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impulse<br />

Österreich der 1960er Jahre. 1964 ist dieser<br />

normalerweise als Kinderbuch eingestufte<br />

Text erschienen. Doch bereits ein Jahr zuvor,<br />

in ihrem wohl prominentesten Werk „Die<br />

Wand“, spielen Tiere eine zentrale Rolle: Eine<br />

trächtige Kuh, später das Kalb „Stier“, ein<br />

Hund („Luchs“) und eine Katze… Sie stellen<br />

die einzige Gesellschaft dar, die es im Leben<br />

der auf rätselhafte Weise auf einer Alm isolierten<br />

Protagonistin gibt.<br />

Kein einziger Mensch ist da, ist nah genug,<br />

um ihre Einsamkeit zu erleichtern. Während<br />

die Menschen einfach keine Rolle mehr spielen<br />

im Dasein der Ich-Erzählerin, sind es eben<br />

die Tiere, die ihr das Überleben ermöglichen.<br />

Im ganz faktischen Sinn (so ist beispielsweise<br />

die Milch der Kuh von zentraler Bedeutung)<br />

ebenso wie im übertragenen, emotionalen.<br />

Ob Marlen Haushofer wohl gewusst hat, dass<br />

eine viele Jahrhunderte alte Tradition ist, dass<br />

religiös motivierte Einsiedlerinnen und Einsiedler<br />

Haustiere gehalten haben? Und das<br />

bestimmt nicht nur zum persönlichen Schutz.<br />

Welchen Dienst Tiere an Einsiedlerinnen und<br />

Einsiedlern wider Willen leisten (an allein lebenden,<br />

alten Menschen, die unter ihrer Isolation<br />

leiden), darauf weist der altkatholische<br />

Bischof John Okoro gern hin. Und er muss es<br />

wissen, weiß er doch als ausgebildeter Psychotherapeut<br />

nur allzu gut über menschliche<br />

Sorgen und Nöte Bescheid:<br />

Ein Hund erwartet nicht von einem, dass man<br />

schön ist oder reich oder berühmt. Er liebt einen<br />

so, wie man ist. Das ist mehr als man von<br />

den meisten Menschen behaupten kann.<br />

Aussagen wie diese sind nur allzu oft zu hören.<br />

Wie sie zu bewerten sind, das sei dahin<br />

gestellt – die Hintergründe sind wohl durchaus<br />

unterschiedlich.<br />

Ochs und Esel und ein Hund<br />

Eines steht freilich fest: Tiere haben keine<br />

menschlichen Maßstäbe. Mit Statussymbolen<br />

und anderen Nebensächlichkeiten<br />

kann man sie nicht beeindrucken. Darauf<br />

weist übrigens schon die hebräische Bibel<br />

hin. Bei Jesaja 1,3 steht sinngemäß zu lesen,<br />

dass ein Ochs und ein Esel ihren Herrn eher<br />

erkennen als die in Frage kommenden Menschen.<br />

(So sind die beiden edlen Tiere ja auch<br />

zum unverzichtbaren Bestandteil der Weihnachtskrippe<br />

geworden…)<br />

Dieser unverstellte Blick der Tiere für die<br />

Wirklichkeit ist aber auch bei Homer ein<br />

Thema. Von einem einzigen wird der wie ein<br />

Bettler aussehende, heimkehrende Odysseus<br />

erkannt: von seinem Hund.<br />

Und was Tobias angeht – der hat seinem Kater<br />

Tiger hoffentlich inzwischen verziehen,<br />

dass dieser nicht mit aufregenderen Einblicken<br />

in sein tierisches Leben aufwarten<br />

konnte. Und das ist wohl auch gut so. Denn:<br />

Was Tiere wirklich erleben, das ist deren<br />

Geheimnis. Warum sollen sie alles mit ihren<br />

Menschen teilen?<br />

© Foto ORF<br />

Brigitte Krautgartner, geboren 1966 in Steyr, Studium der Romanistik (Französisch und Italienisch),<br />

Journalistenausbildung an der katholischen Medienakademie, seit vielen Jahren als<br />

Redakteurin in der ORF-Hörfunkabteilung Religion tätig, Mutter einer erwachsenen Tochter.<br />

©Der dritte Band ihrer Kinderbuchreihe „Kiki löst den Fall“ erschien 2011.<br />

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bn 2013 / 1

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