Vortrag Frau Möllers - Deutsches Rotes Kreuz
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Sind Angebote, die die Erzieherinnen den Kindern vorstellen, im Wortsinne Angebote,<br />
d.h. sind sie auch nicht anzunehmen? Oder gibt es nur die freie Wahl zwischen mehreren<br />
Angeboten?<br />
Wie frei ist übrigens der Lernweg innerhalb eines Angebotes, eines Lernpakets? Wie viel<br />
Gestaltungsfreiheit haben hier die Kinder, ihre eigenen Denkwege zu gehen und ihren<br />
individuellen Ausdruck zu finden.<br />
Diese Offenheit ist für mich ein Privileg der frühen Kindheit.<br />
Solche Fragen waren und sind zwischen den Kolleginnen in der Praxis oft strittig.<br />
Ich kenne viele Offene Kitas, die sich für die Wahlpflicht zwischen den Angeboten einsetzen.<br />
Ebenso kenne ich Kolleginnen, die sich entschieden haben, vorrangig ihr Angebot in einer<br />
anregend gestalteten Lernumgebung und in sich als Personen, als zugewandte, neugierige,<br />
kundige Lernbegleiterinnen zu sehen. Es werden keine „Angebote“ im alten Sinne mehr<br />
abgesprochen und angekündigt. Es gibt für kleine freiwillige Gruppen Erkundungs-,<br />
Forschungs- und Aktionsprojekte. Von der kurzen „Ideenarbeit“ (5) bis zum großen<br />
Werkstattvorhaben ist alles möglich.<br />
Die Erwachsenen folgen achtsam den Spuren der Kinder, sie folgen den Spuren einzelner<br />
Kinder. Dabei können sie erstaunliche Bildungsprozesse entdecken und miterleben, wie<br />
kindliche Kompetenzen sich entfalten.<br />
Die Erzieherinnen können - auch mit dem analytischen Blick auf Bildungsbereiche -<br />
nachzeichnen, welche Schritte ein Kind gegangen ist und welche Unterstützung von<br />
Erwachsenen hilfreich war. Die Perspektive „vom Kind aus “ eröffnet überraschende<br />
Handlungsstrategien.<br />
Die Perspektive, von Sachstrukturen, Fachdisziplinen her zu denken, führt leicht zu einer<br />
„Versäulung“ und nicht zu bereichernden Querverbindungen. Diese Gefahr sehe ich z. B. im<br />
Berliner Bildungsprogramm mit seinen sieben Bildungsbereichen, die teilweise getrennt<br />
„abgearbeitet“ werden oder sich sogar räumlich in den sog. Bildungsinseln abbilden.<br />
Ebenso fragwürdig (im Wortsinne) sind die Verpflichtungen zu den diversen Kreisen, die sich<br />
in der Offenen Arbeit ritualisiert haben.<br />
Für welche Zwecke ist ein Morgenkreis gut geeignet – und braucht es dafür eine Teilnahme<br />
aller Kinder?<br />
Das gleiche gilt für die Einrichtung von festen Stammgruppen (wer hat diesen Begriff nur<br />
erfunden?)<br />
Ich unterscheide zwischen einer Bezugsgruppe, d.h. einer Anzahl von Kindern und Eltern, die<br />
von einer Erzieherin, als Bezugserzieherin durch die Kitazeit begleitet wird und der festen<br />
Etablierung von Stammgruppen, die sich im Kitaalltag verbindlich zusammenfinden müssen.<br />
Stammgruppen galten einmal als Strukturmerkmal von Offener Arbeit, die Praxis zeigt<br />
inzwischen viele Varianten.<br />
Kleine und große, regelmäßig wiederkehrende Gemeinschaftserfahrungen sind für Kinder und<br />
Erwachsene wichtig.<br />
Sich freiwillig zusammenfindende Kreise zum Singen und Tanzen, Erzählen und Vorlesen,<br />
Erkunden und Philosophieren werden von Erzieherinnen initiiert. Hier können Kinder<br />
Schätzen aus unserer Kulturgeschichte und der anderer Länder begegnen. Kinder und<br />
Erwachsene erleben den Reiz von Zusammengehörigkeit durch ein gemeinsames Interesse<br />
und Lust am gemeinsamen Tun.<br />
Auch kleine Gruppen, die von Kindern initiiert werden, brauchen die Achtung und<br />
gelegentlich auch die Unterstützung von Erwachsenen: es gilt, den Kindern die Bearbeitung<br />
ihrer Fragen und Vorhaben nicht aus der Hand zu nehmen. Als Erwachsener offen zu sein für<br />
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