Ausgabe lesen - Rheinkiesel
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Ihr Recht<br />
Achtung, Para -<br />
graphen radler!<br />
Während und nach der Tour de France holt so mancher seinen<br />
Draht esel aus dem Keller, entstaubt das Gefährt und eifert<br />
den mehr oder weniger gedopten Profis nach. Doch anders<br />
als auf den gesperrten Tourstrecken kommt der Amateur -<br />
radler schnell mit anderen Verkehrsteilnehmern und mit<br />
dem Gesetz in Konflikt.<br />
Die Probleme beginnen bereits bei<br />
der Frage, wo der Radfahrer zu<br />
fahren hat. Für Kinder bis zum<br />
Alter von zehn Jahren ist dies klar<br />
und meist unstrittig: auf dem<br />
Gehweg. Doch generell sind vor<br />
allem Rennradfahrer häufig der<br />
Meinung, daß sie nicht auf eigens<br />
für sie eingerichteten Radwege<br />
fahren müssen. Sie fordern mit -<br />
unter recht hartnäckig ihren Platz<br />
auf der Straße ein.<br />
Pflicht oder Kür?<br />
Sobald ein Radweg mit einem<br />
blauen Schild ausgestattet ist, auf<br />
dem ein Fahrrad zu sehen ist (oder<br />
Fußgänger und Radfahrer nebenoder<br />
untereinander), besteht für<br />
Radfahrer eine Benutzungspflicht.<br />
Er darf nur dann auf die Straße<br />
ausweichen, wenn die Benutzung<br />
nicht zumutbar ist, also wenn der<br />
Weg etwa verschneit, stark verschmutzt<br />
oder durch Fahrzeuge<br />
versperrt ist. Die Nutzungspflicht<br />
endet dann, wenn nach einer<br />
Kreu zung beziehungsweise Ein -<br />
mün dung nicht erneut eines der<br />
blauen Schilder mit Fahrrad an<br />
dem Radweg steht.<br />
Das Bundesverwaltungsgericht hat<br />
übrigens entschieden, daß es sich<br />
bei der Radwegebenutzungspflicht<br />
um eine Beschränkung des fließenden<br />
Verkehrs handelt, die nur<br />
zulässig ist, wenn aufgrund der<br />
besonderen örtlichen Verhältnisse<br />
eine erhebliche Gefahrenlage be -<br />
steht (Urteil vom 18. November<br />
2010 – Az. 3 C 42/ 09). Mög lich -<br />
er weise genügen viele der bestehenden<br />
„Pflicht-Radwege“ jedoch<br />
nicht diesen Voraussetzungen.<br />
Händchenhalten oder intensives<br />
Gespräch beim Radfahren auf der<br />
Straße sind übrigens weitgehend<br />
tabu: Nebeneinander dürfen Rad -<br />
ler nur fahren, wenn sie dadurch<br />
andere Verkehrsteilnehmer nicht<br />
be hindern. Ab einer Zahl von 16<br />
Kinder bis zu 10 Jahren fahren<br />
auf dem Gehweg<br />
Rad fahrern kann man sich übrigens<br />
im sogenannten Pulk auf der<br />
Straße fortbewegen. Aber auch da -<br />
bei gilt, daß nur immer zwei Fahr -<br />
räder nebeneinander fahren dürfen.<br />
Ist Gassi-Radeln<br />
erlaubt?<br />
Vorrang bei der Überquerung des<br />
Zebrastreifens haben Radfahrer<br />
nur, wenn sie sich wie Fußgänger<br />
verhalten: Sie müssen also absteigen<br />
und ihr Gefährt schieben.<br />
Und mit dem Hund an der Leine<br />
aufs Rad – darf man das? Die<br />
Straßenverkehrsordnung erlaubt<br />
dies zu mindest für Hunde, mit<br />
allen anderen Tieren ist es verboten.<br />
Na türlich ist der Radfahrer<br />
für das Verhalten des Hundes verantwortlich<br />
und haftet für Unfälle,<br />
die sich aus der besonderen Ge -<br />
fährdungslage ergeben.<br />
Ein Handy am Ohr oder freihändiges<br />
Fahren kann beim Radeln<br />
ebenso ein Bußgeld nach sich ziehen<br />
wie beim Autofahren. Das Fah -<br />
ren mit Kopfhörer ist dagegen<br />
erlaubt. Die Musik darf jedoch nicht<br />
so laut sein, daß der Radler Hupen<br />
oder ein Martinshorn über hört.<br />
Und die Sache mit der Einbahn -<br />
straße? Viele sind mittlerweile für<br />
Radfahrer in Gegenrichtung freigegeben.<br />
Wer eine solche Straße<br />
passiert, muß die Rechts-vor-<br />
Links-Vorfahrt eines herausradelnden<br />
Radfahrers beachten – andersherum<br />
muß jedoch auch der Rad -<br />
ler die etwaige Vorfahrt anderer<br />
anerkennen.<br />
Beschwipst auf Tour<br />
Auch wenn sich dies möglicherweise<br />
bald ändert: noch dürfen<br />
Fahr radfahrer richtig betrunken<br />
auf der Straße unterwegs sein, bis<br />
1,5 Promille bleibt das bloße „Vieltrinken-und-fahren“<br />
ohne recht -<br />
liche Folgen. Anders sieht es bei<br />
Fahr fehlern aus, die auf den Al ko -<br />
holkonsum zurückgehen: In diesem<br />
Fall gilt die relative Fahr -<br />
untüchtigkeit und somit wie für<br />
die Autofahrer die 0,3-Promille-<br />
Grenze. Bei 1,6 Promille ist auch<br />
der Radfahrer absolut fahruntüchtig<br />
– wie gut er sich dann noch auf<br />
seinem Zweirad halten kann, ist<br />
nicht mehr relevant. Anders als der<br />
Kraftfahrer muß der Radler jedoch<br />
weder bei absoluter noch bei relativer<br />
Fahruntüchtigkeit direkt um<br />
seinen Führerschein fürchten.<br />
Die Verwaltungsbehörde kann<br />
aber anordnen, daß der betrunken<br />
auffällig gewordene Radfahrer<br />
einen sogenannten MPU-Test zur<br />
Überprüfung seiner charakterlichen<br />
Eignung zur Führung eines<br />
Kraftfahrzeuges zu absolvieren hat.<br />
Bei über 1,5 Promille wird sie dies<br />
immer tun. Wer eine solche Prü -<br />
fung nicht besteht, verliert seinen<br />
Führerschein. •<br />
Rechtsanwalt Christof Ankele<br />
– auch Fachanwalt für Mietund<br />
Wohnungseigentumsrecht<br />
sunda-rechtsanwaelte-bad-honnef.de<br />
August 2013 17