich der Schmelzdruckkurve ist noch nicht ausgemessen.<br />
Wie bei fast allen Stoffen, ist für CO 2 die Steigung aller drei Koexistenzkurven<br />
positiv.<br />
Interessant ist die Sublimationsdruckkurve: Für Normdruck gehört zur Gleichgewichtskurve<br />
die Temperatur ϑ = −78 o C .<br />
Der Vorgang der Sublimation lässt sich deshalb im Hörsaal demonstrieren. Im Laufe<br />
der Zeit verschwindet ein Stück festen Kohlenstoffdioxids ohne dass eine CO 2 -<br />
Flüssigkeitslache entsteht.<br />
Für die Verhältnisse in einer CO 2 -Flasche findet man bei Zimmertemperatur, dass<br />
Flüssigkeit und Gas in dem Behälter gleichzeitig bei einem Druck von etwa<br />
p = 50 bar existieren.<br />
Die Abb. 7-08 enthält außerdem die experimentell bestimmten Daten, die zum Tripelpunkt<br />
und zum kritischen Punkt des CO 2 gehören.<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 114 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
p<br />
Pa<br />
2<br />
f<br />
8<br />
10<br />
5<br />
flüssig<br />
2<br />
7<br />
10<br />
5<br />
2<br />
fest<br />
d<br />
Kritischer<br />
Punkt<br />
6<br />
10<br />
5<br />
2<br />
Tripelpunkt<br />
5<br />
10<br />
5<br />
s<br />
gasförmig<br />
2<br />
4<br />
10<br />
− 100<br />
− 50<br />
0<br />
ϑ<br />
o<br />
C<br />
50<br />
200<br />
250<br />
300<br />
T<br />
K<br />
Kurve 'd'<br />
Kurve 's‘<br />
Kurve 'f'<br />
Dampfdruckkurve<br />
Sublimationsdruckkurve<br />
Schmelzdruckkurve<br />
Kennwerte Tripelpunkt 'Tr':<br />
Kennwerte Kritischer Punkt 'K':<br />
p tr = 5,2 bar ; T tr = 216,6 K ; ϑtr<br />
= − 56,6 C<br />
p K = 75 bar ; K = 304,2<br />
o<br />
T C ; ϑ K = 31,2<br />
o C ;<br />
Kritische Dichte<br />
ρ<br />
K<br />
=<br />
468,0 kg m<br />
−3<br />
o<br />
Abb. 7-08: Zustandsdiagramm von Kohlenstoffdioxid ( CO 2 ).<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 115 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
7.6 Luftfeuchtigkeit – Hygrometrie<br />
Über der Flüssigkeit eines chemisch einheitlichen Stoffes stellt sich in einem abgeschlossenen<br />
Gefäß der Sättigungsdruck p s als Funktion der herrschenden Temperatur<br />
T ein. Sieden tritt dann auf, wenn der Sättigungsdampfdruck p s gleich dem äußeren<br />
Luftdruck wird.<br />
p äuß<br />
Sind in einem abgeschlossenen Gefäß gleichzeitig zwei Flüssigkeiten vorhanden<br />
(Zweikomponentensystem), so bilden sich die Sättigungsdampfdrucke unabhängig<br />
voneinander aus. Der sich einstellende Gesamtdruck ist gleich der Summe der beiden<br />
Partialdrücke (DALTONsches Gesetz); also<br />
p s = ps( Stoff '1' ) + ps(Stoff<br />
'2' )<br />
Atmosphärische Luft ist ein Gemisch aus trockener Luft und Wasserdampf ( H 2 O -<br />
Dampf). Dabei ist die trockene Luft eine Gasmischung aus etwa 21 (Volumen)%<br />
Sauerstoff, 78 % Stickstoff und 1 % Argon. Diese drei Gase verhalten sich in den<br />
Zustandsbereichen des täglichen Lebens, in denen der Gehalt der feuchten Luft berücksichtigt<br />
werden muss, als ein ideales Gas. Auch der H 2 O -Dampf (Wasserdampf)<br />
darf, solange er sich nicht verflüssigt, näherungsweise als ideales Gas beschrieben<br />
werden.<br />
Weil der Sättigungsdampfdruck temperaturabhängig ist, gehört zu jeder Temperatur<br />
T eine maximal mögliche Menge Wasserdampfs m max ( T ) , die in einer vorgegebenen<br />
Luftmenge enthalten sein kann. Wird die maximale Menge überschritten, so fällt<br />
H 2 O als Flüssigkeit aus; der Dampf kondensiert. Ein Beispiel ist die herbstliche Nebelbildung.<br />
Wenn sich mit H 2 O -Dampf gesättigte Luft abkühlt, so kondensiert der H 2 O -Dampf<br />
an festen Oberflächen als flüssiges H 2 O (Wasser); man bezeichnet dies als Taubildung.<br />
Die Temperatur, bei der bei Abkühlung der feuchten Luft Taubildung auftritt<br />
nennt man die Taupunktstemperatur (dort ist die relative Luftfeuchte 100 %).<br />
Ist weniger H 2 O -Dampf enthalten, als es dem Maximalwert m max ( T ) entspricht, so<br />
ist der sich einstellende Dampfdruck kleiner als der Sättigungsdampfdruck. Die atmosphärische<br />
Luft ist im allgemeinen nicht mit H 2 O -Dampf gesättigt. Auch über Gewässern<br />
wird wegen häufigen Temperaturwechsels der Gleichgewichtszustand der<br />
Sättigung meist nicht erreicht, weil die Diffusion des Wasserdampfes durch die Luft<br />
sehr lange dauert.<br />
Absolute und relative Luftfeuchtigkeit<br />
3<br />
Man nennt die Masse m des im Gesamtvolumen der feuchten Luft V = 1m enthaltenen<br />
H 2 O -Dampfs absolute Luftfeuchtigkeit. Die maximale Feuchtigkeit korrespondiert<br />
zum Sättigungsdampfdruck psätt<br />
der Substanz H 2 O bei einer vorgegebenen<br />
Temperatur T .<br />
Masse des in feuchter Luft enthaltenen H2O<br />
− Dampfes<br />
absolute Luftfeuchtigkeit =<br />
Gesamtvolumen der feuchten Luft<br />
oder<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 116 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
ϕ<br />
a<br />
m(H2O<br />
− Dampf)<br />
=<br />
V<br />
Luft<br />
Die relative Feuchtigkeit erhält man durch Vergleich mit der maximalen Feuchtigkeit<br />
mmax<br />
(H2O<br />
− Dampf )<br />
ϕ max ( T ) =<br />
.<br />
V<br />
Luft<br />
Es gelten die Definitionen bzw. Beziehungen<br />
Masse des in feuchter Luft enthaltenen H2O<br />
− Dampfes<br />
relative Luftfeuchtigkeit =<br />
Masse des Wasserdampfs bei Sättigungsdruck<br />
m(H<br />
ϕ =<br />
−<br />
m<br />
2 O Dampf )<br />
max<br />
oder gleichwertig<br />
Partialdampfdruck des H2O<br />
− Dampfes<br />
relative Luftfeuchtigkeit =<br />
Sättigungsdampfdruck des H O − Dampfes<br />
p<br />
ϕ =<br />
p<br />
d<br />
s<br />
Einige Zahlenwerte bringt die folgende Tabelle<br />
ϑ<br />
o<br />
C<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
2<br />
p s<br />
hPa<br />
ϕ<br />
max<br />
− 3<br />
gm<br />
6,1 12,3 23,4 42,4 73,7 123 199<br />
4,8 9,4 17,34 30,4 51,1 83,0 130<br />
Messung der Luftfeuchtigkeit<br />
• Absorptionsmethode: Getrocknete hygroskopische Stoffe entziehen der feuchten<br />
Luft den Wasserdampf. Durch Wägung kann die absolute Feuchtigkeit bestimmt<br />
werden.<br />
• Haarhygrometer: Längenänderung in Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit,<br />
(Relative Luftfeuchtigkeit; Eichung z. B. durch Taupunktsmethode).<br />
• Taupunktmethode: Bestimmung der Taupunktstemperatur durch Abkühlen einer<br />
Spiegelfläche und Beobachtung der Temperatur, bei der Kondensation<br />
auftritt.<br />
• Psychrometer: Bestimmung der Temperaturdifferenz zweier Thermometer; eine<br />
Thermometerkugel befindet sich in gesättigter Wasserdampfatmosphäre,<br />
die andere Thermometerkugel zeigt die Temperatur der feuchten Luft an.<br />
• Abhängigkeit der Kapazität eines Kondensators vom Wassergehalt (transportable<br />
Messgeräte).<br />
Anwendungen<br />
WILSONsche Nebelkammer: Spuren geladener Teilchen durch Nebeltröpfchen sichtbar<br />
gemacht; im unterkühlten H 2 O -Dampf bilden sich Nebeltröpfchen an Kondensationskeimen<br />
(Ionen).<br />
<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />
- 117 -<br />
’Stoffe in verschiedenen Phasen’
Bezeichnungen, Formelzeichen und SI-Einheiten<br />
Temperatur Formelzeichen SI-Einheit<br />
Absolute oder thermodynamische Temperatur<br />
(KELVIN-Temperatur)<br />
CELSIUS-Temperatur ϑ o C<br />
T<br />
K<br />
Kinetische Theorie<br />
Masse (allgemein) m kg<br />
Volumen (allgemein) V 3<br />
m<br />
−1<br />
Dichte ρ = m V<br />
−1<br />
Spezifisches Volumen v = ρ<br />
kgm<br />
m 3 kg<br />
Teilchenanzahl (Atome, Moleküle) N 1<br />
1<br />
Teilchenzahldichte (Molekülzahldichte) = NV<br />
AVODAGDRO-Konstante<br />
− 3<br />
n ~ v<br />
−<br />
3<br />
m −<br />
−1<br />
N 1<br />
A<br />
mol −<br />
Stoffmenge / Teilchenmenge n mol<br />
Masse Einzel-Molekül (Teilchen)<br />
Atomare Masseneinheit<br />
Molare Masse (Molmasse)<br />
Molare Gaskonstante<br />
m M<br />
kg<br />
m u = 1 u kg<br />
m<br />
M = N mM<br />
=<br />
n<br />
−1<br />
A kg mol<br />
R<br />
− 1<br />
m J mol<br />
1 −<br />
K<br />
Spezielle (individuelle) Gaskonstante<br />
R<br />
− 1<br />
i J kg<br />
1 −<br />
K<br />
BOLTZMANN-Konstante<br />
k = R N<br />
Impuls p r −1<br />
kg m s<br />
Mittlere kinetische Energie – Translation (Einzel-Molekül)<br />
m<br />
−1<br />
A<br />
J K<br />
ε kin<br />
J<br />
Freiheitsgrade f 1<br />
Geschwindigkeitsverteilung nach MAXWELL<br />
- Wahrscheinlichste Geschwindigkeit w<br />
- Mittlere Geschwindigkeit<br />
= Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat<br />
v =<br />
m<br />
− 1<br />
v<br />
1<br />
ms<br />
−<br />
v<br />
2<br />
1<br />
ms<br />
−<br />
- Durchschnittliche Geschwindigkeit v<br />
1<br />
ms<br />
−<br />
Relative Atom- (Molekül-)Masse A ( M ) 1, (1)<br />
r<br />
, r<br />
Normtemperatur, Normdruck<br />
ϑ ; p C;K; Pa<br />
n Tn<br />
;<br />
n<br />
o<br />
<strong>Wärmelehre</strong><br />
- 118 -<br />
Formelzeichen und SI-Einheiten
Wärme und 1. Hauptsatz Formelzeichen SI-Einheit<br />
Masse (allgemein) m kg<br />
Stoffmenge / Teilchenmenge n mol<br />
Molare Masse (Molmasse)<br />
m<br />
M =<br />
−1<br />
kg mol<br />
n<br />
Wärme Q J<br />
Volumenänderungsarbeit<br />
Wärmekapazität (allgemein)<br />
Spezifische Wärmekapazität<br />
Spezifische isobare (isochore) Wärmekapazität<br />
Molare Wärmekapazität<br />
Molare isobare (isochore) Wärmekapazität<br />
δ W = −p<br />
dV<br />
J<br />
c<br />
C<br />
= − 1<br />
δQ<br />
C d T<br />
1 δQ<br />
m dT<br />
J K<br />
=<br />
− 1 −1<br />
J kg K<br />
c p ; v<br />
m<br />
c − 1 −1<br />
J kg K<br />
1 δQ<br />
n dT<br />
=<br />
− 1 −1<br />
J mol K<br />
C mp ; mv<br />
C − 1 −1<br />
J mol K<br />
Innere Energie U J<br />
Spezielle Zustandsänderungen eines idealen Gases<br />
Isentropenexponent κ 1<br />
Polytropenexponent ν 1<br />
2. Hauptsatz<br />
Thermodynamischer Wirkungsgrad<br />
η th, C<br />
1<br />
Reale Gase<br />
Schmelzenthalpie (Schmelzwärme)<br />
Verdampfungsenthalpie (Verdampfungswärme)<br />
H f<br />
H d<br />
J<br />
J<br />
Schmelzpunkt<br />
Siedepunkt<br />
T f ; ϑ f K; o C<br />
T d ; ϑ d K; o C<br />
Sättigungsdampfdruck<br />
p s<br />
Pa<br />
Tripelpunkt (Temperatur und Druck)<br />
Kritischer Punkt (Temperatur, Druck, Volumen und Dichte)<br />
T<br />
T ; ϑ p K; o C; Pa<br />
tr tr;<br />
kr pkr<br />
; Vkr;<br />
tr<br />
; ρ<br />
kr<br />
Absolute Luftfeuchtigkeit<br />
ϕ 3<br />
a<br />
kgm<br />
−<br />
Relative Luftfeuchtigkeit ϕ 1<br />
<strong>Wärmelehre</strong><br />
- 119 -<br />
Formelzeichen und SI-Einheiten