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Nebelkammer - Physikalisches Projektpraktikum

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<strong>Nebelkammer</strong><br />

Ein Projekt der PPG1<br />

im <strong>Projektpraktikum</strong> der Universität Erlangen-Nürnberg<br />

Wintersemester 2005/2006<br />

Sandra Kienle – Birgit Müller – Sylvia Rathgeber – Harald Braun – Alexander Eekhoff – Marc Ziener<br />

Tutorin: Anja Loehr


INHALTSVERZEICHNIS<br />

1. EINLEITUNG................................................................................................. 2<br />

2. GESCHICHTE DER NEBELKAMMERN ...................................................... 2<br />

2.1 Erfinder der ersten <strong>Nebelkammer</strong> (Expansionsnebelkammer).............................................................................2<br />

2.2 Spätere Bedeutung und Einsätze..............................................................................................................................3<br />

3. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN .............................................................. 4<br />

3.1 Thermodynamische Grundlagen..............................................................................................................................4<br />

3.1.1 Zustandsgleichungen idealer Gase ..........................................................................................................................4<br />

3.1.2 Van – der – Waals - Gleichung und Isothermen eines realen Gases .......................................................................5<br />

3.2 Sättigung und Übersättigung....................................................................................................................................6<br />

3.2.1 Begriffsklärungen....................................................................................................................................................6<br />

3.2.2 Sättigung und Übersättigung am Beispiel Wasserdampf .......................................................................................6<br />

3.2.3 Die Dampfdruckkurve von Wasser .........................................................................................................................7<br />

3.3 Entstehung der Nebelspuren ....................................................................................................................................8<br />

3.4 Ionisierende Strahlung..............................................................................................................................................8<br />

3.4.1 α-Strahlung..............................................................................................................................................................8<br />

3.4.2 β-Strahlung..............................................................................................................................................................9<br />

3.4.3 γ-Strahlung ............................................................................................................................................................10<br />

3.4.4 Myonen .................................................................................................................................................................10<br />

3.4.5 Herkunft der in der <strong>Nebelkammer</strong> nachzuweisenden ionisierenden Strahlung.....................................................10<br />

4. FUNKTIONSPRINZIP DER NEBELKAMMERN......................................... 11<br />

4.1 Allgemeine Grundlagen ..........................................................................................................................................11<br />

4.2 Expansionsnebelkammer ........................................................................................................................................11<br />

4.3 Diffusionsnebelkammer ..........................................................................................................................................13<br />

5. SELBSTBAU EINER DIFFUSIONSNEBELKAMMER ............................... 14<br />

5.1 Evolution ..................................................................................................................................................................14<br />

5.2 Fazit ..........................................................................................................................................................................20<br />

6. DIE PROFESSIONELLE DIFFUSIONSNEBELKAMMER.......................... 20<br />

6.1 Aufbau der Kammer ...............................................................................................................................................20<br />

6.2 Inbetriebnahme........................................................................................................................................................21<br />

7. LITERATURVERZEICHNIS........................................................................ 23


1. Einleitung<br />

Die Wilson’sche <strong>Nebelkammer</strong>, die nach ihrem Erfinder Charles Thomson Rees Wilson benannt<br />

wurde, ist ein Gerät, das in der Frühzeit der Atom- und Kernphysik zur Sichtbarmachung der Bahnen<br />

ionisierender Teilchen und damit zum Nachweis diente. Sie brachte zahlreiche Erkenntnisse über das<br />

Verhalten von Elementarteilchen und über ihre Eigenschaften (Masse, Ladung, Spin).<br />

Grob funktioniert die <strong>Nebelkammer</strong> folgendermaßen:<br />

Ionisierende Teilchen dringen in eine mit einem übersättigten Gasgemisch gefüllte Kammer. Die<br />

Teilchen ionisieren einzelne Gasmoleküle, die dann als „Kondensationskeime“ wirken. Dadurch, dass<br />

der übersättigte Dampf an diesen kondensiert bilden sich Nebelspuren. Durch seitliche Beleuchtung,<br />

kann man die Spur des Teilchens als Nebelstreifen erkennen.<br />

Es gibt zweierlei Arten von <strong>Nebelkammer</strong>n: die Expansionsnebelkammer und die<br />

Diffusionsnebelkammer (siehe 4.2, 4.3). Sie unterscheiden sich im Wesentlichen durch die<br />

unterschiedliche Herstellung des Dampfes.<br />

In der modernen Forschung werden <strong>Nebelkammer</strong>n nicht mehr eingesetzt, jedoch werden sie noch<br />

gerne zu Demonstrationszwecken genutzt.<br />

2. Geschichte der <strong>Nebelkammer</strong>n<br />

2.1 Erfinder der ersten <strong>Nebelkammer</strong> (Expansionsnebelkammer)<br />

Charles Thomson Rees Wilson (s. Abbildung 1) wurde am 14. Februar 1869 in Glencorse,<br />

Schottland, als jüngstes von 8 Kindern eines schottischen Schafzüchters geboren. Vier Jahre später<br />

kamen seine Eltern ums Leben. Er begann mit 15 Jahren in Manchester Medizin zu studieren,<br />

wechselte dann aber das Fach und studierte Naturwissenschaften. 1888 erhielt er ein Stipendium für<br />

ein Studium der Mathematik und Physik in Oxford, das er vier Jahre später erfolgreich abschließen<br />

konnte.<br />

Schon in seiner Jugend interessierte er sich für Wetterphänomene. Insbesondere faszinierte ihn die<br />

Entstehung von Wolken. Dieses Interesse veranlasste ihn 1895 eine Kammer zu bauen, in dem er<br />

Wolken erzeugen wollte und somit den Mechanismus, wie sich viele kleine Wassertröpfchen zu<br />

Wolken bilden, zu verstehen. Unter bestimmten Voraussetzungen ließen sich in der Kammer kleine<br />

Wassertröpfchen erzeugen, durch die sich im Inneren der Kammer Nebel bildete (→ spätere<br />

Benennung der Kammer: <strong>Nebelkammer</strong> (engl.: cloud chamber)).<br />

Während er seine Versuche durchführte, stieß er immer wieder auf, für ihn zunächst noch<br />

unerklärbare Nebelspuren. Erst einige Jahre später fand er die Ursache für die Nebelspuren heraus.<br />

Die durch die Strahlung ionisierten Gasionen waren die Ursache für die Nebelspuren, oder anders<br />

ausgedrückt, nach einiger Zeit gab es für Wilson keinen Zweifel mehr, dass er eine Möglichkeit<br />

gefunden hatte, Gasionen als Kondensationskeime sichtbar zu machen. Diese konnte man durch<br />

Magnetfelder ablenken, die Bahnen fotografisch festhalten und somit die Ladungen und Massen der<br />

Ionen bestimmen. 1911 gelang es ihm schließlich, nach einigen Verbesserungen, die erste<br />

funktionstüchtige <strong>Nebelkammer</strong> zu bauen und nahm als erster Mensch fotografisch die<br />

Teilchenbahnen von Elektronen und α-Teilchen auf.<br />

Seite 2 von 23


Abbildung 1: Charles Thomson Rees Wilson [1]<br />

1925 wurde Wilson Professor in Cambridge und lehrte dort bis zu seiner Pensionierung 1934.<br />

1927 erhielt er zusammen mit dem Physiker Arthur Compton den Nobelpreis für Physik "für seine<br />

Methode, die Bahnen von elektrisch geladenen Teilchen durch Kondensation von Wasserdampf<br />

sichtbar zu machen“.<br />

Er starb im Alter von 90 Jahren am 15. November 1959 in Carlops, Schottland.<br />

2.2 Spätere Bedeutung und Einsätze<br />

Mit Hilfe der <strong>Nebelkammer</strong> wurden in den darauf folgenden Jahren viele wesentliche Experimente in<br />

der Kern- und Teilchenphysik durchgeführt.<br />

Folgende Neuentdeckungen konnten gemacht werden:<br />

• 1921, Nachweis der Comptonstreuung<br />

• 1931, Entdeckung des Positrons in einer <strong>Nebelkammer</strong> durch Carl Anderson<br />

• 1937, Entdeckung des Myons durch J. C. Street and E. C. Stevenson<br />

• Untersuchung kosmischer Strahlung<br />

• Nachweis der Paarerzeugung und Paarvernichtung von Elektronen und Positronen durch<br />

Patrick Maynard Stuart Blackett und Giuseppe Ochialini (1948 erhält Blackett den Nobelpreis für<br />

Arbeiten zur kosmischen Strahlung)<br />

• Nachweis der künstlichen Kernreaktion durch John Cockroft und Ernest Thomas Sinton Walton<br />

(1951 Nobelpreis für Arbeiten auf dem Gebiet der Atomkernumwandlungen)<br />

• 1952, Erfindung der Blasenkammer, als Weiterentwicklung der <strong>Nebelkammer</strong>, durch Donald<br />

Arthur Glaser<br />

Seite 3 von 23


3. physikalische Grundlagen<br />

3.1 Thermodynamische Grundlagen<br />

3.1.1 Zustandsgleichungen idealer Gase<br />

Die Gesetze von Boyle – Mariotte und Gay – Lussac:<br />

Boyle - Mariotte:<br />

Das Produkt aus Druck und Volumen ändert sich bei konstanter Temperatur eines Gases nicht.<br />

P·V = konstant<br />

Gay - Lussac:<br />

Die Temperatur eines Gases ist bei konstanten Volumen proportional zum Druck.<br />

P = konstant<br />

T<br />

Diese Gesetze gelten näherungsweise für alle Gase bei geringer Dichte.<br />

Aus diesen Zusammenhängen lässt sich nun die Zustandsgleichung für ideale Gase herleiten.<br />

Es ist offensichtlich, dass die Temperatur, falls P konstant ist, somit auch proportional zum Volumen<br />

eines Gases ist. Dieser Zusammenhang lässt sich mit Hilfe einer Proportionalitätskonstante C, die<br />

von der Gasmenge abhängt, folgendermaßen beschreiben:<br />

P·V = C·T<br />

Setzt man nun C = n·R, mit der Molzahl n und der Gaskonstanten R, so erhält man die<br />

Zustandsgleichung für ideale Gase:<br />

P·V = n·R·T<br />

Die Kurven eines idealen Gases im PV-Diagramm stellen parallele Hyperbeln, abhängig von der<br />

Temperatur dar (siehe Abbildung 2)<br />

Abbildung 2: P-V Diagramm eines idealen Gases [5]<br />

Seite 4 von 23


3.1.2 Van – der – Waals - Gleichung und Isothermen eines realen Gases<br />

Die Van-der-Waals Gleichung beschreibt das Verhalten realer Gase, d.h. von Gasen, deren Atome<br />

bzw. Moleküle eine endliche Ausdehnung haben und miteinander in Wechselwirkung treten können.<br />

Diese Effekte werden durch den Binnendruck und Eigenvolumen berücksichtigt. Über weite<br />

Druckbereiche ist diese Gleichung besser als die o.a. Zustandsgleichung für ideale Gase.<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

a ⋅ n<br />

Zustandsgleichung: ⎜ P ⎟ ( V − n ⋅ b)<br />

+<br />

2<br />

V<br />

2<br />

⎞<br />

⎟ ⋅<br />

⎠<br />

= n ⋅ R ⋅ T<br />

Mit:<br />

- P: äußerer Druck<br />

- a/V²: Binnendruck des Gases<br />

- V: Gasvolumen<br />

- b: Eigenvolumen der Gasmoleküle<br />

Mit zunehmendem Volumen, bzw. abnehmender Dichte nähert sich die Van-der-Waals-Gleichung<br />

immer mehr der Zustandsgleichung für ideale Gase und geht schließlich in diese über.<br />

Abbildung 3 zeigt PV-Isothermen eines realen Gases (CO2), d.h. ein Diagramm in dem der Druck<br />

gegen das Volumen für verschiedene konstante Temperaturen aufgetragen ist, eines realen Gases.<br />

Die Isothermen folgen oberhalb der kritischen Temperatur der Van-der-Waals-Gleichung und die<br />

Substanzen sind in diesem Bereich gasförmig.<br />

Abbildung 3: P-V Isothermen [6]<br />

Wird ein Gas unterhalb dieser „kritischen Temperatur“ komprimiert, so steigt der Gasdruck nur bis zu<br />

einem bestimmten Volumen an und bleibt danach trotz weiterer Komprimierung konstant. Dies<br />

passiert, da sich ein Teil des Gases bei konstantem Druck, verflüssigt. Entlang der horizontalen Linie<br />

im Diagramm sind Gas und Flüssigkeit im Gleichgewicht. Der während dieser Zeit herrschende<br />

Druck wird Dampfdruck genannt. Sobald das ganze Gas in Flüssigkeit verwandelt wurde steigt der<br />

Druck sehr schnell an, da Flüssigkeiten nahezu inkompressibel sind und schon eine geringfügige<br />

Verkleinerung des Volumens eine enorme Druckzunahme bedeutet.<br />

Seite 5 von 23


Unter bestimmten experimentellen Bedingungen ist es möglich einen Druckverlauf, wie die<br />

gekrümmte Kurve ihn darstellt, herzustellen. Man nennt den dann erreichten Zustand übersättigten<br />

Dampf oder übersättigte Flüssigkeit. Dieser Zustand wird bei einer <strong>Nebelkammer</strong> benötigt.<br />

3.2 Sättigung und Übersättigung<br />

3.2.1 Begriffsklärungen<br />

Ist in einer Flüssigkeit ein Stoff gelöst, so bezeichnet man diese als Lösungsmittel und das<br />

resultierende Gemisch als Lösung. Ist die höchstmögliche Menge des Stoffes im Lösungsmittel<br />

gelöst, so spricht man von einer gesättigten Lösung und bezeichnet die entsprechende<br />

Konzentration des Stoffes als Sättigungsmenge bzw. Sättigungskonzentration.<br />

Diese Sättigungsmenge ist dabei abhängig von der Art des Lösungsmittels und der Temperatur.<br />

Bekanntermaßen ist warme Luft beispielsweise in der Lage, mehr Wasser als kalte Luft<br />

„aufzunehmen“.<br />

Im „Normalfall“ kann diese Sättigungskonzentration nicht überschritten werden, eine weitere<br />

Zuführung des Stoffes würde nicht mehr gelöst werden.<br />

Dennoch ist eine Überschreitung dieser Grenze mitunter möglich, was man in der Folge als<br />

übersättigte Lösung bezeichnet. Entscheidend für das Auftreten einer Übersättigung ist hierbei die<br />

Existenz von Kristallisationskernen. Je weniger von ihnen vorliegen, desto stärker kann die Lösung<br />

übersättigt werden und umgekehrt.<br />

Die Übersättigung eines thermodynamischen Systems bezeichnet also einen Zustand, der sich<br />

oberhalb des Sättigungspunktes befindet. Das bedeutet beispielsweise, dass eine solche Lösung<br />

weiter Stoffe in sich löst, obwohl der eigentliche Gleichgewichtszustand schon erreicht ist. Unter<br />

gewöhnlichen Bedingungen würde eine solche Überschreitung des Gleichgewichtszustands durch<br />

eine Phasenumwandlung verhindert. Bei übersättigten Systemen tritt diese jedoch nicht am<br />

erwarteten Gleichgewichtspunkt des Phasendiagramms auf.<br />

Eine Übersättigung kann durch die meist langsame Abkühlung einer gesättigten Lösung bzw. eines<br />

gesättigten Mediums erreicht werden. Vor allem in Bezug auf Wasserdampf in der Luft zeigt sich beim<br />

Fehlen von Kondensationskernen (Aerosolen) im Laborversuch (<strong>Nebelkammer</strong>) eine Übersättigung<br />

von maximal ca. 800 %. Unter atmosphärischen Bedingungen ist dies jedoch nicht der Fall, hier<br />

lassen sich maximale Übersättigungen von 100 % beobachten, wobei diese jedoch sehr selten sind<br />

und in der Regel nur Übersättigungen von wenigen Prozentpunkten auftreten.<br />

3.2.2 Sättigung und Übersättigung am Beispiel Wasserdampf<br />

Wasserdampf ist dann gesättigt, wenn er nicht mehr fähig ist seine eigene Konzentration in der Luft<br />

weiter zu erhöhen, da diese schon die maximale Luftfeuchtigkeit mit sich trägt. Der Begriff der<br />

Sättigung kann physikalisch/ chemisch unterschiedlich erklärt werden, wobei die Interpretationen sich<br />

keinesfalls widersprechen, sondern synonym sind:<br />

• thermodynamisches Gleichgewicht zwischen Wasserdampf und Wasser<br />

• angeglichene chemische Potenziale der beiden Stoffe<br />

Seite 6 von 23


• 100% relative Luftfeuchte (ist eine Definition der „relativen“ Luftfeuchte; während die relative<br />

Luftfeuchte temperaturabhängig ist, ist die absolute Luftfeuchtigkeit temperaturunabhängig!)<br />

• Taupunktdifferenz gleich Null bzw. Temperatur gleich dem Taupunkt<br />

• Das „Sättigungsdefizit“ ist gleich Null bzw. der Dampfdruck ist gleich dem<br />

Sättigungsdampfdruck<br />

Durch das Abkühlen der Luft unter den Taupunkt, ohne dass dabei Kondensation (Nebel, Wolke)<br />

eintritt, kommt es zu einer Übersättigung. Grund hierfür ist wie bereits oben erwähnt, das Fehlen von<br />

Kondensationskeimen. Als Kondensationskeime fungieren z. B. Aerosolen wie etwa Staub- oder<br />

Eispartikel. Da in der Regel jedoch meist Kondensationskeime vorhanden sind, treten in der<br />

Erdatmosphäre kaum Übersättigungen von mehr als einem Prozent auf. Ein ähnlicher Effekt wie die<br />

Übersättigung ist das Verhalten von destilliertem Wasser, welches man auf Grund fehlender<br />

Kondensationskeime auf einige Grad unter 0 Grad Celsius abkühlen kann, ohne dass es gefriert.<br />

3.2.3 Die Dampfdruckkurve von Wasser<br />

Die in Abbildung 4 dargestellte „Dampfdruckkurve“ zeigt übersichtlich in einer Grafik das Verhalten<br />

von Wasser:<br />

Die Phasenübergänge zwischen fest, flüssig und gasförmig sind sowohl druck- als auch<br />

temperaturabhängig. Durch Erhöhen des Drucks wird der Phasenübergang von flüssig nach<br />

gasförmig in deutlich höhere Temperaturbereiche verschoben (in der Abbildung s. Kurve 2).<br />

Gleichzeitig kann durch Druckerniedrigung erreicht werden, dass Wasser schon ab 0 Grad Celsius in<br />

den dampfförmigen Zustand übergeht.<br />

Abbildung 4: Die Dampfdruckkurve von Wasser [13]<br />

Eine praktische Anwendung hierzu ist der Dampfdrucktopf: Durch eine Erhöhung des Drucks bleibt<br />

das Wasser entsprechend länger im flüssigen Zustand und ist auf Grund der höheren Wärmeübergangszahl<br />

besser in der Lage, Energie (z. B. beim Kochen) an z. B. einen zu erwärmenden Körper<br />

abzugeben.<br />

Seite 7 von 23


Analog zu interpretieren sind die Kurven 1 und 3; besonders sei jedoch auf die Kurve 1 hingewiesen:<br />

Sie zeigt, dass durch Druckerniedrigung ein Übergang von dampfförmig nach fest, also durch<br />

„Auslassen“ des flüssigen Zustands möglich ist (sog. „Sublimation“)!<br />

3.3 Entstehung der Nebelspuren<br />

Fliegt ein Teilchen in den, in der <strong>Nebelkammer</strong> herrschenden, übersättigten Dampf, so kommt es zu<br />

Kollisionen zwischen Luftmolekülen und dem Teilchen. Dadurch werden die Moleküle ionisiert, d.h.<br />

Elektronen werden ausgeschlagen. Die „übriggebliebenen“ Ionen dienen jetzt als<br />

Kondensationskeime für den Dampf. An ihnen kondensieren kleine Tröpfchen, die man als<br />

Nebelspuren mit entsprechender Beleuchtung beobachten kann. Die Nebelspur, die man letztendlich<br />

sieht ist nicht die Bahn des Teilchens sondern nur ihre Spur die sie beim „Ionisieren“ hinterlässt.<br />

Vergleichbar sind diese mit den Kondensationsspuren von hochfliegenden Flugzeugen.<br />

3.4 Ionisierende Strahlung<br />

Aufgabe einer <strong>Nebelkammer</strong> ist es – wie bereits in 1. dargelegt – ionisierende Strahlung über<br />

Kondensation an den entstandenen Ionen nachzuweisen.<br />

Unter ionisierender Strahlung versteht man jegliche Art von Teilchen- oder elektromagnetischer<br />

Strahlung, die die Fähigkeit besitzt Atome oder Moleküle zu ionisieren. Im Speziellen sind dies die α-<br />

und β-Strahlung, sämtliche anderen geladenen Teilchen wie Protonen, Myonen, etc. sowie γ- und<br />

Röntgenstrahlung.<br />

Im Folgenden soll kurz auf die in einer <strong>Nebelkammer</strong> hauptsächlich beobachteten Arten ionisierender<br />

Strahlung eingegangen werden.<br />

3.4.1 α-Strahlung<br />

Als α-Strahlung wird ein Teilchenstrom von zweifach ionisierten Heliummolekülen [42He] bezeichnet.<br />

α-Teilchen besitzen eine Masse von 6,64*10^-27 kg, sind sehr stabil (Bindungsenergie 28,3 MeV),<br />

besitzen den Spin 0 und kein magnetisches Moment. Typischerweise beträgt die Emissionsenergie<br />

von α-Teilchen einige MeV, bei Radium z.B. 4,9 MeV.<br />

Bei der Wechselwirkung mit Materie erzeugen die α-Teilchen auf ihrem Weg durch direkte Ionisation<br />

– d.h. sie „schlagen“ Elektronen aus den Atomhüllen der wechselwirkenden Atome – Ionen in relativ<br />

großer räumlicher Dichte.<br />

Bei den einzelnen Stoßprozessen verlieren die α-Teilchen auf Grund ihrer Masse relativ wenig<br />

Energie (werden also kaum abgelenkt), jedoch wird durch die vielen Stoßprozesse die Energie doch<br />

relativ schnell abgeschwächt, was dazu führt, dass α-Teilchen in Luft nur eine Reichweite von 4 bis 7<br />

cm besitzen.<br />

Die Spuren von α-Teilchen in der <strong>Nebelkammer</strong> erscheinen relativ dick und eher geradlinig.<br />

Seite 8 von 23


Abbildung 5: Die Spur eines α-Teilchens [14]<br />

3.4.2 β-Strahlung<br />

Die β-Strahlung kann in zwei Kategorien eingeteilt werden. Man unterscheidet die β-minus- und die β-<br />

plus-Strahlung. Bei ersterer handelt es sich um einen Teilchenstrom aus Elektronen, bei letzterer um<br />

einen Teilchenstrom aus Positronen, beide jeweils mit hoher kinetischer Energie.<br />

Wenn α- und β-Strahlung gleicher Energie verglichen werden fällt auf, dass die Reichweite der β-<br />

Strahlung weitaus höher ist. So besitzt bei z.B. 3 MeV ein β-Teilchen eine Reichweite von ~5m, ein α-<br />

Teilchen von wenigen cm. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Elektronen/Positronen auf Grund<br />

Ihrer geringeren Größe, Masse und Ladung ein weitaus geringeres Ionisationsvermögen – d.h. sie<br />

wechselwirken weniger oft - besitzen als α-Teilchen.<br />

Die Ionisation bei β-Strahlung erfolgt auf die gleiche Weise wie bei der α-Strahlung, also durch direkte<br />

Ionisation.<br />

Die in einer <strong>Nebelkammer</strong> beobachtbare Bahn eines β-Teilchens ist auf Grund der genannten<br />

Unterschiede zur α-Strahlung eher dünn (geringeres Ionisationsvermögen) und eher „zittrig“<br />

(geringere Masse, daher größere Ablenkung bei Stoßprozessen).<br />

Abbildung 6: Die Spur eines β-Teilchens [14]<br />

Seite 9 von 23


3.4.3 γ-Strahlung<br />

Bei γ-Strahlung handelt es sich im Gegensatz zur α- und β-Strahlung nicht um Teilchen, sondern um<br />

elektromagnetische Strahlung. Die Photonen der γ-Strahlung besitzen Wellenlängen < 0,5 nm und<br />

somit Energien > 2,5 keV.<br />

γ-Strahlung kann Teilchen nicht direkt sondern nur indirekt ionisieren. Dies kann durch<br />

Wechselwirkung mit der Atomhülle (Photoeffekt, Compton-Effekt), oder mit dem Kern (Paarbildung,<br />

Kern-Photoeffekt) geschehen.<br />

Daraus ergibt sich, dass die Bahn eines γ-Teilchens nicht direkt durch Ionisationsspuren verfolgt<br />

werden kann, sondern nur durch von ihr ausgehende, zittrige Spuren, ähnlich denen der β-Strahlung<br />

(da ja durch z.B. den Photoeffekt Elektronen - also β-Strahlung - entsteht), die auf Grund der<br />

Wechselwirkung der γ-Strahlung mit den Atomen herrühren.<br />

3.4.4 Myonen<br />

Myonen sind Leptonen, die den Elektronen sehr ähneln, ihre Masse ist jedoch ca. 200 Mal größer.<br />

Ebenso wie Elektronen besitzen sie eine einfache negative Ladung und halbzahligen Spin.<br />

Ein freies Myon hat eine mittlere Lebensdauer von 2,2 · 10^-6 s, bevor es in zwei Neutrinos (ein<br />

Myon-Neutrino, ein Elektron-Antineutrino) und ein Elektron zerfällt. Dass trotz ihrer Entstehung in der<br />

Atmosphäre und ihrer geringen mittleren Lebensdauer noch Myonen auf dem Niveau der<br />

Erdoberfläche nachgewiesen werden können, lässt sich mit der relativistischen Zeitdilatation erklären,<br />

die für die Myonen auf Grund Ihrer hohen Geschwindigkeit einen deutlich nachweisbaren Effekt hat.<br />

Wie auch die anderen beschriebenen Teilchen, die sich zur ionisierenden Strahlung zählen lassen,<br />

ionisiert auch das Myon wechselwirkende Atome/Moleküle durch direkte Ionisation.<br />

Mit ein bisschen Glück, lässt sich in einer <strong>Nebelkammer</strong> sogar der Zerfall eines Myons beobachten,<br />

da auch freie Elektronen sichtbar werden. Anhand eines deutlichen Knicks in der Teilchenspur lässt<br />

sich der Zerfall identifizieren, da sich auf Grund der Impulserhaltung und der entstehenden Neutrinos<br />

das Elektron nicht in die gleiche Richtung wie das ursprünglich vorhandene Myon bewegt.<br />

Abbildung 7: Zerfall eines Myons [14]<br />

3.4.5 Herkunft der in der <strong>Nebelkammer</strong> nachzuweisenden ionisierenden Strahlung<br />

Für die in einer <strong>Nebelkammer</strong> nachweisbare ionisierende Strahlung gibt es zwei Hauptquellen.<br />

Die eine ist natürliche Radioaktivität an der Erdoberfläche. So gibt es in Gesteinen häufig Einschlüsse<br />

radioaktiver Substanzen, die geringe Mengen an α-, β- und/oder γ-Strahlung freisetzen. γ-Strahlung<br />

kann beispielsweise auch bei einem α- oder β-Zerfall entstehen, falls das Atom nach dem Zerfall in<br />

einem angeregten Zustand und nicht im Grundzustand verbleibt.<br />

Seite 10 von 23


Auch ist z.B. das Gas Radon in geringen Konzentrationen in der Luft vorhanden, welches aus dem<br />

Erdboden freigesetzt wird. In der <strong>Nebelkammer</strong> beobachtbare Spuren von α-Teilchen werden<br />

ausschließlich durch die natürliche Radioaktivität erzeugt. Für β- und γ-Teilchen gibt es noch eine<br />

andere Quelle: Die kosmische Höhenstrahlung.<br />

Diese Strahlung hat ihren Ursprung weit außerhalb der Erdatmosphäre und größtenteils sogar<br />

außerhalb unseres Sonnensystems. Die kosmische Höhenstrahlung ist eine hochenergetische<br />

Teilchenstrahlung mit Energien bis zu 10^20 eV. Ihre Primärkomponente (d.h. das, was sich von ihr<br />

im Vakuum bis zur Erde ausbreitet) setzt sich zum größten Teil aus Protonen (ca. 85%) zusammen.<br />

Weitere Bestandteile sind Heliumkerne und Kerne anderer Elemente (ca. 14%) sowie ein geringerer<br />

Teil an Elektronen, Positronen, Myonen, Neutrinos, etc.<br />

Sobald die primäre Strahlung auf die Erdatmosphäre trifft, wechselwirkt sie in Höhen von ca. 15-20km<br />

mit den Molekülen der Atmosphäre. Es entsteht die sog. sekundäre Höhenstrahlung, die je nach<br />

Energie und Teilchensorte des wechselwirkenden Teilchens der primären Höhenstrahlung einen<br />

elektromagnetischen oder hadronischen Teilchenschauer (sog. Kaskadenschauer) darstellt. Auf dem<br />

Niveau der Erdoberfläche bestehen diese Kaskadenschauer zu ca. 80% aus Myonen, sowie aus<br />

Elektronen (β-Strahlung), Positronen und geringen Mengen anderer Teilchen.<br />

Der Ursprung der kosmischen Strahlung ist nicht zweifelsfrei geklärt. Bekannt ist, dass ein Teil von<br />

solaren Eruptionen und solarer Aktivität herrührt. Es wird vermutet, dass der höherenergetische Teil<br />

der Strahlung seinen Ursprung in Supernovae und/oder den Jets von schwarzen Löchern und<br />

Neutronensternen hat, der höchstenergetische Teil (Energien >10^18 eV) mit an Sicherheit<br />

grenzender Wahrscheinlichkeit sogar außerhalb unserer Galaxie.<br />

4. Funktionsprinzip der <strong>Nebelkammer</strong>n<br />

4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Grundprinzip einer jeden <strong>Nebelkammer</strong> ist es, in einem Gas-Dampf-Gemisch (z.B. Luft mit<br />

Wasserdampf oder Alkoholdampf) eine übersättigte Schicht (vgl. 3.2.) zu erzeugen.<br />

In dieser übersättigten Schicht ist es dann möglich, einfallende ionisierende Strahlung (vgl. 3.4.)<br />

durch Kondensation des Dampfes an den durch die Strahlung entstandenen Ionen, die als<br />

Kondensationskeime wirken, nachzuweisen.<br />

Der zweite allen <strong>Nebelkammer</strong>n gemeine Punkt ist die passende Beleuchtung. Um eine gute<br />

Sichtbarkeit der Kondensationsspuren zu gewährleisten ist es zum einen ratsam, den Boden und<br />

andere opake Teile der <strong>Nebelkammer</strong> möglichst dunkel zu färben, und zum anderen zu<br />

gewährleisten, dass eine seitliche, relativ starke Beleuchtung - die vorzugsweise auf die sensitive<br />

Zone eingeschränkt wird - vorhanden ist.<br />

Man unterscheidet zwei verschiedene Typen von <strong>Nebelkammer</strong>n. Zum einen die (Wilson’sche)<br />

Expansionsnebelkammer und zum anderen die (kontinuierliche) Diffusionsnebelkammer. Beide sollen<br />

im Folgenden beschrieben werden.<br />

4.2 Expansionsnebelkammer<br />

In Expansionsnebelkammern wird die übersättigte Schicht durch eine schnelle Volumenvergößerung<br />

innerhalb der Kammer erzeugt. Dadurch ist es dem Gas-Dampf-Gemisch vorerst nicht möglich,<br />

Wärme mit der Umgebung auszutauschen (d.h. die Expansion ist adiabatisch). Dies führt wiederum<br />

dazu, dass die Temperatur in der Kammer abnimmt und somit die Sättigung zunimmt, da sich bei<br />

niedrigeren Temperaturen der Gleichgewichtszustand zwischen Flüssigkeits- und Gasphase hin zur<br />

Flüssigkeitsphase verschiebt.<br />

Seite 11 von 23


Abbildung 8: Prinzip einer Expansionsnebelkammer<br />

In dieser Art der <strong>Nebelkammer</strong> bleibt die übersättigte Schicht aber nur kurz bestehen, da das<br />

Gemisch nach der adiabatischen Expansion schnell Wärme mit der Umgebung austauscht und sich<br />

so wieder erwärmt. Somit ergeben sich für Expansionsnebelkammern maximale Beobachtungszeiten<br />

von ca. 10 bis 100 ms, was allerdings grundsätzlich schon ausreicht, um ionisierende Strahlung<br />

nachzuweisen.<br />

In der technischen Realisierung wird die adiabatische Expansion des Volumens meist über Kolben<br />

erreicht, die schnell zurückgezogen werden. Es ist allerdings auch schon möglich den beschriebenen<br />

Effekt mittels eines einfachen Luftballons zu erreichen (vgl. Abbildung 9).<br />

Abbildung 9: Einfache Expansionskammer mit Luftballon [14]<br />

Seite 12 von 23


Abbildung 10: Schematischer Aufbau der Kammer aus Abb.9 [14]<br />

4.3 Diffusionsnebelkammer<br />

In der Diffusionsnebelkammer wird der Hauptnachteil, d.h. die kurze Beobachtungszeit, der<br />

Expansionsnebelkammer umgangen, indem die übersättigte Schicht ständig aufrechterhalten wird.<br />

Um dies zu erreichen wird ein vertikaler Temperaturgradient über die Kammer angelegt.<br />

Abbildung 11: Prinzip einer Diffusionsnebelkammer<br />

Seite 13 von 23


Im oberen Bereich der Kammer befindet sich das Reservoir für das dampferzeugende Medium<br />

welches dort in der Flüssigkeitsphase vorliegt. Durch Erwärmung von oben wird erreicht, dass das<br />

Medium verdampft (oder zumindest schneller verdunstet). Da die Kammer von unten gekühlt wird,<br />

diffundiert der entstandene Dampf nach unten und wird auf dem Weg unter seinen Taupunkt<br />

abgekühlt, es entsteht also eine übersättigte Schicht im unteren Bereich der Kammer.<br />

Realistische Temperaturen für die Erwärmung sind +40 °C und für die Abkühlung der Bodenplatte -10<br />

°C. Die Erwärmung wird meist durch Stromfluss in Drähten oder Widerständen erreicht, die<br />

Abkühlung in den einfacheren <strong>Nebelkammer</strong>n über Trockeneis, in den größeren z.B. über<br />

Peltierelemente mit Wasserkühlung oder über Kompressorkühlungen.<br />

Ein weiteres in einer Diffusionsnebelkammer benötigtes Element ist eine Ionen-„Absaugung“. Da in<br />

dieser Art <strong>Nebelkammer</strong> Beobachtungen über längere Zeit realisiert werden sollen, wäre es<br />

kontraproduktiv, wenn die Nebelspuren (d.h. die Kondensationskeime) ständig im sensitiven Bereich<br />

verbleiben würden und die Kammer somit nach einiger Zeit komplett mit Nebel „gefüllt“ wäre.<br />

Realisiert wird diese Absaugung über Hochspannungsdrähte, die die geladenen Teilchen aus der<br />

sensitiven Zone durch Abstoßung bzw. Anziehung entfernen und somit die Kammer frei für neue<br />

Nebelspuren machen. In kleineren Kammern können die Hochspannungsdrähte auch durch<br />

elektrostatische Aufladung des Gehäuses ersetzt werden.<br />

In einigen <strong>Nebelkammer</strong>n wird tatsächlich ein weitgehend autonomer Betrieb über längere Zeiträume<br />

(Tage, Wochen) erreicht, indem eine Kompressor- oder Peltierkühlung mit einem Pumpensystem<br />

kombiniert wird, welches das am Boden kondensierte Medium wieder zurück in das Reservoir im<br />

oberen Bereich leitet.<br />

Vorzugsweise werden für Diffusionsnebelkammern dampferzeugende Medien mit geringer Siede- und<br />

Schmelztemperatur verwendet um zum einen die Dampferzeugung zu erleichtern und zum anderen<br />

zu vermeiden, dass das Medium an der Bodenplatte gefriert. Ein solcher Stoff, der sich auch in<br />

zahlreichen kommerziellen Kammern bewährt hat ist Isopropanol. (Siedepunkt: 82,4 °C,<br />

Schmelzpunkt: -88,5 °C).<br />

5. Selbstbau einer Diffusionsnebelkammer<br />

Unser Ziel war es, eine einfache, kostengünstige Diffusionsnebelkammer aufzubauen, die sich darauf<br />

beschränkt, das grundlegende Prinzip dieses Typs einer <strong>Nebelkammer</strong> ohne großen technischen<br />

Aufwand (wie Kompressorkühlungen, Rückpumpsysteme, etc.) zu realisieren und somit ionisierende<br />

Strahlung sichtbar zu machen.<br />

5.1 Evolution<br />

Für unseren allerersten Bau verwendeten wir eine handelsübliche, durchsichtige Plastikbox, sowie ein<br />

auf die passenden Maße geschnittenes Stück Bastelfilz als Medienreservoir. Zusätzlich benutzten wir<br />

eine dünne, mit einem schwarzen Stück Plastik beklebte Metallplatte als Boden und Isopropanol als<br />

Medium. Aus Mangel einer geeigneteren Lichtquelle für die Beleuchtung verwendeten wir ein auf<br />

hohe Frequenz eingestelltes Stroboskop aus dem PP Lagerräumen.<br />

Die Plastikbox wurde am Boden mit dem Bastelfilz beklebt und dieser mit dem Isopropanol getränkt.<br />

Anschließend wurde die Box umgedreht und auf den Metallboden gesetzt.<br />

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Abbildung 12: Version 1 der selbstgebauten <strong>Nebelkammer</strong><br />

Eine einfache Kühlung und Heizung wollten wir mit wärme-/kältespeichernden medizinischen<br />

Gelkissen realisieren. Es stellte sich allerdings schnell heraus, dass der Temperaturgradient nicht<br />

ausreichend war, um eine übersättigte Zone zu erzeugen und die Beleuchtung geeignet war,<br />

Kopfschmerzen zu erzeugen.<br />

Ein nächster Test der Selbstbau-Kammer erfolgte mit Trockeneis als Kühlmittel und den erwähnten<br />

Gelkissen als einfache Heizung. Auch hier konnten wir leider keinerlei Nebelspuren wahrnehmen.<br />

Zwar bildeten sich am Boden der Kammer diffuse Nebelschwaden, die jedoch keinesfalls als<br />

Kondensationsspuren an Ionen durchgehen konnten. Wir vermuten, dass dies zum einen an den<br />

großen Ausmaßen der Box und zum anderen an der etwas eigenwilligen Beleuchtung gelegen hat, da<br />

wir auch später noch festgestellt haben, dass die Beleuchtung einen großen Einfluss auf die Qualität<br />

der sichtbaren Nebelspuren hat.<br />

Unseren nächsten Versuch stellte eine aus Plexiglasplatten selber hergestellte, würfelförmige Box der<br />

Kantenlänge 15cm dar. Drei Seiten der Box sowie der Boden wurden mit schwarzem Acryl-Lack<br />

lackiert, durch die vierte Seite – diesmal mit einer Taschenlampe – beleuchtet und von oben<br />

beobachtet. Verbunden wurden die Seitenwände mittels Heißkleber. Wieder wurde Bastelfilz als<br />

Medienreservoir verwendet. Die Kühlung wurde erneut mit Trockeneis realisiert, für die Heizung<br />

verwendeten wir diesmal eine Wärmflasche, um einen noch größeren Temperaturgradienten zu<br />

erzeugen und mehr Isopropanol in kürzerer Zeit zu verdunsten.<br />

Dieser etwas aufwändigere Versuchsaufbau wurde dann auch schließlich mit Erfolg gekrönt und wir<br />

konnten unsere ersten Nebelspuren erkennen. Allerdings war der große Nachteil dieser zweiten<br />

Kammer, dass Heißkleber anscheinend von Isopropanol angegriffen wird und auch der Acryl-Lack<br />

alkohollöslich ist (die lackierte Seite musste nach innen, da die Kammer sonst zu sehr gespiegelt<br />

hätte). Außerdem bekam der Plexiglasdeckel durch den Druck der auf ihn durch die Wärmflasche<br />

ausgeübt wurde relativ schnell Sprünge.<br />

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Abbildung 13: Version 2 der selbstgebauten <strong>Nebelkammer</strong><br />

Mit der während dem Bau und Betrieb der zwei Vorläuferkammern gesammelten Erfahrung<br />

beschlossen wir, noch eine dritte <strong>Nebelkammer</strong> zu bauen. Diesmal bestanden die Seitenteile aus<br />

schwarzem Plastik (und einer Seitenwand aus diffusem Plexiglas zur Beleuchtung) sowie einem<br />

Glasdeckel (beklebt mit Bastelfilz, in den in der Mitte ein Loch zur Beobachtung geschnitten war) und<br />

einem (mit nicht alkohollöslichem Lack) schwarz lackierten Metallboden. Diese neue Kammer hatte<br />

eine Kantenlänge von ca. 13 cm und war wieder würfelförmig. Die Seitenteile wurden jetzt mit Silikon<br />

verbunden, welches auch noch lackiert wurde.<br />

Abbildung 14: Finale Version der selbstgebauten <strong>Nebelkammer</strong><br />

Seite 16 von 23


Temperaturmessungen mit Hilfe des Cassy-Temperatursensors ergaben, dass wir mit Hilfe der<br />

Trockeneiskühlung den Kammerboden auf ca. -40° C abkühlen und den oberen Teil der Kammer auf<br />

etwa +35° C aufheizen konnten.<br />

Wir nahmen diese dritte Kammer mehrmals erfolgreich in Betrieb und registrierten (vermutlich) α- und<br />

β-Strahlung.<br />

Abbildung 15: Spuren von α-Strahlung<br />

Seite 17 von 23


Abbildung 16: Spuren von β-Strahlung<br />

Wir hatten auch die Gelegenheit, die <strong>Nebelkammer</strong> mit einem Radium-Präparat aus dem<br />

Anfängerpraktikum zu testen. Obwohl das Präparat ca. einen Meter von der Kammer entfernt und in<br />

seiner Schutzhülle aus Glas war, konnte wir ein Stark erhöhtes Aufkommen an Spuren von β-<br />

Teilchen feststellen. α-Teilchen waren auf Grund ihrer geringen Weglänge und der Abschirmung<br />

durch die Glashülle nicht zu erkennen.<br />

Da wir nun eine funktionsfähige <strong>Nebelkammer</strong> zu Verfügung hatten, wollten wir noch die Art der<br />

detektierten Strahlung näher bestimmen. Dies sollte mittels Ablenkung der ionisierenden Partikel<br />

durch ein Magnetfeld erreicht werden.<br />

Abbildung 17: Versuchsaufbau zur Ablenkung geladener Teilchen mit einem Helmholtzspulen-<br />

Paar<br />

Seite 18 von 23


Da die Teilchen der ionisierenden Strahlung geladen sind (natürlich mit Ausnahme der γ-Strahlung),<br />

wirkt in einem Magnetfeld auf sie die Lorentz-Kraft (q Ladung des Teilchens, v Geschwindigkeit, B<br />

Magnetischer Feldvektor):<br />

F L<br />

<br />

= qv × B<br />

Durch diese Kraftwirkung werden die Teilchen auf eine Kreisbahn gezwungen. Um den Radius der<br />

Kreisbahn zu bestimmen, setzen wir die Lorentz-Kraft (1) gleich der Zentripetal-Kraft, die durch die<br />

Kreisbewegung auf das Teilchen wirkt (m Masse des Teilchens, r Radius der Kreisbahn):<br />

(1)<br />

F<br />

L<br />

= F<br />

Z<br />

mv<br />

qvB =<br />

r<br />

⇒ r =<br />

2<br />

mv<br />

qB<br />

(2)<br />

Um nun die Geschwindigkeit des Teilchens aus seiner Energie abzuschätzen verwenden wir den<br />

relativistischen Ansatz für die kinetische Energie, da die Teilchenenergie sehr hoch werden kann:<br />

E<br />

kin<br />

⎛<br />

⎞<br />

⎜<br />

1<br />

⎟<br />

⎛<br />

2 4<br />

2<br />

2<br />

m0<br />

c<br />

( 1) m0c<br />

1 m0c<br />

v 1<br />

c<br />

2<br />

2 2<br />

1 v<br />

( E m0c<br />

) ⎟ ⎟ ⎞<br />

= γ − = ⎜ − ⎟ ⇒ = ⎜ −<br />

⎜<br />

⎟<br />

⎜<br />

− 2<br />

⎝ kin<br />

+ ⎠<br />

⎝ c ⎠<br />

2<br />

(3)<br />

Somit ergibt sich also für den Bahnradius:<br />

r =<br />

2<br />

( E + m c )<br />

kin<br />

m<br />

0<br />

c<br />

0<br />

4<br />

2<br />

⎛<br />

⎜1<br />

−<br />

⎜<br />

⎝<br />

qB<br />

m<br />

2<br />

0<br />

c<br />

4<br />

2<br />

( E + m c )<br />

kin<br />

0<br />

2<br />

⎞<br />

⎟c<br />

⎟<br />

⎠<br />

2<br />

(4)<br />

Leider stellte sich heraus, dass mit dem verfügbaren Helmholtz-Spulenpaar bei einem Strom von ca.<br />

10 Ampère nur ein Magnetfeld von 3,5 mT zu erzeugen war.<br />

Für ein α-Teilchen ergibt sich unter Verwendung der Formel (4) bei einer Energie von 0,5 MeV<br />

r ≈ 14, 6m , für ein β-Teilchen bei 0,5 MeV immerhin r ≈ 1, 64m<br />

. Wir erachteten es als unrealistisch bei<br />

Teilchen, die mit einer unbekannten Flugrichtung in das Magnetfeld eintreten Bahnradien von dieser<br />

Größenordnung zu messen, bzw. überhaupt eine Abweichung festzustellen. Auch waren die Spuren<br />

schon von sich aus zum größten Teil sehr gekrümmt, so dass wir die Idee die Art der Strahlung<br />

mittels eines Magnetfelds zu bestimmen wieder verwerfen mussten.<br />

Ein kurzer Test, ob evtl. mit Hilfe eines Plattenkondensators ein ausreichend großes elektrisches Feld<br />

aufgebaut werden könnte, um so die Unterschiede in der Stärke der Ladung zwischen α- und β-<br />

Teilchen zu bestimmen, bzw. etwaig auftretende β-plus-Strahlung nachzuweisen scheiterte leider an<br />

den uns zu Verfügung stehenden Spannungsquellen so dass wir keinerlei Effekt des Kondensators<br />

auf die Teilchen in der Kammer nachweisen konnten. Außerdem gehen wir davon aus, dass auch mit<br />

einer genügend hohen Spannung (und somit einem genügend großen E-Feld) auf Grund der schon<br />

angesprochenen immer vorhandenen Bahnkrümmungen keine gut beobachtbaren Effekte zu erzielen<br />

gewesen wären.<br />

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5.2 Fazit<br />

Als Fazit können wir festhalten, dass eine relativ zuverlässig funktionierende <strong>Nebelkammer</strong> schon mit<br />

einfachsten Mittel aufgebaut werden kann, wenn einige Dinge beachtet werden:<br />

• Der Temperaturgradient sollte ausreichend groß sein<br />

• Die Beleuchtung sollte eine der Größe der Kammer entsprechende Stärke haben und genau auf<br />

die übersättigte Schicht ausgerichtet werden<br />

• Innerhalb der Kammer sollten nur dunkle und möglichst wenig reflektierende Materialien<br />

verwendet werden<br />

• Einbildung oder nicht: In der Nähe von Fenstern scheint das Aufkommen an in der Kammer<br />

sichtbarer Strahlung größer zu sein<br />

6. Die professionelle Diffusionsnebelkammer<br />

6.1 Aufbau der Kammer<br />

Einen wesentlichen Unterschied zur selbstgebauten <strong>Nebelkammer</strong> stellt die Art der Kühlung dar.<br />

Während unser Kammerboden mit Trockeneis gekühlt wird, geschieht die Kühlung bei professionellen<br />

Kammern meist mit Peltier-Elementen. Im Folgenden wird kurz deren Funktionsweise erläutert:<br />

Ein Peltier-Element besteht aus zwei oder mehreren kleinen Quadern je aus p- und n-dotiertem<br />

Halbleitermaterial (Wismut-Tellurid, Bi2Te3, Silizium-Germanium), die abwechselnd oben und unten<br />

durch Metallbrücken miteinander verbunden sind.<br />

Ihre Wirkung beruht auf dem Peltier-Effekt, bei dem (verallgemeinert) durch einen elektrischen Strom<br />

(aufgrund einer angelegten Gleichspannung) eine Temperaturdifferenz zwischen zwei oder mehreren<br />

miteinander verbundenen Leitern bzw. Halbleitern erzeugt wird: Der zugeführte elektrische Strom<br />

durchfließt alle Quader nacheinander. Abhängig von Stromstärke und -richtung kühlen sich die<br />

oberen Verbindungsstellen ab, während die unteren sich erwärmen. Der Strom pumpt somit Wärme<br />

von einer Seite auf die andere und erzeugt eine Temperaturdifferenz zwischen den Platten. (s.<br />

Abbildung 18). Peltier-Elemente arbeiten daher wie Wärmepumpen, bei denen elektrische Energie<br />

zur Wärmetrennung (also je nach Polung zur Gewinnung von „Wärme“ bzw. „Kälte“) genutzt wird. Die<br />

gewonnene Wärme bzw. Kälte pro Zeiteinheit ist dabei proportional zur Stromstärke.<br />

Abbildung 18: Schematische Darstellung eines Peltierelements [13]<br />

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Vorteile beim Einsatz von Peltier-Elementen zur Kühlung liegen darin, dass keinerlei Kältemittel<br />

(Kühlschrank!) erforderlich sind und eine „Peltier-Wärmepumpe“ relativ einfach aufgebaut ist. Sie<br />

enthält keine beweglichen Teile (Kompressoren!) und arbeiten daher geräuschlos und verschleißlos.<br />

Von Nachteil ist der verglichen mit anderen Techniken geringere Wirkungsgrad aufgrund von zwei<br />

dem Peltiereffekt entgegenarbeitenden physikalischen Phänomenen: Diese sind die aufgrund des<br />

Stromflusses und des Ohmschen Widerstand entstehende Wärme und der natürliche<br />

„Wärmeausgleichsfluss“ (zwischen kaltem und warmen Ende).<br />

Abbildung 19: Einzelteile der <strong>Nebelkammer</strong><br />

Einen weiteren Unterschied stellt die Beleuchtung dar. Die <strong>Nebelkammer</strong> wird mit einer<br />

Hochleistungs-LED-Beleuchtung ausgestrahlt, die wesentlich lichtstärker ist als eine Taschenlampe.<br />

Die gesamte <strong>Nebelkammer</strong> wird dadurch besser beleuchtet, und somit ist es zum einen „einfacher“<br />

Bahnen zu visualisieren, und zum anderen können mehrere Personen gleichzeitig das Innere der<br />

Kammer beobachten.<br />

Die weiteren Bestandteile unterscheiden sich nicht wesentlich von unseren (Plexiglasrezipient und<br />

Deckel mit einem Speicher für Isopropanol).<br />

6.2 Inbetriebnahme<br />

Um die <strong>Nebelkammer</strong> betreiben zu können, müssen das Peltier-Element und die Beleuchtung an ein<br />

Netzgerät angeschlossen werden. Des weiteren muss die Bodenplatte, in deren Inneren sich das<br />

Peltier-Element befindet, über Schläuche an einen Wasserhahn angeschlossen werden (vgl.<br />

Abbildung 20). Das „durchfließende“ Leitungswasser dient zur Kühlung der warmen Seite des Peltier-<br />

Elements.<br />

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Abbildung 20: Inbetriebnahme der professionellen <strong>Nebelkammer</strong><br />

Abbildung 21: Betriebene professionelle <strong>Nebelkammer</strong><br />

Verständlicherweise ist mit einer professionellen <strong>Nebelkammer</strong> eine bessere Visualisierung und<br />

Auflösung als mit der Selbstgebauten möglich.<br />

Seite 22 von 23


7. Literaturverzeichnis<br />

[1] http://www.praktikum.physik.uni-goettingen.de/<br />

Projekte/PP05_Protokoll_FF_<strong>Nebelkammer</strong>.pdf<br />

[2] http://www.cip.physik.uni-saarland.de/ ~marsch/activity/nebelkammer.doc<br />

[3] Demtröder, Experimentalphysik 4 - Kern-, Teilchen- und Astrophysik, 2. Auflage<br />

[4] Knoche, technische Thermodynamik,4.Auflage<br />

[5] Paul A. Tipler, Physik<br />

[6] Dtv-Atlas zur Physik, Band 1, Mechanik, Akustik, Thermodynamik, Optik<br />

[7] Becker, Theorie der Wärme<br />

[8] Gerthsen, Kneser, Physik, 10.Auflage<br />

[9] Baehr, Thermodynamik, 12.Auflage<br />

[10] Duden, Schülerduden Physik<br />

[11] Gradmann/Wolter, Grundlagen der Atomphysik, Studientext<br />

[12] Martienssen, Einführung in die Physik III Thermodynamik, Studientext<br />

[13] http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite<br />

[14] http://nebelkammer.phywe.de/<br />

[15] http://harendt.de/studinf/pIII/spezrel/hhenstra.htm<br />

[16] http://www.r-haas.de/v10.html<br />

[17] http://www.physik.fu-berlin.de/~brewer/vm_kern2.html<br />

[18] http://www.rapp-instruments.de/cloud-chambers/expansion-chambers/wilson.htm<br />

[19] http://www.didaktik.physik.uni-erlangen.de/grundl_d_tph/exp_detek/exp_detek_01.html<br />

[20] http://www.s-line.de/homepages/phoenix/index.html?http://www.sline.de/homepages/phoenix/peltier/peltier-effekt.html<br />

[21] http://www.conatex.com/www/mediapool/betriebsanleitungen/BAD_1009040.pdf<br />

[22] Demtröder, Experimentalphysik 2 – Elektrizität und Optik, 2.Auflage<br />

[23] Grupen, Astroteilchenphysik, Vieweg Verlag, 1. Auflage Sep. 2000<br />

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