Vortrag Frau Möllers - Deutsches Rotes Kreuz
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Allerdings kenne ich auch andere Situationen, in denen Unsicherheit, Unruhe,<br />
Unkonzentriertheit und Hektik bei Kindern und Erwachsenen zu spüren sind, alles Zeichen<br />
für Unachtsamkeit. Wenn diese Situationen sich häufen und ein entspanntes Lernklima für die<br />
Kinder verhindern und die Kreativität im Team ersticken, dann ist es an der Zeit, sich Zeit zu<br />
nehmen, um nach den Ursachen zu forschen.<br />
Oft ist der Zusammenhang zwischen dem Kern der Offenen Arbeit und der konkreten<br />
Alltagsarbeit verloren gegangen. Fragen, die sich aufdrängen, aber oft verdrängt werden, sind:<br />
„Warum machen wir das so, warum ändern wir das nicht, worauf kommt es uns an?“<br />
Anfänglich gespannte Sicherheitsnetze haben sich verselbständigt, Routinen und Rituale<br />
scheinen unveränderbar. Häufig wird dann das Einhalten von Absprachen eingeklagt, ohne<br />
dass die Absprachen noch einmal auf ihren Bezug zum Kern der Offenen Arbeit befragt<br />
werden. Spannungen und Auseinandersetzungen fordern alle Beteiligten dazu auf, sich um<br />
Verständigung zu bemühen, damit die Leichtigkeit des Arbeitens wieder einziehen kann.<br />
Auch hier ist Achtsamkeit im Umgang miteinander gefragt, aber auch Vertrauen in offene<br />
Prozesse.<br />
Offene Prozesse verlaufen nicht gradlinig, sondern Umwege, Fehler und scheinbarer<br />
Stillstand gehören dazu. Die Suche nach einer für den Augenblick passenden Lösung ist daher<br />
kein „Zurückgehen“, sondern eine achtsame Arbeit am Prozess.<br />
Wir Erwachsenen haben oft nicht genügend Erfahrung in Teamarbeit und auch nicht<br />
genügend Vertrauen in die eigenen Entwicklungskräfte und in der Folge auch nicht genügend<br />
Vertrauen in Lernfreude und Selbstbildungskräfte der Kinder.<br />
Es für uns als Erwachsene manchmal schwierig zu erleben, dass die Kinder in einem offenen<br />
Haus Erfahrungen machen können, die uns selbst als Kind in der Regel verschlossen waren.<br />
Die größten Schritte gehen bei Öffnungsprozessen immer die Erwachsenen – die Kinder<br />
erfüllen die Spielräume mit Leben. Dabei geht es zunächst um die ganz konkreten Räume und<br />
ihre Offenheit drinnen und draußen. Aber es geht auch um die inneren Spielräume, die wir<br />
Kindern zugestehen:<br />
Das Recht auf Selbstbestimmung ist hier zentral: das Nein eines Kindes wird mit Respekt<br />
angenommen, insbesondere in allen Fragen der körperlichen Integrität. Die Gestaltung von<br />
Essens- und Schlafenssituationen sind Prüfsteine dafür.<br />
Aber es geht auch darum, das JA des Kindes zu verstärken – wahrzunehmen, was ein Kind<br />
sich wünscht und ihm bei der Verwirklichung zur Seite zu stehen!<br />
Mit zunehmendem Alter treten dann kleine und größere Prozesse von Mitbestimmung und<br />
Mitwirkung hinzu. Kinder können in einem offenen Haus - von Anfang an - erleben, dass ihre<br />
Signale beachtet werden, dass sie gefragt werden, dass ihre Sicht der Dinge wichtig ist, dass<br />
ihre Vorlieben und Besonderheiten respektiert werden und dass Aushandeln und sich<br />
Verständigen ein höchst spannender Prozess sein kann. Offene Arbeit ist ohne Partizipation<br />
nicht denkbar. So kann eine offene Kita vom Haus für Kinder zu einem Haus der Kinder<br />
werden.<br />
Zum Schluss noch einige Gedanken zum Thema ACHTSAMKEIT in der Offenen Arbeit.<br />
Achtsamkeit ist ein hoch aufgeladener Begriff mit vielen unterschiedlichen Facetten und auch<br />
unterschiedlichen geistig-spirituellen Wurzeln.<br />
Worum geht es: Im Zentrum des Begriffes steht die Hinwendung auf den Augenblick, auf die<br />
Gegenwärtigkeit, auf den gerade stattfinden Moment, auf die Präsenz im Hier und Jetzt.<br />
Dies führt zu Innehalten, Stillwerden, Aufmerksamkeit, Wahrnehmen, was ist - ohne gleich<br />
zu bewerten und aktiv zu werden.<br />
In der freien Konzentration auf den Moment, auf den Atem liegt die Kraft der Achtsamkeit.<br />
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