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Heft 3/2004: "Sudan - Krise in Darfur" - unhcr

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zu laufen), machen wir uns auf den Weg.<br />

Wir bewohnen geme<strong>in</strong>sam zwei Häuser. Wir<br />

nehmen auch alle unsere Mahlzeiten zusammen im<br />

Büro e<strong>in</strong>, weil die Häuser ke<strong>in</strong>e Küchen haben.<br />

Überraschenderweise gibt es kaum Spannungen<br />

zwischen den Team-Mitgliedern, obwohl wir fast 24<br />

Stunden täglich mite<strong>in</strong>ander verbr<strong>in</strong>gen.<br />

Wie stets halten wir auf unserem Weg <strong>in</strong>s Büro an,<br />

um Brot zu kaufen. Sobald der Brotverkäufer uns<br />

sieht, beg<strong>in</strong>nt er e<strong>in</strong>e Plastiktüte mit Brot zu füllen.<br />

Alltägliche Rout<strong>in</strong>e, für die es ke<strong>in</strong>er Worte bedarf.<br />

Um diesem Morgen e<strong>in</strong>en besonderen Anstrich zu<br />

verleihen, haben wir am Vortag auf dem Markt<br />

frische Eier gekauft, um uns das erste Mal e<strong>in</strong> Omelett<br />

zu machen. Aber selbst das geht daneben, weil Ei<br />

Nummer 11 schlecht ist und die gesamte Eimasse verdirbt.<br />

Dennoch s<strong>in</strong>d wir entschlossen, unser geme<strong>in</strong>sames<br />

Ostersonntagsfrühstück zu genießen. Wir<br />

ignorieren den Sand im Brot und tun so, als ob das<br />

Nido-Milchpulver wie richtige Milch schmeckt und<br />

La vache qui rit genau der Käse ist, den wir mögen. Der<br />

übliche Ablauf wie jeden Morgen – nur e<strong>in</strong>e Stunde<br />

später als sonst.<br />

Abgesehen von dem Zusammensitzen beim Bier<br />

am Abend ist das Frühstück die e<strong>in</strong>zige Gelegenheit,<br />

bei der wir entspannt s<strong>in</strong>d, plaudern und lachen. Es ist<br />

die Zeit, bevor der Arbeitstag beg<strong>in</strong>nt mit se<strong>in</strong>en<br />

kle<strong>in</strong>en Katastrophen und all den D<strong>in</strong>gen, die danebengehen<br />

können und es auch tun. Wir reden<br />

darüber, was wir essen würden, wenn wir nicht hier<br />

wären, sondern zu Hause. Wir verhalten uns alle<br />

gleich nach e<strong>in</strong>er gewissen Zeit: Wir reden über<br />

D<strong>in</strong>ge, die wir vermissen, wie das K<strong>in</strong>o. Heute haben<br />

wir erfahren, dass e<strong>in</strong> kanadischer Film den Oscar<br />

gewonnen hat. Wir reden viel über Berge, Schnee,<br />

Seen und das Meer, über Segeln und Gerätetauchen.<br />

Das verwundert nicht angesichts des Wetters und<br />

des Umstandes, dass sich die Suche nach Wasser für<br />

Menschen und Vieh als e<strong>in</strong>e der schwierigsten Aufgaben<br />

bei unserem E<strong>in</strong>satz im Tschad erweist. Derzeit<br />

reicht die Kapazität der Brunnen und Bohrlöcher<br />

<strong>in</strong> den bestehenden sechs Lagern nicht zur Deckung<br />

des Bedarfs der Flüchtl<strong>in</strong>ge und der immer neuen<br />

Ankömml<strong>in</strong>ge. Gleichzeitig wissen wir, dass es durch<br />

die Niederschläge <strong>in</strong> zwei oder drei Monaten so viel<br />

Wasser geben wird, dass wir die Menschen nicht<br />

mehr <strong>in</strong> die Lager werden br<strong>in</strong>gen können. Wenn wir<br />

schon unter der trockenen Hitze leiden, wie schlimm<br />

muss es dann erst für die Flüchtl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> den Lagern<br />

und denjenigen an der Grenze se<strong>in</strong>?<br />

1. MAI, Farchana<br />

Die Hitze ist kaum noch erträglich. Fast 50 Grad.<br />

Es ist Mittag, und wir stehen auf e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en<br />

Anhöhe. Vor uns erstreckt sich die riesige Zeltstadt<br />

von Farchana, dem ersten für sudanesische<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>gerichteten UNHCR-Lager im<br />

Tschad. Die meisten Zelte s<strong>in</strong>d sandfarben und<br />

sche<strong>in</strong>en mit dem Boden zu verschmelzen. L<strong>in</strong>ks von<br />

uns s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Zelte noch weiß. Das wird nicht lange<br />

so bleiben. Sandstürme ändern das <strong>in</strong> kürzester Zeit.<br />

Die weißen Zelte s<strong>in</strong>d neu. Sie wurden erst letzte<br />

Woche für Flüchtl<strong>in</strong>ge aufgestellt, die auf eigene Initiative<br />

von der Grenze kommend hier e<strong>in</strong>getroffen<br />

In e<strong>in</strong>em plötzlichen<br />

Sandsturm<br />

im Tschad hilft e<strong>in</strong><br />

UNHCR-Mitarbeiter<br />

Neuankömml<strong>in</strong>gen<br />

aus<br />

dem <strong>Sudan</strong>, ihr<br />

Eigentum auf e<strong>in</strong>en<br />

UNHCR-Lastwagen<br />

zu laden, der sie<br />

zum Lager Touloum<br />

nahe Iriba im Ost-<br />

Tschad br<strong>in</strong>gen<br />

wird.<br />

FLÜCHTLINGE NR. 3/<strong>2004</strong><br />

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