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Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

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<strong>Quelle</strong>: <strong>Jens</strong> <strong>Peter</strong> P a u l : <strong>Bilanz</strong> <strong>einer</strong> <strong>gescheiterten</strong> <strong>Kommunikation</strong> (Dissertation)<br />

44<br />

BILANZ EINER GESCHEITERTEN KOMMUNIKATION<br />

_________________________________________________________________________________________________________________<br />

Währung Europas, klagte der Rheinische Merkur. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />

warnte davor, „die Währungsunion jetzt übers Knie zu brechen“. 131<br />

Doch die Medien kamen zu spät – alle, auch die sich als führend verstehenden.<br />

Einfluß auf das Verhandlungsergebnis der Regierungskonferenz konnte die eben<br />

erst mit einem Paukenschlag in Gang gekommene öffentliche Diskussion nicht<br />

mehr nehmen, geschweige den Prozeß bremsen oder aufhalten.<br />

Am 7. Februar 1992 wurde der Vertrag über die Europäische Union unterzeichnet;<br />

am 1. November 1993 trat er in Kraft, nachdem er zuvor vom Bundestag ratifiziert<br />

worden war – samt jener Protokollnotiz, die auf Helmut Kohls Drängen<br />

„Unumkehrbarkeit“ 132 des monetären Verschmelzungsprozesses und ein ,,Kein-<br />

Veto-Prinzip“ festlegte. 133<br />

Wenige Tage zuvor hatte Karlsruhe alle Klagen gegen die deutsche Teilnahme an<br />

diesem Vertrag verworfen, woraufhin die deutsche Ratifikationsurkunde – als letzte<br />

– in Rom hinterlegt wurde. Reinhard Schweppe, für Europa zuständiger Unterabteilungsleiter<br />

im Auswärtigen Amt, stellte rückblickend fest:<br />

Die Vereinbarung der Wirtschafts- und Währungsunion durch den Maastrichter<br />

Vertrag ist zunächst nicht einmal von <strong>einer</strong> nennenswerten Entscheidungselite<br />

zur Kenntnis genommen worden. 134<br />

Gerhard Stoltenberg, Finanz- und später Verteidigungsminister im Kabinett<br />

Kohl, spricht ebenfalls von <strong>einer</strong> „nur sehr verhaltenen“ öffentlichen Diskussion:<br />

Sie ist im wesentlichen von einem kleinen Kreis der Experten in Politik, Wissenschaft,<br />

Wirtschaft und Medien geführt worden. Das hat mich schon damals<br />

überrascht. 135<br />

Die Europapolitik, so Stoltenberg weiter, habe in jener Zeit eine so große Vielfalt<br />

an neuen weitreichenden Themen aufgegriffen und zur Entscheidung gebracht,<br />

,,daß die Folgen <strong>einer</strong> breiten Öffentlichkeit kaum bewußt wurden“. 136 Offenbar<br />

trübte die Wiedervereinigung in den Jahren 1990 bis 1992 das Sensorium der Journalisten<br />

für (scheinbar) außenpolitische Themen. 137 Diese Grundhaltung sollte sich<br />

auch später nicht ändern. Als im Jahr 2000 in Hannover eine europapolitische De-<br />

131 Alle zitiert nach Der Spiegel 50/1991, S. 125.<br />

132 Der Spiegel zitiert Kohl: ,,Der Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion muß irreversibel<br />

sein. Sonst kommt meine Unterschrift nicht unter diesen Vertrag.“ (Ebenda, S. 126)<br />

133 Protokoll zum EU-Vertrag über den Übergang zur dritten Stufe der Wirtschafts- und<br />

Währungsunion: „Die hohen Vertragsparteien erklären mit der Unterzeichnung der neuen<br />

Vertragsbestimmungen die Unumkehrbarkeit des Übergangs der Gemeinschaft zur dritten<br />

Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion. Alle Mitgliedstaaten respektieren daher<br />

unabhängig davon, ob sie die notwendigen Voraussetzungen für die Einführung <strong>einer</strong><br />

einheitlichen Währung erfüllen, den Willen der Gemeinschaft, rasch in die dritte Stufe<br />

einzutreten, und daher behindert kein Mitgliedstaat den Eintritt in die dritte Stufe.“ (Europäische<br />

Union: Die Vertragstexte von Maastricht, S. 78-79)<br />

134 Schweppe auf einem Symposium der Vertretung der EU-Kommission ,,Das Europäische<br />

Meinungsbild – eine Diskussion zwischen Wissenschaft, Politik und Publizistik“ am<br />

6. Februar 1998 in Bonn, S. 47.<br />

135 Brief von Gerhard Stoltenberg an den Verfasser vom 20. Januar 2000.<br />

136 Ebenda.<br />

137 So der Medienanalytiker Marcel Seyppel im Interview vom 20. Februar 1998.

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