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Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

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<strong>Quelle</strong>: <strong>Jens</strong> <strong>Peter</strong> P a u l : <strong>Bilanz</strong> <strong>einer</strong> <strong>gescheiterten</strong> <strong>Kommunikation</strong> (Dissertation)<br />

40<br />

BILANZ EINER GESCHEITERTEN KOMMUNIKATION<br />

_________________________________________________________________________________________________________________<br />

und endend mit stabilen 85 Prozent im Juni 1997, worin Noelle-Neumann einen<br />

„dramatischen Gegensatz zu der Einstellung der Bevölkerung“ erkennt. 106 Und wegen<br />

dieses Gegensatzes dürfe man speziell beim Euro-Thema die „öffentliche Meinung“<br />

nicht verwechseln mit der demoskopisch festgestellten Mehrheitsmeinung,<br />

die gerade hier die Bezeichnung „schweigende Mehrheit“ verdiene, zumal es ihr im<br />

Vergleich zu Euro-Befürwortern an Bildung, Interesse und Information mangele. 107<br />

Eine skeptische, aber kraftlose Mehrheit? Zu diesem Attribut passe zunächst<br />

nicht die Beobachtung, daß die Medien zwischen Herbst 1995 und Frühjahr 1997<br />

einem „massiven Negativismus“ gegenüber dem Euro gefrönt hätten. Bedenken<br />

und Warnungen hätten – so Noelle-Neumann – ein Übergewicht gegenüber positiven<br />

Darstellungen von zwei zu eins bekommen. Doch auch dieses Phänomen sei<br />

quasi folgenlos geblieben:<br />

Aber offenbar gelang den Medien etwas nicht, was unbedingt dazu gehört, um<br />

aus der schweigenden Mehrheit eine redende, emotionalisierte Mehrheit zu<br />

machen. Offenbar war es unmöglich, das Thema Währungsunion zu moralisieren,<br />

wie das mit den Themen NATO-Nachrüstung und Tiefflugübungen<br />

1982 bis 1984, Shell-Ölplattform Brent Spar in der Nordsee oder französische<br />

Atomtests im Südpazifik gelungen war. 108<br />

Die Währungsunion sei zwar als zentrales Thema verknüpft mit der traumatischen<br />

Angst der Deutschen vor Geldverlust und Inflation, aber andererseits unlösbar<br />

verbunden mit <strong>einer</strong> Entwicklung, die die Deutschen ,,gefühlsmäßig sowieso<br />

für unaufhaltsam“ hielten: Mit der Entwicklung zur Europäischen Union.<br />

In dem Moment, zu dem sich unter den Führungskräften von Wirtschaft, Politik<br />

und Verwaltung die Überzeugung durchgesetzt habe, daß der Euro komme, zwischen<br />

Juni und Oktober 1996, sei die Sache gelaufen gewesen und vom resignierten<br />

Rest der Bevölkerung als unaufhaltsam klassifiziert worden, denn „überraschenderweise“<br />

habe die Bevölkerung den „Klimawechsel“ in der deutschen Wirtschaft<br />

deutlich wahrgenommen. 109 Etwa ein Jahr später, so Allensbach, habe sich auch in<br />

der Bevölkerung eine Der-Euro-kommt-Überzeugung durchgesetzt – bei unverändert<br />

„düsteren“ (Noelle-Neumann) Erwartungen, was die Währungsunion bringen werde,<br />

speziell im Hinblick auf Inflation und Arbeitslosigkeit:<br />

Man sieht, wie viel der Bevölkerung von der Politik und von der Wirtschaft zugemutet<br />

wird. Aber zugleich sieht die Bevölkerung keinen Ausweg ... Die Zeichen<br />

der Ratlosigkeit der deutschen Bevölkerung in Sachen Europa sind unverkennbar.<br />

110<br />

Spätere Allensbach-Untersuchungen vom März 2001, wenige Monate vor der Bargeldeinführung,<br />

ergaben das gleiche Meinungsbild: „Egal, von welcher Seite man<br />

106 Ebenda, S. 278.<br />

107 Ebenda, S. 279.<br />

108 Ebenda. – Natürlich hätten die Medien das Thema mit bewährtem Instrumentarium moralisieren<br />

können – wenn sie es gewollt hätten. Doch eben dies war nicht der Fall, weil für<br />

sie die europäische Integration moralisch positiv besetzt war – so stark, daß sie darüber<br />

sogar ihre Vorbehalte gegenüber Helmut Kohl verläßlich hintanstellten, wie Kanzlerberater<br />

Eduard Ackermann an <strong>einer</strong> Stelle darlegte (vgl. Anm. 13).<br />

109 Ebenda, S. 281.<br />

110 Ebenda, S. 283-284.

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