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Ausgabe Dezember/Januar 2006/2007 - Martin-Luther-Kirche

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THEMA<br />

Feste feiern wie sie fallen<br />

„Wie schön, dass du geboren bist ...“<br />

„Wie schön, dass du geboren<br />

bist, wir hätten dich sonst sehr<br />

vermisst.“<br />

Das sind Zeilen aus einem<br />

Kinderlied zum Geburtstag.<br />

Tut Kindermund Wahrheit kund?<br />

Wir als „vernünftige“ Erwachsene können<br />

einwenden: Wir vermissen jemanden, den<br />

wir kennen gelernt haben und der jetzt nicht<br />

mehr da ist. Wer nie da war, den können<br />

wir auch nicht vermissen.<br />

Und überhaupt: Geburtstage. Richtiger, ausgewachsener<br />

Geburtstagsstress erfasst mich<br />

manchmal. Wenn meine Frau oder Freunde<br />

ihren Geburtstag feiern, dann ist die Suche<br />

nach einem passenden Geburtstagsgeschenk<br />

schon schlimm genug. Und dann kommt<br />

noch die Zeitfrage dazu: Richtig gut passt<br />

es eigentlich nie. Wie oft habe ich gedacht,<br />

bevor ich zu einer Feier gegangen bin: Wie<br />

schön wäre es, einfach nur zu Hause zu sitzen<br />

und auszuruhen. Das denke ich vorher<br />

– auf das Nachher komme ich nachher.<br />

Wenn ich selber Geburtstag habe, dann steigert<br />

sich die Unruhe noch. Wann feiern?<br />

Siehe oben: es passt nie – und allen, die dabei<br />

sein sollen, schon gar nicht. Und: Wie<br />

feiern? Mit wem? Wen einladen? „Hast du<br />

einen Geschenkwunsch?“ Glücklich die<br />

Kinder mit ihren Wunschlisten. Ich kenne<br />

wenige Erwachsene – und noch weniger<br />

Männer –, die sich klar und deutlich etwas<br />

Bestimmtes wünschen. Mir etwas zu wünschen,<br />

das traue ich mich nicht.<br />

Ich traue mir nicht recht. Das ganze Unwohlsein<br />

vor dem Geburtstag hat damit zu<br />

tun: Ich traue mir selber nicht recht. Wer<br />

bin ich denn, dass ich mich feiern lasse.<br />

Habe ich das verdient, so im Mittelpunkt zu<br />

stehen? Und warum muss diese Feierei<br />

immer so organisiert sein, mit festgelegtem<br />

Datum usw.? Wäre es nicht viel schöner,<br />

wenn wir uns ganz spontan zeigen könnten,<br />

dass wir uns mögen, dass wir uns freuen<br />

über unsere Freundschaft? Oder dass wir<br />

zur gleichen Familie gehören?<br />

Ich sage euch, liebe Leserinnen und Leser:<br />

Diese Fragen sind der Tod im Topf! Jede<br />

und jeder von uns ist an einem bestimmten<br />

Tag auf die Welt gekommen. Und bei den<br />

meisten haben sich ein, zwei oder mehr<br />

Menschen gefreut. Und wer sich bei jeder<br />

Geburt himmlisch freut, das ist Gott. Am<br />

siebten Tag der Schöpfung hat Gott sich<br />

ausgeruht – und gefeiert. So steht es in der<br />

Bibel. Gott feiert nicht nur einmal im Jahr<br />

den Geburtstag seiner Schöpfung, sondern<br />

jede Woche einmal. Gott freut sich über jedes<br />

einzelne Wesen der Welt. Jedes ist einzigartig<br />

und für ihn unverwechselbar und<br />

lässt ihn staunen und lässt sein Herz überfließen.<br />

„Ich bin einzigartig.“ „Du bist<br />

unverwechselbar.“ „Er ist erstaunlich.“<br />

„Und sie bringt Herzen zum Überfließen.“<br />

Das sage nicht ich mir oder du dir. Das sind<br />

Wertschätzungen Gottes über seine Geschöpfe.<br />

Und wenn wir uns wenigstens einmal<br />

im Jahr gratulieren lassen zum Geburtstag,<br />

dann sprechen unsere Gratulanten nur<br />

aus, was Gott über uns denkt.<br />

Seinen Geburtstag schön und feste zu feiern,<br />

ist kein ungebührliches Drängen in den<br />

Mittelpunkt. Es bedeutet, Gott den Raum<br />

geben, seine Schöpfung zu feiern. Und da<br />

dürfen wir wohl mit feiern!<br />

Wenn wir das so sehen, dann gilt das für alle<br />

Festtage im Kalender: Eine Beziehung<br />

hat Geburtstag – zwei Leute feiern Hochzeitstag.<br />

Eine Gemeinde feiert Geburtstag –<br />

und lädt zum Kirchweihfest ein. Aber es<br />

passiert auch anders herum: Ein Land lädt<br />

„zu Gast bei Freunden“ zur Fussball-<br />

Weltmeisterschaft ein – und findet sich<br />

plötzlich in einer Geburtstagsfeier eines<br />

neuen Selbstgefühls wieder.<br />

Denn merke: Feste stören den Alltag. Deshalb<br />

ist es oft so ärgerlich, dass bestimmte<br />

Festtage im Kalender stehen. Und: Feste<br />

verändern den Alltag. Die Erinnerung, wie<br />

schön es miteinander sein kann, die weckt<br />

die Sehnsucht nach Wiedererleben. Und<br />

wer diesen Wunsch in sich nicht unterdrückt,<br />

der wird etwas im Alltag tun, um<br />

etwas davon wieder zu erleben. Hier hat die<br />

Spontaneität ihren richtigen Platz. Nicht als<br />

Argument gegen die Festtage im Kalender.<br />

Und wir wissen, wenn unsere Spontaneität<br />

im Alltag wieder auf der Strecke geblieben<br />

ist: Spätestens beim nächsten Fest feiern<br />

wir feste, dass das Leben schön sein kann.<br />

Und dass jede und jeder von uns hierher<br />

gehört. Und wichtig ist. Und dass wir, die<br />

wir hier feiern, zusammen gehören. Egal,<br />

ob wir uns gut kennen, wie bei einer Familienfeier,<br />

oder ob wir uns mit vielen anderen<br />

über einen schönen Tag in Neukölln<br />

freuen, wie beim Rixdorfer Weihnachtsmarkt.<br />

Den zeigt unser Titelbild. Ich freue<br />

mich, wenn ich Sie dort treffe: zum Hot<br />

Whisky am Stand der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-Gemeinde.<br />

Carsten Frau Elisabeth Wegener (geb. 1913) feiert ihren 90. Geburstag Foto: Betz Unbehaun<br />

Seite 6 GEMEINDEzeitung <strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2007</strong>

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