20.11.2013 Aufrufe

Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Quelle</strong>: <strong>Jens</strong> <strong>Peter</strong> P a u l : <strong>Bilanz</strong> <strong>einer</strong> <strong>gescheiterten</strong> <strong>Kommunikation</strong> (Dissertation)<br />

46<br />

BILANZ EINER GESCHEITERTEN KOMMUNIKATION<br />

_________________________________________________________________________________________________________________<br />

Eine ähnliche Erfahrung machte vier Jahre später der Finanzausschuß des Bundestages,<br />

ebenfalls mit <strong>einer</strong> öffentlichen Anhörung mit prominenter Besetzung.<br />

Befragt wurden unter anderen der Bundesbankpräsident, der Präsident der Europäischen<br />

Zentralbank und der Bundesminister der Finanzen. Das öffentliche Interesse,<br />

so der FDP-Politiker und damalige Vorsitzende des Ausschusses Carl-Ludwig<br />

Thiele, sei jedoch gleich null gewesen:<br />

Die Medien haben fast keine Notiz davon genommen. 143<br />

Möglicherweise waren nach der Ratifizierung 1992 nicht allein Ignoranz Ursache<br />

für Mißachtung und Fehlbehandlung eines existentiellen Themas, sondern auch die<br />

Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie. Für einen demokratischen Diskurs über<br />

Sinn und Zweck <strong>einer</strong> Währungsunion ist ein Zustand vollendeter Tatsachen, ein<br />

fait accompli, nach Meinung des Akzeptanzforschers Hans-Christian Röglin eine<br />

denkbar schlechte Voraussetzung:<br />

Ein intelligenter Mensch befaßt sich jetzt mit diesem Thema nicht mehr, weil er<br />

ganz genau weiß: Wir sitzen jetzt in <strong>einer</strong> Falle und jetzt laufen die Dinge. Da<br />

ist nichts mehr dran zu tun und zu bewegen. 144<br />

Tatsächlich entwickelte sich in den folgenden acht Jahren eine Auseinandersetzung<br />

mit dem Projekt, die s<strong>einer</strong> Bedeutung nicht entsprechen wollte. Beobachter<br />

und Teilnehmer empfanden sie als verkrampft, verklemmt, unaufrichtig, unangemessen,<br />

undemokratisch, unbefriedigend – oft für Verfechter wie Skeptiker.<br />

3.3 „Nach Auschwitz darf niemand mehr gegen Europa sein“<br />

Nach Darstellung von Axel Bunz, s<strong>einer</strong>zeit Leiter der Bonner Vertretung der<br />

Europäischen Kommission, war spätestens ab Mitte der 90er Jahre eine umfassende<br />

Auseinandersetzung über den Euro mit der Bevölkerung von den Verantwortlichen<br />

nicht mehr gewollt und geplant:<br />

Alle <strong>Kommunikation</strong> konzentrierte sich allein auf die politischen Gremien. Die<br />

Bevölkerung wurde absichtlich außen vor gelassen – weil es auf sie nicht ankam.<br />

Und es hatte ja Erfolg. 145<br />

Folgerichtig entsprach die Debatte nicht den Diskurstheorien, etwa von Habermas,<br />

nach der demokratische Legitimation entsteht ,,aus dem Zusammenspiel der<br />

institutionalisierten Beratungs- und Entscheidungsprozesse mit der informellen,<br />

über Massenmedien laufenden Meinungsbildung in den Arenen der öffentlichen<br />

<strong>Kommunikation</strong>“. 146 Statt dessen wurde zu Lasten der Öffentlichkeit gegen die Regeln<br />

des fair play verstoßen. Als unaufrichtig empfand Zeit-Redakteur Klaus-<strong>Peter</strong><br />

Schmid etwa das Verhalten von Georg Milbradt, s<strong>einer</strong>zeit Finanzminister von<br />

Sachsen. Im kleinen Kreis habe Milbradt sich als ausgeprägter Euro-Skeptiker ge-<br />

143 Interview mit Carl-Ludwig Thiele im Deutschlandfunk, Wortlaut veröffentlicht in<br />

Pressemitteilung der FDP-Bundestagsfraktion Nr. 249 vom 21. April 1998.<br />

144 Interview mit Hans-Christian Röglin (S. 1).<br />

145 Axel Bunz in einem Telefongespräch am 23. Januar 2002 zum Verfasser.<br />

146 Jürgen Habermas: Warum braucht Europa eine Verfassung?, in Die Zeit vom 28. Juni<br />

2001, S. 7.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!