Ausgabe Dezember/Januar 2006/2007 - Martin-Luther-Kirche
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THEMA<br />
„Wir feiern mit – wegen der Kinder“<br />
Wie ein türkischer Muslim Weihnachten in Neukölln erlebt<br />
Feridun Uzuners kleines Bäckereigeschäft<br />
in der Pannierstraße liegt direkt<br />
neben seinem Zeitungskiosk. Er betreibt<br />
den Kiosk dort seit 1999, aber den Reuterkiez<br />
kennt er schon seit 30 Jahren.<br />
Für ihn sind die wichtigsten Feste im Jahr<br />
das Zuckerfest am Ende des Ramadan und,<br />
70 Tage danach, das Opferfest. Der Ramadan<br />
endete <strong>2006</strong> Ende Oktober, das Opferfest<br />
ist also zeitlich gar nicht so weit entfernt<br />
von der christlichen Weihnacht, nämlich<br />
Anfang <strong>Januar</strong> <strong>2007</strong>.<br />
Dieses Fest ist ein Fest der Versöhnung.<br />
Man trifft sich im engen Familienkreis, geht<br />
zum Gottesdienst, besucht Kranke, geht<br />
auch auf den Friedhof und denkt an die<br />
Verstorbenen. Und man schließt Frieden<br />
mit denen, mit denen man im Streit liegt.<br />
So wie in muslimischen Ländern üblich,<br />
wird die Familie hier nicht feiern können,<br />
denn hier ist das Opferfest kein offizieller<br />
Feiertag – eigentlich geht es über vier Tage.<br />
In Deutschland müsste Herr Uzuner den Laden<br />
für diese Zeit schließen. Das geht natürlich<br />
nicht. Also versucht er, die Öffnungszeiten<br />
zu begrenzen. Aber gefeiert wird das<br />
Fest auf jeden Fall!<br />
Gibt es zum Opferfest auch Geschenke?<br />
Vor allem die Kinder werden beschenkt -<br />
aber nicht so extrem wie in Deutschland zu<br />
Weihnachten üblich.<br />
“Anfangs war das für uns schwer zu verstehen”,<br />
so Herr Uzuner. Aber inzwischen hat<br />
er sich darauf eingestellt. In der Familie fei-<br />
Ferid Uzuner in seinem Geschäft<br />
ert man sogar das christliche Weihnachtsfest<br />
– für die Kinder wäre es sonst sehr<br />
schwer: Sie müssten all die Geschichten<br />
über Weihnachtsgeschenke und das Drum<br />
und Dran von den anderen Kindern hören<br />
und hätten selbst gar nichts erlebt.<br />
Wenn er aber den Eindruck hat, es wird gebraucht,<br />
öffnet er seinen Zeitungskiosk oder<br />
die Bäckerei auch an Weihnachtstagen für<br />
Foto: Neppert<br />
ein paar Stunden. Insgesamt aber gehen<br />
seine Umsätze an Backwaren in der Vorweihnachtszeit<br />
zurück. Die Kunden wollen<br />
eben dann das typische Weihnachtsgebäck:<br />
Printen und Stollen, Dominosteine – und<br />
das gehört nicht zu seinem Angebot.<br />
Katja Neppert<br />
Ferid Uzuners Brötchen<br />
Foto: Neppert<br />
GEMEINDEzeitung <strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2007</strong> Seite 5