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Versailles zu dem prunkvollen Aufstehn der Parke, wie man<br />
zum Lever des Königs kam, Er liebt die Unberührtheit dieser<br />
ersten Stunden. „On voit les animaux et les arbres chez eux“,<br />
sagt er heiter und er bemerkt alles, was am Wege steht und<br />
sich freut. Er hebt einen Pilz auf, entzückt, und zeigt ihn Madame<br />
Rodin, die, gleich ihm, diese frühen Wege nicht aufgegeben<br />
hat: „Sieh“, sagt er angeregt, „und das braucht nur eine<br />
Nacht; in einer Nacht ist das gemacht, alle diese Lamellen.<br />
Das arbeitet gut.“<br />
Am Rande des Parkes dehnt sich die ländliche Landschaft.<br />
Ein Viergespann pflügender Rinder wendet langsam und bewegt<br />
sich gewichtig in dem frischen Feld. Rodin bewundert<br />
die Langsamkeit, das Ausführliche im Langsamen, seine Fülle.<br />
Und dann: „C'est toute obéissance.“ Seine Gedanken gehen<br />
ähnlich durch die Arbeit. Er versteht dieses Bild, wie er die<br />
Bilder bei den Dichtern begreift, mit denen er sich manchmal<br />
am Abend beschäftigt. (Das ist nicht mehr Baudelaire, Rousseau<br />
ist es noch ab und zu, sehr oft ist es Platon.) Aber als jetzt<br />
von den Übungsplätzen drüben aus Saint-Cyr über die ruhige<br />
Feldarbeit die Hörner herüberrufen, aufrührerisch und rasch –,<br />
da lächelt er: er sieht den Schild des Achill.<br />
Und an der nächsten Biegung liegt die Landstraße vor ihm,<br />
„la belle route“, eben und lang und wie das Gehen selbst. Und<br />
auch das Gehen ist ein Glück. Das hat ihn die belgische Zeit<br />
gelehrt. Sehr gewandt im Arbeiten und von seinem damaligen<br />
Kompagnon aus verschiedenen Gründen nur halb in Anspruch<br />
genommen, gewann er ganze Tage, um sie draußen zu verbringen.<br />
Ein Malkasten war zwar mit, aber er wurde immer seltener<br />
gebraucht, weil Rodin einsah, daß die Beschäftigung mit<br />
einer Stelle ihn von der Freude an tausend anderen Dingen<br />
ablenkte, die er noch so wenig kannte. So wurde es eine Zeit<br />
des Schauens. Rodin nennt sie seine reichste. Die großen Buchenwälder<br />
von Soignes, die blanken langen Straßen, die aus<br />
ihnen hinaus dem weiten Wind der Ebenen entgegenlaufen,<br />
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