Brandenburgisches Ärzteblatt 07/2003 - Landesärztekammer ...
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Kammerinformationen<br />
nisterin Schmidt sei erneut vor den Interessen<br />
der Industrie eingeknickt. „100.000 Menschen,<br />
die jährlich an den Folgen des Rauchens<br />
sterben, können wohl kaum gegen ein<br />
paar Arbeitsplätze in der hoch automatisierten<br />
Tabakindustrie aufgerechnet werden.“,<br />
klagte Montgomery.<br />
Ausgliederung versicherungsfremder Leistungen:<br />
Eine „vernünftige Maßnahme“,<br />
aber er sehe die Gefahr, dass durch „vernünftigeres<br />
Verhalten der Leute nicht genügend<br />
Geld für diese Leistungen“ zur Verfügung<br />
stehe. Montgomery bezeichnete es als<br />
„Lackmustest für die Glaubwürdigkeit dieser<br />
Politik“, ob die Finanzierung z. B. von Maßnahmen<br />
der Familienpolitik dann dennoch<br />
aus Steuermitteln erfolge.<br />
Die Finanzierung des Krankengeldes ausschließlich<br />
durch Arbeitnehmer hält Montgomery<br />
für den „ungeeignetsten Weg“. Und<br />
eine „absurde Lösung“, die einzig ein Geschenk<br />
an die Arbeitgeber darstelle, aber<br />
keinerlei Steuerungseffekte verspreche. Beim<br />
„einzigen Teil der GKV, der nach dem Äquivalenzprinzip<br />
finanziert ist“, erinnerte er an<br />
den verstorbenen FDP-Politiker Möllemann,<br />
der wiederholt gefordert habe, die Arbeitgeber<br />
nicht aus der Parität zu entlassen.<br />
Verbesserung der Zusammenarbeit ambulant/stationär.<br />
Dr. Montgomery: „Der Gesetzentwurf<br />
enthält in den §§ 116 a und b sowie<br />
in den Regelungen zu §§ 140 ff eine<br />
Reihe vernünftiger Vorschläge zur Verbesserung<br />
der Zusammenarbeit. Dabei werden<br />
auch die Ängste der niedergelassenen Kollegen<br />
vor einer Übermachtstellung des Krankenhauses<br />
angemessen berücksichtigt. Und<br />
die Vorstellungen von Marburger Bund, Bundesärztekammer<br />
und Kassenärztliche Bundesvereinigung<br />
werden aufgenommen.“<br />
Hausarztsystem: Ohne Zweifel bedürfe es in<br />
einem komplexen Gesundheitssystem eines<br />
Arztes als Koordinator. Das könne der Hausarzt<br />
sein, so Montgomery. Das System der<br />
„An- und Abreize müsste jedoch so gestaltet<br />
werden, dass sie für die Menschen angenehm<br />
sind. Der Köder muss dem Fisch<br />
schmecken und nicht dem Angler.“ Und hier<br />
vermisse er einen wesentlichen Ansatz, nämlich<br />
den „für junge Menschen, die noch keinen<br />
Hausarzt brauchen“. „Da erst für schwer<br />
und chronisch Kranke spürbare materielle<br />
Vorteile durch eine Einschreibung zu erwarten<br />
sind, wird es hier zu einer Konzentration<br />
Schwerst- und Chronischkranker kommen.“<br />
Montgomery befürchtet eine „chronische Unterfinanzierung<br />
des Hausarztsystems“.<br />
Zugleich bedeute die Bündelung der Maßnahmen<br />
wie „Hausarztsystem“, „Strukturänderung<br />
der KVen“, „Gesundheitszentren“,<br />
„verbesserte Ermächtigung der Krankenhausärzte“,<br />
„Einzelverträge“ und „Eintrittsgebühr“<br />
eine Kampfansage an die niedergelassenen<br />
Fachärzte.<br />
Strukturänderung der Kassenärztlichen Vereinigungen<br />
(KVen): Eine „Professionalisierung<br />
der KV-Vorstände“ hält der mb-Vorsitzende<br />
für vorstellbar. Es sei nicht akzeptabel,<br />
wenn in einem Flächenland wie Baden-Württemberg<br />
unterschiedliche KVen existierten.<br />
Auch geschärfte Kontrollmechanismen der<br />
Vertreterversammlungen seien wünschenswert.<br />
Nur noch Einzelverträge mit Fachärzten:<br />
Unter der Flagge „Wettbewerb“ werde hier<br />
ein „gesellschaftlicher Rückschritt“ verkauft.<br />
Deutsches Zentrum für Qualität in der Medizin:<br />
Montgomery hält die Institution in der<br />
geplanten Form für eine „ans Absurde grenzende<br />
Bürokratie und Leistungssteuerung“.<br />
Die „Überbehörde“ zeige, „dass es sich um<br />
ein reines Staatsmedizininstitut handelt“.<br />
Korruptionsbeauftragter: Diese Funktion sei<br />
„ein Witz“, empörte sich Dr. Montgomery.<br />
Bei rund 600 Millionen Patienten-Arzt-Kontakten<br />
und angeblich über 1000 Fällen von<br />
Abrechnungsbetrug seien lediglich 12 Fälle<br />
zur Anklage gekommen. Die Absicht der Gesundheitsministerin<br />
sei klar: Es soll bewusst<br />
am Renommee der Ärzteschaft gekratzt werden.<br />
Fortbildungszertifikate: Montgomery: „Eine<br />
weitere bürokratische Hürde statt Bürokratieabbau,<br />
wie ihn Ulla Schmidt versprochen<br />
hatte.“<br />
Was nicht im GMG steht: Schließlich beschäftigte<br />
sich der 1. Vorsitzende des Marburger<br />
Bundes noch mit einigen Punkten, die<br />
nicht im GMG enthalten sind. So fehlten Aussagen<br />
zur Abschaffung des AiP und zum<br />
Umgang mit den Kostenfolgen aus dem Arbeitszeitgesetz.<br />
Die Ministerin halte sich nicht<br />
an ihre Aussagen vom 2. Arbeitszeitgipfel<br />
Ende März. Trotz ihrer Zusagen wolle<br />
Schmidt augenscheinlich nichts gegen die<br />
unwürdigen Arbeitsbedingungen an Krankenhäusern<br />
unternehmen. Und das bewertete<br />
Montgomery als „Wortbruch“ und „ungeheuerlichen<br />
Affront“. Er sehe die Gefahr,<br />
dass sich die Parteien bei der Gesundheitsreform<br />
„schnell einigen“, und dann sei „kein<br />
Geld mehr da für andere Dinge“. Weitere<br />
Entscheidungen würden auf die nächste<br />
Legislaturperiode verschoben. Dr. Montgomery:<br />
„Das ist für uns nicht hinnehmbar!“<br />
(hak)<br />
Dr. Wolter in einem Brief an Minister Baaske<br />
Schlechte Zahlungsmoral gesetzlicher Kassen führt zu<br />
Liquiditätsengpässen von Krankenhäusern<br />
In einem Brief an Brandenburgs Minister für Arbeit, Soziales, Gesundheit<br />
und Frauen, Günter Baaske, hat der Präsident der <strong>Landesärztekammer</strong><br />
Brandenburg, Dr. Udo Wolter, auf einen Antrag<br />
des 106. Deutschen Ärztetages hingewiesen, der von Dr. Wolter<br />
als Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer, einem weiteren<br />
Vorstandsmitglied und einem Delegierten eingebracht worden<br />
war.<br />
Dr. Wolter schreibt: Der 106. Deutsche Ärztetag stellte mit großer<br />
Sorge fest, dass sich die Zahlungsmoral der gesetzlichen Krankenkassen<br />
bei der Vergütung von Krankenhausleistungen in den letzten<br />
12 Monaten drastisch verschlechtert hat.<br />
Wie eine Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) zeigte,<br />
erfolgte die Vergütung bei fast drei Viertel der befragten 325 Häuser<br />
nicht fristgerecht, fast zwei Drittel der Krankenhäuser klagten<br />
über eine teilweise oder gar komplette Zahlungsverweigerung.<br />
Nach Hochrechnungen des DKI hatten Ende 2002 die Krankenhäuser<br />
in Deutschland somit Außenstände von fast 1,3 Mrd. Euro.<br />
An dieser Praxis der Krankenkassen hat sich nichts geändert. Auch<br />
<strong>2003</strong> kommen zahlreiche Häuser immer wieder in Liquiditätsengpässe<br />
oder gar an den Rand der Insolvenz.<br />
Der 106. Deutsche Ärztetag forderte daher die Aufsichtsbehörden<br />
nachdrücklich auf, ihre Kontrollfunktion gegenüber den Kostenträgern<br />
effizienter auszuüben und diese ungesetzlichen Zahlungspraktiken<br />
der Krankenkassen umgehend abzustellen.<br />
Dr. Wolter forderte Minister Baaske auf, in dieser Frage „umgehend<br />
zu reagieren“.<br />
196 <strong>Brandenburgisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> 7/<strong>2003</strong> • 13. Jahrgang