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Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

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<strong>Quelle</strong>: <strong>Jens</strong> <strong>Peter</strong> P a u l : <strong>Bilanz</strong> <strong>einer</strong> <strong>gescheiterten</strong> <strong>Kommunikation</strong> (Dissertation)<br />

48<br />

BILANZ EINER GESCHEITERTEN KOMMUNIKATION<br />

_________________________________________________________________________________________________________________<br />

Der bayerische Grünen-Abgeordnete Gerald Hefner berichtet, die Wirkung <strong>einer</strong><br />

Schweigespirale in seinem politischen Umfeld und auch mindestens einmal am eigenen<br />

Leibe verspürt und beobachtet zu haben:<br />

Menschen, auch Abg. (!) hatten Angst, ihre Bedenken deutl. zu äußern. Kritische<br />

Haltung zum Euro (oft sogar schon Nachfragen), galten weithin als nationalistisch,<br />

chauvinistisch, dumpf, unmodern, uneuropäisch, antieurop. etc.<br />

Wer keine oder keine starke Meinung hatte oder unsicher war (und das waren<br />

viele), schlug sich auf die Seite der stärkeren Bataillone. 152<br />

Gab es das Euro-Schweigekartell von Bonn? Der ehemalige Kanzleramtsminister<br />

Horst Ehmke sagt, „Desinteresse und Feigheit“ der Eliten seien schuld gewesen<br />

am Ausbleiben <strong>einer</strong> rechtzeitigen und offenen Auseinandersetzung mit dem Euro.<br />

Zudem störe ihn „der ganze politikverdrossene Impuls“ derartiger Klagen. 153<br />

Im Tenor ähnlich Werner Hoyer. Nur die wenigsten Vertreter der politischen<br />

Klasse träten in Veranstaltungen ,,draußen“ offensiv für den Euro ein, klagte der<br />

Staatsminister im Auswärtigen Amt. Der größte Teil der politischen Klasse sei „genauso<br />

verunsichert, was den Euro angeht, wie die Bürgerinnen und Bürger selber“.<br />

Im Parlament werde der Euro forciert von wenigen „Überzeugungstätern“:<br />

Die meisten Abgeordneten des Deutschen Bundestages spüren den Bürgerzorn<br />

oder den Frust oder die Skepsis und ziehen den Kopf lieber in die Ackerfurche.<br />

Die ganzen Landesvorstände der im Deutschen Bundestag vertretenen<br />

Parteien halten sich schön aus der Diskussion heraus. Die Multiplikatoren<br />

halten sich lieber heraus, überlassen das ein paar Fachleuten aus Bonn. Das<br />

wäre alles anders, wenn es eine Volksabstimmung gäbe ... Dann wären unsere<br />

Kreisvorsitzenden vor Ort, unsere Landtags-, Bundestagsabgeordneten<br />

auch ganz anders gefordert, als das jetzt der Fall ist. 154<br />

Norbert Wieczorek, Euro-Experte der SPD, schätzt die Anzahl der Bundestagsabgeordneten,<br />

die sich intensiv mit der EWU auseinandersetzten, auf maximal 20:<br />

Wer intensiv gearbeitet hat, waren zum Beispiel Kurt Faltlhauser, auch Hansgeorg<br />

Hauser als Parlamentarischer Staatssekretär, bei uns Joachim Poß –<br />

da gab es ein paar, die auch ‘mal gerne in die Details eingestiegen sind, und<br />

Ingrid Matthäus-Maier als stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Aber wenn<br />

Sie richtig hinschauen, war es eine Handvoll Leute. 155<br />

Laut Wieczorek ist dieses Phänomen auch auf äußere Zwänge zurückzuführen:<br />

Es ist alles so komplex geworden, selbst für die Akteure, daß sie immer nur<br />

noch Teilbereiche selbst überschauen können. Da müssen sie schon sehr viel<br />

arbeiten, damit sie das können. Für die Öffentlichkeit ist gerade das noch relevant,<br />

was eben gerade in den Schlagzeilen ist oder im Fernsehen. Breitere<br />

politische Diskussionen finden an der Basis nicht mehr statt. Das sage ich<br />

nach 30 Jahren Politik und 22 Jahren im Bundestag. Als ich anfing, gab es<br />

permanent … Ortsversammlungen, wo Sie die Themen, die anstanden, diskutiert<br />

haben. Heute gibt es kaum noch Interesse daran. 156<br />

152 Antworten auf Fragen 18 und 19 im von Gerald Häfner MdB ausgefüllten Fragebogen.<br />

153 Ehmke bei der Vorstellung der Neuauflage des Buches von Reimut Jochimsen<br />

,,Perspektiven der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion“ am 6. Februar 1998.<br />

154 Interview mit Werner Hoyer (S. 5-7).<br />

155 Interview mit Norbert Wieczorek (S. 12).<br />

156 Ebenda.

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