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Wärmelehre - gilligan-online

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<strong>Wärmelehre</strong><br />

Skript<br />

Idee: Jürgen Gilg<br />

Gestaltung: Simon Singer<br />

© Günther Kurz<br />

Anregungen und Kommentare willkommen<br />

gunther.kurz@fht-esslingen.de


<strong>Wärmelehre</strong> – Inhaltsübersicht<br />

Seite<br />

1 Aufbau der Materie 5<br />

1.1 Phasen .......................................................................................................5<br />

1.2 Grundbegriffe .....................................................................................................8<br />

1.2.1 Masseneinheiten im atomaren Bereich .................................................8<br />

1.2.2 Teilchenmenge n – Basisgröße im SI-Einheitensystem .....................10<br />

1.2.3 Verknüpfungen zwischen den definierten Größen ..............................11<br />

1.3 Spezifische und molare physikalische Größen .................................................12<br />

1.3.1 Spezifische physikalische Größen ......................................................12<br />

1.3.2 Molare physikalische Größen ..............................................................13<br />

2 Kinetische Gastheorie 14<br />

2.1 Ideales Gas – Modellvorstellungen ..................................................................14<br />

2.2 Kinetische Ableitung des Gasdruckes p ..........................................................14<br />

2.2.1 Vorgehensweise zur Herleitung des Druckes ......................................15<br />

2.2.2 Geometrie und Nomenklatur ...............................................................15<br />

2.2.3 Anwendung des Satzes von der Erhaltung des Impulses ...................17<br />

2.2.4 Anzahl der Kollisionen Z eines Einzelmoleküls mit einer Wand .........17<br />

2.2.5 Statistische Betrachtungen – Summation über N Moleküle ...............18<br />

2.2.6 Berechnung des Gesamtdruckes ........................................................19<br />

2.3 Folgerungen aus der Grundgleichung ..............................................................19<br />

2.3.1 Mittlere Geschwindigkeit – Zusammenhang zwischen<br />

makroskopischen Messgrößen und mikroskopischen Größen ............19<br />

2.3.2 Zustandsgleichung eines idealen Gases .............................................20<br />

2.3.3 Gastemperatur T ................................................................................22<br />

2.3.4 Molare Gaskonstante R m und Innere Energie U eines idealen Gases 27<br />

2.3.5 Makroskopische Beschreibung eines idealen Gases ...........................27<br />

2.4 MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung .......................................................28<br />

2.4.1 Verteilungsfunktion nach MAXWELL .....................................................28<br />

2.4.2 Definition spezieller Geschwindigkeiten ..............................................30<br />

3 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> 33<br />

3.1 Begriffe und Definitionen ..................................................................................33<br />

3.1.1 Systembegriff ......................................................................................33<br />

3.1.2 Zustand und Zustandsgrößen .............................................................34<br />

3.1.2.1 Gleichgewicht, Zustandsgrößen und Zustandsfunktionen ...................35<br />

3.1.2.2 Zustandsänderungen – thermodynamische Prozesse ........................35<br />

3.1.2.3 Zustandsgleichungen ..........................................................................35<br />

3.1.2.4 Zustandsdiagramme ...........................................................................35<br />

3.1.3 Wärme ................................................................................................36<br />

3.1.4 Arbeit ...................................................................................................37<br />

3.2 Wärmekapazitäten ...........................................................................................39<br />

3.2.1 Definitionen .........................................................................................39<br />

3.2.1.1 Wärmekapazität C ..............................................................................39<br />

3.2.1.2 Spezifische Wärmekapazität c ...........................................................40<br />

3.2.1.3 Molare Wärmekapazität C m ................................................................40<br />

3.2.2 Abhängigkeit von der Temperatur .......................................................40<br />

3.2.3 Abhängigkeit von den Versuchsbedingungen .....................................41<br />

3.2.4 Verknüpfungen zwischen spezifischen u. molaren Wärmekapazitäten 41<br />

3.2.5 Temperaturabhängigkeit von Wärmekapazitäten – Beispiele ..............43<br />

3.2.5.1 Kristalline Festkörper ..........................................................................43<br />

<strong>Wärmelehre</strong><br />

- 2 -<br />

Inhaltsverzeichnis


3.2.5.2 Flüssigkeiten .......................................................................................43<br />

3.2.5.3 Gase ................................................................................................... 45<br />

3.3 Innere Energie U und 1. Hauptsatz .................................................................45<br />

4 Spezielle Zustandsänderungen eines idealen Gases 49<br />

4.1 Isochore Zustandsänderungen .........................................................................51<br />

4.2 Isotherme Zustandsänderungen ......................................................................52<br />

4.3 Isobare Zustandsänderungen ..........................................................................53<br />

4.4 Isentrope Zustandsänderungen .......................................................................55<br />

4.5 Polytrope Zustandsänderungen .......................................................................57<br />

5 Molare Wärmekapazitäten eines idealen Gases 58<br />

5.1 Experimentelle Ergebnisse ...............................................................................58<br />

5.2 Theoretische Vorhersagen ...............................................................................59<br />

5.2.1 Differenz ( C - C )...........................................................................59<br />

mp<br />

mv<br />

5.2.2 Isochore molare Wärmekapazität ...............................................62<br />

5.2.3 Isobare molare Wärmekapazität C mp .................................................63<br />

5.2.4 Isentropenexponent κ ........................................................................63<br />

5.3 Vergleich theoretischer und experimenteller Werte ..........................................63<br />

5.4 Erweiterung der Theorie auf zwei- und mehratomige Gase .............................64<br />

5.4.1 Struktur zwei- und mehratomiger Gase ...............................................64<br />

5.4.2 Gleichverteilungssatz der Energie .......................................................64<br />

5.4.3 Freiheitsgrade f und mittlere Energie ε eines Freiheitsgrades ..........65<br />

5.4.4 Anwendung des Gleichverteilungssatzes ............................................66<br />

5.4.5 Bestimmung der Anzahl der Freiheitsgrade ........................................67<br />

5.4.6 Vergleich theoretischer und experimenteller Werte .............................69<br />

5.5 Grenzen der klassischen Theorie......................................................................70<br />

6 2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> 72<br />

6.1 Reversible und irreversible Prozesse ...............................................................73<br />

6.2. Kreisprozesse ..................................................................................................74<br />

6.2.1 Definition .............................................................................................74<br />

6.2.2 Wärmekraftmaschinen und Kältemaschinen .......................................75<br />

6.2.3 Einfacher Kreisprozess – Wirkungsgrad .............................................76<br />

6.3 Kreisprozess nach CARNOT ..............................................................................78<br />

6.3.1 Beschreibung des Kreisprozesses ......................................................79<br />

6.3.2 Umgesetzte Wärmen und Arbeiten .....................................................79<br />

6.3.3 Thermodynamischer Wirkungsgrad ....................................................81<br />

6.4 Kreisprozess nach STIRLING und STIRLING-Motor .............................................82<br />

6.4.1 Beschreibung des Kreisprozesses ......................................................83<br />

6.4.2 Umgesetzte Wärmen und Arbeiten .....................................................83<br />

6.4.3 Thermodynamischer Wirkungsgrad ....................................................83<br />

6.5 Weitere Beispiele für technische Kreisprozesse ...............................................84<br />

6.6 Folgerungen aus dem thermodynamischen Wirkungsgrad ..............................86<br />

6.7 Absolute thermodynamische Temperaturskala ................................................86<br />

6.8 Kältemaschinen ................................................................................................87<br />

6.9 Entropie .....................................................................................................89<br />

6.9.1 Phänomenologische Einführung und Definition ...................................89<br />

6.9.2 Entropie und 2. Hauptsatz – vertiefte Betrachtung ..............................91<br />

6.9.2.1 Anwendung auf den Kreisprozess nach CARNOT ................................92<br />

6.9.2.2 Entropieänderungen bei quasistatischen,<br />

reversiblen Prozessen eines idealen Gases .......................................92<br />

C mv<br />

<strong>Wärmelehre</strong><br />

- 3 -<br />

Inhaltsverzeichnis


6.9.2.3 Entropieänderungen bei irreversiblen Prozessen ................................93<br />

6.9.2.4 3. Hauptsatz und Nichterreichbarkeit des absoluten Nullpunkts .........96<br />

7 Stoffe in verschiedenen Phasen 98<br />

7.1 Der Begriff Phase .............................................................................................98<br />

7.2 Isothermen realer Gase ...................................................................................99<br />

7.2.1 Experimentell ermittelte Isothermen ....................................................99<br />

7.2.2 Zustandsgleichung nach VAN DER WAALS ..........................................101<br />

7.3 Phasenübergänge ..........................................................................................103<br />

7.4 Gleichgewichtszustände bei Phasenübergängen ...........................................104<br />

7.4.1 Zustandsdiagramme .........................................................................104<br />

7.4.2 Dampfdruckkurve und kritischer Punkt ..............................................105<br />

7.4.2.1 Darstellung der Dampfdruckkurve durch einen BOLTZMANN-Faktor....110<br />

7.4.2.2 CLAUSIUS-CLAPEYRONsche Gleichung<br />

Bestimmung der Verdampfungsenthalpie .........................................110<br />

7.4.3 Überhitzung und Unterkühlung ..........................................................112<br />

7.4.4 Schmelzdruckkurve ...........................................................................113<br />

7.4.5 Sublimationsdruckkurve ....................................................................113<br />

7.4.6 Tripelpunkt – Koexistenz dreier Phasen ............................................114<br />

7.5 Phasendiagramm des Kohlenstoffdioxids (CO 2 ) ............................................114<br />

7.6 Luftfeuchtigkeit – Hygrometrie ........................................................................116<br />

Bezeichnungen, Formelzeichen und SI-Einheiten ...................................................118<br />

<strong>Wärmelehre</strong><br />

- 4 -<br />

Inhaltsverzeichnis


<strong>Wärmelehre</strong><br />

In der Mechanik wird bei der Beschreibung physikalischer Vorgänge von Prozessen<br />

abgesehen, in denen die Energieform Wärme auftritt. Wärme wird als eine nichtmechanische<br />

Energieform verstanden.<br />

Der Satz von der Erhaltung der Energie in der Fassung der Mechanik schloss einschränkend<br />

die Umwandlung mechanischer Energieformen in nichtmechanische<br />

Energieformen, also z. B. bei Reibungsvorgängen in Wärme, aus. Die Besonderheiten<br />

physikalischer Erscheinungen, die mit den Begriffen Wärme und Innere Energie<br />

verknüpft sind, führen zu einem der Hauptgebiete der Physik, das unter der Überschrift<br />

<strong>Wärmelehre</strong> oder Thermodynamik zusammengefasst wird.<br />

1 Aufbau der Materie<br />

Die Bausteine der Materie sind Atome, Moleküle oder Ionen und Elektronen, die man<br />

vereinfachend und zusammenfassend Teilchen nennt. Diese Teilchen sind niemals<br />

in Ruhe: Sie führen ständig statistisch ungeordnete Bewegungen aus. Temperatur ist<br />

ein Maß für die Heftigkeit dieser thermischen Bewegung. Der Energieinhalt eines<br />

Stoffes auf Grund dieser Bewegungen und der Wechselwirkungen zwischen den<br />

Teilchen wird als Innere Energie bezeichnet. Der Begriff Wärme wird für eine Energieform<br />

verwendet, die einem Körper bzw. System zugeführt oder von ihm abgegeben<br />

wird.<br />

Die internationale (und in der Bundesrepublik gesetzliche) Einheit der Wärme Q ist<br />

die Einheit aller Energiearten<br />

Q = 1Joule = 1J = 1Nm = 1 V A s 1 W<br />

[ ] s<br />

int =<br />

Der makroskopische Zustand der Materie lässt sich durch die unterschiedliche Verschiebbarkeit<br />

der Bausteine gegeneinander definieren. Dies erklärt sich durch die<br />

Anordnung der Bausteine und der Art ihrer Wechselwirkung.<br />

1.1 Phasen<br />

Einfache Materie tritt makroskopisch in drei verschiedenen Erscheinungsformen auf:<br />

Fest, flüssig und gasförmig. Diese Erscheinungsformen heißen Aggregatzustände<br />

oder allgemein Phasen. (Als vierten Aggregatzustand bezeichnet man den Plasmazustand.<br />

Ein Plasma ist ein Gemisch aus freien Elektronen, positiven Ionen und<br />

Neutralteilchen eines Gases.)<br />

Der feste Zustand kann in amorpher oder kristalliner Form auftreten. In einem Kristallgitter<br />

sind die Teilchen an eine Gleichgewichtslage gebunden. Die Teilchen bleiben<br />

ihrem (mathematischen) Gitterpunkt zugeordnet, führen aber um ihre Gleichgewichtslage<br />

ungeordnete Schwingungen aus. Veranschaulicht werden die Kräfte zwischen<br />

einem Teilchen und seinen Nachbarteilchen durch Federn. Die Bewegungen<br />

der Gitterbausteine nennt man Gitterschwingungen (Phononen).<br />

Die Gitterstruktur drückt das Ordnungsprinzip des festen, kristallinen Zustandes aus.<br />

Beispiele bringt Abb. 1-01.<br />

Feste Körper sind formbeständig und haben eine Oberfläche. Die Dichten ρ fester<br />

Stoffe liegen i. Allg. im Bereich ρ ≈ 10 K10<br />

kg m .<br />

3<br />

4<br />

−3<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />

- 5 -<br />

’Aufbau der Materie’


Gleichgewichtslage<br />

Auslenkung der Gitterbausteine<br />

bei thermischer Bewegung<br />

(übertrieben – nicht maßstäblich!)<br />

(a) Zweidimensionales Gittermodell.<br />

(b) Kristallgittermodell von NaCl<br />

(Beispiel für Ionenbindung).<br />

(c) Kristallgittermodell des Kohlenstoffs – links: Graphit, rechts Diamant.<br />

Abb. 1-01: Gitterstrukturen fester Körper.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />

- 6 -<br />

’Aufbau der Materie’


Der Schmelzvorgang, also der Übergang vom festen in den flüssigen Zustand, wird<br />

anschaulich durch das Reißen der Federn bei zu großer thermischer Bewegung der<br />

Teilchen im Kristallgitter beschrieben.<br />

In Flüssigkeiten sind die Teilchen nicht mehr an eine bestimmte definierte Gleichgewichtslage<br />

gebunden; sie sind gegeneinander verschiebbar. Die Anziehungskräfte<br />

sind ungerichtet. Die daraus resultierende Wimmelbewegung der Teilchen in der<br />

Flüssigkeit kann indirekt sichtbar gemacht werden (BROWNsche Molekularbewegung).<br />

Flüssigkeiten sind nicht formbeständig. Die Dichten von Flüssigkeiten liegen<br />

3 −3<br />

bei etwa ρ ≈ 10 kg m .<br />

Der Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand heißt Verdampfung.<br />

Bei Gasen ist der Abstand zwischen den Teilchen so groß, dass die ungerichtete<br />

Wechselwirkung zwischen den Teilchen im Vergleich zu Flüssigkeiten sehr klein<br />

wird. Zusammenstöße zwischen den einzelnen Gasteilchen führen zur Ablenkung<br />

aus der ursprünglichen Flugrichtung. Für ein einzelnes Teilchen ergibt sich so eine<br />

völlig regellose Zickzackbahn.<br />

Gase haben keine Form; sie füllen nach einiger Zeit jeden ihnen zur Verfügung gestellten<br />

Raum aus. Die Dichte von Gasen ist stark abhängig von der Temperatur und<br />

dem Druck. Bei Normbedingungen, also bei ϑn = 0 o C und p n = 1 013 hPa , liegen<br />

−3<br />

die Dichten von Gasen bei etwa ρ ≈ 1kgm .<br />

Die Einteilung in drei Aggregatzustände oder Phasen für einfache reine Stoffe ist<br />

nicht immer eindeutig; es gibt fließende Übergänge. Eine schlagwortartige Zusammenfassung<br />

gibt für die drei Phasen folgende Aussagen<br />

Phase<br />

fest (kristallin)<br />

flüssig<br />

gasförmig<br />

Anordnung der<br />

Bausteine<br />

regelmäßig<br />

(Fernordnung)<br />

frei verschiebbar<br />

(Nahordnung)<br />

frei beweglich<br />

Packung<br />

der Teilchen<br />

dicht<br />

weniger dicht<br />

mittlere Abstände<br />

groß<br />

Wechselwirkungskräfte<br />

stark (gerichtet)<br />

schwächer<br />

(ungerichtet,<br />

abhängig<br />

vom Abstand)<br />

sehr schwach<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />

- 7 -<br />

’Aufbau der Materie’


1.2 Grundbegriffe<br />

Für Atome und Moleküle sind im Folgenden einige wichtige Definitionen und ihre Beziehungen<br />

zusammengestellt.<br />

1.2.1 Masseneinheiten im atomaren Bereich<br />

Masse m M eines Einzelmoleküls oder eines Einzelatoms m M (X)<br />

ist die durchschnittliche<br />

Masse eines Einzelmoleküls oder Einzelatoms (X) . Durchschnittlich deshalb,<br />

weil für ein Element oder eine Verbindung jeweils das natürliche Isotopengemisch<br />

berücksichtigt wird. Man fasst dabei Atome als einatomige Moleküle auf und wendet<br />

Begriffe wie Molekülmasse und Molmasse sinngemäß an; dadurch entfallen Sonderbegriffe<br />

wie Masse eines Einzelatoms und Atommasse.<br />

Die atomare Masseneinheit<br />

Die atomare Masseneinheit (früher amu: atomic mass unit u ) ist eine willkürlich,<br />

mu<br />

aber zweckmäßig gewählte Bezugsmasse. Mit dieser Wahl der atomaren Masseneinheit<br />

weichen für die meisten Atome die relativen Atommassen (und damit auch für<br />

Moleküle die relativen Molekülmassen) nur geringfügig von ganzen Zahlen ab. Diese<br />

ganzen Zahlen nennt man Massenzahlen. Die Massenzahl wird meist zusammen mit<br />

der Kernladungszahl für ein chemisches Element angegeben.<br />

Man definiert<br />

1 12 6<br />

m u = m M ( C) mit mM( 12 6C) = Masse eines Atoms des Nuklids C .<br />

12<br />

In Worten: Die atomare Masseneinheit m u ist gleich einem Zwölftel der Masse eines<br />

Atoms des Kohlenstoff-12-Nuklids.<br />

Damit sind die alten Massenzahlen (Atomgewichte), die sich auf das Sauerstoffisotop<br />

16<br />

O (in der Physik) bzw. auf das natürliche Isotopengemisch von Sauerstoff (in der<br />

Chemie) bezogen, überflüssig geworden.<br />

Die Masse eines Kohlenstoff-12-Nuklids wird experimentell bestimmt. Die Messungen<br />

ergeben einen Wert von<br />

m<br />

u<br />

= 1,660 538 73 ⋅10<br />

−27<br />

kg<br />

Die Werte der fundamentalen physikalischen Konstanten werden laufend an neue<br />

experimentelle Ergebnisse angepasst und ihre Fehlergrenzen festgelegt. Die<br />

Festlegung erfolgt durch den International Council of Scientific Unions – Committee<br />

on Data for Science and Technology (CODATA)<br />

CODATA-Werte finden sich im Internet unter http://physics.nist.gov<br />

NIST steht für National Institute of Standards and Technology der USA in Boulder,<br />

Colorado. In der BRD ist die Physikalisch Technische Bundesanstalt – PTB – in Berlin<br />

und Braunschweig für alle Dinge des Messwesens zuständig.<br />

Die Internet-Adresse ist http://www.ptb.de<br />

Angegeben wird bei CODATA weiterhin die<br />

Standard-Unsicherheit ( m<br />

u<br />

) = 0, 000 000 13 ⋅10<br />

−19<br />

kg<br />

12<br />

6<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />

- 8 -<br />

’Aufbau der Materie’


Dies entspricht der Standardabweichung der Statistik, d. h., mit 68 % Wahrscheinlichkeit<br />

liegt der wahre – und nie genau bekannte – Wert einer physikalischen Konstanten<br />

(hier der atomare Masseneinheit) in den Grenzen<br />

m<br />

u<br />

= (1,660 538 73 ± 0,000 000 13) ⋅10<br />

oder in anderer Schreibweise<br />

1,660 538 60 ⋅10<br />

kg ≤ m<br />

−27<br />

kg<br />

−27 27<br />

u ≤ 1,660 538 86 ⋅10<br />

−<br />

Vereinbart ist die prägnante Darstellungsform mit<br />

m<br />

u<br />

= 1,660 538 73(13) ⋅10<br />

−27<br />

kg<br />

Die relative Unsicherheit für den Wert der atomaren Masseneinheit ergibt sich zu<br />

−8<br />

7,9 ⋅ 10 .<br />

Für alle Berechnungen in Übungsaufgaben belässt man es bei drei signifikanten Stellen,<br />

gerechnet wird also mit<br />

m<br />

u<br />

= 1,66 ⋅10<br />

−27<br />

kg<br />

Relative Atommasse<br />

Durch Vergleich der Masse eines Teilchens mit der atomaren Masseneinheit m u erhält<br />

man die relative Atommasse Ar<br />

bzw. die relative Molekülmasse Mr<br />

. Relative<br />

Atommassen können mit Hilfe eines Massenspektrometers bestimmt werden.<br />

A r ist eine dimensionslose Verhältniszahl. Sie wird gebildet als Quotient aus der<br />

(durchschnittlichen) Masse eines einzelnen Atoms (aus dem natürlichen Isotopengemisch<br />

des betrachteten Elementes) und der atomaren Masseneinheit m u .<br />

A<br />

r<br />

(durchschnittliche) Masse mM<br />

eines Einzelatoms<br />

=<br />

atomare Masseneinheit mu<br />

mM(Atom)<br />

=<br />

m<br />

Die relative Molekülmasse<br />

M r<br />

u<br />

Analog ist eine dimensionslose Verhältniszahl. Sie wird gebildet als Quotient der<br />

(durchschnittlichen) Masse eines einzelnen Moleküls (einer bestimmten chemischen<br />

Verbindung) und der atomaren Masseneinheit .<br />

M<br />

r<br />

M<br />

(Molekül)<br />

m<br />

u<br />

m u<br />

(durchschnittliche) Masse mM<br />

eines Einzelmoleküls<br />

=<br />

atomare Masseneinheit m<br />

m<br />

=<br />

u<br />

kg<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />

- 9 -<br />

’Aufbau der Materie’


1.2.2 Teilchenmenge n – Basisgröße im SI-Einheitensystem<br />

In der <strong>Wärmelehre</strong> spielt häufig die Teilchenzahl N eines Systems eine entscheidende<br />

Rolle. Deshalb ist für die Teilchenzahl die Teilchenmenge oder Stoffmenge n<br />

als Grundgröße im Internationalen Einheitensystem (SI) eingeführt worden. Die Bezeichnungen<br />

Teilchenmenge und Stoffmenge sind gleichberechtigt.<br />

Im Folgenden wird der Begriff Teilchenmenge benutzt, da er das Abzählbare des<br />

Mengenbegriffes anschaulicher beinhaltet.<br />

Basisgröße:<br />

Basiseinheit:<br />

Einheitenzeichen:<br />

Definition:<br />

Teilchenmenge n<br />

1 Mol<br />

mol<br />

1 Mol ist die Teilchenmenge n eines Systems bestimmter Zusammensetzung,<br />

das aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in<br />

−3<br />

12 ⋅10<br />

kg des Nuklids 12 C enthalten sind.<br />

6<br />

Bei Benutzung des Ausdrucks der Teilchenmenge müssen die Teilchen spezifiziert<br />

werden. Es können Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen usw. oder eine Gruppe solcher<br />

Teilchen genau angegebener Zusammensetzung sein.<br />

Die Anzahl der in einem Mol enthaltenen Teilchen wird durch die AVOGADRO-<br />

Konstante gegeben. Ihre experimentelle Bestimmung liefert<br />

A<br />

23<br />

−1<br />

N = 6,022 1415 ⋅10<br />

mol CODATA Wert<br />

Angegeben wird bei CODATA die<br />

Standard-Unsicherheit<br />

( N<br />

A<br />

) = 0, 000 0010 ⋅10<br />

23<br />

mol<br />

−1<br />

Dies entspricht der Standardabweichung der Statistik, d. h. mit 68 % Wahrscheinlichkeit<br />

liegt der wahre – und nie genau bekannte – Wert der physikalischen Konstanten<br />

(hier der atomare Masseneinheit) in den Grenzen<br />

N<br />

A<br />

= (6,022 1415 ± 0,000 0010 ) ⋅10<br />

oder in anderer Schreibweise<br />

23<br />

−1<br />

6,022 1405 ⋅10<br />

mol ≤ N<br />

A<br />

23<br />

mol<br />

−1<br />

≤ 6,022 1405 ⋅10<br />

Vereinbart ist die prägnante Darstellungsform mit<br />

N<br />

A<br />

= 6,022 1415(10) ⋅10<br />

23<br />

mol<br />

−1<br />

Die relative Unsicherheit für den Wert der AVOGADRO-Konstante ergibt sich zu<br />

−7<br />

1,7 ⋅ 10 .<br />

Für alle Berechnungen in Übungsaufgaben benutzt man vereinfachend nur zwei signifikante<br />

Stellen und rechnet mit<br />

N<br />

A<br />

= 6,0 ⋅10<br />

23<br />

mol<br />

−1<br />

Der Stoffmengenbegriff behandelt alle aus Teilchen aufgebauten Stoffe gleich. Zwischen<br />

Atomen und Molekülen (aufgebaut aus mindestens zwei Atomen) wird nicht<br />

mehr speziell unterschieden.<br />

23<br />

mol<br />

−1<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />

- 10 -<br />

’Aufbau der Materie’


Molare Masse oder Molmasse M<br />

Die molare Masse M ist definiert als die Masse der Teilchenmenge n = 1mol<br />

.<br />

1<br />

Die zugehörige Einheit der Molmasse ist [ ] = 1kg mol<br />

−<br />

M .<br />

1.2.3 Verknüpfungen zwischen den definierten Größen<br />

Der Vergleich der Teilchenzahl N einer Teilchenmenge n mit der AVOGADRO-<br />

Konstante liefert<br />

N A<br />

N A<br />

N<br />

n = bzw. N = nNA<br />

Die Masse m von N Teilchen der Einzelmolekülmasse mM<br />

ist m = N mM<br />

. Daraus<br />

ergibt sich speziell für die Teilchenzahl N = , also für die Teilchenmenge n = 1mol<br />

M = N m = N M m oder<br />

A<br />

M<br />

A<br />

r<br />

u<br />

N A<br />

M<br />

m M = N<br />

Die Zusammenfassung der obigen Beziehungen<br />

m = N m M<br />

und M = N A mM<br />

liefert durch Division<br />

m<br />

M<br />

=<br />

N<br />

N<br />

A<br />

= n<br />

bzw.<br />

m = n M<br />

gemäß der Definition also die Teilchenmenge n .<br />

und der Mas-<br />

Damit ist auch die Brücke geschlagen zwischen der Teilchenmenge n<br />

se m dieser Teilchen; denn für die Masse m von N Teilchen gilt<br />

m =<br />

N<br />

N<br />

A<br />

M<br />

für die Anzahl N Teilchen in einem Körper der Masse<br />

m<br />

N =<br />

M<br />

N A<br />

A<br />

m<br />

gilt<br />

Die relativen Atom- bzw. Molekülmassen einiger technisch wichtiger Gase sind in<br />

Tabelle 1-01 zusammengestellt.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />

- 11 -<br />

’Aufbau der Materie’


Substanz<br />

Chemische<br />

Formel<br />

Relative Atombzw.<br />

Molekülmasse<br />

Ar<br />

bzw.<br />

M<br />

r<br />

Normdichte<br />

ρ<br />

kgm<br />

n<br />

− 3<br />

Acetylen C 2H2<br />

26,04 1,175<br />

Helium He 4,003 0,178<br />

Kohlenstoffdioxid CO 2<br />

44,01 1,977<br />

Kohlenstoffoxid CO 28,01 1,250<br />

Neon Ne 20,18 0,900<br />

Sauerstoff O 2<br />

32,00 1,429<br />

Stickstoff N 2<br />

28,01 1,250<br />

Wasserstoff H 2<br />

2,016 0,090<br />

Der Index 'n' steht für Normzustand (DIN 1343);<br />

p n = 1 013 hPa ; ϑ n = 0 o C .<br />

Tab. 1-01: Relative Atom- bzw. Molekülmassen und Dichten einiger<br />

technisch wichtiger Gase.<br />

1.3 Spezifische und molare physikalische Größen<br />

Es erweist sich in der Thermodynamik als zweckmäßig, eine Reihe physikalischer<br />

Größen entweder auf die Masse m oder auf die Teilchenmenge n eines Systems zu<br />

beziehen. Solche Größen nennt man abgeleitete physikalische Größen.<br />

1.3.1 Spezifische physikalische Größen<br />

Der Quotient aus einer gemessenen physikalischen Größe A und der Masse m eines<br />

Körpers oder eines Systems heißt spezifische physikalische Größe a<br />

(DIN 5485).<br />

Spezifische physikalische Größe<br />

gemessene physikalische Größe A der Masse m einer Substanz<br />

a =<br />

Masse m der Substanz<br />

Zur Kennzeichnung benutzt man als Formelzeichen kleine Formel-Buchstaben.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />

- 12 -<br />

’Aufbau der Materie’


Beispiele<br />

Aus Volumen V und Masse m eines Gases ergibt sich<br />

V<br />

das spezifische Volumen<br />

v =<br />

m<br />

Aus der zum Verdampfen der Masse m einer Substanz zugeführten<br />

Wärme H v ergibt sich die spezifische Verdampfungswärme<br />

Hv<br />

(genauer Verdampfungsenthalpie) hv = m<br />

1.3.2 Molare physikalische Größen<br />

Der Quotient aus einer gemessenen physikalischen Größe A und der Teilchenmenge<br />

n eines Körpers oder eines Systems heißt molare physikalische Größe. Solche teilchenmengenbezogenen<br />

Größen sind ebenfalls abgeleitete physikalische Größen.<br />

Molare physikalische Größe einer gemessenen physikalischen Größe A<br />

gemessene physikalische Größe A der Teilchenmenge n einer Substanz<br />

A m =<br />

Teilchenmenge n der Substanz<br />

Zur Kennzeichnung benutzt man zusätzlich zum üblichen Formelbuchstaben den<br />

Index 'm' oder 'mol'.<br />

Beispiele<br />

Aus Volumen V und Teilchenmenge n eines Gases erhält man<br />

das molare Volumen oder Molvolumen<br />

V<br />

V mol =<br />

n<br />

Aus Masse m und Teilchenmenge n eines Gases erhält man<br />

die molare Masse oder Molmasse<br />

m<br />

m mol = M =<br />

n<br />

(mit dem speziellen Formelbuchstaben M für die Molmasse )<br />

m mol<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 1<br />

- 13 -<br />

’Aufbau der Materie’


2 Kinetische Gastheorie<br />

2.1 Ideales Gas – Modellvorstellungen<br />

Um das Verhalten der Gase erklären zu können, werden diese durch ein<br />

physikalisches Modell vereinfacht und idealisiert beschrieben. Man geht dabei von<br />

den Kenntnissen über den Materieaufbau aus. Die aus dem Modell abgeleiteten<br />

Folgerungen müssen anschließend mit der Realität, also mit den gemessenen<br />

Größen und den physikalischen Gesetzen verglichen werden.<br />

Modellvorstellungen<br />

• Ein Gas besteht aus Teilchen, genannt Moleküle. Die Moleküle einer Sorte sind<br />

identisch.<br />

• Die räumliche Ausdehnung der Teilchen ist sehr klein; damit kann ihr Eigenvolumen<br />

gegenüber dem Gesamtvolumen des Gases vernachlässigt werden<br />

(Modellvorstellung ausdehnungslose materielle Teichen, auch Massenpunkte<br />

genannt).<br />

• Zwischen den Teilchen wirken keine anziehenden oder abstoßenden Wechselwirkungskräfte.<br />

Nur bei Zusammenstößen gibt es eine Wechselwirkung<br />

zwischen den Teilchen. Der Wirkungsradius von Molekülkräften entspricht<br />

damit etwa der Molekülgröße.<br />

• Die Zusammenstöße der Teilchen untereinander und mit den Gefäßwänden<br />

sollen vollkommen elastisch erfolgen. Es gelten daher<br />

– der Satz von der Erhaltung des Impulses,<br />

– der Energieerhaltungssatz in der Formulierung der Mechanik.<br />

Eine erste Folgerung des Modells ist: Da keinerlei Wechselwirkungskräfte herrschen,<br />

ist nur die kinetische Energie der Teilchen zu berücksichtigen. Potentielle Energien<br />

der Wechselwirkung spielen keine Rolle. Eine weitere Folgerung ist damit: Der<br />

gesamte Energieinhalt ist gleich der Summe der kinetischen Energien aller Teilchen.<br />

2.2 Kinetische Ableitung des Gasdruckes p<br />

Der Druck p ist definiert als der Betrag einer (Normal-)Kraft F r n , die senkrecht auf<br />

eine Fläche A wirkt<br />

r<br />

Fn<br />

p =<br />

A<br />

Beim Auftreffen der Gasteilchen (Atome oder Moleküle) auf die Wände eines<br />

Gefäßes wird ein Impuls p r übertragen. [Vorsicht: Für den Druck p und den Betrag<br />

p des Impulses p r wird der gleiche Formelbuchstabe benutzt. Der Impuls p r wird<br />

aber immer als Vektor geschrieben, der Druck p als Skalar.] Die Kraft F r ist nach<br />

NEWTON darstellbar als die zeitliche Änderung des Impulses p r , also<br />

r<br />

r<br />

Δ p<br />

F =<br />

Δ t<br />

Damit ergibt sich für die Bestimmung des Druckes p folgende Beziehung<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 14 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


auf die Wandfläche übertragener Impuls<br />

p =<br />

Zeit ⋅ Wandfläche<br />

Für die Berechnung des Druckes sind die Größen der rechten Seite dieser Gleichung<br />

zu ermitteln. Die nachfolgende Übersicht gibt die Einzelschritte der Modellrechnung<br />

wieder.<br />

2.2.1 Vorgehensweise zur Herleitung des Druckes<br />

• Nomenklatur und Geometrie festlegen<br />

– Hohlwürfel der Kantenlänge a .<br />

• Satz von der Erhaltung des Impulses anwenden<br />

– nur Stöße zwischen Molekül und Wänden berücksichtigen,<br />

– Impulsübertragung eines Einzelmoleküls bei Einzelstoß berechnen,<br />

– nur eine Komponente – die x-Richtung – betrachten,<br />

– Anzahl der Kollisionen pro Zeiteinheit bestimmen,<br />

– den von einem Einzelmolekül in der Zeiteinheit übertragenen Impuls berechnen.<br />

• Statistische Überlegungen anstellen<br />

– über sämtliche Moleküle für die x-Komponente summieren.<br />

• Gesamtdruck berechnen<br />

– x-, y- und z-Komponenten berücksichtigen und mitteln,<br />

– ein mittleres Geschwindigkeitsquadrat definieren,<br />

– die Grundgleichung der kinetischen Theorie aufstellen.<br />

• Grundgleichung der kinetischen Theorie interpretieren<br />

– Folgerungen und Aussagen diskutieren.<br />

2.2.2 Geometrie und Nomenklatur (vgl. Abb. 2-01)<br />

Zur Geometrie macht man folgende vereinfachende Annahme: Der Gasbehälter, in<br />

den das Gas eingeschlossen ist, sei ein Hohlwürfel der Kantenlänge a . Die Kanten<br />

des Hohlwürfels seien entlang den Achsen eines kartesischen Koordinatensystems<br />

orientiert. Damit gilt für<br />

eine Kantenlänge a<br />

eine Würfelfläche<br />

2<br />

A = a<br />

3<br />

das Würfelvolumen V = a<br />

Weitere Vereinbarungen zur Nomenklatur für die Teilchen im Würfel<br />

Masse eines Teilchens (Moleküls)<br />

Anzahl der Teilchen im Würfel<br />

N<br />

Teilchenzahldichte (= Molekülzahldichte)<br />

~ N N<br />

n v = =<br />

V 3<br />

a<br />

In einem kartesischen Koordinatensystem kann der Geschwindigkeitsvektor eines<br />

Teilchens 'i' folgendermaßen dargestellt werden<br />

r r r r<br />

v = v i + v j v k .<br />

i xi yi +<br />

zi<br />

mM<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 15 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


a<br />

y<br />

Geometrische<br />

Anordnung<br />

v r<br />

A<br />

x<br />

a<br />

z<br />

a<br />

y<br />

Teilchenbahn<br />

− v xi<br />

Änderung der<br />

x-Geschwindigkeitskomponente<br />

eines Moleküls<br />

beim elastischen Stoß mit einer<br />

Wand.<br />

v xi<br />

− v xi<br />

+ v xi<br />

Δv = v xi − + v<br />

( xi<br />

)<br />

x<br />

Impulsänderung eines Moleküls (x-Komponente)<br />

beim elastischen Stoß auf die Wand<br />

+ p<br />

− p xi<br />

xi<br />

Δ p<br />

Abb. 2-01: Modellrechnung zur kinetischen Gastheorie.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 16 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


2.2.3 Anwendung des Satzes von der Erhaltung des Impulses (vgl. Abb. 2-01)<br />

Impulsübertragung auf die Begrenzung bei einem Einzelstoß eines Einzelteilchens<br />

Es brauchen nur Stöße zwischen Molekül und Wand berücksichtigt zu werden, da<br />

der Druck auf die Wand berechnet werden soll. Zunächst wird die Impulsübertragung<br />

durch ein einzelnes Teilchen – gekennzeichnet durch den Index 'i' – berechnet.<br />

Zunächst soll nur eine Geschwindigkeitskomponente betrachtet werden, nämlich die<br />

x-Komponente. Beim Aufprall des Moleküls auf eine zur x-Koordinatenrichtung<br />

senkrechte Fläche ändert sich bei dem vorausgesetzten elastischen Stoß das<br />

Vorzeichen der x-Komponente der Geschwindigkeit, die y- und die z-Komponente<br />

bleiben dabei ungeändert. Es ist also<br />

der Impuls p r r<br />

r<br />

xi vor dem Stoß pxi = + mMv<br />

xii<br />

r<br />

r<br />

der Impuls<br />

Die Impulsänderung<br />

r<br />

r<br />

Δ p = −2m<br />

v i<br />

M<br />

p r xi nach dem Stoß pxi<br />

= −mMv<br />

xii<br />

Δ p r eines Teilchens bei dem Stoß gegen die Wand wird damit<br />

xi<br />

Da für das Gesamtsystem, bestehend aus Würfel und eingeschlossenen<br />

Gasteilchen, der Impulserhaltungssatz gilt, wird bei einer Kollision mit der Wand<br />

bezüglich der x-Komponente dem Betrage nach der Impuls<br />

Δp r = + 2m<br />

v<br />

M<br />

xi<br />

auf die Wand übertragen.<br />

Kennt man die Anzahl der Kollisionen Z in der Zeiteinheit, so kann die<br />

Impulsübertragung auf die Wand, die von Stößen des 'i' -ten Moleküls herrührt,<br />

berechnet werden.<br />

2.2.4 Anzahl der Kollisionen Z eines Einzelmoleküls mit einer Wand<br />

Es sollen vereinfachend nur die Stöße des betrachteten Teilchens 'i' mit der Wand<br />

betrachtet werden. Zusammenstöße mit anderen Molekülen werden später<br />

betrachtet; das bedeutet, dass das betrachtete Teilchen 'i' nach Kollision mit der<br />

Begrenzungswand A1<br />

und Umkehr der x-Flugrichtung auf die Wand A2<br />

prallt, ohne<br />

dazwischen mit einem anderen Teilchen zusammengestoßen zu sein.<br />

Da die Teilchen keine Kräfte aufeinander ausüben, die Flugbewegung also kräftefrei<br />

und damit ohne Beschleunigung erfolgt, kann die Flugzeit t flug zwischen den beiden<br />

Begrenzungswänden und A sofort angegeben werden<br />

t =<br />

flug<br />

a<br />

v<br />

xi<br />

Damit wird das Zeitintervall<br />

t<br />

=<br />

⋅ t<br />

=<br />

koll 2 flug 2<br />

⋅<br />

A1<br />

2<br />

a<br />

v<br />

xi<br />

t zwischen zwei Kollisionen mit der Wand A1<br />

koll<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 17 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


t koll<br />

Das Zeitintervall zwischen zwei Kollisionen ist reziprok zur Anzahl der<br />

Kollisionen pro Zeiteinheit; also ist die Anzahl der Kollisionen des Teilchens 'i'<br />

einer Wand<br />

Z =<br />

t<br />

v<br />

=<br />

2a<br />

1 xi<br />

koll<br />

Damit wird schließlich der von einem einzelnen Teilchen in der Zeiteinheit auf die<br />

Begrenzung übertragene Impuls (bezüglich der x-Koordinatenrichtung)<br />

p<br />

&r<br />

xi<br />

r<br />

= Z Δp<br />

v xi m<br />

= 2 mM<br />

v xi =<br />

2a<br />

M<br />

v<br />

a<br />

2<br />

xi<br />

mit<br />

2.2.5 Statistische Betrachtungen – Summation über N Moleküle<br />

Um den Druck p zu finden, muss man für die Gesamtimpulsübertragung über alle in<br />

dem Gas enthaltenen Teilchen summieren – also über i = 1, 2, 3, ..., N – und durch<br />

2<br />

die zugehörige Wandfläche – also die Würfelfläche A = a – dividieren. Dann ergibt<br />

sich für den Druck p<br />

mM<br />

2 2 2<br />

2 mM<br />

p = ( v x1 + v x2 + v x3 + L + v xN ) = ⋅<br />

2<br />

3 ∑v<br />

a ⋅a<br />

a<br />

Dieser Ausdruck wird zunächst geschickt umgeformt. Mit der obigen Definition der<br />

Teilchenzahldichte<br />

~ N N<br />

n v = =<br />

V 3<br />

a<br />

darf man in der obigen Beziehung folgende Ersetzung durchführen<br />

1 n<br />

~<br />

v<br />

3 =<br />

a N<br />

Damit wird schließlich<br />

⎡ N<br />

1<br />

p = n<br />

~<br />

v mM<br />

⎢ ∑v<br />

⎢⎣<br />

N<br />

i=<br />

1<br />

2<br />

xi<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎥⎦<br />

Der Ausdruck in der Klammer berücksichtigt die Geschwindigkeitsverteilungsfunktion<br />

der im Gas enthaltenen Teilchen (Moleküle).<br />

Man definiert (zweckmäßig) als 'Mittelwert' ein<br />

2<br />

mittleres Geschwindigkeitsquadrat v x der im Gas enthaltenen Teilchen zu<br />

v<br />

2<br />

x<br />

1<br />

=<br />

N<br />

N<br />

∑<br />

i = 1<br />

v<br />

2<br />

xi<br />

Mit dieser Definition ergibt sich für den auf eine Würfelfläche ausgeübten Druck<br />

~ 2<br />

p = n m v<br />

v<br />

M<br />

x<br />

N<br />

i=<br />

1<br />

2<br />

xi<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 18 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


2.2.6 Berechnung des Gesamtdruckes<br />

Berücksichtigung der drei kartesischen Komponenten des Geschwindigkeitsvektors<br />

In der bisherigen Rechnung wurde nur die x-Komponente des<br />

Geschwindigkeitsvektors berücksichtigt. Es muss der Übergang vom mittleren<br />

Geschwindigkeitsquadrat der x-Komponente zum mittleren Geschwindigkeitsquadrat<br />

unter Berücksichtigung der drei Koordinatenrichtungen vollzogen werden. Den<br />

Übergang von<br />

2<br />

v x zu<br />

2<br />

v liefern die folgenden Überlegungen.<br />

Für den Betrag des Geschwindigkeitsquadrats gilt nach dem Satz des PYTHAGORAS<br />

2<br />

2<br />

x<br />

2<br />

y<br />

v = v + v + v<br />

2<br />

z<br />

Im Würfel befinden sich sehr viele Teilchen in ungeordneter statistischer Bewegung.<br />

Deshalb darf nicht eine Koordinatenrichtung vor der anderen ausgezeichnet sein.<br />

Dieses plausible Ergebnis liefern auch statistische Methoden. Für die Mittelwerte der<br />

Geschwindigkeitsquadrate muss also gelten<br />

2<br />

x<br />

2<br />

y<br />

v = v = v<br />

Damit wird<br />

2 1 v x = v<br />

3<br />

2<br />

2<br />

z<br />

Setzt man dies in die oben abgeleitete Beziehung für den Druck ein, so erhält man<br />

die Grundgleichung der kinetischen Theorie<br />

1<br />

p = n<br />

~<br />

3<br />

v<br />

m<br />

M<br />

v<br />

2<br />

Ohne Beweis sei angegeben, dass dieses Ergebnis auch dann gilt, wenn<br />

• Zusammenstöße zwischen den Molekülen vorkommen und<br />

• die Form des Gasbehälters beliebig ist.<br />

2.3 Folgerungen aus der Grundgleichung<br />

2.3.1 Mittlere Geschwindigkeit – Zusammenhang zwischen<br />

makroskopischen Messgrößen und mikroskopischen Größen<br />

Die Grundgleichung der kinetischen Theorie lautet<br />

1<br />

p = n<br />

~<br />

3<br />

v<br />

m<br />

M<br />

v<br />

2<br />

Mit der Definition der Teilchenzahldichte<br />

n<br />

~<br />

v =<br />

N<br />

V<br />

wird daraus<br />

N m<br />

n<br />

~<br />

v mM<br />

= mM<br />

= = ρ dabei ist ρ die Dichte für einen homogenen Körper<br />

V V<br />

Setzt man dies in die Grundgleichung ein, so erhält man<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 19 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


1 p = ρ v 3<br />

2<br />

Um eine Geschwindigkeit in den üblichen Einheiten von s anzugeben, definiert<br />

man eine mittlere Geschwindigkeit der Gasteilchen als Wurzel aus dem mittleren<br />

Geschwindigkeitsquadrat<br />

v =<br />

m<br />

v<br />

2<br />

2<br />

v zu<br />

v m<br />

Anmerkung: Die mittlere Geschwindigkeit<br />

1<br />

m −<br />

ist verschieden von der<br />

durchschnittlichen Geschwindigkeit v (vgl. die Anmerkungen zur MAXWELLschen<br />

Geschwindigkeitsverteilung).<br />

Die mittlere Geschwindigkeit<br />

Dichte ρ ausdrücken:<br />

v<br />

m<br />

=<br />

3 p<br />

ρ<br />

vm<br />

v m<br />

lässt sich damit als Funktion von Druck<br />

p und<br />

Die Messung der makroskopischen Größen Druck p und Dichte ρ erlaubt also eine<br />

Aussage über mikroskopische Eigenschaften der Gase – hier der mittleren<br />

Geschwindigkeit der Moleküle eines Gases.<br />

Beispiel<br />

v m<br />

Für die mittlere Geschwindigkeit vm<br />

bei Normbedingungen (<br />

ϑ n = 0 o C ) ergibt sich<br />

−1<br />

Helium: v (He) = 1306 m s ,<br />

m<br />

−1<br />

Stickstoff: v (N ) = 493 m s ,<br />

m<br />

Sauerstoff: v (O ) = 460 m s .<br />

m<br />

2<br />

2<br />

−1<br />

p n = 1 013 hPa und<br />

2.3.2 Zustandsgleichung eines idealen Gases<br />

Die Modellrechnung für ein ideales Gas liefert als Grundgleichung der kinetischen<br />

Theorie<br />

1<br />

p = n<br />

~<br />

3<br />

v<br />

m<br />

M<br />

v<br />

2<br />

Setzt man die Definition der Molekülzahldichte<br />

n<br />

~<br />

v =<br />

N<br />

V<br />

ein, so erhält man<br />

1 N<br />

p = m<br />

3 V<br />

M<br />

v<br />

2<br />

Umformung und Umschreibung dieser Beziehung liefert:<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 20 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


1 2<br />

pV = N mM<br />

v<br />

3<br />

2 ⎡1<br />

2 ⎤<br />

pV = N ⎢ mM<br />

v<br />

3<br />

⎥<br />

⎣2<br />

⎦<br />

Auf der rechten Seite dieser Gleichung steht in der Klammer ein Ausdruck, der sich<br />

als mittlere kinetische Energie ε kin eines Moleküls der Masse m M darstellen lässt.<br />

1 2<br />

ε kin = mM<br />

v<br />

2<br />

Damit bekommt die Grundgleichung die Form<br />

2 p V = N ε kin<br />

3<br />

Diese Gleichung beschreibt den Zustand von N Teilchen in einem Behälter. Diese<br />

Zustandsgleichung verknüpft Druck p und Volumen V mit dem Energieinhalt der<br />

betrachteten Gasmenge. Druck p und Volumen V sind makroskopische Größen; die<br />

mittlere Gesamtenergie ε kin wird durch die mikroskopischen Größen m M und<br />

ausgedrückt.<br />

Als Mittelwert muss die mittlere Gesamtenergie ε kin eine makroskopische Größe<br />

sein. Um eine Zustandsgleichung zu finden, die nur noch direkt messbare<br />

makroskopische Größen enthält, muss an dieser Stelle die Verknüpfung mit einem<br />

experimentellen Ergebnis erfolgen.<br />

Für ein ideales Gas findet man experimentell, dass für ein abgeschlossenes System<br />

bei vorgegebenem konstantem Druck das Volumen<br />

• proportional ist zur absoluten Temperatur T ; einer neu eingeführten Größe,<br />

• proportional ist zur Teilchenanzahl N .<br />

Also gilt<br />

pV ~ NT<br />

Man führt eine Proportionalitätskonstante k ein, die nach BOLTZMANN benannt ist. Ihr<br />

Zahlenwert kann für ein ideales Gas aus zusammengehörigen Werten für Druck,<br />

Temperatur und Volumen bestimmt werden.<br />

Ihre experimentelle Bestimmung liefert<br />

−1<br />

k = 1,380 6505 JK CODATA Wert<br />

Angegeben wird bei CODATA die<br />

Standard-Unsicherheit<br />

( k)<br />

= 0,000 0024 JK<br />

Dies entspricht der Standardabweichung der Statistik, d. h., mit 68 % Wahrscheinlichkeit<br />

liegt der wahre – und nie genau bekannte – Wert der physikalischen<br />

Konstanten (hier der atomaren Masseneinheit) in den Grenzen<br />

k = (1,380 6505 ± 0,000 0024) JK<br />

oder in anderer Schreibweise<br />

−1<br />

−1<br />

k = (1,380 6481) JK ≤ k ≤ 1,380 6529 JK<br />

−1<br />

−1<br />

2<br />

v<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 21 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


Vereinbart ist die prägnante Darstellungsform mit<br />

k = 1,380 6505(24) JK<br />

−1<br />

Die relative Unsicherheit für den Wert der AVOGADRO-Konstante ergibt sich zu<br />

1,8 ⋅10<br />

−7<br />

.<br />

Für alle Berechnungen in Übungsaufgaben benutzt man vereinfachend nur drei<br />

signifikante Stellen und rechnet mit<br />

k = 1,38 JK<br />

−1<br />

Damit lautet die thermische Zustandsgleichung für ein ideales Gas<br />

p V =<br />

k NT<br />

Vergleich dieser Gleichung mit dem Ergebnis der kinetischen Theorie liefert für die<br />

mittlere kinetische Energie ε kin sofort den Zusammenhang<br />

2<br />

ε kin = k T<br />

3<br />

oder nach Umformen<br />

3<br />

ε kin = kT<br />

2<br />

Die Definition der Mechanik war<br />

1 2<br />

ε kin = mM<br />

v<br />

2<br />

Die mittlere kinetische Energie eines Teilchens, eine mikroskopische Größe, ist direkt<br />

proportional zur absoluten Temperatur T , einer makroskopischen Größe.<br />

[Anmerkung: Später wird gezeigt, dass diese Beziehung nur für die<br />

Translationsbewegung der Teilchen (Atome oder Moleküle) gilt.] Die angegebene<br />

Beziehung führt letztlich zu einer linearen Temperaturskala, deren Nullpunkt durch<br />

einen Zustand festgelegt ist, in dem die Teilchen keine kinetische Energie haben.<br />

2.3.3 Gastemperatur T<br />

Im Abschnitt 2.3.2 wurde der Nullpunkt einer linearen Temperaturskala festgelegt<br />

und interpretiert. Die angesetzte lineare Beziehung erfordert einen zweiten Fixpunkt,<br />

denn mathematisch wird eine Gerade, d. h. eine lineare Beziehung, durch zwei<br />

Punkte festgelegt. Dieser Fixpunkt wird aus historischen Gründen auf einen Zustand<br />

bezogen, in dem sich von der chemischen Substanz H 2 O die feste Phase (Eis), die<br />

flüssige Phase (Wasser) und die gasförmige Phase (Wasserdampf) im Gleichgewicht<br />

befinden. Dieser Zustand wird als Tripelpunkt bezeichnet. Der Tripelpunkt lässt sich<br />

experimentell sehr gut reproduzieren.<br />

Historisch bedingt wird dem Tripelpunkt von H 2 O die absolute Temperatur<br />

T tr = 273,16 K<br />

zugeordnet. (Dazu gehört eindeutig der Druck p tr = 6,1 hPa .) Damit ist eine<br />

Temperaturskala im SI-System eindeutig definiert.<br />

Basisgröße absolute Temperatur T<br />

Basiseinheit 'KELVIN' mit dem Einheitenzeichen ' K'<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 22 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


Für die Festlegung der Basiseinheit gilt, dass man die Temperatur eines Körpers als<br />

Temperaturdifferenz Δ T gegen den absoluten Nullpunkt in K angibt. Die<br />

Temperaturdifferenz ΔT = 1K<br />

liegt vor, wenn der Druck eines konstant gehaltenen<br />

1<br />

Volumens eines idealen Gases um seines Druckes, gemessen am<br />

273,16<br />

Tripelpunkt der Substanz H 2 O , zu- oder abnimmt. Man benutzt dazu<br />

zweckmäßigerweise chemisch reines Helium. Das so definierte Messgerät heißt<br />

Gasthermometer.<br />

Die oben definierte Gastemperaturskala ist eine vorläufige Skala. Wie später gezeigt<br />

wird (vgl. Abschnitt 6.5), kann allein über die Messung übertragener Wärmen die<br />

absolute oder thermodynamische Temperaturskala definiert werden. Diese ist<br />

unabhängig von Stoffeigenschaften einer Substanz.<br />

Es lässt sich zeigen, dass in dem Temperaturbereich, in dem die Gastemperatur<br />

definiert ist, diese mit der Temperatur der absoluten KELVIN-Skala übereinstimmt.<br />

Eine Messvorschrift für die absolute Temperatur ergibt sich direkt aus dem<br />

experimentellen Ergebnis (vgl. Abschnitt 2.3.2) bzw. aus<br />

pV = k NT<br />

Unter der Bedingung, dass Teilchenzahl N und Volumen V konstant gehalten<br />

werden (dies erfordert einen dichten, nicht dehnbaren Behälter!), ist die Temperatur<br />

direkt proportional zum Druck der Gasmenge<br />

p ~ T<br />

Das ideale Gasthermometer ist die Verwirklichung dieses Prinzips zur Messung der<br />

Temperatur (vgl. Abb. 2-02).<br />

Grundsätzlich ist jedoch jede von der Temperatur abhängige physikalische<br />

Stoffeigenschaft zur Temperaturbestimmung geeignet.<br />

Beispiele<br />

• Druck p einer Gasmenge ideales Gasthermometer (vgl. Abb. 2-02)<br />

• thermische Ausdehnung Ausdehnungsthermometer<br />

(z. B. Hg-Thermometer und<br />

Bimetall-Thermometer) (vgl. Abb. 2-02)<br />

• elektrischer Widerstand Widerstandsthermometer (vgl. Abb. 2-02)<br />

• Wärmestrahlung Pyrometer<br />

• Thermospannung Thermoelemente<br />

• Farbe Thermopapiere bzw. -stifte<br />

Für das tägliche Leben wird weiterhin die Temperaturskala nach CELSIUS benutzt.<br />

Sie ist mit der KELVIN-Skala folgendermaßen verknüpft<br />

⎛T<br />

⎞ o<br />

ϑ = ⎜ − 273,15⎟<br />

C<br />

⎝ K ⎠<br />

Die CELSIUS-Skala ist gegen die KELVIN-Skala linear verschoben. Der Nullpunkt der<br />

CELSIUS-Skala ist festgelegt als der Schmelzpunkt der Substanz H 2 O für den<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 23 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


Phasenübergang fest – flüssig bei Normdruck; der Nullpunkt der CELSIUS-Skala liegt<br />

bei T = 273,15 K .<br />

Für die praktische Temperaturmessung gibt es für die verschiedenen<br />

Temperaturbereiche international vereinbarte Messvorschriften für so genannte<br />

sekundäre Fixpunkte, die zur Eichung von industriellen und wissenschaftlichen<br />

Geräten herangezogen werden (vgl. Abb. 2-03).<br />

p<br />

Quecksilbermanometer<br />

Kapillarrohr<br />

Nulleinstellung ( V = const. )<br />

durch Heben / Senken des<br />

Quecksilberreservoirs<br />

Medium, dessen<br />

Temperatur<br />

gemessen wird<br />

T<br />

T<br />

Messvolumen<br />

(a) Gasthermometer – Prinzipskizze.<br />

Einstellschraube<br />

Temperaturskala<br />

~230 V<br />

Wärmestrom<br />

Heizwiderstand<br />

Bimetallstreifen<br />

Anwendungsbeispiel:<br />

Bügeleisen, schematisch<br />

(b) Zweipunktregelung mit Bimetallthermometer (Prinzipskizze).<br />

Abb. 2-02: Temperatur – Temperaturmessung – thermische Effekte.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 24 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


10 000<br />

Ω<br />

6 000<br />

4 000<br />

2 000<br />

1 000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

Widerstand<br />

200<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

10<br />

0,1 0,2 0,4 0,6 0,8 1 2 4 6 K 10<br />

Temperatur<br />

(c) Widerstandsthermometer (Kohlewiderstand im He-Temperaturbereich).<br />

Abb. 2-02: Temperatur – Temperaturmessung – thermische Effekte.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 25 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


ϑ 90<br />

o<br />

C<br />

T 90<br />

K<br />

10000 10000<br />

5000 5000<br />

3418<br />

4000<br />

3000<br />

3691 Wolfram, Schmelzpunkt<br />

2000<br />

1768 2041,4 Platin, Erstarrungspunkt<br />

1064,18<br />

961,78<br />

1000<br />

1000<br />

1337,33 Gold, Erstarrungspunkt<br />

1234,93 Silber, Erstarrungspunkt<br />

444,614<br />

356,58<br />

500<br />

500<br />

717,764 Schwefel, Siedepunkt<br />

629,769 Quecksilber, Siedepunkt<br />

99,974 100<br />

373,124 Wasser, Siedepunkt<br />

0,01<br />

273,16 Wasser, Tripelpunkt<br />

0,00 0<br />

273,15 Wasser, Erstarrungspunkt<br />

-38,829<br />

-100<br />

234,321 Quecksilber, Erstarrungspunkt<br />

-182,954 100<br />

90,196 Sauerstoff, Siedepunkt<br />

-200<br />

50<br />

-250<br />

-260<br />

10<br />

5<br />

4,2221 Helium, Siedepunkt<br />

-270<br />

1<br />

Abb. 2-03: Einige thermometrische<br />

Fixpunkte der Internationalen<br />

Temperaturskala (ITS-90). Sämtliche<br />

Temperaturangaben gelten für<br />

Normdruck p n = 101,325 kPa ).<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 26 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


2.3.4 Molare Gaskonstante R m und Innere Energie U<br />

eines idealen Gases<br />

Im Modell der kinetischen Theorie gibt es keinerlei Wechselwirkung zwischen den<br />

Molekülen (außer bei einem Zusammenstoß). Man deutet die Summe der<br />

kinetischen Energien der Einzelmoleküle des Gases als seine Innere Energie U .<br />

Also gilt<br />

N<br />

U = ∑ε<br />

i=<br />

1<br />

i, kin = N εkin<br />

Mit der Darstellung der mittleren kinetischen Energie (der Translation) als<br />

ε 3<br />

kin = k T<br />

2<br />

und Summation über N Teilchen erhält man<br />

3<br />

U = N<br />

2<br />

k T<br />

Durch Umformen mit der Definition der Teilchenmenge<br />

U =<br />

N<br />

N<br />

3<br />

k N<br />

2<br />

3<br />

T = n k N<br />

A<br />

A 2<br />

Das Produkt der beiden Konstanten<br />

Gaskonstante<br />

R<br />

m<br />

= k N<br />

A<br />

= 8,314 J mol<br />

−1<br />

A<br />

K<br />

T<br />

−1<br />

( kNA )<br />

Mit dieser neuen Konstanten gilt für die Innere Energie<br />

3<br />

U = n R<br />

2<br />

m<br />

T<br />

N<br />

n = wird<br />

N A<br />

lässt sich zusammenfassen zur molaren<br />

Die Innere Energie einer idealen eingeschlossenen Gasmenge ist demnach allein<br />

eine Funktion der Temperatur.<br />

2.3.5 Makroskopische Beschreibung eines idealen Gases<br />

Mit der molaren Gaskonstante<br />

p V =<br />

N kT<br />

die Gleichung<br />

pV<br />

= n R<br />

m<br />

T<br />

R = k N erhält man aus<br />

Dies ist die allgemeine Zustandgleichung eines idealen Gases.<br />

m<br />

A<br />

Diese Form der Zustandgleichung ist teilchenmengenbezogen. Sie enthält mit<br />

eine universelle Konstante, die für ein ideales Gas den gleichen Wert hat. Für ein<br />

ideales Gas sind Druck, Volumen, Teilchenmenge und Temperatur linear<br />

miteinander verknüpft.<br />

Wird diese Gleichung mit<br />

m<br />

n = umgeformt, ergibt sich<br />

M<br />

R m<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 27 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


pV<br />

=<br />

m<br />

M<br />

Der Quotient<br />

R<br />

i =<br />

R<br />

M<br />

m<br />

Rm T =<br />

Rm<br />

m T<br />

M<br />

kennzeichnet ein individuelles Gas; er heißt deshalb spezielle oder individuelle<br />

Gaskonstante. Damit wird die Zustandsgleichung<br />

pV<br />

= mR T<br />

i<br />

Diese Form der Zustandsgleichung ist auf die Masse einer Substanz bezogen. Auch<br />

mit dieser Form der Zustandgleichung ist das Verhalten eines idealen Gases<br />

gänzlich mit makroskopischen Größen erfassbar.<br />

Führt man das spezifische Volumen<br />

V<br />

v = ein,<br />

m<br />

dann erhält man eine weitere Formulierung der Zustandsgleichung mit<br />

pv<br />

= R T<br />

i<br />

Diese Formulierung wird allerdings nur in der technischen Thermodynamik benutzt.<br />

2.4 MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung<br />

2.4.1 Verteilungsfunktion nach MAXWELL<br />

Bei der Berechnung des Drucks eines Gases nach der kinetischen Theorie wurden<br />

die verschiedenen Geschwindigkeiten der Teilchen/Moleküle durch ein mittleres<br />

Geschwindigkeitsquadrat berücksichtigt; eine mittlere Geschwindigkeit als Wurzel<br />

aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat definiert.<br />

Die Anzahl der Teilchen dN , deren Geschwindigkeiten (Betrag) im<br />

Geschwindigkeitsintervall zwischen v und ( v + dv<br />

) liegt, ist gegeben durch<br />

dN<br />

= N<br />

dabei ist<br />

0<br />

N 0<br />

⎛<br />

4π<br />

⎜<br />

⎝ 2π<br />

M<br />

R<br />

m<br />

⎞<br />

T<br />

⎟<br />

⎠<br />

3 / 2<br />

v<br />

2<br />

e<br />

M<br />

− v<br />

2R<br />

T<br />

m<br />

2<br />

dv<br />

die Gesamtanzahl der Moleküle und<br />

⎛ M ⎞<br />

P(<br />

v)<br />

= 4π<br />

⎜<br />

2 RmT<br />

⎟<br />

⎝ π ⎠<br />

3 / 2<br />

v<br />

2<br />

e<br />

−<br />

2<br />

M<br />

R<br />

m<br />

v<br />

T<br />

2<br />

die nach MAXWELL benannte Verteilungsfunktion (in molarer Schreibweise). Diese<br />

Verteilungsfunktion wurde von JAMES CLERK MAXWELL bereits 1859 angegeben.<br />

In der MAXWELLschen Verteilungsfunktion sind<br />

v<br />

T<br />

Geschwindigkeitsbeträge<br />

Temperatur<br />

M Molare Masse<br />

R m Molare Gaskonstante<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 28 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


Mit den Beziehungen<br />

M = N A m M und R m = k NA<br />

dabei ist<br />

m M die Masse eines Moleküls des betrachteten Gases<br />

k<br />

die BOLTZMANN-Konstante<br />

kann dies umgeschrieben werden auf eine (atomistische) Darstellung<br />

⎛ mM<br />

⎞<br />

P(<br />

v)<br />

= 4π⎜<br />

⎟<br />

⎝ 2πkT<br />

⎠<br />

3 / 2<br />

v<br />

2<br />

e<br />

mM<br />

− v<br />

2kT<br />

2<br />

Für ein individuelles Gas (beschrieben durch die die Masse eines einzelnen Moleküls<br />

m M oder durch die molare Masse M ) enthält die Verteilungsfunktion als Parameter<br />

die absolute thermodynamische Temperatur T . Den qualitativen Verlauf der<br />

Verteilungsfunktionen für zwei vorgegebene (konstante) Temperaturen zeigt<br />

Abb 2-04 (a).<br />

P (v)<br />

T 1<br />

T 2 > T 1<br />

Abb. 2-04: (a) MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung.<br />

Geschwindigkeit<br />

Für kleine Geschwindigkeiten ( v → 0 ) ergibt sich<br />

2<br />

m<br />

−<br />

P( v → 0) ~ v (weil e 2kT<br />

≈ 1)<br />

M<br />

v<br />

2<br />

Für große Geschwindigkeiten v → ∞ überwiegt die abklingende Exponentialfunktion<br />

2<br />

gegen das Anwachsen mit v und die Verteilungsfunktion geht asymptotisch gegen<br />

null.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 29 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


2<br />

Eine Funktion, die bei null beginnt, mit v anwächst und schließlich asymptotisch<br />

gegen null geht, hat notwendigerweise ein Maximum. Dieses Maximum entspricht<br />

der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit bei einer vorgegebenen Temperatur.<br />

Mit steigender Temperatur verschiebt sich das Maximum der Funktion zu höheren<br />

Geschwindigkeiten, die Verteilungsfunktion wird breiter.<br />

2.4.2 Definition spezieller Geschwindigkeiten<br />

Man definiert für die Geschwindigkeitsverteilung der Moleküle drei spezielle<br />

Geschwindigkeiten:<br />

• wahrscheinlichste Geschwindigkeit v w ,<br />

• durchschnittliche Geschwindigkeit v d ,<br />

• mittlere Geschwindigkeit v m .<br />

Diese sind in Abb. 2-04 (b) dargestellt.<br />

P(v)<br />

v w<br />

v d<br />

v m<br />

Geschwindigkeit<br />

Abb. 2-04: (b) MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung. Spezielle<br />

Geschwindigkeiten.<br />

Für die notwendigen Integrationen entnimmt man aus Integraltafeln für die<br />

uneigentlichen Integrale im Intervall 0 ... ∞<br />

∞<br />

∫ x<br />

0<br />

2<br />

e<br />

2<br />

−a<br />

x<br />

1<br />

dx = ⋅<br />

2<br />

a<br />

π<br />

2<br />

∞<br />

∫ x<br />

0<br />

3<br />

e<br />

−a x<br />

2<br />

1<br />

dx =<br />

2 ⋅ x<br />

2<br />

∫ x<br />

0<br />

4<br />

e<br />

2<br />

−a<br />

x<br />

Die Durchführung der Integration wird als Übungsaufgabe empfohlen.<br />

∞<br />

dx =<br />

3<br />

8<br />

⋅<br />

a<br />

π<br />

5<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 30 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


Wahrscheinlichste Geschwindigkeit<br />

Der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit entspricht dem Maximum der<br />

MAXWELLschen Geschwindigkeitsverteilungsfunktion. Sie ergibt sich aus der<br />

Bedingung<br />

zu<br />

dP(<br />

v)<br />

d<br />

⎡<br />

⎢<br />

⎛ mM<br />

⎞<br />

= 4π⎜<br />

⎟<br />

dv<br />

dv<br />

⎢ ⎝ 2πkT<br />

⎠<br />

⎣<br />

v<br />

w = 2<br />

RmT<br />

M<br />

3 / 2<br />

v<br />

2<br />

e<br />

mM<br />

− v<br />

2kT<br />

2<br />

v w<br />

⎤<br />

⎥ = 0<br />

⎥<br />

⎦<br />

Durchschnittliche Geschwindigkeit<br />

v d<br />

Die durchschnittliche Geschwindigkeit ist der arithmetische Mittelwert der<br />

Geschwindigkeitsbeträge aller Teilchen. Bestimmt werden muss also das Integral<br />

∞<br />

∫<br />

0<br />

⎛<br />

v ⋅ P(<br />

v ) dv<br />

= 4π<br />

⎜<br />

⎝ 2π<br />

Man erhält<br />

v<br />

d<br />

=<br />

8<br />

π<br />

RmT<br />

M<br />

M<br />

R<br />

m<br />

⎞<br />

⎟<br />

T ⎠<br />

3 / 2<br />

⋅<br />

∞<br />

∫<br />

0<br />

v<br />

3<br />

e<br />

−<br />

2<br />

M<br />

R<br />

2<br />

v<br />

mT<br />

Ausgedrückt in der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit erhält man<br />

8 v 4<br />

v =<br />

π 2 π<br />

w<br />

d = = v w 1, 128<br />

v<br />

w<br />

dv<br />

Mittlere Geschwindigkeit<br />

v m<br />

Die mittlere Geschwindigkeit ist die Wurzel aus dem Mittelwert der<br />

Geschwindigkeitsquadrate aller Teilchen. Dies hat als Konsequenz, dass größere<br />

Geschwindigkeiten stärker gewichtet werden als bei der durchschnittlichen<br />

Geschwindigkeit.<br />

__<br />

2<br />

Das mittlere Geschwindigkeitsquadrat v bestimmt sich aus dem Integral<br />

∞<br />

∫<br />

0<br />

v<br />

2<br />

⎛<br />

⋅ P(<br />

v)<br />

dv<br />

= 4π<br />

⎜<br />

⎝ 2π<br />

M<br />

R<br />

m<br />

⎞<br />

⎟<br />

T ⎠<br />

3 / 2<br />

Der Wert des Integrals ergibt sich zu<br />

__<br />

2 3<br />

v<br />

=<br />

RmT<br />

M<br />

⋅<br />

∞<br />

∫<br />

0<br />

v<br />

4<br />

e<br />

−<br />

2<br />

M<br />

R<br />

2<br />

v<br />

mT<br />

dv<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 31 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


Daraus erhält man die mittlere Geschwindigkeit<br />

v<br />

m = 3<br />

RmT<br />

M<br />

Ausdrückt in der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit ergibt sich<br />

v w 3<br />

v m = 3 = v w = 1, 225 v<br />

2 2<br />

w<br />

Das Ergebnis der Integration über alle vorkommenden Geschwindigkeiten für das<br />

mittlere Geschwindigkeitsquadrat liefert für die mittlere kinetische Energie eines<br />

Einzelmoleküls<br />

1 2 1 3Rm<br />

T 1 3NA<br />

kT<br />

ε kin = mM<br />

vm<br />

= mM<br />

= mM<br />

=<br />

2 2 M 2 N m<br />

A<br />

M<br />

3<br />

kT<br />

2<br />

in Übereinstimmung mit der Definition aus der kinetischen Theorie eines idealen<br />

Gases. In der kinetischen Energie wird nur die Translation der Gasteilchen<br />

betrachtet.<br />

Vergleich der drei definierten Geschwindigkeiten<br />

Es ist leicht zu sehen, dass immer gilt<br />

v < v < v .<br />

w<br />

d<br />

m<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 2<br />

- 32 -<br />

’Kinetische Gastheorie’


3 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong><br />

3.1 Begriffe und Definitionen<br />

3.1.1 Systembegriff<br />

Unter dem Begriff System versteht man in der Thermodynamik einen räumlichen Bereich,<br />

der von seiner Umgebung durch – gedachte oder materielle – Grenzflächen<br />

getrennt ist.<br />

Die Übertragungen von Materie und Energie über die Systemgrenzen beeinflussen<br />

den Systemzustand. Daher sind drei Systemarten zu unterscheiden; dadurch ist eine<br />

Klassifizierung möglich (vgl. Abb. 3-01).<br />

Kein<br />

Energieaustausch<br />

Kein<br />

Materieaustausch<br />

Beispiele<br />

Abgeschlossenes<br />

System<br />

Systemgrenze<br />

Geschlossene Tanks im isolierenden<br />

Erdreich;<br />

geschlossene Thermosgefäße<br />

aller Art.<br />

Energieaustausch<br />

Kein<br />

Materieaustausch<br />

Geschlossenes<br />

System<br />

Systemgrenze<br />

Geschlossene Heiz- und<br />

Kühlkreisläufe;<br />

Zylinder von Verbrennungsmotoren<br />

im Zündzeitpunkt.<br />

Energieaustausch<br />

Materieaustausch<br />

Offenes<br />

System<br />

Systemgrenze<br />

Rohrleitungen,<br />

(evtl. beheizt oder gekühlt);<br />

Wärmetauscher;<br />

Durchlauferhitzer.<br />

Abb. 3-01: Systemarten – Übersicht und Definitionen.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 33 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


• Abgeschlossene Systeme<br />

Die Grenzflächen sind für Materie und für Energieübertragung vollkommen<br />

undurchlässig.<br />

• Geschlossene Systeme<br />

Die Grenzflächen sind für Materie undurchlässig.<br />

Energie kann über die Grenzflächen ausgetauscht werden.<br />

• Offene Systeme<br />

Die Grenzflächen sind sowohl für Materie als auch für Energieaustausch<br />

durchlässig.<br />

Im Folgenden werden nur geschlossene oder abgeschlossene Systeme behandelt.<br />

In diesen Systemen bleibt die Teilchenzahl eingeschlossener Gase konstant.<br />

3.1.2 Zustand und Zustandsgrößen<br />

Der Zustand eines Systems, also einer Teilchenmenge n eines idealen Gases, wird<br />

durch eine Anzahl messbarer physikalischer Größen gekennzeichnet und beschrieben.<br />

Diese Größen heißen Zustandsgrößen.<br />

Man nennt – historisch bedingt – direkt messbare Zustandsgrößen thermische Zustandsgrößen.<br />

Diese sind<br />

• Druck p<br />

• Volumen V<br />

• (absolute)Temperatur T<br />

Aus den direkt messbaren Zustandsgrößen lassen sich durch Definitionen und Rechenvorschriften<br />

weitere Zustandsgrößen bestimmen. Diese – nicht direkt messbaren<br />

Zustandsgrößen – hängen i. Allg. von zwei thermischen Zustandsgrößen ab. Aus<br />

historischen Gründen nennt man sie kalorische Zustandsgrößen.<br />

Dazu gehören u. a.<br />

• Innere Energie U<br />

• Enthalpie H<br />

• Entropie S<br />

Der Begriff Zustand wird abkürzend für den präziseren Ausdruck Gleichgewichtszustand<br />

oder thermodynamischer Gleichgewichtszustand oder auch thermodynamisches<br />

Gleichgewicht benutzt. Zustandsgrößen für ein System anzugeben ist erst<br />

dann sinnvoll, wenn im System ein Ausgleich erfolgt ist und keine zeitliche Änderung<br />

mehr feststellbar ist. Das heißt, dass die Zustandsgrößen eines Systems im Gleichgewichtszustand<br />

sich auch dann nicht ändern, wenn das System von den Einwirkungen<br />

seiner Umgebung isoliert wird. Dies werde durch ein Beispiel illustriert:<br />

Bringt man einen heißen und einen kalten Kupferklotz in thermischen Kontakt und<br />

sorgt durch entsprechende Isolation nach außen dafür, dass zu dem betrachteten<br />

System nur die beiden Klötze gehören, eine Wechselwirkung mit der Umwelt also<br />

experimentell ausgeschlossen ist, so beobachtet man nach hinreichend langer Wartezeit,<br />

dass die Zustände heiß und kalt sich ausgeglichen haben und der Gesamtkörper<br />

einen einheitlichen Zustand vorstellt, der hier durch eine einheitliche Temperatur<br />

T des Gesamtkörpers beschrieben wird, die sich zeitlich nicht ändert. Dies bleibt<br />

auch erhalten, wenn die Körper danach wieder räumlich getrennt werden.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 34 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Dazu gehört die Aussage: "Ein sich im thermischen Gleichgewicht befindendes System<br />

ändert seinen Zustand ohne Einwirkung aus der Umgebung nicht."<br />

Zur Beschreibung von Gleichgewichtszuständen, ihren Änderungen sowie ihrer mathematischen<br />

und grafischen Veranschaulichung werden im Folgenden einige wichtige<br />

Begriffe und ihre Zusammenhänge erläutert<br />

3.1.2.1 Gleichgewicht, Zustandsgrößen und Zustandsfunktionen<br />

Für einen (Anfangs)-Gleichgewichtszustand ' A'<br />

(hat jede Zustandsgröße einen eindeutigen<br />

Wert (z. B. T A , VA<br />

, pA<br />

). Deshalb kann man sie als Funktionen des Zustandes<br />

auffassen. Die Begriffe Zustandsgröße und Zustandsfunktion sind gleichberechtigt.<br />

Eine physikalische Größe ist dann eine Zustandsfunktion, wenn die Differenz<br />

ihrer Werte in zwei Gleichgewichtszuständen ' A'<br />

und ' E'<br />

(für Ende) nur von den<br />

beiden Zuständen ' A'<br />

und ' E'<br />

abhängt, aber nicht davon, wie das betrachtete System<br />

vom Zustand ' A'<br />

in den Zustand ' E'<br />

gekommen ist. Diese Unabhängigkeit vom<br />

Vorgang wird mit dem mathematischen Kriterium totales Differential ausgedrückt<br />

und in der Differentialschreibweise mit ' d'<br />

gekennzeichnet.<br />

Als Beispiel aus der Mechanik seien das Gravitationspotential als Zustandsgröße des<br />

Gravitationsfeldes oder die potentielle Energie einer idealen Feder als Zustandsgröße<br />

in Abhängigkeit von der Auslenkung angeführt.<br />

3.1.2.2 Zustandsänderungen – thermodynamische Prozesse<br />

Den Übergang von einem Gleichgewichtszustand ' A'<br />

in einen Gleichgewichtszustand<br />

' E'<br />

bezeichnet man als Zustandsänderung oder als thermodynamischen Prozess.<br />

Dazu ist notwendig, dass auf das System eine Einwirkung von außen erfolgt,<br />

also das System und die Umwelt miteinander in Wechselwirkung treten. Zwischen<br />

geschlossenen Systemen können Wärme und Arbeit übertragen werden, beide Größen<br />

sind dann wegabhängige Prozessgrößen, abhängig von der Führung des Prozesses.<br />

3.1.2.3 Zustandsgleichungen<br />

Für jeden thermischen Gleichgewichtszustand sind die Zustandsgrößen miteinander<br />

verknüpft. Diese Verknüpfungsgleichungen heißen Zustandsgleichungen. Ein Beispiel<br />

ist die Zustandsgleichung eines idealen Gases, die aus Modellvorstellungen<br />

abgeleitet ist (vgl. Kapitel 2). Im Allgemeinen aber sind dies experimentell gefundene<br />

(empirische) Zusammenhänge, die nur in Grenzen gültig sind. Ein Beispiel dafür ist<br />

die Zustandsgleichung für reale Gase nach VAN DER WAALS (vgl. Kapitel 7).<br />

Nur für das kinetische Modell des idealen Gases (vgl. Abschnitt 2.1) ist die thermische<br />

Zustandsgleichung vollständig herleitbar. Damit ist der Zusammenhang der Zustandsgrößen<br />

für einen Grenzfall qualitativ und quantitativ erfasst. In den meisten<br />

realen Fällen ist damit aber bereits eine hinreichend genaue Beschreibung möglich.<br />

3.1.2.4 Zustandsdiagramme (vgl. Abb. 3-02)<br />

Zur grafischen Veranschaulichung von Zustandsänderungen benutzt man Zustandsdiagramme.<br />

Diese übertragen mathematische Funktionszusammenhänge in eine<br />

grafische Darstellung. Als Koordinatenachsen werden Zustandsgrößen aufgetragen.<br />

Diese Darstellungen sind im Allgemeinen zweidimensional; manche Darstellungen<br />

nutzen die Möglichkeiten der Parallelperspektive aus. Verknüpft eine Zustandsglei-<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 35 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


chung drei Zustandsgrößen wie Druck p , Temperatur T und Volumen V , so wird<br />

durch zwei Zustandsgrößen die dritte eindeutig festgelegt. Sie ist dann unter Anwendung<br />

der Zustandsgleichung errechenbar. Für den vorliegenden Abschnitt sind folgende<br />

Zustandsdiagramme besonders wichtig<br />

• das p,V -Diagramm zur Beschreibung von Zustandsänderungen eines idealen<br />

Gases (vgl. Abb. 3-02),<br />

• das p,T -Diagramm zur Beschreibung der Phasen eines Systems<br />

(vgl. Abschnitt 7.4).<br />

p<br />

p A<br />

Anfangszustand ≡<br />

Gleichgewichtszustand 'A'<br />

Zustandsänderung ≡<br />

Thermodynamischer Prozess 'A' → 'E'<br />

für die Versuchsbedingung T = const. .<br />

p E<br />

Endzustand ≡<br />

Gleichgewichtszustand 'E'<br />

T = const.<br />

V A<br />

V E<br />

V<br />

Abb. 3-02: Beispiel für eine Zustandsänderung – dargestellt im p,V -Diagramm.<br />

Die schraffierte Fläche unter der p(V )-Kurve repräsentiert die umgesetzte<br />

Volumenänderungsarbeit für den Prozess ' A' → 'E' .<br />

3.1.3 Wärme<br />

Werden zwei Körper verschiedener Temperatur in Kontakt miteinander gebracht, so<br />

zeigt die Erfahrung, dass zwischen ihnen ein Temperaturausgleich erfolgt. Der Körper<br />

mit der ursprünglich höheren Temperatur geht dabei in einen Zustand mit niedrigerer<br />

Temperatur über, der ursprünglich kältere Körper in einen Zustand höherer<br />

Temperatur.<br />

Die physikalische Größe, die dies verursacht, nennt man Wärme. Damit lässt sich<br />

eine nützliche, aber formelmäßig nicht fassbare Definition geben:<br />

"Wärme ist eine Energieform, die zwischen zwei Systemen ausgetauscht wird, allein<br />

deshalb, weil zwischen den Systemen eine Temperaturdifferenz besteht."<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 36 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


In dieser Beschreibung ist bereits die Richtung dieser Energieübertragung enthalten.<br />

Dies ist bei der Formulierung des 2. Hauptsatzes wichtig (vgl. Kapitel 6).<br />

Wärme wird als Energie bei thermodynamischen Prozessen über die Systemgrenze<br />

übertragen. Mathematisch wird dieser Charakter als Prozessgröße mit der Schreibweise<br />

ihres Differentials der Wärme in der Form ' δ Q'<br />

symbolisiert.<br />

Die mit der Beschreibung dieser speziellen Übertragungsform der Energie einhergehenden<br />

besonderen Denk- und Experimentierweisen haben historisch zu einer eigenständigen<br />

Disziplin der <strong>Wärmelehre</strong> geführt.<br />

Um unterscheiden zu können, ob einem System Wärme zugeführt wird oder ob das<br />

System Wärme abgibt, versieht man ihren Wert mit einem algebraischen Vorzeichen<br />

nach folgender Vorzeichenkonvention<br />

Es zählt die<br />

• einem System zugeführte Wärme positiv<br />

• von einem System abgegebene Wärme negativ<br />

3.1.4 Arbeit<br />

Werden die Begrenzungen eines thermodynamischen Systems verschoben, so bewirkt<br />

dies eine Zustandsänderung des betrachteten Systems. Die Form der Energie,<br />

die bei einem solchen Prozess übertragen wird, nennt man Arbeit. Wie die Energieform<br />

Wärme ist auch die Energieform Arbeit eine Prozessgröße. Wieder wird dies in<br />

der mathematischen Schreibweise des Differentials der Arbeit mit ' δW ' symbolisiert.<br />

Um die Richtung der Energieübertragung zu kennzeichnen, vereinbart man, in Übereinstimmung<br />

mit der Vorzeichenkonvention für die übertragene Wärme, folgendes:<br />

Es zählt die<br />

• einem System zugeführte Arbeit positiv<br />

• von einem System abgegebene Arbeit negativ<br />

Für den vorliegenden Unterrichtsabschnitt ist die Volumenänderungsarbeit wichtig.<br />

Auf Reibungsarbeit wird nicht eingegangen. Betrachtet werden ruhende, geschlossene<br />

Systeme. Ruhend deshalb, weil die kinetische Energie des bewegten Gesamtsystems<br />

und seine Lage im Raum (potentielle Energie) nicht interessieren sollte.<br />

Δ s r<br />

Druck p<br />

F r<br />

Fläche A<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 37 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Die an einem Gas verrichtete Volumenänderungsarbeit Δ W wird an folgendem Beispiel<br />

eingeführt und definiert: In einem Zylinder befinden sich N Moleküle eines Gases.<br />

Der Gasdruck ist p . Der Zylinder ist durch einen reibungsfrei laufenden Kolben<br />

der Fläche A abgeschlossen. Verschieben des Kolbens um das Wegelement Δ s r<br />

r r<br />

bewirkt die Arbeitsverrichtung Δ W = ( F ⋅ Δ s)<br />

an dem Gas. Während des Verschiebens<br />

(Volumenänderung Δ V = A ⋅ Δs<br />

) ist die von den Molekülen auf die Kolbenfläche<br />

ausgeübte Kraft stets im Gleichgewicht mit der äußeren Kraft.<br />

Also ist die Kraft betragsmäßig darstellbar durch<br />

r<br />

F = p A<br />

und die Arbeit wird dem Betrage nach<br />

Δ W<br />

= p AΔs<br />

= p ΔV<br />

Bei Kompression wird dem System Arbeit von außen zugeführt. Die Volumenänderung<br />

ΔV<br />

= V nach −V vor ist dabei negativ.<br />

Um die Vorzeichenkonvention einzuhalten, ist in die Definition der Arbeit bei Verschiebung<br />

des Kolbens in der angegebenen Richtung ein Minus-Zeichen aufzunehmen.<br />

In differentieller Schreibweise gilt also<br />

δ W = − p dV<br />

Gibt das System Arbeit nach außen ab, dann ist die Volumenänderung positiv; die<br />

abgegebene Arbeit hat in Übereinstimmung mit der Vorzeichenkonvention ein negatives<br />

Vorzeichen.<br />

' E' wird die insgesamt aus-<br />

Beim Übergang von einem Zustand<br />

getauschte Arbeit (vgl. Abb. 3-02)<br />

W<br />

AE<br />

E<br />

= ∫ δW<br />

A<br />

V<br />

E<br />

= − ∫ p(<br />

V ) dV<br />

V<br />

A<br />

' A'<br />

in einen Zustand<br />

Die umgesetzte Arbeit wird repräsentiert durch die Fläche unter der<br />

p,V -Kurve.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 38 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


3.2 Wärmekapazitäten<br />

Die Systematik dieses Abschnitts gibt die folgende Struktur wieder<br />

Wärmekapazität<br />

δQ<br />

C = d T<br />

massebezogen<br />

spezifische<br />

Wärmekapazität<br />

1 δQ<br />

c = ⋅<br />

m dT<br />

stoffmengenbezogen<br />

molare<br />

Wärmekapazität<br />

1 δQ<br />

C = ⋅<br />

n dT<br />

Abhängigkeiten<br />

• von der Temperatur<br />

• von den Versuchsbedingungen<br />

p = const. (isobarer Prozess)<br />

V = const. (isochorer Prozess)<br />

Spezifische Wärmekapazität<br />

Druck<br />

c p<br />

bei konstantem<br />

Volumen<br />

c v<br />

Molare Wärmekapazität<br />

Druck<br />

bei konstantem<br />

Volumen<br />

C mp<br />

C mv<br />

3.2.1 Definitionen<br />

3.2.1.1 Wärmekapazität C<br />

Die Temperatur ΔT eines Körpers wird durch Zufuhr von Wärme erhöht. Die Temperaturerhöhung<br />

ΔT entspricht dem Unterschied aus End- und Anfangstemperatur,<br />

also<br />

Δ T = T<br />

Ende<br />

−T<br />

Anfang<br />

= T<br />

E<br />

−T<br />

A<br />

Das Symbol ' Δ' kennzeichnet eine kleine Temperaturänderung (Erhöhung oder Erniedrigung),<br />

die hier der Temperaturdifferenz entspricht.<br />

Materialien unterscheiden sich dadurch, dass bei vorgegebener Masse m und vorgegebener<br />

zugeführter Wärme Δ Q (dabei steht das Symbol 'Δ'<br />

für klein) die resultierenden<br />

Temperaturänderungen Δ T bei gleichen Versuchsbedingungen verschieden<br />

sind. Dabei sollen allerdings Phasenumwandlungen (vgl. Abschnitt 7.3) ausgeschlossen<br />

sein. Die Proportionalitätskonstante zwischen Δ T und ΔQ nennt man<br />

Wärmekapazität C .<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 39 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Wegen<br />

Δ Q = C ΔT<br />

damit wird die Wärmekapazität<br />

ΔQ<br />

C = Δ T<br />

in Worten: Die (mittlere) Wärmekapazität erhält man aus zugeführter Wärme<br />

dividiert durch die dadurch hervorgerufene Temperaturänderung Δ T .<br />

Die abgeleitete SI-Einheit der Wärmekapazität ergibt sich zu<br />

−1<br />

[ C] = 1JK<br />

ΔQ<br />

3.2.1.2 Spezifische Wärmekapazität c<br />

Die auf die Masse m eines Körpers bezogene Wärmekapazität nennt man spezifische<br />

Wärmekapazität (vgl. Abschnitt 1.4.1)<br />

ΔQ<br />

c = 1<br />

m ΔT<br />

Die abgeleitete SI-Einheit der spezifischen Wärmekapazität ergibt sich zu<br />

− 1<br />

[] 1J kg<br />

1 −<br />

c = K<br />

3.2.1.3 Molare Wärmekapazität C m<br />

Die auf die Teilchenmenge n bezogene Wärmekapazität nennt man molare Wärmekapazität,<br />

(vgl. Abschnitt 1.4.2).<br />

C<br />

m<br />

ΔQ<br />

= 1<br />

m ΔT<br />

Die abgeleitete SI-Einheit der molaren Wärmekapazität ergibt sich zu<br />

−1<br />

−1<br />

[ C ] = 1J mol K<br />

m<br />

3.2.2 Abhängigkeit von der Temperatur<br />

Man findet experimentell, dass die oben angegebenen Größen nicht konstant sind,<br />

sondern abhängig vom Zustand, vor allem von der Temperatur. Die Abhängigkeit<br />

vom Druck kann innerhalb einer Phase bei mäßigen Drücken meist vernachlässigt<br />

werden. Die Messergebnisse geben also nur Durchschnittswerte im betrachteten<br />

Temperaturintervall Δ T an.<br />

Die allgemeinen Definitionen gehen von differentiellen Änderungen aus.<br />

ΔQ<br />

δQ<br />

• Wärmekapazität<br />

C = lim =<br />

ΔT<br />

→0<br />

ΔT<br />

dT<br />

ΔQ<br />

1 δQ<br />

• Spezifische Wärmekapazität c = lim =<br />

ΔT<br />

→0<br />

m ΔT<br />

m dT<br />

• Molare Wärmekapazität<br />

C<br />

m<br />

=<br />

Δ<br />

ΔQ<br />

1 δQ<br />

lim =<br />

T → 0 n ΔT<br />

n dT<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 40 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Da die zugeführte Wärme δQ eine Prozessgröße ist, ist sie nicht als Differenz zweier<br />

Wärmen darstellbar. Andererseits wird δ Q aber im Grenzfall als eine differentielle<br />

Größe behandelt; deshalb wird das mathematische Symbol 'δ'<br />

benutzt. Das Symbol<br />

'd' ist Größen vorbehalten, die ein totales Differential darstellen.<br />

3.2.3 Abhängigkeit von den Versuchsbedingungen<br />

Die oben gegebenen Definitionen sind aber immer noch nicht eindeutig.<br />

Es muss zusätzlich angegeben werden, unter welchen Versuchsbedingungen die<br />

Wärme zugeführt wird.<br />

Besonders wichtig sind die beiden Versuchsbedingungen<br />

• konstanter Druck p = const. (isobarer Prozess)<br />

• konstantes Volumen V = const. (isochorer Prozess)<br />

Es wird<br />

• Spezifische isobare Wärmekapazität<br />

c<br />

p<br />

1 δQ<br />

=<br />

m dT<br />

p = const.<br />

• Spezifische isochore Wärmekapazität<br />

c<br />

v<br />

1 δQ<br />

=<br />

m dT<br />

V<br />

= const.<br />

• Molare isobare Wärmekapazität<br />

C<br />

mp<br />

1 δQ<br />

=<br />

n dT<br />

p = const.<br />

• Molare isochore Wärmekapazität<br />

C<br />

mv<br />

1 δQ<br />

=<br />

n dT<br />

V<br />

= const.<br />

3.2.4 Verknüpfungen zwischen spezifischen und molaren Wärmekapazitäten<br />

Spezifische und molare Wärmekapazitäten sind über die molare Masse M miteinander<br />

verknüpft.<br />

So ergibt sich aus den obigen Definitionen für die Versuchsbedingung<br />

1 δQ<br />

c p =<br />

und<br />

m dT<br />

p = const.<br />

nach Division der beiden Beziehungen wird<br />

oder<br />

C<br />

c<br />

mp<br />

p<br />

=<br />

m<br />

n<br />

C mp = M c p<br />

= N m<br />

M<br />

N<br />

N<br />

A<br />

C<br />

mp<br />

= M , weil N m = M<br />

und analog für die Versuchsbedingung V = const.<br />

C mv = M c v<br />

A<br />

1 δQ<br />

=<br />

n dT<br />

p = const.<br />

p = const.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 41 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Wenn c x = cx ( T ) bekannt ist, kann die Gesamtwärme QAE<br />

berechnet werden, die<br />

einem Körper der Masse m und der spezifischen Wärmekapazität cx<br />

zugeführt werden<br />

muss, um die Temperatur von der Anfangstemperatur T A auf die Endtemperatur<br />

zu erhöhen:<br />

T E<br />

Q<br />

AE<br />

= m<br />

T<br />

T<br />

E<br />

∫<br />

A<br />

c<br />

x (<br />

T )dT<br />

mit<br />

x = p oder V<br />

Es ist dabei zu unterscheiden, ob die Zustandsänderung<br />

bei konstantem Druck ( p = const. ) oder<br />

erfolgt.<br />

bei konstantem Volumen ( V = const. )<br />

Entsprechendes gilt für eine teilchenmengenbezogene Schreibweise; es sind die<br />

entsprechenden molaren Wärmekapazitäten einzusetzen.<br />

E<br />

∫<br />

Q = n C T )dT<br />

mit x = p oder V<br />

AE<br />

T<br />

T<br />

A<br />

mx (<br />

' x'<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 42 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


3.2.5 Temperaturabhängigkeit von Wärmekapazitäten – Beispiele<br />

3.2.5.1 Kristalline Festkörper<br />

Die (spezifischen bzw. molaren) Wärmekapazitäten von Festkörpern zeigen im Bereich<br />

tiefer Temperaturen starke Temperaturabhängigkeit. Dieses Verhalten wird<br />

durch das<br />

3<br />

T<br />

-Gesetz von DEBYE beschrieben.<br />

Bei hohen Temperaturen werden die spezifischen bzw. molaren Wärmekapazitäten<br />

konstant; sie haben für alle Festkörper schließlich den gleichen Wert. Für die molaren<br />

Wärmekapazitäten gilt das Gesetz von DULONG-PETIT.<br />

C<br />

mv<br />

≈ C<br />

mp<br />

≈ 3R<br />

m<br />

≈ 25 Jmol<br />

−1<br />

K<br />

−1<br />

Wegen der geringen thermischen Ausdehnung von Festkörpern unterscheiden sich<br />

C und C nur wenig. Beispiele zeigt Abb. 3-03.<br />

mv<br />

mp<br />

C<br />

kJ⋅kmol<br />

m<br />

− 1<br />

⋅K<br />

−1<br />

25<br />

Blei<br />

20<br />

Kupfer<br />

15<br />

10<br />

Aluminium<br />

Eisen<br />

Beryllium<br />

5<br />

Kohlenstoff<br />

(Diamant)<br />

0 100 200 300 400 500<br />

T<br />

K<br />

Abb. 3-03: Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazitäten kristalliner Festkörper.<br />

3.2.5.2 Flüssigkeiten<br />

Für Flüssigkeiten nehmen die (spezifischen bzw. molaren) Wärmekapazitäten mit<br />

steigender Temperatur im Allgemeinen zu. Abb. 3-04 bringt Beispiele.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 43 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


kJ kg<br />

c p<br />

− 1 −1<br />

K<br />

2,4<br />

p Teilbild (a): Motorenöl<br />

n<br />

= 1013 hPa<br />

2,0<br />

1,6<br />

ϑ<br />

o<br />

C<br />

0<br />

c<br />

kJ kg<br />

p<br />

−1<br />

K<br />

−1<br />

50 100 150<br />

4,22<br />

4,21<br />

4,20<br />

p<br />

n<br />

= 1013 hPa<br />

4,19<br />

Teilbild (b):<br />

O H 2<br />

4,18<br />

4,17<br />

4,16<br />

ϑ<br />

o<br />

C<br />

0 50 100<br />

Abb. 3-04: Beispiele für die Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazitäten<br />

von Flüssigkeiten. Teilbild (a): Motorenöl; Teilbild (b): Wasser.<br />

Wasser zeigt eine Besonderheit. In Abb. 3-04 ist die spezifische Wärmekapazität bei<br />

o<br />

o<br />

konstantem Druck im Temperaturintervall 0 C ≤ ϑ ≤ 100 C gezeichnet. Die Kurve<br />

hat ein Minimum. Die Änderung von c p ist allerdings im gezeichneten Bereich sehr<br />

gering. Für die meisten Rechnungen genügt es, mit einem konstanten Mittelwert c<br />

zu rechnen.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 44 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


3.2.5.3 Gase<br />

Gase zeigen eine besonders interessante Temperaturabhängigkeit der (spezifischen<br />

bzw. molaren) Wärmekapazitäten. Von tiefen Temperaturen an nimmt die Wärmekapazität<br />

in charakteristischen Stufen zu. Dieses Verhalten wird in Abschnitt 5.5 erklärt.<br />

Beispiele bringt Abb. 3-05.<br />

C<br />

kJ⋅kmol<br />

mp<br />

− 1<br />

⋅K<br />

−1<br />

CO 2<br />

40<br />

O H 2<br />

30<br />

N 2<br />

H 2<br />

O 2<br />

N<br />

2<br />

H 2<br />

20<br />

He<br />

0<br />

200 400 600 800 1000<br />

T<br />

K<br />

Abb. 3-05: Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazitäten von Gasen.<br />

3.3 Innere Energie U und 1. Hauptsatz<br />

Zur Kennzeichnung des Energievorrates eines thermodynamischen Systems wird<br />

eine physikalische Größe gesucht, die nur vom Zustand des Systems abhängt. Diese<br />

Größe darf nicht vom thermodynamischen Prozess abhängen, mit dem dieser Zustand<br />

erreicht wurde.<br />

Diese Größe lässt sich aus vielen Beobachtungen und Erfahrungen gewinnen, und<br />

zwar aus dem Energieerhaltungssatz in einer für die Thermodynamik besonders geeigneten<br />

Form.<br />

Man hat beobachtet, dass der Energievorrat (Energieinhalt) in einem abgeschlossenen<br />

System zeitlich konstant ist. Diesem Energieinhalt wird die Innere Energie U<br />

zugeordnet. Diese Zuordnung wurde in Abschnitt 2.3.4 bereits für einatomige Gase<br />

vorgenommen, und zwar für die Bewegungsmöglichkeit einer Translation. Für Moleküle<br />

(aufgebaut aus mehreren Atomen) sind die Bewegungsmöglichkeiten der Rotation<br />

und Oszillation ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. Abschnitt 5.4).<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 45 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Es gibt keine experimentelle Beobachtung, die dieser Aussage widerspricht. Auch<br />

sämtliche Folgerungen, die aus dieser Aussage gezogen werden, stehen wieder mit<br />

der experimentellen Beobachtung in Einklang.<br />

Die Innere Energie U , also der Energieinhalt eines geschlossenen Systems, kann<br />

durch Energieübertragung, also Austausch von Arbeit und Wärme über die Systemgrenzen,<br />

geändert werden, d. h. durch<br />

• Wärmezufuhr,<br />

• Wärmeabgabe,<br />

• von außen am System verrichtete Arbeit,<br />

• vom System nach außen abgegebene Arbeit.<br />

Vorzeichenvereinbarung<br />

Die Vorzeichen von umgesetzten Wärmen und Arbeiten wurden folgendermaßen<br />

festgelegt (vgl. Abschnitte 3.1.3 und 3.1.4)<br />

• einem System zugeführte Wärme und Arbeit zählen positiv,<br />

• vom System verrichtete Arbeit und abgegebene Wärme zählen negativ.<br />

Zustands<br />

variable y<br />

(Beispiel<br />

Druck p )<br />

'Weg 2'<br />

'E'<br />

'A'<br />

'Weg 1'<br />

Zustandsvariable x<br />

(Beispiel Volumen V )<br />

Abb. 3-06: 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>:( ' A' Anfangszustand und ' E' Endzustand).<br />

Die Änderung ΔU<br />

= U E −U<br />

A zwischen zwei Gleichgewichtszuständen ist unabhängig<br />

vom Weg (= thermodynamischer Prozess) zwischen Anfangs- und Endzustand.<br />

Beschreibung der Zustandsänderungen im Zustandsdiagramm (vgl. Abb. 3-06)<br />

Die Änderung Δ U der Inneren Energie U auf den beiden Wegen ' 1'<br />

und '2'<br />

ergibt<br />

sich zu<br />

Weg a : ( Δ U = Q + W<br />

Weg b :<br />

) a<br />

) b<br />

a<br />

( Δ U = Q + W<br />

b<br />

a<br />

b<br />

Die Änderung ΔU der Inneren Energie U ist unabhängig vom Weg, der experimentellen<br />

Führung des Prozesses. Sie ist also auf den beiden Wegen gleich:<br />

( ΔU)<br />

= ( ΔU<br />

a ) b<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 46 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Aus dieser Erfahrung lässt sich der 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> formulieren. Er<br />

lässt sich auf verschiedene Arten ausdrücken.<br />

1. Formulierung<br />

"Es gibt keine Einrichtung oder Vorrichtung, die mechanische Arbeit abgibt, ohne<br />

dass ein gleichwertiger Betrag einer anderen Energieform dafür aufgewendet wird",<br />

technisch ausgedrückt: "Es gibt kein Perpetuum mobile 1. Art."<br />

Bei einer Aufeinanderfolge beliebiger Zustandsänderungen, die wieder in den Ausgangszustand<br />

zurückführen (d. h. U = U ), kann keine Energie gewonnen<br />

Anfang<br />

werden, d. h. ΔU ≡ 0 oder ∫ dU = 0<br />

[mit dem Symbol ∫ für einen Kreisprozess]<br />

Ende<br />

Für<br />

( ΔU)<br />

≠ ( ΔU<br />

a ) b<br />

wäre die Konsequenz ein Energiegewinn bei einem Umlauf.<br />

2. Formulierung<br />

“Die Innere Energie U ist eine Zustandsfunktion; d. h. die Änderung ΔU der Inneren<br />

Energie U hängt nur von Anfangs- und Endzustand ab, nicht aber davon, wie sich<br />

der Zustand geändert hat“.<br />

mit<br />

ΔU = U −U<br />

= Q + W<br />

U E<br />

U A<br />

E<br />

A<br />

AE<br />

AE<br />

Innere Energie des Systems am Ende des Prozesses<br />

Innere Energie des Systems am Anfang des Prozesses<br />

Δ U = U E −U<br />

A Änderung der Inneren Energie<br />

Q AE<br />

bei dem Prozess umgesetzte Wärme<br />

(Vorzeichenkonvention beachten)<br />

W AE<br />

bei dem Prozess umgesetzte Arbeit<br />

(Vorzeichenkonvention beachten)<br />

In differentieller Schreibweise lautet der 1. Hauptsatz:<br />

Jedem thermodynamischen System im Gleichgewichtszustand wird eine Zustandsfunktion,<br />

genannt Innere Energie U , zugeordnet. Ihre Änderung dU in einem differentiellen<br />

Prozess ist gegeben durch<br />

d U = δQ<br />

+ δW<br />

Mathematisch heißt das: dU ist ein totales Differential, die Innere Energie U also<br />

eine Zustandsfunktion. Umgesetzte Wärme δ Q und Arbeit δ W aber sind Prozessgrößen.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 47 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


3. Formulierung<br />

“Bei einem thermodynamischen Prozess hängen übertragene Arbeit und Wärme von<br />

der Prozessführung ab. Die Innere Energie ist eine Zustandsfunktion“.<br />

E<br />

∫ δQ = QAE<br />

von der Prozessführung – dem Weg – abhängig,<br />

A<br />

E<br />

∫ δW = WAE<br />

von der Prozessführung – dem Weg – abhängig,<br />

A<br />

E<br />

∫ dU<br />

= UE<br />

−UA<br />

von der Prozessführung – dem Weg – unabhängig.<br />

A<br />

Anmerkung: Es interessieren nur die Änderungen Δ U der Inneren Energie U . Der<br />

Absolutwert ist i. Allg. unwichtig. Für Rechnungen kann ein Nullniveau passend gewählt<br />

werden. Die Verhältnisse sind analog zur Gravitation und zum Gravitationspotential<br />

der Mechanik.<br />

Der 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> ist ein Erfahrungssatz, dagegen ist in der Mechanik<br />

der Satz von der Erhaltung der Energie aus den NEWTONschen Axiomen herleitbar.<br />

Der 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> stellt eine Energiebilanz dar. Unter allen denkbaren<br />

Veränderungen eines Systems grenzt er diejenigen ein, die möglich sind. Er<br />

macht aber keine Aussage über den Ablauf physikalischer Prozesse. Zur Beurteilung<br />

der Frage, in welche Richtung Prozesse von selbst ablaufen, braucht man den 2.<br />

Hauptsatz (vgl. Kapitel 6).<br />

Zur kinetisch anschaulichen Deutung der Inneren Energie sei an Abschnitt 2.3.4 erinnert.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 3<br />

- 48 -<br />

’1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


4 Spezielle Zustandsänderungen eines idealen Gases<br />

Vor der Beschreibung beliebiger Zustandsänderungen werden zunächst die<br />

speziellen Zustandsänderungen systematisch behandelt. Spezielle Zustandsänderungen<br />

sind Prozesse, die experimentell einen besonderen Ablauf vorschreiben<br />

und verlangen. Die mathematische Behandlung der speziellen Zustandsänderungen<br />

führt zu einfachen – aber natürlich speziellen – Beziehungen; die grafische Darstellung<br />

in einen p,V-Diagramm ergibt einfache Kurvenzüge. Viele technisch wichtige<br />

Zustandsänderungen lassen sich durch eine spezielle Zustandsänderung annähern.<br />

Reale Prozesse lassen sich meist durch eine Folge spezieller Zustandsänderungen<br />

ersetzen und damit berechnen. Dies gilt insbesondere bei Kreisprozessen, also bei<br />

Prozessen, die von einem Anfangszustand über eine Reihe von Zwischenzuständen<br />

wieder in den Anfangszustand zurückführen. Im Zustandsdiagramm entspricht dem<br />

ein geschlossener Kurvenzug (vgl. Abb. 4-01).<br />

Kreisprozess nach CARNOT<br />

(zwei Isothermem, zwei Isentropen).<br />

Kreisprozess nach STIRLING<br />

(zwei Isothermen, zwei Isochoren).<br />

Abb. 4-01: Beispiele für einige<br />

technisch wichtige Kreisprozesse.<br />

Dargestellt als Folge von<br />

speziellen Zustandsänderungen.<br />

DIESEL-Prozess [reales p,V -Diagramm]<br />

(ohne Ansaug- und Auspufftakt).<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />

- 49 -<br />

’Spezielle Zustandsänderungen’


Als Anwendungsbeispiel sei die Wärmekraftmaschine (vgl. Abschnitt 6.2) genannt.<br />

Die speziellen Zustandsänderungen führen zu einer Systematik der<br />

Zustandsänderungen.<br />

Einige Zustandsänderungen, die von einem Anfangszustand 'A' in einen Endzustand<br />

'E' führen, haben besondere Namen, die auf die speziellen Bedingungen hinweisen,<br />

unter denen ein spezieller Prozess abläuft.<br />

• Isochore Zustandsänderungen<br />

Das Volumen wird konstant gehalten; also d V = 0 .<br />

• Isobare Zustandsänderungen<br />

Der Druck wird konstant gehalten; also d p = 0 .<br />

• Isotherme Zustandsänderungen<br />

Die Temperatur wird konstant gehalten; also d T = 0 .<br />

• Isentrope Zustandsänderungen<br />

In einem adiabaten System (umkehrbarer Prozess vorausgesetzt): Wärmeaustausch<br />

mit der Umgebung wird vollständig unterdrückt; also δQ = 0<br />

(vgl. Abschnitt 6.1).<br />

In Zustandsdiagrammen (vgl. Abb. 4-02) ergeben sich einfache Kurvenzüge<br />

(Gerade, Hyperbel).<br />

Für diese speziellen Zustandsänderungen wird im Folgenden untersucht und<br />

hergeleitet<br />

• die spezielle Form der Zustandsgleichung, die sich aus der allgemeinen<br />

Zustandsgleichung eines idealen Gases ergibt,<br />

• die spezielle Form, die der 1. Hauptsatz unter diesen Bedingungen annimmt,<br />

• sowie mögliche weitere Folgerungen und Aussagen.<br />

Die Betrachtungen beschränken sich dabei auf geschlossene Systeme. Offene<br />

Systeme werden nicht untersucht. Die betrachteten Systeme sollen also jeweils eine<br />

Teilchenmenge n (mit der zugehörigen Masse m) eines idealen Gases enthalten.<br />

Grundlage für die folgenden Betrachtungen sind<br />

• die Zustandsgleichung eines idealen Gases<br />

pV = nR T (vgl. Abschnitt 2.3.5)<br />

m<br />

• der 1. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong><br />

dU<br />

= δQ<br />

+ δW<br />

(vgl. Abschnitt 3.3)<br />

Dabei gilt für die übertragene Wärmen<br />

• in teilchenmengenbezogener Schreibweise δ Q = nC dT<br />

mit x = p oder V<br />

• in massenbezogener Schreibweise δ Q = mc dT<br />

mit x = p oder V<br />

• und für die umgesetzte Arbeit δ W = −p<br />

dV<br />

Diese Definition enthält die Vorzeichenkonvention<br />

• zugeführte Arbeit/Wärme positiv<br />

• abgegebene Arbeit/Wärme negativ<br />

Bei Volumenverkleinerung (Kompression) ist Arbeit von außen zuzuführen; δW<br />

dadurch positiv, da die Volumenänderung dV negativ ist.<br />

mx<br />

x<br />

wird<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />

- 50 -<br />

’Spezielle Zustandsänderungen’


Bei Volumenvergrößerung (Expansion) wird Arbeit nach außen abgegeben; δW<br />

dadurch negativ, da die Volumenänderung dV positiv ist.<br />

wird<br />

4.1 Isochore Zustandsänderungen<br />

Wird in einem geschlossenen System bei einer Zustandsänderung das Volumen<br />

konstant gehalten, so gilt<br />

V = const. und damit d V = 0 (vgl. Abb. 4-02a).<br />

p<br />

p<br />

p<br />

1<br />

1<br />

2<br />

Abb. 4-02 a:<br />

Isochore Zustandsänderung ( V = const. )<br />

dargestellt im p,V-Diagramm.<br />

Dargestellt ist eine isochore Abkühlung; [die<br />

Hilfslinien der Isothermen werden in<br />

Abschnitt 4.2 erklärt].<br />

2<br />

V = const.<br />

V<br />

Daraus folgt sofort, dass vom System weder Arbeit abgegeben noch aufgenommen<br />

wird, also gilt für eine isochore Zustandsänderung<br />

δW<br />

= −p<br />

d V = 0<br />

Die Zustandsgleichung eines idealen Gases pV = nRmT<br />

reduziert sich unter der<br />

Bedingung einer isochoren Zustandsänderung auf<br />

p<br />

V = const. auf p ~ T oder = const.<br />

T<br />

Unter der Bedingung V = const. ist für einen thermodynamischen Prozess die<br />

Temperaturerhöhung proportional zur Druckerhöhung. Diese Beziehung ist die<br />

Grundlage für die Temperaturmessung mit dem idealen Gasthermometer (vgl.<br />

Abschnitt 2.3.3).<br />

Der 1. Hauptsatz<br />

d U = δQ<br />

+ δW<br />

reduziert sich, da keine Arbeit δW übertragen wird, auf die Aussage<br />

d U = δQ<br />

Bei der isochoren Zustandsänderung bewirkt die Übertragung von Wärme (von oder<br />

nach außen) einzig eine entsprechende Änderung der Inneren Energie U des<br />

betrachteten Systems. Dies erlaubt für Zustandsänderungen bei konstantem<br />

Volumen eine allgemeinere Definition der spezifischen Wärmekapazitäten c v bzw.<br />

der molaren Wärmekapazität als die in Abschnitt 3.2.3 vorläufig angegebene.<br />

C mv<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />

- 51 -<br />

’Spezielle Zustandsänderungen’


Mit den Ansätzen<br />

δ Q = nC dT<br />

(stoffmengenbezogen) bzw.<br />

mv<br />

δ Q = mc dT<br />

(massenbezogen)<br />

v<br />

sowie der speziellen Formulierung des 1. Hauptsatzes<br />

d U = δQ<br />

ergeben sich in differentieller Schreibweise als Definitionsgleichungen<br />

• für die isochore molare Wärmekapazität<br />

• für die spezifische isochore Wärmekapazität<br />

C<br />

c<br />

mv =<br />

v =<br />

1 dU<br />

n dT<br />

1 dU<br />

m dT<br />

Der Index ‘v‘ impliziert dabei konstantes Volumen, also unter der experimentellen<br />

Forderung isochor.<br />

p<br />

4.2 Isotherme Zustandsänderungen<br />

Wird in einem geschlossenen System bei einem thermodynamischen Prozess die<br />

Temperatur konstant gehalten, so gilt<br />

T = const. und damit d T = 0<br />

Dies lässt sich experimentell im Versuch dadurch erreichen, dass ein System in sehr<br />

gutem Wärmekontakt mit einem großen Wärmebad gebracht wird. Es findet ein<br />

idealer ungehinderter Wärmeaustausch über die Systemgrenze statt, der<br />

Temperaturkonstanz gewährleistet.<br />

Da für ein ideales Gas in einem geschlossenen System die Innere Energie U allein<br />

von der absoluten Temperatur T abhängt, ist für einen isothermen Vorgang<br />

wegen d T = 0 auch d U = 0 .<br />

Die Innere Energie U ändert sich bei einer isothermen Zustandsänderung nicht.<br />

Wärmeaustausch ist bei isothermen Prozessen mit der Übertragung von Arbeit, also<br />

der Verschiebung der Systemgrenzen gekoppelt. Verrichtete Arbeit über die<br />

Systemgrenze bewirkt Wärmeübertragung.<br />

Die Zustandsgleichung eines idealen Gases pV = nRmT<br />

reduziert sich unter dieser<br />

Bedingung auf das Gesetz von BOYLE-MARIOTTE<br />

pV = const. (vgl. Abb. 4.02b)<br />

p 1<br />

p 2<br />

1<br />

2<br />

V 1 V2<br />

V<br />

T<br />

= const.<br />

T < T i<br />

Abb. 4-02 b:<br />

Isotherme<br />

Zustandsänderung ( pV = const.)<br />

dargestellt im p,V-Diagramm.<br />

Dargestellt ist eine isotherme Expansion.<br />

Isothermen sind nützliche Hilfslinien für<br />

alle speziellen Zustandsänderungen.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />

- 52 -<br />

’Spezielle Zustandsänderungen’


Unter der geforderten Bedingung T = const. ist das Produkt aus Druck p und<br />

Volumen V konstant, im p,V -Diagramm erhält man deshalb eine Hyperbel.<br />

Der 1. Hauptsatz<br />

d U = δQ<br />

+ δW<br />

reduziert sich, da sich wegen d U = 0 die Innere Energie U nicht ändert, auf<br />

δ Q = − δW<br />

Eine Übertragung von Wärme bewirkt also die Verrichtung einer betragsmäßig<br />

gleichen Arbeit und sonst nichts. Verrichtung von Arbeit bewirkt die Übertragung von<br />

Wärme über die Systemgrenze.<br />

Die bei einer isothermen Zustandsänderung übertragene Arbeit lässt sich aus den<br />

Zustandswerten des Anfangs- und des Endzustandes berechnen. Mit der Definition<br />

der Volumenänderungsarbeit<br />

δ W = −p<br />

dV<br />

und der Zustandsgleichung eines idealen Gases in der Form<br />

W<br />

AE<br />

=<br />

V<br />

E E nRmT<br />

∫ δW<br />

= ∫ − dV<br />

V<br />

V<br />

A<br />

V<br />

V<br />

A<br />

= − nR<br />

m<br />

T<br />

V<br />

E dV<br />

∫<br />

V<br />

V<br />

A<br />

= − nR<br />

m<br />

V<br />

T ln<br />

V<br />

nRmT<br />

p =<br />

V<br />

Da die übertragene Wärme QAE<br />

betragsmäßig gleich der Arbeit WAE<br />

ist, können die<br />

Gleichungen auch für deren Berechnung benutzt werden. Es ist<br />

Q = −<br />

AE W AE<br />

Q AE wird bei isothermer Expansion von einem Wärmebad (oder einer Wärmequelle)<br />

mit der Temperatur T A geliefert und bei isothermer Kompression von einem<br />

Wärmebad (oder -senke) mit der Temperatur aufgenommen.<br />

T E<br />

E<br />

A<br />

4.3 Isobare Zustandsänderungen<br />

Wird in einem geschlossenen System in einem thermodynamischen Prozess der<br />

Druck p konstant gehalten, so gilt<br />

p<br />

p = const. und damit d p = 0 (vgl. Abb. 4-02c)<br />

p = const.<br />

1<br />

2<br />

Abb. 4-02 c:<br />

Isobare Zustandsänderung ( p = const.)<br />

dargestellt im p,V-Diagramm.<br />

Dargestellt ist eine isobare Expansion; [die<br />

Hilfslinien der Isothermen werden in<br />

Abschnitt 4.2 erklärt].<br />

V 1 V 2<br />

V<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />

- 53 -<br />

’Spezielle Zustandsänderungen’


Wärmezufuhr δQ bewirkt dabei<br />

• eine Erhöhung dU der Inneren Energie U und<br />

• eine Abgabe von Arbeit δW nach außen (durch Volumenvergrößerung).<br />

Die Zustandsgleichung eines idealen Gases<br />

pV = nR<br />

m<br />

T<br />

reduziert sich unter der Bedingung isobare Zustandsänderung auf<br />

V<br />

V ~ T oder = const.<br />

T<br />

Unter der Bedingung p = const. ist das vom Gas eingenommene Volumen V<br />

proportional zur absoluten Temperatur T des Gases.<br />

Im 1. Hauptsatz<br />

d U = δQ<br />

+ δW<br />

verschwindet bei einer isobaren Zustandsänderung keiner der Terme dU<br />

, δQ<br />

und<br />

δW<br />

. Eine Änderung dU<br />

der Inneren Energie U ist also immer mit der gleichzeitigen<br />

Übertragung von Wärme δQ<br />

und umgesetzter Arbeit δW<br />

verknüpft.<br />

Für die umgesetzte Arbeit ist einzusetzen<br />

δ W = −p<br />

dV<br />

Für die übertragene Wärme δQ<br />

und die Änderung dU<br />

der Inneren Energie U sind,<br />

je nachdem, ob man von teilchenmengenbezogenen oder von spezifischen<br />

physikalischen Größen ausgeht, die Gleichungen<br />

δ Q = nC dT<br />

und dU<br />

= nC dT<br />

(stoffmengenbezogen),<br />

mp<br />

oder die Gleichungen<br />

δ Q = mc dT<br />

und dU<br />

= mc dT<br />

(massebezogen).<br />

p<br />

zu verwenden.<br />

Da die Übertragung der Wärme δQ bei konstantem Druck erfolgt, sind in den<br />

Gleichungen die Wärmekapazitäten C bzw. c einzusetzen.<br />

mv<br />

v<br />

mp<br />

Die Gleichungen für die Änderungen dU der Inneren Energie U enthalten im<br />

Gegensatz dazu immer die Wärmekapazitäten Cmv<br />

bzw. cv<br />

bei konstantem<br />

Volumen, da für ein ideales Gas in einem geschlossenen System die Innere Energie<br />

U nur von der absoluten Temperatur T abhängt. Cmv<br />

bzw. cv<br />

sind in diesem<br />

Zusammenhang als Rechengrößen zu behandeln.<br />

Diese Ergebnisse werden später bei der Berechnung der Differenz der<br />

Wärmekapazitäten bei konstantem Druck Cmp<br />

bzw. cp<br />

und bei konstantem Volumen<br />

bzw. c wieder aufgegriffen (vgl. Abschnitt 5.2).<br />

Cmv<br />

v<br />

Man sieht aber bereits hier, dass auf jeden Fall C mp > C mv bzw. c p > cv<br />

sein muss.<br />

p<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />

- 54 -<br />

’Spezielle Zustandsänderungen’


4.4 Isentrope Zustandsänderungen<br />

Wenn ein geschlossenes adiabates System eine Zustandsänderung durchläuft, bei<br />

der keine Reibung auftritt, dann ergibt sich eine isentrope Zustandsänderung.<br />

Zu diesen Begriffen ist anzumerken:<br />

In der Literatur wird häufig anstelle von isentrop noch der Ausdruck adiabat benutzt.<br />

Mit adiabat sollte jedoch korrekterweise nur eine Eigenschaft von Systemen<br />

gekennzeichnet werden. Adiabat sind solche thermodynamischen Systeme, die –<br />

idealisierend – keinen Wärmeaustausch mit der Umgebung erlauben. Dies kann<br />

erzwungen werden durch Wärmeisolation und/oder durch sehr raschen Verlauf eines<br />

thermodynamischen Prozesses.<br />

Der 1. Hauptsatz<br />

d U = δQ<br />

+ δW<br />

reduziert sich wegen der fehlenden Wärmeübertragung δQ = 0 auf die Aussage,<br />

dass die Innere Energie U nur durch die Übertragung von Arbeit geändert werden<br />

kann.<br />

dU<br />

= δW<br />

= − p dV<br />

Wird Arbeit am System verrichtet ( δW > 0 , weil d V < 0 ), dann nimmt die Innere<br />

Energie U zu ( d U > 0 ); Kompression führt also zu einer Temperaturerhöhung.<br />

Wird Arbeit vom System verrichtet ( δW < 0 , weil d V > 0 ), dann nimmt die Innere<br />

Energie U ab ( d U < 0 ); Arbeitsabgabe – also Expansion des Gases – das ist aber<br />

nur auf Kosten der Inneren Energie U des Gases möglich. Isentrope Expansion führt<br />

zu einer Temperaturabnahme.<br />

Eine spezielle Form einer isentropen Zustandsgleichung lässt sich aus dem 1.<br />

Hauptsatz in der obigen Form ableiten<br />

d U + p dV<br />

= 0<br />

mit der Beziehung<br />

dU<br />

= nC<br />

mv<br />

dT<br />

und der Zustandsgleichung eines idealen Gases in der Form<br />

nRmT<br />

p =<br />

V<br />

wird daraus<br />

nC<br />

nRmT<br />

dT<br />

+ dV<br />

V<br />

mv =<br />

Trennung der Variablen liefert zunächst<br />

dT<br />

R<br />

+<br />

T C<br />

m<br />

mv<br />

dV<br />

V<br />

= 0<br />

0<br />

Integration dieser Beziehung ergibt mit einer willkürlichen Integrationskonstante<br />

Rm<br />

lnT<br />

+ lnV<br />

C<br />

mv<br />

= const.<br />

Für ein ideales Gas gilt, wie in Abschnitt 5.2 noch hergeleitet werden wird, der<br />

Zusammenhang<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />

- 55 -<br />

’Spezielle Zustandsänderungen’


R<br />

m<br />

= C<br />

mp<br />

− C<br />

mv<br />

Für die weitere Rechnung muss bereits an dieser Stelle der Isentropenexponent κ<br />

eingeführt werden. Dies wird in Abschnitt 5.3.3 wieder aufgegriffen.<br />

Der Isentropenexponent κ ist definiert als das Verhältnis der molaren (bzw.<br />

spezifischen) Wärmekapazitäten C und C (bzw. c und c ), also<br />

C<br />

κ =<br />

C<br />

mp<br />

mv<br />

c<br />

=<br />

c<br />

p<br />

v<br />

mp<br />

Mit den beiden letzten Gleichungen ergibt sich für den Quotienten aus der molaren<br />

Gaskonstante R und der molaren isochoren Wärmkapazität C<br />

R<br />

C<br />

m<br />

mv<br />

= κ −1<br />

m<br />

Setzt man diese Beziehung formal ein und benutzt man die einfachen Regeln für das<br />

Rechnen mit Logarithmen, dann wird<br />

ln( TV<br />

κ−1 ) = const.<br />

und damit natürlich auch für den Ausdruck<br />

TV<br />

κ−1 = const.<br />

Dies ist eine Formulierung einer Isentropengleichung.<br />

Unter Verwendung der allgemeinen Zustandsgleichung eines idealen Gases kann<br />

diese Beziehung leicht auf andere Formulierungen umgerechnet werden.<br />

Mit der Zustandsgleichung eines idealen Gases pV = nRmT<br />

wird aus dieser<br />

Gleichung<br />

pV κ−1<br />

( ) V = const.<br />

nR<br />

m<br />

und damit auch<br />

κ<br />

pV = const. (vgl. Abb. 4-02d)<br />

mv<br />

p<br />

v<br />

mv<br />

p<br />

p 1<br />

1<br />

δQ = 0<br />

Abb. 4-02 d:<br />

Isentrope<br />

Zustandsänderung ( pV<br />

κ<br />

= const.)<br />

p 2<br />

2<br />

dargestellt im p,V-Diagramm.<br />

Dargestellt ist eine isentrope Abkühlung;<br />

[die Hilfslinien der ’Isothermen‘ werden in<br />

Abschnitt 4.2 erklärt].<br />

V 1<br />

V 2<br />

V<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />

- 56 -<br />

’Spezielle Zustandsänderungen’


oder als dritte Darstellungsmöglichkeit<br />

κ<br />

⎡nRmT<br />

⎤<br />

p ⎢ ⎥<br />

⎣ p ⎦<br />

oder letztlich<br />

p<br />

1 − κ<br />

T<br />

κ<br />

= const.<br />

= const.<br />

Man nennt diese drei Gleichungen auch POISSONsche Gleichungen<br />

Hinweis: Die isentrope Zustandsgleichung pV<br />

werden mit der isothermen Zustandsgleichung<br />

κ<br />

= const. darf nicht verwechselt<br />

pV = const.<br />

4.5 Polytrope Zustandsänderungen<br />

In der bisherigen Systematik wurden bezüglich des Wärmeaustausches zwei<br />

idealisierte Grenzfälle betrachtet:<br />

• Idealer, ungehinderter Wärmeaustausch bei isothermen Zustandsänderungen<br />

liefert pV = const.<br />

• Völlig unterdrückter Wärmeaustausch bei isentropen Zustandsänderungen<br />

liefert<br />

pV<br />

κ<br />

= const.<br />

Man verallgemeinert deshalb auf real vorkommende Zustandsänderungen. Man<br />

nennt diese allgemein polytrope Zustandsänderungen.<br />

Eine Zustandsgleichung wird in der verallgemeinerten Form<br />

ν<br />

pV<br />

= const.<br />

dargestellt. Dabei ist ν der Polytropenexponent.<br />

In dieser Darstellung sind sämtliche obigen Spezialfälle enthalten (vgl. Abb. 4-2e).<br />

p<br />

Isotherme ν = 1<br />

Isentrope ν = κ<br />

Isochore ν → ∞<br />

Isobare ν = 0<br />

V<br />

Abb. 4-02 e:<br />

Polytrope<br />

ν<br />

Zustandsänderungen ( pV = const.)<br />

dargestellt im p,V-Diagramm.<br />

Dargestellt sind die Sonderfälle<br />

Isochore ν → ∞ [Abschnitt 4.1]<br />

Isotherme ν = 1 [Abschnitt 4.2]<br />

Isobare ν = 0 [Abschnitt 4.3]<br />

Isentrope ν = κ [Abschnitt 4.4]<br />

Anmerkung zur Isochore:<br />

lim [ p<br />

ν→∞<br />

1<br />

ν<br />

⋅V<br />

ν<br />

ν<br />

] = 1⋅V<br />

= const.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 4<br />

- 57 -<br />

’Spezielle Zustandsänderungen’


5 Molare Wärmekapazitäten eines idealen Gases<br />

Dieser Abschnitt zeigt eine Anwendung der kinetischen Gastheorie. Ausgehend von<br />

den in Kapitel 2 entwickelten Modellvorstellungen für ein ideales Gas sollen berechnet<br />

werden<br />

• die molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen C mv ,<br />

• die molare Wärmekapazität bei konstantem Druck C mp .<br />

Daraus ergibt sich als weiteres Ergebnis der Isentropenexponent κ , der in Abschnitt<br />

4.4 als Quotient aus C und C definiert wurde.<br />

mp<br />

mv<br />

An dieser Anwendung der kinetischen Gastheorie soll beispielhaft die Vorgehensweise<br />

eines Physikers/einer Physikerin gezeigt werden<br />

• durchführen von Einzelexperimenten,<br />

• sammeln, sortieren und katalogisieren experimenteller Ergebnisse,<br />

• auffinden von Regeln und Gesetzmäßigkeiten,<br />

• ableiten von Gesetzmäßigkeiten aus einem Modell (Theorie),<br />

• vergleichen von theoretischen Vorhersagen und experimentellen Ergebnissen,<br />

• erweitern und Verfeine des Modells.<br />

5.1 Experimentelle Ergebnisse<br />

In Tabelle 5-01 sind, geordnet nach ein-, zwei- und mehratomigen Molekülen, die<br />

experimentell ermittelte Wärmekapazitäten C und C zusammengestellt.<br />

Einatomig<br />

Zweiatomig<br />

Cmp<br />

Gas −1<br />

−1<br />

Jmol K<br />

He<br />

Ar<br />

H 2<br />

O 2<br />

N 2<br />

Cl 2<br />

20,80<br />

20,80<br />

28,76<br />

29,43<br />

29,09<br />

34,70<br />

mv<br />

C<br />

Jmol<br />

mv<br />

−1<br />

K<br />

12,47<br />

12,47<br />

20,43<br />

21,06<br />

20,76<br />

25,74<br />

−1<br />

mp<br />

C<br />

mp mv<br />

−1<br />

−1<br />

Jmol<br />

−C<br />

K<br />

8,33<br />

8,33<br />

8,33<br />

8,37<br />

8,33<br />

8,96<br />

C<br />

κ =<br />

C<br />

mp<br />

mv<br />

1,67<br />

1,67<br />

1,41<br />

1,40<br />

1,40<br />

1,35<br />

Mehratomig<br />

CO 2<br />

SO 2<br />

C 2 O 2<br />

NH3<br />

36,96<br />

40,39<br />

51,70<br />

36,84<br />

28,46<br />

31,40<br />

43,12<br />

27,84<br />

8,50<br />

8,99<br />

8,58<br />

9,00<br />

1,30<br />

1,29<br />

1,20<br />

1,31<br />

Tabelle 5-01: Gemessene molare Wärmekapazitäten C und C und<br />

Isentropenexponenten κ von Gasen. Die Wärmekapazitäten wurden unter den Versuchsbedingungen<br />

Normdruck<br />

stimmt.<br />

mp<br />

p n = 1 013 hPa und Normtemperatur ϑ = 20 o C be-<br />

Ferner sind die Differenzen der Wärmekapazitäten C − C ) und die Isentropenexponenten<br />

κ aufgenommen.<br />

( mp mv<br />

mv<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 58 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


Dieser Zusammenstellung entnimmt man<br />

• Ein- und zweiatomige Gase zeigen unter sich ein einheitliches Verhalten. Auf<br />

die Besonderheiten bei Chlorgas ( Cl 2 ) wird in Abschnitt 5.5 eingegangen.<br />

• Bei mehratomigen Gasen sind die Verhältnisse offensichtlich komplizierter.<br />

Eine Betrachtung der ein- und zweiatomigen Gase liefert<br />

• Die Isentropenexponenten κ zeigen charakteristische Werte,<br />

für einatomige Gase κ = 1,67 und für zweiatomige Gase κ = 1, 40 .<br />

• Die molaren Wärmekapazitäten C bzw. C haben in jeder Gruppe sehr<br />

ähnliche Werte.<br />

mv<br />

• Die Differenzen der molaren Wärmekapazitäten C − C ) entsprechen<br />

etwa der molaren Gaskonstanten R m .<br />

mp<br />

( mp mv<br />

In den folgenden Abschnitten sollen diese Gesetzmäßigkeiten aus den Modellannahmen<br />

der kinetischen Gastheorie hergeleitet werden.<br />

5.2 Theoretische Vorhersagen<br />

5.2.1 Differenz C − C )<br />

( mp mv<br />

Betrachtet wird ein geschlossenes System, es enthält die Teilchenmenge n eines<br />

idealen Gases. Es werden zwei spezielle thermodynamische Prozesse untersucht,<br />

bei denen die Temperatur T0<br />

des ideales Gases um jeweils den Betrag dT<br />

auf<br />

T = ( T 0 + dT<br />

) erhöht wird. Die beiden untersuchten Prozesse sind<br />

1. Weg '0' → '1': isochorer Prozess<br />

2. Weg '0' → '2': isobarer Prozess<br />

Diese Prozesse sind in das Zustandsdiagramm Abb. 5-01, oberes Teilbild, eingezeichnet.<br />

Die idealisierte experimentelle Versuchsanordnung für diese beiden Prozesse zeigt<br />

Abb. 5-01, unteres Teilbild). Die Versuchsbedingungen sind:<br />

• ein ideales Gas (Teilchenmenge n ) ist in einen Zylinder eingeschlossen,<br />

• der Kolben läuft reibungsfrei,<br />

• Wärme wird in das System von einem Wärmebad übertragen,<br />

• es treten keine Wärmeverluste auf.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 59 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


Druck<br />

p<br />

'1'<br />

'0'<br />

'2'<br />

T<br />

= T<br />

0 +<br />

dT<br />

T 0<br />

Volumen V<br />

Endzustand '2'<br />

Anfangszustand '0'<br />

Endzustand '1'<br />

Isobarer<br />

Prozess<br />

Isochorer<br />

Prozess<br />

( T 0 + dT<br />

);<br />

p;<br />

( V + dV<br />

)<br />

T<br />

0 ;<br />

p;<br />

V<br />

( T 0 dT<br />

);<br />

( p ++<br />

dp)<br />

; V<br />

Abb. 5-01: Herleitung des Zusammenhangs C<br />

mp<br />

− C = R für ein ideales Gas<br />

Oberes Teilbild: p, V -Diagramm; Prozess ' 0'<br />

→'1'<br />

–- isochore Erwärmung;<br />

Prozess ' 0' → '2'<br />

– isobare Erwärmung.<br />

Unteres Teilbild: Idealisierte experimentelle Versuchsanordnung.<br />

mv<br />

m<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 60 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


Erinnerung an die Grundlagen<br />

Nach Abschnitt 2.3.4 ist für ein ideales Gas in einem geschlossenen System die Innere<br />

Energie U nur eine Funktion der absoluten Temperatur T . Weil bei den beschriebenen<br />

Versuchsanordnungen sowohl zum isochoren als auch zum isobaren<br />

Prozess die gleiche Temperaturerhöhung dT gehört, ist notwendig auch die Änderung<br />

dU der Inneren Energie U bei beiden Prozessen gleich.<br />

isochor<br />

(' 0' → '1' ) =<br />

isobar<br />

('0' → '2')<br />

dU = dU<br />

dU<br />

(d. h., die Indizierungen sind überflüssig)<br />

Dabei ist nach dem 1. Hauptsatzt (vgl. Abschnitt 3.3)<br />

Energie U definiert als<br />

dU<br />

= δQ<br />

+ δW<br />

= δQ<br />

− p dV<br />

dU , die Änderung der Inneren<br />

Spezielle Formulierungen für die beiden untersuchten Prozesse<br />

Isochorer Prozess ('0' → '1')<br />

Danach gilt nach Abschnitt 4.1<br />

δ Q = nC dT<br />

mv<br />

und wegen der Forderung isochore Prozessführung<br />

d V = 0<br />

wird<br />

δW<br />

= − p d V = 0<br />

Damit wird<br />

isochor<br />

)<br />

dU<br />

(' 0' → '1' = δQ<br />

= nC<br />

mv<br />

dT<br />

Isobarer Prozess ('0' → '2')<br />

Danach gilt nach Abschnitt 4.2<br />

δQ<br />

= nC dT<br />

mp<br />

Die Zustandsgleichung eines idealen Gases lautet in ihrer differentiellen Form<br />

V dp<br />

+ pdV<br />

= nR dT<br />

m<br />

dies reduziert sich für den isobaren Prozess ( d p = 0 ) auf<br />

pdV<br />

= nR<br />

m<br />

dT<br />

Damit ergibt sich für die Änderung<br />

dU<br />

isobar<br />

(' 0' → '2')<br />

dU<br />

= δQ<br />

+ δW<br />

= δQ<br />

− pdV<br />

= nC<br />

Die Identität der beiden Änderungen<br />

isochor<br />

('0' → '1' )<br />

dU und dU<br />

isobar<br />

('0' → '2')<br />

liefert<br />

nCmp dT<br />

− nRm<br />

dT<br />

= nC<br />

mv<br />

dT<br />

oder nach Umstellen und Kürzen<br />

C − C = R<br />

mp<br />

mv<br />

m<br />

dU<br />

der Inneren Energie U<br />

mp<br />

dT<br />

−<br />

nR<br />

m<br />

dT<br />

der jeweiligen Inneren Energie U also<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 61 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


R m<br />

( mp mv<br />

Damit ist gezeigt, dass sich unter den Modellvorstellungen der kinetischen Gastheorie<br />

als Differenz der molaren Wärmekapazitäten C − C ) die molare Gaskonstante<br />

ergibt, wie dies nach den in Tabelle 5-01 zusammengestellten Ergebnissen<br />

bereits als Gesetzmäßigkeit vermutet worden war.<br />

C ist immer größer als C . Bei einer Temperaturerhöhung um dT<br />

wird bei ei-<br />

mp<br />

mv<br />

nem isobaren Prozess die Innere Energie U entsprechend der Temperaturänderung<br />

erhöht und zusätzlich mechanische Arbeit (Verschiebung des Kolbens) verrichtet.<br />

Beim isochoren Prozess bewirkt die Temperaturerhöhung allein eine Erhöhung der<br />

Inneren Energie – und sonst nichts – es wird keine mechanische Arbeit verrichtet.<br />

Für die gleiche Temperaturerhöhung bei einem isobaren Prozess ist daher die zuzuführende<br />

Wärme stets größer als bei einem isochoren Prozess.<br />

5.2.2 Isochore molare Wärmekapazität Cmv<br />

Nach Abschnitt 5.2.1 gilt für die Differenz der molaren Wärmekapazitäten<br />

C mp<br />

und<br />

C mv<br />

C − C = R<br />

mp<br />

mv<br />

m<br />

Um die Werte der molaren Wärmekapazitäten einzeln bestimmen zu können, ist eine<br />

weitere Bestimmungsgleichung notwendig. Diese Herleitung und der damit mögliche<br />

Vergleich mit den experimentellen Ergebnissen aus Abschnitt 5.1 sind Aufgabe dieses<br />

Abschnittes.<br />

Die Innere Energie U wurde nach Abschnitt 2.3.4 im Rahmen der kinetischen Theorie<br />

interpretiert als die Summe der kinetischen Energien der einzelnen Teilchen des<br />

Systems, also<br />

3<br />

U = nRmT<br />

2<br />

Nach der allgemeinen Definition der isochoren molaren Wärmekapazität (vgl. Abschnitt<br />

4.1; Abschnitt isochore Zustandsänderung) gilt<br />

1 dU<br />

Cmv =<br />

n dT<br />

3<br />

Damit ergibt sich durch Ableiten von U = nRmT<br />

, also ein fester Wert.<br />

2<br />

3<br />

d( nRmT<br />

)<br />

1 2 3 3<br />

−1<br />

−1<br />

C mv = = Rm<br />

= ⋅ 8,31 Jmol K<br />

n dT<br />

2 2<br />

C<br />

mv<br />

= 12,46 Jmol<br />

−1<br />

K<br />

−1<br />

nach den Modellvorstellungen der kineti-<br />

Damit ist der theoretische Wert von<br />

schen Gastheorie bestimmt.<br />

C mv<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 62 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


5.2.3 Isobare molare Wärmekapazität Cmp<br />

Mit der isochoren molaren Wärmekapazität (vgl. Abschnitt 5.3.1)<br />

3 C mv = R<br />

2<br />

m<br />

und der in Abschnitt 5.2 abgeleiteten Beziehung<br />

C = C + R<br />

mp<br />

mv<br />

ergibt sich wieder ein fester Wert<br />

C<br />

C<br />

mp<br />

mp<br />

m<br />

3 2 5 5<br />

−1<br />

1<br />

Rm<br />

+ Rm<br />

= m = ⋅ 8,31 Jmol K<br />

−<br />

= R<br />

2 2 2<br />

= 20,77 Jmol<br />

−1<br />

K<br />

−1<br />

2<br />

5.2.4 Isentropenexponent κ<br />

In Abschnitt 4.4 wurde der Isentropenexponent κ definiert als<br />

C<br />

κ =<br />

C<br />

mp<br />

mv<br />

Setzt man die oben bestimmten Werte für C und C ein, so erhält man als theoretischen<br />

Wert des Isentropenexponenten<br />

5<br />

R<br />

κ =<br />

2<br />

3<br />

R<br />

2<br />

m<br />

m<br />

=<br />

5<br />

3<br />

= 1,67 = const.<br />

mp<br />

mv<br />

5.3 Vergleich theoretischer und experimenteller Werte<br />

mp<br />

In Tabelle 5-01 von Abschnitt 5.1 sind die experimentell bestimmten Werte der molaren<br />

Wärmekapazitäten C und C , die Differenz C − C ) und die zugehörigen<br />

Isentropenexponenten<br />

κ<br />

mv<br />

zusammengestellt.<br />

( mp mv<br />

Der Vergleich mit den nach dem kinetischen Modell gerechneten Werten zeigt<br />

• eine sehr gute Übereinstimmung für einatomige Gase,<br />

• beträchtliche Abweichungen zwischen Theorie und Experiment für zwei- und<br />

mehratomige Gase.<br />

Das zeigt, dass das Modell nicht grundsätzlich falsch sein kann. Um die experimentell<br />

ermittelten Werte auch für zwei- und mehratomige Gase aus der Theorie herleiten<br />

zu können, sind aber offensichtlich Verfeinerungen des Modells notwendig. Bei<br />

zwei- und mehratomigen Gasen müssen die Unterschiede in der Struktur zu den einatomigen<br />

Gasen berücksichtigt werden.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 63 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


5.4 Erweiterung der Theorie auf zwei- und mehratomige Gase<br />

5.4.1 Struktur zwei- und mehratomiger Gase<br />

Für einatomige Gase ergibt die Anwendung der Modellvorstellungen der kinetischen<br />

Theorie Werte für C und C , die mit den experimentell bestimmten Werten sehr<br />

mv<br />

mp<br />

gut übereinstimmen (vgl. Tabelle 5-01).<br />

Für zwei- und mehratomige Gase müssen die Modellvorstellungen verfeinert werden.<br />

Ausgang der Überlegungen war die Innere Energie U (vgl. Abschnitt 5.2). Die Diskrepanz<br />

gemessener und theoretischer Werte muss also auf der nicht korrekt wiedergegebenen<br />

Inneren Energie U beruhen.<br />

Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Möglichkeiten der Energieaufnahme zwei- oder<br />

mehratomiger Moleküle genauer untersucht werden müssen. Das von materiellen<br />

Teilchen ausgehende Modell der kinetischen Theorie ist zu verfeinern und es ist die<br />

innere Struktur der Moleküle zu berücksichtigen.<br />

Einatomige Gasmoleküle werden im Modell als materielle Teilchen, d. h. ausdehnungslose<br />

Kugeln beschrieben, ein aus zwei Atomen aufgebautes Molekül als eine<br />

Hantel. Mehratomige Moleküle werden später behandelt.<br />

Das Hantelmodell kann einmal als starre Hantel oder weiter verfeinert im Modell als<br />

Hantel mit Federkopplung aufgefasst werden. Damit werden die Kräfte, die zwischen<br />

den Einzelmolekülen herrschen, in einem anschaulichen mechanischen Bild beschrieben.<br />

Mögliche Bewegungsformen dieses mechanischen Modells sind Translation,<br />

Rotation und Oszillation (Schwingung).<br />

Modell<br />

einatomig<br />

Kugel<br />

(punktförmig)<br />

zweiatomig<br />

Starres<br />

Hantelmodell<br />

Bewegungsformen Translation Translation<br />

und<br />

Rotation<br />

Symbol<br />

Hantelmodell mit<br />

Federkopplung<br />

Translation,<br />

Rotation und<br />

Oszillation<br />

5.4.2 Gleichverteilungssatz der Energie<br />

Die mathematischen Beziehungen, die als Energieausdrücke verschiedene Bewegungsformen<br />

beschreiben, werden aus der Mechanik und der Schwingungslehre zur<br />

Erinnerung zusammengestellt.<br />

Kinetische Energie der Translation<br />

trans<br />

kin<br />

E =<br />

1 mv<br />

2<br />

2<br />

Kinetische Energie der Rotation<br />

E<br />

rot<br />

kin<br />

1 = J ω<br />

2<br />

2<br />

Kinetische Energie der Schwingung<br />

E<br />

osz<br />

kin<br />

=<br />

1 μ v 2<br />

2<br />

Potentielle Energie der Schwingung<br />

osz 1 E pot = c y<br />

2<br />

2<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 64 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


Dabei ist<br />

m Masse<br />

J<br />

Massenträgheitsmoment<br />

v Geschwindigkeit<br />

ω<br />

Winkelgeschwindigkeit<br />

μ reduzierte Masse<br />

c Federkonstante<br />

y Auslenkung<br />

Ein Vergleich zeigt, dass diese Energieausdrücke sämtlich die gleiche mathematische<br />

Struktur haben<br />

1<br />

Energie =<br />

2<br />

([ positive] [ physikalische Größe]<br />

)<br />

⎛ ⎡positive oder⎤<br />

⎡physikalische⎤<br />

⎞<br />

× ⎜<br />

⎟<br />

⎢<br />

negative<br />

⎥ ⎢<br />

Größe<br />

⎥<br />

⎝ ⎣<br />

⎦ ⎣<br />

⎦ ⎠<br />

Mathematisch statistische Methoden ergeben für die klassische Physik unter der<br />

Voraussetzung großer Teilchenzahlen und der Gültigkeit der NEWTONschen Mechanik<br />

die Aussagen<br />

Alle Energieterme haben den gleichen zeitlichen Mittelwert. Dieser Mittelwert<br />

hängt nur von der absoluten Temperatur T ab. Anders ausgedrückt:<br />

”Alle Energieterme sind bezüglich der Möglichkeit der Energieaufnahme gleichberechtigt.”<br />

Daraus leitet sich der Gleichverteilungssatz der Energie (Äquipartitionstheorem)<br />

ab: "Die zur Verfügung stehende thermische Energie verteilt sich gleichmäßig auf<br />

sämtliche Möglichkeiten des Moleküls, Energie aufzunehmen."<br />

Mit diesen Möglichkeiten sind im Modell die Bewegungen der Translation, Rotation<br />

und Oszillation gemeint.<br />

2<br />

5.4.3 Freiheitsgrade f und mittlere Energie ε eines Freiheitsgrades<br />

Unter einem Freiheitsgrad f versteht man eine bestimmte, von anderen unabhängige<br />

Möglichkeit eines Moleküls, Energie aufzunehmen.<br />

Ein Massenpunkt besitzt drei Möglichkeiten Energie aufzunehmen. Seine Gesamtbewegung<br />

kann als Überlagerung von drei Bewegungen entlang der Koordinaten<br />

beschrieben werden (etwa der drei kartesischen Koordinaten). Für ein einatomiges<br />

Gas, modellmäßig beschrieben durch ein materielles Teilchen, hatte sich als Mittelwert<br />

der kinetischen Energie der Translation ε kin für ein Einzelmolekül ergeben<br />

ε 3<br />

kin = kT<br />

2<br />

Dies führte für einatomige Gase zu richtigen Folgerungen und Ergebnissen. Da ein<br />

einatomiges Gas f = 3 Freiheitsgrade der Translation hat, versucht man als Ansatz<br />

für die mittlere Energie für einen Freiheitsgrad eines Einzelmoleküls<br />

1<br />

ε = kT<br />

2<br />

Dann bleiben die Ergebnisse für einatomige Gase unverändert.<br />

Die Anwendung dieser Überlegung auf zwei- und mehratomige Moleküle wird zeigen,<br />

ob mit der obigen Annahme die experimentellen Ergebnisse bei diesen Gasen erklärt<br />

werden können.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 65 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


5.4.4 Anwendung des Gleichverteilungssatzes<br />

mv<br />

Um C und C und damit auch κ zu berechnen, geht man schrittweise folgendermaßen<br />

vor<br />

mp<br />

• Anwendung des Gleichverteilungssatzes der thermischen Energie.<br />

• Deuten der gesamten thermischen Energie als Innere Energie U .<br />

• Berechnung von C mv aus der Inneren Energie U durch Ableiten gemäß Definition<br />

in Abschnitt 4.1.<br />

• Berechnung von C aus C und R .<br />

mp<br />

mv<br />

• Berechnung von κ aus C und C .<br />

mp<br />

Es liegen N Moleküle einer Sorte vor. Die Zahl der Freiheitsgrade für ein Einzelmolekül<br />

sei f .<br />

Mit der mittleren Energie je Freiheitsgrad<br />

1<br />

ε = kT<br />

2<br />

wird die gesamte Innere Energie U von N Molekülen nach dem Gleichverteilungssatz<br />

U = N f ε<br />

1<br />

U = N f kT<br />

2<br />

Die formale Erweiterung mit<br />

mit<br />

wird<br />

1 N<br />

U = f ( NA<br />

k)<br />

T<br />

2 N<br />

R<br />

m =<br />

U = f<br />

N<br />

1<br />

2<br />

A<br />

A<br />

k<br />

n R<br />

m<br />

T<br />

Die isochore molare Wärmekapazität<br />

C<br />

mv =<br />

1 dU<br />

n dT<br />

mv<br />

m<br />

N A ( N A AVOGADRO-Konstante) liefert<br />

NA<br />

C mv<br />

war definiert (vgl. Abschnitt 3.2.3) als<br />

Nach Einsetzen der Inneren Energie U und Ableiten ergibt sich<br />

1<br />

d( f n Rm<br />

T )<br />

1 2<br />

1 1<br />

C mv =<br />

= f n R<br />

n dT<br />

n 2<br />

1 C mv = f R<br />

2<br />

m<br />

Die isobare molare Wärmekapazität<br />

R m<br />

aus der in Abschnitt 5.2 abgeleiteten Differenz<br />

m<br />

C mp<br />

folgt dann mit der molaren Gaskonstanten<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 66 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


zu<br />

C − C = R<br />

C<br />

C<br />

mp<br />

mp<br />

mp<br />

mv<br />

m<br />

1 2<br />

= f Rm<br />

+ R<br />

2 2<br />

1<br />

= ( f + 2) Rm.<br />

2<br />

m<br />

Der Isentropenexponent κ ist definiert als (vgl. Abschnitt 5.2)<br />

C<br />

κ =<br />

C<br />

mp<br />

mv<br />

Einsetzen der Wärmekapazitäten liefert<br />

1<br />

( f + 2) R<br />

κ =<br />

2<br />

1<br />

f Rm<br />

2<br />

m<br />

+<br />

f 2<br />

=<br />

f<br />

Damit ist zur Bestimmung von C , C und κ nur noch ein Abzählen der Freiheitsgrade<br />

f ges<br />

mv<br />

mp<br />

für das betrachtete Molekül oder Molekülmodell nach Abschnitt 5.4.1 notwendig.<br />

Dafür müssen die Bewegungsmöglichkeiten der Molekülmodelle untersucht<br />

werden. Dies wird im Folgenden untersucht.<br />

5.4.5 Bestimmung der Anzahl der Freiheitsgrade<br />

Einatomiges Molekül<br />

Entsprechend den drei kartesischen Raumrichtungen gibt es für ein einatomiges Gas<br />

mit dem Modell materielles Teilchen = punktförmige sphärische Kugel als Bewegungsmöglichkeit<br />

nur die Translation. Eine Rotation ist für ein materielles Teilchen<br />

ohne räumliche Ausdehnung nicht möglich.<br />

Die Zahl der Freiheitsgrade ist f = 3 . Da dies aber die Grundüberlegung für das Einführen<br />

der Freiheitsgrade war, ändert sich an den Ergebnissen und der Übereinstimmung<br />

mit den gemessenen Werten natürlich nichts.<br />

Zweiatomiges Molekül – starres Hantelmodell<br />

y<br />

y<br />

x<br />

x<br />

z<br />

z<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 67 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


Für die Translation des Massenmittelpunktes der Hantel gilt wieder, wie bei einatomigen<br />

Molekülen<br />

f trans = 3<br />

Außerdem ist eine Rotation um den Massenmittelpunkt möglich. Es ist<br />

f rot = 2<br />

Die Rotation um die Hantelachse (hier die z-Achse) ergibt keinen Beitrag. Dies ist<br />

streng nur für punktförmige Körper richtig. Es bleibt die Rotation um die x- und um<br />

die y-Achse.<br />

Eine quantenmechanische Betrachtung würde die Begründung dafür liefern, dass<br />

wegen der Bedingung für die Massenträgheitsmomente J z


Gasart<br />

ftrans<br />

Anzahl der<br />

Freiheitsgrade f<br />

frot<br />

f f m<br />

osz<br />

Molare isochore<br />

Wärmekapazität<br />

Molare isobare<br />

Wärmekapazität<br />

C mv = f<br />

2 R<br />

f + 2<br />

Cmp<br />

= R m<br />

2<br />

Isentropenexponent<br />

f + 2<br />

κ =<br />

f<br />

Einatomig 3 0 0 3<br />

Zweiatomig<br />

(Starre Hantel)<br />

Zweiatomig<br />

(Federkopplung)<br />

Mehratomig<br />

(starr)<br />

3 2 0 5<br />

3 2 2 7<br />

3 3 0 6<br />

3 −1<br />

1<br />

R m = 12,46 Jmol K<br />

−<br />

2<br />

5 −1<br />

1<br />

Rm<br />

= 20,77 Jmol K<br />

−<br />

2<br />

7 −1<br />

1<br />

Rm<br />

= 29,08 Jmol K<br />

−<br />

2<br />

6 −1<br />

1<br />

Rm<br />

= 24,93 Jmol K<br />

−<br />

2<br />

5 −1<br />

1<br />

m 20,77 Jmol K<br />

− 5<br />

R =<br />

= 1, 67<br />

2<br />

2<br />

7 −1<br />

1<br />

m 29,08 Jmol K<br />

− 7<br />

R =<br />

= 1, 40<br />

2<br />

5<br />

9 −1<br />

1<br />

m 37,41 Jmol K<br />

− 9<br />

R =<br />

= 1, 29<br />

2<br />

7<br />

8 −1<br />

1<br />

m 33,24 Jmol K<br />

− 8<br />

R =<br />

= 1, 33<br />

2<br />

6<br />

Tabelle 5-02: Die molaren Wärmekapazitäten C und C und der Isentropenexponent<br />

κ in Abhängigkeit von der Anzahl der Freiheitsgrade f eines idealen Gases,<br />

Klassische Theorie bei Anwendung des Gleichverteilungssatzes.<br />

mp<br />

mv<br />

5.4.6 Vergleich theoretischer und experimenteller Werte<br />

Es werden im Folgenden die experimentellen Ergebnisse der Tabelle 5-01 und die<br />

theoretischen Ergebnisse der Tabelle 5-02 miteinander verglichen.<br />

Für einatomige Gase ergibt sich die schon früher festgestellte sehr gute Übereinstimmung.<br />

• Bei zweiatomigen Gasen findet man gute Übereinstimmung zwischen Experiment<br />

und Theorie für H2<br />

, O2<br />

und N2<br />

, d. h., diese Moleküle verhalten sich bei<br />

Raumtemperatur wie starre Hanteln.<br />

• Die Übereinstimmung für Cl 2 ist schlecht. Weder das starre Hantelmodell<br />

noch das Hantelmodell mit Federkopplung gibt die experimentell gemessenen<br />

Werte richtig wieder. Für eine Deutung sei auf Abschnitt 5.5 hingewiesen.<br />

• Bei mehratomigen Gasen zeigt der Vergleich der gemessenen Werte mit denen<br />

ohne Oszillationen berechneten im Allgemeinen<br />

gemessen<br />

berechnet<br />

• C mx > Cmx<br />

mit x = p (isobarer Prozess) oder<br />

x = v (isochorer Prozess),<br />

• Die Werte für κ zeigen kein eindeutiges Muster.<br />

Bei Raumtemperatur gibt ein starres Molekülmodell nicht die richtigen Ergebnisse. Es<br />

sind folglich die Schwingungen der Einzelatome zu berücksichtigen, um das Modell<br />

zu verfeinern. Dazu sind aber genauere Kenntnisse über den Aufbau der Moleküle<br />

nötig. Es wird an dieser Stelle auf eine weiterführende Darstellung verzichtet.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 69 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


5.5 Grenzen der klassischen Theorie<br />

Im vorigen Abschnitt wurden bei der theoretischen Bestimmung der molaren Wärmekapazitäten<br />

C und C der Gleichverteilungssatz der klassischen Theorie und die<br />

mp<br />

mv<br />

Struktur der Moleküle modellmäßig mit berücksichtigt. So konnte auch für zweiatomige<br />

Moleküle H2<br />

, O2<br />

und N2<br />

eine Übereinstimmung der theoretischen mit den experimentell<br />

gemessenen Werten erzielt werden. Schlecht war die Übereinstimmung nur<br />

für Cl 2 . Zunächst bleibt unverständlich, warum das starre Hantelmodell, das Rotation<br />

erlaubt, richtige Ergebnisse geben soll, aber mögliche Oszillationen des Hantelmodells<br />

mit Federkopplung verboten sein sollten.<br />

Die experimentellen Zahlenwerte der Tabelle 5-01 beziehen sich auf Zimmertemperatur.<br />

Deshalb ist für das Wasserstoffmolekül der Verlauf der molaren Wärmekapazität<br />

C mv in Abhängigkeit von der Temperatur T dargestellt (vgl. Abb. 5-02). Um einen<br />

größeren Temperaturbereich zu überdecken, ist in Abb. 5-02 für die Abszisse ein<br />

logarithmischer Maßstab gewählt. Man findet, dass<br />

• C mv von der Temperatur T abhängt,<br />

• sich drei charakteristische Plateaus zeigen und<br />

• die Zunahme von C mv in zwei Stufen erfolgt.<br />

30<br />

C<br />

J⋅mol<br />

mv<br />

− 1<br />

⋅K<br />

−1<br />

7 R<br />

2<br />

m<br />

20<br />

5 R<br />

2<br />

m<br />

3 R<br />

2<br />

m<br />

10<br />

0<br />

T<br />

K<br />

50 100 200 500 1000<br />

2000<br />

5000<br />

10000<br />

Abb. 5-02: Temperaturabhängigkeit der molaren isochoren Wärmekapazität<br />

von Wasserstoff (Wasserstoff dissoziiert bei etwa 3200 K).<br />

Die gestrichelte Kurve gilt für ein zweiatomiges Gas, dessen Moleküle bis<br />

T = 10 000 K nicht dissoziieren.<br />

C mv<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 70 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


Der Vergleich mit den theoretischen Ergebnissen der Tabelle 5-02 zwingt zu folgender<br />

Beschreibung<br />

• Für Temperaturen T ≤ 100 K benimmt sich H2<br />

wie ein einatomiges Gas. Seine<br />

Bewegung kann durch eine Translation beschrieben werden.<br />

• Im Temperaturintervall 200 K ≤ T ≤ 600 K benimmt sich das -Molekül wie<br />

eine starre Hantel. Die Rotation ist angeregt, die Oszillation noch nicht. In diesen<br />

Bereich fällt der Zahlenwert der Tabelle 5-02.<br />

• Für T ≥ 2 500 K benimmt sich das H2<br />

-Molekül wie ein Hantelmodell mit Federkopplung.<br />

Das H2<br />

-Molekül dissoziiert bei T diss ≈ 3 200 K , deshalb existiert<br />

oberhalb dieser Temperatur kein H 2 -Molekül mehr. Die gestrichelte Kurve in<br />

Abb. 5-02 gilt für ein zweiatomiges Molekül, das bis T ≈ 10 000 K nicht dissoziiert.<br />

Diese Beschreibung lässt sich mit dem Gleichverteilungssatz der klassischen Theorie<br />

nicht erklären. Klassisch muss die Gleichverteilung der Energie für alle Temperaturen<br />

gelten, eine Temperaturabhängigkeit dürfte es dann nicht geben. Die experimentellen<br />

Ergebnisse über die Temperaturabhängigkeit C mv stehen also im Widerspruch zur<br />

klassischen Theorie.<br />

Die beobachtete Diskrepanz wird erst von der Quantenphysik gelöst. Diese zeigt,<br />

dass die Energie gequantelt ist. Dieser Effekt, der im Makroskopischen unwichtig ist,<br />

führt im Mikroskopischen zu nicht selbstverständlichen Resultaten.<br />

Um in einen Anregungszustand, der z. B. der Rotation zugeordnet ist, zu kommen,<br />

ist eine Mindestanregungsenergie notwendig.<br />

Dies erfordert eine mittlere thermische Energie, die im Bereich der auftretenden Stufe<br />

erreicht wird. Ist die mittlere thermische Energie hoch genug, so ist es für alle Moleküle<br />

möglich, in diesem Anregungszustand zu sein.<br />

Die Anregungsenergie für Schwingungen ist größer als die für Rotationen. Daher<br />

setzen Schwingungen erst bei höherer Temperatur ein.<br />

Je nach Molekülart werden die Anregungsstufen bei verschiedenen Temperaturen<br />

liegen. Es ist damit der Tabellenwert für Cl 2 verständlich. Bei Zimmertemperatur ist<br />

die thermische Energie gerade ausreichend, um Schwingungen der beiden Cl-<br />

Atome anzuregen. Ein Teil der Cl 2 -Moleküle benimmt sich also noch wie ein starres<br />

Hantelmodell, ein Teil bereits wie ein Hantelmodell mit Federkopplung. Es ergibt sich<br />

also ein Wert für C mv , der gerade in der Stufe zwischen dem Bereich angeregter Rotation<br />

und dem Bereich angeregter Oszillation liegt.<br />

In der Ausdrucksweise der Physik sagt man:<br />

Bei Abkühlen frieren Freiheitsgrade ein. Diese sind bei der Berechnung der molaren<br />

Wärmekapazitäten nicht mehr zu berücksichtigen.<br />

Für weitergehende Erklärungen sei auf entsprechende Literatur verwiesen.<br />

H 2<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 5<br />

- 71 -<br />

’Molare Wärmekapazitäten’


6 2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong><br />

Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik (vgl. Abschnitt 3.3) ist ein allgemeingültiger<br />

Erfahrungssatz. Er ist nicht beweisbar, aber alle aus ihm abgeleiteten Folgerungen<br />

stehen in Einklang mit den physikalisch beobachteten experimentellen Ergebnissen.<br />

Der 1. Hauptsatz sagt aber nichts darüber aus, in welcher Richtung physikalische<br />

Prozesse von selbst ablaufen. Der 1. Hauptsatz erlaubt Vorgänge, die in der Natur<br />

nicht beobachtet werden.<br />

Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik macht Aussagen darüber, welche Prozesse<br />

nicht umkehrbar sind. Er beruht wie der 1. Hauptsatz auf allgemein gültigen Erfahrungen.<br />

Einige Beispiele sollen dies erläutern. Sie widersprechen zwar nicht dem<br />

1. Hauptsatz, werden aber trotzdem nicht beobachtet.<br />

• Ein zu Boden gefallener Lehmkloß wird beim Aufprall verformt. Seine kinetische<br />

Energie wird in Verformungsarbeit und thermische Energie umgesetzt.<br />

Die damit verbundene Temperaturzunahme bewirkt eine Wärmeabgabe an die<br />

Umgebung. Der umgekehrte Vorgang ist noch nie beobachtet worden.<br />

• Wärme fließt von selbst nur vom wärmeren zum kälteren Körper. Oder haben<br />

Sie sich schon einmal zum Aufwärmen auf einen Eisblock gesetzt?<br />

• Mischbare Flüssigkeiten wie Milch und Kaffee mischen sich im Verlauf der Zeit<br />

von selbst. Eine Entmischung ohne Eingriff von außen wird aber nicht beobachtet.<br />

(Wenn sich nicht mischbare Flüssigkeiten wie Öl und Wasser<br />

oder Milch und Rahm im Verlauf der Zeit trennen, so ist dies auf eine Einwirkung<br />

von außen, nämlich auf die Gravitationskraft zurückzuführen.)<br />

• Ein Pfirsich fault nach einiger Zeit von selbst. Eine faule Frucht wird sich aber<br />

niemals in eine makellose zurück verwandeln. Die gleiche Überlegung gilt für<br />

die Karies in den Zähnen.<br />

• Es lässt sich keine Maschine konstruieren, die für den Antrieb eines Schiffes<br />

die Antriebsenergie durch Wärmeentzug aus dem Meerwasser gewinnt, falls<br />

nicht ein zweites, kälteres Wärmebad zur Verfügung steht.<br />

Den vier erstgenannten Beispielen ist gemeinsam: Ihr Ablauf kehrt sich nicht von<br />

selbst um. Die von der Natur vorgegebenen Grenzen über den Ablauf thermodynamischer<br />

Prozesse erfasst der 2. Hauptsatz. Er beruht auf Erfahrung; er kann, nach<br />

dem letzten genannten Beispiel, ingenieurmäßig folgendermaßen formuliert werden:<br />

"Es gibt keine periodisch arbeitende Maschine, die nichts anderes bewirkt als die Erzeugung<br />

von mechanischer Energie aus Wärme, die einer Wärmequelle entnommen<br />

wird; es ist vielmehr notwendig, dass gleichzeitig Wärme an eine Wärmesenke abgegeben<br />

wird."<br />

Diese Aussage, die die Umwandlung von Wärme in Arbeit einschränkt, ist in<br />

Abb. 6-01 grafisch dargestellt.<br />

Dies ist nur eine von vielen gleichberechtigten Formulierungen, die einen bestimmten<br />

Prozess als unmöglich klassifizieren. Weitere mögliche Formulierungen sind:<br />

"Wärme kann nie von selbst von einem Körper niederer Temperatur auf einen Körper<br />

höherer Temperatur übergehen." (R. CLAUSIUS)<br />

"Es gibt kein Perpetuum mobile 2. Art."<br />

Definition: Ein Perpetuum mobile 2. Art ist eine periodisch arbeitende Maschine, die<br />

zugeführte Wärme vollständig in Arbeit überführt.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 72 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Wärmebad T 2<br />

Dem Wärmebad T 2<br />

entzogene Wärme Q 2<br />

Systemgrenze<br />

Abgegebene<br />

Arbeit W<br />

An das Wärmebad T 1<br />

abgegebene Wärme Q 1<br />

Wärmebad T 1<br />

Abb. 6-01: Zur Umwandlung von Wärme in Arbeit – einfache Wärmekraftmaschine.<br />

6.1 Reversible und irreversible Prozesse<br />

Irreversible Prozesse<br />

Man nennt einen Prozess irreversibel, wenn der Prozess nur (was immer auch an<br />

Methoden, Tricks und Apparaten verwendet werden mag) dadurch rückgängig gemacht<br />

werden kann, dass eine Veränderung in der Umgebung zurückbleibt.<br />

Reversible Prozesse<br />

Ein reversibler Prozess ist ein idealisierter Vorgang, der ebenso gut in der umgekehrten<br />

Richtung ablaufen kann, ohne dass Veränderungen in der Umgebung zurückbleiben.<br />

Dabei braucht der Weg nicht der gleiche zu sein, Hinweg und Rückweg können<br />

verschieden sein.<br />

Zu den reversiblen Prozessen gehören alle Vorgänge der Mechanik, die idealisierend<br />

als reibungsfrei angenommen werden. Die Wegunabhängigkeit lässt sich am Pendel<br />

erläutern.<br />

Bei jedem Pendel kann eine Schwingung in zwei Halbschwingungen aufgeteilt werden.<br />

Die zweite Halbschwingung macht die Veränderungen der ersten Halbschwingung<br />

rückgängig und bringt das System in den Ausgangszustand zurück. Beim Fadenpendel<br />

erfolgt diese Rückschwingung auf derselben Bahn wie die Hinschwin-<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 73 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


gung, beim konischen Pendel (Kegelpendel) erfolgen die beiden Teilschwingungen<br />

auf verschiedenen Halbkreisen. Nach einer Vollschwingung sind beide Pendel wieder<br />

im Ausgangszustand.<br />

Zu den irreversiblen Prozessen gehören die physikalischen Vorgänge der Reibung,<br />

der plastischen Verformung, der Diffusion und der Wärmeleitung. Als Beispiel sei das<br />

Absinken einer Kugel in einer zähen Flüssigkeit genannt. Dabei wird die potentielle<br />

und kinetische Energie der Kugel in Innere Energie des Systems verwandelt. Dies<br />

macht sich durch eine, wenn auch nur geringe, Temperaturerhöhung bemerkbar.<br />

Nach dem 2. Hauptsatz gibt es keine Maschine, die nichts weiter bewirkt als das Abkühlen<br />

der erwärmten Flüssigkeit und Hebung der abgesunkenen Kugel. Der Ausgangszustand<br />

lässt sich nur durch Eingriffe wieder herstellen, die Änderungen in der<br />

Umgebung hervorrufen.<br />

Wie die obigen Beispiele zeigen, handelt es sich bei reversiblen Vorgängen stets um<br />

idealisierte Grenzfälle. Jeder realisierbare Prozess enthält immer einen irreversiblen<br />

Anteil d. h., die Prozessgrößen hängen ab vom Anfangs- und Endzustand und von<br />

der Prozessführung, also vom Weg.<br />

Zur Beschreibung definiert man quasistatische Vorgänge, das sind thermodynamische<br />

Prozesse, bei denen eine dichte Folge von Gleichgewichtszuständen sehr langsam<br />

durchlaufen wird. Damit sind reversible Vorgänge immer als quasistatische Vorgänge<br />

darstellbar.<br />

Ein Beispiel ist die quasistatische Verdampfung einer Flüssigkeit bzw. die quasistatische<br />

Kondensation des zugehörigen Dampfes. Solange Flüssigkeit und Dampf<br />

gleichzeitig vorhanden (’koexistent’) sind, lässt sich der Vorgang Verdampfen (Kondensieren)<br />

durch eine beliebig kleine Wärmezufuhr (Wärmeabfuhr) in Gang setzen.<br />

Der 2. Hauptsatz lässt sich damit auch in den folgenden Formulierungen ausdrücken:<br />

"Alle natürlichen Prozesse sind irreversibel." (H.D. BAEHR)<br />

"Alle Prozesse, bei denen Reibung auftritt, sind irreversibel." (M. PLANCK)<br />

6.2 Kreisprozesse<br />

6.2.1 Definition<br />

Kreisprozesse nennt man solche thermodynamischen Zustandsänderungen von Systemen,<br />

bei denen Anfangs- und Endzustand gleich sind. Im Zustandsdiagramm<br />

drückt sich das in einem geschlossenen Kurvenzug aus (vgl. Abb. 4-01).<br />

Für grundsätzliche Untersuchungen befasst man sich mit solchen Kreisprozessen,<br />

die sich aus den in Abschnitt 5 behandelten speziellen Zustandsänderungen zusammensetzen.<br />

Kreisprozesse, bei denen Wärme nur bei zwei Temperaturen ausgetauscht wird, die<br />

also nur zwei Wärmebäder brauchen, heißen einfache Kreisprozesse.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 74 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


6.2.2 Wärmekraftmaschinen und Kältemaschinen<br />

Ein thermodynamisches System, das einem Kreisprozess unterworfen wird, kann<br />

zweierlei bewirken<br />

• Wärme in Arbeit überführen (vgl. Abb. 6-01).<br />

Man bezeichnet eine so arbeitende Maschine als Wärmekraftmaschine.<br />

• Wärme unter Arbeitsaufwand von einer Temperatur auf eine Temperatur<br />

T 2 > T 1 transportieren (vgl. Abb. 6-02).<br />

Eine solche Maschine heißt Kältemaschine; sie kann sowohl zur Kühlung<br />

(Kühlmaschine) wie auch zur Heizung (Wärmepumpe) oder zu beidem benützt<br />

werden.<br />

T 1<br />

Eine Strukturübersicht zur Nomenklatur bringt Abb. 6-03.<br />

Wärmebad T 2<br />

An das Wärmebad T 2<br />

abgegebene Wärme Q 2<br />

Dem System<br />

zugeführte Arbeit<br />

Systemgrenze<br />

Dem Wärmebad T 1<br />

entzogene Wärme Q 1<br />

Wärmebad T 1<br />

Abb. 6-02: Wärmetransport von kalt nach heiß unter Arbeitsaufwand.<br />

Wirkungsweise einer Kältemaschine.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 75 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Thermische Maschinen<br />

Maschinen zur Umwandlung und zum Transport von Wärme<br />

Wärmekraftmaschinen<br />

Thermische Maschinen zur<br />

Umwandlung<br />

von Wärme in Arbeit<br />

Kältemaschinen<br />

Thermische Maschinen zum Transport<br />

von Wärme unter Arbeitsaufwand<br />

von einem Temperaturbad T 1<br />

auf ein Temperaturbad T 2 > T1<br />

Kühlmaschinen<br />

Nutzen: Kühlung<br />

Wärmepumpen<br />

Nutzen: Heizung<br />

Abb. 6-03: Zur Nomenklatur Thermischer Maschinen.<br />

6.2.3 Einfacher Kreisprozess – Wirkungsgrad<br />

Als Beispiel wird ein einfacher Kreisprozess vorgestellt.<br />

Eine einfache Wärmekraftmaschine ist definiert als eine Maschine, die zwischen zwei<br />

Temperaturbädern und T < arbeitet. Es ist dabei (vgl. Abb. 6-01)<br />

T2<br />

1 T2<br />

• Q2<br />

die Wärmeaufnahme bei der Temperatur T2<br />

• Q1<br />

die Wärmeabgabe bei der Temperatur T1<br />

• W die nach außen abgegebene Arbeit<br />

Da der Endzustand und der Anfangszustand identisch sind, ist die Innere Energie U<br />

zur Beschreibung des Prozesses einer Wärmekraftmaschine ungeeignet. Da für einen<br />

Zyklus des Kreisprozesses die Änderung der Inneren Energie ΔU = 0 ist, ergibt<br />

der 1. Hauptsatz als Energiebilanz der Maschine<br />

Q<br />

1 + Q2<br />

+ W =<br />

0<br />

Will man die aufgenommenen und die abgegebenen Energiebeträge kennzeichnen,<br />

muss man die Gleichung mit Beträgen und den entsprechenden Vorzeichen schreiben.<br />

W<br />

= Q 2 − Q 1<br />

Unter einer idealen Wärmekraftmaschine versteht man eine Anordnung, die so arbeitet,<br />

dass alle vorkommenden Zustandsänderungen als reversible, quasistatische<br />

Vorgänge beschrieben werden können. Dazu sind notwendig<br />

• reibungsfreie Führung,<br />

• Prozesse als quasistatisches reversibles Durchlaufen von aufeinanderfolgenden<br />

Gleichgewichtszuständen,<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 76 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


• für die Isothermen: idealer Wärmeaustausch,<br />

• für die Isentropen: völlige Wärmeisolation,<br />

• sonstige Wärmeübertragungsprozesse sind ausgeschlossen.<br />

Das Verhältnis von Nutzen und Aufwand nennt man den Wirkungsgrad η.<br />

Als Nutzen ist hier die abgegebene Arbeit W , als Aufwand die aufgenommene Wärme<br />

Q 2 einzusetzen. Also<br />

η<br />

th,real<br />

=<br />

abgegebene Arbeit W<br />

aufgenommene WärmeQ<br />

2<br />

Der Wirkungsgrad ist positiv definiert. Er wird daher wegen der verschiedenen Vorzeichen<br />

von Wärme und Arbeit (vgl. Abschnitt 3.3) aus den Beträgen bestimmt.<br />

Das Verhältnis von Nutzen und Aufwand ist bei einer Wärmekraftmaschine immer<br />

kleiner als 1, da von der bei T 2 aufgenommenen Wärme stets ein Teil an das Wärmebad<br />

mit der Temperatur (Wärmesenke) abgegeben wird (vgl. Abb. 6-01).<br />

η th, < 1<br />

real<br />

T 1<br />

Eine ideale Wärmekraftmaschine hat den größtmöglichen, bei reversibler Führung<br />

von der Natur erlaubten, Wirkungsgrad. Man nennt diesen maximalen Wirkungsgrad<br />

den thermodynamischen Wirkungsgrad η .<br />

2<br />

th, C<br />

Er ist benannt nach dem Kreisprozess nach CARNOT, der in Abschnitt 6.3 behandelt<br />

wird.<br />

W<br />

η th,C = bei reversibler Prozessführung<br />

Q<br />

Für den thermodynamischen Wirkungsgrad<br />

Der Wirkungsgrad<br />

η th,C<br />

η th, C gil:<br />

aller idealen (und damit reversibel geführten) Wärmekraftmaschinen,<br />

die zwischen zwei identischen Temperaturbädern arbeiten, ist gleich<br />

groß.<br />

Begründung: Gäbe es zwei ideale Wärmekraftmaschinen (1) und (2), für die<br />

η 1) ≠ η (2) gälte, so ließen sich diese Maschinen so zusammenkoppeln,<br />

th, C ( th, C<br />

dass nur noch ein Wärmebad zur Wärmeaufnahme notwendig wäre, also im Gegensatz<br />

zur Erfahrung ein Perpetuum mobile 2. Art gebaut werden könnte.<br />

Deshalb kann der thermodynamische Wirkungsgrad η th, C einer einfachen Wärmekraftmaschine<br />

aus einem speziellen Kreisprozess berechnet werden. Der errechnete<br />

Wert gilt dann für alle Wärmekraftmaschinen und beliebige andere Kreisprozesse,<br />

die zwischen den gleichen Temperaturbädern arbeiten.<br />

Beispiele für technisch wichtige Kreisprozesse sind<br />

• der Kreisprozess nach CARNOT: 2 Isothermen und 2 Isentropen<br />

(vgl. Abb. 6-04),<br />

• der Kreisprozess nach STIRLING: 2 Isothermen und 2 Isochoren<br />

(vgl. Abb. 6-05).<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 77 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


6.3 Kreisprozess nach CARNOT<br />

p<br />

p 1<br />

1<br />

Teilprozesse<br />

Teilprozess '1' → '2': Isotherme Expansion<br />

Teilprozess '2' → '3': Isentrope Expansion<br />

[adiabates System]<br />

Teilprozess '3' → '4': Isotherme Kompression<br />

Teilprozess '4' → '1': Isentrope Kompression<br />

[adiabates System]<br />

p 2<br />

2<br />

T 2<br />

p 4<br />

p 3<br />

4<br />

3<br />

T 1<br />

V 1<br />

V 4<br />

V 2<br />

V 3<br />

V<br />

' 1' → '2'<br />

Isotherme<br />

Expansion<br />

' 2' → '3'<br />

Isentrope<br />

Expansion<br />

' 3' → '4'<br />

Isotherme<br />

Kompression<br />

' 4' → '1'<br />

Isentrope<br />

Kompression<br />

V 3<br />

V 3<br />

V 2<br />

V 2<br />

V 4<br />

V 4<br />

V 1<br />

V 1<br />

Wärmebad T 2<br />

Wärmeisolation<br />

Wärmebad T 1<br />

Wärmeisolation<br />

Abb. 6-04: Der Kreisprozess nach CARNOT.<br />

Oberes Teilbild: Darstellung im p,V -Diagramm.<br />

Unteres Teilbild: Realisierung der Teilprozesse.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 78 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


6.3.1 Beschreibung des Kreisprozesses<br />

Zur Umwandlung von Wärme in mechanische Nutzarbeit hat SADI CARNOT (1796 -<br />

1832) eine periodisch arbeitende Maschine vorgeschlagen; sie beruht auf einem einfachen<br />

Kreisprozess zwischen zwei Temperaturbädern. Der Kreisprozess nach<br />

CARNOT setzt sich zusammen aus zwei Isothermen bei den beiden Temperaturen T 1<br />

und T 2 > T 1 und zwei Isentropen, die den Übergang zwischen den beiden Temperaturbädern<br />

bewerkstelligen. Die Teilprozesse sind<br />

• Teilprozess '1' → '2': Isotherme Expansion,<br />

• Teilprozess '2' → '3': Isentrope Expansion in einem adiabaten System,<br />

• Teilprozess '3' → '4': Isotherme Kompression,<br />

• Teilprozess '4' → '1': Isentrope Kompression in einem adiabaten System.<br />

6.3.2 Umgesetzte Wärmen und Arbeiten<br />

Teilprozess '1' → '2': Isotherme Expansion bei der Temperatur T 2 = const.<br />

Anfangsvolumen , Endvolumen V .<br />

V1<br />

2<br />

Für diese Isotherme reduziert sich der 1. Hauptsatz auf ΔU<br />

= W + Q 0<br />

Abgegebene Volumenänderungsarbeit<br />

W<br />

V2<br />

12 −nRmT2<br />

⋅ln V 1<br />

12 12 =<br />

= (negativ, weil V > )<br />

Zugeführte Wärme<br />

Q<br />

V2<br />

12 −W12<br />

= nRmT2<br />

⋅ln V 1<br />

2 V 1<br />

= (positiv, weil V 2 < V1<br />

)<br />

Teilprozess '2' → '3': Isentrope Expansion – adiabates System ( Q 23 = 0 )<br />

Anfangstemperatur T2<br />

; Endtemperatur T 1 < T2<br />

;<br />

Anfangsvolumen ; Endvolumen V .<br />

V2<br />

3<br />

Für diese Isentrope reduziert sich der 1. Hauptsatz auf Δ U = W23<br />

Die abgegebene Arbeit (Expansion) entspricht einer Absenkung der Inneren Energie<br />

W23 = ΔU<br />

= ( U3<br />

−U2<br />

) = nCmv<br />

( T1<br />

−T2<br />

) (negativ, weil T 1 < T2<br />

)<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 79 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Teilprozess '3' → '4': Isotherme Kompression bei der Temperatur T 1 = const.<br />

Anfangsvolumen , Endvolumen V .<br />

V3<br />

4<br />

Für diese Isotherme reduziert sich der 1. Hauptsatz auf ΔU<br />

= W + Q 0<br />

Zugeführte Arbeit<br />

W<br />

4<br />

34 −nRmT1<br />

ln = nRmT1<br />

⋅ln<br />

V3<br />

4<br />

34 34 =<br />

V<br />

V3<br />

= (positiv, weil V 3 > V 4 ; W34<br />

zugeführt)<br />

V<br />

Abgegebene Wärme<br />

Q<br />

V3<br />

34 −W34<br />

= −nRmT1<br />

ln V 4<br />

= (negativ, weil V > ; abgegeben)<br />

3 V 4<br />

Teilprozess '4' → '1': Isentrope Kompression – adiabates System ( Q41 = 0)<br />

Anfangstemperatur T1<br />

; Endtemperatur T2<br />

;<br />

Anfangsvolumen ; Endvolumen V .<br />

V4<br />

1<br />

Für diese Isentrope reduziert sich der 1. Hauptsatz auf Δ U = W41<br />

Die zugeführte Arbeit (Kompression) entspricht einer Zunahme der Inneren Energie<br />

W<br />

= ΔU<br />

= U −U<br />

) = nC ( T − ) (positiv, also zugeführt, weil T > )<br />

41 ( 2 1 mv 2 T1<br />

2 T 1<br />

Hinweis: Damit gilt<br />

W<br />

+ W41<br />

= nCmv<br />

( T1<br />

−T2<br />

) + nCmv<br />

( T2<br />

−T1)<br />

23 =<br />

Die Summe der umgesetzten Arbeiten und W ergibt null.<br />

0<br />

W23<br />

41<br />

Bilanz: Insgesamt wird in einem Zyklus eines Kreisprozesses nach CARNOT die Arbeit<br />

∫ δ W = W + W + W + W = W + W<br />

Zyklus<br />

umgesetzt; also<br />

∫ δ W = W<br />

Zyklus<br />

12<br />

12<br />

+ W<br />

23<br />

34<br />

34<br />

= −nR<br />

m<br />

= −(<br />

nR<br />

T<br />

m<br />

2<br />

T<br />

41<br />

V<br />

⋅ln(<br />

V<br />

2<br />

2<br />

1<br />

V<br />

⋅ln(<br />

V<br />

12<br />

) + nR<br />

2<br />

1<br />

) − nR<br />

34<br />

m<br />

T<br />

m<br />

1<br />

T<br />

V<br />

⋅ln(<br />

V<br />

1<br />

3<br />

4<br />

V<br />

⋅ln(<br />

V<br />

In einem Zyklus des Kreisprozesses nach CARNOT wird nur beim<br />

Teilprozess '1' → '2' Wärme aufgenommen; diese ist gegeben durch<br />

V2<br />

12 nRmT2<br />

ln V 1<br />

Q =<br />

3<br />

4<br />

)<br />

))<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 80 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


6.3.3 Thermodynamischer Wirkungsgrad<br />

Für die Wärmekraftmaschine nach CARNOT interessiert der Nutzen, also die abgegebene<br />

Arbeit, in ihrem Verhältnis zum Aufwand, der zugeführten Wärme. Diese Kenngröße<br />

heißt Wirkungsgrad, präziser thermodynamischer Wirkungsgrad . Der<br />

Wirkungsgrad<br />

η th,C<br />

η th, C<br />

ist also definiert als der Quotient aus Betrag der abgegebenen<br />

Arbeit (Erinnerung an die Vorzeichenkonvention) und Betrag der zugeführten Wärme;<br />

also<br />

η<br />

th,C<br />

∫ δW<br />

=<br />

Q<br />

12<br />

nR<br />

=<br />

m<br />

V2<br />

V3<br />

T2<br />

⋅ln(<br />

) − nRmT1<br />

⋅ln(<br />

V1<br />

V4<br />

V2<br />

nRmT2<br />

⋅ln(<br />

)<br />

V<br />

1<br />

)<br />

T<br />

= 1−<br />

T<br />

1<br />

2<br />

V<br />

ln(<br />

V<br />

⋅<br />

V<br />

ln(<br />

V<br />

Man braucht eine weitere Gleichung, die die Volumina für den Kreisprozess miteinander<br />

verknüpft.<br />

Der Quotient aus den natürlichen Logarithmen der Volumenverhältnisse lässt sich<br />

folgendermaßen bestimmen:<br />

Für die isentropen Zustandsänderungen der Teilprozesse '2' → '3' und '4' → '1' gelten<br />

jeweils die Isentropengleichungen<br />

TV<br />

κ−1 = const.<br />

also<br />

für Teilprozess '2' → '3':<br />

für Teilprozess '4' → '1':<br />

T V<br />

2<br />

κ−1<br />

2<br />

κ−1<br />

1 4<br />

T V<br />

Division der beiden Gleichungen ergibt<br />

V<br />

V<br />

κ−1<br />

3<br />

κ−1<br />

2<br />

=<br />

V<br />

V<br />

κ−1<br />

4<br />

κ−1<br />

1<br />

V 3 V<br />

ln( ) = ln(<br />

V V<br />

4<br />

2<br />

1<br />

)<br />

oder<br />

= T V<br />

κ−1<br />

1 3<br />

κ−1<br />

2 1<br />

= T V<br />

V 3 V =<br />

4 oder<br />

3 V2<br />

V2<br />

V1<br />

V4<br />

V1<br />

oder<br />

oder<br />

3<br />

4<br />

2<br />

1<br />

)<br />

)<br />

T<br />

T<br />

2<br />

1<br />

T<br />

T<br />

V = und damit auch<br />

2<br />

1<br />

=<br />

V<br />

V<br />

=<br />

V<br />

V<br />

κ−1<br />

3<br />

κ−1<br />

2<br />

κ−1<br />

4<br />

κ−1<br />

1<br />

Damit wird im Wirkungsgrad der Quotient der Logarithmen der Volumenverhältnisse<br />

gleich Eins und es bleibt<br />

η<br />

T1<br />

th, C = 1−<br />

T 2<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 81 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


6.4 Kreisprozess nach STIRLING und STIRLING-Motor<br />

p<br />

2<br />

Teilprozesse<br />

Teilprozess '1' → '2': Isochore Erwärmung<br />

Teilprozess '2' → '3': Isotherme Expansion<br />

(Arbeitstakt)<br />

Teilprozess '3' → '4': Isochore Abkühlung<br />

Teilprozess '4' → '1': Isotherme Kompression<br />

3<br />

1<br />

T 2<br />

4<br />

T 1<br />

V 1<br />

V 2<br />

V<br />

4 → 1<br />

1 → 2 2 → 3<br />

3 → 4<br />

T 2<br />

T 1<br />

Abb. 6-05: Kreisprozess nach STIRLING (rechtsläufig) – Wärmekraftmaschine.<br />

Oberes Teilbild: Darstellung im p,V -Diagramm.<br />

Unteres Teilbild: Realisierung der Teilprozesse.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 82 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


6.4.1 Beschreibung des Kreisprozesses<br />

Der Kreisprozess nach STIRLING setzt sich zusammen aus zwei Isothermen und zwei<br />

Isochoren. Er ist in Abb. 6-05 in einem idealisierten p,V-Diagramm dargestellt. Der<br />

Arbeitsstoff bleibt im System eingeschlossen, es liegt ein geschlossenes System vor.<br />

Erwärmung und Abkühlung erfolgt von außen.<br />

Der Arbeitsstoff durchläuft folgende Zustandsänderungen<br />

• '1' → '2': Isochore Wärmeaufnahme (Aufwärmen von auf T ).<br />

Q12<br />

T1<br />

2<br />

T 2<br />

Q23<br />

= Arbeitsabgabe − W23<br />

Q34<br />

T2<br />

T1<br />

T 1<br />

• '2' → '3': Isotherme Expansion bei der Temperatur ).<br />

(Wärmeaufnahme<br />

• '3' → '4': Isochore Wärmeabgabe (Abkühlen von auf ).<br />

• '4' → '1': Isotherme Kompression bei der Temperatur<br />

(Wärmeabgabe − Q 41 = Arbeitsaufnahme W 41 ).<br />

6.4.2 Umgesetzte Wärmen und Arbeiten<br />

Wegen Δ T = T2 −T1<br />

= T1<br />

−T2<br />

ist betragsmäßig die Wärmeaufnahme auf dem Weg ('1' → '2') gleich der Wärmeabgabe<br />

auf dem Weg ('3' → '4').<br />

Bei der technischen Realisierung in einem Heißgasmotor wird das Arbeitsgas auf<br />

den Wegen ('1' → '2') und ('3' → '4') nicht periodisch von außen aufgeheizt bzw. abgekühlt.<br />

Vielmehr pumpt man den Arbeitsstoff mittels eines Verdrängerkolbens von<br />

einem Raum im Kontakt mit dem Wärmebad T 1 in einen Raum im Kontakt mit dem<br />

Wärmebad T 2 und umgekehrt. Für die Aufwärmung des Arbeitsstoffes auf dem Weg<br />

('1' → '2') und die Abkühlung auf dem Weg ('3' → '4') sorgt ein Wärmespeicher (Regenerator).<br />

Die dabei übertragenen Wärmen Q12<br />

und Q34<br />

bleiben innerhalb der Maschine,<br />

so dass nur die Wärmen Q23<br />

und Q41<br />

über die Systemgrenzen ausgetauscht<br />

werden. Technisch wird der Regenerator durch Kupferwolle realisiert, durch die der<br />

Arbeitsstoff auf den Wegen ('1' → '2') bzw. ('3' → '4') gedrückt wird (vgl. Abb. 6-06).<br />

6.4.3 Thermodynamischer Wirkungsgrad<br />

Es gilt die Definition für den thermodynamischen Wirkungsgrad<br />

η<br />

th,C<br />

=<br />

abgegebene Arbeit W<br />

aufgenommene Wärme Q<br />

23<br />

Die insgesamt abgegebene Arbeit W ist die Summe aller bei den Zustandsänderungen<br />

übertragener Arbeiten<br />

W = W + W + W +<br />

12 23 34 W41<br />

Für die beiden isochoren Prozesse ist<br />

W = W 0<br />

12 34 =<br />

Für die beiden isothermen Prozesse ergibt sich<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 83 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


W<br />

W<br />

23<br />

41<br />

= −<br />

= −<br />

V<br />

V<br />

V<br />

V<br />

2<br />

∫<br />

1<br />

1<br />

∫<br />

2<br />

pdV<br />

pdV<br />

= −n R<br />

= −n R<br />

m<br />

m<br />

T<br />

T<br />

V<br />

2<br />

V<br />

V<br />

1<br />

∫<br />

1<br />

V<br />

2<br />

∫<br />

2<br />

1<br />

dV<br />

V<br />

dV<br />

V<br />

= −n R<br />

= −n R<br />

Die insgesamt abgegebene Arbeit wird damit<br />

W = −∫<br />

p dV<br />

= −nR<br />

m<br />

( T<br />

2<br />

V<br />

−T1)<br />

⋅ln<br />

V<br />

2<br />

1<br />

m<br />

m<br />

T<br />

2<br />

V<br />

⋅ln<br />

V<br />

1<br />

2<br />

2<br />

V<br />

T1<br />

⋅ln<br />

V<br />

1<br />

= + n R<br />

m<br />

V<br />

T1<br />

⋅ln<br />

V<br />

Weil die Innere Energie U bei einem isothermen Prozess konstant bleibt, gilt nach<br />

dem 1. Hauptsatz für die Isotherme T2<br />

Q<br />

= −<br />

23 W 23<br />

Damit lassen sich sowohl die Arbeit W und die Wärme<br />

thermodynamischen Wirkungsgrad einsetzen.<br />

η<br />

η<br />

th,Stirling<br />

th,Stirling<br />

− n Rm<br />

( T2<br />

−T1)<br />

⋅ln(<br />

V2<br />

/ V1)<br />

=<br />

n R T ⋅ln(<br />

V / V )<br />

T2<br />

−T<br />

=<br />

T<br />

2<br />

1<br />

m<br />

2<br />

T<br />

= 1−<br />

T<br />

1<br />

2<br />

2<br />

1<br />

Q 23<br />

2<br />

1<br />

in die Beziehung für den<br />

Wie erwartet, ergibt sich das gleiche Ergebnis wie bei der Berechnung des Wirkungsgrades<br />

nach einem CARNOTschen Kreisprozess. Der thermodynamische Wirkungsgrad<br />

ist immer kleiner als eins, er hängt nur ab vom Verhältnis der Temperaturen<br />

T1<br />

und T2<br />

der beiden Wärmebäder.<br />

Die insgesamt abgegebene Arbeit wird repräsentiert durch die Fläche, die bei dem<br />

rechtsläufigen Prozess umfahren wird. Die abgegebene Arbeit W wird bei technischen<br />

Maschinen durch die für die Volumina das Kompressionsverhältnis ( V 2 / V 1)<br />

ein.<br />

Der reale Wirkungsgrad hängt stark davon ab, inwieweit der interne Wärmeaustausch<br />

Q = realisiert werden kann.<br />

12 Q 34<br />

6.5 Weitere Beispiele für technische Kreisprozesse<br />

Technische Kreisprozesse können näherungsweise durch eine Folge spezieller Zustandsänderungen<br />

modellmäßig beschreiben werden. Als reale Prozesse enthalten<br />

technische Prozesse immer einen irreversiblen Anteil, ihr Wirkungsgrad (beim Betrieb<br />

als Arbeitsmaschine/Wärmekraftmaschine – also rechtsläufigen Gesamtprozessen)<br />

ist stets kleiner als der einer korrespondierenden CARNOT-Maschine zwischen<br />

den gleichen Wärmebädern.<br />

Spezielle Modell-Prozesse, die als Vergleichsprozesse bezeichnet werden, sind<br />

• DIESEL-Prozess<br />

• OTTO-Prozess<br />

• JOULE-Prozess (Gasturbine)<br />

(vgl. Abb. 6-06). Es wird auf einschlägige Fachliteratur verwiesen.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 84 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


p<br />

'2'<br />

Q zu<br />

'3'<br />

DIESEL-Prozess<br />

Teilprozess '1' → '2'<br />

Isentrope Kompression<br />

Teilprozess '2' → '3'<br />

Isobare Expansion<br />

W<br />

'4'<br />

Teilprozess '3' → '4'<br />

Isentrope Expansion<br />

(Arbeitstakt)<br />

Teilprozess '4' → '1'<br />

Isochore Abkühlung<br />

Q ab<br />

'1'<br />

V<br />

p<br />

'3'<br />

Q zu<br />

'4'<br />

JOULE-Prozess (Gasturbine)<br />

Teilprozess '1' → '2'<br />

Isobare Kompression<br />

‘<br />

W<br />

Teilprozess '2' → '3'<br />

Isentrope Kompression<br />

Teilprozess '3' → '4'<br />

Isobare Expansion<br />

(Arbeitstakt)<br />

Teilprozess '4' → '1'<br />

Isentrope Expansion<br />

'2'<br />

Q ab<br />

'1'<br />

V<br />

p<br />

'3'<br />

OTTO-Prozess<br />

Teilprozess '1' → '2'<br />

Isentrope Kompression<br />

Teilprozess '2' → '3'<br />

Isochore Erwärmung<br />

Q zu<br />

'2'<br />

W<br />

'4'<br />

Teilprozess '3' → '4'<br />

Isentrope Expansion<br />

(Arbeitstakt)<br />

Teilprozess '4' → '1'<br />

Isochore Abkühlung<br />

'1'<br />

Q ab<br />

V<br />

Abb. 6-06: Spezielle Modell-Prozesse – Vergleichsprozesse.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 85 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


6.6 Folgerungen aus dem thermodynamischen Wirkungsgrad<br />

Die hergeleitete Beziehung für den thermodynamischen Wirkungsgrad<br />

η th,C<br />

jeden einfachen Kreisprozess zwischen zwei Wärmebädern der Temperaturen<br />

und T 2 > T 1 (vgl. Abschnitt 6.2). Also<br />

η<br />

−<br />

T2<br />

T1<br />

T1<br />

th, C = = 1−<br />

T2<br />

T 2<br />

Daraus folgt, dass<br />

ηth,C<br />

stets < 1; da T 1 < T2<br />

Q<br />

−<br />

Q<br />

2 1<br />

η th,C =<br />

mit Q 2 > Q1<br />

Q2<br />

Die Forderung<br />

. Dies ergab sich bereits aus der Definition<br />

gilt für<br />

T<br />

ηth,<br />

C → 1 ist nur erfüllbar, falls<br />

1


Damit kann eine Temperaturskala definiert werden, die nicht mehr von den Stoffeigenschaften<br />

eines Gases abhängt und die die Temperaturmessung über den Temperaturbereich<br />

hinaus, in dem Gasthermometer eingesetzt werden können, festlegt.<br />

Dazu misst man die umgesetzten Wärmen bei reversiblen Kreisprozessen. Durch die<br />

Messung von Wärmen wird eine Temperaturskala definiert, die unabhängig von<br />

Stoffeigenschaften ist.<br />

Diese Temperaturskala wird wieder am Tripelpunkt des Wassers festgebunden. Die<br />

so definierte Temperaturskala nennt man<br />

die absolute thermodynamische Temperaturskala.<br />

Die in Abschnitt 2.3.3 definierte – und noch von den Gaseigenschaften abhängige<br />

Gastemperatur – ist im Temperaturbereich ihrer Gültigkeit mit der absoluten thermodynamischen<br />

Temperaturskala identisch.<br />

6.8 Kältemaschinen<br />

Wenn man den einer Wärmekraftmaschine zugrunde liegenden Kreisprozess in Gegenrichtung<br />

ablaufen lässt, dann ändern sich die Richtungen der Energieübertragung.<br />

Die grundsätzliche Wirkungsweise einer solchen Maschine ist aus Abb. 6-02 ersichtlich:<br />

• Die beiden Wärmebäder haben die Temperaturen T1<br />

und T2<br />

(mit T 2 > T1).<br />

• Der Arbeitsstoff nimmt aus dem Wärmebad der Temperatur T1<br />

die Wärme Q1<br />

auf.<br />

• Der Arbeitsstoff nimmt die Arbeit W auf, d. h. an dem System wird Arbeit verrichtet.<br />

• Der Arbeitsstoff gibt an das Wärmebad der Temperatur die Wärme Q ab.<br />

Der 1. Hauptsatz liefert<br />

Q + W + Q 0<br />

1 2 =<br />

oder mit Beträgen beschrieben<br />

Q + W =<br />

1 Q 2<br />

T2<br />

2<br />

Diese Maschine liefert also die bei der Temperatur 1 aufgenommene Wärme Q<br />

und die aufgenommene Arbeit W beim Wärmebad als Wärme Q ab.<br />

T 1<br />

T2<br />

2<br />

• Dem Wärmebad T1<br />

wird die Wärme Q1<br />

entzogen.<br />

• Dem Wärmebad T2<br />

wird die Wärme Q2<br />

zugeführt.<br />

• Dazu muss Arbeit zugeführt werden.<br />

Die Maschine leistet also unter Arbeitsaufwand Wärmetransport gegen das Temperaturgefälle.<br />

Sie ist für zwei Zwecke einsetzbar (vgl. Abb. 6-03).<br />

• Als Wärmepumpe wird die Kältemaschine zu Heizzwecken verwendet. Der<br />

Nutzen ist die Ablieferung von Wärme bei höherer Temperatur. Als Reservoir,<br />

dem Wärme entzogen wird, kann Wasser, Luft oder auch der Erdboden dienen.<br />

• Als Kühlmaschine wird die Maschine zu Kühlzwecken benutzt. Der Nutzen ist<br />

Wärmeentzug aus einem Wärmebad tiefer Temperatur.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 87 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Bei der Wärmepumpe ist die zur Heizung zur Verfügung gestellte Wärme größer<br />

als die zum Pumpen aufgewandte mechanische Arbeit. Als Maß für die abgegebene<br />

Wärme in Vergleich zur aufgewandten Arbeit dient der Heizleistungsgrad ε H einer<br />

Wärmepumpe<br />

Q2<br />

εH = > 1<br />

W<br />

Die – hier nicht behandelte Theorie liefert – dafür<br />

Q2<br />

T2<br />

1<br />

εH<br />

=<br />

= =<br />

Q − Q T −T<br />

η<br />

2<br />

1<br />

2<br />

1<br />

th,C<br />

Der Heizleistungsgrad ε ist reziprok zum thermodynamischen Wirkungsgrad .<br />

H<br />

Q 2<br />

η th, C<br />

In der Übersicht Abb. 6-07 sind für einen STIRLINGschen Kreisprozess die Funktionsweisen<br />

Heißgasmotor, Wärmepumpe und Kühlmaschine nebeneinandergestellt. Eingezeichnet<br />

sind neben den Temperaturen die umgesetzten Wärmen und Arbeiten mit<br />

den Richtungen, wie sie über die Systemgrenze ausgetauscht werden. Der jeweilige<br />

Kreisprozess ist im p,V -Diagramm dargestellt.<br />

Heißgasmotor<br />

Kühlmaschine<br />

T<br />

2<br />

T 1<br />

Q 23<br />

Q 34<br />

Abb. 6-07: Anwendungen<br />

des STIRLINGschen<br />

Kreisprozesses.<br />

Wärmekraftmaschinen und<br />

Kältemaschinen.<br />

T<br />

1<br />

T 2<br />

Q 41<br />

W<br />

Q 12 W<br />

Umlauf im<br />

p, V -<br />

Diagramm<br />

p<br />

2<br />

3<br />

p<br />

2<br />

3<br />

1<br />

4<br />

1<br />

4<br />

V<br />

V<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 88 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Wärmepumpe<br />

Heißgasmotor<br />

T 2<br />

T 1<br />

Q 34<br />

Q 41<br />

T 2<br />

Q 12 W<br />

Q 23<br />

Umlauf im<br />

p, V -<br />

Diagramm<br />

p<br />

2<br />

3<br />

p<br />

2<br />

3<br />

1<br />

4<br />

V<br />

1<br />

4<br />

V<br />

Abb. 6-06: Anwendungen des STIRLINGschen Kreisprozesses. Wärmekraftmaschinen<br />

und Kältemaschinen.<br />

6.9 Entropie<br />

6.9.1 Phänomenologische Einführung und Definition<br />

In den vorigen Abschnitten wurden einerseits die Grenzen der Umwandelbarkeit von<br />

Wärme in Arbeit gezeigt (vgl. Wärmekraftmaschine, Abschnitt 6.2) und andererseits<br />

sind Prozesse vorgestellt worden, die von selbst nur in eine Richtung ablaufen können.<br />

In diesem Abschnitt soll der Begriff Entropie eingeführt werden, der die mathematische<br />

Verfolgung und Beschreibung dieser Vorgänge erlaubt. Dies geschieht mit einer<br />

Beziehung, die die Einsinnigkeit physikalischer Vorgänge erfasst, bei denen Wärme<br />

beteiligt ist. Der 2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong> erscheint in Form einer mathematischen<br />

Ungleichung.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 89 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Eng verknüpft mit dem Begriff Entropie ist die Isentrope, d. h. eine Kurve gleicher<br />

Entropie, die bereits in Abschnitt 4.4 für ein adiabates System bei reversibler Prozessführung<br />

eingeführt wurde.<br />

Für eine ideale, reversibel geführte Wärmekraftmaschine wurde in Abschnitt 6.2.3<br />

der thermodynamische Wirkungsgrad η definiert:<br />

η th, C =<br />

η<br />

aufgenommene Wärme<br />

th, C<br />

abgegebene mechanische Arbeit<br />

Q<br />

−<br />

Q<br />

2 1<br />

th, C =<br />

= 1<br />

Q2<br />

−<br />

Q<br />

Q<br />

1<br />

2<br />

Bei reversibler Wärmeübertragung ist der thermodynamische Wirkungsgrad nach<br />

Abschnitt 6.3.2<br />

−<br />

η .<br />

T2<br />

T1<br />

T1<br />

th, C = = 1−<br />

T2<br />

T 2<br />

Gleichsetzen dieser beiden Beziehungen liefert<br />

Q<br />

1−<br />

Q<br />

1<br />

und damit<br />

1<br />

2<br />

Q 1 =<br />

T<br />

T<br />

= 1−<br />

T<br />

Q<br />

T<br />

2<br />

2<br />

.<br />

1<br />

2<br />

Damit hat man eine physikalische Größe gefunden, die sich bei dem Prozess nicht<br />

geändert hat.<br />

Das lässt sich verallgemeinern; dividiert man die bei einer reversiblen Zustandsänderung<br />

übertragene Wärme δQ durch die Temperatur T , bei der die Wärmeübertragung<br />

erfolgt, so ist die Größe das Differential einer Zustandsgröße.<br />

δQ<br />

T<br />

Der Nachweis lässt sich sowohl thermodynamisch als auch mathematisch (integrierender<br />

Nenner) führen, wird aber hier nicht ausgeführt.<br />

Diese Zustandsgröße wird als Entropie bezeichnet. Sie hat die Definitionsgleichung<br />

δQrev<br />

reversibel übertragene Wärme δQ<br />

dS<br />

= =<br />

T zugehörige Temperatur T<br />

Für die beschriebenen Kreisprozesse nach CARNOT und STIRLING heißt das, dass die<br />

dem System zugeführten Entropien gleich den vom System abgegebenen Entropien<br />

sind. Bei diesem reversiblen Prozess bleibt also die neu eingeführte Größe Entropie<br />

erhalten.<br />

Führt man nach der Vorzeichenkonvention für die umgesetzten Wärmen die zugehörigen<br />

algebraischen Vorzeichen ein, dann lässt sich die obige Aussage als algebraische<br />

Gleichung schreiben.<br />

Unter Benutzung des Summensymbols gilt für jeden reversibel geführten Kreisprozess<br />

∑ ΔS<br />

= 0<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 90 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


6.9.2 Entropie und 2. Hauptsatz – vertiefte Betrachtung<br />

Temperatur T und die Innere Energie U (1. Hauptsatz) sind Zustandsfunktionen, die<br />

den thermodynamischen Zustand eines Systems beschreiben. Für reversible Kreisprozesse<br />

– als Beispiel sei der CARNOTsche Kreisprozess genannt – gilt, dass die<br />

Summe der reduzierten Wärmen (definiert als Quotient aus umgesetzter Wärme Q<br />

und zugehöriger Temperatur T ) null ist.<br />

Nach CLAUSIUS definiert man eine weitere Zustandsfunktion – die Entropie S<br />

zentral zum 2. Hauptsatz der Thermodynamik gehört.<br />

– die<br />

Man betrachtet einen quasistatischen, reversiblen Prozess zwischen zwei Gleichgewichtszuständen.<br />

Dabei werde die (reversible) Wärme δ Qrev<br />

umgesetzt. Man definiert<br />

nach CLAUSIUS die Änderung dS der neuen Größe Entropie zwischen den beiden<br />

Gleichgewichtszuständen als Quotient der umgesetzten Wärme δQ rev und der<br />

Temperatur T des Systems in diesem Intervall; also<br />

δQ<br />

dS<br />

=<br />

T<br />

rev<br />

zugeführte Wärme bedeutet eine positive Änderung der Zustandsfunktion Entropie,<br />

also eine Zunahme,<br />

abgegebenen Wärme bedeutet eine negative Änderung der Zustandsfunktion Entropie,<br />

also eine Abnahme.<br />

δQ rev<br />

Die umgesetzte Wärme ist keine Zustandsgröße, sie hängt von der Prozessführung<br />

ab. Die Größe dS wird durch den – mathematisch gesprochen – integrierenden<br />

Faktor T im Nenner zu einem totalen Differential, d. h. zu einer Zustandsgröße.<br />

Wichtig ist bei der umgesetzten Wärme der Index ‘rev’, der auf die Forderung<br />

einer reversiblen Versuchsführung hinweist.<br />

Die obige Definition führt die Entropieänderung als Differential ein. Sie definiert die<br />

Änderung dS<br />

der Entropie S , nicht die Entropie S selbst. Der absolute Wert der<br />

Entropie ist deshalb nur bis auf eine additive Konstante – mathematisch gesprochen<br />

die Integrationskonstante – bestimmt.<br />

Historisch wurde der Begriff Entropie zunächst in der Thermodynamik eingeführt.<br />

Die Entropie wurde später in der statistischen Mechanik sehr wichtig; die statistische<br />

Mechanik lieferte über die Wahrscheinlichkeit thermodynamischer Zustände einen<br />

neuen Zugang zum Begriff Entropie; schlagwortartig beschrieben mit den Begriffen<br />

Ordnung bzw. Unordnung eines Systems.<br />

Um für einen endlichen Prozess die Änderung dS der Entropie zu berechnen, muss<br />

man berücksichtigen, dass i. Allg. die Temperatur T nicht konstant bleibt. Die Änderung<br />

der Entropie S für einen beliebigen, reversiblen Prozess zwischen einen Anfangszustand<br />

'A' und einem Endzustand 'E' ist gegeben durch<br />

ΔS<br />

=<br />

E<br />

∫<br />

A<br />

dS<br />

=<br />

E<br />

∫<br />

A<br />

δQ<br />

T<br />

Man kann zeigen, dass die Entropieänderung Δ S nur vom End- und Anfangszustand<br />

abhängt, aber unabhängig vom gewählten Weg zwischen diesen beiden Zuständen<br />

ist. Der Grund ist, dass dS mathematisch die Forderung totales Differential erfüllt.<br />

Ohne Beweis sei angegeben, dass man zeigen kann, dass sonst die Gültigkeit des 2.<br />

Hauptsatzes verletzt wäre.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 91 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Bei einem reversiblen Prozess in einen adiabaten System wird keine Wärme über die<br />

Systemgrenzen übertragen. Wegen δQ = 0 wird die Entropieänderung ΔS = 0 . Ein<br />

Prozess, bei dem sich die Entropie nicht ändert, nennt man einen isentropen Prozess.<br />

Dieser Begriff wurde bereits im Kapitel spezielle Zustandsänderungen im Vorgriff<br />

auf die Definition der Entropie benutzt.<br />

6.9.2.1 Anwendung auf den Kreisprozess nach CARNOT<br />

Für einen Zyklus des Kreisprozesses nach CARNOT ist<br />

• Zugeführte Wärme bei der Temperatur Tzu<br />

δQ zu > 0<br />

• Abgegebene Wärme bei der Temperatur T ab < Tzu<br />

δQ ab < 0<br />

Damit wird die Entropieänderung für einen Zyklus<br />

δQzu<br />

δQab<br />

Δ S = −<br />

T T<br />

zu<br />

ab<br />

Für einen CARNOTschen Kreisprozess gilt<br />

δQ zu T =<br />

zu<br />

δQ<br />

T<br />

ab<br />

ab<br />

Damit wird die Entropieänderung für einen Zyklus eines CARNOTschen Kreisprozesses<br />

ΔS = 0<br />

Für einen beliebigen, reversiblen Zyklus muss dies auch gelten, weil Endzustand und<br />

Anfangszustand zusammenfallen, und die Entropie nur vom Zustand des Systems<br />

abhängt. In mathematischer Symbolik schreibt man das als Kreisintegral um einen<br />

geschlossenen Weg zu symbolisieren<br />

∫ δ Q<br />

ΔS<br />

= = 0<br />

T<br />

6.9.2.2 Entropieänderungen bei quasistatischen, reversiblen Prozessen<br />

eines idealen Gases<br />

Ein ideales Gas soll in einem quasistatisch, reversiblen Prozess von einem Anfangszustand<br />

(Anfangstemperatur TA<br />

, Anfangsvolumen VA<br />

) in einen Endzustand (Endtemperatur<br />

TE<br />

, Endvolumen VE<br />

) überführt werden. Zur Berechnung der Entropieänderung<br />

braucht man<br />

• den 1. Hauptsatz d U = δQ<br />

+ δW<br />

mit der Definition der Arbeit:<br />

δ W = − p dV<br />

• die Zustandsgleichung eines idealen Gases: pV = nR T<br />

• zur Bestimmung der Änderung dU der Inneren Energie U<br />

1 dU<br />

die molare isochore Wärmekapazität:<br />

C mv =<br />

n dT<br />

m<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 92 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Der 1. Hauptsatz<br />

liefert<br />

d U = δQ<br />

+ δW<br />

nRmT<br />

δ Q = dU<br />

− δW<br />

= nCmv dT<br />

+ p dV<br />

= nCmv<br />

dT<br />

+ dV<br />

V<br />

damit wird<br />

δQ<br />

= nC<br />

T<br />

dT<br />

T<br />

mv +<br />

nR<br />

m<br />

dV<br />

V<br />

Zur Bestimmung der Entropieänderung muss über die reduzierten Wärmen integriert<br />

werden. Also<br />

ΔS<br />

=<br />

E<br />

∫<br />

A<br />

= nC<br />

δQ<br />

=<br />

T<br />

mv<br />

T<br />

T<br />

E<br />

∫<br />

A<br />

nC<br />

⎡T<br />

⋅ln⎢<br />

⎣T<br />

E<br />

A<br />

mv<br />

dT<br />

T<br />

⎤<br />

⎥ + nR<br />

⎦<br />

+<br />

m<br />

V<br />

V<br />

E<br />

∫<br />

A<br />

nR<br />

⎡V<br />

⋅ln⎢<br />

⎣V<br />

m<br />

E<br />

A<br />

dV<br />

V<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦<br />

Die Entropieänderung dS<br />

ist positiv ( > 0 ), wenn dem System bei dem Prozess<br />

Wärme zugeführt wird und negativ ( < 0 ), wenn das System bei dem Prozess Wärme<br />

abgibt.<br />

Das Ergebnis zeigt wieder, dass die Entropieänderung nur von End- und Anfangszustand<br />

abhängt, aber nicht vom reversiblen Weg vom Anfangs- in den Endzustand.<br />

Für einen zyklischen, reversiblen Prozess ist der Endzustand gleich dem Anfangszustand<br />

und damit die Entropieänderung gleich null.<br />

6.9.2.3 Entropieänderungen bei irreversiblen Prozessen<br />

Entropieänderungen dS können nach der obigen Definition nur für reversible Prozesse<br />

zwischen einem Anfangs- und einem Endzustand berechnet werden.<br />

Bei irreversiblen Prozessen nimmt die Entropie stets zu. Es gilt ein Naturgesetz, das<br />

durch eine Ungleichung ausgedrückt wird<br />

E<br />

d<br />

Δ S = ∫ S > 0<br />

A<br />

Der 2. Hauptsatz kann mit dieser Aussage strenger formuliert werden: In einem abgeschlossenen<br />

System ist für einen reversibel geführten Prozess die Entropieänderung<br />

null; enthält der Prozess einen irreversiblen Anteil, dann ist die Entropieänderung<br />

positiv, die Entropie nimmt zu. Prozesse, die in der Natur von selbst ablaufen,<br />

sind solche, bei denen die Entropie zunimmt. Es gilt<br />

ΔS ≥ 0<br />

das Gleichheitszeichen gilt nur für reversible Prozesse.<br />

Weil die Entropie eine Zustandsfunktion ist, die nur von Anfangs- und Endzustand<br />

abhängt (man kann zeigen, dass sonst der 2.Hauptsatz verletzt wäre) können Entropieänderungen<br />

auch für reale (irreversible) Zustandsänderungen berechnet werden.<br />

Man muss dazu einen – auch fiktiven – reversiblen Weg vorgeben und die Entropie-<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 93 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


änderung ausrechnen. Diese ist wegen der Wegunabhängigkeit identisch zu Entropieänderung<br />

des irreversiblen Prozesses.<br />

Dies soll an einigen Beispielen gezeigt werden.<br />

Wärmeleitung<br />

Betrachtet wird der Wärmetransport zwischen zwei Temperaturbädern '2' und '1'.<br />

Das Wärmebad '2' (heiß) hat die Temperatur T 2 > T 1 ; es gibt die Wärme Q ab;<br />

die Entropieabnahme ist<br />

Q<br />

Δ S2<br />

= −<br />

T<br />

2<br />

Das Wärmebad '1' (kalt) hat die Temperatur<br />

ausgeschlossen sein – die Wärme Q auf;<br />

Q<br />

die Entropiezunahme ist Δ S = +<br />

1<br />

Damit wird die Entropieänderung des Gesamtsystems<br />

Q Q 1 1<br />

ΔS = ΔS1 + ΔS2<br />

= − = Q(<br />

− ) > 0 weil T 2 > T1<br />

T T T T<br />

1<br />

2<br />

T 1<br />

1<br />

2<br />

T 1<br />

; es nimmt – Wärmeverluste sollen<br />

d. h., bei Wärmeleitung nimmt die Entropie zu.<br />

In der Natur laufen nur solche Prozesse von selbst ab, bei denen die Entropie zunimmt;<br />

Wärme fließt von allein von heiß nach kalt.<br />

Schmelzprozess<br />

Um einen Festkörper (Masse m ) zu schmelzen, also den Phasenübergang fest →<br />

flüssig zu bewerkstelligen, ist die spezifische Schmelzwärme (genauer ausgedrückt<br />

Schmelzenthalpie) Δh s aufzubringen. Als Vergleichsprozess soll das Schmelzen reversibel<br />

und quasistatisch, also sehr langsam bei der konstanten Schmelztemperatur<br />

erfolgen. Man erhält<br />

T sch<br />

ΔS<br />

=<br />

δQ<br />

1<br />

1<br />

∫ = Q m hs<br />

T T<br />

∫ δ = Δ<br />

sch T<br />

⋅ mit Qschmelz<br />

= ∫ δQ<br />

= m ⋅ Δhs<br />

sch<br />

Beispiel<br />

Berechnen Sie die Entropiezunahme beim Schmelzen von<br />

(Die spezifische Schmelzenthalpie von Blei ist<br />

; die Schmelztemperatur<br />

ϑ schmelz = 327 C ).<br />

Die Entropieänderung ist<br />

Q<br />

ΔS<br />

=<br />

T<br />

schmelz<br />

schmelz<br />

m ⋅ Δh<br />

=<br />

T<br />

o<br />

Δh (Pb) =<br />

s<br />

m = 600 g Blei.<br />

24,5 kJ kg<br />

−1<br />

−1<br />

s( Pb) 0,600 kg ⋅ 24,5 kJ kg<br />

−1<br />

schmelz<br />

=<br />

(327 + 273) K<br />

= 24,5 JK<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 94 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


Freie Expansion eines idealen Gases<br />

Ein ideales Gas in einem wärmeisolierten Gefäß hat das Anfangsvolumen V A ; es soll<br />

in ein zuvor evakuiertes Gefäß auf ein Endvolumen V E expandieren können. Dieser<br />

Prozess ist weder reversibel noch quasistatisch. Expansion in ein Vakuum erfolgt<br />

ohne Arbeitsaufwand, also W AE = 0 ; wegen der Wärmeisolation ist der Wärmeaustausch<br />

unterdrückt, also Q AE = 0 . Damit ändert sich nach dem 1. Hauptsatz die Innere<br />

Energie nicht; ΔU = QAE + WAE<br />

= 0 und U E = UA<br />

. Weil die Innere Energie eines<br />

idealen Gases nur von der absoluten Temperatur abhängt, muss damit gelten<br />

T E = T A<br />

Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man argumentieren, dass die Entropieänderung<br />

gleich null ist, weil keine Wärme ausgetauscht wird.<br />

Zur Berechnung der Entropieänderung wird ein fiktiver, reversibler Prozess zwischen<br />

dem Anfangszustand und dem Endzustand angenommen: Eine reversible, isotherme<br />

Expansion des idealen Gases. Da bei einer isothermen Zustandsänderung<br />

T rev = const. gilt, wird<br />

ΔS<br />

=<br />

E<br />

∫<br />

A<br />

Wegen<br />

ΔU<br />

= Q<br />

und<br />

wird<br />

W<br />

E<br />

AE<br />

∫ δ Q<br />

A<br />

δQ<br />

T<br />

rev 1<br />

rev<br />

=<br />

T<br />

rev<br />

AE + WAE<br />

=<br />

= − nR<br />

rev<br />

= Q<br />

und schließlich<br />

m<br />

AE<br />

T<br />

rev<br />

E<br />

∫<br />

A<br />

0<br />

= −W<br />

δQ<br />

⎡V<br />

⋅ln⎢<br />

⎣ V<br />

AE<br />

⎡VE<br />

⎤<br />

ΔS<br />

= nRm ⋅ln⎢<br />

⎥ > 0<br />

⎣VA<br />

⎦<br />

E<br />

A<br />

rev<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦<br />

⎡<br />

= −⎢−<br />

nR<br />

⎣<br />

m<br />

T<br />

rev<br />

⎡V<br />

⋅ln⎢<br />

⎣ V<br />

d. h., die Entropie nimmt bei der freien Expansion eines idealen Gases zu.<br />

Das gleiche Ergebnis erhielte man aus der bereits oben hergeleiteten Beziehung<br />

ΔS<br />

= nC<br />

mv<br />

⎡T<br />

⋅ln⎢<br />

⎣T<br />

E<br />

A<br />

⎤<br />

⎥ + nR<br />

⎦<br />

m<br />

⎡V<br />

⋅ln⎢<br />

⎣V<br />

mit der Bedingung für einen isothermen Prozess, also T = T , wird<br />

⎡T<br />

ln⎢<br />

⎣T<br />

E<br />

A<br />

⎤<br />

⎥ = ln1=<br />

0<br />

⎦<br />

E<br />

A<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦<br />

E<br />

A<br />

⎤⎤<br />

⎥⎥<br />

⎦⎦<br />

A<br />

E<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 95 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


6.9.2.4 3. Hauptsatz und Nichterreichbarkeit des absoluten Nullpunkts<br />

Die Definition der Entropieänderung Δ = ∫ δ Q<br />

S<br />

A T enthält die mathematische Operation<br />

einer unbestimmten Integration. Das Ergebnis der Integration ist deshalb nur bis auf<br />

eine Integrationskonstante bestimmt.<br />

Untersuchungen bei tiefen Temperaturen zeigten, dass die Entropie bei Annäherung<br />

an den absoluten Nullpunkt nicht von der Kristallstruktur abhängt. Die Modifikation<br />

des grauen Zinns und des weißen Zinns zeigen bei tiefsten Temperaturen gleiches<br />

Verhalten (NERNST, 1906). Die (molare) Entropie zeigte sich unabhängig von<br />

• Druck,<br />

• Temperatur,<br />

• Kristallstruktur,<br />

• Magnetfeld,<br />

• … .<br />

PLANCK hat diese Konstante festgelegt und die Entropie am absoluten Nullpunkt<br />

T = 0 mit S 0 = 0 festgesetzt. Diesem Wert null entspricht ein maximaler Ordnungszustand<br />

bei kristallinen Körpern (bei Gläsern ist Vorsicht geboten!). Damit ist die Entropiefunktion<br />

darstellbar als bestimmtes Integral<br />

T<br />

δQrev<br />

Δ S = ∫ = n<br />

T<br />

0<br />

E<br />

∫<br />

A<br />

Cmv<br />

( T )<br />

dT<br />

T<br />

Für kristalline Festkörper gilt die Wärmekapazitäten bei tiefen Temperaturen das DE-<br />

3<br />

3<br />

BYEsche T -Gesetz, also C mv ~ T .<br />

wird auch als 3. Hauptsatz der Thermodynamik bezeich-<br />

Diese Festlegung<br />

net.<br />

S 0 = 0<br />

E<br />

Nichterreichbarkeit des absoluten Nullpunkt<br />

Für den Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine nach dem CARNOTschen Kreisprozess<br />

ergab sich<br />

Tentzogen<br />

−Tabgegeben<br />

Tabgegeben<br />

η th, C =<br />

= 1−<br />

T<br />

T<br />

entzogen<br />

mit<br />

T entzogen > T abgegeben<br />

entzogen<br />

Nimmt man an, das kältere Temperaturbad sei auf der Temperatur T abgegeben = 0 ,<br />

dann ergibt sich für den thermodynamischen Wirkungsgrad η 1.<br />

th, C =<br />

Andererseits gilt für einen reversiblen Kreisprozess für die Entropieänderung für einen<br />

Zyklus<br />

δQabgegeben<br />

δQentzogen<br />

ΔS<br />

=<br />

−<br />

= 0<br />

T<br />

T<br />

oder allgemein<br />

abgegeben<br />

entzogen<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 96 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


δQ<br />

δQ<br />

abgegeben<br />

entzogen<br />

T<br />

=<br />

T<br />

abgegeben<br />

entzogen<br />

Speziell für T abgegeben = 0 ergibt sich<br />

δQ<br />

δQ<br />

abgegeben =<br />

entzogen<br />

0<br />

δQ abgegeben = 0<br />

D. h., dem Wärmebad der Temperatur wird Wärme entzogen, aber dem<br />

T entzogen<br />

Wärmebad der Temperatur T abgegeben < T entzogen keine Wärme zugeführt. Um den<br />

Widerspruch aufzulösen, muss für das kältere Temperaturbad notwendig gelten<br />

T abgegeben > 0 .<br />

Dies ergibt eine weitere Formulierung des 3. Hauptsatzes: "Es ist unmöglich, den<br />

absoluten Nullpunkt zu erreichen. Man kann ihm nur beliebig nahe kommen."<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 6<br />

- 97 -<br />

’2. Hauptsatz der <strong>Wärmelehre</strong>’


7 Stoffe in verschiedenen Phasen<br />

7.1 Der Begriff Phase<br />

Einfache Materie kann in fester (kristalliner), flüssiger und gasförmiger Form auftreten<br />

(vgl. Abschnitt 1.2). Bei Aufwärmen von tiefen Temperaturen auf hohe Temperaturen<br />

werden diese Zustände nacheinander durchlaufen (vgl. Abb. 7-01). Im Folgenden<br />

soll für diese Formen der Ausdruck Phase benutzt werden.<br />

Erstarren<br />

Gefrieren<br />

Desublimieren<br />

Verfestigen<br />

Verflüssigen<br />

Kondensieren<br />

Feste<br />

Phase<br />

Flüssige<br />

Phase<br />

Gasförmige<br />

Phase<br />

Schmelzen<br />

Verdampfen<br />

Sublimieren<br />

Abb. 7-01: Übergänge zwischen den Phasen (Aggregatzuständen)<br />

fest, flüssig und gasförmig.<br />

Unter einer Phase versteht man räumlich voneinander abgegrenzte Gebiete, von<br />

denen jedes in Bezug auf seine physikalischen Eigenschaften homogen ist. Dabei<br />

braucht eine einzelne Phase räumlich nicht zusammenzuhängen; z. B. bilden die<br />

Eiswürfel in einem Whiskyglas eine feste Phase und zwar unabhängig davon, ob ein<br />

großer Eiswürfel oder viele kleine Eiskristalle in dem Glas sind.<br />

Der Begriff Phase ist auch anwendbar auf verschiedene Modifikationen derselben<br />

Substanz. So kann z. B. Schwefel in monokliner oder rhombischer Kristallstruktur<br />

vorkommen.<br />

Unter dem Ausdruck Komponenten versteht man die chemisch verschiedenen Bestandteile<br />

eines Systems. Diese werden zweckmäßigerweise durch die chemische<br />

Strukturformel angegeben.<br />

Der oben betrachtete Whisky-Drink stellt also ein Zweikomponentensystem dar, denn<br />

chemisch gesehen sind in ihm H OH und H 2 enthalten.<br />

C 2 5<br />

O<br />

Es werden allerdings nur Einkomponentensysteme behandelt. Man spricht von einheitlichem<br />

Stoff, wenn eine Substanz chemisch einheitlicher Zusammensetzung vorliegt.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 98 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


7.2 Isothermen realer Gase<br />

7.2.1 Experimentell ermittelte Isothermen<br />

Die Isothermen eines idealen Gases stellen im p,V -Diagramm Hyperbeln dar (vgl.<br />

Abschnitt 4.3), dies lässt sich aus der allgemeinen Zustandsgleichung ableiten. Reale<br />

Gase folgen der Gasgleichung nur bei geringen Drucken und hohen Temperaturen,<br />

oder anders ausgedrückt, für den Grenzfall ρ → 0 . Bei hohen Dichten treten beträchtliche<br />

Abweichungen vom idealen Verhalten auf. Dies ist für Kohlenstoffdioxid in<br />

Abb. 7-02 und Abb. 7-03 dargestellt.<br />

10 6 pPa<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

Kohlenstoffdioxid ( CO 2 )<br />

n = 1 mol<br />

T = 273,15 K<br />

errechnete Isotherme<br />

ideales Gas: pV = nR<br />

m<br />

T<br />

4<br />

3<br />

gemessene Isotherme<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0<br />

100<br />

200 300<br />

400<br />

500<br />

cm<br />

V<br />

mol<br />

3<br />

mol<br />

−1<br />

Abb. 7-02: Vergleich der Isothermen eines realen Gases und eines idealen Gases.<br />

Bei idealem Verhalten lässt sich mit der Zustandsgleichung eines idealen Gases für<br />

die Teilchenmengen n = 1mol , also mit<br />

pV<br />

m =<br />

R<br />

m<br />

T<br />

die Abhängigkeit des Drucks vom Volumen als Isotherme in einem p,V -Diagramm<br />

errechnen.<br />

Tabelle 7-01 enthält so berechneten Zahlenwerte für T = 273 K . Diesen gegenüber<br />

gestellt werden die experimentell gemessenen Werte für Kohlenstoffdioxid.<br />

Die Isotherme eines idealen Gases für T = 273 K ist in Abb. 7-02 gestrichelt eingezeichnet.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 99 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


Zustandspunkte der Isothermen für T = 273 K (gerundet)<br />

Molares Volumen<br />

cm<br />

V<br />

3<br />

m<br />

mol<br />

−1<br />

ideales Gas<br />

p<br />

bar<br />

CO 2 (reales Gas)<br />

p<br />

bar<br />

22414 1 ~ 1<br />

450 50 37<br />

350 65 42<br />

300 76 47<br />

250 91 47<br />

75 302 47<br />

60 378 ~70<br />

Tabelle 7-01: Vergleich ideales und reales Gas (Beispiel CO 2 ).<br />

10<br />

pPa<br />

6<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

p kr<br />

Verflüssigungsbereich<br />

Kohlenstoffdioxid<br />

n = 1 mol<br />

313 K– ideales Gas<br />

273 K– ideales Gas<br />

313 K – reales Gas<br />

304 K – reales Gas<br />

293 K – reales Gas<br />

273 K – reales Gas<br />

1<br />

0<br />

0<br />

100<br />

200 300<br />

400<br />

500<br />

cm<br />

V<br />

mol<br />

3<br />

mol<br />

−1<br />

Abb. 7-03: Kohlenstoffdioxid – Koexistenz flüssiger und gasförmiger Phase.<br />

Verflüssigungsbereich.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 100 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


Für das reale Gas CO 2 findet man, dass bei Normaldruck das Molvolumen etwa<br />

−1<br />

3 −1<br />

22400 cm 3 mol ist. Bei einem Molvolumen Vm<br />

= 450 cm mol ist der sich einstellende<br />

Druck jedoch nicht 50 bar (ideales Gas), sondern nur etwa 37 bar (reales Gas<br />

3<br />

−1<br />

CO 2 ), bei Vm<br />

= 300 cm mol entsprechend nicht 76 bar (ideales Gas), sondern<br />

nur etwa 47 bar (reales Gas CO2<br />

). Verringert man das Volumen weiter, so bleibt<br />

der Druck zunächst konstant!<br />

Der Energieentzug durch Wärmeabfuhr auf dem horizontalen Kurvenstück bewirkt<br />

eine Absenkung des Energieinhaltes, es scheidet sich die flüssige Phase ab, das<br />

Gas kondensiert, ein Vorgang, der durch die Gasgleichung des idealen Gases sicher<br />

nicht mehr beschrieben werden kann. Bei einem Molvolumen von etwa<br />

3 −1<br />

Vm<br />

= 75 cm mol ist CO2<br />

vollständig kondensiert. Weitere Volumenverminderung<br />

erfordert wegen der geringen Kompressibilität von Flüssigkeit eine sehr starke<br />

Drucksteigerung.<br />

Ein horizontales Kurvenstück mit p = const. tritt in allen Isothermen für ϑ < 31 o C<br />

auf. Die Isotherme<br />

ϑ = 31 o C<br />

zeigt im Kurvenverlauf eine Wendetangente. Erst für<br />

ϑ > 31 o C beobachtet man hyperbelähnliche Äste. Der Bereich, in dem Verflüssigung<br />

auftritt, ist in Abb. 7-03 grau hinterlegt. Dieser Bereich bestimmt die Bedingungen,<br />

unter denen Gas und Flüssigkeit einer Substanz gleichzeitig nebeneinander<br />

existieren können.<br />

7.2.2 Zustandsgleichung nach VAN DER WAALS<br />

Das Verhalten eines idealen Gases wird durch folgende Zustandsgleichung beschrieben<br />

(vgl. Abschnitt 2.3.5)<br />

pV<br />

= nR T<br />

m<br />

Die kinetische Gastheorie (vgl. Kapitel 2) liefert das obige Ergebnis unter den Modellvorstellungen,<br />

die schlagwortartig folgendermaßen zusammengefasst werden<br />

können<br />

• ’punktförmige’ materielle Teilchen (keine räumliche Ausdehnung),<br />

• keine Wechselwirkung der Teilchen untereinander (keine potentielle Energie).<br />

Der in Abschnitt 7.1 aufgeführte Vergleich mit CO 2 zeigt, dass für reale Gase diese<br />

Modellvorstellungen modifiziert werden müssen. VAN DER WAALS hat für die Zustandsgleichung<br />

realer Gase eine Gleichung angegeben, die in einer ersten Näherung<br />

mit zwei physikalisch deutbaren Korrekturen das Verhalten realer Gase berücksichtigt,<br />

also die beiden obigen Modellvorstellungen aufgibt.<br />

VAN DER WAALS berücksichtigt das Eigenvolumen der Moleküle. Vom freien Volumen,<br />

das gegeben ist durch die geometrischen Abmessungen des Gasraumes, ist<br />

etwa das Eigenvolumen der Moleküle abzuziehen, um das tatsächlich für die Moleküle<br />

verfügbare Volumen zu erhalten. Man nennt die Größe b in der VAN DER WAALS<br />

Gleichung das Kovolumen.<br />

Eine hier nicht wiedergegebene, ausführliche Rechnung liefert, dass das Kovolumen<br />

etwa dem Vierfachen des Eigenvolumens der Moleküle entspricht.<br />

−1<br />

Die Größenordnung von b ist etwa 30 cm 3 mol .<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 101 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


Der Binnendruck berücksichtigt anziehende Kräfte zwischen den Molekülen. Diese<br />

wirken sich aus wie ein zusätzlicher äußerer Druck. Dieser Korrekturterm ist also<br />

zum Druck zu addieren. Die anziehenden Kräfte sind proportional zum Quadrat der<br />

Molekülzahldichte, weil die Anzahl der wechselwirkenden Molekülpaare quadratisch<br />

mit der Molekülzahldichte zunimmt.<br />

Für den Binnendruck ergibt sich, da die Molekülzahldichte umgekehrt proportional<br />

zum (Mol)Volumen ist,<br />

a<br />

p binnen =<br />

2<br />

V<br />

m<br />

Mit diesen beiden Korrekturen ergibt sich aus der Zustandsgleichung eines idealen<br />

Gases die VAN DER WAALSsche Zustandsgleichung für die Stoffmenge n = 1mol , die<br />

das Verhalten realer Gase beschreibt<br />

a<br />

( p + )( Vm<br />

− b)<br />

= RmT<br />

2<br />

V<br />

m<br />

Üblicherweise schreibt man die VAN DER WAALSsche Gleichung in molaren Größen.<br />

Im Gegensatz zur allgemeinen Gasgleichung, die mit der allgemeinen Gaskonstanten<br />

R m eine universelle Konstante enthält, kommen in der VAN DER WAALSschen<br />

Gleichung zusätzlich zwei individuelle, für das betreffende Gas charakteristische,<br />

Konstanten vor. Diese beiden Konstanten sind aus dem gemessenen Verlauf der<br />

Isothermen so zu bestimmen, dass sich für das p,V -Diagramm eine möglichst gute<br />

Anpassung im gesamten Bereich ergibt.<br />

Man kann zeigen, dass die Gleichung auch den Übergang gasförmig – flüssig umfasst<br />

und qualitativ auch noch das Verhalten der flüssigen Phase beschreibt.<br />

Ein Beispiel für die Isothermen eines realen Gases (Beispiel Kohlenstoffdioxid) ist in<br />

Abb. 7-03 gezeichnet.<br />

Der Koexistenzbereich der flüssigen und gasförmigen Phase ist grau hinterlegt. Zu<br />

der grafischen Darstellung gehören folgende Werte für die zusätzlichen individuellen<br />

Konstanten als beste Anpassung an die gemessenen Isothermen für Kohlenstoffdioxid<br />

a(CO<br />

b(CO<br />

2<br />

2<br />

) = 3,6 ⋅10<br />

6<br />

) = 42,8 cm<br />

3<br />

bar cm<br />

mol<br />

−1<br />

6<br />

mol<br />

−2<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 102 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


7.3 Phasenübergänge<br />

Ein Phasenübergang ist eine Zustandsänderung, bei der sich die Temperatur nicht<br />

ändert. Während des Phasenwechsels liegen zwei Phasen gleichzeitig vor. Man<br />

spricht allgemein von Umwandlung (Index 'u').<br />

Man vereinbart für die Benennung von Phasenübergängen speziell<br />

Schmelzen fest → flüssig (Index 'f')<br />

Erstarren, Gefrieren flüssig → fest (Index 'f')<br />

Verdampfen flüssig → gasförmig (Index 'd')<br />

Kondensieren, Verflüssigen gasförmig → flüssig<br />

(Index 'd')<br />

Sublimieren fest → gasförmig (Index 's')<br />

Desublimieren gasförmig → fest (Index 's')<br />

Phasenumwandlungen werden hervorgerufen durch Energieübertragung, vorzugsweise<br />

die Zufuhr oder die Abfuhr von Wärme. Die bei Phasenumwandlungen auftretenden<br />

Umwandlungswärmen nennt man aus historischen Gründen latente Wärmen.<br />

Dazu gehören insbesondere die<br />

• Schmelzwärme (präziser Schmelzenthalpie),<br />

die Wärme, die einem Körper zugeführt werden muss, um, bei konstant bleibender<br />

Temperatur, den Phasenübergang fest → flüssig zu bewerkstelligen;<br />

• Verdampfungswärme (präziser Verdampfungsenthalpie)<br />

die Wärme, die einem Körper zugeführt werden muss, um bei konstant bleibender<br />

Temperatur den Phasenübergang flüssig → gasförmig zu bewerkstelligen.<br />

Als Beispiel werden die Werte für H 2 O bei Normbedingungen angegeben.<br />

Spezifische Schmelzenthalpie<br />

h<br />

s<br />

(H O) =<br />

2<br />

337 kJkg<br />

−1<br />

bei<br />

Spezifische Verdampfungsenthalpie<br />

h<br />

v<br />

(H O) = 2 260 kJkg<br />

2<br />

−1<br />

bei<br />

ϑf = 0 o C<br />

ϑf = 0 o C<br />

und<br />

und<br />

p n = 1013 hPa<br />

p n = 1013 hPa<br />

Phasenübergänge sind durch Unstetigkeiten in den physikalischen Eigenschaften<br />

gekennzeichnet. Ein Beispiel soll dies illustrieren: Flüssiges H 2 O verdampft bei einem<br />

Druck von p n = 1013 hPa , wenn die Temperatur ϑ C<br />

d = 100 o ist. Dabei sind<br />

Flüssigkeit und Dampf durch eine deutlich erkennbare Grenzfläche voneinander getrennt.<br />

Die Dichte der flüssigen und gasförmigen Phase unter diesen Bedingungen sind<br />

ρ'<br />

= ρ<br />

fl<br />

= 1,0 ⋅10<br />

3<br />

kgm<br />

−3<br />

und<br />

ρ ′<br />

= ρ<br />

gas<br />

=<br />

0,6 kgm<br />

Weitere physikalische Eigenschaften, die sich sprunghaft ändern, sind u. a.<br />

• (Licht-) Brechungsindex n,<br />

• Innere Energie U,<br />

• Kompressibilität κ<br />

−3<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 103 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


7.4 Gleichgewichtszustände bei Phasenübergängen<br />

7.4.1 Zustandsdiagramme<br />

Eine übersichtliche grafische Darstellung über das Verhalten eines Stoffes geben<br />

Zustandsdiagramme. Diese Darstellungen enthalten Informationen über die Phasen<br />

eines Stoffes in Abhängigkeit von den Zustandsgrößen. Von besonderem Interesse<br />

sind Gleichgewichtszustände, das sind solche Zustände, bei denen zwei Phasen<br />

gleichzeitig nebeneinander existieren können. Aus Darstellungen dieser Art kann<br />

man sofort ablesen, in welcher Phase sich eine Substanz unter experimentell vorgegebenen<br />

äußeren Bedingungen befindet.<br />

Es werden nur homogene, einheitliche Stoffe behandelt. Als Beispiel für ein Zustandsdiagramm<br />

wird schematisch für die Substanz O gezeigt (Abb. 7-04).<br />

p<br />

p kr<br />

fest<br />

f<br />

flüssig<br />

d<br />

H 2<br />

kritischer<br />

K<br />

Punkt<br />

p tr<br />

s<br />

Tripelpunkt<br />

gasförmig<br />

T tr<br />

T kr<br />

T<br />

Kurve 'd' Dampfdruckkurve des Wassers p d ( T ) .<br />

Kurve 's' Sublimationsdruckkurve des Eises p s ( T ) .<br />

Kurve 'f Schmelzdruckkurve des Eises:<br />

Abhängigkeit der Schmelztemperatur von Druck p f<br />

( T ) ,<br />

(für H 2 O hat die Schmelzdruckkurve eine negative Steigung).<br />

Tripelpunkt Der Punkt im p,T-Diagramm, bei dem alle drei Phasen gleichzeitig<br />

bestehen ( Ttr = 273,16 K ; ϑtr<br />

o<br />

= 0,01 C ; ptr<br />

= 6,12 hPa ).<br />

Kritischer Punkt Der Punkt im p,T-Diagramm, der die Grenzbedingung für die<br />

Verflüssigbarkeit gibt ( T kr = 647,30 K ; pkr<br />

= 221,36 bar ).<br />

(Die Tripelpunktstemperatur des Wassers ist der Fixpunkt zur Festlegung der absoluten<br />

KELVIN Temperaturskala.)<br />

Abb. 7-04: Zustandsdiagramm von H 2 O ; schematisiert – nicht maßstäblich.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 104 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


Die Darstellung erfolgt üblicherweise in einem p,T -Diagramm. Das Volumen V ist<br />

freier Parameter, es ändert sich bei einem Phasenübergang sprunghaft.<br />

In Abb. 7-04 ist das Zustandsdiagramm der Substanz H 2 O nichtmaßstäblich wiedergegeben.<br />

Es treten drei gegeneinander abgegrenzte Bereiche, nämlich die drei Phasen,<br />

die Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig auf. Die Begrenzungskurven<br />

zwischen zwei Phasen sind Gleichgewichtskurven. Sie geben die Bedingungen an,<br />

unter denen in einem System zwei Phasen gleichzeitig vorhanden sind.<br />

Die Gleichgewichtskurven sind<br />

• Dampfdruckkurve Gleichgewicht – flüssig und gasförmig,<br />

• Sublimationsdruckkurve Gleichgewicht – fest und gasförmig,<br />

• Schmelzdruckkurve Gleichgewicht – fest und flüssig.<br />

Zum Schluss soll dann auf den allen drei Gleichgewichtskurven gemeinsamen Punkt,<br />

den Tripelpunkt, eingegangen werden.<br />

Im Bereich einer Phase sind Temperatur T und Druck p in gewissen Grenzen frei<br />

wählbar. Es sind also zwei thermodynamische Variablen frei wählbar. In anderen<br />

Worten: "Es gibt zwei Freiheitsgrade“.<br />

Auf einer Gleichgewichtskurve ist nur noch eine Variable frei wählbar. Aus der Forderung,<br />

dass Gleichgewicht herrschen soll, ergibt sich, dass die zweite Zustandsgröße<br />

damit festgelegt ist. Man hat damit nur noch einen Freiheitsgrad.<br />

Für den Tripelpunkt schließlich hat man keine Wahl mehr. Dieser Punkt liegt im Zustandsdiagramm<br />

eindeutig fest.<br />

7.4.2 Dampfdruckkurve und kritischer Punkt<br />

Es seien einige Begriffe vorab erklärt.<br />

Verdunsten<br />

Der Verdampfungsvorgang findet an der Oberfläche einer Flüssigkeit statt. Gasmoleküle,<br />

die eine sehr hohe kinetische Energie haben, können die an der Oberfläche<br />

wirkenden Anziehungskräfte überwinden und in den Raum über der Flüssigkeit entkommen.<br />

Dieser Vorgang läuft bei jeder Temperatur ab. Es ist dazu Verdampfungswärme<br />

zuzuführen.<br />

Sättigungsdampfdruck<br />

Der sich im Gleichgewicht in einem abgeschlossenen Volumen V über einer Flüssigkeit<br />

einstellende Druck p. Er hängt nur von der Temperatur ab. Der Zusammenhang<br />

zwischen Temperatur und Druck heißt Dampfdruckkurve p d ( T ) .<br />

• Bei Volumenvergrößerung ( ΔV > 0)<br />

verdunstet Flüssigkeit.<br />

• Bei Volumenverringerung ( < 0)<br />

ΔV kondensiert Dampf; dabei bleibt der Sättigungsdruck<br />

unverändert, solange Flüssigkeit vorhanden ist.<br />

Man nennt den Dampf über der Flüssigphase gesättigten Dampf oder Nassdampf.<br />

Wird die Temperatur erhöht und/oder das Volumen vergrößert bis alle Flüssigkeit<br />

verdampft ist, dann spricht man von ungesättigtem Dampf oder Heißdampf oder realem<br />

Gas.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 105 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


Sieden<br />

Der Verdampfungsvorgang fordert eine besonders große Oberfläche und findet auch<br />

im Innern einer Flüssigkeit statt. In die an der Heizfläche befindlichen und die in der<br />

Flüssigkeit aufsteigenden Dampfblasen hinein verdampft Flüssigkeit. Sieden einer<br />

Flüssigkeit tritt ein, wenn der Sättigungsdampfdruck p d ( T ) gleich dem herrschenden<br />

äußeren Druck wird.<br />

Die Steigung der Dampfdruckkurve ist positiv (vgl. das schematische Diagramm in<br />

Abb. 7-04 und quantitative Werte in Abb. 7-05), sie beginnt und endet in zwei definierten<br />

Punkten (Tripelpunkt und kritischer Punkt). Die Dampfdruckkurve gibt die Abhängigkeit<br />

der Siedetemperatur vom Druck wieder.<br />

In Abb. 7-05 ist die Dampfdruckkurve von H 2 O im Intervall 0 C ≤ ϑ ≤ 300 C dargestellt.<br />

Änderungen über eine Zehnerpotenz sind bei linearen Koordinatenachsen<br />

schwer darzustellen. Insbesondere im Bereich des Nullpunkts sind Unterschiede<br />

kaum zu erkennen. Bei einer Variation einer physikalischen Größe über mehrere<br />

Zehnerpotenzen bietet sich eine logarithmische Teilung der Ordinate an. Deshalb ist<br />

in Abb. 7-05 (b) die Dampfdruckkurve auf einfach logarithmischem Papier dargestellt.<br />

Die gesamte Dampfdruckkurve zwischen Tripelpunkt und Kritischem Punkt ist übersichtlich<br />

darstellbar. In Abb. (a) ist der Bereich des Dampfdrucks unterhalb des<br />

Normdrucks leicht abzulesen<br />

o<br />

o<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 106 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


10<br />

'<br />

p d<br />

6<br />

Pa<br />

p' d<br />

hPa<br />

9<br />

8<br />

150<br />

7<br />

100<br />

6<br />

5<br />

50<br />

4<br />

6 ,1<br />

ϑ<br />

o<br />

C<br />

3<br />

0<br />

20<br />

40 60<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0 100<br />

200<br />

ϑ<br />

o<br />

C<br />

300<br />

Abb. 7-05 a: Wasser – Sättigungsdampfdruck in Abhängigkeit von der Temperatur.<br />

Lineare Teilung der Temperatur- und der Druckachse.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 107 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


Abb. 7-05 b: Wasser – Sättigungsdampfdruck in Abhängigkeit von der Temperatur.<br />

Temperaturachse linear; Druckachse logarithmisch..<br />

Tr Tripelpunkt; K Kritischer Punkt.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 108 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


5<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

p<br />

2<br />

hPa<br />

4<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

T<br />

K<br />

500 250 166 , 7 125 100 83 , 3 71 , 4 62 , 5<br />

K K<br />

CO 2<br />

Tr<br />

K<br />

K<br />

2<br />

3<br />

10<br />

8<br />

6<br />

SO 2<br />

Ar<br />

Tr<br />

N 2<br />

4<br />

2<br />

2<br />

10<br />

8<br />

6<br />

Hg<br />

O H 2<br />

Tr<br />

4<br />

2<br />

' d<br />

0<br />

10<br />

1<br />

2<br />

Tr<br />

4 6<br />

8 −1<br />

10 12 14 16<br />

T<br />

10<br />

−3<br />

K<br />

−1<br />

Abb. 7-06: Sättigungsdampfdruck verschiedener Substanzen in Abhängigkeit von<br />

der Temperatur (Tr Tripelpunkt; K Kritischer Punkt).<br />

Abszisse: reziproke absolute Temperatur (linear); Ordinate logarithmische Teilung.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 109 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


7.4.2.1 Darstellung der Dampfdruckkurve durch einen BOLTZMANN-Faktor<br />

Die Dampfdruckkurve beschreibt die für das Gleichgewicht zwischen flüssiger und<br />

gasförmiger Phase maßgebenden Wertepaare von Sättigungsdampfdruck p s und<br />

Temperatur T . Die Dampfdruckkurve p s ( T ) wird durch einen BOLTZMANN-Faktor beschrieben,<br />

gemäß<br />

p<br />

s<br />

~ e<br />

ΔE<br />

−<br />

k ⋅T<br />

Die BOLTZMANN-Konstante hat den Wert<br />

k = 1,38 ⋅10<br />

Aus dieser Abhängigkeit folgt durch Logarithmieren<br />

( −ΔE)<br />

1<br />

ln( p s ) ~ ⋅<br />

k T<br />

Trägt man also den Logarithmus des Dampfdrucks gegen die reziproke absolute<br />

Temperatur auf, dann erhält man eine Gerade. Die Benutzung von Logarithmen zur<br />

Basis 10 ist hier unerheblich; bei der Berechnung der Steigung der Geraden sind<br />

aber die (natürlichen) Logarithmen zur Basis e zu verwenden (vgl. Abschnitt 7.4.2.2).<br />

Beispiele für einige Substanzen finden sich für diese Art der grafischen Darstellung in<br />

Abb. 7-06.<br />

−23<br />

JK<br />

−1<br />

7.4.2.2 CLAUSIUS-CLAPEYRONsche Gleichung<br />

Bestimmung der Verdampfungenthalpie<br />

Die Steigung der Dampfdruckkurve p s ( T ) - also der Quotient aus Druckanstieg<br />

Δp ≈ dp und Temperaturänderung Δ T ≈ dT<br />

- wird beschrieben durch die CLAUSIUS-<br />

CLAPEYRONsche-Gleichung. Diese ist herleitbar aus der Verdampfung der Stoffmenge<br />

n = 1 mol einer Flüssigkeit durch Zufuhr der molaren Verdampfungsenthalpie, die<br />

einem CARNOTschen Kreisprozess unterworfen wird. Aus dem thermischen Wirkungsgrad<br />

des Kreisprozesses erhält man die Steigung der Dampfdruckkurve zu<br />

dps<br />

ΔHmv<br />

=<br />

dT<br />

D Fl<br />

( V −V<br />

) ⋅T<br />

m<br />

m<br />

Dabei ist<br />

Δ H mv molare Verdampfungsenthalpie<br />

D<br />

V m Molvolumen des Dampfes<br />

Fl<br />

V m Molvolumen der Flüssigkeit<br />

Um diese Beziehung integrieren zu können, macht man folgende Näherungen:<br />

• Das Volumen der Flüssigkeit ist gegenüber dem Volumen des gesättigten<br />

Dampfes (im Nenner der Gleichung) vernachlässigbar, also V


und damit bestimmt sich das Molvolumen des Dampfes aus<br />

D Rm<br />

T<br />

V m =<br />

p<br />

s<br />

[Rechtfertigen Sie die Näherungen zur Lösung der CLAUSIUS-CLAPEYRONschen-<br />

Gleichung, z. B. über die Dichten von H 2 O im flüssigen und dampfförmigen Zustand].<br />

Einsetzen dieser Näherungen in die CLAUSIUS-CLAPEYRONsche-Gleichung<br />

liefert<br />

d<br />

p s<br />

dT<br />

ΔH<br />

=<br />

R<br />

mv<br />

m<br />

⋅T<br />

⋅ p<br />

s<br />

2<br />

oder nach Trennung der Variablen<br />

dp<br />

p<br />

s<br />

s<br />

ΔH<br />

=<br />

R<br />

mv<br />

m<br />

dT<br />

⋅<br />

2<br />

T<br />

nach Integration erhält man<br />

p<br />

ln<br />

p<br />

s<br />

s0<br />

ΔH<br />

= −<br />

R<br />

mv<br />

m<br />

1<br />

⋅<br />

T<br />

+<br />

Const.<br />

Diese Darstellung entspricht derjenigen mit dem obigen Ansatz eines BOLTZMANN-<br />

ΔE<br />

Faktors − , bzw. der dazu korrespondierenden Geradensteigung. Also gilt<br />

k<br />

ΔE<br />

−<br />

k<br />

ΔH<br />

= −<br />

R<br />

mv<br />

m<br />

= m<br />

Gerade<br />

Diese Gleichung ist nach VAN'T-HOFF benannt; in dieser Gleichung ist molare<br />

Gaskonstante und ΔH mv die Verdampfungsenthalpie. Es ist zu beachten, dass die<br />

Verdampfungsenthalpie eine temperaturabhängige Größe ist.<br />

R m<br />

Für den funktionalen Zusammenhang zwischen Sättigungsdampfdruck und Temperatur<br />

gilt die CLAUSIUS-CLAPEYRONsche Gleichung. Danach erhält man bei logarithmischer<br />

Darstellung des Dampfdrucks p d ( T ) gegen die reziproke absolute Temperatur<br />

eine Gerade, deren Endpunkte durch den kritischen Punkt und durch den Tripelpunkt<br />

gegeben sind.<br />

Einige Beispiele sind in Abb. 7-06 zusammengestellt.<br />

Der Tripelpunkt wird in Abschnitt 7.4.6 besprochen.<br />

Die Dampfdruckkurve endet am kritischen Punkt.<br />

Für H 2 O gehören dazu die Werte<br />

• kritische Temperatur T kr = 647,30 K<br />

• kritischer Druck p kr = 221,36 bar<br />

Der kritische Punkt gibt die Grenzbedingung für die Verflüssigung eines Gases an.<br />

Für die Temperaturen T < T kr gibt es keine zwei gleichzeitig existierenden Phasen<br />

mehr. Der Sachverhalt sei an einem Beispiel veranschaulicht. An der Phasengrenze<br />

ändern sich die physikalischen Stoffwerte sprunghaft (vgl. Abschnitt 7.3).<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 111 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


In Abb. 7-07 sind die Dichten der flüssigen und gasförmigen Phase von Cl 2 in Abhängigkeit<br />

von der Temperatur dargestellt. Bei der kritischen Temperatur des Cl 2<br />

sind die Dichten der beiden Phasen gleich geworden. Das heißt aber, dass es keine<br />

zwei Phasen mehr gibt. Die Oberfläche der flüssigen Phase, d. h. die Trennfläche<br />

zwischen flüssiger und gasförmiger Phase verschwindet.<br />

1 ,5<br />

ρ<br />

g cm<br />

−3<br />

ρ fl<br />

1 ,0<br />

Cl 2<br />

0 ,5<br />

0<br />

ρ gas<br />

0 50 100<br />

150<br />

ϑ<br />

o<br />

C<br />

Abb. 7-07: Dichte der flüssigen ('fl') und der gasförmigen ('gas') Phase<br />

als Funktion der Temperatur von Chlor ( Cl 2 ). 'K' Kritischer Punkt.<br />

7.4.3 Überhitzung und Unterkühlung<br />

Die Dampfdruckkurve kann über- und unterschritten werden ohne dass eine Phasenänderung<br />

stattfindet. Der Gleichgewichtszustand ist für die Aussage des Übergangs<br />

von der flüssigen in die gasförmige Phase und umgekehrt also nicht das alleinige<br />

Kriterium. So müssen zur Kondensation für die Moleküle im Gasraum Kondensationskeime<br />

vorhanden sein und beim Siedeprozess Gasblasen. Bei der Überhitzung<br />

einer Flüssigkeit spricht man von Siedeverzug (die Chemiker köcheln bei ihrer Kunst<br />

z. B. mit Glasperlen als Siedesteinchen in der Flüssigkeit). Entsprechend lässt sich<br />

bei der Abkühlung von sehr reinem Wasser der Erstarrungspunkt gegenüber der<br />

Gleichgewichtskurve unterschreiten, man spricht von Unterkühlung.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 112 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


7.4.4 Schmelzdruckkurve<br />

Die Schmelzdruckkurve p f ( T ) ist die Gleichgewichtskurve zwischen der festen und<br />

der flüssigen Phase. Die Gleichgewichtskurve gibt denjenigen Druck an, der erforderlich<br />

ist, um eine Flüssigkeit bei vorgegebener Temperatur in die feste Phase zu überführen.<br />

Üblicherweise hat die Schmelzdruckkurve eine positive Steigung, weil im<br />

Normalfall für eine Substanz die Dichte der flüssigen Phase kleiner ist als die Dichte<br />

der festen Phase.<br />

Auf den äußeren Zwang der Druckerhöhung rücken die Moleküle näher zusammen,<br />

es tritt Erstarrung ein.<br />

Das schematisch gezeichnete Beispiel des H 2 O (Abb. 7-04) ist eine Ausnahme. Die<br />

Steigung der Schmelzdruckkurve pf<br />

( T ) ist negativ! Bei H 2 O ist die Packung der<br />

Moleküle in der Flüssigkeit dichter als in der festen Phase. Die Dichte von Eis ist<br />

kleiner als die von Wasser. Deshalb schwimmen Eisberge (die ’Titanic’ lässt grüßen).<br />

Weitere Substanzen, für die beim Schmelzen die Dichte zunimmt, sind Gallium,<br />

Wismut und Germanium.<br />

Die negative Steigung der Schmelzdruckkurve, also<br />

dp<br />

f<br />

< 0<br />

dT<br />

bedeutet, dass mit zunehmendem Druck die Schmelztemperatur abnimmt. Dies erklärt<br />

z. B. das Vergnügen des Schlittschuhlaufes und die Regelation des Eises.<br />

Die Schmelzdruckkurve verläuft fast parallel zur p-Achse. Deshalb unterscheiden<br />

sich für die meisten Substanzen die Tripelpunkttemperatur und die Schmelztemperatur<br />

bei Normaldruck nur wenig. Für H 2 O gilt<br />

• Tripelpunkttemperatur T tr = 273,16 K bei ptr<br />

= 6,1 hPa<br />

• Schmelztemperatur T s = 273,15 K bei pn<br />

= 1,013 bar<br />

7.4.5 Sublimationsdruckkurve<br />

Die Sublimationsdruckkurve p s ( T ) ist die Gleichgewichtskurve 's' zwischen der festen<br />

und der gasförmigen Phase. Die Steigung der Sublimationsdruckkurve ist positiv.<br />

Die Sublimationsdruckkurve existiert zwischen dem absoluten Nullpunkt der KELVIN-<br />

Skala und der Temperatur des Tripelpunktes. Für jeden äußeren Druck, der kleiner<br />

ist als der Tripelpunktsdruck, geht die feste Phase direkt über in die Gasphase. Dieser<br />

Übergang erfolgt langsamer als das Verdunsten oder gar Sieden.<br />

Für das in Abb. 7-04 schematisch gezeichnete Beispiel des H 2 O heißt das, dass für<br />

p tr < 6,1 hPa Eis direkt in Wasserdampf übergeht und zwar bei allen Temperaturen<br />

im Intervall 0 < T ≤ 273,16 K . Die Tripelpunktstemperatur des H 2 O ist die höchste<br />

Temperatur, die Eis annehmen kann.<br />

Ein Beispiel für beobachtbare Sublimation ist Kohlenstoffdioxid. Aufgrund des später<br />

(vgl. Abschnitt 7.4.7) zu diskutierenden Phasendiagramms erfolgt für CO 2 bei normalem<br />

Atmosphärendruck Sublimation.<br />

Als weiteres Beispiel sei die Gefriertrocknung des Kaffees erwähnt.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 113 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


7.4.6 Tripelpunkt – Koexistenz dreier Phasen<br />

Die Forderung, dass die feste, die flüssige und die gasförmige Phase eines Stoffes<br />

gleichzeitig nebeneinander existieren sollen, reduziert die Zahl der frei wählbaren<br />

Zustandsvariablen auf null. Der Tripelzustand ist ein eindeutiger, festliegender Zustand,<br />

bei dem sämtliche Zustandsvariablen eindeutige Werte haben.<br />

Der Tripelpunkt des H 2 O ist der Fixpunkt für die Festlegung der absoluten Temperaturskala<br />

(vgl. Abschnitt 2.3.3). Der Tripelpunkt des H 2 O lässt sich experimentell einfach<br />

einstellen und auch über längere Zeitintervalle konstant halten. Es gilt für<br />

• die Temperatur des Tripelpunktes T tr = 273,16 K oder ϑ tr = 0,01 C<br />

• den Druck am Tripelpunkt p tr = 6,12 hPa<br />

o<br />

7.5 Phasendiagramm des Kohlenstoffdioxids (CO 2 )<br />

Als weiteres Beispiel ist in Abb. 7-08 das Phasendiagramm von CO 2 quantitativ wiedergegeben.<br />

Um einen großen Druckbereich darstellen zu können, ist für die Druckachse<br />

ein logarithmischer Maßstab gewählt worden. Gezeichnet ist dabei nur der<br />

interessante Bereich der drei Phasen fest, flüssig und gasförmig und die zwischen<br />

ihnen liegenden jeweiligen Koexistenzkurven.<br />

Die Sublimationsdruckkurve geht weiter bis zu T = 0 K . Dabei gibt es natürlich Grenzen<br />

der Messbarkeit!<br />

Der im Diagramm abgeschnittene Bereich der Schmelzdruckkurve ist noch nicht ausgemessen.<br />

Wie bei fast allen Stoffen, ist für CO 2 die Steigung aller drei Koexistenzkurven<br />

positiv.<br />

Interessant ist die Sublimationsdruckkurve: Für Normdruck gehört zur Gleichgewichtskurve<br />

die Temperatur ϑ = −78 o C .<br />

Der Vorgang der Sublimation lässt sich deshalb im Hörsaal demonstrieren. Im Laufe<br />

der Zeit verschwindet ein Stück festen Kohlenstoffdioxids ohne dass eine CO 2 -<br />

Flüssigkeitslache entsteht.<br />

Für die Verhältnisse in einer CO 2 -Flasche findet man bei Zimmertemperatur, dass<br />

Flüssigkeit und Gas in dem Behälter gleichzeitig bei einem Druck von etwa<br />

p = 50 bar existieren.<br />

Die Abb. 7-08 enthält außerdem die experimentell bestimmten Daten, die zum Tripelpunkt<br />

und zum kritischen Punkt des CO 2 gehören.<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 114 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


p<br />

Pa<br />

2<br />

f<br />

8<br />

10<br />

5<br />

flüssig<br />

2<br />

7<br />

10<br />

5<br />

2<br />

fest<br />

d<br />

Kritischer<br />

Punkt<br />

6<br />

10<br />

5<br />

2<br />

Tripelpunkt<br />

5<br />

10<br />

5<br />

s<br />

gasförmig<br />

2<br />

4<br />

10<br />

− 100<br />

− 50<br />

0<br />

ϑ<br />

o<br />

C<br />

50<br />

200<br />

250<br />

300<br />

T<br />

K<br />

Kurve 'd'<br />

Kurve 's‘<br />

Kurve 'f'<br />

Dampfdruckkurve<br />

Sublimationsdruckkurve<br />

Schmelzdruckkurve<br />

Kennwerte Tripelpunkt 'Tr':<br />

Kennwerte Kritischer Punkt 'K':<br />

p tr = 5,2 bar ; T tr = 216,6 K ; ϑtr<br />

= − 56,6 C<br />

p K = 75 bar ; K = 304,2<br />

o<br />

T C ; ϑ K = 31,2<br />

o C ;<br />

Kritische Dichte<br />

ρ<br />

K<br />

=<br />

468,0 kg m<br />

−3<br />

o<br />

Abb. 7-08: Zustandsdiagramm von Kohlenstoffdioxid ( CO 2 ).<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 115 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


7.6 Luftfeuchtigkeit – Hygrometrie<br />

Über der Flüssigkeit eines chemisch einheitlichen Stoffes stellt sich in einem abgeschlossenen<br />

Gefäß der Sättigungsdruck p s als Funktion der herrschenden Temperatur<br />

T ein. Sieden tritt dann auf, wenn der Sättigungsdampfdruck p s gleich dem äußeren<br />

Luftdruck wird.<br />

p äuß<br />

Sind in einem abgeschlossenen Gefäß gleichzeitig zwei Flüssigkeiten vorhanden<br />

(Zweikomponentensystem), so bilden sich die Sättigungsdampfdrucke unabhängig<br />

voneinander aus. Der sich einstellende Gesamtdruck ist gleich der Summe der beiden<br />

Partialdrücke (DALTONsches Gesetz); also<br />

p s = ps( Stoff '1' ) + ps(Stoff<br />

'2' )<br />

Atmosphärische Luft ist ein Gemisch aus trockener Luft und Wasserdampf ( H 2 O -<br />

Dampf). Dabei ist die trockene Luft eine Gasmischung aus etwa 21 (Volumen)%<br />

Sauerstoff, 78 % Stickstoff und 1 % Argon. Diese drei Gase verhalten sich in den<br />

Zustandsbereichen des täglichen Lebens, in denen der Gehalt der feuchten Luft berücksichtigt<br />

werden muss, als ein ideales Gas. Auch der H 2 O -Dampf (Wasserdampf)<br />

darf, solange er sich nicht verflüssigt, näherungsweise als ideales Gas beschrieben<br />

werden.<br />

Weil der Sättigungsdampfdruck temperaturabhängig ist, gehört zu jeder Temperatur<br />

T eine maximal mögliche Menge Wasserdampfs m max ( T ) , die in einer vorgegebenen<br />

Luftmenge enthalten sein kann. Wird die maximale Menge überschritten, so fällt<br />

H 2 O als Flüssigkeit aus; der Dampf kondensiert. Ein Beispiel ist die herbstliche Nebelbildung.<br />

Wenn sich mit H 2 O -Dampf gesättigte Luft abkühlt, so kondensiert der H 2 O -Dampf<br />

an festen Oberflächen als flüssiges H 2 O (Wasser); man bezeichnet dies als Taubildung.<br />

Die Temperatur, bei der bei Abkühlung der feuchten Luft Taubildung auftritt<br />

nennt man die Taupunktstemperatur (dort ist die relative Luftfeuchte 100 %).<br />

Ist weniger H 2 O -Dampf enthalten, als es dem Maximalwert m max ( T ) entspricht, so<br />

ist der sich einstellende Dampfdruck kleiner als der Sättigungsdampfdruck. Die atmosphärische<br />

Luft ist im allgemeinen nicht mit H 2 O -Dampf gesättigt. Auch über Gewässern<br />

wird wegen häufigen Temperaturwechsels der Gleichgewichtszustand der<br />

Sättigung meist nicht erreicht, weil die Diffusion des Wasserdampfes durch die Luft<br />

sehr lange dauert.<br />

Absolute und relative Luftfeuchtigkeit<br />

3<br />

Man nennt die Masse m des im Gesamtvolumen der feuchten Luft V = 1m enthaltenen<br />

H 2 O -Dampfs absolute Luftfeuchtigkeit. Die maximale Feuchtigkeit korrespondiert<br />

zum Sättigungsdampfdruck psätt<br />

der Substanz H 2 O bei einer vorgegebenen<br />

Temperatur T .<br />

Masse des in feuchter Luft enthaltenen H2O<br />

− Dampfes<br />

absolute Luftfeuchtigkeit =<br />

Gesamtvolumen der feuchten Luft<br />

oder<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 116 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


ϕ<br />

a<br />

m(H2O<br />

− Dampf)<br />

=<br />

V<br />

Luft<br />

Die relative Feuchtigkeit erhält man durch Vergleich mit der maximalen Feuchtigkeit<br />

mmax<br />

(H2O<br />

− Dampf )<br />

ϕ max ( T ) =<br />

.<br />

V<br />

Luft<br />

Es gelten die Definitionen bzw. Beziehungen<br />

Masse des in feuchter Luft enthaltenen H2O<br />

− Dampfes<br />

relative Luftfeuchtigkeit =<br />

Masse des Wasserdampfs bei Sättigungsdruck<br />

m(H<br />

ϕ =<br />

−<br />

m<br />

2 O Dampf )<br />

max<br />

oder gleichwertig<br />

Partialdampfdruck des H2O<br />

− Dampfes<br />

relative Luftfeuchtigkeit =<br />

Sättigungsdampfdruck des H O − Dampfes<br />

p<br />

ϕ =<br />

p<br />

d<br />

s<br />

Einige Zahlenwerte bringt die folgende Tabelle<br />

ϑ<br />

o<br />

C<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

2<br />

p s<br />

hPa<br />

ϕ<br />

max<br />

− 3<br />

gm<br />

6,1 12,3 23,4 42,4 73,7 123 199<br />

4,8 9,4 17,34 30,4 51,1 83,0 130<br />

Messung der Luftfeuchtigkeit<br />

• Absorptionsmethode: Getrocknete hygroskopische Stoffe entziehen der feuchten<br />

Luft den Wasserdampf. Durch Wägung kann die absolute Feuchtigkeit bestimmt<br />

werden.<br />

• Haarhygrometer: Längenänderung in Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit,<br />

(Relative Luftfeuchtigkeit; Eichung z. B. durch Taupunktsmethode).<br />

• Taupunktmethode: Bestimmung der Taupunktstemperatur durch Abkühlen einer<br />

Spiegelfläche und Beobachtung der Temperatur, bei der Kondensation<br />

auftritt.<br />

• Psychrometer: Bestimmung der Temperaturdifferenz zweier Thermometer; eine<br />

Thermometerkugel befindet sich in gesättigter Wasserdampfatmosphäre,<br />

die andere Thermometerkugel zeigt die Temperatur der feuchten Luft an.<br />

• Abhängigkeit der Kapazität eines Kondensators vom Wassergehalt (transportable<br />

Messgeräte).<br />

Anwendungen<br />

WILSONsche Nebelkammer: Spuren geladener Teilchen durch Nebeltröpfchen sichtbar<br />

gemacht; im unterkühlten H 2 O -Dampf bilden sich Nebeltröpfchen an Kondensationskeimen<br />

(Ionen).<br />

<strong>Wärmelehre</strong> – Abschnitt 7<br />

- 117 -<br />

’Stoffe in verschiedenen Phasen’


Bezeichnungen, Formelzeichen und SI-Einheiten<br />

Temperatur Formelzeichen SI-Einheit<br />

Absolute oder thermodynamische Temperatur<br />

(KELVIN-Temperatur)<br />

CELSIUS-Temperatur ϑ o C<br />

T<br />

K<br />

Kinetische Theorie<br />

Masse (allgemein) m kg<br />

Volumen (allgemein) V 3<br />

m<br />

−1<br />

Dichte ρ = m V<br />

−1<br />

Spezifisches Volumen v = ρ<br />

kgm<br />

m 3 kg<br />

Teilchenanzahl (Atome, Moleküle) N 1<br />

1<br />

Teilchenzahldichte (Molekülzahldichte) = NV<br />

AVODAGDRO-Konstante<br />

− 3<br />

n ~ v<br />

−<br />

3<br />

m −<br />

−1<br />

N 1<br />

A<br />

mol −<br />

Stoffmenge / Teilchenmenge n mol<br />

Masse Einzel-Molekül (Teilchen)<br />

Atomare Masseneinheit<br />

Molare Masse (Molmasse)<br />

Molare Gaskonstante<br />

m M<br />

kg<br />

m u = 1 u kg<br />

m<br />

M = N mM<br />

=<br />

n<br />

−1<br />

A kg mol<br />

R<br />

− 1<br />

m J mol<br />

1 −<br />

K<br />

Spezielle (individuelle) Gaskonstante<br />

R<br />

− 1<br />

i J kg<br />

1 −<br />

K<br />

BOLTZMANN-Konstante<br />

k = R N<br />

Impuls p r −1<br />

kg m s<br />

Mittlere kinetische Energie – Translation (Einzel-Molekül)<br />

m<br />

−1<br />

A<br />

J K<br />

ε kin<br />

J<br />

Freiheitsgrade f 1<br />

Geschwindigkeitsverteilung nach MAXWELL<br />

- Wahrscheinlichste Geschwindigkeit w<br />

- Mittlere Geschwindigkeit<br />

= Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat<br />

v =<br />

m<br />

− 1<br />

v<br />

1<br />

ms<br />

−<br />

v<br />

2<br />

1<br />

ms<br />

−<br />

- Durchschnittliche Geschwindigkeit v<br />

1<br />

ms<br />

−<br />

Relative Atom- (Molekül-)Masse A ( M ) 1, (1)<br />

r<br />

, r<br />

Normtemperatur, Normdruck<br />

ϑ ; p C;K; Pa<br />

n Tn<br />

;<br />

n<br />

o<br />

<strong>Wärmelehre</strong><br />

- 118 -<br />

Formelzeichen und SI-Einheiten


Wärme und 1. Hauptsatz Formelzeichen SI-Einheit<br />

Masse (allgemein) m kg<br />

Stoffmenge / Teilchenmenge n mol<br />

Molare Masse (Molmasse)<br />

m<br />

M =<br />

−1<br />

kg mol<br />

n<br />

Wärme Q J<br />

Volumenänderungsarbeit<br />

Wärmekapazität (allgemein)<br />

Spezifische Wärmekapazität<br />

Spezifische isobare (isochore) Wärmekapazität<br />

Molare Wärmekapazität<br />

Molare isobare (isochore) Wärmekapazität<br />

δ W = −p<br />

dV<br />

J<br />

c<br />

C<br />

= − 1<br />

δQ<br />

C d T<br />

1 δQ<br />

m dT<br />

J K<br />

=<br />

− 1 −1<br />

J kg K<br />

c p ; v<br />

m<br />

c − 1 −1<br />

J kg K<br />

1 δQ<br />

n dT<br />

=<br />

− 1 −1<br />

J mol K<br />

C mp ; mv<br />

C − 1 −1<br />

J mol K<br />

Innere Energie U J<br />

Spezielle Zustandsänderungen eines idealen Gases<br />

Isentropenexponent κ 1<br />

Polytropenexponent ν 1<br />

2. Hauptsatz<br />

Thermodynamischer Wirkungsgrad<br />

η th, C<br />

1<br />

Reale Gase<br />

Schmelzenthalpie (Schmelzwärme)<br />

Verdampfungsenthalpie (Verdampfungswärme)<br />

H f<br />

H d<br />

J<br />

J<br />

Schmelzpunkt<br />

Siedepunkt<br />

T f ; ϑ f K; o C<br />

T d ; ϑ d K; o C<br />

Sättigungsdampfdruck<br />

p s<br />

Pa<br />

Tripelpunkt (Temperatur und Druck)<br />

Kritischer Punkt (Temperatur, Druck, Volumen und Dichte)<br />

T<br />

T ; ϑ p K; o C; Pa<br />

tr tr;<br />

kr pkr<br />

; Vkr;<br />

tr<br />

; ρ<br />

kr<br />

Absolute Luftfeuchtigkeit<br />

ϕ 3<br />

a<br />

kgm<br />

−<br />

Relative Luftfeuchtigkeit ϕ 1<br />

<strong>Wärmelehre</strong><br />

- 119 -<br />

Formelzeichen und SI-Einheiten

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