20.11.2013 Aufrufe

Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Quelle</strong>: <strong>Jens</strong> <strong>Peter</strong> P a u l : <strong>Bilanz</strong> <strong>einer</strong> <strong>gescheiterten</strong> <strong>Kommunikation</strong> (Dissertation)<br />

28<br />

BILANZ EINER GESCHEITERTEN KOMMUNIKATION<br />

_________________________________________________________________________________________________________________<br />

Fortentwicklung durch eine Änderung ihrer vertraglichen Grundlagen sei gemäß<br />

Artikel 23 Absatz 1 Grundgesetz „primär der Gesetzgeber“, für den Vollzug des<br />

Vertrages „primär die Bundesregierung“. Der Währungsumtausch finde in Artikel<br />

88 Satz 2 Grundgesetz ,,sowie in der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat<br />

zum Maastricht-Vertrag ... eine ausreichende verfassungsrechtliche Grundlage“.<br />

Der Vertrag eröffne ,,Einschätzungs-, Bewertungs- und Prognoseräume“:<br />

Die Beurteilung der Entwicklungen fordert Analysen und Voraussagen mittels<br />

praktischer Vernunft, die sich nur annähernd auf Erfahrungswissen stützen<br />

können. 69<br />

Die verantwortlichen Organe, so der Zweite Senat weiter, hätten Entscheidungen<br />

zu treffen, ,,in denen sich Tatsachenfeststellungen, Erfahrungswerte und willentliches<br />

Gestalten in fließenden Übergängen mischen“. Endgültige Sicherheit könne es<br />

speziell im Hinblick auf die Sicherung des künftigen Geldwertes nicht geben, sondern<br />

lediglich ,,eine Einschätzung nach Wahrscheinlichkeit“, so der einstimmig gefaßte<br />

Beschluß. Angesichts dieser Sachlage, so das Gericht, seien die Befugnisse<br />

klar durch Artikel 23 des Grundgesetzes geregelt:<br />

In diesem Bereich rechtlich offener Tatbestände zwischen ökonomischer Erkenntnis<br />

und politischer Gestaltung weist das Grundgesetz die Entscheidungsverantwortlichkeiten<br />

Regierung und Parlament zu. 70<br />

Sofern sie die Regeln ,,praktischer Vernunft“ beachteten, hätten Regierung und<br />

Parlament einen großen Ermessensspielraum, ob und unter welchen Voraussetzungen<br />

sie die Hoheit über die in Deutschland gültige Währung in neue Hände legen.<br />

Mit ihrer Berufung auf ethische Kategorien eröffneten die Richter ein weites<br />

Feld. Carl Schmitt warnte 1926 angesichts der Krisen der Weimarer Republik vor <strong>einer</strong><br />

Zerstörung der ideellen Voraussetzungen des Parlamentarismus durch Entfall<br />

von Diskussion, Öffentlichkeit, Repräsentation. 71 1993 machte Karlsruhe der Politik<br />

sehr allgemeine und interpretationsbedürftige Vorgaben. Um so mehr ist zu<br />

prüfen, inwieweit die Abgeordneten wenigstens diese Minimalvorgaben erfüllt haben,<br />

erfüllen konnten. Forscher betrachten die Bedingungen, unter denen die Abgeordneten<br />

arbeiten, jedoch mit Skepsis.<br />

2.9 Europa-Politik des Bundestages geht am Stock<br />

Hans H. Klein erkennt eine „atemberaubende Einbuße an politischer Steuerungsfähigkeit“,<br />

die der Bundestag im entgrenzten Verfassungsstaat erlitten habe<br />

und fortschreitend erleide. Trotz ihrer „Machtlosigkeit“ werde die nationale Politik<br />

nach wie vor für alles, was schieflaufe, von den Bürgern verantwortlich gemacht –<br />

der Bundestag härter als die Regierung, da diese sich noch wenigstens als Akteur<br />

auf supra- und internationaler Ebene präsentieren könne. 72<br />

69 BVerfGE in den Verfahren 2 BvR 1877/97 und 2 BvR 50/98 vom 31. März 1998, S. 12.<br />

70 Ebenda, S. 13.<br />

71 Vgl. Carl Schmitt: Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus.<br />

72 Hans H. Klein, Bundesverfassungsrichter a. D.: Entmachtung der Parlamente. Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung vom 29. November 2004, S. 8.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!