Andreas Symank - FEG Zürich-Helvetiaplatz
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Drittens: Gebet. Wenn der Übersetzer in einer persönlichen Beziehung zu Gott lebt und ihn<br />
immer wieder um Durchblick und Kreativität bittet, wird – davon bin ich überzeugt – Gottes<br />
Heiliger Geist Einfluss auf die Übersetzungstätigkeit nehmen. Damit wird die gründliche<br />
wissenschaftliche Arbeit in keiner Weise überflüssig. Im Gegenteil, gerade wenn ich weiß,<br />
dass ich es hier mit Gottes eigenen Worten zu tun habe, werde ich mich noch viel mehr<br />
bemühen, diesen Worten theologisch und linguistisch gerecht zu werden. Aber es ist gut zu<br />
wissen, dass man mit dieser riesigen Verantwortung nicht allein gelassen ist, sondern dass<br />
Gott selbst einem zu Hilfe kommt. Wenn wir Interesse daran haben, die Bibel gut zu<br />
übersetzen – Gott hat es noch viel mehr.<br />
Auf diese Weise – mit sorgfältiger Exegese, mit Transparenz beim Übersetzungsvorgang und<br />
mit Gebet – kann der Bibelübersetzer versuchen, das Vertrauen der Leser zu gewinnen.<br />
Zwei Zitate und zwei Schlussfolgerungen<br />
Lassen Sie mich mit zwei Zitaten zum unserem Thema schließen. Das erste hab ich mir mal<br />
vor vielen Jahren notiert; ich erinnere mich leider nicht, von wem es stammt. Vielleicht ist es<br />
im Zeitalter der funkgesteuerten Uhren auch gar nicht mehr ganz up-to-date:<br />
„Bibelübersetzungen sind wie Uhren: Die beste ist immer noch nicht genau genug,<br />
und die schlechteste ist immer noch besser als gar keine.“<br />
Die Folgerung daraus wäre: Schnappen Sie sich die nächstbeste Bibel und fangen Sie an zu<br />
lesen! Sie werden es nicht bereuen.<br />
Das zweite Zitat und zugleich das Schlusswort an diesem Seminar stammt von dem jüdischen<br />
Dichter Haim Nacham Bialik; ich bin vor einiger Zeit in einem Artikel von P. R. Raabe in der<br />
Zeitschrift „The Bible Translator“ darauf gestoßen (Vol. 51, Nr. 2, Seite 201):<br />
„Die Bibel in einer Übersetzung zu lesen ist, wie wenn du deine Braut durch einen<br />
Schleier küsst.“<br />
Eine Übersetzung, und sei sie noch so genau, ist nie eine Eins-zu-eins-Entsprechung zum<br />
ursprünglichen Text, sondern immer nur eine Annäherung. Die Folgerung daraus wäre: Wenn<br />
Sie diese Braut direkt auf die Lippen küssen möchten, müssen Sie Hebräisch, Aramäisch und<br />
Griechisch lernen und die Bibel im Original lesen. Einen anderen Weg gibt es nicht.<br />
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