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Quelle: Jens Peter P aul : Bilanz einer gescheiterten Kommunikation

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<strong>Quelle</strong>: <strong>Jens</strong> <strong>Peter</strong> P a u l : <strong>Bilanz</strong> <strong>einer</strong> <strong>gescheiterten</strong> <strong>Kommunikation</strong> (Dissertation)<br />

32<br />

BILANZ EINER GESCHEITERTEN KOMMUNIKATION<br />

_________________________________________________________________________________________________________________<br />

Ein Nein des Bundeskanzlers – etwa in Befolgung eines „Vetos“ von Bundestag<br />

oder Bundesrat – hätte von den EU-Gremien überstimmt werden können, schreibt<br />

der Europarechtler: Die Partnerländer hätten Deutschland, so Selmayrs conclusio,<br />

notfalls in die letzte Stufe der Währungsunion zwingen können. Bereits mit der Zustimmung<br />

des Bundestages zum Vertrag von Maastricht 1992 sei die Währungshoheit<br />

auf die EZB übertragen worden. Was einmal übertragen worden sei, bedürfe<br />

k<strong>einer</strong> erneuten Übertragung mehr.<br />

Dem Bundestag seien gemäß Artikel 23 GG lediglich die Rechte geblieben, in<br />

Angelegenheiten der EU umfassend und frühzeitig informiert zu werden und Gelegenheit<br />

zur Stellungnahme zu erhalten, welche wiederum die Bundesregierung bei<br />

ihren Verhandlungen auf EU-Ebene „zu berücksichtigen“ habe. Zwar gehe die<br />

Vorgabe des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundestag<br />

in EU-Angelegenheiten darüber hinaus. Keinesfalls jedoch könne ein einfaches<br />

Gesetz aus dem Petitum des Grundgesetzes, die Regierung habe die Stellungnahme<br />

des Bundestages zu ,,berücksichtigen“, ein Vetorecht machen.<br />

Auch die Pflicht der Bundesregierung zu Organtreue gegenüber dem Bundestag<br />

verwandele – so Selmayr – ein Mitwirkungsrecht nicht in ein Vetorecht. Ein – ohnehin<br />

gemeinschaftsrechtswidriges – „Vetorecht“ des Bundestages könnte sich weder<br />

auf Artikel 23 GG noch auf das Maastricht-Urteil stützen. Schließlich spreche<br />

auch das Bundesverfassungsgericht lediglich von ,,maßgeblicher Mitwirkung“ und<br />

<strong>einer</strong> „parlamentarisch zu beeinflussenden Zustimmung der Bundesregierung“.<br />

Ähnliches gelte für den Bundesrat: Mit s<strong>einer</strong> Stellungnahme habe sich die Regierung<br />

auseinanderzusetzen, aber sie ist nach Selmayr auch an sie nicht gebunden.<br />

Auch der Bundesrat habe damit kein Vetorecht beim Übergang in die dritte Stufe<br />

der Währungsunion besessen. 87<br />

P<strong>aul</strong> Kirchhof widerspricht: Ohne die Zustimmung des Bundestages wäre der<br />

Beschluß des Rates zwar verbindlich geblieben, hätte Deutschland aber ,,nicht<br />

mehr erreicht“, da ,,die Brücke des Zustimmungsgesetzes das Eindringen des Europarechts<br />

in den deutschen Hoheitsraum nicht mehr getragen“ hätte. 88<br />

Sven Hölscheidt/Thomas Schotten führen aus, mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde<br />

über den Vertrag von Maastricht am 13. Oktober 1993 in Rom –<br />

einen Tag nach dem Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes – sei der<br />

gesamte Vertragstext für das EU-Mitglied Deutschland verbindlich geworden. Alle<br />

danach vom Bundestag geäußerten Erklärungen oder Vorbehalte zur EWU seien<br />

damit „zu spät abgegeben worden“, um jenseits der deutschen Innenpolitik noch<br />

rechtlich relevant werden zu können. Auf die Festschreibung des Stimmverhaltens<br />

der Bundesregierung im EU-Rat mittels eines – rechtzeitig erlassenen – Gesetzes<br />

habe der Bundestag sogar bewußt verzichtet und sich mit <strong>einer</strong> Entschließung begnügt,<br />

,,auch um den Eindruck zu vermeiden, die Bundesrepublik wolle sich – ähn-<br />

87 Ebenda, S. 108.<br />

88 P<strong>aul</strong> Kirchhof in: Theo Waigel (Hg.): Unsere Zukunft heißt Europa. S. 111 ff. (1996). –<br />

Es wäre also nach Meinung des Verfassungsrechtlers in diesem Konfliktfall offenbar eine<br />

Art Zugbrücke hochgegangen und die Währungsunion daraufhin an der deutschen Grenze<br />

in einen fiktiven Graben gefallen (siehe auch Anm. 9).

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